Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 2002 Die Entstehung des Calanda Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini. -22002 Die Entstehung des Calanda Barbara Gloor Privates E-mail Die Entstehung des Calanda Die Antwort auf Ihre Frage nach der Entstehung des Calanda ist einfach und kompliziert zugleich, da es eben immer etwas schwierig ist, komplizierte und komplexe Sachverhalte einfach für den Laien zu erklären. Der Calanda entstand grundsätzlich wie alle Berge dieser Welt (ausgenommen Vulkane) aufgrund der Plattenverschiebung. Unsere feste Erdkruste ist in zahlreiche grössere und kleinere Platten zerbrochen, die sich auf dem zähflüssigen Erdinnern frei bewegen, an manchen Orten voneinander weg, an anderen Orten aufeinander zu oder sie schrammen seitlich aneinander vorbei. Diese Bewegungen werden für uns immer dann erlebbar, wenn es zu Vulkanausbrüchen oder Erdbeben kommt, was vornehmlich an den Plattenrändern der Fall ist, nämlich dort, wo sie z.B. zusammenstossen. Man stelle sich nun vor, dass so eine Plattengrenze sich im Mittelmeer befindet (daher auch die Vulkane in Italien) und die Platte auf der Afrika liegt sich zwar langsam (mit 5-6 cm pro Jahr) aber stetig nach Norden und damit Richtung Europa verschiebt, ein Vorgang der immer noch abläuft. Drehen wir nun die Zeit etwas mehr als 200 Mio Jahre zurück, so befindet sich zwischen Afrika und dem Norden Europas ein ausgedehntes Meer (Tethys genannt), das unter anderem die gesamte Schweiz bedeckt. Auf der Platte, auf der sich Europa befindet, gibt es alte Gebirge, die sich vor schätzungsweise 350 Mio Jahren gebildet haben (z.B. Schwarzwald, Vogesen, Französisches Zentralmassiv) und aus hartem, widerstandsfähigem Gestein bestehen, genau wie der Meeresboden der Tethys (auch Grundgebirge genannt). Im Meer selber wird im Verlauf der Jahrmillionen das Schwemmgut der Flüsse abgelagert und verfestigt sich zu sogenannten Sedimentgesteinen. Der Druck von Afrika Richtung Norden einerseits und die alten Gebirge andererseits führen nun dazu, dass sich die Sedimente falten und allmählich (zuerst nur als Inseln) aus dem Meer auftauchen. Wenn Sie ein Küchentuch nehmen, es auf der einen Seite beschweren und auf der anderen mit Ihren Händen schieben, wirft das Tuch Falten, je stärker sie schieben, umso mehr wird das Tuch zusammengeschoben, die Falten kippen um und fallen zum Teil aufeinander. -3- Foto aus dem Buch: CALANDA Festschrift 125 Jahre Sektion Rätia SAC 1863-1988. S. 139. Genauso kann man sich das vorstellen bei der Bildung der Alpen. Die aus dem Meer auftauchenden Falten werden durch den Druck nach Norden und zusammen geschoben. Erstreckten sich die Meeressedimente ursprünglich auf einer Distanz von etwa 600 Km. sind sie nun auf 200 Km. zusammengeschoben worden, und bilden hohe' Gebirgsmassen. Das Meer blieb ursprünglich Ablagerungsort zum Teil weit nach Norden verschoben worden (der Geologe spricht in diesem Zusammenhang nicht mehr von Falten, sondern von "Decken" und meint damit sogenannt dislozierte, also über weite Strecken verschobene Gesteinspakete). Aufgrund dieser "Deckenbildung" ist der Bau der Alpen sehr kompliziert. Dagegen gibt es Gesteinspakete, die immer noch am Ort der Entstehung liegen. Dazu gehört z.B. das oben erwähnte Grundgebirge, dass man z.B. im Gotthardgebiet an der Oberfläche finden kann. Der Geologe spricht von "autochthon" und meint damit Gesteinspakete, die nicht verschoben wurden. Dazwischen gibt es Gesteinspakete, die ursprünglich am nördlichsten Rand des Tethysmeeres abgelagert wurden und deshalb am wenigsten vom Schub beansprucht wurden und auch am wenigsten weit verschoben wurden. Der Geologe spricht dann von "parautochthon", also Gesteinspakete die zwar verschoben wurden, aber nur geringfügig. -4Dazu gehören, wie Sie bereits geschrieben haben, die Gesteinsschichten des Calanda. (Ich war noch nie auf dem Calanda, man müsste dort eigentlich Kalke und Schiefer finden). Ich hoffe ich habe Ihre erste Frage damit einigermassen geklärt. Falls das nicht der Fall ist, dann fragen Sie doch bitte nach. Was das Wetter anbetrifft, so kann man sagen, dass die Lage eines Berges (weniger seine Form) sehr entscheidend ist, für das Wettergeschehen. Wahrscheinlich wissen Sie, dass unsere Hauptwindrichtung West ist. Vom Atlantik her erreichen uns feuchte Luftmassen, die dann zu Regenfällen führen. Dass es in den nördlich Alpen (ich glaube am meisten Regen, über das ganze Jahr betrachtet, bekommt der Säntis ab) viel regnet ist nicht verwunderlich. Die Luftmassen kommen aus West/Nordwest und bewegen sich nach Ost/Südost. Dabei müssen Sie Gebirge überqueren, was zu sogenannten Steigungsregen führt. Der Grund ist, dass kalte Luftmassen weniger Feuchtigkeit aufnehmen können als warme. Muss die Luft steigen, kühlt sie sich in höheren Lagen zwangsläufig ab, der Wasserdampf kondensiert, es regnet. Befinden sich also Gebirgszüge quer zur Hauptwindrichtung, bekommen sie viele Niederschläge ab (Voraussetzung ist natürlich, dass es überhaupt Luftfeuchtigkeit hat, was z.B. in der Wüste nicht der Fall ist). An heissen Tagen, heizt sich der Boden in tieferen Lagen stark auf, die Luft erwärmt sich. Genau wie bei einem Heissluftballon, steigt die warme Luft auf. Es entstehen zuerst sogenannte Quellwolken (Cumulus), die dann zu lokalen Gewittern führen können. Je grösser nun die Temperaturdifferenz ist, je r stärker sich die Luft abkühlen muss, um so heftiger können die Gewitter ausfallen (was in den Bergen häufig der Fall ist). Kommt dazu, dass man in den Bergen Gewittern und Regenfällen generell natürlich zB. auf Wanderungen stärker ausgeliefert ist als im Mittelland. Insofern spielt die Form des Berges (als ob es Nischen gibt, wo man unterschlüpfen kann oder bloss eine Felswand) schon eine Rolle. Anders als im Mittelland, wo sich Gewitter häufig schon vorher durch entfernte Donner und Blitze ankündigen und man im ebenen Gelände die Wolken von weitem sehen kann, treten Gewitter in den Bergen oft plötzlich auf, die Vorboten können nicht oder zu spät wahrgenommen werden, was die Situation gefährlich macht. Ich hoffe, Sie besteigen den Calanda an einem schönen, wettersicheren Tag und geniessen die hoffentlich schöne Aussicht. Herzliche Grüsse Internet-Bearbeitung: K. J. Version 03/2007 ---------