4/2003 PRO SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR TIERSCHUTZ Petition: Schutz für das Leben der Tiere ProTier 4/03 1 Impressum Inhalt Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Tierschutz/ProTier, Zürich Nr. 4 November 2003 31. Jahrgang Erscheint 4x jährlich Wir geben Tieren ein Zuhause 4 Transgene Tiere als Krankheitsmodelle 6 Die Labormaus braucht mehr zum Leben 10 Gute und böse Versuche 13 Eine Erbstreitigkeit 15 Abonnement Mitglieder erhalten die Zeitschrift kostenlos Jahresbeitrag Fr. 30.– Jugendmitglieder (bis 18 Jahre) Fr. 20.– Einzelnummer Fr. 6.– Jahresabonnement Fr. 20.– Projekt «Rettung der letzten Delfine der Adria» 16 Pilotwalmutter zeigt Whale-Watchern ihr totes Baby 17 Mysteriöse Fische 18 Kommerzieller Walfang dezimierte auch andere Meeressäuger 19 Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen! 20 Wildtiere in Zirkussen – in Deutschland bald Geschichte? 21 Redaktion: Rita H. Dubois (rd) Feuer frei auf Singvögel in Griechenland 22 Was darf es sein? Schlange oder geräucherter Elefant? 23 Ständige Mitarbeiter: Nathalie Dubois (nd) Ulrich Karlowski (uk) Ulrike Kirsch (uki) Auslandsjäger erlegen bedrohte Tiere 24 Borneo-Elefanten sind einzigartig 25 Kambodscha: Hoffnungsschimmer für Malaienbär 26 Käfigbatterien in Deutschland bald wieder hoffähig? 27 Mitarbeit an dieser Ausgabe: R. A. Attinger Chinesische Tiger in Afrika! 28 Fragwürdiger Urlaubstipp 30 Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Weiterverwendung der Artikel und Bilder nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Besserer Schutz für Amphibien und Auen 36 Patenschaften 39 Die Beiträge decken sich nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion und des Vorstandes Labormäuse Transgene Tiere Titelbild: Eichhörnchen Foto: Alfa Kartos Layout: proVista – prepress, publishing, design Urs Widmer, 4123 Allschwil Druck: Fotorotar AG, 8132 Egg 10 Petition: Schutz für Leben der Tiere 24 ic h! un e 2 Illegale Jagd auf bedrohte Tiere tt Bi Alfred-Escher-Strasse 76 CH-8002 Zürich Telefon: 01 201 25 03 Telefax: 01 201 26 23 Postcheck: 80-37221-2 E-Mail: [email protected] URL: www.protier.ch 6 m SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR TIERSCHUTZ r ter fü sch e i reiben S 37 ProTier 4/03 Editorial Foto: Martin Siegenthaler Liebe Tierfreunde T rotz der anhaltenden wirtschaftlichen Krisensituation und der auch bei uns spürbaren Verunsicherung vieler Spenderinnen und Spender haben wir uns in diesem Jahr erneut mit viel Einsatz und Erfolg für notleidende Tiere einsetzen können. Doch in die Freude über das unter nicht immer einfachen Bedingungen Erreichte und Geleistete mischt sich leider auch immer wieder Traurigkeit und völlige Hilflosigkeit, wenn man sich plötzlich mit einer Tragödie konfrontiert sieht, helfen möchte, aber doch – so schwer es auch fällt – untätig bleiben muss. Ich denke hier an die unter grauenhaften Bedingungen lebenden Tiere auf Pelztierfarmen. Das Gefühl von mit Hilflosigkeit gepaarter Wut angesichts der verängstigten, völlig verhaltensgestörten, kranken Tiere kann man nicht in Worte fassen. Ähnlich fühlten wir uns, als die Tragödie der rund 60 000 aus Australien nach Saudi-Arabien verschifften Schafe bekannt wurde, die wochenlang in viel zu kleine Laderäume eingepfercht ohne ausreichende Versorgung mit Wasser und Futter auf dem Meer ausharren mussten. Auch Tierschutzorganisationen in Australien, die wir kontaktierten, konnten nicht weiterhelfen. Die Situation war einfach aussichts- ProTier 4/03 los. Und so lange Lebendtransporte quer durch Europa oder per Schiff von einem Kontinent zum anderen erlaubt sind, werden unzählige Tiere weiterhin aus Profitgier leiden müssen. Nur wenn Politik und Gesellschaft bereit sind, diesem skandalösen Treiben ein Ende zu setzen, besteht Aussicht, dass derartige Horrorszenarien eines Tages nicht mehr zum Alltag gehören. Der Weg dahin ist lang, aber wir sind bereit, ihn mit Ihrer wertvollen Unterstützung zu gehen. Denn der Willkür gegenüber den Tieren, ihrer Behandlung als beliebig verschiebbare «Ware» kann jede/jeder Einzelne gegenübertreten. Es hängt von uns ab, ob wir Pelzprodukte kaufen oder nicht, ob wir zu Billigfleisch oder zu Produkten aus umweltverträglicher und tiergerechter Landwirtschaft greifen. Durch unser Verhalten können wir ein Beispiel geben und mithelfen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam mit Ihnen, liebe Gönnerinnen und Gönner, auf unserem sicher beschwerlichen, aber auch sehr lohnenswerten Weg für ein harmonisches Miteinander von Mensch, Natur und Tier voranschreiten könnten. Gemeinsam können wir denen, die sich nicht wehren und nicht um Hilfe rufen können, eine Stimme geben. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete und friedliche Weihnachtszeit und einen besinnlichen Jahresausklang. Gleichzeitig danke ich allen, die uns in diesem Jahr unterstützt haben, damit wir den Tieren helfen konnten, ganz herzlich. Bis zum nächsten Mal Ihre Rita Dubois Geschäftsführerin Für mehr Informationen über unsere Tätigkeit besuchen Sie uns bitte im Internet unter: www.protier.ch 3 Wir geben Tieren Patenti er Rasputin, 8-jährig. Aus privaten Gründen konnte die Mischlingshündin nicht an ihrem ehemaligen Platz bleiben. Sie ist sehr lieb, problemlos und für ihr Alter noch überaus verspielt. Da sie etwas stürmisch sein kann, sollte sie besser nicht zu Kleinkindern kommen. Als Familienhund bei bereits grösseren Kindern würde sie sich aber sehr wohl fühlen. Sie kommt mit Rüden sehr gut aus, mit anderen Hündinnen weniger. Sie hat aber keine Probleme, wenn sie ihnen aus dem Weg gehen kann. liz Unkomp 4 iert Danny, halbjährig. Der junge, verspielte Beagle wurde unüberlegt angeschafft. Schon nach kurzer Zeit merkte man, was es bedeutet, einen jungen Hund im Haus zu haben. Es wurde gesagt, Danny beisse, was aber überhaupt nicht stimmt. Er ist lediglich etwas übermütig, was in seinem Alter völlig normal ist. Er wäre ein super Familienhund. Danny hat zwar einen Grundkurs für Junghunde besucht, er muss aber noch viel lernen und braucht eine konsequente Erziehung. Energiel bünde Quentin, 12-jährig. Sein ehemaliger Besitzer war überfordert, als er sich plötzlich alleine um den Hund kümmern musste. Der Silky-Terrier-Rüde ist brav und lieb. Allerdings hört er wahrscheinlich nicht mehr ganz so gut, ansonsten ist er trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch quicklebendig und gesund. Er würde sich bei älteren Leuten, die noch rüstig sind, wohl fühlen. Mit anderen Hunden, ob gross oder klein, kommt er gut aus, solange es nicht ums Futter geht, denn da versteht er keinen Spass. Immer t noch fi Mirco, 1-jährig. Beinahe Glück gehabt hätte der liebenswürdige Kater. Er hatte ein neues Zuhause gefunden, nur leider war die bereits vorhandene Katze alles andere als einverstanden mit dem «Neuen» und wurde unsauber. Mirco musste leider wieder zurück ins Tierheim. Er selbst hat gar kein Problem mit anderen Katzen, ist lieb und verschmust. Falls möglich, sollte er an einen Ort mit Auslauf. Findelk atze ProTier 4/03 Fotos: © Nathalie Dubois Boris, 12-jährig. Der Münsterländerrüde ist eines unserer Patentiere. Er verlor seinen Platz durch Krankheitsfall seines Besitzers. Es ist sehr schwierig, für Boris einen Platz zu finden, da er einen sehr starken Jagdtrieb hat. Daher kann er auch nicht zu Katzen platziert werden. Ebenso wenig ist er geeignet für einen Haushalt mit Kleinkindern. Mit Hündinnen kommt er gut aus, zu anderen Rüden hingegen ist er nicht immer sehr freundlich, da er sehr dominant ist. Ein eingezäuntes Grundstück und langjährige Hundeerfahrungen wären zwingende Voraussetzung, um Boris vermitteln zu können. ein Zuhause Gefund Nicki, 3-jährig. Sie fristete ein äusserst trauriges Dasein. Tagsüber war sie in einem Zimmer eingesperrt und wurde mit Medikamenten ruhig gestellt. Bei einem Praxisbesuch wurde der Tierarzt auf die Missstände aufmerksam und informierte uns. Nicki ist sehr sensibel und kann auch als Einzelkatze platziert werden. Auslauf ist sie sich nicht gewohnt und würde sich auch in einer Wohnung mit Balkon wohl fühlen. Befreit Twinkle, etwa 2-jährig. Als sie gefunden wurde, war sie stark abgemagert, inzwischen ist sie im Tierheim aber wieder zu Kräften gekommen. Die Schildpattkatze ist sehr lieb und anhänglich. Mit anderen Katzen kommt sie sehr gut aus. Ob sie Hunde gewohnt ist, weiss man nicht, da man ihre Vorgeschichte nicht kennt. Twinkle braucht unbedingt Auslauf. Allfällige Kinder sollten nicht mehr allzu klein und den verantwortungsvollen Umgang mit Tieren gewohnt sein. Minouche, 13-jährig. Ihre ehemalige Besitzerin fühlte sich plötzlich genervt von der Katze und schob sie kurzerhand ins Tierheim ab. Minouche ist anfangs eher scheu und zurückhaltend. Kennt sie einen aber etwas besser, kann sie sehr anhänglich sein. Sie sucht einen Platz in einem ruhigen Haushalt. Auslauf ist nicht unbedingt nötig, ein Balkon reicht ihr auch. Nicht zu Hunden und Kleinkindern. Zugelau Überdr uss Unser Spendenkonto PC: 80-37221-2 Vermerk: Findeltiere Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz Alfred-Escher-Strasse 76 CH-8002 Zürich ProTier 4/03 en fen Nikita, 1-jährig. Die dreifarbige Kätzin ist ein Findeltier. Die Leute, denen sie zugelaufen ist, konnten sie leider nicht selbst behalten. Nikita ist sehr lieb und zutraulich. Sie kommt zwar mit anderen Katzen gut aus, sucht aber den Kontakt nur wenig. Als Zweitkatze käme nur eine ruhige Katze, wie zum Beispiel Nicki, in Frage. Auch sie braucht nicht zwingend Auslauf ins Freie. Flöckli, 2-jährig. Eine Allergie ihres Besitzers kostete die Katze ihr Zuhause, und sie musste ins Tierheim. Sie ist verschmust und sensibel. Auch sie ist sich gewohnt, nach draussen zu können, und braucht einen Platz mit Auslauf ins Freie an verkehrsarmer Lage. Die unkomplizierte Katze würde sich durchaus auch in einer Familie mit bereits grösseren Kindern wohl fühlen. Allergie 5 Transgene Tiere als Krankheitsmodelle Foto: © ALTEX Erweitertes Manuskript zum Vortrag anlässlich der 3. Tierversuchstagung. Tierversuche in Frage gestellt. Schweizer Tierschutz STS, Kongresszentrum Hotel Arte, Olten, 4. September 2003 VON PD DR . DANIEL AMMANN SAG GESCHÄFTSSTELLE Dieser doppeldeutige Umgang mit dem Tier fordert auf Seiten der Wissenschaften neue Kriterien heraus. Dabei kommt der Gesetzgebung die grosse Aufgabe zu, Tierversuche bezüglich der wissenschaftlichen Legitimation und dem gesellschaftlichen Nutzen in ein richtiges Mass zu rücken. Bringt das Gentechnikgesetz mehr Klarheit zum Umgang mit transgenen Tieren? Neu im Gentechnikgesetz vom 21. März 2003 ist, dass das Tier auch als Individuum in Artikel 8 geschützt werden soll. Artikel 8 führt eine Güterabwägung ein, wobei zahlreiche schutzwürdige Interessen des Menschen zusammen mit der Würde der Kreatur in die Waagschale geworfen werden (Kasten rechts). Ob die Würde der Kreatur missachtet ist, wird im Einzelfall anhand 6 Foto: © ASM D ie Einstellung gegenüber den Tieren ist heute in den Industriestaaten ambivalent und hat ein extremes Mass erreicht. Tiere werden als Gefährten des Menschen und sogar als Familienangehörige hoch geschätzt, gleichzeitig jedoch massenhaft als Industrieprodukte oder Forschungsinstrumente vernutzt. Der auf Tierversuche abgestützte Fortschritt ist längst masslos und erhält neuen Auftrieb in den Life Sciences. einer Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung von Tieren und Pflanzen und der Bedeutung der sechs schutzwürdigen Interessen in Absatz 2 beurteilt. Diese Gegenkriterien lassen befürchten, dass der Würde kaum noch ein Gewicht zukommt. Der Vollzug dieses Gesetzesartikels wird zeigen, ob die Würde zur Nebensache absinken wird oder ob die ethische Verpflichtung bei der Forschung am Tier rigoroser eingelöst werden muss. Hier soll untersucht werden, ob Tierversuche mit gentechnisch veränderten Tieren a) die Gesundheit von Mensch und Tier und b) die Wissensvermehrung tatsächlich auf eine Weise einlösen, so dass diese beiden schutzwürdigen Interessen über der Würde der Kreatur zu stehen kommen. Transgene Tiere als unerschöpfliches Forschungspotenzial Die Gentechnik an Tieren ist seit etwa 20 Jahren möglich und wird GTG Art. 8: Achtung der Würde der Kreatur 1 Bei Tieren und Pflanzen darf durch gentechnische Veränderungen des Erbmaterials die Würde der Kreatur nicht missachtet werden. Diese wird namentlich missachtet, wenn artspezifische Eigenschaften, Funktionen oder Lebensweisen erheblich beeinträchtigt werden und dies nicht durch überwiegende schutzwürdige Interessen gerechtfertigt ist. Bei der Bewertung der Beeinträchtigung ist dem Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen Rechnung zu tragen. 2 Ob die Würde der Kreatur missachtet ist, wird im Einzelfall anhand einer Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung von Tieren und Pflanzen und der Bedeutung der schutzwürdigen Interessen beurteilt. Schutzwürdige Interessen sind insbesondere: a. die Gesundheit von Mensch und Tier; b. die Sicherung einer ausreichenden Ernährung; c. die Verminderung ökologischer Beeinträchtigungen; d. die Erhaltung und Verbesserung ökologischer Lebensbedingungen; e. ein wesentlicher Nutzen für die Gesellschaft auf wirtschaftlicher, sozialer oder ökologischer Ebene; f. die Wissensvermehrung. 3 Der Bundesrat bestimmt, unter welchen Voraussetzungen gentechnische Veränderungen des Erbmaterials ohne Interessenabwägung ausnahmsweise zulässig sind. ProTier 4/03 The technique of animal transgenesis appears to offer the prospect of considerable advances in biomedical science and biotechnology. (…) There is, however, a substantial risk that the current intense interest in developing novel transgenic strains will, in fact, result in an overall increase in experimental animal use. (…) The technique of transgenesis also raises serious ethical concerns, since it is possible to induce irreversible and often potentially far-reaching alterations in the genetic constitution of animals, for example, producing strains which express human genes, or which, in the case of disease models, are designed to suffer. The Report and Recommendations of ECVAM Workshop 28. The Use of Transgenic Animals in the European Union. ATLA Vol. 26, S. 21– 43, 1998 Transgene Tiere werden für die Grundlagenforschung regulatorischer Genelemente, zur Identifikation der Genfunktion mittels Überund Unterexpression von Genen, für Modelle von menschlichen Krankheiten und in der Toxikologie als Testobjekte gebraucht. Die Gentechnik formt Tiere zu Pharmaproduzenten um und steigert das Tier als Fleischlieferant.2 Die Gentechnik eröffnet insgesamt der Schulmedizin einen attraktiven Forschungsplatz. Mit gentechnischen Methoden werden zusätzliche Gene in das Erbgut der Versuchstiere eingebracht, oder es ProTier 4/03 werden Gene im tierischen Genom ausgeschaltet, um die Funktionsweise einzelner Gene zu studieren. Die Effizienz des Gentransfers ist hierbei niedrig und liegt bei der Maus mit 10 bis 15 Prozent noch am höchsten, bei Schweinen beträgt sie durchschnittlich nur etwa zwei Prozent, beim Rind sogar nur ein Prozent. Knockout-Tiere sterben oft bereits vor der Geburt oder kurz danach, weil lebenswichtige Gene blockiert wurden. Sie kommen oft mit schwersten, nicht vorhersehbaren Behinderungen zur Welt. Nach Schätzungen wurden inzwischen über 10 000 transgene Tiermodelle entwickelt. Diese Tiere werden zum Teil über gewerbliche Zuchtfirmen vertrieben, wobei z. B. transgene Mäuse etwa 100 bis 200 US-Dollar pro Tier kosten. Das Jackson Laboratory beliefert beispielsweise Universitäten und Forschungsinstitute in der ganzen Welt mit jährlich etwa zwei Millionen Mäusen von mehr als 2500 Linien. Beim Menschen sind über 3000 genetische Erkrankungen bekannt. Entsprechend gross ist das Interesse, über das Tiermodell die genetischen Ursachen der Pathogenese verstehen zu wollen und mit diesen Erkenntnissen Therapien, mitunter auch die Gentherapie am Menschen entwickeln zu können. Die grösste Limitierung der Tiermodelle ergibt sich aus der Tatsache, dass viele der menschlichen Erbkrankheiten multifaktoriell sind, das heisst, sie sind nicht durch ein, sondern durch zahlreiche Gene verursacht.4 Damit wird die Extrapolation der Beobachtungen am Tier auf den Menschen sehr problematisch. Streng bewertet, sind transgene Tiermodelle nicht geeignet, um Krankheiten des Menschen umfassend darzustellen und wirksame Therapien zu entwickeln. Denn die gentechnische Veränderung im Erbgut der Tiere wirkt nicht für sich allein, sondern steht in Wechselwirkung mit dem gesamten genetischen Hintergrund. Da dieser bei Mensch und Tier unterschiedlich ist, gelingt es kaum, menschliche Erkrankungen in Tieren zu reproduzieren. Ein Gendefekt, der beim Menschen eine Krankheit auslöst, führt bei Tieren meist nicht zu den gleichen Symptomen. Viele Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, sind ausserdem nicht ausschliesslich genetisch bedingt, sondern haben auch andere Ursachen. Mäuse, die beispielsweise durch Genmanipulation an Krebs erkranken, stellen deshalb mangelhafte Tiermodelle dar. Transgene Tiere mit einer einzigen krebsassoziierten Mutation können sogar zu irrefüh- Wie erfolgreich oder frustrierend sind Tiermodelle? Beim Studium menschlicher Krankheiten mittels transgener Tiermodelle gibt es bereits bei der Produktion der Tiere zahlreiche Probleme:3 • Transgene Tierlinien, die spezifische Krankheitssymptome des Menschen zeigen sollen, sind schwierig zu produzieren und zu erhalten. • Die spezifischen Gendefekte sind im transgenen Tier schwierig zu identifizieren und zu charakterisieren. • Die transgenen Tiere zeigen oft als Folge des gentechnischen Eingriffs noch zusätzliche unbeabsichtigte Abweichungen in genetischen Faktoren. Foto: © Gerhard Arnold in der Forschung als eine Notwendigkeit angesehen. Das Potenzial an Möglichkeiten der Forschung mit transgenen Tieren ist unerschöpflich. Als Konsequenz trägt die Gentechnik an Tieren wieder zu steigenden Tierversuchszahlen bei.1 Bedeutende Institutionen wie die ECVAM haben diesbezüglich schon früh ihre Befürchtungen ausgesprochen. Heutige Tierversuchsstatistiken bestätigen diesen Trend (Kasten). 7 renden Aussagen verleiten. So können Mutationen einzelner Gene bei Tieren zu einem krebsartigen Phänotyp führen, wobei aber dieselbe Veränderung beim Menschen nicht hinreicht, um diesen Zustand auszulösen. Folglich können transgene Tiere übersensitive Krebsmodelle darstellen und beispielsweise bei der Exposition mit Kanzerogenen das Risiko für den Menschen überschätzen. Solche Problemstellungen treten auch bei Tiermodellen für viele andere Krankheiten auf. Dies ist an drei Beispielen illustriert: 1. Die Symptome transgener Alzheimermäuse unterscheiden sich von denen der Mehrheit der Alzheimerpatienten. Menschen erkranken zum grossen Teil nicht aufgrund einer bloss genetischen Disposition. Als Ursachen werden auch Stoffwechselstörungen und Infektionen diskutiert. Die Frustration kommt im folgenden Zitat eines Übersichtsartikels zu Mausmodellen für Alzheimer zum Ausdruck (Kasten). Many genetically altered mice have been designed to help understand the role of specific gene mutations in the pathogenesis of Alzheimer's disease (AD) (…) However, attempts to reproduce the neuropathology of AD in the mouse have been frustrating. (…) Transgenic designs emphasizing amyloid precursor protein produced mice that develop amyloid plaques, but neurodegeneration and neurofibrillary tangles failed to form. (…) James A. Richardson and Dennis K. Burns (2002). Mouse Models of Alzheimer's Disease: A Quest for Plaques. ILAR Journal, Vol. 43(2) 2002 2. Das Studium der Cystischen Fibrose an Mäusen ist stark eingeschränkt.5 Keine der bisher hergestellten transgenen Mauslinien erwies sich als ideal.6 Die Cystische Fibrose (CF) des Menschen beeinträchtigt vor allem 8 die Lungenfunktion. Transgene CF-Mäuse entwickeln dagegen hauptsächlich Symptome an den Verdauungsorganen. Sie erkranken erst nach zusätzlicher Infektion mit Bakterien an der Lunge. Eine beim Menschen wirksame Therapie ist durch die Verwendung dieser Tiere bislang nicht entwickelt worden. 3. Vergleichbare Schwierigkeiten bestehen in der Aidsforschung mit Tiermodellen. Das Zitat (Kasten) besagt, dass Tiermodelle für infektiöse Krankheiten wie Aids bestenfalls unvollkommene Modelle zum Studium der Pathogenese darstellen. However, for many human infectious diseases (e. g. HIV) despite the use of immunodeficient severe combined immunodeficiency (SCID) mice, the mouse remains, at best, an imperfect model to study the disease pathogenesis. Gail E. Herman (2002). Mouse Models of Human Disease: Lessons Learned and Promises to Come. ILAR Journal, Vol. 43(2) 2002 Ist die Wissenschaft im Gendenken bei Tiermodellen noch logisch? Das logische kausale Denken in der Wissenschaft wurde an Materie der leblosen Natur entwickelt. Wer über Lebewesen, Lebensformen und Lebensqualitäten nachdenkt, bemerkt jedoch rasch, dass das logische kausale Denken nicht geeignet ist, die Komplexität und die Qualität eines lebenden Organismus zu erfassen. Wird es dennoch versucht, so gelingt das nur, wenn der Organismus zu einem kausalen Regelsystem reduziert wird: Das Ganze wird aus der Summe der Teile abgeleitet, im Gegensatz zu einem Organismus, wo die Teile aus der Ganzheit verstanden werden. Mit dem «Gendenken» wird versucht, das Tier so zu reduzieren, dass es als lineare Folge der genetischen Struktur verstanden werden kann. Das US-In- stitutional Animal Care and Use Committee (IACUC) betont im untenstehenden Zitat, dass bei der Produktion transgener Tiere kein vorhersagbares Resultat erwartet werden kann (Kasten). The random incorporation of injected DNA, differing helper genes, and different genetic backgrounds produces a spectrum of phenotypic outcomes, rather than a single, predictable outcome. It is impossible at the present time to predict all of the different outcomes. Therefore, an IACUC must monitor the outcomes and phenotyping data to address animal welfare considerations of these types of experiments. Melvin B. D. Monitoring of Genetic Engineering Studies. http://altweb.jhsph.edu/ meetings/pain/dennis.htm. Können Tiere überhaupt Modelle für menschliche Krankheiten sein? Die meisten, wenn nicht alle Gene (beziehungsweise ihre Proteinprodukte) entfalten ihre Wirkung nicht bloss in einem, sondern häufig in sehr vielen Prozessen, in verschiedenen Organen und zu verschiedenen Zeiten. Zusammen mit der Tatsache, dass die Komplexität eines Organismus sich zweifellos nicht bloss in der Zahl seiner Gene widerspiegelt, bedeutet das, dass ein Gen im Organismus in der Regel mehrere Funktionen übernimmt und die Beziehung zwischen Eigenschaft und Gen keine einfache, sondern eine vielfach verschränkte und rückgekoppelte ist. Das bedeutet, dass man vermutlich von keinem Gen, sei es beim Tier oder beim Menschen, jemals ganz genau vorhersagen kann, was es alles beeinflusst. Daraus folgt, dass man der DNA-Sequenz eines Gens nur in seltenen Extremfällen ansehen kann, welche Auswirkungen sie hat. Die Wissenschaft kann für die meisten Gene nicht mehr als vage Vermutungen über deren Gesamtfunktion erlangen. ProTier 4/03 Aus einem Experiment mit transgenen Tieren kann letztlich nichts anderes erkannt werden, als dass ein Tier unter den gegebenen Bedingungen eine bestimmte Reaktion oder Funktionsänderung seines Organismus erfährt. Jede darüber hinausgehende Übertragung der Resultate auf den Menschen ist eine Spekulation, bestenfalls eine Hypothese. Wie wissenschaftlich ist nun die Forschung mit transgenen Tieren überhaupt noch? Foto: © ASM Namentlich die selbst gesetzten Kriterien der Wissenschaft für eine «Wissenschaftlichkeit» sind unter anderem die Vorhersehbarkeit, die Berechenbarkeit und die Reproduzierbarkeit einer Methode, Wirkung oder eines Effektes. Diese Voraussetzungen werden von keinem Tierversuch erfüllt, der verwertbare Informationen für den Menschen liefern soll. Die Reichweite der Vorhersagbarkeit ist stark begrenzt. Das hat seinen Grund darin, dass jedes objektive Experiment an Tiermodellen nur ein Stück der Natur erforscht, isoliert vom Rest der Welt. Diese Isolation begrenzt die Gültigkeit der Erkenntnisse, die durch Experimente gewonnen werden. Dieser Gedanken kann mit dem einfachen Bild des bekannten deutschen Physikers Hans-Peter Dürr illustriert werden (Kasten). ProTier 4/03 «Schon ein Bakterium trägt so viele Geninformationen in sich, wie eine Bibel Worte hat. Ein Mensch so viele, wie in 15 Bibeln stehen. Der Gentechniker tauscht darin ein oder zwei Seiten aus und behauptet: Das kann doch nicht gefährlich sein. Er verschweigt dabei, dass er das Inhaltsverzeichnis nicht kennt, nicht weiss, welche Seite ausgewechselt wurde, wie wichtig ihr Inhalt war, ebenso wenig ihren Zusammenhang mit anderen Seiten kennt und nicht in der Lage ist, die Inhaltsänderung zu verstehen (…) Solange sie daran arbeiten, wissen sie nicht, was sie tun.» Prof. Hans-Peter Dürr, Physiker, Vorstand der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler Die unumgängliche reduktionistische Sicht der Forschung mit Tiermodellen führt zu unzulässigen Hoffnungsszenarien. Nach dem gegenwärtigen Trend in der Schulmedizin werden die Krankheitsursachen vor allem auf genetischer Ebene gesucht, ungeachtet der Einflüsse, die Lebensgewohnheiten, Ernährung oder psychosoziales Umfeld ausüben. Die Konsequenz dieser Denkweise ist die Produktion transgener Tiermodelle. Die Methoden der Gentechnik sollen ein verfeinertes Instrumentarium darstellen, tiefer in das Verstehen der Lebensprozesse eindringen und Wege für ein Leben ohne Krankheit aufzeigen. Durch das definierte Ein- oder Ausschalten bestimmter Gene im Tier sollen komplexe Vorgänge auf überschaubare Untersuchungsmodelle reduziert werden und Krankheitsbilder des Menschen in ihren molekularen Ursachen aufgeklärt werden. Mit diesem reduktionistischen Prozess kommt die Meinung auf, der Regelorganismus sei als solcher zu regeln und zu manipulieren: Aus dem kausalen Gendenken folgt das kausale Genhandeln – also die Ziele für praktische Anwendungen. Tatsächlich verkündet die Gentech- nik an Tieren kolossale Hoffnungsszenarien. Die Schulmedizin stösst hier aber an eine Grenze, wenn sie den Menschen durch Forschung an transgenen Tieren grösste Gesundheitsversprechen ausspricht. Tatsächlich ist zu prüfen, ob dieses Mittel, das transgene Tier, den Zweck – also die Gesundheitsversprechungen für den Menschen – noch heiligt. Spricht man von gentechnischen Tiermodellen, so ist eine gewisse Bescheidenheit vor der Komplexität des Tieres gefragt. Genome und ihre Funktion sind heute für die Wissenschaft nach wie vor «terra incognita». Die Wissenschaft sollte angesichts der ausserordentlichen Komplexität von Lebensprozessen zu dieser Einsicht kommen und dazu stehen. Für die Forschung mit transgenen Tieren würde diese Einsicht bedeuten, dass nicht beliebige Hoffnungen für die Gesundheit des Menschen propagiert werden, sondern zugegeben wird, dass die Durchsichtigkeit transgener Krankheitsmodelle viel bescheidener ausfällt, als dies die deterministischen und reduktionistischen Konzepte ausrufen. Dies würde in der Güterabwägung der Würde der Kreatur mächtig Auftrieb geben und das überhöhte Versprechen auf Gesundheit und Wissensvermehrung relativieren. ■ 1 2 3 4 5 6 http://www.boyd-group.demon.co.uk/ genmod.htm. http://altweb.jhsph.edu/publications/ ECVAM/ecvam28.htm. http://www.ccac.ca/english/gui_pol/ gdlines/transgen/TRANSGE1.HTM. http://altweb.jhsph.edu/publications/ ECVAM/ecvam28.htm. http://altweb.jhsph.edu/publications/ ECVAM/ecvam28.htm. http://www.boyd-group.demon.co.uk/ genmod.htm. http://altweb.jhsph.edu/publications/ ECVAM/ecvam28.htm. 9 Ratten im Labor: In den engen Standardkäfigen leiden die intelligenten Nager vor allem unter Langeweile. Sie können ihr vielfältiges Verhaltensrepertoire kaum ausleben. Einfache Mittel würden das Leben von Versuchstieren verbessern – und die Resultate verändern. VON ANDREA SIX V ersuche an lebenden Tieren sind in naher Zukunft nicht aus den Forschungslabors wegzudenken. Zwar entwickeln Wissenschafter bereits alternative Methoden. Die jetzt verwendeten Heerscharen von Mäusen, Hunden oder Schweinen kann das kaum kümmern. Dass ihr Leben einem gewissen Anspruch an Gesundheit und Würde entspricht, ist nicht nur das Anliegen von Ethikern, sondern auch Wissenschaftern, die sich mit den Haltungsbedingungen der Versuchstiere befassen. Einer von ihnen ist Markus Stauffacher, Leiter der Arbeitsgruppe Ethologie, Tierhaltung und Tierschutz am Institut für Nutztierwissenschaften an der ETH Zürich. Nach Stauffachers Auffassung bedeutet die Art der Hal- 10 tung in über zwei Dritteln aller Experimente eine weitaus grössere Einschränkung für das Tier als die Prozedur des Versuchs selbst – wie etwa eine Blutentnahme. Rucksack für Schweine «Man kann mit einfachen Änderungen bereits sehr viel Positives für das Tier ausrichten», sagt Stauffacher. Er beobachtet eine weltweite Bewegung, weg von den alten Normkäfigen hin zum «Enrichment», der Haltung unter reichhaltigen Bedingungen, die arttypisches Verhalten erlauben. Ein Beispiel hierfür ist der Rucksack für Schweine einer dänischen Pharmafirma. Im Rucksack ist eine Vorrichtung zur Blutentnahme enthalten, welche die Schweine mit sich herumtragen. Diese Vorrichtung hatte früher zur Einzelhaltung der Tiere geführt. Für die sozialen Tiere sind Kontakte zu Artgenossen jedoch unverzichtbar. Die Rucksäcke ermöglichen den Tieren nun das Leben in der Gruppe trotz der Versuchssituation. Kaninchenmütter dagegen haben ein Problem mit zu viel Nähe: Sie sind gestresst, wenn sie permanent ihren Nachwuchs um sich haben. In herkömmlichen Zuchtkäfigen konnten sie ihren Jungen nicht aus dem Weg gehen. Eine Mitarbeiterin von Markus Stauffacher entwickelte daher ein System, bei dem ein abnehmbares Nest nur zu den Säugezeiten zur Mutter gebracht wird. Und der im Wasser lebende Krallenfrosch wurde früher in kahlen Kühltanks gehalten, damit er sich nicht so viel bewegt. Heute weiss man, dass der Frosch bei Raumtemperatur zufriedener ist und sich gerne unter Tonscherben zurückzieht. Es bewegt sich also etwas in der Tierhaltung. Wie aber sieht es mit der Umsetzung dieser EnrichmentVorschläge in den Forschungslabors aus? Ein Augenschein im Institut für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe, IVI, in Mittelhäusern bei Bern zeigt eine Realität, wo manche gute Idee fruchtet, andere aber scheitern. Für landwirtschaftliche Nutztiere wie Schweine, Schafe oder Ziegen gelten für die Haltung als Versuchstier grundsätzlich die gleichen Richtlinien wie auf ei- ProTier 4/03 Foto: © Andreas Teich/Caro Die Labormaus braucht mehr zum Leben nem Bauernhof. Auf einer Weide vor dem IVI grast eine Ziegenherde, die zu einem Versuch des Berner Tierspitals gehört. Die Ziegenböcke durften ihre Hörner behalten – man hat ihnen Gartenschlauchstücke darüber gezogen. So können die Tiere ihre Kämpfe ausführen, ohne sich zu verletzen. Ganz anders dagegen die Verhältnisse im Hochsicherheitsbereich des IVI: Hier werden ansteckende Tierseuchen erforscht. Mit Krankheitserregern verseuchtes Material darf nicht in die Umwelt geraten. Jeder Strohhalm müsste hier vor dem Ausschleusen keimfrei gemacht werden. Die herkömmliche Behandlung mit Dampf kann jedoch die Krankheitserreger im Stroh nicht zuverlässig abtöten. Und die Abwasseranlage verträgt die Halme aus technischen Gründen nicht. Das bedeutet Kachelboden ohne Einstreu für die Versuchstiere. «Diese Tiere leben sicher nicht in einer reichhaltigen Umgebung», sagt Direktor Christian Griot. Verglichen mit der Lebenszeit der Tiere, sei die Dauer der meisten Ver- suche von maximal drei Wochen aber gering. Ähnliche Schwierigkeiten begegnen Margarete Arras vom Institut für Labortierkunde der Universität Zürich. Sie weiss, wie wichtig es für Mäuse ist, sich in einen Unterschlupf zurückziehen zu können. Hygienisch vorteilhafte Plastikbehausungen werden von den Tieren jedoch nicht gut angenommen. Die Mäuse bevorzugen Häuser oder Tunnel aus Pappe, die sie mit der Zeit zu kleinen Schnipseln zernagen. In den Tierställen der Labor- Fakten, Zahlen und Beispiele zu bewilligungspflichtigen Tierversuchen Nager Rindvieh Im Jahr 2002 wurden 286 622 Mäuse, 148 001 Ratten und 8060 Meerschweinchen gebraucht. Weiterhin wurden 15 417 Kaninchen, Hamster und andere Nager für bewilligungspflichtige Tierversuche verwendet. Sie dienten vor allem zur Erforschung von Krankheiten des Nervensystems oder von Krebs, der Suche nach Antidepressiva und Hirnschlagmedikamenten sowie der Produktion von Substanzen für Tests auf Bakterien, Parasiten oder Tollwut und der Impfstoffprüfung. Toxikologen verwenden Nagetiere für die Einordnung neuer Stoffe in Giftklassen. 92 Prozent aller schwer belastenden Versuche werden mit Nagetieren gemacht. 40 Prozent der 5466 Rinder wurden für gering belastende Versuche in Lehre und Ausbildung benötigt. Dazu gehören das Tiermedizinstudium sowie Kurse für künstliche Besamung. In der Pharmaforschung werden Rinder etwa für die Entwicklung eines Rauschbrandimpfstoffs eingesetzt. Vögel Unter den 4512 Vögeln wurde anhand von Naturmeisen versucht, zoologische Fragen zum Verhalten und Parasitenbefall zu klären. Schwer belastende Versuche mit Schweregrad 3 wurden an Hühnern zwecks neurotoxikologischer Studien unternommen. ProTier 4/03 wurden nicht bis gering belastet. 14 Tiere erlitten schwere Belastungen. Schweine An 1379 Schweinen und Minipigs wurden toxikologische Untersuchungen durchgeführt und neue Operationsmethoden ausprobiert. Derartige chirurgische Versuche sind häufig schwer belastend für das Tier. Ziegen und Schafe 40 Prozent der 1029 Schafe und Ziegen wurden für Tierversuche im Zusammenhang mit Krankheiten beim Tier eingesetzt. Zudem dienten sie der Gewinnung von Blutserum für diagnostische Testverfahren. Hunde und Katzen Es wurden 2511 Hunde und 257 Katzen für Tierversuche eingesetzt. Hunde dienten vor allem für die Einordnung neuer Substanzen in Giftklassen, Katzen wurden zur Entwicklung von Medikamenten und zur Erforschung von Tierkrankheiten wie Katzenaids eingesetzt. 72 Prozent der Hunde und Katzen veterinärmedizinische Ausbildung von Studenten und die Erforschung von Pferdekrankheiten eingesetzt. Primaten Die Industrie benötigte 83 Prozent der 476 Primaten. Darunter waren Rhesus- und Javaneraffen. Die Tiere dienten der Entwicklung von Medikamenten für Nervenkrankheiten oder Organtransplantationen. Ausserdem wurden Versuche zu Futtermitteln und der Verteilung von Arzneimitteln im Körper durchgeführt. 26 Prozent der Primaten erlitten mittlere bis schwere Belastungen. Menschenaffen wurden nicht verwendet. Amphibien und Reptilien Mit 1929 Amphibien und Reptilien wurden ebenfalls fast ausschliesslich nicht belastende Experimente durchgeführt. Eier und Kaulquappen des Krallenfrosches Xenopus laevis wurden in der Entwicklungsbiologie und in der Toxikologie gebraucht. Verhaltensforscher untersuchten den Seefrosch im Zürichsee. Fische 95 Prozent der 9821 Versuchsfische wurden für toxikologische Tests benötigt. Darunter fällt auch die Untersuchung der Umweltbelastung durch Düngemittel. Knapp 7 Prozent aller schwer belastenden Versuche werden an Fischen durchgeführt. (six.) Pferde 113 Pferde erlitten in Tierversuchen maximal geringe Belastungen. Sie wurden für die Die Zahlen sind der Schweizer Tierversuchsstatistik 2002 des BVet entnommen. 11 tierkunde fällt jedoch auf, dass kaum ein Mäusekäfig mit einem Haus oder einer Papprolle bestückt ist. Wie beim IVI liegt das Problem in der Entsorgung: «Die bisherige Absaugvorrichtung verstopft, sobald die Käfigeinstreu mit Pappresten vermischt ist», sagt Margarete Arras. Die Tierärztin sieht das Hauptproblem der Tierhaltung in der mangelnden Beschäftigung. Je intelligenter das Tier ist, umso mehr leidet es an Langeweile. Unter den 15 000 Nagern, die am Standort Universitätsspital gehalten werden, sind das vor allem die 300 Ratten, die ihr vielfältiges Verhaltensrepertoire in einem engen Käfig kaum ausleben können. lose Rückwärtssalti oder ständiges Hüpfen auf der Stelle, treten bei Mäusen auf, die ohne Enrichment in Standardkäfigen leben. Würbel widerlegte zudem die verbreitete Meinung, Stereotypien dienten quasi dem Trost des Tieres und seien positiv zu betrachten. Gemeinsam mit Forscherkollegen zeigte er, dass Stereotypien entstehen, wenn Tiere dauerhaft daran gehindert werden, lebenswichtige Verhaltensweisen auszuführen. Die Folge sind Störungen wichtiger Gehirnfunktionen der Mäuse, wie sie auch bei Menschen mit Schizophrenie auftreten. Von einem Trost der Tiere kann also nicht die Rede sein. Gewappnet gegen Stress Sauberkeit ist nicht genug Sowohl Margarete Arras vom BLZ als auch Christian Griot vom IVI sind der Meinung, ihre Tierhaltung habe trotz gewissen Einschränkungen Vorzeigecharakter in der Schweiz. «Für viele Wissenschafter ist perfekte Hygiene und reichlich Futter immer noch gleichbedeutend mit artgerechter Tierhaltung», sagt dagegen Hanno Würbel, Verhaltensforscher an der Universität Giessen. Er beschäftigt sich mit der Tierart, welche die Hälfte aller Versuchstiere in der Schweiz ausmacht: der Maus. Würbels Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Enrichment nicht nur eine luxuriöse Forderung von Tierschützern ist, sondern auch Auswirkungen auf die Resultate der Experimente hat. Seine ernüchternde Schlussfolgerung lautet: Der Grossteil der Labormäuse ist verhaltensgestört. Wie aber können verhaltensgestörte Versuchstiere glaubwürdige Ergebnisse liefern? Der Biologe hatte als Erster nachgewiesen, dass 90 Prozent aller Mäuse, die tagsüber völlig normal wirken, in ihrer aktiven Phase – nämlich nachts – ein erschreckendes Spektrum krankhafter Zwangshandlungen aufführen. «Es herrscht ein Riesenkrach in so einem Nagetierstall in der Nacht», berichtet der Biologe. Die Stereotypien, wie etwa dauerndes Benagen der Gitterstäbe, end- 12 Unter optimierten Bedingungen lebende Tiere entwickeln sich nicht nur normal, sie verkraften die Einschränkungen eines Tierversuchs auch besser. Gesundheitsprobleme und Verhaltensstörungen tauchen seltener auf. «Die Tiere lernen, sich aktiv mit ihrer Umgebung auseinander zu setzen, und haben das Potenzial, mit Veränderungen fertig zu werden», sagt Markus Stauffacher. Und dies gelte für alle Tierarten. Es klingt überzeugend, dass gesündere Tiere andere Versuchsergebnisse liefern als eine herkömmliche verstörte Versuchsmaus. Dies beweisen auch verschiedene Untersuchungen. In reichhaltiger Umgebung lebende Versuchstiere reagieren beispielsweise anders auf Gifte bei Toxizitätsprüfungen. Oder sie haben ein besseres Erinnerungsvermögen in Lerntests. Dies findet seine Entsprechung auch auf Organebene. So hat das Gehirn von Mäusen mit strukturierter Käfigeinrichtung mehr Nervenzellen, und diese sind zudem stärker vernetzt. Die Resultate der optimal gehaltenen Versuchstiere könnten tatsächlich die glaubwürdigeren sein, vermutet Würbel. Daran zweifelt Hansjoachim Hackbarth, Tierschutzbeauftragter der tierärztlichen Hochschule Hannover. Er findet in seinen Arbeiten zur Tierhaltung eine stärkere Streuung der Versuchsergebnisse, sobald Tiere in einer von Enrichment geprägten Umgebung leben. Die Tiere bilden laut Hackbarth eine stärkere Hierarchie aus, weil sie sich individueller verhielten und um mehr Ressourcen zu kämpfen hätten. Folglich brauchte man eine grössere Anzahl Tiere, um statistisch brauchbare Resultate zu erzielen. Bei Haltung in einer reizarmen Umgebung dagegen würde man mit weniger Tieren zum gleichen Ergebnis kommen. Hackbarth steht mit seinem Wunsch nach einer reizarmen Tierhaltung abseits der heute modernen Enrichment-Bewegung. Er spricht jedoch ein Thema an, das auch Hanno Würbel beschäftigt. Doch dieser sieht es anders. Seine Frage lautet: Sind Tierversuche überhaupt repräsentativ, selbst wenn ein Mäusekäfig künftig serienmässig einem Abenteuerspielplatz gleichen sollte? Denn je standardisierter die Versuchsbedingungen sind, umso spezifischer gelten die Ergebnisse nur für diese Standardbedingungen und verlieren darüber hinaus jede Aussagekraft. Dass Tierversuche unterschiedliche Ergebnisse liefern können, je nachdem, welche der vielen heute verfügbaren Zuchtlinien verwendet wird, ist bereits bekannt. Ebenso können aber Versuche je nach Haltungsbedingungen der Tiere zu völlig entgegengesetzten Befunden führen. Versuche mit Mäusen aus konventioneller Haltung sagen nach Würbels Auffassung daher noch nicht einmal etwas aus über die Spezies Maus. «Und erst recht taugt ein derartiges Modell nicht für die Erforschung der Hirnfunktionen oder von Krankheiten beim Menschen.» Für ein robustes Ergebnis müsse man verschiedene Bedingungen prüfen. Mit seiner Behauptung stellt er die gängige Tierversuchspraxis auf den Kopf. Das muss man beweisen können. Daran arbeitet der Biologe derzeit. Er koordiniert drei verschiedene Labors, welche die gleichen Verhaltenstests mit Mäusen unter verschiedenen Haltungsbedingungen durchführen. Er ist gespannt, wie sehr die Ergebnisse voneinander abweichen werden. ■ ProTier 4/03 Gute und böse Versuche Das Gesetz fordert bei jedem Tierversuch eine Güterabwägung. Doch diese wird den Forschern überlassen. VON MATTHIAS M EILI D er Welttiertag ist vorüber, deshalb darf ohne Heuchelei gesagt werden: In der Schweiz werden jährlich mehr als 3,6 Millionen Tiere zum Verzehr geschlachtet, knapp 200 000 Tiere werden auf der Jagd erlegt, an die 2000 Tonnen Fische aus den Gewässern gezogen und darüber hinaus noch zahlreiche «überzählige» Tiere aus Zucht und Zoo abgetan. Den grössten Aufruhr verursachen jedoch regelmässig die Tierversuche, deren potenzieller Nutzen für die Menschheit sicherlich gross ist. Die Schweizer Bevölkerung hat diesen Nutzen bisher immer hoch gewichtet und der Forschung mit Tierversuchen in den vergangenen zwanzig Jahren mehrmals deutlich den Segen gegeben. Ende der Diskussion? «Im Gegenteil», sagt der Ethiker Klaus Peter Rippe, «denn das Volk hat seine Zustimmung immer an eine Güterabwägung gebunden.» Anders ausgedrückt: Nach dem Willen des Volkes soll es «gute» Tierversuche geben, die erlaubt werden können, und es soll «böse» geben, die durch Alternativmethoden ersetzt oder verboten werden müssen. Glaubt man der Bewilligungspraxis, gibt es fast nur «gute», denn in den vergangenen Jahren ist jeweils allerhöchstens 1 Prozent aller Gesuche abgelehnt worden; glaubt man dem radikalen Zürcher Tierrechtler Christopher Anderegg, gibt es nur die anderen. Er lehnt eine Güterabwägung von vornherein ab, weil er Tierversuche als ProTier 4/03 keinen gangbaren Weg in der Forschung betrachtet. Doch für alle anderen beginnt die Güterabwägung. Dieser Kampf tobt auf ganz verschiedenen Ebenen: im Gesetz, in der Tierschutzverordnung und in den zahlreichen Richtlinien des Bundesamtes für Veterinärwesen; in den Tierversuchskommissionen, unter den Tierethikern. Der eigentliche Entscheid wird jedoch den Forschern überlassen. Den Zweck bewerten Für jeden Versuch muss der Wissenschafter ein vierseitiges Bewilligungsgesuch ausfüllen. Darin muss er den Versuch genau umschreiben, welche und wie viele Tiere er braucht, wie er sie zu halten gedenkt und vor allem auch, welchem Schweregrad an Leiden seine Tiere ausgesetzt sein werden. Dann sollte er im Punkt 67 des Gesuches die für die Tiere negativen Aussichten dem erwarteten Erkenntnisgewinn gegenüberstellen und begründen, wieso der Versuch wichtig ist und nicht mit alternativen Methoden durchgeführt werden kann. Diese Angaben prüfen die Tierversuchskommissionen der Kantone und führen ihrerseits eine Güterabwägung durch. Aufgrund ihrer Empfehlungen bewilligt dann das kantonale Veterinäramt das Gesuch und die Anzahl der Tiere, die verwendet werden dürfen. Oft sind mit der Bewilligung Auflagen verbunden, und die Tierversuchskommissionen können unangekündigte Kontrollen durchführen. Wenn aber ein Gesuch den gesetzlichen Auflagen entspricht, muss der Versuch bewilligt werden. Schön und gut, doch die Gesuche und darin insbesondere die Güterabwägung sind von unterschiedlicher Qualität, sagen Tierschützer. «Die Güterabwägung ist oft unbefriedigend», weiss Klaus Peter Rippe, der auch Präsident der Tierversuchskommission des Kantons Zürich und Mitglied der Ethikkommission für Tierversuche der Schweizerischen Akademien für Medizin und Naturwissenschaft ist. «Meistens heben Forscher hier nur die Wichtigkeit ihres Forschungsgebietes heraus.» Dies ist zwar verständlich, denn sonst hätten sie das Gesuch ja gar nicht eingereicht. Rippe würde sich jedoch wünschen, dass Forscher mehr Engagement bei der Güterabwägung zeigen. Die Seite der Tierschützer bemängelt vor allem, dass der Zweck des Versuches zu wenig hinterfragt werde. Während die Belastung der Versuchstiere intensiv erforscht ist und recht gut eingeschätzt werden kann, herrscht Ratlosigkeit, wenn es um die Frage geht, ob das Versuchsziel das Leiden der Tiere rechtfertigt. Dies liegt vor allem im Bereich der Grundlagenforschung in der Natur der Sache, denn ein Forscher kann selten voraussagen, welches Ergebnis oder welchen Nutzen ein Experiment in Zukunft ergeben wird. Seit 1991 ist jedoch der Begriff der Unerlässlichkeit im Tierschutzgesetz verankert, der 13 Foto: © Ulrich Karlowski Moralische Integrität Versuchshunde: kurzes, trauriges Leben. besagt, dass die Versuche auf eine unerlässliche Anzahl zu beschränken seien. Doch was heisst unerlässlich? Der Entscheid etwa, welche Krankheit einen Tierversuch wert ist und welche nicht, ist ungeheuer schwierig. «Wenn jemand schreibt, aus seinem Versuch könne ein Medikament zu dieser oder jener Volkskrankheit resultieren, wird der Versuch bewilligt», meint Antoine Goetschel, Rechtsanwalt in Zürich und Geschäftsleiter der Stiftung Tier im Recht. Goetschel und seine Mitstreiter fordern deshalb eine klare und vor allem objektive Bewertung des Versuchszwecks. Schwerst belastende Versuche sollten, so die Forderung, gänzlich verboten werden, egal wie hoch der Erkenntnisgewinn sein könnte. Diese Regelung ist in Deutschland bereits wirksam. Ein weiteres Hilfsmittel wäre eine Negativliste, die die «bösen» Versuche aussortiert. Eine solche haben der Verein Ärzte für den Tierschutz in der Medizin in Zusammenarbeit mit den beiden Zürcher Hochschulen vor einigen Jahren erstellt und darin über 20 Versuche aufgezählt, die nicht einmal bei erwartetem hohem Erkenntnisgewinn durchgeführt werden dürften – von der Haltung der Tiere in extremen Temperaturbereichen bis zur Methode der «Bestrafung» in der Verhaltensbiologie. Diese Liste ist jedoch seit 1998 nicht mehr überarbeitet worden. 14 Bisher galten vor allem die ethischen Richtlinien der Akademien der Medizin und der Naturwissenschaften als Leitplanken. In fünf Kapiteln steht geschrieben, wann in der Schweiz Tierversuche durchgeführt werden dürfen, eine weitergehende Liste oder Nennung lohnenswerter Versuchszwecke existiert aber auch hier nicht. Hinter vorgehaltener Hand bezeichnen viele Forscher diese Richtlinien zwar als «nett» – aber halten sie nicht eigentlich für ausschlaggebend. Denn sie sind rechtlich nicht bindend. Immerhin müssen seit 1999 alle Personen, die Tierversuche leiten oder durchführen, von Gesetzes wegen einen Ausbildungskurs absolvieren, zum Beispiel am Institut für Labortierkunde der Uni Zürich. «Im Rahmen dieser Kurse wird auch die Güterabwägung angesprochen», sagt Ausbildungsleiter Hans Peter Käsermann, «wobei die ethischen Richtlinien der Akademien selbstverständlich vorkommen.» Am meisten bewirkte jedoch der praktische Teil dieser Kurse, erklärt Käsermann. Erst der konkrete Umgang mit den Tieren bringe den Teilnehmern die heiklen Fragen ins Bewusstsein. «Heute ist die Idee von der Güterabwägung in unserem Kulturkreis breit akzeptiert», glaubt Käsermann. Dies sei nicht überall der Fall. So sei es für fernöstliche Kulturen schwerer nachvollziehbar, dass für jedes Versuchstier eine Güterabwägung gemacht werden muss. Klaus Peter Rippe hat nun im Rahmen der Revision der Ethik-Richtlinien einen Entwurf für die Selbstprüfung ausgearbeitet, um den Forschern die ethische Güterabwägung etwas näher zu bringen. Dieser Entwurf besteht aus einer Art MultipleChoice-Fragebogen: «Aus Ihrer Sicht», wird da der Forscher etwa gefragt, «wie hoch ist die Bedeutung des Erkenntnisgewinns?» oder «Aus Ihrer Sicht, wie stark ist der durch die Verwirklichung der Resultate entstehende positive Einfluss auf die psychische, physische und soziale Lebensqualität von Menschen?», «Wie oft überwachen Sie einen Versuch im Labor/Tierstall?» oder «Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden darüber, wie Ihre Tierversuche im Sinne des Tierschutzes verbessert werden können?» Jede Antwort muss der in sich gehende Forscher mit einer Punktzahl bewerten. Der Gesamtscore zeigt dann, ob der Versuch ethisch vertretbar sei. Zum ersten Mal fliesst der Begriff der moralischen Integrität des Forschenden in ein derartiges Instrument ein. «Ich glaube, dass ein integrer Forscher ein besserer Forscher ist», sagt Klaus Peter Rippe dazu. Nach dem nun laufenden Test wird Rippe den Fragebogen – angereichert mit einem Vorwort – aufs Internet stellen, so dass ihn jeder Forscher herunterladen kann – wenn er will. «Es hat keinen Sinn», sagt Rippe, «die Leute zu einer solchen Güterabwägung verpflichten zu wollen, das wäre kontraproduktiv. Ausserdem würde es einen Aufschrei geben.» Aber eigentlich haben die Forscher ihre Güterabwägung schon gemacht, lange bevor sie das Gesuch ausfüllen. Damals, als sie sich für diesen sensitiven Bereich der Forschung entschieden, weil er ihnen wichtig erschien, weil sie darin Karriere machen wollten, weil die Gesellschaft diese Forschung verlangt, honoriert und – vielleicht – auch davon profitiert. ■ Abdruck der Artikel S. 10 und 13 mit Genehmigung der «NZZ am Sonntag». ProTier 4/03 Eine Erbstreitigkeit I m «Journal Franz Weber» 65/2003, dem Organ der Franz-Weber-Stiftung, berichtet der Anwalt dieser Stiftung in tendenziöser Form über einen Prozess, den ProTier und zwei andere karitative Organisationen gegen die Franz-Weber-Stiftung führen und in erster Instanz gewonnen haben. (Der Prozess ist zurzeit beim Obergericht des Kantons Zürich hängig.) VON RECHTSANWALT HANS H EGETSCHWEILER Darin erheben er und Frau Judith Weber völlig unqualifizierte Vorwürfe gegen ProTier und gegen das Bezirksgericht Zürich. Worum geht es? Zwei ältere Damen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft lebten, einigten sich, ihr Vermögen nach ihrem Tod bestimmten wohltätigen Institutionen, darunter auch ProTier, zukommen zu lassen. Ohne Wissen und ohne Mitwirkung dieser Institutionen schlossen sie einen so genannten Erbvertrag ab, nach welchem das Vermögen der erstversterbenden Erblasserin zuerst an ihre überlebende Wohnpartnerin gehen sollte und dann das Vermögen beider Erblasserinnen an die erwähnten Institutionen. Nach dem Tode der ersten Erblasserin änderte die zweite Erblasserin durch ein handschriftliches Testament einseitig den Erbvertrag ab und setzte statt ProTier die Franz-Weber-Stiftung (neben anderen Organisationen) als Erbin ein. Beim Tode der zweiten Erblasserin passierte nun von Seiten der Behörden ein Fehler, für den die Beteiligten nichts können. Es wurde nur das Testament, nicht aber der Erbvertrag dem Gericht zur Eröffnung eingereicht. Deshalb wurde ein grosser Teil des Nachlasses nach dem Testament verteilt. Mehr als ein Jahr später fand dann der Notar auch den Erbvertrag und reichte diesen ebenfalls dem Gericht ein. So erfuhr ProTier von der Sache. ProTier wusste, dass das Testament, weil es dem Erbvertrag widersprach, nicht gültig (die Juristen sagen «herabsetzbar») war, wollte aber keinen Streit. Deshalb berief der Schreibende eine Konferenz aller beteiligten Institutionen ein, an welcher eine sehr differenzierte Lösung ausgearbeitet wurde. Eine kleine Tierschutzorganisation, die das Geld bereits für ein Tier- ProTier 4/03 heim in Andalusien ausgegeben hatte, konnte das ganze Geld behalten, weil dies Ausgaben waren, die ProTier für sehr sinnvoll hielt. Ein Kinderhilfswerk zahlte anstandslos den Betrag zurück. Mit zwei Blindenorganisationen einigte man sich ebenfalls in einer für beide Seiten zufriedenstellenden Weise. Nur mit der Franz-Weber-Stiftung liess sich keine Lösung finden. Warum? Sie hatte sich geweigert, an dieser Konferenz teilzunehmen, obwohl sie natürlich eingeladen worden war. Stattdessen hätte ihrer Meinung nach ein «Rechtsgutachten» für viele Tausend Franken eingeholt werden sollen, das für niemanden bindend gewesen wäre. ProTier entschloss sich dann, zusammen mit zwei anderen Organisationen, die aus dem Erbvertrag begünstigt sind, den Prozess gegen die Franz-WeberStiftung einzuleiten. Wir wünschten im Prozess, dass der Richter noch einmal versuchen sollte, eine gütliche Einigung zu erzielen. Der Richter setzte deshalb eine nichtöffentliche Verhandlung an, in deren Verlauf er erklärte, die Rechtslage spreche klar für ProTier, man solle doch aber nicht das Geld der Spender zum Fenster hinauswerfen und sich einigen. Wir wären bereit gewesen, einen kleineren Teil des Erbes der Franz-Weber-Stiftung zu überlassen, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Es gibt genug Leid bei Tieren und Menschen, und alle Beteiligten hätten Besseres zu tun, als in Gerichtssälen zu sitzen. Die Franz-Weber-Stiftung wollte aber nicht einlenken. Obwohl wir nach Ansicht des Richters voll Recht hatten, wollte sie uns nur 10% ihres Anteils überlassen. Damit wären nicht einmal die Prozesskosten gedeckt gewesen. Der Prozess ging deshalb weiter. Es kam, wie die Franz-Weber-Stiftung rügt, nie zu einer öffentlichen Verhandlung, aber nicht, weil wir etwas zu verbergen hatten, sondern weil der Genfer Anwalt der Franz-Weber-Stiftung nicht sehr bewandert in prozessualen Dingen ist und die mündliche Verhandlung nicht verlangte, was sein Recht gewesen wäre. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Anwalt dadurch viel mehr Zeit hatte, um seine Rechtsschriften zu verfassen. Schon während der Verhandlung machten der Anwalt der Franz-WeberStiftung und Frau Weber Andeutungen, in diesem klaren Falle gehe es nicht mit rechten Dingen zu und der Richter hätte wohl die Sache mit uns vorbesprochen. Im Artikel im «Journal Franz Weber» werden diese Vorwürfe noch viel massiver erhoben. Dabei handelt es sich um bösartige Stimmungsmache einer Partei, der die sachlichen Argumente ausgegangen sind. Niemand auf unserer Seite kannte den Richter oder hatte mit ihm vorher über den Fall gesprochen. Die Franz-Weber-Stiftung argumentiert vor allem damit, der Wille der zweiten Erblasserin werde von unserer Seite nicht respektiert. Das ist so. Nicht zu vergessen ist aber, dass die zweite Erblasserin der ersten Erblasserin vor Notar und zwei Zeugen das feierliche Versprechen abgegeben hat, das Erbe einmal (unter anderem) ProTier zukommen zu lassen. Der Wille der zweiten Erblasserin kann nicht respektiert werden, weil dadurch der Wille der ersten Erblasserin und das feierliche Versprechen, das sich die beiden Damen gegeben haben, verletzt würden. Aus Respekt vor dem Willen der ersten Erblasserin und dem feierlichen Versprechen der beiden Damen ist ProTier deshalb nicht einfach vor der Franz-Weber-Stiftung, die ihr das Gespräch verweigert hat, zurückgewichen. Die Franz-Weber-Stiftung hat angedroht, dass sie diesen Fall bis nach Strassburg weiterziehen werde. Damit würden Kosten entstehen, die in keinem Verhältnis mehr zur Sache stehen (es geht um etwa Fr. 80 000.–). Wir haben diesen Streit nicht gesucht und nicht gewollt, was unsere Einigung mit allen anderen betroffenen Organisationen beweist. Wir haben aber auch Sorge getragen, dass die Kosten für diesen ungefreuten Fall nicht in den Himmel wachsen. ProTier trägt nur einen Drittel der Prozesskosten, die beiden mit ProTier als Klägerinnen auftretenden Organisationen tragen zwei Drittel. Für uns und das Bezirksgericht Zürich ist der Fall klar. Aber auch im klarsten Falle kann es Überraschungen geben. Deshalb suchten wir immer nach einer gütlichen Lösung und würden uns heute noch über eine solche freuen. Es kann aber nicht angehen, dass die Gegenseite einfach deshalb, weil sie das Geld wegen eines Fehlers der Behörden schon erhalten hat und weil sie offensichtlich keine Angst vor Prozessen hat, das Erbe gegen Recht und Moral behält und jedes vernünftige Gespräch verweigert. ■ 15 Seit nunmehr fast zwei Jahren unterstützt ProTier das Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und der Universität Zagreb zur Rettung der letzten Adria-Delfine. ULRIKE K IRSCH & ULRICH K ARLOWSKI V or 4 Jahren führte das Team des kroatischen Tiermedizi^ ners Prof. Hrvoje Gomercić eine Zählung der entlang der Küsten und Inseln Kroatiens lebenden Delfine durch. Das Ergebnis war mehr als ernüchternd. Von einst tausenden Tieren und mehreren Arten waren gerade einmal knapp 220 Grosse Tümmler übrig geblieben. Adria-Delfine: Wir wollen leben! Die Ursachen für den dramatischen Rückgang fanden sich schnell: unbeabsichtigter Beifangtod in Fischernetzen, Nahrungsknappheit durch Überfischung sowie direkte Delfinjagd in der Tito-Ära, als Fischer für jeden toten Delfin eine Kopfprämie als Ausgleich für angebliche Schäden an ihren Netzen erhielten. Deutlich wurde 1999 auch, dass es sich um ganz besondere Tiere handelt. Es sind in der Tat «kroatische Delfine», denn sie leben das ganze Jahr über in kroatischen Gewässern, ein Kontakt zu ihren Artgenossen im Mittelmeer scheint nicht mehr vorhanden zu sein. 16 ProTier hilft! «Wenn es nicht gelingt, das Aussterben dieser Tiere zu verhindern, dann wird es in der Adria überhaupt keine Delfine mehr geben», ist sich Tierärztin Martina Duras, Feldforscherin^im Team von Prof. Hrvoje Gomercić, sicher. «Wir freuen uns deshalb sehr über die Hilfe aus der Schweiz und danken allen Gönnerinnen und Gönnern ganz herzlich. Es liegt in unser aller Hand, dieses Naturerbe Europas zu bewahren und zu erhalten.» Immerhin gibt es jetzt auch wieder gute Nachrichten von den Delfinen in der Adria. Im Rahmen des Schutzprojektes fand in diesem Jahr eine erneute Zählung statt. ^Im Parallelflug flogen Prof. Gomercić und sein Team mit vier kleinen Maschinen die gesamte kroatische Küste ab, um die Tiere aus der Luft zu zählen. Das Ergebnis der ersten Hochrechnungen macht Mut: Der Bestand ist stabil geblieben und liegt erneut bei etwa 220 Delfinen, die in etwa 40 Schulen leben. Dieses Resultat ist wichtig, denn besonders im vergangenen Jahr verzeichneten die Zagreber Tierärzte mit 34 toten Delfinen eine ungewöhnlich hohe Verlustrate. Mit dem Zählergebnis können jetzt Befürchtungen, es habe ein vermehrtes Delfinsterben gegeben, ad acta gelegt werden. Die ungewöhnliche Totfundrate spiegelt wohl eher den stark gewachsenen Bekanntheitsgrad des Projekts bei Behörden und Touristen sowie in der Bevölkerung wider, was dazu führte, dass Meldungen über tot gestrandete Delfine konsequent nach Zagreb weitergeleitet wurden. Ein Ziel ist erreicht, viel bleibt noch zu tun Damit ist nach nur knapp drei Jahren Dauer eines der elementaren Projektziele bereits fast erreicht: die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Kampf ums Überleben der Adria-Delfine. Denn nur wenn die Menschen verstehen, werden sie bereit sein, sich für den Erhalt dieser einzigartigen Delfinpopulation einzusetzen. Doch es bleibt noch viel zu tun. Für eine konsequente Überwachung und Kontrolle des etwa 32 000 km 2 grossen kroatischen Küstenbereichs sind für die Zukunft der Einsatz eines weiteren Patrouillenboots und die Einrichtung eines Delfinschutzzentrums geplant. ■ ProTier 4/03 Foto: © Ulrike Kirsch Projekt «Rettung der letzten Delfine der Adria» S chon die erste Ausfahrt an diesem Tag hatte es in sich. Die nichts ahnenden WhaleWatcher stiessen auf eine sehr ungewöhnliche Meeressäugerversammlung. Versammlung der besonderen Art Pottwale, Grosse Tümmler und Pilotwale hatten gemeinsam eine Gruppe gebildet – normalerweise meiden Pottwale unter allen Umständen die Anwesenheit von Delfinen. «Vier Pottwale tauchten zusammen mit Pilotwalen und Grossen Tümmlern neben unserem Boot auf. Und dann geschah es: Die Pottwale formierten sich, ihre Köpfe dicht zusammen haltend, zu einem Stern, einer nur selten beobachteten Formation, die sie einnehmen, wenn sie etwas in der Mitte beschützen wollen! Und dahinter reihten sich die Grindwale dicht beisammen, während die Tümmler um sie herum schwammen. Nach etwa 10–15 Minuten tauchten alle gemeinsam ohne merkliche Vorzeichen ab», berichtet Katharina Heyer. Doch die ebenso magische wie völlig unerklärliche Szene bildete erst den Auftakt dieses sonderbaren Tages. Eine traurige zauberhafte Begegnung Foto: © Könemann Verlag Während der zweiten Tagesausfahrt trafen die noch immer tief bewegten und beeindruckten Natur- Pilotwalmutter zeigt Whale-Watchern ihr totes Baby Seit Jahren fährt Katharina Heyer, Gründerin der Schweizer Stiftung firmm, vom spanischen Tarifa aus mit ihren Gästen in die Gewässer vor Gibraltar, um dort Delfine und Wale in freier Wildbahn zu beobachten, zu erforschen und Konzepte für deren Schutz zu erarbeiten. Doch den 4. September 2003 werden weder sie noch ihre Gäste jemals vergessen können. beobachter an der gleichen Stelle, aber Stunden später, dieselbe Gruppe Pilotwale, allerdings ohne Begleitung. «Die Tiere waren recht regungslos, sie schienen zu ruhen oder abzuwarten. Es schien uns, als beobachteten sie das Geschehen unter Wasser, ohne sich fortzubewegen. Dann lösten sich sechs erwachsene Tiere und kamen laut pfeifend extrem nah ans Boot. Sie strichen an der Bootswand entlang, schauten hoch, drehten sich, was sich einige Male wiederholte. Ganz unerwartet tauchte plötzlich eine Pilotwalmutter auf und zeigte mir ganz explizit ihren Bauch, an dem noch ein kleines Stückchen einer noch blutigen Nabelschur hing. Ich konnte ihren Kopf nicht sehen, der war unter dem Boot. Sie tauchte ganz langsam ab. Ich spürte, dass da etwas nicht stimmte, und begab mich auf die hintere Plattform, wo ich alleine war. Da kamen wieder alle sechs Tiere an, hoben ihre Köpfe, pfiffen mich an, es war allerdings nicht ein freudiges Pfeifen. Und da sah ich die Mutter wieder. Sie kam alleine angeschwommen, genau auf mich zu und hatte etwas Breites im Maul. Mein erster Gedanke war, dass sie mir einen Fisch zeigen wollte. Als sie einen Meter von mir weg war, erkannte ich, dass sie ein Pilotwalbaby quer im Maul hielt, das sie mir kurz über Wasser zeigte. Es war ihr wohl gerade geborenes Baby, und es war offensichtlich tot», erzählt Katharina Heyer erschüttert. Noch mehrmals kehrte die Pilotwalgruppe ununterbrochen laut pfeifend zu dem Boot zurück, immer zeigte die Mutter ihr totes Baby, und jedes Mal schwamm sie mit Hautkontakt an der Bootsseite entlang. «Es war fast nicht zum Aushalten, denn es gab nichts, was wir machen konnten, um ihren offensichtlichen Schmerz zu lindern. Diese Begegnung ging uns sehr unter die Haut, und wir werden lange brauchen, dieses Erlebnis zu verarbeiten», versucht Frau Heyer dieses sicherlich bislang einzigartige Erlebnis in Worte zu fassen. ■ U. Karlowski nach Informationen von K. Heyer Surftipp: http://www.firmm.org/de ProTier 4/03 17 Mysteriöse Fische Sie haben einen Pferdekopf, den Beutel eines Kängurus, ihr Schwanz ähnelt dem von Affen, und sie können ihre Körperfarbe ihrer Umgebung anpassen. Und doch sind sie keine Chimären aus der Sagenwelt, sondern Fische. «Seepferdchen sind anders als jede andere Fischart, es sind wunderschöne, absolut faszinierende Tiere», schwärmt Amanda Vincent, Direktorin des Project Seahorse. VON ULRICH KARLOWSKI D ie Zahl der weltweit bekannten Seepferdchenarten liegt derzeit bei 33. Erst im Mai dieses Jahres wurde eine neue Art entdeckt, deren ausgewachsene Exemplare gerade einmal die Grösse eines Fingernagels erreichen. Es ist die kleinste Seepferdchenart der Welt. Die 16 Millimeter langen Minitierchen leben in Korallenbänken vor der Küste Indonesiens. Doch die Zukunft dieser ungewöhnlichen Meeresbewohner, bei denen die Männchen die Eier in einer Bauchtasche ausbrüten und den Nachwuchs dann einzeln lebendig gebären, sieht alles andere als rosig aus. Handel dezimiert Seepferdchen Sämtliche Arten sind durch Übernutzung mittlerweile gefährdet. Besonders die Garnelenfischerei mit Bodenschleppnetzen rasiert ganze Populationen der kleinen Tierchen als Beifang vom Meeresboden. Seepferdchen, die die Tortur des Fangs überleben, werden an den Aquarienhandel verscherbelt. Obwohl es extrem schwierig ist, sie in Gefangenschaft zu halten, gehören die flinken Gesellen zu den Top Ten der beispielsweise aus Florida exportierten Aquarienarten. Mitarbeiter des Project Seahorse schätzen, dass jedes Jahr wenigstens 24 Millionen getrocknete Seepferdchen in den Welthandel kommen. In Asien werden sie für medizinische Zwecke verwendet und sollen gegen alles Mögliche helfen, von Impotenz über Atemwegslei- 18 den und Schmerzen bis hin zu Herzkrankheiten. Andernorts finden getrocknete Seepferdchen Verwendung als Souvenirs. Zusätzlich geschwächt werden die Bestände durch Zerstörung und Vergiftung ihrer Lebensräume, wie Mangrovenwälder oder Seegrasfelder. Begrüssungstänzchen Obwohl niemand abschätzen kann, wie es um die Bestände der einzelnen Arten derzeit bestellt ist, fordern Wissenschaftler und Naturschützer seit langem internationale Schutzmassnahmen, denn allzu lange werden diese sonderbaren Geschöpfe die derzeitige Übernutzung nicht verkraften können. So setzen viele, die sich der Faszina- tion der friedlichen Fischchen nicht mehr entziehen können, auf eine in diesem Jahr beschlossene Regelung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). Demnach müssen ab Mai 2004 sämtliche 163 CITES-Mitgliedsstaaten Daten vorlegen, die zeigen, dass ihre Seepferdchenexporte die Bestände nicht schädigen. «Es ist das erste Mal, dass CITES Regeln für Bestandserfassungen und -regulierungen für eine kommerziell bedeutende Fischart verabschiedet hat», freut sich Amanda Vincent. Bei vielen Seepferdchenarten bleiben die Partner während der gesamten Brutzeit zusammen. Und jeden Morgen vollführen Männchen und Weibchen zur Begrüssung einen graziösen Tanz, bei dem sich ihre Schwänze ineinander verwinden und während dessen sie ihre Farbe wechseln. Vielleicht gibt es jetzt eine Chance, dass sie ihre Tänze weiter tanzen können. ■ Surftipp: Project Seahorse: http://seahorse.fisheries.ubc.ca/ Kapuzineräffchen: ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit Gespür hat sich vermutlich lange vor den ersten Menschen entwickelt Der Gerechtigkeitssinn ist möglicherweise ein Erbe der Evolution. Denn nicht nur Menschen, auch Affen haben dieses Gespür, das in der Geschichte immer wieder zu Kriegen und Revolutionen geführt hat. In Verhaltensversuchen reagieren Kapuzineräffchen bei Ungerechtigkeiten ähnlich wie menschliche Versuchspersonen, berichten amerikanische Primatenforscher. Die Forscher brachten Kapuzineräffchen bei, Gutscheine gegen Gurken zu tauschen. Über den Tausch waren die Äffchen normalerweise überglücklich. Sahen sie jedoch, dass ein Artgenosse für den gleichen Gutschein leckere Trauben bekam, wurden sie garstig: Manche wollten für die Gurken keinen Gutschein mehr hergeben. Oder sie nahmen die Gurken und legten sie frustriert beiseite. Spätestens dann verdüsterte sich aber die Stimmung, wenn ein anderes Äffchen etwas bekam, ganz ohne einen Gutschein vorlegen zu müssen. Menschen reagieren in ähnlichen Situationen im Prinzip gleich, wie nicht nur Alltagserfahrungen, sondern auch ausgeklügelte psychologische Experimente zeigen. Somit muss der Sinn für Gerechtigkeit lange vor dem Auftauchen des ersten Menschen entwickelt gewesen sein, folgern die Forscher. ddp/bdw ProTier 4/03 Walfang hat das gesamte ökologische Gleichgewicht der Meere nachhaltig gestört. VON ULRICH KARLOWSKI Komplexe Kettenreaktion gefährdet gesamtes Ökosystem N ach Meinung amerikanischer Biologen beeinträchtigt der ehemals exzessive Walfang im Nordpazifik bis heute zahlreiche Tierarten. Zwischen 1946 und 1979 starben unzählige grosse Wale durch den kommerziellen Walfang. Damit ging die Hauptbeute der Orcas oder Schwertwale – der grössten Delfinart der Welt – verloren. Sie wichen auf andere Nahrungsquellen aus und jagten kleine Meeressäuger, die an der Küste lebten: zunächst Seehunde, deren Zahl in den frühen siebziger Jahren zurückging. Dann traf es nach und nach Pelzrobben, Seelöwen und schliesslich Seeotter, deren Populationen sich bis heute nicht erholt haben. Seehunde und Pelzrobben wurden Opfer der geschickten Jäger, da sie leicht zu erbeuten sind und den höchsten Nährwert für sie haben, vermuten die Biologen. Als diese Beute dann seltener wurde, verlagerten sie sich auch auf weniger ergiebige Tiere wie Seeotter. ProTier 4/03 Mit ihrer Hypothese schildern Alan Springer und seine Kollegen von der University of Alaska in Fairbanks eine der längsten und komplexesten ökologischen Kettenreaktionen, die jemals beschrieben wurden. Dieses Beispiel verdeutlicht eindrücklich, dass masslose Aus- beutung einen Dominoeffekt nach sich ziehen kann, der einen vernichtenden Einfluss auf ein komplettes Ökosystem hat. Bislang ging man davon aus, dass der Rückgang der kleineren Meeressäuger auf Effekte am unteren Ende des Nahrungsnetzes zurückzuführen sei – beispielsweise auf Nahrungsknappheit. Die neue Theorie sieht dagegen die Ursachen am oberen Ende der Nahrungspyramide. ■ Foto: © Ulrich Karlowski Foto: © Konrad Wohte Kommerzieller Walfang dezimierte indirekt auch andere Meeressäuger 19 Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen! Wir übernehmen Verantwortung, wo andere versagen. Das Schicksal der Tiere liegt in unseren Händen. Ihre Spende ermöglicht es uns, Hunde, Katzen und viele andere Tiere aktiv zu schützen. Bitte kämpfen Sie mit uns für die Tiere. ProTier benötigt dringend Mittel für: 쐌 Betreuung und Pflege unserer Tierheim-Tiere 쐌 Aufnahme von Verzicht- und Findeltieren 쐌 Unterbringung und Betreuung unserer Patentiere – gesunde Hunde und Katzen, die aus verschiedenen Gründen nicht platzierbar sind 쐌 Rettung der letzten Adria-Delfine vor dem Aussterben 쐌 Hilfe für Tanzbären in Zusammenarbeit mit Alertis (NL) 쐌 Tierhilfe «Osten», denn Tierschutz kennt für uns keine Grenzen 쐌 Aufklärungs- und Informationsarbeit, denn wir können nur schützen, was wir kennen Ihre Spende rettet Tieren das Leben! Jeder Franken zählt! Herzlichen Dank! Unser PC 80-37221-2 20 ProTier 4/03 Wildtiere in Zirkussen – in Deutschland bald Geschichte? G egen Ende September dieses Jahres traf der Agrarausschuss des Deutschen Bundesrates eine vielleicht bahnbrechende Entscheidung gegen das unselige Zurschaustellen von Wildtieren in Zirkussen. Bayern will grundsätzliches Verbot Der Ausschuss stimmte einem von Bayern eingebrachten Vorschlag zu, die Haltung von Wildtieren, insbesondere Affen, Bären und Elefanten, grundsätzlich zu verbieten. Zwar sieht die Regelung, nach Informationen des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte, vor, dass Ausnahmen möglich sind, wenn Zirkusse die Anforderungen so genannter Zirkusleitlinien erfüllen. Jedoch bietet er ebenso die Möglichkeit, auf unkomplizierte Weise weitere Tierarten in die Verbotsliste aufzunehmen. Die ebenfalls vom Ausschuss empfohlene Einführung eines Zirkuszentralregisters werten Tierschützer als eine unverzichtbare Voraussetzung zum Vollzug bestehender Tierschutzvorschriften. Foto: © Nathalie Dubois Verbote gibt es bereits in vielen anderen Ländern Die jetzt eingeleitete Entwicklung hat erstaunlich starken Rückenwind in der deutschen Bevölkerung. So konnten die Tierversuchsgegner mit nur einem Aufruf mehr als 30 000 Unterstützungs-E-Mails für das Haltungsverbot auslösen. Mit ProTier 4/03 seinen meist sehr beengten Haltungsbedingungen, dem oftmals nicht oder nur miserabel ausgebildeten Personal, häufigen Ortswechseln, nicht adäquater Ernährung und tiermedizinischer Versorgung können Wildtiere in Zirkussen auch nicht annähernd artgerecht gehalten und gepflegt werden. Dem Bundesverband Menschen für Tierrechte ist kein Zirkus bekannt, der die mitgeführten Tiere ohne jede tier- oder artenschutzrechtliche Beanstandungen hält. Hinzu kommt, dass die Behörden dem wilden Treiben der Manege meist nur wenig entgegenzusetzen haben. Bevor von Amtes wegen zugeschlagen werden kann, wechselt man rasch mit unbekanntem Ziel den Ort und begibt sich damit problemlos ausser Reichweite der zuständigen Behörden. So vegetieren zahllose Zirkustiere unter unzumutbaren Lebensbedingungen vor sich hin – auch weil die Behörden mangels geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten die Tiere meist gar nicht beschlagnahmen können, selbst wenn sie wollen. Andere Länder sind da bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. So wurde in Dänemark, Finnland, Österreich und Schweden bereits vor Jahren die Haltung bestimmter Wildtierarten, wie Affen, Nashörner, Flusspferde, Giraffen und verschiedene Raubtiere, in Zirkussen verboten. Foto: © Alfa Kartos VON ULRICH KARLOWSKI Grüne ohne Herz für Tiere? Noch wird in Deutschland lediglich empfohlen, dass einige Tierarten, wie Menschenaffen, Nashörner oder Pinguine, nicht in Zirkussen mitgeführt werden sollten. In der erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe stattfindenden Sitzung des Bundesrates, am 17. Oktober, soll nun über die Vorlage des Agrarausschusses entschieden werden. Doch ausgerechnet die grüne Bundesministerin Renate Künast führt verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Verbot ins Feld. Sie sieht das im deutschen Grundgesetz verbriefte Recht auf Berufsfreiheit tangiert. Über die Entscheidung der Länderkammer werden wir in der kommenden Ausgabe des «ProTier»-Journals berichten. ■ Surftipp: http://www.zirkus-ohne-tiere.de 21 Feuer frei auf Singvögel in Griechenland Jagdsaison entgegen EU-Regelungen ausgeweitet. Regierung gibt Druck der Jagdlobby nach. G riechische Politiker scheren sich offensichtlich einen Deut um EU-Richtlinien, besonders wenn es dabei «nur» um Umwelt und Natur geht. So setzte Fotis Hatzimichalis, derzeit hellenischer Landwirtschaftsminister, die Wildvogel-Jagdsaison auf den Zeitraum vom 20. August bis 29. Februar – ein krasser Verstoss gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie. Diese untersagt, Wildvögel während des Vogelzugs, der Jungenaufzucht oder der Balzzeit zu jagen. VON ULRICH KARLOWSKI Doch Arten wie der Eleonorenfalke brüten von August bis September, andere beginnen Anfang Februar in Griechenland mit ihrer Balz. Natur- und Umweltschützer fordern deshalb seit Jahren vergeblich eine EU-weite Schonzeit für alle Tierarten von Ende Januar bis Mitte Oktober. 22 Griechenland auf der Anklagebank «Erneut hat die Regierung den Forderungen der Jagdlobby nachgegeben», bedauert Costas Papaconstantinou, Präsident der Griechischen Ornithologischen Gesellschaft. Denn bereits seit Januar 2001 ist beim Europäischen Gerichtshof gegen Griechenland ein Verfahren wegen Verstosses gegen die Vogelschutzrichtlinie hängig. Ein Urteil wurde noch nicht gefällt. «Das Verfahren zieht sich hin, weil unser Landwirtschaftsministerium gegenüber der EU lügt und unglaubliche Daten über die Vogelpopulationen in Griechenland präsentiert. Gemäss Angaben würde Griechenland die höchsten Populationsdichten in ganz Europa aufweisen. Die Daten stammen von der Jagdlobby oder von durch diese beeinflussten Vogelkundlern», erklärt Marios Fournaris von der AlkyoniWildtierklinik in Paros. «Dabei gibt es für unser Land im Grunde überhaupt keine verlässlichen Daten über die Bestände der jagdbaren Tierarten.» Naturschützer enttäuscht «Die neuen Jagdzeiten werden sicherlich einen sehr negativen Gerichtsbeschluss gegen unser Land nach sich ziehen. Und doch ist es immer das Gleiche, Jahr für Jahr gibt das Ministerium den Jägern nach», meint Costas Papaconstantinou enttäuscht. Damit umreisst er die Meinung vieler griechischer Naturschützer, die davon überzeugt sind, dass die Regierung um Popularität buhlt und deshalb internationale Gesetze ignoriert – rein zufällig finden in Griechenland im nächsten Frühjahr Wahlen statt. Auf dem Peloponnes ist die Jagd ein Multi-MillionenEuro-Geschäft mit mehr als 300 000 registrierten Schützen, die in jeder Jagdsaison etwa 3000 Euro pro Mann für die Ballerei ausgeben. ■ ProTier 4/03 Foto: © Vogelwarte Sempach Dreizehenspecht Was darf es sein? Schlange oder geräucherter Elefant? Wildtiere durch illegalen Bushmeat-Handel bedroht E Affen, Schimpansen, Büffel, Hasen, Wild oder Antilopen, Stachelschweine, Schildkröten, Vipern oder Wildkatzen – fast jede Wildtierart findet man in Fleischform auf den lokalen Märkten wieder: als Ganzes oder stückweise, geräuchert, halb geräuchert oder frisch. Die kommer- Fotos: © Karl Ammann ine neue Studie der Zoologischen Gesellschaft aus London kommt zu dem Ergebnis, dass der in den meisten afrikanischen Ländern illegale Handel mit dem Fleisch von Wildtieren, dem so genannten «Bushmeat», weitaus gravierendere Auswirkungen hat als bislang angenommen. Die Gesellschaft spricht sogar von einer Bushmeat-Krise, die zum Aussterben unzähliger Tierarten, darunter der nächsten Verwandten des Menschen im Tierreich, Schimpansen und Gorillas, führen wird. Das Fleisch aus dem Regenwald hat sich mangels anderer Nahrungsquellen in vielen Gebieten des tropischen Afrikas mittlerweile zur Hauptstütze für Ernährung und Lebensunterhalt weiter Teile der Bevölkerung entwickelt. Elefanten, zielle Jagd auf Wildtiere läuft auf Hochtouren. Da nach Meinung der Zoologischen Gesellschaft die völlige Einstellung des Bushmeat-Handels andererseits auch eine Krise, nämlich eine Hungerkatastrophe, auslösen würde, spricht man sich jetzt dafür aus, dass wenigstens die Jagd in Schutzgebieten und auf bedrohte Arten eingestellt wird und für die zahlreicheren Arten Bewirtschaftungspläne aufgestellt werden, die einerseits den Bestand der jeweiligen Art sicherstellen und andererseits eine schonende Nutzung erlauben. Doch wer auch nur einigermassen mit der Situation im tropischen Afrika vertraut ist, wird wenig Hoffnung auf die Realisation derartiger Vorhaben setzen können. Es wäre schon ein gewaltiger Fortschritt, wenn es gelänge, die Wilderer wenigstens von den existierenden Schutzgebieten fern zu halten. ■ NatureNews ProTier 4/03 23 Auslandsjäger erlegen bedrohte Tiere WWF fordert harte Strafen für illegale Jagd auf bedrohte Tiere. A uslandsjäger aus Europa machen immer wieder Jagd auf vom Aussterben bedrohte Tiere. Die Professionalität und Skrupellosigkeit der illegalen Jäger und ihrer Helfershelfer darf dabei nicht unterschätzt werden. Es gibt sogar eigens darauf spezialisierte Agenturen, die geschützte Tiere in ihren Lebensräumen ausfindig machen und Grosswildjäger für viel Geld zu den illegalen Jagdgründen führen. 20 bis 30 Prozent der europäischen Jäger reisen regelmässig auf Auslandsjagden und geben dafür jährlich etwa 120 bis 180 Millionen Euro aus. Gruselkabinett der Grosswildjagd entdeckt Fotos: © Ulrike Kirsch Vielfach gilt diese Art der Wilderei noch als Kavaliersdelikt. Deshalb fordern Tier- und Naturschutzorganisationen wie der WWF eine konsequente Verfolgung und Bestrafung derartiger Straftaten. Denn nur durch wirksame Abschreckung werden sich die schiesswütigen Tiermörder von ihrem unseligen Tun abhalten lassen. Beispielhaft ist der Fall des Italieners Giorgio Barbero. Der Unternehmer hatte jahrelang auf der ganzen Welt vom Aussterben bedrohte, streng geschützte Tiere gejagt. Erst 2002 wurde er nach zähen Prozessen in Turin zu 14 Monaten Haft verurteilt. Zusätzlich muss er 72 000 Euro Bussgeld an den WWF Italien zahlen. Doch, noch sind derart harte Verurteilungen eher die Ausnahme denn die Regel. Meist kommen kriminelle Auslandsjäger ungeschoren davon. Die Polizei hatte in Barberos Haus zahlreiche ausgestopfte Exemplare gefährdeter Tierarten sichergestellt, darunter zwei Tiger, drei Schraubenziegen, einen Kragenbär, einen Goral (Waldziegenantilope), zwei seltene Urial-Wildschafe und einen Nebelparder. Hunderte Trophäen schmückten sein Anwesen in Palermo. Artenschutzexperten bezeichneten es als wahres Gruselkabinett der Grosswilderei. Leider schieben längst nicht alle EU-Staaten der Auslandswilderei konsequent einen Riegel vor. Um die barbarische Ballerei wirksam einzudämmen, müssten in der gesamten EU die gleichen harten Strafen gelten. ■ NatureNews 24 ProTier 4/03 Borneo-Elefanten sind einzigartig Dickhäuter sind keine Einwanderer, sondern weisen einen eigenen 300 000 Jahre alten Stammbaum auf. E ntgegen bisher vorherrschender Meinung handelt es sich bei den kleinen Borneo-Elefanten nicht um Nachkommen domestizierter Elefanten, sondern um den Rest eines eigenständigen Stamms des Asiatischen Elefanten. Anhand von Kot- und Blut proben von wild lebenden und gefangenen Elefanten in ganz Asien konnte ein internationales Biologenteam um Dr. Prithiviraj Fernando, vom Columbia University Center for Environmental Research and Conservation, die Einzigartigkeit der Borneo-Elefanten nachweisen. Wilde, zahme Elefanten? Noch schätzungsweise 1000 bis 2500 Borneo-Elefanten soll es geben. Sie leben isoliert in den Regenwäldern im Nordosten Borneos, in der Provinz Sabah in Malaysia sowie in der zu Indonesien gehörenden Provinz Kalimantan. Sie sind kleiner als andere asiatische Populationen, haben einen runderen Körper, grössere Ohren und geradlinigere Stosszähne. Auch charakterlich unterscheiden sie sich von ihren asiatischen und afrikanischen Verwandten. Während Letztere Menschen angreifen oder sogar töten, wenn sie sich bedroht fühlen, zeigen Borneo-Elefanten dem Menschen gegenüber keinerlei Aggression, wie Dr. Michael Stuewe vom WWF erklärt. «Ich konnte beobachten, wie Forscher sich ihnen näherten und sie berührten. Diese Zahmheit führte zu der Meinung, sie seien Zootiere.» Bislang ging man davon aus, dass sie Nachfahren von Indischen ProTier 4/03 Elefanten seien: entweder von einer Gruppe, die dem Sultan von Sulu im Jahr 1750 von der Ostindischen Handelsgesellschaft als Geschenk überreicht wurde, oder von einer Gruppe, die von Sumatra verschifft wurde. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert florierte der Handel mit den Dickhäutern, die für Kriege, Abholzungsarbeiten und Zeremonien eingesetzt wurden. Einige Tiere sollen entkommen oder freigelassen worden sein und in der Wildnis die Zahmheit ihrer domestizierten Ahnen beibehalten haben. Schutzmassnahmen für die kleinen Rüsselträger Asiatische und Afrikanische Elefanten sowie Mammuts haben einen gemeinsamen, etwa sechs Millionen Jahre alten Vorfahren. Das Verbreitungsgebiet der Asiatischen Elefanten erstreckte sich vom Euphrat und Tigris bis nach China und Borneo. Vor etwa drei Millionen Jahren teilte sich die asiatische Population in zwei Zweige. Während die meisten Asiatischen Elefanten von der so genannten «Alpha»Linie abstammen, entwickelte sich der Borneo-Elefant vor mehr als 300 000 Jahren aus der «Beta»Linie. Die natürlichen Lebensräume der einzigartigen Rüsselträger sind besonders durch Abholzungen gefährdet. Aufgrund der neuesten Erkenntnisse erhoffen sich Wissenschaftler und Naturschützer jetzt eine zügigere Umsetzung von Schutzmassnahmen. ■ Ulrike Kirsch Chemischer Fingerabdruck für das Horn von Nashörnern Bestimmung der Herkunft des Tieres soll Wilderer überführen Forscher wollen mit gerichtsmedizinischen Mitteln Wilderern auf die Spur kommen, die es auf das Horn von Nashörnern abgesehen haben. Das begehrte Horn der vom Aussterben bedrohten Tiere wird zu Messerklingen verarbeitet oder pulverisiert als Potenzmittel verkauft. Durch illegale Jagd existieren heute nur noch wenige Tausend Spitzmaulnashörner, von den sehr seltenen Java-Nashörnern gibt es weltweit nicht einmal mehr zweihundert. Mit Hilfe chemischer Fingerabdrücke sollen nun die Handelswege der Wilderer ausgekundschaftet werden. «Die Chemie eines Horns wird vom Klima, der Geologie und der Vegetation in der Umgebung von Nashörnern bestimmt», erklärt Rajan Amin vom Zoologischen Institut in London. Mit Hilfe von Spektrometeranalysen kann über die Messung von Sauerstoff- und Kohlenstoffisotopen sowie anderer Elemente die geografische Herkunft eines bestimmten Horns geklärt werden. Zwar ist der neue Test noch nicht beweiskräftig genug, um auch vor Gericht zu bestehen. Dazu müssten erst weitere Messreihen mit Nashorn-Hörnern aus verschiedenen Gegenden durchgeführt werden. Allerdings geben die Messungen bereits jetzt Hinweise, an welchen Orten Wilderer aktiv waren. NatureNews 25 Kambodscha: Hoffnungsschimmer für Malaienbär Eingepferchte oder angekettete Bären als Attraktion für Gäste und Touristen sind in Südostasien ein leider alltäglicher Anblick. Doch dank der unermüdlichen Aufklärungsarbeit von Tierschützern werden solche Szenen in Kambodscha immer seltener. VON ULRIKE KIRSCH A ls Babys werden die Malaienbären von ihren Müttern weggenommen, um als «Haustiere» in Hotels oder Restaurants Gäste anzulocken. Doch spätestens wenn sie ausgewachsen sind, tauchen Probleme auf. Obwohl der Malaienbär mit etwa 1,4 Meter die kleinste der sieben Bärenarten ist, ist er dann zu kräftig und gefährlich, um ihm noch «Auslauf» zu gewähren. So müssen sie dann den Rest ihres Lebens meist in engen Käfigen dahinvegetieren. Grausamkeit ohne Grenzen In Südostasien sind die dunkelbraunen bis schwarzen Petze mit ihren halbmondförmigen orangegelben Flecken auf der Brust beliebt – solange sie lebendig oder tot in Menschenhand sind. So dienen sie auch als Lieferanten von Bestandteilen, die in der Traditionellen Asiatischen Medizin verwendet werden, wie Galle und Penis, oder eben als Nahrungsquelle. Die Grausamkeit des Menschen kennt dabei keine Grenzen. Bei lebendigem Leibe werden den Bären die Pfoten abgehackt, um sie dem Restaurantgast möglichst frisch servieren zu können. 26 Tierschützer starten Kampagne Riesige Reklametafeln mit Aufnahmen solch schockierender Szenen findet man in Kambodscha zuhauf. Sie sind Teil der von der kambodschanischen Tierschutzorganisation «WildAid» lancierten und von der Regierung unterstützten Kampagne zum Schutz der Malaienbären. Dazu gehören auch Radiospots und persönliche Besuche von Behördenmitarbeitern in Restaurants. «Unsere Arbeit hat dazu geführt, dass praktisch keine Bärenteile mehr auf den Speisekarten in Phnom Penh zu finden sind», freut sich Suwanna Gauntlett von WildAid. So ist es der Gruppe auch zu verdanken, dass in nur zwölf Monaten ein Gesetz zum Schutz von Malaienbären durchgeboxt wurde. Doch während das Engagement der Tierschützer in dem ehemals kommunistischen Land bereits erste Früchte trägt, was vor allen Dingen auf die politische, von der UN geförderte Umstrukturierung seit den späten neunziger Jahren zurückzuführen ist, sieht es in den Nachbarländern weniger rosig für die Baumbewohner aus. Die Nachfrage in China und Vietnam ist ungebrochen und hält so auch den illegalen Handel in Kambodscha aufrecht. Hier sehen die Tierschützer weiteren Handlungsbedarf. Denn die meisten der etwa 1000 Ranger besitzen weder die notwendige Ausbildung, noch werden sie ausreichend bezahlt, um die Wilderei effizient bekämpfen zu können. Es bleibt noch viel zu tun Der Bestand der Malaienbären in freier Wildbahn in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet, das sich vom nördlichen Burma und Bangladesh nach Thailand, Laos, Vietnam, Kambodscha und Malaysia erstreckt, ist unbekannt. Schätzungen bewegen sich zwischen 1000 und 20 000 Exemplaren. Zwar sind die Erfolge in Kambodscha ermutigend, doch sollten sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies erst ein kleiner Anfang ist. ■ Surftipp: www.wildaidasia.org Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke! ProTier 4/03 Käfigbatterien in Deutschland bald wieder hoffähig? Studie zur Legehennenhaltung zeigt Probleme bei Freilandhaltung auf. Tierschützer besorgt, dass Regierung wirtschaftlichem Druck der Agrarindustrie nachgibt. VON ULRICH KARLOWSKI T ierschützer in Deutschland sind tief besorgt über die neu entflammte Diskussion über das Für und Wider von Käfigbatterien in der Legehennenhaltung. Eine von zwei Bundesländern vorgeschlagene Gesetzesänderung stellt bereits den vor zwei Jahren beschlossenen Ausstieg aus der Käfighaltung in Frage und sieht die Zulassung so genannter «ausgestalteter Käfige» vor. Alternative Haltungssysteme haben Probleme Anlass für die Diskussion ist ein Zwischenbericht zu einem Forschungsprojekt der Tierärztlichen Hochschule Hannover, bei dem Daten aus 72 Betrieben in sechs Bundesländern ausgewertet wurden. Demnach scheinen Bodenund Freilandhaltung als Alternativen zur Käfighaltung mit erkennbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Verhaltensproblemen für die Tiere einherzugehen. Hervorgehoben wird die Notwendigkeit von Impfungen der Legehennen gegen verschiedene Infektionen und Wurmbefall, mit denen zahlreiche Betriebe mit alternativen Haltungsformen zu kämpfen haben, während dies bei der Käfighaltung kaum vorkomme. Auch auf das Kürzen der Schnäbel könne bei der Bodenhaltung ohne Auslauf (über ProTier 4/03 80% der Tiere), bei der Bodenhaltung mit Auslauf (über 90%) und bei der Volierenhaltung ohne Auslauf (fast 100%) nicht verzichtet werden. In der Käfighaltung ist das Kürzen der Schnäbel dagegen verboten. Hinzu kommen, so die Forscher, eine höhere Sterblichkeitsrate verglichen mit der Käfighaltung, eine geringere Legeleistung sowie Verhaltensanomalien wie Federpicken und Kannibalismus, die vor allem in der Boden- und Volierenhaltung auftreten. Tierschützer vermuten politischen Schachzug der «Hühnerbarone» «Es ist ein makabrer politischer Schachzug, sich hinter einer einzigen Studie zu verstecken, um aus wirtschaftlichen Interessen ausgestaltete Käfige auch noch über das Deckmäntelchen Tierschutz einzuführen», beklagt Dr. Eisenhart von Loeper, Vorsitzender des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. Loeper führt an, dass erst ab einer bestimmten Bestandsdichte Probleme bei den alternativen Haltungssystemen aufträten. Sterblichkeit, Verhaltensanomalien und Parasitenbefall seien somit eine Folge von falschem Management und stellten nicht das System an sich in Frage. Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des BUND, geht sogar noch einen Schritt weiter: «Die Politiker haben sich von den «Hüh- nerbaronen» weich kochen lassen. Mit ihrem Votum für die Käfighaltung missachten sie den Tierschutz und stellen sich gegen den Willen der Verbraucher.» Beide Verbände appellierten an Landwirtschaftsministerin Renate Künast, die erst 2001 beschlossene Legehennenverordnung nicht zu verändern. ■ Klimaerwärmung gefährdet Artenvielfalt heute stärker als früher Starke Zersiedelung grosser Landstriche verhindert Flucht in andere Lebensräume Die aktuelle globale Erwärmung bedroht die Artenvielfalt im Tierreich in viel grösserem Ausmass als alle vorangegangenen – obwohl der Temperaturanstieg vergleichbar ist. Viele Tiere können sich wegen der starken Zersiedelung grosser Landstriche nicht mehr in andere Lebensräume zurückziehen, um den Folgen des Treibhauseffekts auszuweichen. In der Vergangenheit führten Klimaveränderungen immer wieder dazu, dass sich Tierarten aus ihrem bisherigen Lebensraum zurückzogen und neue Gebiete besiedelten, in denen die klimatischen Bedingungen für sie erträglicher waren. So konnte das Überleben der Art garantiert werden. Heute versperren Strassen, Städte oder Industrieanlagen die Fluchtwege für viele Arten oder schränken sie stark ein. Lediglich überaus mobile Arten, wie etwa Vögel und Schmetterlinge, können sich auch über menschliche Bauwerke hinweg weiterhin neue Lebensräume erschliessen. NN 27 Chinesische Tiger in Afrika! Ein Zuchtpaar Chinesischer Tiger ist in Südafrika eingetroffen. Tiere sollen für eine spätere Auswilderung trainiert werden. S o weit sind wir also schon gekommen. Um den Chinesischen Tiger vor der drohenden Ausrottung zu retten, startete Anfang September ein aufwändiges Nachzucht- und Auswilderungsprojekt; nicht in China, nein, im weit entfernten Südafrika. «Cathay», ein 7 Jahre altes Tigerweibchen, und «Hope», ihr 6 Jahre alter Gefährte, sind die Kerngruppe, die in einem fünf Jahre dauernden Ausbildungsprogramm des Nationalzoos von Südafrika (Pretoria) für das Leben in freier Wildbahn fit gemacht werden sollen. «Wir haben Südafrika wegen seines ausgezeichneten Rufes und seiner grossen Erfahrungen im Artenschutz als Partner ausgewählt», erzählt Li Quan, Gründer der Stiftung zur Rettung des Chinesischen Tigers (Save China's Tigers Foundation). Ein Vermächtnis für die Tiere Bitte denken Sie bei der Erstellung Ihres Testaments auch an ProTier. Sie helfen mit, dass wir uns auch in Zukunft effizient für die Tiere einsetzen können. Für Auskünfte und Beratung steht Ihnen unsere Geschäftsführerin Rita Dubois gerne zur Verfügung. Grosskatzen ohne Lebensraum? Läuft alles wie geplant, sollen «Cathay» und «Hope» sowie ihr bis dahin geborener Nachwuchs mehr oder weniger pünktlich zu den Olympischen Spielen 2008 nach China zurückkehren. Willie Labuschagne, Direktor des National Zoos meint, das Training für die Wildnis sei nicht sonderlich kompliziert: «Wir brauchen den beiden nicht beizubringen, wie sie ihre Beute töten müssen, diese Fähigkeit ist angeboren. Sie müssen jedoch lernen, die getötete Beute auch zu fressen, und sie müssen das Beutemachen lernen, also suchen und anschleichen.» Nach der zweimonatigen Quarantäne im Zoo soll das Makopani-Wildschutzgebiet, 125 Kilometer nördlich von Pretoria, die neue Heimat für die beiden Tiger werden. Hier beginnt dann das eigentliche Trainingsprogramm. Bleibt zu hoffen, dass keine der in Afrika nicht heimischen Katzen vorzeitig den Sprung in eine dann afrikanische Freiheit wagt und dass es nach Abschluss des Projekts in ihrer chinesischen Heimat noch Raum für sie gibt. Der Chinesische Tiger gehört zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Arten überhaupt. Es soll nur 10 bis 30 frei lebende Exemplare geben. Ursachen für den dramatischen Rückgang sind, wie so oft, Wilderei sowie der durch Landnahme und Bevölkerungsdruck zerstörte Lebensraum der Grosskatzen. ■ NatureNews Surftipp: http://www.savechinastigers.net 28 ProTier 4/03 Das ideale Weihnachtsgeschenk r e d n e l a K ProTier- So können Sie Freude bereiten und den Tieren helfen! Der Postkarten-Kalender kostet CHF 21.50 plus Porto, ab 3 Stück CHF 17.50 plus Porto. Foto: © Alfa Kartos Für Ihre Bestellung benützen Sie bitte den eingehefteten Einzahlungsschein. Herzlichen Dank 쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏷 Adressänderung Bitte melden Sie uns Ihre neue Adresse. Adressnachforschungen bei den Gemeinden kosten uns pro Anfrage CHF 20.–. Geld, das wir besser für die Tiere einsetzen könnten. Alte Adresse Neue Adresse Name: _________________________________________ Name: __________________________________________ Vorname: ______________________________________ Vorname: _______________________________________ Mitgliedernummer: _____________________________ Strasse: ________________________________________ Strasse: _________________________________________ PLZ und Wohnort: ______________________________ PLZ und Wohnort: _______________________________ Telefon: ________________________________________ Telefon: _________________________________________ Einsenden an: ProTier, Alfred-Escher-Strasse 76, CH-8002 Zürich, Fax 01 201 26 23 ProTier 4/03 29 Fragwürdiger Urlaubstipp U nter der Rubrik «Kultur und Reisen» stellt Coop in seiner wöchentlichen Kundenzeitschrift jeweils ferne Urlaubsziele vor. Meist sind die Berichte über Land und Leute sehr informativ und interessant. Leider wurde in einem Bericht über die Städte Ronda und Mijas in Andalusien aber sehr unkritisch auf den Stierkampf bzw. die älteste Stierkampfarena Spaniens hingewiesen. Es wurde zwar nicht explizit zum Besuch einer Corrida aufgerufen, aber immerhin zum Besuch der Arena, eines Stierkampfmuseums und eines Stierkampfrestaurants. Dies alles wurde als sehr sehenswert angepriesen und damit der Stierkampf als solcher verharmlost. Ronda gilt als Mekka für Stierkampffans und als Geburtsstätte der bis heute sehr verbreiteten Stierkampftechnik. ProTier hat sich mit unten stehendem Brief an Coop Schweiz gewandt. Eine Stellungnahme von Coop lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Coop Zeitung ober 2003 Zürich, 20. Okt e 12 lle ra Thiersteine 50 Postfach 25 4002 Basel Nr. Coop Zeitung 39 / Kultur un amen und Her d Reisen ren en dere die divers usien, insbeson al nd A in da Ron n Bericht über nommen. n haben wir de zur Kenntnis ge , ts «Pedro Ropf am rk Mit Befremde ie St n de d des Restauran d un un s m na eu re A rtraut us e m di pf f am au e sich dort ve des Stierk Hinweise klos. Man könn nes Besuches ac ei hmen hm ag ne sc hl ir sc ge W t or lu ». V Der Stierkampf irs ist abso n en ne uv er so od pf m am m ierk s hin zu ründen des mero» voller St Corrida (…) bi samen Hinterg r au de gr e n ht ic de it ch m es rG sind machen «mit de läuft, und Sie ein solcher ab ie w n, se als harmlose is w e an, Si kel dem Leser ta ek Sp es m ? sa ut ra Tatsache, dass solch grau Gemetzels vert ist eine traurige s, dass Sie ein es un – rt Ja de ird n. un le w r ol aniern selbst w bringen w Umso meh er auch von Sp radition näher T ab e he ch ad si lic er en nd G tä m t. rs dition ha anier schä und selbstve Viele junge Sp n eine lange Tra ie lt. e an ei en rt Sp or ru w in ve ch pf d es die eing erfragt un der Stierkam inwohner und er, je mehr hint E ng en n lä ng re je tu te al äl er st e ab di an e e Ver diese heut Meist sind es ber)leben dies her, samen Brauch. nicht zuletzt (ü d un htiger ist es da ic en w ön für diesen grau fr so m pf U am r. rk be ie au St rl U m de ieriger ll zu unterLobby, die noch wissender, neug ll und finanzie ee un h id it uc m es B da n d h de en un leider auch durc das zu besuch zuhalten, Corri ab n vo da » bedeutet und en st Touri ne Stierkampf er od «m r de Stier, sondern sein, was stützen. cht nur für den ni jedem bewusst s en en ig ch ein br is (ü zw gt in er verbir ede sein, denn Es dürfte piel sich dahint nn nicht die R us ka r ha pf vo Sc am re es K ie ch St is en m fair ehrloser welch barbar erde). Von eine bschlachten w Pf A r e en m lle gt re sa ili tu au te ul gr be «k ng und raus. Das auch für die lose Unterhaltu tige Gegner vo er rm w ha ch s ei al t gl t ch tz solcher se darf deshalb ni ikum kann und johlendem Publ n. gepriesen werde Höhepunkt» an Stierkampf. r zu bieten als eh m t ei ng erwartet. w n be alusien ha he Verantwortu sc nd hi A et re r de eh m on d es sb ng un Spanien und in rittlichere Haltu oop eine fortsch C n vo n tte hä Wir Grüssen ahme. it freundlichen r die Kenntnisn M fü k an D n te es B Sehr geehrte D s Nathalie Duboi Tierschutz esellschaft für G he sc ri ze ei Schw 30 ProTier 4/03 Chamäleon: Wenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit meistens heller als der übrige Körper. Die Grundfarben sind Gelb, Grau und Braun, oft zieren den Körper auch dunkelbraune bis schwarze Punkte. Männchen sind von den Weibchen nur an der verdickten Calumma tigris (Kuhl 1820) Gattung: Calumma Art: Calumma tigris Unterarten: keine Schwanzwurzel zu unterscheiden. Die Tiere leben gerne in der Nähe von Wasserläufen. Sie bevorzugen das gleiche Habitat wie die zwei, ebenfalls endemischen, Seychellenfrösche Soglossus gardineri und Soglossus seychellensis. Im Congo rouge (Mahé) fanden wir am gleichen Ort Soglossus gardineri auf ihrem Gelege am Boden und Calumma tigris auf einer Höhe von 4 m in einem Bambuswäldchen. A. und M. Grimm entdeckten die Tiere auch Typisches Merkmal ist der grosse Kinnlappen. Tigerchamäleon Calumma tigris (Kuhl 1820) D as Tigerchamäleon ist ein Endemit der Seychellen. Das heisst, es lebt ausschliesslich auf den Inseln Mahé, Silhouette und Praslin. Nach Grimm kommt es auch auf Niol und La Misère vor. Seinem Gattungsnamen zu entnehmen, ist Calumma tigris nahe verwandt mit madegassischen Chamäleons. Von der Kör- pergrösse her ist das Tigerchamäleon ein eher kleines Tier (15–16 cm). Der Kopf wird von einem flachen Helm geziert, der den Rückenkamm kaum überragt. Typisch für dieses Chamäleon ist sein grosser Hautlappen am Kinn (siehe Zeichnung), hinter diesem setzt sich ein Kehlkamm fort. Der Kehl- und der niedrige Rückenkamm bestehen aus konischen Schuppen. Die Kinnpartie ist Ausgewachsenes Tier Fotos und Zeichnung: R. A. Attinger Calumma tigris ProTier 4/03 im Vallée de Mai (Praslin) auf Cocode-Mer-Palmen. Die Palmen, deren Weibchen die bis zu 20 kg schweren Nüsse tragen, standen direkt an kleinen Bächen. Es ist daher anzunehmen, dass Standorte am Wasser bevorzugt werden, weil dort bedeutend mehr Futtertiere vorkommen. Das Tigerchamäleon ist eierlegend (opivar). Es frisst mit Vorliebe Beutetiere, die nicht grösser als 1 cm sind. Bis zum nächsten Mal Ihr R. A. Attinger 31 Buchbesprechungen Ratgeber für Kinder Die Vorfreude ist gross, und die Kinder können es kaum erwarten, bis das lang ersehnte Kätzchen endlich einzieht. Doch wie vermittelt man gerade kleineren Kindern Verantwortung und Verständnis für den neuen Hausgenossen? Das Katzenforum Schweiz hat «Meine kleine Katzenfibel» zusammengestellt, die gleichzeitig Ratgeber, Tagebuch und Fotoalbum ist. In leicht verständlicher Weise vermittelt sie jungen Katzenhaltern fundiert Kenntnisse – von der Herkunft über die Ernährung bis hin zu Haltung. Spielerisch erlangt das Kind Zugang zu seinem kleinen Freund und gewinnt somit schnell Sicherheit im Umgang mit der Katze. Zudem kann es die Entwicklungsschritte seines Tieres während des ersten halben Jahres in Bild und Schrift selbst dokumentieren. Die Gestaltung der Katzenfibel lässt viel Raum für die Beschreibung der eigenen Erlebnisse mit dem Liebling sowie für Zeichnungen und Fotos. Das Büchlein ergänzt die KatzenforumHomepage, auf der die Kinder ihre selbst verfassten Katzengeschichten veröffentlichen und Informationen rund um Katzen finden. Im Forum können sie ihre Erfahrungen mit anderen austauschen. «Meine kleine Katzenfibel», für Kinder von 6 bis 12 Jahren, kostenlos. Katzenforum Schweiz Geschäftsstelle: Postfach 1125, CH-8034 Zürich, Tel. 01 388 91 60, E-Mail [email protected], www.katzen.org oder auf dem Sekretariat von ProTier, Tel. 01 201 25 03 Hundeleben mit Handycap Ein Hund, der taub ist, gilt als nicht kontrollier- und erziehbar. Viele Besitzer sehen sich unüberwindbaren Hindernissen gegenüber. Die Diagnose bedeutet deshalb für die meisten Hunde das Todesurteil. Wie soll man sich mit dem Tier verständigen? Wird es von anderen Hunden akzeptiert werden? Sind Unfälle zwangsläufig vorprogrammiert? Anhand der Erfahrungen mit der Dalmatinerhündin Jola berichten die beiden Autorinnen Angelika Schweitzer und Liliane Kaiser, Mitglieder einer Rettungshundestaffel und Hundetrainer, auf einfühlsame Art und Weise über die Probleme im Alltag mit einem tauben Hund. Gleichzeitig bieten sie nachvollziehbare Problemlösungen für eine erfolgreiche Erziehung an. Sie machen Mut und geben viele wertvolle Tipps, 32 wie man sich mit Handzeichen mit dem tauben Tier verständigt und es lenkt. Das Buch ist übrigens nicht nur für Besitzer bereits tauber Hunde eine Hilfe, sondern für jeden Hundebesitzer, denn auch ihr Hund kann früher oder später von der Alterstaubheit betroffen sein. Wenn hörende Hunde von klein auf, parallel zu den Hörkommandos, mit Sichtzeichen erzogen werden, dann gibt es später keine unvorhergesehenen Probleme, denn mit Hilfe der Zeichensprache ist eine Kommunikation weiterhin gewährleistet. Angelika Schweitzer, Liliane Kaiser «Einfach taub – Verständigung, Problematik, Faszination» 142 Seiten, über 100 Fotos, 2 16.90, zzgl. 2 2.10 Versandkosten. ISBN 3-936705-14-3 Angelika Schweitzer, Danziger Str. 70, DE-35410 Hungen-Bellersheim, [email protected], www.einfach-taub.de Meeressäuger Keine andere Walart ist so bekannt wie der Pottwal – und wurde so erbarmungslos gejagt und in so grosser Zahl getötet. Pottwale sind auch in unserer computergesteuerten High-Tech-Zeit noch immer geheimnisvolle Wesen, von deren toten Körpern wir fast alles, von ihrem Leben aber so gut wie gar nichts wissen. Die sanften Riesen, deren Männchen bis zu 20 Meter gross werden können, leben im offenen Ozean und tauchen weit hinab in unerforschte Tiefen. Andrea Steffen und ihr Mann Wilfried, beides begeisterte Taucher, sind seit Jahren der Faszination der Pottwale erlegen. Von ihren Erlebnissen und wie es ihnen gelang, das Vertrauen der Giganten zu gewinnen, berichteten sie nun im ersten deutschsprachigen Buch über Pottwale. Nicht nur die faszinierenden Aufnahmen, die teilweise doppelseitig dem Betrachter die ungewöhnliche Nähe zwischen Mensch und Tier nahe bringen, sondern auch die gute Recherche, sowohl historisch, wissenschaftlich wie biologisch, fesseln den Leser. Noch nie veröffentlichte, faszinierende Fotos, ergänzt durch neue, interessante Forschungsergebnisse, dokumentieren die Begegnungen. Andrea & Wilfried Steffen «Pottwale – Im dunklen Blau des Meeres», 160 Seiten, etwa 150 Farbfotos, CHF 33.70 ISBN 3-89880-222-1 Heel Verlag GmbH Gut Pottscheidt, D-53639 Königswinter, www.delphinschutz.org/ shop/index.html ProTier 4/03 CD-Bestellung Musikgenuss für einen guten Zweck nd. Der Musiker, Toningenieur und Produzent Rossano Bardini (Studio D3, Feldmeilen) ist ein grosser Tierfreund. Schon lange hegte er den Wunsch, mit seiner Arbeit einen Beitrag für Not leidende Tiere zu leisten. Nun ergab sich mit zwei seiner Produktionen eine gute Gelegenheit. Mit seinem langjährigen musikalischen Kollegen Tito Castro hat sich Rossano Bardini dazu entschlossen, vom Verkaufserlös der gemeinsam produzierten CD «Entre la luz y el silenzio» einen Anteil ProTier zugunsten unserer Findeltiere zu spenden. Gleiches gilt für die vom selben Produzenten realisierte CD mit Aufnahmen eines Benefizkonzertes in der Pfarrkirche Muotathal. Entre la luz y el silencio Tito Castro Tito Castro wurde am 11.10.1964 in Pontevedra (Galizien) geboren. 1971 kam er in die Schweiz. Seit 1985 setzt er als Studiomusiker sowie in mehreren Projekten und Konzerten im In- und Ausland seine musikalische Unterschrift. In seiner Heimat Spanien schrieb er die Musik zu Dokumentarfilmen über sein Land. Das Tessiner Fernsehen hat ein Porträt über ihn realisiert. Auf «Entre la luz y el silencio» (Zwischen Licht und Stille) findet sich nicht die typisch spanische Musik im Flamenco-Stil. Die Gitarre erinnert noch am ehesten an die südspanische Spielweise. Ansonsten sind aber klar die Einflüsse irischer Einwanderer in Galizien, im Norden Spaniens, erkennbar. Die CD ist ein sehr persönliches Werk: Der Künst- ler erzählt mit seiner Musik viel von sich selbst. Die Schauplätze seiner Lieder sind Orte, zu denen Tito Castro eine ganz besondere Beziehung hat. Auf der CD sind sieben instrumentale Titel zu hören, interpretiert mit Gitarre, Harfe, Oboe und Percussion aus Galizien. «Entre la luz y el silencio» ist ideal für alle, die die spanische Musik einmal von einer anderen, eher unbekannten Seite kennen lernen möchten. Klangerlebnis Allgäu Sinfonietta in der Pfarrkirche Muotathal Das Kammerorchester wurde 1997 von Theo Bross, zusammen mit zehn jungen, professionellen Instrumentalisten, in Immenstadt gegründet. Das junge Ensemble erspielte sich durch seine engagierten und stilsicheren Auftritte schnell die Gunst des Publikums und der Fachpresse. Die Allgäu Sinfonietta arbeitet ohne Dirigenten, die einzelnen Werke werden unter Führung der Stimmführer gemeinsam erarbeitet. Mit inzwischen zwanzig Konzerten pro Jahr hat sich die Formation einen festen Platz im Musikleben erarbeitet. Das Orchester hat auf mehreren Gastspielen die Schweiz, Italien, Frankreich und Ungarn bereist. Auch als Partner zahlreicher Chöre und Solisten ist die Allgäu Sinfonietta ein gefragtes Ensemble. Anlässlich ihres beeindruckenden Auftrittes in der Pfarrkirche Muotathal, zusammen mit der Sopranistin Elisabeth Scott, interpretiert das Ensemble Werke von Vivaldi, Pachelbel, Bach, Mozart und Tschaikowski. Die dabei aufgenommene CD «Klangerlebnis» ist eine wunderschöne, unverfälschte Aufnahme ohne Nachbearbeitung. Der exquisite Klangkörper der Allgäu Sinfonietta verbindet sich in faszinierender Weise mit der einzigartigen Resonanz des spätbarocken Kirchenraumes und begeistert nicht nur Klassikfans. 쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏴 Bestelltalon (Bitte in Blockschrift) Name: Vorname: Ich bestelle gegen Rechnung (zzgl. Fr. 2.50 Versandkostenanteil pro Bestellung): Strasse: PLZ/Ort: Ex. à CHF 20.– Entre la luz y el silencio / Tito Castro Ex. à CHF 25.– Klangerlebnis / Allgäu Sinfonietta in der Pfarrkirche Muotathal Von jeder verkauften CD erhält ProTier 10 Prozent des Verkaufspreises zugunsten unserer Findeltiere! ProTier 4/03 Datum: Unterschrift: (Bei Minderjährigen Unterschrift der gesetzlichen Vertreter) Talon ausschneiden und einsenden oder faxen an: Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz, Alfred-Escher-Strasse 76, 8002 Zürich, Fax 01 201 26 23 33 Kurznachrichten Neuer BSE-Test ist schneller, zuverlässiger und empfindlicher Pavianväter verteidigen ihren Nachwuchs Die Männchen erkennen, welche Kinder von ihnen stammen. Auch wenn Pavianen die Monogamie fremd ist und Platzangst ausserhalb des Hühnerstalls Foto: © Martin Siegenthaler Der Test könnte in Zukunft auch bei lebenden Tieren BSE diagnostizieren. Schneller, besser, empfindlicher: Amerikanische Wissenschaftler haben einen neuen Test auf BSE und andere Prionenerkrankungen entwickelt. Das grösste Hindernis bei bisherigen BSETests war die Ähnlichkeit der krankmachenden Eiweissmoleküle mit ihren harmlosen, körpereigenen Gegenstücken: Beide enthalten die gleichen Bausteine und können nur mit grossem Aufwand voneinander getrennt werden. Der neue Test hingegen überprüft nicht den Aufbau, sondern das äussere Erscheinungsbild der Moleküle – und dieses unterscheidet sich bei der krankmachenden und der harmlosen Form. Während herkömmliche BSE-Tests erst nach etwa einer Woche Ergebnisse liefern, ermöglicht das von Jiri Safar und Nobelpreisträger Stanley Prusinger von der sich Weibchen gerne mit mehreren Männchen einlassen, erkennen Pavianväter dennoch ihre Kinder. Bei Rivalitäten ergreifen sie sogar entschieden Partei für ihren Nachwuchs. Der Biologe Jason Buchan von der amerikanischen Duke-Universität in Durham und seine Kollegen beobachteten in einer Langzeitstudie in Kenia das Verhalten von Pavianen. Um herauszufinden, warum bestimmte Tiere bei Auseinandersetzungen zusammenhalten, untersuchten sie mit genetischen Methoden die Verwandtschaft der Sippenmitglieder. Dabei zeigte sich, dass es unter anderem die Väter auf den Plan ruft, wenn sich ihre Kinder mit Artgenossen anlegen. Offenbar erkennen Pavianmännchen, auch ohne eheähnliches Verhältnis zur Mutter, welche Kinder von ihnen stammen. Wie die Männchen dazu in der Lage sind, ist bislang jedoch unklar. ddp/bdw Universität von Kalifornien in San Francisco entwickelte Verfahren schon innerhalb von fünf Stunden eine Diagnose und erkennt ausserdem sehr viel kleinere Mengen der Eiweisserreger. Zudem können alle bekannten Prionentests erst nach dem Tod des Tieres durchgeführt werden. Das verhindert eine frühzeitige Diagnose, und erkrankte Tiere können nicht rechtzeitig isoliert werden. Als Folge davon wurden bei BSE-Verdacht häufig ganze Herden gesunder Tiere geschlachtet. Auch dieses Problem könnte der neue Test lösen: Zwar muss das neue Verfahren erst noch auf seine Zuverlässigkeit bei lebenden Nutztieren geprüft werden, die Laborergebnisse sind jedoch sehr vielversprechend. ddp/bdw 34 Zur Geflügel-Freilandhaltung gehören Bäume, sonst trauen sich die Hühner nicht nach draussen. Nur etwa 15 Prozent der Hühner in Freilandhaltung laufen tatsächlich im Freien herum – die anderen haben zu viel Angst, aus ihrem Stall herauszukommen. Das berichten britische Forscher, die das Verhalten von über 20 000 Hühnern auf Geflügelfarmen untersucht hatten. Optimal sei für die Vögel ein Auslauf mit Bäumen. Wenn Eier oder Fleisch von Geflügel aus der so genann- ten Freilandhaltung stammen, stellen sich die meisten Kunden glückliche Hühner vor, die zufrieden im grossen Hof des Bauern in der Erde scharren. Die Wirklichkeit sieht, zumindest aus Sicht der Hühner, anders aus. Trotz freien Zugangs nach draussen trauen sich nur die mutigsten in den offenen Hof, fand ein britisches Forscherteam heraus. Die Mehrzahl der Hühner bleibt dagegen im überfüllten Stall. Erheblich besser gefielen ihnen allerdings Flächen mit Bäumen. Die Tiere hielten sich dann fast ausschliesslich im Schatten der Laubdächer auf. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Bäume mehrere Funktionen erfüllen: Neben einem Schutz vor Sonne und Wind finden die Hühner in ihrem Schatten auch trockene Stellen, wo sie sich im Staub wälzen können. Ebenso wichtig scheint auch die Deckung vor Feinden aus der Luft zu sein. Die Suche nach Schutz unter Bäumen sei vermutlich auf die Herkunft der heutigen domestizierten Hühner zurückzuführen. Ihre wilden Vorfahren, die roten Dschungelhühner, lebten in asiatischen Bambuswäldern. Nicht durch moderne Haltungsmethoden bedingte Faulheit hält die Tiere davon ab, ins Freie zu gehen, sondern ausgerechnet Agoraphobie, also Platzangst beim Überqueren freier Plätze. ddp/bdw Protest gegen Tötung von 6500 Schafen Gentech-Firma ist pleite – Tiere sollen sterben. Nach dem Konkurs der schottischen Gentechnik-Fir- ProTier 4/03 ma PPL Therapeutics sollen sämtliche im Besitz der Firma befindlichen 6500 zum Teil gentechnisch veränderten Schafe getötet werden. PPL Therapeutics arbeitete an der Entwicklung von Klonverfahren und genetisch veränderten Nutztieren. Missmanagement und Erfolglosigkeit führten jedoch in den Bankrott, und das könnte den in Schottland und Neuseeland befindlichen 6500 Schafen von PPL Therapeutics das Leben kosten. Tierrechtler in aller Welt fordern nun die Unterbringung auf Gnadenhöfen, da es ethisch nicht zu verantworten ist, die Tiere nur wegen der Pleite einer Firma durch Tötung zu «entsorgen». Der Konkurs von PPL sei ein weiteres Indiz dafür, dass genetische Manipulationen an Tieren nicht den angekündigten schnellen medizinischen und wirtschaftlichen Erfolg brächten, heisst es in einer Stellungnahme der Tierrechtler. Durch Genveränderung würden Tiere ihrer Unversehrtheit, ihrer genetischen Identität und Integrität beraubt, Schmerzen, Leiden und Schäden seien vorprogrammiert und der Nutzen für den Menschen mehr als fraglich. NN Indien will seine letzten Schneeleoparden besser schützen Mit dem Start eines internationalen Programms zum Schutz von Schneeleoparden steigen auch in Indien die Hoffnungen, die scheuen Raubtiere vor dem Aussterben zu bewahren. Dort soll es noch etwa 200 bis 600 ProTier 4/03 Exemplare der auch Irbis genannten Grosskatzen geben. Sie sind hier, wie auch in ihrem restlichen Lebensraum, der sich vom Himalaja im äussersten Westen Chinas (Tibet) bis nach Usbekistan und Tadschikistan erstreckt, vor allen Dingen durch Wilderei bedroht. Obwohl der Schneeleopard in fast allen Anrainerstaaten teilweise schon seit den siebziger Jahren geschützt ist, wird er bis heute gnadenlos gewildert. Als Folge des illegalen Handels ist der Gesamtbestand auf etwa 4000 bis 7000 Tiere geschrumpft. Ein weiteres Problem ist der Konflikt mit Viehhirten, da die Leoparden immer wieder Nutztiere reissen und dann von Hirten aus Rache getötet werden. Das jetzt gestartete Schutzprogramm sieht deshalb neben der Wildereibekämpfung Massnahmen zum finanziellen Ausgleich für Hirten vor, denen durch die bedrohten Katzen wirtschaftliche Schäden entstanden sind, sowie den effektiveren Schutz der Herden, um Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. uki Wie das Gift in die Froschhaut kommt Kleine bunte Giftfrösche stellen das Gift in ihrer Haut nicht selbst her, sondern holen es sich aus ihrer Nahrung. Einige Arten können aufgenommene Giftstoffe sogar so verändern, dass sie fünfmal tödlicher sind als die ursprüngliche Substanz. Viele der wunderschönen bunten Frösche, zu denen auch die Pfeilgiftfrösche gehören, sind hochgiftig. In Gefangenschaft haben diese Amphibien jedoch plötzlich deutlich weniger oder gar kein Gift mehr in ihrer Haut. Wissenschaftler vermuteten daher schon länger, dass die Tiere in freier Wildbahn die tödlichen Substanzen mit der Nahrung, Ameisen, Termiten oder Milben, aufnehmen und in ihrer Haut anreichern, um sich vor Feinden zu schützen. Amerikanischen Wissenschaftlern fiel jedoch auf, dass bestimmte Froscharten Gifte enthalten, die aus keinem ihrer Beutetiere stammen konnten. Daher untersuchten sie die Stoffwechselwege, auf denen toxische Nahrungsbestandteile in die Haut transportiert werden. Während bei den meisten der untersuchten Arten aufgenommene Giftstoffe unverändert zu den Hautdrüsen wandern, fanden die Forscher bei einer Froschgattung ein enzymatisch verändertes Gift, das fünfmal tödlicher war als die Substanz, die sie mit der Nahrung aufgenommen hatten. Die Entdeckung könnte – neben ihrer biologischen Bedeutung – für die Suche nach aus Froschgiften gewonnenen unbekannten Wirkstoffen für neue Medikamente von erheblicher Bedeutung sein. NN Warum Hornissen manchmal ohne Grund zustechen Duftstoffe in Kosmetika alarmieren die eigentlich friedliebenden Insekten Duftstoffe in vielen Kosmetika und Parfüms können bei Hornissen aggressives Verhalten auslösen. Die Inhaltsstoffe ähneln Alarmdüften, welche die Insekten vor Gefahren warnen. Eigentlich sind Hornissen sehr friedliche Tiere. Manchmal greifen sie jedoch ohne Vorwarnung Menschen an und stechen recht schmerzhaft zu. Japanische Forscher fanden nun den Grund für dieses Verhalten. Sie analysierten die so genannten Alarm-Pheromone der Insekten, welche die Tiere absondern, wenn sie sich bedroht fühlen. Diese Mischung chemischer Substanzen alarmiert Artgenossen und provoziert aggressives Verhalten, das der Verteidigung des Nestes dient. Die Forscher entdeckten, dass die Hauptwirkstoffe des Hornissen-Alarm-Cocktails auch sehr häufig von der Kosmetikindustrie als Duftstoffe und Duftstoffträger eingesetzt werden. Zudem sind sie als Aromazusätze in Nahrungsmitteln sehr beliebt. Aus Sicht der Hornissen warnen also Menschen, die ein Produkt mit diesen Duftstoffen verwenden, vor Gefahr – und verwirren die Insekten damit so sehr, dass diese ihre übliche Zurückhaltung aufgeben. Auch bei Bienen ist ein ähnliches Verhalten bekannt. Sie reagieren offensichtlich aggressiv auf manche Hautlotionen. Um zukünftig derartigen Angriffen aus dem Weg zu gehen, empfehlen die Wissenschaftler, gängige Kosmetikprodukte auf die alarmierenden Substanzen zu testen und sie gegebenenfalls nicht zu verwenden. ddp/bdw 35 MEDIENMITTEILUNG Besserer Schutz für Amphibien und Auen D ie alarmierende Lage der Amphibien (95% der Arten auf der roten Liste) und der Auen (90% Verlust im letzten Jahrhundert) mit ihrer sehr hohen Artenvielfalt zeigt die Dringlichkeit von Schutzmassnahmen. Geschützte Gebiete sollen gefährdeten Arten den für ihr Überleben notwendigen Lebensraum sichern. 72 neue Amphibienlaichgebiete Jetzt ist das Inventar der Amphibienlaichgebiete mit einer zweiten Serie von 72 Objekten ergänzt worden. Der grösste Zuwachs erfolgte in den Kantonen Bern und Thurgau. Neue national bedeutende Gebiete findet man in Agglomerationsnähe (z. B. die «Wehrliau» an der Aare in Muri bei Bern) wie auch auf Alpen (z. B. auf der Grossen Scheidegg). Auch die militärisch genutzte Thuner Allmend ist nun bundesrechtlich geschützt. Mit dieser Erweiterung des Inventars befinden sich rund 770 Amphibienlaichgebiete unter nationalem Schutz. Weitere noch nicht definitiv bereinigte Objekte werden Gegenstand der dritten und voraussichtlich letzten Serie sein. 55 neue Auengebiete Auch das Aueninventar wurde erweitert: Hier handelt es sich um eine zweite Ergänzung, basierend 36 Froschbild aus: Grzimeks Tierleben, Bechtermünz Verlag. Der Bundesrat hat die Bundesinventare zum Schutz der Amphibienlaichgebiete sowie der Auengebiete von nationaler Bedeutung ergänzt. 72 neue Amphibienlaichgebiete und 55 neue Auengebiete sind definitiv bundesrechtlich geschützt. Grasfrosch auf einer systematischen Überprüfung des Inventars in den Gebieten unterhalb der Waldgrenze (Tieflagenauen), mit Schwerpunkt auf den Gebieten zwischen 800 und 1800 Meter. Es konnten 55 neue Objekte ins Inventar aufgenommen werden. Damit nähert sich dieses Inventar dem angestrebten Ziel, möglichst alle wichtigsten Auengebiete der Schweiz unter nationalen Schutz zu stellen. Kantone erarbeiten Schutz- und Pflegepläne Die Aufnahme eines Gebietes in ein Bundesinventar bedeutet nicht das Verbot jeglicher menschlicher Aktivitäten. Jedoch soll die landwirtschaftliche und touristische Nutzung so geschehen, dass auch die Natur zu ihrem Recht kommt und die Artenvielfalt langfristig erhalten werden kann. Die Ergänzung der beiden Inventare wurde in Absprache mit den kantonalen Natur- schutzfachstellen (Amphibien) bzw. mittels Vernehmlassung (Auen) vorgenommen. Die Kantone erarbeiten Schutz- und Pflegepläne und regeln Nutzungen mittels Vereinbarungen mit den Bewirtschaftern. Zudem müssen regionale und lokale Schutzgebiete das grobe nationale Netz verfeinern. Für Pflegeund Aufwertungsmassnahmen im Auen- und Amphibienschutz zahlt der Bund jährlich 4 bis 5 Millionen Franken an die Kantone. Bern, 29. Oktober 2003 Uvek Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation Presse- und Informationsdienst ■ Diese Mitteilung sowie weitere Informationen sind auf http:// www.uvek.admin.ch/ publiziert Auskünfte Amphibienlaichgebiete-Inventar: Erich Kohli, Buwal, Abteilung Natur und Landschaft, Tel. 031 322 68 66 Aueninventar: Béatrice Werffeli, Buwal, Abteilung Natur und Landschaft, Tel. 031 322 93 67 Internet: Die detaillierten Listen der beiden Inventare sind zu finden unter: http://www.umweltschweiz. ch/buwal/de/medien/presse/artikel/ 20031022/01039/index.html Beilagen: • Auenverordnung • Amphibienlaichgebiete-Verordnung ProTier 4/03 Wir wollen Schutz für das Leben der Tiere! Gibt es etwas Schützenswerteres als das eigene Leben? Gibt es einen grösseren Verlust als das eigene Leben? Die Antwort ist wohl klar. m e un ic h! an den Bundesrat tt Bi 쏴쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏷 Petition r ter ü f sch reiben Sie Es ist deshalb unverständlich, dass im ersten Artikel des neuen Tierschutz-Gesetzes die Würde und das Wohlbefinden, nicht aber das Leben des Tieres geschützt werden soll. Für uns Tierschützerinnen und Tierschützer ist die Ausweitung des Schutzanspruchs auf das Leben von grösster Bedeutung, denn – ist das Leben per se geschützt – muss auch beim Töten der Tiere eine Güterabwägung gemacht werden. Beispielsweise dürfen zwar zur Lebensmittelproduktion Tiere getötet werden, nicht aber bloss um des wirtschaftlichen Vorteils willen, zur sogenannten “Marktbereinigung”. Man denke an die Millionen verbrannter BSE-Rinder. Mit dem Lebensschutz entstehen erste kleinere und grössere Barrieren gegen verantwortungs- und hemmungsloses Töten von Tieren. Die Unterzeichner fordern hiermit, dass im neuen Tierschutzgesetz in Art. 1 neben Würde und Wohlbefinden auch das Leben des Tieres geschützt wird. Name / Vorname Strasse / Nr. PLZ / Ort Unterschrift * * Bitte senden Sie mir weitere Unterschriftenbogen (Anzahl eintragen) Alle können unterschreiben, gleich welchen Alters oder Nationalität. Unterschriftenbogen können kopiert oder bei untenstehenden Adressen nachbestellt werden. Diese Petition wird auch mitgetragen von: Ärztinnen und Ärzte für Tierschutz in der Medizin, FFVFF (Fond für versuchstierfreie Forschung), Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), ProTier (SGT), Stiftung für das Tier im Recht, VETO (Verband Tierschutz-Organisationen Schweiz), Vier Pfoten und Zürcher Tierschutz. Bitte ganze Bogen, auch wenn nur teilweise ausgefüllt, sofort oder spätestens bis 29. Februar 2004 einsenden an: ProTier (SGT), Alfred-Escher-Strasse 76, 8002 Zürich oder Tierschutzbund, Schulhausstras37 ProTier 4/03 se 27, 8600 Dübendorf. Danke! Projekte + Kampagnen So können Sie helfen: Tiere im Osten Findeltiere Hilfe für das Riska-Tierheim in Serbien. Finanzielle Unterstützung von Aufklärungskampagnen der Organisation Svoboda Zvirat in Pilsen (CZ). Aufnahme und Vermittlung von Hunden und Katzen. Tanzbären Abgabe von Kastrationsgutscheinen zur Unterbindung sinnloser Katzenvermehrung, speziell auf Bauernhöfen. Zusammen mit dem IBF (International Bear Foundation) unterstützen wir die serbische Tierschutzorganisation ARKA bei der Befreiung und Betreuung der Tanzbären in Serbien. Affenkampagne Finanzielle Unterstützung einer Auffangstation für Orang-Utans auf Borneo. Adria-Delfine Sie wollen eines oder mehrere dieser Projekte und Kampagnen finanziell unterstützen? Verwenden Sie bitte beiliegenden Einzahlungsschein mit dem Vermerk der entsprechenden Aktion. Sie können natürlich auch online spenden unter: www.protier.ch Foto: © Nathalie Dubois Finanzielle Unterstützung zur Rettung der letzten Tümmler in der Adria vor Kroatien. Katzenkastrationen 38 ProTier 4/03 Patenschaften Die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz/ProTier schläfert keine gesunden Tiere ein. Wir nehmen deshalb auch ältere Tiere auf, die anderswo abgewiesen würden. Wir sind der Meinung, solange ein Hund oder eine Katze zeigt, wie gern er oder sie noch am Leben ist, haben wir kein Recht, ihnen dieses zu nehmen. Erfreulicherweise finden wir immer wieder Menschen, oft auch jüngere Leute, die einem unserer «Senioren» ein neues Zuhause geben. Mitunter aber bleiben ältere Tiere recht lange im Tierheim und verursachen hohe Kosten. PRO Deshalb bitten wir Sie: Werden Sie Patin/Pate eines Findeltieres! Mit Ihrem monatlich wiederkehrenden Betrag geben Sie uns die Möglichkeit, uns weiterhin optimal für unsere Schützlinge einzusetzen. 쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏴 Ich übernehme die Patenschaft für ein Findeltier und werde monatlich folgenden Betrag überweisen (12 Einzahlungsscheine werden mir nach Eingang dieses Talons zugeschickt). 첸 CHF 20.– 첸 CHF 100.– 첸 CHF 40.– 첸 CHF 첸 CHF 50.– 첸 Ich überweise einen einmaligen Betrag von 첸 Ich werde Mitglied bei der SGT (Jahresbeitrag CHF 30.–) CHF (Bitte Gewünschtes ankreuzen) Name: Vorname: Strasse: PLZ/Ort: Datum: Unterschrift: Bitte ausschneiden und einsenden an: Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz, Alfred-Escher-Strasse 76, 8002 Zürich ProTier 4/03 39 Ausgesetzt und verlassen! ProTier hilft! Werden Sie Mitglied! 쏴쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿쏿 Foto: © Nathalie Dubois Beitrittserklärung zur Schweizerischen Gesellschaft für Tierschutz Alfred-Escher-Strasse 76 8002 Zürich, Telefon 01 201 25 03 첸 Minimalmitgliederbeitrag pro Jahr CHF 30.– 첸 Minimalmitgliederbeitrag auf Lebenszeit CHF 1000.– 첸 Minimalmitgliederbeitrag für Jugendliche unter 18 Jahren CHF 첸 Für Kollektivmitglieder CHF 200.– 첸 Für Paarmitglieder CHF 20.– 50.– Ich wünsche, in die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz/ProTier aufgenommen zu werden. Herr 첸 Frau 첸 Bitte in Blockschrift ausfüllen Name Jahrgang Vorname Postleitzahl Strasse Ort Ort, Datum Unterschrift Bei Minderjährigen Unterschrift des gesetzlichen Vertreters 40 ProTier4/03 4/03