Satz von Turán 1 Vorüberlegungen 2 Satz von Turán

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Satz von Turán
Markus Kellerer
06.01.20015
Der Satz von Turán ist ein fundamentales Resultat der Graphentheorie aus dem Jahr
1941, mit der die extremale Graphentheorie begonnen hat. Ein Leitfaden der extremalen
Graphentheorie ist die Frage, inwieweit globale Annahmen über einen Graphen die
Existenz einer konkret vorgegebenen Teilstruktur erzwingen können. Eine große Rolle
spielt in diesem Zusammenhang das sogenannte Regularitätslemma. Grob gesprochen
besagt dieses Lemma, dass alle Graphen in einem gewissen Sinne durch Zufallsgraphen
approximierbar sind.
1 Vorüberlegungen
Wie viele Kanten kann ein Graph mit n Knoten, der keine p-Clicke enthält, höchstens
haben?
Ein einfaches Beispiel erhält man, indem man V in p−1 paarweise disjunkte Teilmengen
V = V1 ∪ V2 ∪ ... ∪ Vp−1 , |Vi | = ni , mit n = n1 + ... + np−1 aufteilt, wobei zwei Knoten
nur dann mit einer KantePverbunden werden, wenn sie in verschiedenen Teilmengen
liegen. So ein Graph hat i<j ni nj Kanten und man bezeichnet ihn mit Kn1 ,...,np−1 .
Maximal wird diese Anzahl von Kanten, wenn man die ni so nah beieinander wie
möglich wählt, also |ni − nj | ≤ 1 für alle i, j.
Einen Graphen Kn1 ,n2 ,...,np−1 ., der die Bedingung |n1 − nj | ≤ 1 erfüllt, nennt man
Turán Graphen. Im Spezialfall, dass n durch p − 1 teilbar ist erhält man
2 2 2
1
(p − 1)!
n
p − 1 − 1 n2
n
p−1
n
= 1−
=
=
p−1
(p − 3)!2!
p−1
p−1
2
p−1 2
2
Kanten. Der Satz von Turán sagt nun, dass diese Zahl eine obere Schranke für die
Kantenzahl eines beliebigen Graphen mit n Kanten ohne p-Clique ist.
2 Satz von Turán
Satz 2.1 (Satz von Turán). Wenn ein Graph G = (V,E) mit n Knoten keine p-Clique
hat,dann gilt
2
1
n
|E| ≤ 1 −
,
f ür p ≥ 2
(1)
p−1 2
Das BUCH der Beweise liefert für diesen Satz fünf verschiedene Beweise, von denen
ich die drei für mich schönsten vorstellen werde. Der erste verwendet Induktion und
stammt von Turán
Proseminar Beweise aus dem Buch“, WS 2014/2015, Teschnische Universität München
”
1
Erster Beweis Induktion über n: Sei G ein Graph mit n Knoten und maximaler
Anzahl von Kanten, der keine p-Clique enthält.
2
Induktionsanfang: für n ≤ p − 1 gilt, G ist eine n-Clique und n2 = n2 (1 − n1 ) ≤ (1) X
Induktionsvoraussetzung: (1) gilt für alle n < n0
Induktionsschritt: |V | = n0 : G enthält sicher eine (p− 1)-Clique. Sei A eine solche
p−1
(p − 1)-Clique und setzte B := V \A. A enthält Kanten.
Da B keine p-Clique
2
2
1
(n − p + 1) nach (I.V.).
enthält, gilt für die Kantzenzahl eB von B: eB ≤ 12 1 − p−1
Man muss jetzt noch die Kantenanzahl eA,B zwischen A und B abschätzen. Da G keine
p-Cliquen enthält, kann jedes vj ∈ B mit höchstens p − 2 Knoten in A benachbart sein
und es folgt eA,B ≤ (p − 2) (n − p + 1). Zusammengefasst liefert dies
p−1
1
1
|E| = eA + eB + eA,B ≤
+
1−
(n − p + 1)2 + (p − 2)(n − p + 1),
2
2
p−1
2
n
1
und damit genau 1 − p−1
2 .
Der nächste Beweis ist von anderer Natur: Er verwendet Ideen aus der Wahrscheinlichkeitstheorie und stammt von Noga Alon und Joel Spencer.
Vierter Beweis Sei G ein Graph auf der Knotenmenge V = v1 , ..., vn . di bezeichnet
den Grad des Knotens vi und w(G) die Cliquenzahl von G.
Behauptung. w(G) ≥
n
X
i=1
1
n − di
Beweis: Sei π1 π2 ...πn eine beliebige Permutation der Knotenmenge V , die, wie alle n!
1
Permutationen, mit der Wahrscheinlichkeit n!
auftreten soll. Man betrachtet nun für
die gewählte Permutation die Menge Cπ : Der Knoten πi liegt in Cπ , wenn er zu allen
Ecken πj benachbart ist, die vor πi auftreten (j < i). Nach Definition istP
Cπ eine Clique
n
in G. Sei nun X = |Cπ | die zugehörige Zufallsvariable. Dann gilt X = i=1 Xi , wobei
Xi die charakteristische Zufallsvariable des Knotens vi ist. Dabei gehört vi genau dann
zur Clique Cπ , wenn vi vor all den n − 1 − di Ecken auftritt, die nicht zu vi benachbart
1
1
i −1)!
sind. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist genau (n−d
(n−di )! = n−di , also gilt E(Xi ) = n−di .
Aus der Linearität des Erwartungswerts erhalten wir daraus
E(|Cπ |) = E(X) =
n
X
E(Xi ) =
i=1
n
X
i=1
1
n − di
Insbesondere muss es eine Clique von mindestens dieser Größe geben. X
Um draus den Satz von Turán abzuleiten, verwendet man die Cauchy-Schwarz-Ungleichung,
n
X
i=1
!2
ai bi
≤
n
X
i=1
2
!
a2i
n
X
i=1
!
b2i
.
Wir setzen ai =
√ 1
n−di
und bi =
n
X
n ≤(
2
i=1
√
n − di , damit gilt also ai bi = 1, und folglich
n
n
X
X
1
)( (n − di )) ≤ ω(G)
(n − di )
n − di i=1
i=1
An dieser Stelle verwenden wir jetzt die Voraussetzung
w(G) ≤ p − 1 des Satzes
Pn
von Turán. Wenn man noch die Gleichung i=1 di = 2|E| aus dem Kapitel 25 über
doppeltes Abzählen hinzunimmt, so liefert die Ungleichung
n2 ≤ (p − 1)(n2 − 2|E|),
und dies ist äquivalent zur Ungleichung des Turánschen Satzes.
Der Ursprung des letzten und vielleicht auch des schönsten Beweises ist leider nicht
ganz klar. Er liefert ganz automatisch mit, dass die Turán-Graphen auch die einzigen
Beispiele mit maximaler Kantenzahl sind.
Fünfter Beweis Sei G ein Graph mit n Ecken ohne p-Clique und mit maximaler
Anzahl von Kanten.
Behauptung: G enthält keine drei Ecken u, v, w mit vw ∈ E, aber uv ∈
/ E und uw ∈
/ E.
Beweis durch Widerspruch:
Fall 1: d(u) < d(v) oder d(u) < d(w). O.B.d.A d(u) < d(v). Erzeugt man nun
einen neuen Knoten v 0 mit den selben Nachbarn wie v, entfernt u und lässt den Rest
unverändert, gilt für die Kantenzahl des neuen Graphen G0 :
|E(G0 )| = |E(G)| + d(v) − d(u) > |E(G)|,
Fall 2: d(u) ≥ d(v) und d(u) ≥ d(w). Hier erzeugt man die Knoten u0 und u00 , die
die selben Nachbarn wie u haben und entfernt v und w. Für die Kantenzahl des so
entstandenen Graphen G0 gilt
|E(G0 )| = |E(G)| + 2d(u) − (d(v) + d(w) − 1) > |E(G)|.
Die gerade bewiesene Aussage ist äquivalent zu der Aussage, dass
u ∼ v :⇐⇒ uv ∈
/ E(G)
eine Äquivalenzrelation definiert (reflexiv X, symmetrisch X, transitiv folgt direkt aus
der gerade bewiesenen Behauptung X).
Betrachtet man nun die Äquivalenzklassen, erkennt man, dass es p − 1 Klassen sind
und G ein Turán-Graph G = Kn1 ,...,np−1 ist (für n ≥ p). Daraus folgt der Satz von
Turán (siehe Vorüberlegung).
3
Literatur
[1] Martin Aigner, Günter M. Ziegler, Das BUCH der Beweise, dritte Auflage, Springer, 2010.
[2] Reinhard Diestel, Graphentheorie, vierte Auflage, Springer, korrigierter Nachdruck 2012.
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