Werbung - Propaganda in Politik und Wrtschaft

Werbung
Werbung (Propaganda) in Politik und Wirtschaft
Werbung (Propaganda) im Dienste von Politik und Wirtschaft
Einem glücklichen Menschen kann man nichts verkaufen. In der Biologie gilt
Werbung als eine arterhaltende Funktion. "Die herrliche Piaffe des Hengstes, ist
gleichzeitig Einschüchterung des konkurrierenden Männchens und Werbung um das
Weibchen. Auch der Mensch darf werben und muß es sogar." (Konrad Lorenz)
Demgegenüber hat Bedarfsweckung (Werbung) in der Wirtschaft die Aufgabe,
Mangelgefühle zu erzeugen, das heißt, unzufriedene, "unglückliche" Menschen. In
Wirtschaft und Politik arten Werbung bzw. Propaganda vielfach in den Versuch der
Indoktrination aus. "Die Herstellung von Konsens gehört zum Wesen des
demokratischen Prozesses." (E.L.Bernays)
Werbung ist an sich nichts Böses oder Unbiologisches
Über die Theorie der politischen Propaganda
Pressefreiheit und Konzentration der Massenmedien
Der Lösungsansatz ist eine demokratische Kommunikationspolitik
Zusammenfassende Stellungnahme
(siehe Zusammenfassung für den Abschnitt Politik und Demokratie)
Johann Nepomuk Nestroy: "Die Zensur ist die schändlichere von zwei Schwestern.
Die ältere heißt Inquisition. Die Zensur ist das lebendige Eingeständnis der
Herrschenden, daß sie nur verdummte Sklaven treten, aber keine freien Völker
regieren wollen."
Werbung ist an sich nichts Böses oder Unbiologisches
Konrad Lorenz in "Der Abbau des Menschlichen", 1983
(auszugsweise zitiert, Hervorhebungen von DB):
Das Rotkehlchen, das in einem Baumwipfel sitzt, laut singt und dabei seine schöne
rote Brust in der Sonne zeigt, wirbt für sich. Jeder balzende Vogel oder Fisch tut
dasselbe. Alles sogenannte Imponiergehaben, wie z.B. die herrliche "Piaffe" des
Hengstes, ist gleichzeitig Einschüchterung des konkurrierenden Männchens und
Werbung um das Weibchen.
Auch der Mensch darf werben und muß es sogar. Der Wissenschaftler ist
verpflichtet, in Rede und Schrift seine eigenen Erkenntnisse weiterzugeben und nach
Möglichkeit zu verbreiten. Man erwartet, daß er wahrheitsgemäß informiert und durch
vernunftgemäße Argumente überzeugt. Das ist in jeder Hinsicht erlaubt. Wenn eine
Autofirma mitteilt, daß ihr neues Modell Vierradantrieb hat, ist dagegen nichts
einzuwenden; dies gilt für alle Werbung, die Tatsachen über Produkte mitteilt, für die
geworben wird.
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Werbung (Propaganda) in Politik und Wirtschaft
Die Werbung arbeitet heute jedoch überwiegend mit einer ganz bestimmten
Technik, die die Gefühle des Konsumenten anspricht und nicht den geringsten
Versuch unternimmt, ihm verstandesmäßige Einsicht in die Struktur und
Leistung des angepriesenen Produktes zu vermitteln.
Auch in einem demokratisch politischen System sollte die Allgemeinheit über das Für
und Wider jeder Frage absolut ehrlich informiert werden. Diese Forderung kann
jedoch nur erfüllt werden, wenn die Allgemeinheit diese Information auch versteht.
Für dieses Verständnis sind die Spezialisierung und die damit verbundene
Beschränkung auf einzelne Wissensgebiete ein schwer überwindbares Hindernis.
Der heutige Zivilisationsmensch fühlt sich nur mehr auf seinem eigenen Spezialgebiet kompetent und begrüßt es geradezu, wenn er der Verantwortung für Probleme
enthoben wird, die nicht sein Fachgebiet, sondern die Allgemeinheit betreffen. Er ist
leider in manchen Fällen bereit, sogar politische Meinungen als Fertigfabrikate zu
kaufen, und verschiedene Meinungsproduzenten liefern ihm demgemäß diese Ware,
für die sie in genau derselben Weise Propaganda machen wie die Produzenten von
Konsumgütern.
Die Werbefachleute haben mit naturwissenschaftlicher Methode herausgefunden,
daß es verfehlt ist, mit Vernunftgründen an das zu umwerbende Publikum heranzutreten. Es empfiehlt sich vielmehr, die tiefen, gefühlsmäßigen, ja, sogar die unterbewußten Schichten der menschlichen Seele anzusprechen. Es ist keineswegs
wirksam, wissenschaftlich dozierend belehren zu wollen. Der Werbefachmann hat
Erfolg, wenn er Instinkte und Emotionen zu manipulieren versteht.
Wer große Menschenmassen gewinnen will, benutzt den Schlüssel zu
ihrem "Herzen", zu ihrem Unterbewußtsein. Dort sitzen die genetisch
programmierten Verhaltensnormen, wie Furcht, Sexualität, Rangordnungsbedürfnis usw., die mit Hilfe mitleidloser Attrappenversuche
manipuliert werden.
So ziemlich alle instinktiven Gefühle und Emotionen können durch propagandistische
Maßnahmen angesprochen werden; dabei ist sehr wesentlich, daß der
Angesprochene, wie Aldous Huxley richtig sagt, sich nicht der Tatsache bewußt wird,
daß er nur ein Symbol seines Wunsches vor sich hat und nicht dessen Erfüllung.
Die Reklame für einen Badeanzug oder für eine Hautcreme scheint zu
versprechen, daß die glückliche Käuferin genauso aussehen werde wie das
werbende Fotomodell. Die Produzenten kosmetischer Artikel verkaufen, wie
laut Huxley einer von ihnen selbst gesagt haben soll, "nicht Lanolin, sondern
Hoffnung". Lanolin ist billig; für die Hoffnung aber lassen sich die Produzenten
den vielfachen Preis bezahlen.
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Angesichts der Tatsache, daß auch die politische Propaganda alle Mittel einsetzt,
fragt Aldous Huxley mit Recht, ob überhaupt Aussicht bestehe, die verantwortliche
Vernunft der Menschen auf den Plan zu rufen, ob der Versuch, eine vernunftgesteuerte Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu erreichen, nicht sinnlos
sei. Im Augenblick scheint es, als ob die menschliche Vernunft an der Übermacht der
Werbetechnik scheitern müßte, die nicht immer in moralischer Weise gehandhabt
wird. Daß sie die Politik wie die Marktwirtschaft gleicherweise beherrscht, ist ein
besonderer Grund zur Besorgnis.
Selbstverständlich ist diese Manipulation der Information in höchstem Maße
schädlich. Bei der innerartlichen Kommunikation von Tieren hat sich lügnerische
Propaganda nachweislich nicht bewährt, wie A. Zahave überzeugend dargetan hat.
Es steht zu erwarten, daß sich auch in der zwischenmenschlichen
Kommunikation die Ehrlichkeit ganz allmählich als vorteilhafter erweisen wird.
Ich habe sehr lange gelebt und bin dennoch Optimist. Ich glaube in den
Medien einen gewissen Trend zu größerer Ehrlichkeit zu spüren.
(Anmerkung DB: Diese, vor über einem Viertel Jahrhundert geäußerte optimistische
Erwartung, hat sich nach unserer Meinung leider nicht erfüllt. Die Globalisierung
steuert diametral in die entgegengesetzte Richtung.)
Über die Theorie der politischen Propaganda
Noam Chomsky in "Profit Over People", Piper 2006:
(auszugsweise zitiert, Hervorhebungen von DB)
Werfen wir einen Blick auf die Lehren, auf deren Grundlage die modernen Formen
der politischen Demokratie durchgesetzt werden sollten. Sie finden sich in einem
wichtigen Handbuch zur PR-Industrie mit dem bezeichnenden Titel "Propaganda",
des Verfassers Edward Bernays, der zu den führenden Persönlichkeiten der
Werbebranche gehört. (Anm.: Edward L. Bernays: geb. 1891, beriet die USRegierung, Industrieunternehmen und die Gewerkschaften).
Gleich zu Beginn bemerkt er, daß "die bewußte und intelligente Manipulation der
organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ein wichtiges Element der
demokratischen Gesellschaft ist". Um diese Aufgabe zu bewältigen, müssen "die
intelligenten Minderheiten sich kontinuierlich und systematisch der
Propaganda bedienen", weil nur sie "die Bewußtseinsprozesse und Verhaltensmuster der Massen verstehen" und "die Fäden ziehen können, mittels deren das
Bewußtsein der Öffentlichkeit kontrolliert wird". Darum ist unsere "Gesellschaft
übereingekommen, den freien Wettbewerb durch Führung und Propaganda
organisieren zu lassen".
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Die Propaganda gibt der Führung einen Mechanismus an die Hand, mit dessen Hilfe
sie "das Bewußtsein der Massen formen" kann, sodaß diese "ihre neu erworbene
Kraft in die erwünschte Richtung lenken". Die Führung kann "das öffentliche Bewußtsein genauso dirigieren, wie eine Armee die Körper ihrer Soldaten dirigiert". Den
"Konsens zu organisieren" gehöre zum "Wesen des demokratischen Prozesses",
schrieb Bernays, kurz bevor er 1949 für seine Beiträge vom Amerkianischen
Psychologenverband (American Psychological Association) geehrt wurde.
Noam Chomsky in "Media Control", Piper 2006:
(auszugsweise zitiert, Hervorhebungen von DB)
Dieses Konzept funktioniert bis heute, und die PR-Industrie setzt weiterhin auf eine
Demokratie, in der die Spezialisten im Dienste der Wirtschaft stehen, während
die übrige Bevölkerung aller Möglichkeiten, sich zu organisieren, beraubt ist, weil der
Kampf um Rechte nur Ärger verursacht.
Die Leute sollen vor dem Fernseher sitzen und sich die Botschaft einhämmern
lassen, es sei am wichtigsten, dieses oder jenes Produkt zu kaufen und das
Leben der reichen Mittelschichtfamilie zu führen, die einem auf dem
Bildschirm vorgeführt wird, und ansonsten möglichst harmonisch zu sein. Das
ist alles.
Das ist das Ideal der Privatwirtschaft und der PR-Industrie, und sie unternehmen
große Anstrengungen, es zu erreichen. Die "verwirrte Herde" (Anm. DB: Die Masse
der Bürger) muß ruhig gehalten und abgelenkt werden. Sie soll sich den Superbowl
anschauen oder Sitcoms oder Krimi- und Horrorfilme. Sie muß vor allen möglichen
Teufeln, die sie von außen oder innen oder sonstwoher bedrohen, in Angst und
Schrecken gehalten werden, weil sie sonst anfängt zu denken, was gefährlich ist,
da die Herde nicht denken kann.
Die Medien gehören Konzernmonopolen und vertreten im wesentlichen identische
Anschauungen. Die beiden Parteien - Demokraten und Republikaner - sind
Fraktionen der Wirtschaftspartei. An die fünfzig Prozent der Bürger gehen nicht
wählen, weil es ihnen bedeutungslos erscheint. Sie sind marginalisiert und einflußlos.
Dagegen haben diejenigen, die, um mit Edward Bernays zu sprechen, den "Konsens
organisieren", die notwendigen Mittel und Ressourcen.
Pressefreiheit und Konzentration der Massenmedien
Noam Chomsky in "Profit Over People", Piper 2006:
(auszugsweise zitiert, Hervorhebungen von DB)
1946 wies die renommierte Hutchis-Kommission zur Pressefreiheit darauf hin, daß
"die Konzentration der großen Massenmedien durch private Körperschaften" die
Pressefreiheit bedroht, weil unter dem Einfluß von Inserenten und Besitzern
Einseitigkeiten und Verzerrungen der Meinungsbildung nahezu unvermeidbar seien.
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Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat die "excessive
Konzentration auf dem Pressemarkt" als Beeinträchtigung der durch Artikel 19
garantierten Rechte gerügt und die Staaten aufgefordert, den Mißbrauch zu
verhindern - eine Haltung, der sich auch die Menschenrechtsorganisation Human
Rights Watch angeschlossen hat.
Die Konzentration am Mediensektor hat drastisch zugenommen, wozu auch
Deregulierungsmechanismen beitragen. In der neuesten Ausgabe seines
Standardwerks zu diesem Thema berichtet Ben Bagdikian, daß von 1984 bis heute
die Zahl der Medienkonzerne von 50 auf 10 geschrumpft sei.
Die Wirtschaft ist daran interessiert, daß die Medien durch Privatbesitz kontrolliert
werden. Außerdem versucht sie "jahrhundertealte Gewohnheiten zu annulieren" und,
wie führende Geschäftsleute erklären, "neue Konzeptionen individuellen und
gemeinschaftlichen Strebens und Begehrens" zu schaffen, damit die Menschen ihre
Bedürfnisse auf Konsumgüter, statt auf Lebens- und Arbeitsqualität, ausrichten.
Neuerdings sind vor allem Kinder in den Zielbereich der Werbe- und Medienindustrie
gerückt, die sich anschickt, letztlich alle Menschen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Der Lösungsansatz ist eine demokratische
Kommunikationspolitik
Noam Chomsky in "Media Control", Piper 2006
(auszugsweise zitiert, Hervorhebungen von DB)
Das westliche Bekenntnis zur Pressefreiheit ist angesichts des leichtfertigen
Umgangs mit Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung in den USVasallenstaaten und des Eifers, mit dem die Medien sich durch Manipulation,
Indoktrination und Kontrolle in den Dienst der Mächtigen und Privilegierten stellen,
äußerst fragwürdig.
Dagegen würde eine "demokratische Kommunikationspolitik" auf die Entwicklung
von Mitteln des Ausdrucks und der Interaktion abzielen, in denen sich die Interessen
und Besorgnisse umfassender Bevölkerungsschichten niederschlagen. Ferner würde
eine solche Politik den Willen zur Bildung ebenso fördern, wie das individuelle und
kollektive Handeln. Das wäre ein Desideratum, auch wenn man die Fußangeln und
Gefahren nicht übersehen darf.
Allerdings bleibt die Fragestellung akademisch, wenn nicht die generellen sozialen
Rahmenbedingungen in die Betrachtung einbezogen werden. Die Erfolgsaussichten
einer demokratischen Kommunikationspolitik bleiben beschränkt, solange sich die
Macht, über den Kurs und die Funktionsweise großer gesellschaftlicher Institutionen
zu entscheiden, in wenigen Händen konzentriert.
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Werbung (Propaganda) in Politik und Wirtschaft
Das Ziel ist also nur über die weitere Demokratisierung der Gesellschaft zu
erreichen. Dieser Prozeß wiederum benötigt als zentrale Komponente eine
demokratische Kommunikationspolitik, die dazu beiträgt, die auf den Nexus von Staat
und Wirtschaft beschränkten machtpolitischen Entscheidungsbefugnisse zu
entflechten und zu dezentralisieren.
Diese Demokratie-Konzeption ist zwar so alt, daß sie eigentlich den viel
mißbrauchten Terminus "konservativ" verdient hätte, steht jedoch quer zu
allen Vorstellungen, die den öffentlichen Diskurs beherrschen.
Der Mensch ist das einzige Gattungswesen, das eine Geschichte besitzt. Ob es auch
eine Zukunft hat, wird von den Chancen popularer Bewegungen abhängen, die in
allen Bereichen der Bevölkerung verwurzelt sind und Werte vertreten, welche in der
jetzigen gesellschaftlich-politischen Ordnung unterdrückt oder marginalisiert werden:
Gemeinschaftlichkeit, Solidarität, Umweltbewußtsein, kreative,
selbstkontrollierte Arbeit, unabhängiges Denken und wirkliche demokratische
Beteiligung an den verschiedenen Formen des Zusammenlebens.
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