Depression: Biopsychologische Therapieansätze 1 Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Depression: Biologische Therapieansätze 2 Gliederung: Einleitung Lichttherapie, nicht nur bei Winterdepression Therapeutische Anwendung von Schlafentzug Transkranielle und invasive Hirnstimulationsverfahren fMRT Neurofeedback Studie Diskussion Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Ein praktischer Eindruck aus Schweden 3 http://www.youtube.com/watch?NR=1&v=JMzIKX Ondj8&feature=endscreen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Lichttherapie – nicht nur bei Winterdepression 4 Saisonale Depression (SAD) Zu welchem Zeitpunkt? Wie lange ist die Dauer der Therapie? Wie wirkt Lichttherapie? Empirische Evidenz bei nichtsaisonaler Depression Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Lichttherapie – nicht nur bei Winterdepression 5 Neben psychosozialen Zeitgebern ist der Tag-NachtRhythmus ein wichtiger Faktor Optimierung und Koordination von physiologischen Prozessen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Wirksamkeit in Abhängigkeit von Tageszeit der Behandlung (% der Patienten mit voller Remission) 6 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Morgendämmerung Frühe Morgenstunden Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Abend Plazebo http://www.cet.org/ 7 Wie lässt sich die innere Uhr praxisgerecht bestimmen? Phasenverzögerung im Tagesrhythmus kann so korrigiert werden Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Epiphyse produziert nachts Melatonin, Bestimmung der schwankenden Melatoninwerte noch kein festes Diagnosewerkzeug Wie wirkt Lichttherapie? 8 Nucleus suprachiasmaticus (unsere innere Uhr) Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Wie wirkt Lichttherapie? 9 Nucleus suprachiasmaticus (unsere innere Uhr) Tagsüber indirekt über eine GABAerge Hemmung von Melatoninsynthese nachts eine GLUTAMATerge Stimulation der Melatoninfreisetzung Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Epiphyse Can light therapy help with major depression? 10 http://www.youtube.com/watch?v=d4DCyRsbjtE Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Ausgewählte Studien 11 Zwei plazebokontrollierte Studien aus 2003 und 2004 Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Morning light treatment hastens the antidepressant effect of citalopram 12 (Benedetti, Colombo, Pontiggia, Bernasconi, Florita, Smeraldi, 2003) Lichttherapie zusätzlich zur medikamentösen Behandlung mit citalopram Uni und bipolare Depression Dauer: 4 Wochen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Morning light treatment hastens the antidepressant effect of citalopram 13 30 min. Lichttherapie bei 400 LUX Plus Citalopram (n=18) 30 min. Placebo Behandlung Plus Citalopram (n=12) Ergebnis: In allen Messverfahren, (z.B. Hamilton Depression Scale) konnten signifikante Stimmungsverbeserungen durch Lichttherapie + SSRI gefunden werden Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Adjunctive Bright Light in Non-Seasonal Major Depression 14 Dauer: 5 Wochen Guppe 1: Lichttherapie 10 000 LUX, 1h täglich Gruppe 2: Placebo, 50 LUX, 30 min täglich Beide Gruppen: Sertraline (SSRI) zusätzlich Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Ergebnisse: 15 Placebo Gruppe 2 : n=54 Treatment Gruppe 1: n= 48 Auf allen Skalen größere Reduktion der Depression in Gruppe 1, als Gruppe 2 HAM-D6 zeigte größte Verbesserung Trotz Unterschieden in den beiden Studien, zeigen beide gute Wirksamkeit Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Fazit für Lichttherapie 16 Wirkt schnell, sehr Kostenarm, kaum Nebenwirkungen Gute Evidenz als Kombinationstherapie für nichtsaisonale Depression und SAD mit SSRI Außerdem in vielen Indikatoren wirksam, z.B. durch Vermeidung von Schlafphasen am Tag, bessere soziale Reintegration möglich, oder auf Station Basisbeleuchtung von mind. 500 LUX eventuelle Untergruppen wo LT alleine wirkt Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Für die Diskussion später… 17 http://www.youtube.com/watch?v=RMXiafX-D7U Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Schlafentzug 18 Walter Schulte (1910 – 1972): Auf eine schlaflose Nacht folgt eine Verbesserung der depressiven Symptome am nächsten Tag Erste systematische Untersuchung Alle 23 Patienten mit endogener Depression zeigten eine positive Reaktion auf Schlafentzug Bis dahin galt die Annahme, Schlafentzug (SD) könne eine depressive Episode hervorrufen SD kann manische oder hypomane Phasen triggern Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Dauer des therapeutischen Effekts 19 Teilweise nur wenige Stunden Meistens bis Ende des Tages nach SD Nach Erholungsschlaf entwickeln 50 – 80% der Responder ein Rezidiv Tag-2-Responder: Effekt kann einige Tage anhalten, meist zwischen 4 und 7 Tagen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Methoden des Schlafentzugs 20 SD Tag -1 7:00 Tag 0 17:00 Nacht 0 23:00 7:00 40 h Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Tag 1 Nacht 1 Tag 2 23:00 Methoden des Schlafentzugs 21 Standardbehandlung: totaler Schlafentzug (TSD) 7:00 17:00 23:00 7:00 40 h Ca. 60% der Patienten zeigt eine Verbesserung der depressiven Symptomatik am darauffolgenden Tag Responder Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin 23:00 Methoden des Schlafentzugs 22 Alternativen zum totalen Schlafentzug (TSD): Selektiver REM-Schlafentzug die Menge des Schlafes ist wichtiger als die Art des Schlafes Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Methoden des Schlafentzugs 23 Später partieller Schlafentzug (L-PSD) 7:00 17:00 1:30 7:00 23:00 ~20 h Zu Bett gehen zu gewohnter Zeit Aufwecken um 1:30 & Wachbleiben bis zum nächsten Abend Angenehmer für Patienten als TSD Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Methoden des Schlafentzugs 24 Partieller Schlafentzug in der ersten Hälfte der Nacht (early PSD) 7:00 17:00 1:30 8:30 Wachbleiben bis 1:30 7 Stunden Schlaf In der einzigen Studie, in der die totale Schlafdauer gleichgehalten wurde, erwiesen sich früher und später Schlafentzug als gleich effektiv Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin 23:00 Die Rolle des Schlafes beim Rezidiv nach SD 25 Die meisten Rezidive am Morgen nach Erholungsschlaf wegen Schlaf an sich oder wegen Zeit, die verstrichen ist Rezidiv auch bei Patienten, die wach geblieben sind würde dafür sprechen, dass es an der verstrichenen Zeit liegt aber EEG: Patienten hatten microsleep Fast unmöglich, microsleep bei Rezidiven auszuschließen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Die Rolle des Schlafes beim Rezidiv nach SD 26 Befunde gegen die Rolle des Schlafes bei Rezidiven, z.B.: In vielen Fällen kein Rezidiv trotz Erholungsschlaf und ohne weitere Therapie Tag-2-Responder Frühe und späte SD gleich effektiv Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Therapiekombinationen 27 Pharmakotherapie „sleep phase advance“ 60 – 75% der Patienten zeigen mit dieser Prozedur einen positiven Effekt bei TSD Auch Nicht-Responder zeigen teilweise positiven Effekt keine Modifikation von SD, sondern eigene Therapieform Lichttherapie Verhaltenstherapie TMS Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Prädiktoren des therapeutischen Erfolgs 28 Vielfalt der Symptome Patienten mit vielfältigen Symptomen sprechen besser auf SD an , als Patienten mit stabiler Symptomatik Schweregrad der Depression Einige Studien zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen Schweregrad der Depression & Ansprechen auf SD Polarität Kein statistischer Zusammenhang zwischen Polarität & Ansprechen auf SD Es scheint, als würden bipolare Patienten besser ansprechen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Wie wirkt SD therapeutisch? 29 Noch keine einheitliche Erklärung der Wirkung Ausmaß des Wachseins an sich ist ausschlaggebend Zwar Limit, ab dem keine effektivere Wirkung mehr möglich, aber bis dahin positiver Zusammenhang zwischen Anzahl der wachen Stunden um dem therapeutischen Effekt Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin SD als Schocktherapie 30 Schnelles Einsetzen der Wirkung von SD charakteristisch Kurzfristige Besserung depressiver Symptome auch nach besonderen Belastungen oder starkem Stress Eventuelle Parallelen bzgl. biologischer Prozesse bei EKT und SD Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Fazit - Schlafenzug 31 Wirkweise noch ungeklärt Wirkung nicht sehr langanhaltend Sehr aufwendig eher in Forschung als in Praxis v.a. bei besonders schweren Depressionen vielversprechend Kombinationstherapien Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Transkranielle & invasive Hirnstimulationsverfahren 32 Elektrokonvulsionstherapie Magnetkonvulsionstherapie repetive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) Tiefe Hirnstimulation Vagusnervstimulation Epidurale kortikale Stimulation Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Transkranielle Hirnstimulationsverfahren Elektrokonvulsionstherapie 33 Kontroverse Therapiemethode Hohe Wirksamkeit aber nicht langanhaltend Risiko: Nebenwirkungen Für: Patienten mit schweren Depression die nicht auf Medikamente reagieren Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Transkranielle Hirnstimulationsverfahren TMS/rTMS 34 • • • • Hochfrequente Stimulation des linken DLPFC Große Hoffnung Gute Verträglichkeit & hohe Sicherheit Nicht empfohlen für schwere oder psychotische Depressionen Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Transkranielle Hirnstimulationsverfahren tDCS 35 Anodale Stimulation des linken DLPFC Vielversprechend Langanhaltende Effekte Forschungsstadium Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Transkranielle Hirnstimulationsverfahren Magnetkonvulsionstherapie 36 Weiterentwicklung der rTMS Ähnlich wie EKT aber geringere Nebenwirkungen Hohe Wirksamkeit Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Invasive Hirnstimulationsverfahren Tiefe Hirnstimulation 37 Implantiert z.B. im subgenualen Gyrus cinguli oder Nucleus accumbens • • • Hohe & anahaltende Wirksamkeit Risiko: Verletzung von Hirngewebe Für: Patienten mit schweren Depressionen & Therapieresistenz Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Invasive Hirnstimulationsverfahren Epidurale kortikale Stimulation 38 Stimulationselektroden durch die Schädeldecke auf der Dura mater über dem kortikalen Zielareal Genauere & kontinuierlichere Stimulation vs. TMS Tangiert kein Hirngewebe Forschungsbedarf Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Invasive Hirnstimulationsverfahren Vagusnervstimulation 39 N. vagus involviert in der Entstehung & Modulation von Emotionen Nichtinvasive Variante: transkutane VNS Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Fazit für Hirnstimulationsverfahren 40 Verfahren entwickeln sich zur 3. Säule in der Therapie von Depressionen EKT = bewährt aber erfährt möglicherweise eine Weiterentwicklung mit der MKT rTMS = vielversprechende Ergänzung tDCS, THS, ECS, MKT Forschungsbedarf/ Forschungsstadium Ziel Kombination von Pharmakotherapie, psychotherapeutische Verfahren & Stimulationsverfahren Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin fMRI Neurofeedback 41 Ziel: Kombination von psychologischen & neurobiologischen Verfahren Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin fMRI Neurofeedback Methode I 42 Klinisches Interview Hamilton Depression Rating Scale (HDRS) Reward sensitivity (BIS/BAS) Metacognitive dispositions (TCQ & TCAQ) Start & Ende jeder Sitzung: Profile of Mood States (POMS) Positive Affect Negative Affect Schedule (PANAS) Nach den 4 Sitzungen: HDRS Neurofeedback Group vs. Imagery Group (Kontrolle) Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin fMRI Neurofeedback Methode II 43 Lokalisation Neurofeedback Protokoll Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin fMRI Neurofeedback Ergebnisse 44 Fazit: Kombination ist möglich & effektiv Realistisch für die Praxis? Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Diskussion 45 Was haltet ihr von diesen Therapiemethoden? Schlafentzug Lichttherapie Transkranielle & invasive Hinstimulation Haltet ihr Lichttherapie an öffentlichen Plätzen für eine sinnvolle Investition? Würdet ihr invasive Hirnstimulationsverfahren in Betracht ziehen? Welche Therapiemethode wäre für euch die erste Wahl? Theresa Filser, Angélique Höfler, Zita Bandelin Literaturverzeichnis 46 Benedetti, F., Colombo, C.C., Pontiggia, A., Bernasconi, A., Florita, M., et al. (2003). Morning light treatment hastens the antidepressant effect of citalopram. Journal of Clinical Psychiatry, 64, 648-653. Giedke, H., & Schwärzler, F. (2002). Therapeutic use of sleep deprivation in depression. Sleep Medicine Reviews, 6(5), 361-377. Linden, D.E., Habes, I., Johnston, S.J., Linden, S., Tatineni, R., et al. (2012). Real-Time Self-Regulation of Emotion Networks in Patients with Depression. PLoS ONE, 7(6), e38115. Martiny K. (2004). 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