„Jetzt bleiben´s halt 6 Monate liegen“ Versorgungsmöglichkeiten der bakteriellen (Spondylo‐)Diszitis 2. Symposium Septische Unfallchirurgie und Orthopädie R. Beisse1 ‐ C. Mehren1 – U. Szeimies2 1 Wirbelsäulenzentrum, Orthopädische Klinik München‐Harlaching 2 Radiologie in München –Harlaching (Prof. A. Stäbler, Dr. U. Szeimies) Infekte an der Wirbelsäule 4 • 2 – 4% aller Infekte des Skeletts 2 • Männer häufiger als Frauen betroffen =>2:1 • Altersgruppe zwischen 50 und 70 Jahre • Bedeutung der Immunkompetenz 1 3 • Häufig in Folge von Eingriffen und anderen Infekten • Verteilung nach Häufigkeit © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 2 Keimspektrum Staphylokokkus aureus Streptokokken Pneumokokken Seltener gramnegative Keime Escherichia coli Pseumonaden, Klebsiellen und Salmonellen Wichtig: Tuberkulose auf dem Vormarsch Mycobacterium tuberculosis, Brucella, Typhus, Lepra und Lues Parasiten: Echinococcus © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 3 Laborbefunde • Blut: BSG und CRP mäßig bis stark erhöht • Leukozytose (nicht obligat) • Bei hohem Fieber, Schüttelfrost Blutkultur anstreben: bei 1 / 4 der Patienten positiver Keimnachweis • Feinnadelpunktion CT‐gesteuert: 1 / 2 der Patienten positiver Keimnachweis (Rezai 1999), aber 50% kein Nachweis! © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 4 Ausbreitungswege und Klinik 1. Hämatogen Arteriell > Venös (häufig) 2. Lokal durch Eingriff (Injektion; Infiltration) häufig 3. Per continuitatem (selten) 1. Zu Beginn unspezifische Symptomatik: Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, subfebril bis hohes Fieber 2) Starke belastungsunabhängige, bewegungsabhängige Schmerzen 3) Fehlhaltung durch Muskelspasmus 4) Massiver Klopf‐ und Erschütterungsschmerz © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 5 Fallbeispiel • 56 jährige Frau, • vor 3 Jahren Knie‐TEP nach Kniegelenksinfekt • Vor 3 Wochen Infiltrationen wg. Lumbalgie • Aktuell stärkste Rückenschmerzen • CRP 38 • Leuko 13.800 • Klinik: starke, belastungsunabhängige Rückenschmerzen, Knieschmerzen mit Spannungsgefühl © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 6 Klinischer Aspekt und konventionelle radiologische Diagnostik © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 7 MRT‐Diagnostik © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 8 MRT‐Diagnostik © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 9 Bildgebende Diagnostik • Konventionelle Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule • MRT (mit Kontrastmittel) : Diagnostik der Wahl • CT: Frage der knöchernen Destruktion, wichtig für rekonstruktive Eingriffe • Positronen‐Emissions‐ Tomographie (PET‐CT) © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 10 Differentialdiagnose: Erosive Osteochondrose oder Spondylodiszitis? MR‐Morphologie der erosiven Osteochondrose • Das Ödem entlang der Abschlußplatten ist geringer ausgeprägt als bei der Spondylodiszitis • Die Abschlußplatte ist als dunkles Band abgrenzbar (T1SE) • Die KM‐Anreicherung in der BS und in der Abschlußplatte ist geringer als bei der Spondylodiszitis • Keine Abszesse • In T2 + STIR erscheint die BS insgesamt heller als normal,aber dunkler als bei der Spondylodiszitis • Mehr Vakuumphänomene als bei der Spondylodiszitis • Im angrenzenden Markraum eher vermehrte Fetteinlagerung Osteochondrose Spondylodiszitis Die erregerbedingte Spondylodiszitis • Meist vom WK anterobasal auf die BS übergreifend,bevorzugt lumbal • Meist nur monosegmental • Kein Befall der Bögen/Gelenke (DD Tu ,rheum.Erkrankungen) • Vorkommen von Abszessen und paravertebralen Exsudaten • Technik: T1/2 nativ, T1FS+Gd,STIR (Suchsequenz) und stark T2‐gew. + FS Frühe infektiöse Spondylodiszitis BWK 8/9 Verlauf einer Spondylodiszitis 04.10 05.11. Spondylodiszitis L3/4 T2 T1 FS FS+KM Spinalstenose durch epiduralen Abszeß Staph.aureus‐Spondylodiszitis mit periossären Abszessen Psoasabszeß Postoperative Spondylodiszitis Die tuberkulöse Spondylodiszitis • WS häufigster ossärer Manifestationsort • In ca 80% ohne Lungenbefall • Häufig thorakolumbaler Übergang,auch Befall von Bögen ,QF,DF • Oft mehrsegmental • Ausgeprägte paraspinale Ausdehnung und WK‐ Destruktionen,Senkungsabszesse • Oft ohne BS‐Beteiligung • Unspezifische Röntgenbefunde • Ähnlichkeit mit Metastasen,Plasmozytom Tuberkulöse Spondylodiszitis BWK 6/7 Konservative Therapie • Indikation: Unspezifische Diszitis und Spondylodiszitis ohne Destruktion der angrenzenden Endplatten oder Wirbelkörper • Durchführung Wenn möglich Erregernachweis (Blutkultur, CT‐ Feinnadelpunktion) i.v. Antibiose für 14 Tage erregerspezifisch Langzeitantibiose für weitere 8 Wochen (z. B. Clindamycin) Anfangs kurzfristige MRT‐Kontrollen (wöchentlich) zum Ausschluß e. Komplikation (epiduraler Abszeß) © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 25 Operative Therapie Indikationen Destruktion der Endplatte(n) Unter Antibiose fortschreitend Abszedierung und Sepsis Ausbreitung nach ventral (Arosion d. großen Gefäße) Neurologische Ausfälle © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 26 Notfall‐Indikation: Epiduraler Abszeß © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 27 Strategie im OP • 1. Kniegelenk: Punktion • 2. Gelenkdebridement • 3.Spinalkanal: Fensterung und Spülung mehrsegmental • 4. Becken: Weichteileingriff mit Debridement, Vacuumversiegelung © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 28 Epiduraler Abszeß • Hohe Entzündungsparameter • Klinische Symptomatik oft erstaunlich blande • Cave: Plötzliche Verschlechterung durch Einbruch in Liquorraum mit fulminanter Sepsis • Letalität 40%!! • Therapie: Fensterung, Spülung, antibiotische Abdeckung © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 29 Ziel der Operation: Radikales Debridement + Stabilität!!! © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 30 Less invasive Approach © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 31 Fallbeispiel: Thorakoskopische Technik 67-jähriger Mann, „LWK 1-Fraktur“ mit zunehmenden Beschwerden und Deformität Spondylodiscitis (Stapylococcus aureus) © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 32 präoperativ © 2008 RBeisse Schön Kliniken postoperativ Seite 33 CT‐Angiogramm Fallbeispiel: Spondylodiscitis LWK 5 Endplate L 4 Synex® cage Left iliac vein Right iliac artery Endplate S 1 ATB-Plate Left iliac vein Right iliac artery Anteriore Rekonstruction Synex® + Anterior Tension Bending Plate® ATB Fallbeispiel: Ventrale Rekonstruktion nach Spondylodiscitis und Infektdebridement über Mini‐Lumbotomie • 33 jähriger Mann • 7/2006 L 1 – A.3.3 Berstungsfraktur • 7/2006 dorso‐ventrale Stabilisation, Interposition eines Knochenspans, Anteriore Stabilisation • 8/2006 Tiefe Infektion: Radiakales Debridement, Interposition eines Platthalters (PMMA+Gentamycin) • 2/2007 ‐ Ventrale Rekonstruktion © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 39 Preoperative situation • One stage Konzept • Lumbotomie • Radikales Debridement • Harms‐Cage mit Spongiosa und Antibiotikum gefüllt (nach bakteriologischem Befund) • Anteriore Instrumentierung (MACS TL ) Stoltze, D. Harms, J. (1997). “Surgical treatment of bacterial spondylitis or spondylodisciitis." Osteosynth Int 5: 257 - 268. Zusammenfassung: Infekte der Wirbelsäule • Krankheitsbild häufiger werden • Klinische Symptomatik häufig unspezifisch • MRT Diagnostikum der Wahl • Konservative Behandlung bei fehlender Destruktion und Komplikation • Operativ: Radikales Debridement und Stabilität hat höchste Priorität! © 2008 RBeisse Schön Kliniken Seite 44 Vielen Dank [email protected] Seite 45