Prognostische und prädiktive Marker beim kolorektalen Karzinom Prof. Dr. med. Andrea Tannapfel Institut für Pathologie, Ruhr-Universität Bochum Prognose und Prädiktion Während prognostische Marker Aussagen zum Krankheitsverlauf, der Prognose, erlauben, sind prädiktive Marker Parameter, die die Effektivität einer gewählten Therapie voraussagen. Prognosemarker sind Parameter, die eine Abschätzung des Krankheitsverlaufs – unabhängig von der gewählten Therapie - ermöglichen. Prädiktive Marker sind biologische Eigenschaften, die das Ansprechen einer Therapie vorhersagen helfen, und damit prinzipiell unabhängig von Prognosefaktoren, wie z.B. der aktuelle „performance“ Status des Patienten oder dem UICC-Stadium zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. In der Literatur wird zwischen beiden Parametern nicht immer klar unterschieden, wichtig ist jedoch die Beobachtung, dass die meisten prognostischen Marker auch prädiktiv sein können. Als rein prognostischer Marker, unabhängig von der Art der gewählten Therapie, ist z.B. das TNM-Stadium (nach UICC) zum Zeitpunkt der Erstdiagnose des kolorektalen Karzinoms. Prognoseparameter können in drei unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden, in Patienten-assoziierte, Tumor-assoziierte und Therapie-assoziierte Faktoren. Darüber hinaus können Prognosefaktoren des kolorektalen Karzinoms als „sichere“, „wahrscheinliche“ und „fragliche“ Prognostikatoren differenziert werden. Als sichere Prognosefaktoren gelten bei kurativ resezierten kolorektalen Karzinom allgemein akzeptierte Faktoren, die die essentielle Basis der Therapieentscheidung bilden. Hier sind die TNM-Parameter sowie auch Center-assoziierte Faktoren zu nennen (so z.B. das „hospital volume“). Wahrscheinliche Prognosefaktoren erlauben keine definitive Therapieentscheidung, sondern geben Hinweise zur feineren Prognoseabschätzung, hier sind das Grading, Gefäß- Lymphgefäß- oder Perineuralscheideninfiltration zu nennen. Fragliche Prognoseparameter sind biologische Parameter, deren Datenlage bisher unterschiedlich ist (z.B. Ploidie, p53). 1 Prognose- und/oder Prädiktion Die Mikrosatelliteninstabiltät (MSI) kolorektaler Karzinome ist ein weiteres Beispiel für einen Faktor, der sowohl prädiktiv als auch prognostisch sein kann. Die Mikrosatelliteninstabilität ist eine Eigenschaft, die bei vererbbaren Lynch (HNPCC)-Tumoren nachgewiesen werden kann. Allerdings entstehen 15% der sporadischen kolorektalen Karzinome Mikrosatelliteninstabilitäts-Pathway. Hier ebenfalls liegt keine nach dem sog. Keimbahn-vermittelte Inaktivierung vor, sondern eine epigenetische „Deaktivierung“ einzelner MismatchRepairproteine. Hochgradig mikrosatelliteninstabile Tumoren zeigen einen besonderen Phänotyp, der charakterisiert ist durch schlecht differenzierte, meistens rechtsseitig lokalisierte Tumoren, die ein dichtes lymphoides Stoma besitzen, z. T. den sog. medullären Differenzierungstyp ausbilden. Hochgradig mikrosatelliteninstabile, sporadische kolorektale Karzinome scheinen eine verbesserte Prognose zu besitzen. Damit gilt die Mikrosatelliteninstabilität als wahrscheinlicher Prognoseparameter. Neuere Daten zeigen, dass kolorektale Karzinome, die eine BRAF-Mutation (V600E) besitzen, ein signifikant verkürztes tumorfreies Überleben aufweisen. Die V600EBRAF-Mutationen ist in etwa 10 % aller kolorektalen Karzinome nachweisbar. BRAF-Mutationen finden sich in 52% der MSI-Tumoren, lediglich in 5% der mikrosatellitenstabilen Karzinome. BRAF-Mutationen zeigten in allen UICC-Stadien kolorektaler Karzinome einen negativen Prognoseeffekt, in mikrosatelliteninstabilen Tumoren konnte eine derartige Assoziation allerdings bisher nicht nachgewiesen werden. K-ras ist ein weiteres Beispiel eines prädiktiven und wohl auch prognostischen Markers, aktuell scheint die prädiktive Rolle von K-ras allerdings zu überwiegen. K-ras gehört zur Familie der RAS-Gene, gilt als wesentlicher Effektor von EGF/EGFR-Interaktion und aktiviert PIC3K durch direkte Interaktion mit der katalytischen Untereinheit. 32-40% aller kolorektalen Karzinom zeigen eine K-rasMutation. 85-90 % dieser Mutationen werden in Kodon 12 oder 13 detektiert, einzelne Mutationen betreffen Kodon 61 und Kodon 146 mit jeweils 5%. Die seltenen Kodon 61 Mutationen haben den gleichen Effekt wie die innerhlab von Kodon 12. Kodon 13-Mutationen besitzen allerdings in-vivo geringere transformatorische Eigenschaften. Kodon 164-Mutationen zusammen mit anderen K-ras-Mutationen 2 vorkommen, als Hinweis, dass diese Mutationen keinen wichtigen onkogenen Effekt ausübt. Neue Daten zeigen, dass die einzelnen K-ras Mutationen differenziert betrachtet werden müssen. Die klinische Beobachtung, dass z.B. Patienten mit Kodon 13-K-ras Mutationen auf anti-EGFR-Therapie ansprechen, konnte in einer Untersuchung untermauert werden. Die häufigste Kodon 13 Mutation resultiert in einem Austauch von Glycin (G) zu Aspartat (D) – und wird daher pG13D genannt. Während die K-ras Kodon 12-Mutation ein guter prädiktiver Marker ist, der ein fehlendes Ansprechen auf anti-EGFR-Therapie präjudiziert, scheint die Situation bei Kodon 13 Mutation unklar. Eine größere Studie konnte zeigen, dass Patienten, die eine G13D Mutation besitzen, ein deutlich verbessertes Überleben nach anti-EGFR Therapie aufweisen, im Vergleich zu denjenigen mit Kodon 12-Mutationen. Kolorektale Karzinome mit K-ras Wildtyp, BRAF und N-ras Mutationen sprechen signifikant geringer auf eine anti-EGFR-Therapie an, als „triple-wild-type“-Patienten. Mutationen von PIK3CA werden in 15% aller kolorektalen Karzinome gefunden. BRAF, N-ras und PIK3C Exon20-Mutationen zeigen eine signifikant verringerte Ansprechrate bei Anti-EGFR-Therapie. Zusammenfassend kann die K-ras-Mutationsanalyse für Anti-EGFR-Behandlung empfohlen werden, BRAF-Mutationsstatus scheint eine prognostische Signifikanz zu besitzen. MSI zeigt ein positiver Prognoseparameter zu sein. 3