Aufwärmen als Trainings- und Wettkampfvorbereitung

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Aufwärmarbeit:
Aufwärmen als Trainings- und Wettkampfvorbereitung
DEF: Tätigkeit zur Herstellung einer optimalen psycho-physischen und koordinativ-kinästhetischen Verfassung
vor sportlichem Training oder Wettkampf sowie zur Verletzungsprophylaxe.
Das Aufwärmen kann allgemein oder speziell (spezifisch), aktiv durch Übungen (Laufen, Lockerungs- und
Dehnübungen), aber auch passiv ( z.B. Massage, Duschen) und durch Kombination von beiden vorgenommen werden.
Die folgenden drei Kriterien sind für den physiologischen Bereich relevant:
? Einlaufen
? Dehnen
? Kräftigen
Physiologische und psychologische Effekte des Aufwärmens
Durch aktives Aufwärmen werden zahlreiche physiologische Regulationen stimuliert, so dass der Organismus für eine Höchstleistung
vorbereitet ist und nicht aus dem Zustand der Ruhe extreme Belastungen auszuführen hat. Es ist eine alte Erfahrung im Sport und durch
zahlreiche Untersuchungen bewiesen, dass ein angemessenes aktives Aufwärmen die Leistung nicht nur günstig beeinflusst, sondern dass
grundsätzlich ein Aufwärmen zur Mobilisierung des vollen Leistungsvermögens erforderlich ist. Nach HÖBERG kann beispielsweise ein
systematisches Warmmachen in der Vorbereitungsphase die Leistung im 400-Meter-Lauf um 1,5-3,00 Sekunden verbessern.
Zum
Einlaufen
BEIM AUFWÄRMEN IST DIE EINLAUFPHASE ALS WEITAUS WICHTIGER EINZUSTUFEN ALS DIE ‚DEHN’-PHASE „Dehnübungen kurz vorm
Sport können die Leistungsfähigkeit des Körpers verringern (.....) Einen positiven Effekt erzielt mit Stretching nur, wer die Übungen regelmäßig
und über einen längeren Zeitraum hinweg macht.(1)
- Temperaturerhöhung des Körpers (bis ca. 38,5 Grad C)
Durch körperliche Aktivität vermehrt sich die von der Muskulatur gebildete Wärmemenge.
Die Muskeltemperatur (in Ruhe - 34 Grad C) steigt an (bis über 40 Grad C). Von dort wird die
Wärme hauptsächlich durch den Blutstrom in den übrigen Körper transportiert
Bei einer Körperkerntemperatur zwischen 38,5 Grad C und 39 Grad C, wie sie nach aktivem
Aufwärmen erreicht wird, laufen biochemische Reaktionen schneller ab. Mit steigender
Körpertemperatur laufen die Stoffwechselprozesse in den Zellen schneller ab, jede Temperatursenkung führ tzu einer
Drosselung von Stoffwechsel- und Kreislauffunktionen
Mit jedem Grad Celsius Temperatursteigerung erhöht sich die Stoffwechselrate um ca. 13%
Mit steigender Temperatur erhöht sich auch die O2-Menge, die vom Blut ans Gewebe
abgegeben werden kann.
- Erhöhung der Durchblutung
Zunahme des Atemminutenvolumens und des Herzminutenvolumens (Herzfrequenz u.
Schlagvolumen, Erweiterung der Arteriolen (lokal - chemisch) und bessere Kapillarisierung
initiale 02-Schuld verringert - bei Ausdauerleistungen wird der ‘tote Punkt’ hinausgeschoben
und weniger stark empfunden (2).
- Steigerung der Sauerstoffaufnahmekapazität- Ökonomisierung der Atmung
- Senkung des Blutwiderstandes
zum
DEHNEN
Das Thema DEHNEN wird in den letzten Jahren sehr kontrovers diskutiert!
Die Dehnungsfähigkeit wird zum einen durch die Dehnungswiderstände muskulärer Strukturen ( z.B. Titin- u.
Nebulinfilamente) zum anderen durch den Tonus bzw. die Entspannungsfähigkeit der Muskeln begrenzt.
Der Muskeltonus ist die Grundspannung der Muskulatur ( nur so ist die aufrechte Körperhaltung möglich!).
Für den Muskeltonus bzw. die Entspannungsfähigkeit der Muskeln spielen die Muskelspindeln ( es handelt sich hier um
Dehnungsrezeptoren, die parallel zu den Muskelfasern verlaufen) eine wichtige Rolle. Über die Muskelspindeln erfolgt
vom ZNS die Steuerung des Tonus, der je nach Notwendigkeit, über die Innervation von mehr oder weniger Muskelfasern
erhöht oder gesenkt wird.
So setzt ein erhöhter Muskeltonus bzw. eine verminderte Entspannungsfähigkeit den muskulären Widerstand für
Dehnübungen aller Art herauf und schränkt die Flexibilität ein.
Für Sportarten, die eine gute Vordehnung der Arbeitsmuskulatur intendieren ( mit nachfolgend höherer Kontraktionskraft
bzw. Schnelligkeit, wie u.a. Speerwurf, Diskuswurf, Kugelstoß) daher leistungsmindernd!!
(1) Arzte-Zeitung vom 27.09.2004 (aerztezeitung.de)
(2) Im Moment des ‘toten Punktes’ ist die arterio-venöse O2-Differenz am größten und der Milchsäurewert der arbeitenden Muskulatur ist
besonders hoch. Es entsteht ein Mißverhältnis zwischen O2-Verbrauch und O2-Angebot. Eine richtig dosierte Erwärmung vermindert daher die
Auswir kungen des ‘toten Punktes’.
Faktoren, die den Muskeltonus erhöhen:
? Intensive muskuläre Aktivität (z. B. Krafttraining)
? Zunahme der Titin – u. Nebulinfilamente (durch hohe Kraftspitzen!!!)
? „puschende“ Umgebung (Musik, Fans etc.)
? Psychische Erregung
? Muskuläre Ermüdung ( nach harten Ausdauereinheiten entfällt „Weichmacher“-Wirkung des ATP ? Einbuße an
Dehnfähigkeit.
Faktoren, die den Muskeltonus senken:
? Längeranhaltendes Dehnen; speziell statisches D. (ungünstig für Maximalkraft-, Schnellkraft- u. Ausdauerleistungen,
wenn es unmittelbar vorher erfolgt)
? Massagen, warme Bäder, Sauna
? Autogenes Training
? Entspannte Musik, Meditation
? Schlaf (3)
Nicht Stretching soll als Dehnmethode eingesetzt werden, sondern das dynamische Dehnen. Neuere Studien belegen, dass
sich beim dynamischen Dehnen "im Vergleich zu statischem Dehnen ein deutlich positiverer Effekt bezüglich der
Veränderung der reaktiven Leistungsfähigkeit" (s. auch oben!) ergibt (Begert und Hillebrecht, 2003), d.h. bei dieser Methode
ist nicht mit einer Reduktion der Schnellkraft zu rechnen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass diese Dehnmethode deutlich
schwieriger Umzusetzen ist, da dynamische Bewegungsabläufe generell erhöhte koordinative Anforderungen an den
Sportler stellen. Die Dosierung der Intensität sollte daher erst von den Athleten in Ruhe gelernt und trainiert werden, damit
es nicht wirklich zu einer Form der "Zerrgymnastik" wird!
Beweglichkeitstraining (4)
Dehnungsmethoden
Dynamisch
statisch
Aktiv
Aktiv-dynamisch
Aktiv-statisch
passiv
Passiv- dynamisch
Passiv- statisch
Aktiv-dynamisch: = „Ballistics“
Mehrfach wiederholte federnde Bewegungen ? Dehnstellung über Kraft der Antagonisten der zu dehnenden Muskulatur
PLUS: starke Dehnreize? effektiv ? zudem Kräftigung des Antagonisten!!
Bei regelmäßigem Training ? TOP
MINUS: Verletzungsrisiko ? „Reißgymnastik“
Passiv-dynamisch:
Federnde Dehnübungen mit Wirkung äußerer Kräfte (z.B. Partner).
PLUS: bei korrekter Ausführung effektiv (Turnen, Sportgymnastik etc.)
MINUS: KEINE parallele Kräftigung ? kann nur Ergänzung sein!!
Aktiv-statisch
Kontraktion der Antagonisten der zu dehnenden Muskulatur in finaler Dehnstellung. Der Fixierung können wenige
schwingende Bewegungen voraus gehen ? „ Ballisics and Hold“
MINUS: der Aktiv-dynamischen Methode unterlegen ? Antagonisten entwickeln nicht hinreichend isometrische Kraft, um
reizwirksame Längenänderung des zu dehnenden Muskels zu erreichen!
Passiv- statisch
Wie Passiv- dynamisch mit Partnerhilfe.
PLUS: Hohe Effektivität besonders im Turnen, Sportgymnastik etc.
ALLE STATISCHEN DEHNUNGSMETHODEN
? STRETCHING
(3) Weineck, R., Weineck J., Leistungskurs Sport Bd II, Sportbiologische und trainingswissenschaftliche Grundlagen, Waldkirchen 2008, S.19f
(4) ebd., S.
STRECHING – differenziert
? „Zähes Dehnen“
Beibehalten einer Dehnstellung im Extrembereich
„easy stretch“: 10-30 sek in Extremposition: Wahrnehmen der Abnahme des Spannungsgefühls
„development stretch“: noch nachdehnen und weitere 10-30 sek in Endstellung bleiben
WICHTIG: Vermeiden von Schmerzen, sonst Muskeltonus reflektorisch stark erhöht ? behindert Dehnvorgang
? Anspannen – Entspannen („Contract-Relax“) ? Dehnung unter Ausnutzung der Eigenhemmung
Muskel vorher 1 sek maximal angespannt und sofort gedehnt ? Ausnutzung der hemmenden Wirkung der
Sehnenspindeln: über Eigenhemmung wird Entspannung des vorher maximal kontrahierten Muskels erreicht u.
erweiterte Dehnungsstellung ermöglicht.
WICHTIG: Je stärker die vorherige Kontraktion des zu dehnenden Muskels, umso stärker seine Entspannung und
effektiver die nachfolgende Dehnungsarbeit
? Anspannen – Entspannen ? Dehnung unter Ausnutzung der reziproken Hemmung
Ausnutzen der reziproken Hemmung. Hier gilt: Wird ein Muskel kontrahiert, kommt es reflektorisch zur
Entspannung seines Antagonisten, der dann optimal in den Dehnprozess einbezogen wird. Auch hier:
Entspannung des Antagonisten um so stärker, je kräftiger die zuvor geleistete Kontraktion des Agonisten.
WICHTIG: nicht bei Finger- u. Handgelenksbeugern!
BEI ANWENDUNG DER METHODEN ? ZIELSETZUNG UND ZEITPUNKT BERÜCKSICHTIGEN!
Durchführungstipps:
? Unmittelbar vor Schnelligkeits-, Schnellkraft-, Maximalkraft- und Kraftausdauerbelastungen ist länger
einwirkendes Streching kontraindiziert, da es den Muskeltonus senkt und zu Leistungsabfall führt, so bei Sprint-,
Sprung- und Wurfsportarten.
? Vor Schnelligkeits-, Schnellkraft- und Kraftausdauerbelastungen sollte nur ein kurzes
verletzungsprophylaktisch wirksames, leistungsoptimierendes dynamisches Dehnen stattfinden.
Außerdem sollte das Dehnprogramm in ausreichendem Abstand zum Wettkampf erfolgen
(?
mindestens 15min vorher).
? Nach dem Training führt Dehnen auf Grund der Muskeltonus senkenden Wirkung zur schnelleren
Wiederherstellung. Zu beachten ist, – besonders bei hohen laktaziden Belastungen – dass Dehnungsübungen
intermittierend durchgeführt werden (Dehnungs- u. Entspannungsphasen wechseln im 10 sek-Rhythmus). Heißt:
Vermeiden langer Stretchingzeiten, die Durchblutung behindern (s.o.).
? Zur längerfristigen Steigerung, so im Heim- oder Vereinstraining, eignen sich besonders die passiven u.
statischen Dehnungsmethoden; auch dynamische weisen hohe Effizienz auf!
? Bei Wahl der Methode die Sportart im Auge halten!!
? Bei Älteren und Untrainierten eignet sich das „Zähe Dehnen“, weil es auf Grund des sanften Charakters ein
vermindertes Verletzungsrisiko in sich birgt. Bei Kindern dynamische Formen spielerisch einbringen!
- Einstellung der Steuerungsprozesse
- Förderung der Kontraktionsgeschwindigkeit des Muskels
Voraussetzung:
? reizbare Zellen oder Fasern durch Nervenimpulse (mechanische o. thermische Reize )
? Leitfähigkeit des Muskelgewebes--- Zunahme der Nervenleitungsgeschwindigkeit
? Verbesserung und Beschleunigung der Präzision und Koordination motorischer
Handlungen; Latenzzeit und Gipfelzeit bei der Kontraktion der Skelettmuskulatur
verringern sich (5).
(5) Kontraktions- und Entspannungsfähigkeit der Muskulatur werden verbessert, was bei passiver Erwärmung nicht festgestellt werden kann.
Latenzzeit meint die Zeit zwischen Reiz und Reaktion, Gipfelzeit die Zeit, in der die Reizamplitude am größten ist
? Empfindlichkeit der Rezeptoren nimmt zu; Aktivierung der Muskelspindeln und der motorischen Hirnbezirke –
? Verbesserung der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit und der Reaktionsfähigkeit
? Verminderung der Verletzungsgefahr
? Vordehnung von Muskeln (!!!!), Sehnen und Bändern
zum
KRÄFTIGEN
- Einstellung des Körpers auf die ihn zu erwartenden Belastungen
· Herstellung einer optimalen psycho-physischen (6) Verfassung
Auch der psychische Effekt spielt eine wichtige Rolle!!!
- Optimierung der Funktionsbereitschaft des passiven Begewegungsapparates
? Verdickung der Knorpelschicht an Gelenkflächen
? Verminderung des Belastungsdruckes pro Quadratzentimeter durch größere Auflagefläche
Auch kognitive Faktoren, wie beispielsweise mentales Training, haben Einfluss bei der Erwärmung.
Zum Inhalt des Aufwärmens.
Das Aufwärmen sollte mit sich allmählich steigernden Ganzkörperbewegungen (Einlaufen) beginnen.
Gerade diese muss ausgiebig erfolgen! (mind. 5-7min.).
Nach einer generellen Durchwärmung des Körpers folgen Lockerungs-, Dehnungs- und spezielle Technikübungen
(Einturnen, Einspielen, usw.). Das Programm sollte vielseitig sein, wobei sich allgemeine und spezielle Übungen
abwechseln. Die Bedingungen der Sportartspezifik spielen dabei eine bedeutende Rolle, d.h., dass alle Sportler, die an
ein bestimmtes Gerät bei der Ausübung ihrer Technik gebunden sind, dieses auch in ihr Aufwärmprogramm einbeziehen
sollten.
Nach sich allmählich steigernden Ganzkörperbewegungen mit großem Muskelmasseneinsatz bis zur allgemeinen
Durchwärmung kommen Lockerungs-, Dehnungs- und spezielle Übungen zur Verbesserung von Flexibilität, Kraft und
Koordination zur Anwendung (vgl. oben).
Am Ende sollte man schwitzen.
Insgesamt sollte das Aufwärmprogramm in seinen wesentlichen Teilen auf den geforderten Bewegungsablauf, also auf die
sportartspezifische Bewegungsstruktur, orientiert werden.
Aufwärmzeiten schwanken von 10 Minuten bis ca. 1-2 Stunden.
Im Mittel werden 25-30 Minuten Aufwärmzeit vorgeschlagen. Der zeitliche Abstand nach Beendigung des Aufwärmens
zur Wettkampfleistung sollte nicht Iänger als 5-10 Minuten betragen. Nach ca. 45 Minuten ist der Aufwärmeffekt nicht
mehr vorhanden.
Für den Schulbetrieb müssen Erwärmungszeiten von 5-15min ausreichen (7)
? Bei kaltem Wetter langsamer steigernd und Iänger aufwärmen!
? Anzeichen für ausreichendes Aufwärmen: vermehrte Schweißproduktion; Pulsfrequenz bei
Erwachsenen: 135/Minute; bei Kindern: 150-170/Minute.
? Die Intensität sollte langsam gesteigert werden! Nicht mit extremen Sprung-, Kraft- oder
Sprintübungen beginnen!
? Das Aufwärmprogramm sollte vielseitig und abwechslungsreich sein, wobei sich allgemeine
und spezielle Übungen abwechseln!
? Es sollte auf die Unterrichtsthematik ausgerichtet sein!
? Passives Aufwärmen mittels Massagen, Salben usw. ist nicht so wirksam wie aktives Aufwärmen und sollte nur in Kombination mit letzterem angewendet werden!
(6) (psycho-physische Verfassung: "Leib-seelisch"; Zusammenhang im Sinne eines Parallelismus und
gleichzeitiger Wechselwirkung)
(7) erwiesenermaßen ist bereits 50% des Aufwärmeffektes nach 5 min. erreicht
Literatur:
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?
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Weineck, R., Weineck J., Leistungskurs Sport Bd. II, Sportbiologische und trainingswissenschaftliche
Grundlagen, Waldkirchen 2008
de Marées, H., Sportphysiologie, Köln 2003
Friedrich, W, Optimales Sportwissen, Balingen 2005
Röthig, Prohl Sportwissenschaftliches Lexikon, Schorndorf 2004
Arzte-Zeitung vom 27.09.2004 (www.aerztezeitung.de)
S. Gottschalk, Fakten zum Aufwärmen, in: Lehrhilfen für den Sportunterricht, Schorndorf, 38
(1989), Heft 6, S. 88ff
Cotta, H, Sportmedizinisches Handbuch, München 1988
www. aerztezeitung.de (vom 27.09.2004)
Begert und Hillebrecht, 2003
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