10 TR Techno News | Technische Rundschau Nr. 6/2010 Wie Wassertropfen laufen lernen Herkömmliche Bestückungsmaschinen für Leiterplatten können die immer winzigeren Elektronikbauteile bald nicht mehr exakt platzieren. Eine neue berührungslose Technik auf Basis von Wassertropfen könnte die Lösung sein. Evadoxia Tsakiridou Wie eine Miniaturbowlingkugel flitzt der Wassertropfen auf einer unsichtbaren Bahn entlang, plötzlich ändert er seine Richtung um 90°, rollt ein paar Millimeter, bleibt wieder stehen – und ist Sekundenbruchteile später verschwunden. «Schauen Sie jetzt einmal durchs Mikroskop auf die Leiterplatte. Sehen Sie den Mikrochip, der nun an der Stelle des Wassertropfens liegt?», fragt Erik Jung vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin. Durch elektrische Felder bewegt Mit blossem Auge ist es kaum zu erkennen, aber tatsächlich, da liegt ein winziges elektronisches Bauteil. Electrowetting (Elektrobenetzung) heisst die Technik, bei der Forscher die Benetzungseigenschaften von Flüssigkeiten nutzen, um kleinste Elektronikkomponenten zu positionieren. «Dabei wird ein Wassertropfen mit Hilfe eines elektrischen Feldes derart manipuliert, dass wir diesen auf einer Fläche von einer DIN-A4-Seite exakt bewegen können. Ein im Tropfen eingeschlossenes Bauelement lässt sich problemlos transportieren und auf wenige Mikrometer genau ausrichten», weiss Jung. In der Anfangszeit der Computertechnik platzierte man Mik­ rochips noch mit Pinzetten. Die­ se Aufgabe haben bereits in den 1970er-Jahren Bestückungsmaschinen übernommen. Aber auch heutige Hightechgeräte stossen bald an ihre Grenzen, denn die Schaltkreise und Bauteile werden immer winziger. «Chips für RFID-Anwendungen haben heute Kantenlängen von etwa einem Viertelmillimeter. Passive Bauelemente wie Kondensatoren oder Widerstände sind sogar noch kleiner. Die Bestückungsmaschinen, die nach dem Prinzip des ‹Pick-and-Place› arbeiten, werden nicht nur Probleme haben, die Teile genau zu positionieren. Es besteht auch die Gefahr, dass neue Bauelemente wie Sensoren beschädigt werden», beschreibt Jung die kommende Herausforderung für die Elektronik-Branche. Die Methode der Elektrobenetzung könnte eine Alternative bieten. Sie wird seit einigen Jahren für die Herstellung von Flüssiglinsen und Farbdisplays eingesetzt. Warum nicht das Verfahren für die Die Oberflächenspannung eines Wassertropfens wird durch ein elektrisches Feld so manipuliert, dass sich der Tropfen auf einer Fläche von 20 x 30 cm exakt bewegen lässt. (Bild: Fraunhofer IZM) 12 TR Techno News | Technische Rundschau Nr. 6/2010 Platzierungstechnik weiterentwickeln, haben sich die Forscher am IZM gedacht. Seit 2005 erproben Jung und seine Kollegen berührungslose Verfahren. Vor Kurzem konnten sie zeigen, dass die Technik funktioniert, und zwar auf Basis kostengünstiger Leiterplattentechnologie. Dies schaffen die Mikrosystemtechnik-Experten, indem sie die Benetzungseigenschaften des Wassertropfens an der Oberfläche der Leiterplatte gezielt verändern. Ausserdem haben sie im Vorfeld die Leiterplatte mit Nanopartikeln beschichtet, sodass deren Oberfläche, ähnlich den Blättern einer Lotusblume, stark wasserabweisend (superhydrophob) ist. Das physikalische Prinzip beruht darauf, dass Wasser eine dielektrische Flüssigkeit ist. Es besteht also aus Molekülen mit Plus- und Minuspol, die sich entsprechend einem äusseren elektrischen Feld ausrichten. Die unter einem Wassertropfen liegenden Elektroden der Leiterplatte lassen sich so schalten, dass zwischen zwei benachbarten Strukturen ein elektrisches Feld entsteht. Der über diesen Strukturen liegende, ameisenkopfgrosse Tropfen verformt sich. Schaltet man nun das elektrische Feld auf benachbarte Strukturen weiter – vergleichbar einer Lichterkette, deren Lämpchen der Reihe nach aufleuchten –, zieht sich der Tropfen dem Feld folgend zur nächsten Struktur. Das Wasserkügelchen «läuft». Man stoppt es, indem man das elektrische Feld nicht mehr weiterbewegt. Schliesslich verdampft der Tropfen, und Fair for Automation, Halle 2.1 – Stand E03 übrig bleibt das exakt positionierte Bauteil. Wenn Wasser sogar rückwärts fliesst «Man kann mit der Methode Wasser auch aufwärts fliessen lassen», schmunzelt Erik Jung. Das aber ist nicht das Ziel des Physikers, ihm geht es um das exakte Positionieren. Wesentliche Kriterien dafür sind die Anordnung der elektrischen Leiterbahnen und die superhydrophobe Oberfläche. Inzwischen sind die Fraunhofer-Forscher dabei, ihre Innovation vom Labor an industrielle Grössenordnungen anzupassen: Das heisst, sie müssen das Design der Leiterplatten und die wasserabweisende Oberfläche optimieren ebenso den Herstellungsprozess simulieren. Noch einen wichtigen Parameter gilt es zu beachten: Es muss die richtige Atmosphäre in den Produktionsräumen herrschen. Ist nicht genug Luftfeuchtigkeit vorhanden, verdampft der Tropfen zu schnell, und die Bauteile bleiben an der falschen Stelle liegen. Eine ebenso grosse Herausforderung ist die weitere Miniaturisierung der Bauteile. Die Strukturgrössen auf modernen Komponenten sind heutzutage Bereich von Mikrometern und kleiner, die Komponenten selbst etwa 100 Mikrometer gross. Hier genügt es, wenn sie auf 25 Mikrometer genau platziert werden. Mit dem Schritt hin zur Nanotechnologie werden diese Komponenten kleiner, die nur wenige 10 Mikrometer grossen Bauteile erfordern dann Plat- ziergenaugkeiten von etwa einem Mikrometer. «Dann benötigen wir Toleranzen um etwa einen Mikrometer. Dementsprechend dürften auch die Leiterbahnen höchstens einen Mikrometer breit sein», stellt Jung fest. Hierfür tüfteln die Fraunhofer-Forscher bereits an einer Lösung: Einer ihrer Ansätze besteht darin, die Superhydrophobie lokal wieder aufzuheben. Mittels Electrowetting wird der Tropfen in die Nähe der «frei» gewordenen Fläche transportiert. Aufgrund der Kapillarkräfte zieht sich der Wassertropfen von selbst in seine Zielposition und «legt» damit das Bauteil am richtigen Ort ab. In Zukunft könnten Hersteller dank dieses Verfahrens besonders kleine Produkte bauen. Oder passive Komponenten – mit einer Grösse von 1/18tel Millimeter – berührungslos und präzise auf Leiterplatten platzieren. Dafür allerdings muss noch eine weitere Hürde genommen werden: Sollen künftig Leiterplatten mit kontaktlosen Verfahren bestückt werden, muss ein hoher Durchsatz garantiert sein. Das bedeutet aber, mehrere Wassertröpfchen müssten parallel manipuliert werden. Jung ist überzeugt: «Wenn es uns gelingt, mehrere Tropfen unabhängig voneinander und kollisionsfrei zu bewegen, dann würde das die Bestückungstechnik revolutionieren.» Autorin: Evdoxia Tsakridou, freie Wissenschaftsjournalistin Quelle: Das Fraunhofer-Magazin (www.fraunhofer.de/magazin) Think Mink! ® Abdichten Waschen/Reinigen Gleiten/Tragen Transportieren Führen Breitstrecken Ableiten Entgraten Großserien Was Mink Fasern berühren, wird von leichter Hand getragen. Warum unsere Ingenieure standhalten: Mink Fasertechnologie kann je nach Art der Berührung beispielsweise Gegenstände schonend gleiten lassen, fixieren oder schützen, reinigen, polieren, dosieren, transportieren, tragen, glätten, entgraten, abdichten und mehr. 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