Lea Frings 21. Februar um 02:49 · ZAPP und die seltsame Form von Aufarbeitung des Glaubwürdigkeitsverlustes der Leitmedien. Vergangene Woche beschäftigte sich ZAPP mit den Gründen für den dramatischen Glaubwürdigkeitsverlust der öffentlichen Medien. Auch ich – als ehemalige Mitarbeiterin von RT, die aber dort gekündigt hat – wurde zu diesem Thema befragt. Zu diesem Anlass war ein ZAPPTeam einen ganzen Nachmittag bei uns zu Hause. Die ausgedehnten Gespräche und das anschließende etwa halbstündige Interview ließen mich hoffen, daß das Thema ernsthaft aufgearbeitet werden soll. Auch ich hatte den Eindruck, daß meine Meinung dazu wirklich ernst genommen wird. Nun, ich habe natürlich nicht erwartet, daß alle meine Aussagen im Film Platz finden würden. Das Ergebnis verschlug mir dennoch die Sprache. Nun unterliegt die Gestaltung eines Beitrages einer gewissen redaktionellen Freiheit. Wofür mir aber jedes Verständnis fehlt ist der Bruch des Versprechens, das komplette Interview mit mir auf die zugehörige Internetseite zu stellen. Dorthin, wo längst die kompletten Interviews anderer Beteiligter stehen. Meine Aussagen im Film stehen nun verkürzt allein im Raum und verzerren meinen Standpunkt. Bis heute habe ich auf meine Nachfragen zur Veröffentlichung des kompletten Interviews seitens oder Redaktion nur Vertröstungen, Entschuldigungen und weitere Hinhaltungen erhalten. Eine erstaunliche Energie wird in das Begründen dieses Fauxpas gelegt – während eine Veröffentlichung weiterhin ausbleibt. Da dies zur Folge hat, daß viele Zuschauer nur einen kleinen Teil meiner Aussagen zur Kenntnis nehmen, habe mich deshalb entschlossen, hier meinen Standpunkt noch einmal klar darzustellen. Vermutlich wird weder die Pro-RT-Seite damit glücklich sein, noch die andere. Allerdings bemühe ich mich immer um eine differenzierte Sichtweise und die ist nun einmal nicht Schwarz-Weiß: Ich sehe den Vertrauensverlust der Zuschauer in die Leitmedien als dramatisch und höchst gefährlich für den Erhalt unserer Demokratie an. Gerade deshalb liegt es mir sehr am Herzen, dass das Vertrauen der Menschen wieder zurück gewonnen wird. Es ist das Rückgrat einer funktionierenden Demokratie. Mit Schrecken sehe ich, wie sehr der fortschreitende Vertrauensverlust gefährlichen Demagogen in die Hände spielt. Die Menschen sehen die Tagesschau, das heute-Journal oder ähnliches und sehen mit eigenen Augen, wie dort offen einseitig berichtet wird. Meist im Übrigen zu Lasten Russlands. Da laufen in den Nachrichten Männer mit faschistischen Symbolen durchs Bild und dennoch wird nur von „demokratischen Kräften“ in der Ukraine berichtet. Da werden wahllose Bombenangriffe der Franzosen auf syrische Orte als gerechtes Eingreifen in den Syrienkonflikt dargestellt, während das russische Eingreifen durchweg verteufelt wird. Oder ich denke daran, wie getötete kurdische Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder, im Süden der Türkei allesamt zu Terroristen erklärt werden und die Zerstörung ganzer kurdischer Ortschaften verharmlost wird, während die Türkei noch immer mit Samthandschuhen angefasst wird. Vieles, was aktuell in den Leitmedien berichtet wird, wird deshalb nur noch als Propaganda oder zumindest als stark einseitig wahrgenommen. ABER - Propaganda der anderen Seite ist nicht Information durch die andere Seite. Wenn man sich die Propaganda von zwei Seiten ansieht, dann gleicht sich das keineswegs aus, wie oft behauptet wird. Man setzt sich einfach nur den Manipulationsversuchen beider aus. Propaganda kann man nicht mit Propaganda bekämpfen. Im Gegenteil. Sie schaukeln sich einfach nur gegenseitig hoch. Aus genau diesem Grunde ist RT deutsch eben nicht Teil der Lösung - sondern leider Teil des Problems. Menschenentwürdigende Thesen, Verschwörungstheorien ála „geplante Zersetzung Deutschlandes durch eine Flüchtlingsschwemme“ und auch hier eine einseitige Berichterstattung beispielsweise im Ukraine Konflikt sind brandgefährlich. Die in vielen deutschen Köpfen grassierende Russophobie kann man nicht durch eine unkritische Haltung zu Russland bekämpfen, die die politischen Schachzüge Putins kritiklos gutheißt. Unsere Gesellschaft driftet immer weiter auseinander. Die Meinungen prallen - teilweise auf der Straße - aufeinander. Und das ganze flankiert von Propaganda der ein oder der anderen Seite. Mir ist es wichtig, gegen diesen brandgefährlichen Trend anzugehen. Ich werde weiterhin offen sein für Menschen, die dies ebenso sehen und für Projekte, die die Gräben zuzuschütten versuchen - so wie ich es anfangs in RT-Deutsch sah – bis sich dort leider für eine bestimmte Zielgruppe entschieden wurde. Ich werde weiterhin immer zuerst das Beste annehmen wollen und es zumindest auf einen Versuch ankommen lassen. Und ich werde mir weiterhin meine geistige Unabhängigkeit bewahren und keiner Seite blind zuzujubeln. Weil sich nur so etwas in eine positive und gesunde Richtung bewegen kann. Jeder einzelne Journalist und jede Journalistin trägt eine große Verantwortung - aus meiner Sicht auch die, notfalls für die Wahrheit die eigene finanzielle und gesellschaftliche Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Ich bin überzeugt, dass bedingungslose Aufrichtigkeit den Menschen das Vertrauen in ihre Medien wieder zurückgeben kann. Abschließend noch etwas in eigener Sache: Im ZAPP-Film wurde im Zusammenhang mit mir das Wort „krude“ verwendet. Jeder, dem dieses Wort schon einmal angeheftet wurde, weiß um dessen verheerende Wirkung. Damit wird ganz gezielt der Ruf von Menschen zerstört. Daß das Wort „krude“ nun ausgerechnet in Zusammenhang eines meiner RT-Beiträge verwendet wurde, der sich in Zeiten des grassierenden Islamhasses bei Pegida und Co. der Verständigung mit unseren muslimischen Mitbürgern widmete, ist in meinen Augen besonders tragisch. Ich ging damals in eine Berliner Moschee und sprach mit einem Imam über das muslimische Leben in Deutschland und darüber, wie falsch das auch in einigen Leitmedien gezeichnete „Feindbild Islam“ ist. Es sollte gerade den PEGIDA-Anhängern, die überhaupt nicht wissen, was der Islam ist vor Augen führen, gegen wen sie hier demonstrieren und daß die „Lügenpresse“-Brüller auch nur Propaganda aufgesessen sind. Ich wollte den Muslimen eine Stimme geben. „Krude“ wird das von ZAPP bezeichnet. Mir kommt es vor, als wollte man dieses würdeverletzende Wort unbedingt in Zusammenhang mit mir einbringen wollen und als hätte sich einfach kein anderer Beitrag finden lassen. Eine der Begründungen dafür, daß mein komplettes Interview noch nicht eingestellt ist, ist übrigens jene, daß man mich schützen wolle. Mir scheint hingegen immer mehr, daß man etwas ganz anderes schützen will … Ich will den Redakteuren ihre ehrlichen Absichten nicht absprechen. Ich habe keinen Einblick in die Hintergründe und weiß nicht, wie groß der Einfluss durch die Chefredaktion ist. Möglicherweise hatten sie selbst Bauchschmerzen dabei, wie im Film über die eigene Glaubwürdigkeit wiederum absichtsvoll verzerrt wird. Und wer die verspätete Veröffentlichung meines kompletten Interviews zu verantworten hat, weiß ich auch nicht. Wenn hier allerdings seitens der Chefredaktion so viel Einfluss auf den Beitrag genommen wird, daß die eigene –möglicherweise ehrliche- Intention ad absurdum geführt wird, dann müssten sie im Grunde die gleichen Konsequenzen ziehen wie die, die ich damals bei RT-Deutsch gezogen habe ...