Werbeverbot für die „Pille danach“ Die Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“ in den EU-Mitgliedstaaten bringt nicht nur neue Herausforderungen in der Beratungspraxis mit sich. Zu beachten ist ebenfalls, dass der Bundestag flankierend zu der Entlassung der Präparate ellaOne® und PiDaNa® aus der Verschreibungspflicht am 26.02.2015 im Zusammenhang mit dem Fünften SGB IV – Änderungsgesetz u. a. eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) für Notfallkontrazeptiva verabschiedet hat. Hiernach wurde die Regelung in § 10 Abs. 2 HWG auf Arzneimittel, die zur Notfallkontrarezeption zugelassen sind, erweitert. Das Gesetz ist seit dem 22.04.2015 in Kraft. Damit besteht für Notfallkontrazeptiva ein generelles Öffentlichkeitswerbeverbot. Unzulässig ist somit die Werbung für die genannten Arzneimittel außerhalb der qualifizierten Fachkreise, die in § 10 Abs. 1 HWG ausdrücklich und abschließend benannt sind. Hierzu gehören Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, somit Pharmaunternehmen und Großhändler. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Eindruck entsteht, anstelle der Standardverhütungsmittel stünde in jedem Fall in der Apotheke ohne Verschreibung ein anderes Kontrazeptivum zur Verfügung. Die Vereinbarkeit des deutschen Werbeverbotes mit den Festlegungen in der europäischen Arzneimittelrichtlinie 2001/83/EG, mithin mit dem Gemeinschaftskodex, wird jedenfalls im Bezug auf das zentral zugelassene Arzneimittel ellaOne® durch Juristen angezweifelt. Ein Verstoß gegen die Grundrechte aus Artikel 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) und aus Artikel 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit) wird ebenfalls in Betracht gezogen. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Werbeverbotes ist eine Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht der vom Gesetzgeber für das betreffende Werbeverbot zur Rechtfertigung angebrachten Gründe mit der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungs- sowie Werbe- und gegebenenfalls Meinungsfreiheit eines an der Werbung interessierten Unternehmens vorzunehmen. Demnach kommt es vorliegend entscheidend darauf an, ob die für das Werbeverbot vorgebrachten Argumente, nämlich die Vermeidung der Verleitung zur unsachgemäßen Selbstmedikation, dieses rechtfertigen und ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, einen Fehlgebrauch bzw. einen Missbrauch der Notfallkontrazeptiva zu verhindern. Demnach besteht hier noch erheblicher Klärungsbedarf. Verfasserin: Rechtsanwältin Grit Hofmann Kanzlei Tiefenbacher Chemnitz Telefon: 0371/3 82 26 13