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Medi Medizinische Akupressur&Qi
Gong
Behandlungsbeispiele
Traditionell chinesische Heilkunde
Die traditionelle chinesische Heilkunde als integratives Modell
für die psychosomatische Medizin
Autor: Jürgen Mücher, Arzt Naturheilverfahren mit Schwerpunkt TCM,
Zertifizierter Psychotherapeut und Supervisor für Bioenergetische Analyse,
Seniorausbilder bei der internationalen JinShinDo®Foundation und Dozent
bei der deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur.
Eine Fallgeschichte
Frau H. ist eine 62jährige Geschäftsfrau, die zum ersten Mal einen naturheilkundlich orientierten Arzt aufsucht. Sie klagt über anfallsweises Herzrasen und
Druckgefühl in der Brust, das insbesondere bei längeren Anstrengungen auftritt.
Ein Internist hat im Belastungs- EKG Ischämiezeichen festgestellt und zu einer
medikamentösen Behandlung geraten.
Dies hat jedoch nicht die ungeteilte Zustimmung ihres Psychotherapeuten gefunden, bei dem sie seit Jahren wegen einer chronischen generalisierten Angststörung in Behandlung ist. Seiner Meinung nach sind die Beschwerden Ausdruck
einer vermehrten emotionalen Belastung, da sie erst in dem Moment aufgetreten
sind, als Frau H. von möglichen Problemen mit ihrer Altersversorgung erfahren
hat. Er geht davon aus, das ein Durcharbeiten der damit verbundenen Ängste
die Symptomatik wieder zum Verschwinden bringt. Die Patientin kommt nun in
der Hoffnung, durch eine „sanftere“, naturheilkundliche Behandlung ihrer Herzbeschwerden einen Mittelweg zwischen beiden Positionen zu finden.
Die Unvereinbarkeit der Gegensätze
Frau H. befindet sich in einem Dilemma, das für die gegenwärtige medizinische
Praxis nicht untypisch ist. Ein Experte für somatische Störungen erhebt einen
„objektiven“ Befund, der auf eine Organkrankheit, in diesem Fall eine Durchblutungsstörung des Herzens, hindeutet. Demgegenüber deutet ein Experte für
psychische Probleme dieselbe Symptomatik aufgrund zeitlicher Zusammenhänge als eine seelische Überlastungsreaktion.
Beide Sichtweisen erscheinen nicht miteinander vereinbar und kommen zu
unterschiedlichen therapeutischen Konsequenzen. Es entsteht eine der Situationen, die nach von Uexküll und Wesiack „dadurch gekennzeichnet (sind), dass
die somatische Medizin (...) behauptet zu wissen, was ‚Körper‘ sei und dass die
psychologische Medizin (...) vorgibt zu wissen, was ‚Seele‘ sei, dass aber keine
sich oder die andere Seite danach fragt, woher sie dieses Wissen haben (1).“
Offensichtlich fehlt den etablierten medizinischen Disziplinen ein gemeinsamer
Ansatz zur Deutung komplexerer Störungen des menschlichen Organismus,
die sich sowohl im seelischen Erleben als auch in organischen Fehlfunktionen
äußern.
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Traditionell chinesische Heilkunde
Ein holistisches Modell des Menschen
Einen solchen dringend benötigten integrativen Ansatz bietet nun die traditionelle chinesische Medizin (TCM) auf der Grundlage von über 3000 Jahren
exakter Beobachtung des Menschen mit seinen körperlichen und seelischen Reaktionen. Für sie ist der Mensch kein isoliertes Individuum, sondern Mittelpunkt
eines Spannungsfeldes zwischen himmlischen YANG- und irdischen YIN-Kräften,
unter deren Einfluss er gedeihen, aber auch erkranken kann. Dies geschieht insbesondere dann, wenn er sich in seiner Lebensführung nicht diesen Einflüssen
anpasst. Die geschilderte Dreigliederung findet sich auch in der chinesischen
Darstellung des Mikrokosmos Mensch wieder, und zwar in Form der sogenannten „Drei Schätze“ (SAN BAO). Dabei entspricht den YANG- Einflüssen der
sogenannte Geist (SHEN), der die Gesamtheit des menschlichen Bewusstseins
repräsentiert. Er wird im Modell der TCM vom Herzen (XIN) beherbergt.
Der Begriff „Herz“, wird also in diesem Modell ähnlich wie in vielen unserer
Sprichwörter im Sinne eines Empfindungs- und Gefühlszentrums verwendet. Er
beschreibt eine Einflusssphäre, die weit über die seiner eigentlichen anatomischen Entsprechung hinausgeht. Ähnliches gilt auch für die anderen Organbezeichnungen in der TCM.
So beherbergen die Nieren (SHEN) einen weiteren der „Drei Schätze“, die
sogenannte Essenz (JING). Dabei handelt es sich um besonders wertvolle, stark
verdichtete YIN- Einflüsse, die Träger von Erbinformationen und Grundlage aller
stofflichen Entwicklungen und Veränderungen im Organismus sind.
Im Unterschied zum westlichen medizinischen Modell sind Geist und Essenz,
die Repräsentanzen des Psychischen und Somatischen im Menschen aber nicht
voneinander getrennt. Sie bilden vielmehr die Endpole eines Kontinuums, die
ständig belebend bzw. ernährend aufeinander einwirken, wie dies in der über
3000 Jahre alten YIN YANG- Lehre beschrieben ist.
Die Vermittlungsinstanz zwischen beiden Polen ist das QI, der dritte der „Drei
Schätze“. Es ist die Quelle aller Bewegungen und Umwandlungen in der Natur
wie auch im Menschen, und tritt sowohl in substantiell-ernährender, als auch in
immateriellgestaltender Form auf. In ausreichender Menge vorhanden garantiert
es die Leistungsfähigkeit des Organismus, allerdings unter der Voraussetzung,
dass es sich frei ausbreiten und entfalten kann. Den freien Fluss des QI erkennt
man am ungestörten Ablauf aller Körperfunktionen sowie am freien und ungehinderten Gefühlsausdruck.
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Damit steht das QI an zentraler Stelle im „psychosomatischen“ Modell der TCM.
Ist es in einem Mangelzustand, so äußert sich das sowohl in reduziertem körperlichem Leistungsvermögen, als auch in verringerter emotionaler Schwingungsfähigkeit. Ist es hingegen in seinem freien Fluss blockiert, so entspricht dies
einerseits einer oft schmerzhaften Stagnation von organismischen Prozessen,
andererseits der Unterdrückung von emotionalem Ausdruck.
Der diagnostische Prozess der TCM
Die Praxis der TCM besteht zunächst darin, die betroffene Person mit ihren Störungen in diesem Kontinuum zwischen YIN und YANG, also zwischen biologisch
determinierter Konstitution und feinstofflichen Geisteskräften, zu beschreiben.
In diesem Zusammenhang gilt es auch, den Zustand des QI möglichst genau zu
erfassen. Diese Zustandsbeschreibung wird dann durch Einbeziehung weiterer diagnostischer Kategorien, insbesondere der Lehre von den Organ-Funktionskreisen, weiter präzisiert. Das Ergebnis ist eine sogenanntes Störungsmuster
(ZHENG), das den Menschen in seiner psychosomatischen Ganzheit erfasst und
die Grundlage einer Behandlung im Sinne der TCM bildet.
Im Falle von Frau H. ergibt eine genauere Befragung in Bezug auf konstitutionelle Faktoren, dass sie als Frühgeburt im Säuglingsalter untergewichtig und im
Kindesalter schwächlich und kränklich war. Diese Entwicklungsstörungen deuten
auf einen angeborenen Mangel an Essenz hin. Da sie aufgrund dieses Mangels
an Substanz im Ernstfall wenig zuzusetzen hatte, ging sie größeren Belastungen
und Herausforderungen möglichst aus dem Weg. So entwickelte sie schon früh
eine furchtsame Reaktionsweise, die durch eine ängstliche, überfürsorgliche
Mutter bestärkt wurde.
Im Sinne der TCM hat also Frau H.‘s Angststörung insofern eine somatische
Grundlage, als eine Schwäche der Essenz (JING) zu psychischen Störungen,
d.h. Symptomen auf der Ebene des Geistes (SHEN) geführt hat. Bei der weiteren
Erörterung der Krankheitsvorgeschichte wird deutlich, dass die Entscheidung
von Frau H. für eine selbständige Tätigkeit ihr Streben nach mehr psychischer
Stabilität auf die Dauer nachhaltig beeinträchtigte. Geschäftliche Misserfolge
führten leicht zum Auftreten von existentiellen Ängsten, die eine langfristige
Psychotherapie erforderlich machten. Gleichzeitig entwickelten sich leichte,
aber störende anfallsweise Schwindelzustände und ein anhaltendes Rauschen
im linken Ohr.
Aus der Sicht der TCM hat Frau H. ihr Leben nicht in dem nötigen Maße im Einklang mit ihren konstitutionellen Möglichkeiten gestaltet und ihren Geist (SHEN)
unangemessen belastet. Derartiger „Stress“ geht auf die Dauer an die „Substanz“,
d.h. führt zu einer zusätzlichen Schwächung der Essenz (JING), was in diesem
Fall zu funktionellen somatischen Störungen führte. Mittlerweile hat dieser Prozess auch das Herzorgan erreicht und zu messbaren Veränderungen geführt.
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Im Sinne der TCM leidet das Herz (XIN) nicht mehr nur in seiner Eigenschaft als
Herberge des Geistes (SHEN) sondern auch als Steuerungsinstanz des Blutflusses unter einer Mangelversorgung mit QI und YIN seitens der geschwächten
Niere (SHEN).
Eine körperliche Untersuchung nach den Regeln der TCM komplettiert die Diagnostik und erlaubt die vollständige Formulierung eines Störungsmusters in Bezug
auf die beiden betroffenen Organ-Funktionskreise. Ein schneller und feiner Puls
sowie eine rote Zunge mit verdünntem Belag deuten auf eine Leere des YIN
hin, während eine drahtigsaitenförmige Pulsqualität in Zusammenhang mit einer
leichten Violettverfärbung des Zungenkörpers auf eine zusätzlich vorhandene
Stagnation des Qi (in diesem Fall vor allem im Brustbereich) hindeutet.
Therapie und Verlauf
Aus der Identifizierung des Störungsmusters ergibt sich in der TCM unmittelbar
die Formulierung von Therapieprinzipen. Im vorliegenden Fall sind dies die
Stärkung des YIN, die Beseitigung von QI -Blockaden und die Beruhigung des
Geistes (SHEN). Die konstitutionelle Schwäche der Essenz (JING) lässt sich nach
so langer Zeit in der Regel nicht mehr beseitigen. Bei Frau H. geht es vielmehr
darum, den weiteren Verlust in Grenzen zu halten. Dazu ist eine Beratung über
eine Veränderung ihrer Lebensumstände erforderlich, in der es darum geht, das
Ausmaß ihrer Aktivitäten ihrer geschwächten Konstitution anzupassen. Hier zeigt
sich die Patientin nicht sehr einsichtig. Es wird deutlich, dass sie sich an der
Leistungsfähigkeit anderer orientiert und ihrer eigenen Grenzen dabei zu überspielen versucht. Ein solches Verhalten ist oft der psychische Aspekt eines YIN
-Leere-Musters (2).
Zur Stärkung des YIN werden in der TCM meist traditionelle Arzneimittel eingesetzt, weil es um die Auffüllung sehr substantieller Anteile des Organismus geht.
Die Patientin erhält über längere Zeit die „Pillen des Himmelskaisers zur Stärkung
des Herzens“ (TIAN WANG BU XIN DAN), die das YIN stärken und den Geist
(SHEN) beruhigen.
Zur Beseitigung von QI -Blockaden ist in der Regel die Akupunktur besonders
wirksam, kommt aber bei Frau H. nicht in Betracht, da der Gedanke an die Nadelung starke Ängste auslöst. Statt dessen erhält sie eine Reihe von Behandlungen
mit MediAkupress Dabei werden dieselben Punkte wie bei der Akupunktur für
jeweils ca. zwei Minuten mit stetigem Fingerdruck gehalten. Da das QI besonders in der Brust stagniert, werden vor allem Punkte in diesem Bereich in Kombination mit Fernpunkten an Armen und Beinen gehalten.
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Im Verlauf einer der ersten Sitzungen kommt es dabei zu einer tiefen Lösung
zurückgehaltener Gefühle. Frau H. beginnt zu schluchzen und spürt die Getriebenheit, die jahrelang ihr Leben bestimmt hat. Ähnliches geschieht in weniger
dramatischer Form auch in den nächsten Sitzungen. Dabei verwandelt sich das
anfangs vorhandene Gefühl der Verzweiflung langsam in eine tiefe Müdigkeit.
Dabei entsteht in Frau H. das Bedürfnis, ihre hohen Ansprüche an sich selbst
endlich loszulassen. Dieser Prozess wird durch ihre fortlaufende Psychotherapie
erleichtert und vertieft.
Nach drei Monaten mit wöchentlichen Behandlungen ist der Druck auf der Brust
verschwunden und ein erneutes Belastungs -EKG zeigt ein altersentsprechendes
Bild. Da sie die Akupressurbehandlungen nicht weiterführen kann, wird Frau H.
die regelmäßige Teilnahme an einer TAI JI QUAN Übungsgruppe empfohlen.
Diese langsame Form des chinesischen Schattenboxens fördert den Fluss des QI
und hilft durch ihren meditativen Aspekt, den Geist zu beruhigen.
Nach weiteren zwei Monaten berichtet Frau H., dass sie sich deutlich ruhiger
fühlt und angstauslösenden Situationen besser gewachsen ist. Es sind in letzter
Zeit keine Anfälle von Herzrasen mehr aufgetreten und auch die Schwindelzustände sind weniger geworden. Das Ohrgeräusch ist durch die Therapie nicht
beeinflusst worden. Der Patientin wird empfohlen, die traditionell-chinesische
Arzneitherapie mit reduzierter Dosierung noch für weitere drei Monate fortzusetzen und ihre täglichen TAI JI Übungen möglichst auf die Dauer beizubehalten.
Zusammenfassung
Am Beispiel von Frau H. sollte gezeigt werden, dass die TCM alle Anforderungen erfüllt, die die moderne psychosomatische Medizin an ein integratives
Modell stellt, in dem seelische und körperliche Beschwerden nicht unvermittelt
nebeneinander stehen, sondern als zwei Seiten der gleichen Medaille gesehen
werden. Dabei spielt das QI als einheitlicher Wirkungsvermittler im psycho-somatischen Kontinuum nicht nur diagnostisch sondern auch therapeutisch eine
entscheidende Rolle.
Seine Existenz kann zwar nicht gemessen werden, wird aber, wie bei Frau H., in
therapeutischen Situationen oft sehr intensiv erlebt. Dies ist möglich als Nadelgefühl (DE QI) bei der Akupunktur, als strömendes Gefühl beim TAI JI bzw. QI
GONG oder als befreiter emotionaler Ausdruck (3). Sie, wie auch viele andere
Patienten, erlebt die Wiederherstellung des freien QI -Flusses durch die verschiedenen Behandlungsmethoden der TCM im selben Maße als Harmonisierung
gestörter Organfunktionen wie als Veränderung ihres seelischen Erlebens. Diese
Gleichzeitigkeit ermöglicht nicht nur dem Behandler, sondern auch der behandelten Person selbst eine vertiefte Einsicht in die Zusammenhänge zwischen
Soma und Psyche. Damit bildet sie eine wichtige Grundlage für Veränderungsprozesse in Richtung auf mehr körperliche und seelische Gesundheit.
Fußnoten:
(1) Uexküll, Thure von,
Psychosomatische Medizin,
München 1990, S.8
(2) Kaptchuk, Ted, Vorlesungen über traditionelle chinesische Arzneitherapie, Haarlem
1993
(3) Mücher, Jürgen, Schmerzverständnis nach der traditionellen chinesischen
Medizin und Bioenergetik, in:
Pothmann, Raymund (Hrsg.),
Systematik der Schmerzakupunktur, Stuttgart 1996, S.
38-46 DIE TRADITIONELLE
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