Kampf gegen Keime

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Neues Deutschland vom 28.09.2010
19
Inland
Berlin-Ausgabe
Von Elfi Schramm
Kampf gegen Keime
Zahl der Klinikinfektionen ist zu hoch
Der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) hat erneut zur Aktion »Saubere Hände!« aufgerufen. Der Grund:
Jährlich sterben bis zu 50 000 Patienten
an Infektionen, die sie sich in einer Klinik zuzogen.
Brigitte N.* steht eine Blinddarmoperation bevor. Weil sie davon gehört hat,
dass es multiresistente Krankenhauskeime gibt, die zu lebensgefährlichen
Infektionen führen können, ruft sie vorher in der Berliner Schlossparkklinik an,
dem Krankenhaus ihrer Wahl, und fragt
nach der Infektionsgefahr in diesem
Hause. Sie wird mit einer Hygieneschwester verbunden. Die informiert sie
darüber, dass die Hygieneordnung des
Hauses das Verhalten des medizinischen Personals regelt. Es würden
immer wieder Hygienekontrollen durchgeführt. Vergleichszahlen aus dem
Nationalen Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen (im Krankenhaus erworbenen) Infektionen belegen, dass diese Klinik ein geringes
Infektionsrisiko aufweist. Das sind für
Brigitte N. wichtige Informationen für
die Wahl ihres Krankenhauses, denn
nicht alle haben beispielsweise eine solche Hygieneverantwortliche.
Probleme mit Krankenhauskeimen gibt
es seit Bestehen dieser Einrichtungen.
© 2010 PMG Presse-Monitor GmbH
Mit neuen invasiven diagnostischen und
therapeutischen Verfahren können neue
Infektionen auftreten. Rationalisierung
und Personalabbau können die Hygienesituation verschlechtern. »Vor jedem
Betreten eines Krankenzimmers müssen
die Hände desinfiziert werden«, fordert
BDI-Vorstandsmitglied Prof. Jürgen
Riemann. Es sei notwendig, »dass an
jedem Krankenhaus qualifizierte
Hygiene-Fachkräfte vorhanden sein
müssen«.
Das Risiko einer nosokomialen Infektion ist insbesondere auf den Intensivstationen hoch. Hier treten Lungenentzündungen, bakterielle Blutvergiftungen oder Harnwegsinfektionen gehäuft
auf. Die Übertragung kann durch medizinische Geräte wie Katheter und
Schläuche erfolgen. Legt ein Arzt beispielsweise einem Patienten einen Blasenkatheter, können auf diesem Weg
Keime aus der Umwelt in die Harnröhre des Kranken gelangen. Ähnliches
gilt für Beatmungsgeräte. Hier ist auf
eine strenge Mundhygiene mit desinfizierenden Spüllösungen sowie die
Anwendung spezieller Beatmungsschläuche zu achten, »die verhindern,
dass mit Bakterien kontaminierte Flüssigkeiten aus der Mundhöhle und dem
Rachenraum in die Luftröhre und damit
in die Lunge gelangen und eine Pneumonie auslösen«, so Oberärztin Dr.
med. Maria Deja von der Charité. Bis zu
90 Prozent der Pneumonien treten bei
Patienten auf, die mit einer Maschine
beatmet werden. Das sind ca. 15 000
Patienten pro Jahr.
Nur hohes Wissen und regelmäßige
Schulungen des medizinischen Personals werden dazu führen, die geforderten Regelungen im Klinikalltag rund um
die Uhr einzuhalten, sind sich die
Experten einig, die Mitte September auf
einem Kongress in Berlin über unzureichende Hygienemaßnahmen diskutierten. Sie fordern regelmäßiger Überprüfungen von Hygienemaßnahmen wie die
Kontrolle des Verbrauchs von Händedesinfektionsmitteln. Unnötige Beatmungstage sollten vermieden werden,
aber auch die Gabe von Schmerz- und
Schlafmitteln. Je länger ein Patient diese
Medikamente bekommt, desto größer ist
die Gefahr einer Infektion, die ihn nicht
nur erheblich belastet, seine Verweildauer im Krankenhaus verlängert, sondern im schlimmsten Fall zum Tode
führt.
*Name ist der Redaktion bekannt
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