Limitierende Faktoren für BewegungstherapieCOPD Johannes Gutenberg- Universität Mainz, FB02, Sportwissenschaft Seminar: Pneumologische Rehabilitation - Lungensport (WS 06/07) Dozent : Dr. med. M. Schmitz Referent: Markus Groß Einführung COPD gehört zu einer Reihe von Erkrankungen, die durch eine Abnahme des maximal expiratorischen Luftflusses und einer Zunahme des Atmungswiderstandes gekennzeichnet ist. Die Abweichungen reichen von vermindertem Gasaustausch bis zu eingeschränkter Herzfunktion. Diese variieren je nach Schweregrad der COPD und können den Patienten in seiner körperlichen Aktivität einschränken, so dass eine Teilnahme an der Bewegungstherapie nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Im folgenden werden die limitierenden Faktoren für Bewegungstherapie erläutert und diskutiert. Die Teilnahmemöglichkeit am Lungensport hängt ab: (I) • vom Schweregrad der funktionellen Beeinträchtigung durch die obstruktive Atemwegserkrankung • vom Schweregrad der physischen und psychischen Einschränkungen • von Begleiterkrankungen, insbesondere des Herz- Kreislauf- Systems • von der Art der Sauerstoffversorgung des Organismus Æ einschließlich dem Bedarf einer zusätzlichen Sauerstofftherapie Die Teilnahmemöglichkeit am Lungensport hängt ab: (II) • von den Modifikations- und Übertragbarkeitsmöglichkeiten der Übungen Æ Inwieweit können die Übungen an die Voraussetzungen des Patienten angepasst werden? • von motivationalen Aspekten (Compliance) Æ Inwieweit ist der Patient zu aktiver Mitarbeit bereit? • von Kooperationsbereitschaft und mentaler Leistungsfähigkeit (Patientenschulung) • von den Kontextfaktoren (Lebenshintergrund einer Person) • von der Möglichkeit einer ärztlichen Dauerüberwachung Notwendige Untersuchungen vor Aufnahme in den Lungensport • eine körperliche Untersuchung • eine Lungenfunktionsprüfung mit Bronchospasmolysetest • eine arterielle Blutgasanalyse in Ruhe und unter Belastung • ein Ruhe- EKG • ein Belastungs- EKG • ein Röntgenbild der Thoraxorgane Voraussetzungen für die Teilnahme am ambulanten Lungensport • Mindestbelastbarkeit von 50 Watt über 3 min (ggf. 30 min nach Inhalation von 2 Hüben eines rasch wirksamen Beta-2Sympathometikums) • FEV1 > 60% des Sollwertes FEV1 zwischen 40% und 60% des Sollwertes Æ Anwesenheit eines Arztes beim Lungensport erforderlich FEV1< 40% des SollwertesÆ sollten zunächst einer stationären Rehabilitation zugeführt werden (aber: positive Trainingseffekte möglich) Voraussetzungen für die Teilnahme am ambulanten Lungensport • arterieller pO2> 55 mmHg Belsatung (50 Watt) • systolischer Blutdruck < 220 mmHg diastolischer Blutdruck< 120 mmHg unter maximaler Belastung • keine Ischämiezeichen oder bedrohliche Rhythmusstörungen während der Belastung Hauptteil Ausschlusskriterien für die Teilnahme von Patienten am ambulanten Lungensport • koronare Herzkrankheit (KHK) Æberuht auf einer Reduktion der Korronarreseve (Differenz zwischen maximal möglichem und aktuell vorliegendem O2- Verbrauch, dividiert durch die letztgenannte Größe) Æ Arteriosklerose der Koronararterien Æ Einengung der koronaren Strombahn oder durch zusätzliche Thrombenbildung kommt es zu teilweisem oder vollständigem Verschluss von Koronararterienästen Einteilung: - asymptomatische (latente) KHK (sog. stumme Ischämie) - symptomatische (manifeste) KHK ÆAgina pectoris, Herzinfarkt, Linksherzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, akuter Herztod Koronare Herzkrankheit (KHK) Differentialdiagnose Angina pectoris, Herzinfarkt und psychovegetatives Herzsyndrom Schmerzlokalisation auslösbar durch Dauer Angina pectoris meist retrosternal mit vielen körperliche und Ausstrahlungsmöglichkeiten psychische Belastung 3-15 min Herzinfarkt retrosternal, interskapulär körperliche und psychische Belastung > 30 min psychovegetati ves Herzsyndrom punktförmig über dem Herzen meist psychische Belastung; während und nach körperlicher Belastung eher besser Sek.- Std. • dekompensierte Herzinsuffizienz Æ Luftnot (Dyspnoe) oder Wasseransammlungen (Ödeme) treten bereits im Ruhezustand auf • hämodynamisch wirksame Herzrhythmusstörungen Æ es treten Symptome einer zerebralen Durchblutungsstörung, Koronarinsuffizienz (Angina pectoris, Herzinfarkt) sowie Herzinsuffizienz, Schock und kardialen Thromboembolien auf • hämodynamisch bedeutsame Vitien (Herzfehler) Æ Unter einem Herzfehler versteht man eine angeborene oder erworbene Strukturbesonderheit des Herzens oder angrenzender Gefäße, die zu Funktionseinschränkungen des Herz-Kreislauf-Systems oder des Herz-Lungen-Systems führt. • unzureichend eingestellte arterielle Hypertonie Æ Jede die Norm überschreitende anhaltende Steigerung des arteriellen Blutdrucks normaler Blutdruck Stadium 1 Hypertonie Stadium 2 Stadium 3 systolisch < 140 140-159 160-179 > 180 diastolisch > 90 90-99 100-109 > 110 Grenzwerte des normalen systolischen und diastolischen Blutdrucks (in mmHg) und Festlegung der Hypertoniestadien nach der WHL- Definition (1998) • respiratorische Globalinsuffizienz (arterielle Hyperkapnie) Æ arterieller CO2 Partialdruck ist erhöht • bedeutsame respiratorische Partialinsuffizienz (arterielle Hypoxie) (pa O2<50 mmHg bzw. SaO2< 80% in Ruhe) Æ arterieller O2 Partialdruck ist erniedrigt Obwohl zwischen den beiden Arterialisierungsstörungen ein fließender Übergang besteht, ist doch eine Differenzierung wegen der unterschiedlichen Auswirkungen zweckmäßig. Folgen der chronischen respiratorischen Partial- und Globalinsuffizienz Partialinsuffizienz paO2- Erniedrigung (arterielle Hypoxie) Globalinsuffizienz paCO2- Erhöhung (arterielle Hyperkapnie) Euler- LiljestrandMechanismus Hypertrophie d. Media Zyanose Pulmonale Hypertonie Zunahme der Hirndurchblutung Cor Pulmonale Erhöhter Hirndruck Zunahme der Pufferbasen (Teil-) kompensierte respiratorische Azidose • Zustand nach Dekompensation eines Cor pulmonale Cor pulmonale (CP) Bezeichnung für ein Herz, das typische Veränderungen aufweist, die durch eine akute oder chronische Drucksteigerung im Lungenkreislauf (verursacht durch eine Erkrankung der Lunge) entstanden sind. Symptome: Formwandel des Herzens, Hypertrophie der rechten Kammerwand, Verlängerung der Herzachse, Verbreiterung der rechten Kammer, Linksdrehung und Querlagerung des Herzens Einteilung des Cor pulmonale (nach Löllgen 1983 und Daum 1986) Latente pulmonale Hypertonie Normale Ruhedrücke: p(PAsyst) < 30 mmHg p(Pa)= m unter Belastung erhöht > 27,75 mmHg Manifeste pulmonale Hypertonie Erhöhte Ruhedrücke: p(PAsyst) > 30 mmHg Dekompensierte Cor pulmonale Enddiastolischer rechter Ventrikeldruck (RVED) und Füllungsdruck im rechten Vorhof erhöht Pulmonalarterienmitteldruck (mmHg) 100 schwer 80 60 mäßig 40 leicht 20 normal 0 0 4 8 12 16 20 Herzminutenvolumen (Liter/min) Abb.: Beziehung zwischen Pulmonalarteriendruck und Herzminutenvolumen bei Gesunden (normal) und verschiedenen schweregraden der pulmonalen Hypertonie in Ruhe ( ) und bei Belastung (aus Murray 1988) • Hochgradige Lungenfunktionseinschränkungen Einschränkungen der Lungenfunktion: Geringer Grad: • Das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung • statische und dynamische Messwerte um mehr als 1/3 niedriger als die Sollwerte • normaler Sauerstoffdruck in Ruhe und Belastung Mittlerer Grad: • Das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei bereits alltäglicher leichter Belastung • statische und dynamische Messwerte um mehr als 2/3 niedriger als die Sollwerte • zusätzlich: Sauerstoffdruck bei Belastung erniedrigt Schwerer Grad: • Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe • statische und dynamische Messwerte um mehr als 2/3 niedriger als die Sollwerte • zusätzlich: Sauerstoffdruck bereits in Ruhe erniedrigt und unter Arbeitsbelastung nicht ansteigend Weitere Ausschlusskriterien für die Teilnahme von Patienten am ambulanten Lungensport • Rechtsherzbelastung bei pulmonaler Hypertonie in Ruhe (pulmonal- arterieller Mitteldruck > 20 mmHg) • hochgradige Osteoporose • Belastbarkeit auf dem Ergometer < 50 Watt • instabiles Asthma bronchiale, exazerbierte COPD • medikamentös nicht einstellbares Anstregungsasthma • starkes Übergewicht Literaturangaben: • BAUR, X.; PREISSER, A. (2005). Asthma bronchiale und COPD. (2. Auflage) Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH • DE GRYTER, W. (2004). Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. (260. Auflage) Berlin: Walter de Gryter GmbH&Co.Kg • FERLINZ, R. (Hrsg., 2004). Pneumologie in Praxis und Klinik. New York: Thieme • KAISER, U. (1994). Möglichkeiten und Grenzen der Rehabilitation bei chronischen Atemwegserkrankungen. Frankfurt: VAS • LENFANT, C. (2002). Clinical Management of Chronic Obstructive Pulmonary Disease. New York: Marcel Dekker, INC. • SCHMITZ, M. Elemente der ambulanten Rehabilitation bei obstruktiven Atemwegserkrankungen •THEWS, G.; MUTSCHLER, E., VAUPEL, P. (1999). Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. (5. Auflage) Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH • www.lungensport.de • www.versorgungsleitlinien.de/themen/copd/nvl_copd