Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Gesundheit von Verletzten drei Monate und ein Jahr nach leichten oder moderaten Unfällen. Die übergeordnete Forschungsfrage war, wie häufig psychische Belastungen sowie eine erschwerte Rückkehr zur Arbeit nach leichten oder moderaten Unfällen vorkommen und ob eine Früherkennung dieser Komplikationen durch biopsychosoziale Prädiktoren möglich ist. In einer prospektiven Fragebogenuntersuchung mit zwei Erhebungszeitpunkten - maximal drei Monate und im Minimum ein Jahr nach dem Unfall - wurden die psychische Belastung und die Rückkehr zur Arbeit sowie mögliche Prädiktoren an einer konsekutiv gewonnenen Stichprobe von Verletzten nach leichten oder moderaten Unfällen untersucht. Die Teilnehmenden waren 406 Versicherte einer grossen Unfallversicherung, welche sogenannte Bagatellunfälle erlitten hatten und bei welchen bei der Unfallmeldung durch die Unfallversicherung ein komplikationsfreier Heilungs- und Wiedereingliederungsprozess erwartet wurde. Über ein Viertel der Verunfallten nach leichten oder moderaten Unfällen litt unter psychischen Beschwerden, nämlich unter Angst, Depressivität oder Posttraumatischen Belastungssymptomen. Die Häufigkeit der psychischen Beschwerden lag damit über derjenigen in der Normalbevölkerung und war gleich gross wie bei Schwerverunfallten. Zudem veränderte sich die Häufigkeit der psychischen Belastungen in der Zeit zwischen drei Monaten und einem Jahr nach dem Unfall nicht, Remissionen von psychischen Beschwerden traten gleich häufig auf wie Neuerkrankungen. Ungeachtet des Beginns der psychischen Belastung litten Verunfallte mit psychischen Belastungen unter einer stärkeren Beeinträchtigung durch (chronische) Schmerzen als Unbelastet. Über zehn Prozent der Verunfallten waren ein Jahr nach einem leichten oder moderaten Unfall noch nicht oder nur unvollständig wieder in den Arbeitsprozess integriert. Über die Hälfte dieser Personen litt unter mindestens einem psychischen Problem, zudem waren auch sie stärker durch Schmerzen belastet. Die Früherkennung von psychischen Beschwerden und erschwerter Rückkehr zur Arbeit ein Jahr nach dem Unfall war möglich. Durch Regressionsanalysen konnten verschiedene Prädiktoren bestätigt werden. In einem Früherkennungsmodell konnten 58% der nach einem Jahr psychisch Belasteten bereits drei Monate nach dem Unfall durch die Prädiktoren Depressivität, Angst, Schmerzen, Rauchen und Stress sowie Verantwortungsattribution auf die Umstände korrekt als Risikofälle erfasst werden. Entsprechend waren Depressivität, Schmerzschwere und eine pessimistische subjektive Einschätzungen der zukünftigen Erwerbsfähigkeit Risikofaktoren für eine erschwerte Rückkehr zur Arbeit ein Jahr nach dem Unfall, knapp ein Drittel der Verunfallten mit erschwerter Rückkehr zur Arbeit konnten durch diese Prädiktoren korrekt identifiziert werden. Ein wichtiges Resultat dieser Studie ist auch, dass kaum jemand wegen psychischer Beschwerden behandelt wurde. Es besteht eine deutliche Unterversorgung und demnach ein grosser Handlungsbedarf für die Erkennung und wirkungsvolle Behandlung von psychischen Belastungen bei Verletzten nach leichten oder moderaten Unfällen. Die Resultate dieser Forschungsarbeit zeigten, dass durch Selbsteinschätzungen der Verletzten auf einfache Weise eine wirkungsvolle Früherkennung von möglichen Komplikationen im Heilungsverlauf nach leichten oder moderaten Unfällen möglich ist.