Ausarbeitung des Fragenkatalogs Medizinische Physik SS 08

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Medizinische Physik
WS 07/08 und SS 08
Günther Schauberger
Zusammenfassung von
M-Th. Tschurlovits1
1
Kontakt: E-Mail: [email protected], Web: http://www.mth.at.tt
Einleitung
Diese Zusammenfassung wurde anhand des im SS 08 von Prof. Schauberger
veröffentlichten Fragenkatalogs für die Diplomprüfung aus Medizinischer Physik
erstellt.
Die Inhalte (Text und Bilder) wurden größtenteils folgenden Quellen entnommen
und wurden auch bei 1:1-Übernahme aus Zeitmangel nicht als direkte Zitate
gekennzeichnet:
− Schauberger, Günther: Vorlesungsfolien zu Grundlagen Medizinischer Physik
(WS 07/08)
− Schauberger, Günther: Vorlesungsfolien zu Medizinische Physik (SS 08)
− Schneider, Gerold: Physik. Trauner Verlag, 2006
− Meyer, Lothar: Duden – Abitur Physik. Paetec, 2003
− Trautwein, Alfred: Physik für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten. De Gruyter,
2004
− Wikipedia, die freie Enzyklopädie: http://de.wikipedia.org
− Med4You:
http://www.med4you.at/laborbefunde/techniken/lbef_techniken.htm
− ChemgaPedia: http://www.chemgapedia.de/
2/210
A Grundlagen
1 Freier Fall
1.1 Theorie als Modell
Eine Theorie ist ein vereinfachtes Bild eines Ausschnitts der Realität. Das Bild dient
zur Beschreibung und Erklärung des Ausschnitts der Realität. Die Theorie soll die
Grundlage für Prognosen und Handlungsempfehlungen liefern.
Jeder Theorie liegen mehr oder weniger deutlich formulierte Annahmen zugrunde.
Es lassen sich Alltagstheorien und wissenschaftliche Theorien unterscheiden.
Wissenschaftliche Theorien weisen einen höheren Grad von Bewusstheit, eine
ausdrückliche Formulierung und einen größeren Umfang auf. Außerdem erfolgt oft
eine systematische Beobachtung, die der empirischen Prüfung der Theorien dient.
1.2 Größen zur Beschreibung von Bewegungen
1.2.1 Ort
Der Ort x an dem sich ein Körper befindet ist seine Lage in einem Bezugssystem zu
einem bestimmten Zeitpunkt t.
Darstellung: x-t-Diagramm
1.2.2 Weg
Formelzeichen: s (Vektorielle Größe)
SI-Einheit: Meter [m]
Darstellung: Weg-Zeit-Diagramm, s-t-Diagramm
Die Bahn eines Körpers wird aus allen Orten gebildet, die er bei seiner Bewegung
durchlaufen hat. Bei der Bewegung eines Körpers auf einer Bahn legt er einen Weg
zurück.
Der Weg s gibt an, wie groß die Länge der Bahn zwischen zwei Orten bei einer
Bewegung ist.
Der Weg kann, muss aber nicht identisch mit der Ortsveränderung (beschrieben
durch Ortsvektoren) sein. Bewegt sich ein Körper z.B. auf einer Kreisbahn legt er
zwar einen Weg zurück, bei einem vollständigen Umlauf ist die Ortsveränderung aber
null, da Startort und Zielort sind.
1.2.3 Geschwindigkeit
Formelzeichen: v (Vektorielle Größe)
SI-Einheit: Meter/Sekunde [m/s]
Messung: Tachometer
Die Geschwindigkeit v gibt an, wie schnell oder langsam sich ein Körper bewegt.
3/210
Durchschnittsgeschwindigkeit: Mittlere Geschwindigkeit, die sich aus dem
Betrag des Weges und der dafür benötigten Zeit ergibt. Anstieg der Sekante durch
zwei Punkte (Abstand Δt) eines Weg-Zeit-Diagramms.
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Δs
v=
s ... Weg [m]
Δt
t ... Zeit [s]
Momentangeschwindigkeit: Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Anstieg der Tangente in einem Punkt eines Weg-Zeit-Diagramms.
a ... Beschleunigung [m/s²]
Δ s ds
v = lim
=
= s'
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Δt →0 Δt
dt
t ... Zeit [s]
1.2.4 Beschleunigung
Formelzeichen: a (Vektorielle Größe)
SI-Einheit: Meter/Sekunde² [m/s²]
Messung: Beschleunigungsmesser
Die Beschleunigung a gibt an, wie schnell oder langsam sich die Geschwindigkeit
eines Körpers ändert.
Bahnbeschleunigung: Beschleunigung, die sich auf Geschwindigkeitsänderungen
längs einer Bahn bezieht. Sie ergibt sich aus der Änderung des Betrages der
Geschwindigkeit längs der Bahn in einem Zeitintervall.
Radialbeschleunigung: Beschleunigung, die durch die Änderung der Richtung der
Geschwindigkeit eines Körpers zustande kommt.
Mittlere Beschleunigung: Mittlere Beschleunigung, die sich aus dem Betrag der
Geschwindigkeit in einem Zeitintervall ergibt.
a ... Beschleunigung [m/s²]
Δv
a=
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Δt
t ... Zeit [s]
Augenblicksbeschleunigung: Beschleunigung in einem sehr kleinen Zeitintervall.
a ... Beschleunigung [m/s²]
Δv dv
d2s
a = lim
=
= v ' = 2 = s ''
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Δt →0 Δt
dt
dt
t ... Zeit [s]
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1.3 Bewegungsarten
Abbildung 1: Übersicht über verschiedene Bewegungsarten
1.3.1 Gleichförmige Bewegung
Gleichförmige geradlinige Bewegung
Ein Körper bewegt sich auf einer geraden Bahn mit einer konstanten
Geschwindigkeit.
Beispiel: Packerl auf einem Förderband, Person auf einer fahrenden Rolltreppe
Weg-Zeit-Diagramm: Weg und Zeit sind einander proportional.
s ~ t bzw.
s ... Weg [m]
s = v ⋅ t + s0
v ... Geschwindigkeit [m/s]
s
= const
t ... Zeit [s]
t
s0 ... Anfangsweg [m]
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Abbildung 2: Im Weg-Zeit-Diagramm einer gleichförmigen geradlinigen Bewegung sind Weg und
Zeit einander proportional, es ergibt sich eine Gerade. Diese entspringt bei nicht vorhandenem
Anfangsweg dem Ursprung, ansonsten beginnt sie beim Wert des Anfangsweges auf der y-Achse.
Der Anstieg ist gleich der Geschwindigkeit.
Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm: Der Quotient aus zurückgelegtem Weg und
der dafür erforderlichen Zeit, d.h. die Geschwindigkeit, ist.
v ... Geschwindigkeit [m/s] = const.
s
v=
s ... Weg [m]
t
t ... Zeit [s]
Abbildung 3: Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm einer gleichförmigen geradlinigen Bewegung. Im
Diagramm ergibt sich eine Gerade, die parallel zur Zeitachse t verläuft. Die Fläche unter der
Kurve entspricht dem zurückgelegten Weg.
Beschleunigung-Zeit-Diagramm: Die Beschleunigung längs der Bahn ist null.
Im Diagramm ergibt sich daher eine Gerade, die mit der Zeitachse t zusammenfällt.
6/210
Abbildung 4: Beschleunigung-Zeit-Diagramm einer gleichförmigen geradlinigen Bewegung. Die
Beschleunigung längs der Bahn ist null. Im Diagramm ergibt sich daher eine Gerade, die mit der
Zeitachse t zusammenfällt.
Gleichförmige Kreisbewegung
Ein Körper bewegt sich mit dem gleichen Betrag der Geschwindigkeit auf einer
Kreisbahn, der Bahngeschwindigkeit v [m/s].
v ... Bahngeschwindigkeit [m/s] = const.
s 2π ⋅ r
v= =
= 2π ⋅ r ⋅ f
s ... Weg [m]
t
τ
t ... Zeit [s]
r ... Radius [m]
τ ... Periodendauer (Umlaufzeit) [s]
f ... Frequenz [s-1]
Eine gleichförmige Kreisbewegung lässt sich auch mit der Winkelgeschwindigkeit
ω [s-1] beschreiben.
ω ... Winkelgeschwindigkeit [s-1] = const.
Δϕ 2π
ω=
=
= 2π ⋅ f
ϕ ... Winkel [ ]
Δt
τ
t ... Zeit [s]
τ ... Periodendauer (Umlaufzeit) [s]
f ... Frequenz [s-1]
Die Winkelgeschwindigkeit wird im Bogenmaß angegeben:
π
360° 2π 180° π 90°
2
Zusammenhang zwischen Bahngeschwindigkeit und Winkelgeschwindigkeit:
v = ω⋅ r
v ... Bahngeschwindigkeit [m/s]
ω ... Winkelgeschwindigkeit [s-1]
r ... Radius [m]
Da sich bei einer gleichförmigen Kreisbewegung ständig die Richtung der
Geschwindigkeit ändert handelt es sich um eine beschleunigte Bewegung. Für diese
Richtungsänderung ist eine Kraft erforderlich, die in Richtung Zentrum der
Bewegung wirkt und eine Beschleunigung in diese Richtung hervorruft, die
Zentripetalbeschleunigung. Sie ist immer senkrecht zur Bahngeschwindigkeit v
und damit stets radial, d.h. in Richtung Kreismittelpunkt M gerichtet.
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v2
= ω2 ⋅ r
aR =
r
a R ... Zentripetalbeschleunigung [m/s²]
v ... Bahngeschwindigkeit [m/s]
r ... Radius [m]
ω ... Winkelgeschwindigkeit [s-1]
1.3.2 Ungleichförmige Bewegung (Beschleunigte oder verzögerte
Bewegung)
Gleichmäßig beschleunigte geradlinige Bewegung
Ein Körper bewegt sich mit einer konstanten Beschleunigung auf einer geraden Bahn.
Weg-Zeit-Diagramm: Der zurückgelegte Weg ist dem Quadrat der Zeit
proportional.
s ... Weg [m]
a
s ~ t 2 bzw.
s = t2
t ... Zeit [s]
s a
2
= = const
a ... Beschleunigung [m/s²]
2
t
2
Abbildung 5: Im Weg-Zeit-Diagramm einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist der
zurückgelegte Weg dem Quadrat der Zeit proportional. Es ergibt sich ein parabelförmiger Graph.
Der Anstieg des Graphen ist gleich der Augenblicksgeschwindigkeit.
Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm: Die Geschwindigkeit ist der Zeit proportional.
Der Quotient aus Geschwindigkeit und Zeit ist gleich der konstanten Beschleunigung.
v = a⋅t
v ~ t bzw.
v ... Geschwindigkeit [m/s]
a ... Beschleunigung [m/s²] = const.
v
= a = const
t ... Zeit [s]
t
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Abbildung 6: Im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist
die Geschwindigkeit der Zeit proportional. Es ergibt sich eine Gerade durch den
Koordinatenursprung. Der Anstieg des Graphen ist gleich der Beschleunigung, die Fläche unter
dem Graphen ist gleich dem zurückgelegten Weg.
Mit Anfangsweg s0 und Anfangsgeschwindigkeit v0 :
a 2
t + v0 ⋅ t + s0
2
v = a ⋅ t + v0
s=
Beschleunigung-Zeit-Diagramm: Es ergibt sich eine Gerade die parallel zur tAchse verläuft. Die Fläche unter dem Graphen ist gleich der Geschwindigkeit.
Abbildung 7: Beschleunigung-Zeit-Diagramm einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung. Es
ergibt sich eine Gerade die parallel zur t-Achse verläuft. Die Fläche unter dem Graphen ist gleich
der Geschwindigkeit.
1.4 Freier Fall
1.4.1 Freier Fall ohne Reibung
Der freie Fall ist eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung, die durch das
Schwerefeld der Erde bedingt ist:
v ... Geschwindigkeit [m/s]
dv
= g = const
t ... Zeit [s]
dt
g ... Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s²
Durch ein- bzw. zweimaliges Integrieren erhält man die Geschwindigkeit des Körpers
bzw. den zurückgelegten Weg:
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v = v0 + g ⋅ t
s = s0 + v0 ⋅ t +
v0 ... Anfangsgeschwindigkeit [m/s]
s 0 ... Anfangsweg [m]
g 2
2s
t mit t =
2
g
1.4.2 Freier Fall mit Stokes-Reibung
Für kleine Geschwindigkeiten ist der Luftwiderstand proportional zur
Fallgeschwindigkeit:
FR = −β ⋅ v
FR ... Reibungskraft [kg m s-2]
β ... Proportionalitätsfaktor [kg/s]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Beispiel: Blutsenkung (d.h. diese Gesetze sind auch auf Flüssigkeiten anwendbar)
Differentialgleichung der Kräfte
d 2s
dv
m 2 =m
= mg − βv
dt
dt
s ... Weg [m]
t ... Zeit [t]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
m ... Masse [kg]
g ... Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s²
β ... Proportionalitätsfaktor [kg/s]
Grenzgeschwindigkeit
Die Grenzgeschwindigkeit ist die beim Freien Fall aufgrund der entgegengesetzt
wirkenden Reibung maximal erreichbare Geschwindigkeit.
mg
v∞ ... Grenzgeschwindigkeit [m/s]
v∞ =
β
m ... Masse [kg]
g ... Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s²
β ... Proportionalitätsfaktor [kg/s]
1.4.3 Freier Fall mit Luftwiderstand (Turbulenter Fall)
Bei höheren Geschwindigkeiten ist der Luftwiderstand proportional zum Quadrat der
Fallgeschwindigkeit. Innerhalb der Luftströmung kann es auch zur Wirbelbildung
kommen.
FR ... Reibungskraft [kg m s-2]
FR = −k ⋅ v 2
k ... Proportionalitätsfaktor [kg/m]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Beispiel: Fallschirmspringer
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Differentialgleichung der Kräfte
d 2s
dv
m 2 =m
= mg − kv 2
dt
dt
s ... Weg [m]
t ... Zeit [t]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
m ... Masse [kg]
g ... Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s²
β ... Proportionalitätsfaktor [kg/m]
Grenzgeschwindigkeit
v∞ =
mg
1
mit k = c w ρA
2
k
v∞ ... Grenzgeschwindigkeit [m/s]
m ... Masse [kg]
g ... Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s²
k ... Proportionalitätsfaktor [kg/m]
c w ... Luftwiderstandsbeiwert []
ρ ... Dichte des Mediums [kg/m³]
A ... Fläche des Körpers [m²]
Luftwiderstandsbeiwert
Dimensionsloses Maß für den Strömungswiderstand eines von einem Fluid (Gase,
Flüssigkeiten) umströmten Körpers.
1.4.4 Anwendbarkeit der Gesetze
Der Fall eines Steines aus 20 m Höhe oder der Sprung einer Person von einem 10-mTurm können als freier Fall betrachtet werden, da in diesen Fällen der
Luftwiderstand vernachlässigt werden kann.
Für einen am Fallschirm schwebenden Fallschirmspringer sind die Gesetze des freien
Falls nicht anwendbar, weil in diesem Fall der Luftwiderstand nicht vernachlässigt
werden kann. Auch für Regentropfen gelten die Gesetze des freien Falls nicht. So
erreichen aufgrund des Luftwiderstandes ohne geöffneten Fallschirm aus großer
Höhe fallende Menschen eine Geschwindigkeit von etwa 200 km/h, Regentropfen in
unmittelbarer Nähe des Erdbodens je nach Größe eine Geschwindigkeit von bis zu 30
km/h.
11/210
Abbildung 8: In Luft fallen
unterschiedliche Körper verschieden
schnell. Pumpt man aus einer Röhre
Luft aus, so fallen alle Körper gleich
schnell.
Abbildung 9: Bei einer Fallbewegung mit Luftwiderstand
erreichen fallenden Körper eine maximale
Geschwindigkeit. Die Gesetze des freien Falls sind dann
nicht mehr anwendbar.
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2 Funktionen
2.1 Konstante Funktion
Funktion, die für alle Argumente stets denselben Funktionswert annimmt:
y = f (x) = const
Abbildung 10: Konstante Funktion
2.2 Lineare Funktion (Polynom 1. Ordnung)
Der Graph einer linearen Funktion ist immer eine Gerade: y = f (x) = kx + d
Der Proportionalitätsfaktor k gibt die Steigung der Geraden an, d den Abschnitt auf
der y-Achse.
Proportionalität
Proportionalität besteht zwischen zwei Größen, wenn sie sich immer im gleichen
Verhältnis ändern.
Sie besteht wenn die eine Größe aus der anderen durch Multiplikation mit einem
konstanten Faktor (Proportionalitätsfaktor) hervorgeht.
Beispiel: Das Ohmsche Gesetz U = R ⋅ I beschreibt die Proportionalität von Spannung
U und Stromstärke I bei konstantem Widerstand R (Proportionalitätsfaktor).
2.3 Quadratische Funktion (Polynom 2. Ordnung)
Der Graph einer quadratischen Funktion ist eine Parabel: y = f (x) = ax 2 + bx + c
Für a = 0 ergibt sich eine lineare Funktion.
13/210
Abbildung 11: Quadratische Funktion
Beispiel: Beim Freien Fall ist der zurückgelegt Weg proportional zum Quadrat der
g
Zeit: s = t 2
2
Polynom
Summe von Vielfachen von Potenzen einer Variablen x:
n
y = f (x) = a 0 + a1x + a 2 x 2 + ... + a n x n = ∑ a i x i
i =0
Konstante Funktion:
Lineare Funktion:
Quadratische Funktion:
y=a
y = a + bx
y = a + bx + cx 2
Potenzfunktion
Funktion der Form: y = f (x) = x a
Aus Potenzfunktionen mit natürlichem a werden Polynom-Funktionen
zusammengesetzt.
2.4 Exponentialfunktion
Funktion der Form: y = f (x) = a x
Im Gegensatz zu den Potenzfunktionen, bei denen die Basis die Variable enthält,
befindet sich bei Exponentialfunktionen die Variable im Exponenten (daher auch die
Namensgebung).
Als Exponentialfunktion im engeren Sinn wird die Exponentialfunktion mit der
Eulerschen Zahl e ~ 2,72 als Basis bezeichnet: y = f (x) = e x = exp(x)
14/210
Unter Verwendung des Logarithmus lässt sich wegen der Identität a x = exp(x ⋅ ln a)
jede Exponentialfunktion auf eine solche zur Basis e zurückführen.
Abbildung 12: Exponentialfunktion
Beispiel: Absorption von Strahlung, Radioaktives Zerfallsgesetz, Barometrische
Höhenformel, Abkühlungsgesetz, Bakterienwachstum, Gedämpfte Schwingung
Wachstums- und Schwächungsvorgänge
Wachstums- bzw. Schwächungsvorgänge können mit Hilfe von
Exponentialfunktionen beschrieben werden. Mit Hilfe der Exponentialfunktion
können Vorgänge beschrieben werden, deren Änderung einer physikalischen Größe
ΔN proportional zu dieser Größe N verläuft.
Dabei ist c die Proportionalitätskonstante. Für ein Wachstum ist c > 0, für eine
Schwächung ist c < 0.
dN = c ⋅ N ⋅ dt
ΔN = c ⋅ N ⋅ Δt
N = N 0 exp(c ⋅ t)
Radioaktives Zerfallsgesetz
⎛ ln 2 ⎞
A(t) = A 0 exp ⎜ −
t⎟
⎝ T1/2 ⎠
A 0 ... Ausgangsaktivität (Maßstab)
A(t) ... Aktivität zum Zeitpunkt t
T1/2 ... Halbwertszeit
ln 2
−
... Formparameter (Steilheit)
T1/2
15/210
Logarithmus
Logarithmieren zu einem Exponenten entspricht der Suche nach dem Exponenten
(der Hochzahl) bei einer festen Basis. Der Logarithmus ist die Umkehrung der
Exponentialfunktion. Da die Werte der Exponentialfunktion immer positiv sind, ist
der Logarithmus nur für positive Zahlen definiert.
Abbildung 13: Logarithmus
Logarithmische Darstellungen verwendet man, um sowohl sehr große Zahlenwerte
und dazu vergleichbar sehr niedrige Zahlenwerte in einem Diagramm darstellen zu
können.
In manchen Fällen erhält man durch logarithmische Darstellung eine Linearisierung
der Datenwerte.
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2.5 Kreisfunktionen (Harmonische Funktionen)
Die Funktionswerte der Funktionen Sinus und Cosinus wiederholen sich periodisch
mit der kleinsten Periode τ = 2π .
Abbildung 14: Sinus-Funktion
Abbildung 15: Cosinus-Funktion
Sinus: y = sin(x)
sin(0) = 0
⎛ 2π
⎞
y(t) = A m + A 0 sin ⎜
t + ϕ⎟
⎝ τ
⎠
Cosinus: y = cos(x)
cos(0) = 1
A m ... Mittelwert
A 0 ... Amplitude
τ ... Periodendauer τ = 1/ f
ϕ ... Phasenlage
f ... Frequenz f = 1/ τ
2π
ω ... Kreisfrequenz ω =
τ
t ... Zeit
Beispiel: Technische Wechselspannung
⎛ 2π
⎞
U(t) = U m + U 0 sin ⎜
t + ϕ⎟
⎝ τ
⎠
U m = 0 ... Spannungsmittelwert
U 0 = 2 ⋅ U eff ... Spannungsamplitude
U eff = 220 V ... Effektivspannung
τ = 0, 02 s ... Periodendauer τ = 1/ f
ϕ = 0 ... Phasenlage
f = 50 Hz ... Frequenz f = 1/ τ
2π
ω ... Kreisfrequenz ω =
τ
t ... Zeit
2.6 Gedämpfte Schwingung
Idealisierte Annahme einer harmonischen Schwingung
Eine harmonische Schwingung ist eine idealisierte Annahme. Die rückstellende Kraft
R ist proportional der Auslenkung A(t): R = c ⋅ A(t)
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Es gibt keine Reibung, daher bleibt die Amplitude A0 unverändert:
A(t) ... Auslenkung
⎛ 2π ⎞
A(t) = A 0 sin ⎜
t⎟
A 0 ... Amplitude
⎝ τ ⎠
τ ... Periodendauer τ = 1/ f
t ... Zeit
Gedämpfte Schwingung
Bei einer gedämpften Schwingung wird ein Energieverlust (z.B. aufgrund von
Reibung) berücksichtigt.
Aufgrund der Reibung ändert sich die Amplitude A0 mit der Zeit. Die Einhüllende der
gedämpften Schwingung entspricht einer Exponentialfunktion:
A(t) ... Auslenkung
⎛ 2π ⎞
A(t) = A 0 sin ⎜
t ⎟ exp(−δt)
A 0 ... Amplitude
⎝ τ ⎠
τ ... Periodendauer τ = 1/ f
δ ... Dämpfungsfaktor
t ... Zeit
Abbildung 16: Gedämpfte Schwingung
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3 Elektromagnetisches Spektrum
3.1 Begriff des Spektrums
Messwertverteilung einer Messgröße in Abhängigkeit von der Wellenlänge oder der
Frequenz.
Der Begriff des Spektrums ist nicht mit dem visuellen Eindruck der Spektralfarben zu
verwechseln.
3.2 Elektromagnetisches Spektrum (EMS)
Das elektromagnetische Spektrum (EMS) beschreibt die verschiedenen Arten
elektromagnetischer Wellen.
Für jeden Bereich im Spektrum können folgende Werte angegeben werden:
− Frequenz f [Hz]: Anzahl der Schwingungen pro Sekunde.
− Wellenlänge λ [m]: Abstand zwischen zwei benachbarten Wellenbergen oder
Wellentälern.
− Photonenenergie E [eV]: Energie eines Photons.
Abbildung 17: Das elektromagnetische Spektrum
Art der Wellen
Ionisierende Strahlung
Gammastrahlung
Röntgenstrahlung
Ultraviolette Strahlung
UVC
UVB
UVA
Sichtbare Strahlung
Infrarot Strahlung
(Wärmestrahlung)
IRA
IRB
IRC
Mikrowellen, Radar
Rundfunk
Wechselströme
Wellenlänge λ [m]
100 fm – 1 pm
1 pm – 100 nm
(z.B. 0,3 – 3 nm)
100 – 280 nm
280 – 320 nm
320 – 380 nm
380 – 780 nm
(z.B. 10 μm)
780 – 1400 nm
1400 – 3000 nm
3000 nm – 1 mm
1 mm – 1 dm
(z.B. 10 cm)
1 dm – 10 km
> 10 km
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Elektromagnetische Wellen haben eine elektrische Feldstärke E und eine
magnetische Feldstärke H, die aufeinander normal stehen und mit gleicher Frequenz
schwingen.
Lichtgeschwindigkeit
Die Lichtgeschwindigkeit c0 im Vakuum ist die größte Geschwindigkeit mit der
Energie übertragen werden kann.
Die Lichtgeschwindigkeit im Medium ist kleiner als die Vakuumlichtgeschwindigkeit.
Brechzahl
Die Brechzahl n ist der Quotient aus Vakuumlichtgeschwindigkeit c0 und
Mediumlichtgeschwindigkeit c. Die Brechzahl kennzeichnet die Brechung
(Richtungsänderung) und das Reflexionsverhalten (Reflexion und Totalreflexion)
einer elektromagnetischen Welle beim Auftreffen auf eine Grenzfläche zweier
Medien.
n ... Brechzahl der Materie []
c
n= 0
c0 = 2,998.108 m/s ... Vakuumlichtgeschwindigkeit
c
c ... Mediumlichtgeschwindigkeit [m/s]
Stoff
Vakuum
Luft
Eis
Wasser
Quarzglas
Diamant
Brechzahl
1
nahezu 1
1,31
1,33
1,45
2,41
Photonenenergie
Elektromagnetische Wellen entstehen bei Bewegung (elektrische Ströme) und beim
Abbremsen elektrischer Ladungen (Elektronen).
Elektromagnetische Wellen transportieren Energie in Form von Photonen.
Die Photonenenergie EP ist direkt proportional der Frequenz f der Welle aber
indirekt proportional der Wellenlänge λ. Sichtbare Strahlung hat eine
Photonenenergie von 3,1-1,6 eV. Ein Elektronenvolt entspricht 1,6.10-19 J.
EP ... Photonenenergie [eV]
c
EP = h ν = h
h = 6,626.10-34 Js ... Planksches Wirkungsquantum
λ
ν ... Frequenz [Hz]
c ... Mediumlichtgeschwindigkeit [m/s]
λ ... Wellenlänge [m]
Die Sonne ist die energiereichste Quelle elektromagnetischer Wellen für die Erde.
Als Solarkonstante, ca. 1350 W/m², wird der Energiefluss auf die äußere
Atmosphäre pro Quadratmeter pro Sekunde
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Zusammenhang Wellenlänge und Frequenz
Wellenlänge λ und Frequenz f hängen folgendermaßen zusammen:
c=λν
c ... Mediumlichtgeschwindigkeit [m/s]
λ ... Wellenlänge [m]
ν ... Frequenz [Hz]
Wellenzahl
Die Wellenzahl ν ist der Kehrwert der Wellenlänge λ und beschreibt die Anzahl der
Wellen pro Zentimeter:
ν ... Wellenzahl [cm-1]
1
ν=
λ ... Wellenlänge [cm]
λ
3.3 Arten von Spektren
3.3.1 Emissionsspektrum vs. Absorptionsspektrum
Emissionsspektrum
Ein Elektron kann durch Zufuhr von Energie (Wärme, Licht, Stoß) auf eine
energiereichere Bahn angehoben werden. Nach kurzer Zeit fällt das Elektron von
selbst auf eine stabilere energieärmere Bahn zurück. Dabei wird genau jene Energie
in Form eines Photons abgegeben, die dem Energieunterschied der beiden Stufen
entspricht. Da nur gewisse stoffabhängige Energiedifferenzen möglich sind entsteht
ein Linienspektrum.
Die Spektren aller Atome sind Linienspektren, die meist aus mehreren Spektrallinien
bestehen, und sind charakteristisch für eine spezielle Atomart.
Die Spektren von glühenden Gasen bestehen aus charakteristischen farbigen Linien
(Linien- oder Atomspektrum) oder aus hellen Streifen (Molekül- oder
Bandenspektrum). Aus dem Licht, das ein Gas aussendet, kann daher auf seine
Zusammensetzung mit Hilfe der Spektralanalyse geschlossen werden.
Absorptionsspektrum
Bestrahlt man Gase mit Licht, so werden Elektronen der Gasatome in höhere
Energiestufen angehoben. Diese Energien werden dem eingestrahlten Licht entzogen.
Das Spektrum des Lichts weist daher an diesen Stellen dunkle Linien auf. Jedes Gas
absorbiert dabei genau die Wellenlänge, die es auch emittieren kann.
3.3.2 Linien-, Banden- vs. kontinuierliches Spektrum
Kontinuierliches Spektrum
Ein kontinuierliches Spektrum enthält keine diskreten Linien (Banden), da es Licht
in allen aufweist. Kontinuierliche Spektren werden von glühenden festen Körpern
sowie von Gasen unter hohem Druck ausgesendet.
Temperaturstrahler (Glühlichtquellen) emittieren kontinuierliche Spektren. Reale
Temperaturstrahler besitzen diskrete Lücken im kontinuierlichen Spektrum, die
durch Selbstabsorption entstehen, z. B. die so genannten Fraunhoferschen Linien im
Sonnenspektrum.
Beispiel: Sonne
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Bandenspektrum
Ein Bandenspektrum ist ein Spektrum elektromagnetischer Strahlung, das aus vielen
nahe beieinander liegenden (bei atomaren Gasen) oder überlappenden Spektrallinien
(bei molekularen Gasen) besteht.
Linienspektrum
Das Spektrum besteht aus einzelnen scharf begrenzten Linien denen eindeutig eine
bestimmte Wellenlänge zugeordnet werden kann. Linienspektren werden von heißen
Gasen geringerer Dichte ausgesendet.
Gasentladungslampen emittieren diskontinuierliche Spektren.
Beispiel: Quecksilberdampf-Lampe
3.4 Prismen vs. Gitterspektrum
Prismenspektrum
Ein Prismenspektrum (Dispersionsspektrum) entsteht durch Brechung und
Dispersion.
Gitterspektrum
Das Gitterspektrum (Beugungsspektrum) entsteht durch Beugung und Interferenz.
3.5 Temperaturstrahler
Jeder Körper, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt sendet
Wärmestrahlung aus. Ein Schwarzer Körper ist ein idealisierter Körper, der die
gesamte auftreffende Strahlung absorbieren kann (Absorptionsgrad = 1).
3.5.1 Stefan-Boltzmann-Gesetz
Dieses Gesetz gibt an welche Strahlungsleistung P [W] ein Schwarzer Körper der
Fläche A und der absoluten Temperatur T emittiert. Die Strahlungsleistung eines
Schwarzen Körpers ist also proportional zur vierten Potenz seiner absoluten
Temperatur: eine Verdopplung der Temperatur bewirkt, dass die abgestrahlte
Leistung um den Faktor 16 ansteigt.
P ... Strahlungsleistung [W]
P = A σ T4
A ... Fläche des Körpers [m²]
σ = 5,67.10-8 W/(m² K4) ... Stefan-Boltzmann-Konstante
T ... Absolute Temperatur [K]
3.5.2 Kirchhoffsches Strahlungsgesetz
Ein schwarzer Körper kann im thermischen Gleichgewicht gleich viel Energie
absorbieren wie emittieren. Ein realer Körper kann bei keiner Wellenlänge mehr
thermische Strahlung aussenden als ein Schwarzer Körper, der daher eine ideale
thermische Strahlungsquelle darstellt.
Eine schwarze Fläche heizt sich im Sonnenlicht leichter auf als eine weiße, dafür gibt
sie die Wärmestrahlung leichter ab.
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Leslie-Würfel
Der Lesliewürfel hat vier unterschiedliche Seitenflächen: schwarz, weiß, matt,
spiegelnd. Der Würfel wird auf ca. 100°C erwärmt, indem kochendes Wasser
eingefüllt, und dann die Wärmeabstrahlung mit einem Infrarotsensor gemessen wird.
Dabei erkennt man, dass die schwarze Fläche stärker strahlt als die spiegelnde. Die
matte Oberfläche absorbiert und emittiert hingegen mehr als die glatte Oberfläche
und die weiße Fläche scheint identisch mit der schwarzen Fläche zu emittieren. Der
spektrale Verlauf der abgestrahlten Energie wird durch das Plancksche
Strahlungsgesetz beschrieben.
3.5.3 Plancksches Strahlungsgesetz
Dieses Gesetz beschreibt die Verteilung der Strahlungsintensität der
elektromagnetischen Energie (bzw. die Dichteverteilung aller Photonen) auf die
einzelnen Wellenlängen eines schwarzen Körpers bei einer bestimmten Temperatur.
Sie weist ein deutliches Maximum auf, dessen Lage mit dem wienschen
Verschiebungsgesetz berechnet werden kann.
3.5.4 Wiensches Verschiebungsgesetz
Dieses Gesetz beschreibt die Lage des Intensitätsmaximums eines Schwarzen
Körpers bei einer bestimmten Temperatur.
Je höher die Temperatur eines Körpers ist, desto kürzer ist die Wellenlänge, bei der
das Intensitätsmaximum ausgesandt wird.
Beispiel: Stahl gibt bei Raumtemperatur unsichtbares infrarotes Licht als
„Wärmestrahlung“ ab, warmer glühender Stahl leuchtet dunkelrot, heißer flüssiger
Stahl glüht fast weiß.
23/210
4 Ionisierende Strahlung
4.1 Radioaktivität
Unter Radioaktivität versteht man den spontanen Zerfall instabiler Atomkerne
(Radionuklide) unter Abgabe radioaktiver Strahlung:
− Natürliche Radioaktivität: In der Natur vorkommende Radionuklide
− Künstliche Radioaktivität: Künstlich erzeugt Radionuklide
Die Atomkerne zerfallen um in ein niedrigeres, stabileres Energieniveau überzugehen
und wandeln sich dadurch in andere Kerne um:
− α-Zerfall: Aussendung von Kernteilchen
− β-Zerfall: Umwandlung von Kernteilchen
− γ-Zerfall: Umorientierung von Kernteilchen
− Kernspaltung: Zerbrechen des Kern
4.2 Radioaktive Strahlung
Bei allen Kernumwandlungen tritt radioaktive Strahlung auf.
Durchdringungsvermögen
Das Durchdringungsvermögen radioaktiver Strahlung ist abhängig von:
− Art der Strahlung: Das Durchdringungsvermögen von α-, β- und γ-Strahlung
beträgt etwa 1:100:10.000
− Energie der Strahlung
− Art des durchstrahlten Stoffes
− Dicke des durchstrahlten Stoffes
Eigenschaften radioaktiver Strahlung
− Sie ist energiereich
− Sie kann Stoffe durchdringen
− Sie wird durch Stoffe teilweise absorbiert (siehe Durchdringungsvermögen)
− Sie breitet sich von einer Strahlungsquelle geradlinig aus
4.2.1 Alpha-Strahlung
− Die Strahlung besteht aus doppelt positiv geladenen Heliumkernen (2
Protonen, 2 Neutronen), den α-Teilchen.
− Aufgrund ihrer positiven Ladung sind die Teilchen durch elektrische und
magnetische Felder ablenkbar.
− Sie besitzt ein diskretes Energiespektrum und hat normalerweise eine Energie
kleiner als 10 MeV.
α-Zerfall
− α-Zerfall tritt vor allem bei schweren Kernen (Massenzahl A > 170) auf.
− Da beim α-Zerfall ein Heliumkern aus dem Atomkern geschleudert wird
nimmt die Massenzahl des Atoms um 4, die Kernladungszahl um 2 ab.
− Einige leichte Kerne können in zwei bzw. drei α-Teilchen zerfallen.
24/210
4.2.2 Beta-Strahlung
− Die Strahlung besteht aus negativ geladenen Elektronen (β--Strahlung) oder
positiv geladenen Positronen (β+-Strahlung), die annähernd mit
Lichtgeschwindigkeit von radioaktiven Atomkernen ausgesendet werden.
− Obwohl am Anfang und am Ende des Zerfallsprozesses diskrete
Energieniveaus stehen ist das Energiespektrum kontinuierlich.
− Die Energieverteilungsfunktion (x: Energie [MeV], y: Anzahl der β-Teilchen)
beginnt etwa im Koordinatenursprung, erreicht ein Maximum (z.B. 400 keV
für 40
19 K ) und schneidet die x-Achse bei der drei- bis vierfachen Energie des
Maximums. Es existiert daher eine Maximalenergie.
− Diese Energieverteilungsfunktion lässt sich dadurch erklären, dass neben
Restkern und β-Teilchen noch ein weiteres ungeladenes Teilchen, das
(Anti)Neutrino, existiert.
β−-Zerfall
− β−-Zerfall tritt bei Kernen mit relativ hohem Neutronenüberschuss auf.
− Das emittierte Elektron entsteht bei der Umwandlung eines Neutrons in ein
Proton:
Neutron → Proton + Elektron + Antineutrino
− Die Massenzahl bleibt gleich, die Kernladungszahl erhöht sich um 1.
β+-Zerfall
− β−-Zerfall tritt bei Kernen mit relativ hohem Protonenüberschuss auf
(entstehen bei künstlichen Kernumwandlungen).
− Das emittierte Proton entsteht bei der Umwandlung eines Protons in ein
Neutron:
Proton → Neutron + Positron + Neutrino
− Die Massenzahl bleibt gleich, die Kernladungszahl nimmt um 1 ab.
4.2.3 Gamma-Strahlung
− Die Strahlung besteht aus elektromagnetischen Wellen mit äußerst kurzer
Wellenlänge (Photonen).
− Sie ist nicht durch elektrische oder magnetische Felder ablenkbar.
− Die Strahlung ist eine Begleiterscheinung des α- oder β-Zerfalls. Durch den
spontanen oder erzwungenen Kernzerfall entstehen angeregte Nuklide.
− Durch die Aussendung von γ-Strahlung geht der Atomkern von einem
angeregten in einen energieärmeren Zustand über.
− Die Strahlung weist ein Linienspektrum mit wenigen scharfen Linien auf.
− Es handelt sich um elektromagnetische Strahlung mit einer Energie von mehr
als einigen keV und Wellenlängen von 10-16 – 10-11 m.
4.3 Zerfallsreihen
Die beim radioaktiven Zerfall entstehenden neuen Atomkerne sind in der Regel
selber wieder radioaktiv. Dabei entstehen drei natürliche Zerfallsreihen mit Uranoder Thorium-Isotopen als Ausgangskernen. Die vierte Reihe beginnt mit dem
25/210
künstlich hergestellten Neptunium-Isotop:
206
− Uran-Radium-Reihe: 238
92 U → 82 Pb
− Uran-Aktinium-Reihe:
− Thorium-Reihe:
Th →
232
90
− Neptunium-Reihe:
237
93
U→
235
92
208
82
207
82
Pb
Pb
Np →
209
83
Bi
Außerhalb der Zerfallsreihen gibt es in der Natur nur noch wenige radioaktive
Isotope.
Nuklid
Ein Nuklid ist ein durch Massenzahl und Kernladungszahl eindeutig charakterisierter
Atomkern.
4.3.1 Nuklidkarte
Auf einer Nuklidkarte werden alle bekannten Atomkerne
vergleichend dargestellt. Es sind über 2500 Nuklide
bekannt wovon lediglich ca. 260 stabil sind. Kerne mit
Neutronen- oder Protonenüberschuss zerfallen und sind
daher radioaktiv.
Auf der x-Achse wird die Anzahl der Neutronen auf der yAchse die Anzahl der Protonen aufgetragen:
− Isotope: Kerne mit gleicher Protonenzahl (Reihen)
− Isotone: Kerne mit gleicher Neutronenzahl
(Spalten)
− Isobare: Kerne mit gleicher Massenzahl
(Diagonalen, N = Z)
4.3.2 Nuklidgenerator
Nuklidgeneratoren dienen der Erzeugung von
kurzlebigen Gammastrahlern für die in vivo-Diagnostik.
Sie bestehen aus einer Chromatographiesäule auf deren
Matrix eine längerlebige radioaktive Vorstufe (das
Mutternuklid) fixiert ist. Durch laufenden radioaktiven
Zerfall des Mutternuklids entstehen Tochternuklide, die
aus der Säule eluiert werden.
Abbildung 18:
Nuklidgenerator
4.4 Zerfallsgesetz
Der Zerfall eines bestimmten Atomkerns lässt sich nicht vorhersagen, er erfolgt nach
statistischen Gesetzen. Wegen der großen Zahl der in einer bestimmten Stoffmenge
enthaltenen Atome lässt sich ein Zerfallsgesetz formulieren.
Die Anzahl der in der Zeitspanne Δt zerfallenden Kerne ΔN ist zur Zahl der noch
vorhandenen Kerne N proportional. Die Anzahl der noch zerfallsfähigen Kerne
nimmt mit der Zeit ab (negatives Vorzeichen):
ΔN = −λ ⋅ N ⋅ Δt
N ... Anzahl der noch zerfallsfähigen Kerne
dN = −λ ⋅ N ⋅ dt
λ ... Stoffabhängige Zerfallskonstante
t ... Zeit [s]
26/210
4.4.1 Zerfallsgesetz
Durch Integration des zuvor aufgestellten Zusammenhangs erhält man das
radioaktive Zerfallsgesetz, das die zeitliche Abnahme der zerfallsfähigen Kerne durch
eine Exponentialfunktion beschreibt:
N ... Anzahl der noch zerfallsfähigen Kerne nach Zeit t
N(t) = N 0 exp(−λ t)
N0 ... Anzahl der zerfallsfähigen Kerne zu Beginn
λ ... Stoffabhängige Zerfallskonstante
t ... Zeit [s]
4.4.2 Aktivität
Die Aktivität eines radioaktiven Stoffes ist die Anzahl der Kernzerfälle pro
Zeiteinheit.
SI-Einheit: Zerfall/Sekunde [Bq] [s-1]
Veraltete Einheit: 1 Ci = 3,7.1010 Bq
A ... Aktivität nach Zeit t
A(t) = A 0 exp(−λ t)
A0 ... Aktivität zu Beginn
λ ... Stoffabhängige Zerfallskonstante
t ... Zeit [s]
Die Aktivität des menschlichen Körpers (ca. 70 kg) beträgt ca. 3700 Bq und stammt
vor allem aus dem Zerfall von 40K und 14C.
Die Aktivität in Gebäuden variiert zwischen 100 und 1000 Bq und stammt vor allem
aus dem Zerfall von 222Rn, einem α-Strahler der 238U-Zerfallreihe und seinen
Zerfallsprodukten.
Zusammenhang zwischen Aktivität und Zerfallsgesetz
A ... Aktivität nach Zeit t
dN
A(t) = −
=λ N
N ... Anzahl der zerfallsfähigen Kerne
dt
dN ... Zeitliche Änderung der zerfallsfähigen Kerne
dt ... Zeitliche Veränderung [s]
λ ... Stoffabhängige Zerfallskonstante
4.4.3 Zerfallsgesetz: Mutter-Tochter
Beim radioaktiven Zerfall zerfallen instabile Atomkerne unter Aussendung
radioaktiver Strahlung in andere Atomkerne, die wiederum instabil sein können und
somit weiter zerfallen, usw.:
λ1
λ2
Mutter ⎯⎯→
Tochter ⎯⎯→
Enkel
Das Zeitgesetz der Mutter bleibt dabei unverändert, d.h. der Zerfall des
Mutternuklids wird nicht durch das Tochternuklid beeinflusst.
Im Gegensatz dazu wird das Zeitgesetz der Tochter durch die Speisung aus dem
Zerfall der Mutter modifiziert, da zur Anzahl der zerfallsfähigen Kerne des
Tochternuklids immer wieder neue Kerne aus dem Zerfall des Mutternuklids
hinzukommen.
27/210
Grenzfall sehr langlebige Mutter
In diesem Fall ist die Zerfallskonstante der Mutter sehr viel kleiner als die der
Tochter ( λ M << λ T ) bzw. die weist die Mutter eine sehr viel höhere Halbwertszeit auf
als die Tochter ( T1/2 M >> T1/2 T ).
D.h. das Tochternuklid zerfällt sehr viel schneller als das Mutternuklid. Daher
dominiert der Zerfall des Tochternuklids.
Langsamer Zerfall
Mutternuklid
Schneller Zerfall
Tochternuklid
Grenzfall sehr langlebige Tochter
In diesem Fall ist die Zerfallskonstante der Mutter sehr viel größer als die der Tochter
( λ M >> λ T ) bzw. weist die Mutter eine viel kleinere Halbwertszeit auf als die Tochter
( T1/2 M << T1/2 T ).
D.h. das Mutternuklid zerfällt sehr viel schneller als das Tochternuklid. Daher
dominiert der Zerfall des Mutternuklids.
Schneller Zerfall
Mutternuklid
Langsamer Zerfall
Tochternuklid
4.4.4 Halbwertszeit
Physikalische Halbwertszeit
Diejenige Zeitspanne, die statistisch verstreicht, bis die Menge eines bestimmten
radioaktiven Nuklids auf die Hälfte gesunken ist, das heißt sich in andere Atome
umgewandelt hat.
Für jedes Nuklid ist die Halbwertszeit eine Konstante (z.B. für 137Cs 30,2 Jahre):
ln(2)
λ ... Zerfallskonstante
T1/2 =
λ
Biologische Halbwertszeit Tbiol (Eliminationshalbwertszeit)
Bezeichnet die Zeitspanne in welcher in einem biologischen Organismus der Gehalt
einer inkorporierten radioaktiven, toxischen oder pharmazeutischen Substanz durch
die Wirkung aller beteiligten biologischen und physikalischen Prozesse (Stoffwechsel,
Ausscheidung, radioaktiver Zerfall, etc.) auf die Hälfte abgesunken ist.
Effektive Halbwertszeit Teff
Die effektive Halbwertszeit setzt sich aus der physikalischen und der biologischen
Halbwertszeit zusammen. Durch Elimination führen beide gemeinsam zur Abnahme
der Aktivität im Organismus:
Teff ... Effektive Halbwertszeit
1
1
1
=
+
Tbiol ... Biologische Halbwertszeit
Teff Tbiol T1/2
T1/2 ... Physikalische Halbwertszeit
28/210
4.5 Kosmische Höhenstrahlung
Die Kosmische Höhenstrahlung wurde von dem österreichischen Physiker Victor
Hess entdeckt wofür er 1936 den Nobelpreis erhielt.
Bestandteile
Die kosmische Höhenstrahlung ist eine hochenergetische Teilchenstrahlung aus dem
Weltall.
Sie besteht aus 87 % Protonen, 12 % α-Teilchen und 1 % schweren Atomkernen.
Einen geringen Anteil stellen Elektronen, Neutrinos und γ-Strahlung. Die Häufigkeit
der Atomkerne entspricht ungefähr der Elementhäufigkeit der Sonne. Die Verteilung
der Teilchenzahl N in Abhängigkeit von der Energie E folgt einem Potenzgesetz.
Entstehung
Primäre Teilchen dringen in die Atmosphäre ein und reagieren mit den Atomkernen
der Lufthülle (ca. 1000 Teilchen pro Quadratmeter und Sekunde).
Es resultiert ein kaskadenartiger Teilchenschauer aus dem sich Sekundärteilchen als
Reaktionsprodukte weiterer Wechselwirkungen nahezu mit Lichtgeschwindigkeit auf
die Erdoberfläche zu bewegen.
Da alle Teilchen ungefähr die gleiche Geschwindigkeit befinden sich die Teilchen
innerhalb einer Kugelschale mit einer Dicke von ca. einem Meter. Die Ausdehnung
der Kugelschale beträgt abhängig von der Energie des Primärteilchens wenige
hundert Meter. Nur ein geringer Teil der Sekundärteilchen erreicht auch wirklich die
Erdoberfläche.
4.6 Messung von radioaktiver Strahlung
Man unterscheidet die Zählrate (gemessene Impulse/s) von der tatsächlichen
Aktivität (Zerfälle/s). Der Wirkungsgrad eines Messgerätes entspricht dem Verhältnis
der Zählrate zur tatsächlichen Aktivität.
Beispiel: Werden bei einer Aktivität von A = 100 Bq nur 2 Impulse/s registriert (d.h.
Registrierung jedes 50. Quants) entspricht das einem Wirkungsgrad von 2 %.
4.6.1 Geiger-Müller-Zählrohr (Geigerzähler)
Der Geigerzähler besteht aus zwei Elektroden, einem zylindrischen Metallrohr und
einem in der Achse des Rohres gespannten Draht. Zwischen Draht und Metallrohr
wird eine elektrische Spannung angelegt. Im Inneren der Kammer befindet sich meist
ein Edelgas mit einem Zusatz einer organischen Verbindung.
29/210
Abbildung 19: Geiger-Müller-Zählrohr (Geigerzähler)
Gelangt nun radioaktive Strahlung durch ein dünnes Fenster in das Zählrohr so
ionisiert sie eine von ihrer Energie abhängige Anzahl von Gasatomen. Diese Ionen
werden im elektrischen Feld beschleunigt und durch Stoßionisation vervielfacht. Die
Elektronen wandern im elektrischen Feld auf den Draht (+) zu, die positiven Ionen
zur Rohrwand (-). Die Ladung wird über einen hohen Widerstand abgeleitet. Jedes
elektrische geladene Teilchen erzeugt einen Stromstoß. Die Stromstöße können
gezählt und über einen Verstärker als „Knacken“ hörbar gemacht werden.
4.6.2 Szintillationszähler
Als Szintillationszähler bezeichnet man ein auf der Szintillation basierendes
Messgerät zur Bestimmung der Energie und der Intensität von ionisierender
Strahlung.
Abbildung 20: Szintillationszähler
Trifft ein energiereiches Teilchen oder γ-Quant auf einen Szintillationskristall (z.B.
NaJ) wird seine kinetische Energie fast vollständig auf die Kristallatome übertragen
wodurch die Kristallatome angeregt werden. Von diesen angeregten Kristallatomen
30/210
wird bei der Rückkehr in den Normalzustand Licht ausgestrahlt.
Diese schwachen Lichtblitze werden mit Hilfe eines Fotomultipliers verstärkt. Dabei
stoßen die Photonen des Lichtblitzes in einer Hochvakuumröhre auf eine Fotokatode
und lösen dort Elektronen heraus. Diese werden in einem elektrischen Feld
beschleunigt und treffen auf eine erste Anode (Dynode). Hier werden
Sekundärelektronen herausgelöst (Vervielfachung), die wiederum beschleunigt
werden, auf eine weitere Anode treffen, usw. Auf diese Weise wird der
Elektronenstrom verstärkt. Die an einem nachgeschalteten Widerstand gemessene
Spannung ist proportional zur Energie des ursprünglichen γ-Quants. Ein
nachgeschalteter Impulshöhenanalysator kann so eingestellt werden, dass er nur für
Spannungsimpulse eines bestimmten Bereichs Signale liefert.
4.7 Röntgenstrahlung
4.7.1 Entstehung der Röntgenstrahlung
Wenn elektrische Ladungen beschleunigt oder abgebremst werden entsteht
elektromagnetische Strahlung. Je größer die Beschleunigung ist umso größer ist die
Frequenz der entstehenden Strahlung (bzw. umso kürzer die Wellenlänge).
Lässt man nun Elektronen, ausgehend von einer Kathode (-), mit großer kinetischer
Energie von mehreren keV auf eine Metalloberfläche, die Anode (+), auftreffen so
werden sie abrupt abgebremst. Es entsteht eine kurzwellige elektromagnetische
Strahlung, die Röntgenstrahlung.
4.7.2 Aufbau der Röntgenröhre
Die von einer Glühkathode emittierten Elektronen werden im elektrischen Feld
zwischen Kathode (-) und Anode (+) beschleunigt und beim Auftreffen auf die Anode
stark abgebremst wodurch Röntgenstrahlung (Bremsstrahlung) entsteht.
Abbildung 21: Aufbau einer Röntgenröhre:
X ... Röntgenstrahlung, K ... Kathode, A ... Anode, C ... Wasserkühler, Uh ...
Kathodenheizspannung, Ua ... Anodenspannung
In Röntgenröhren werden die Elektronen meist mit elektrischen Spannungen im kVBereich beschleunigt. Die Frequenz der entstehenden Röntgenstrahlung erstreckt
sich über einen weiten Bereich. Ihre obere Grenze, die Grenzfrequenz fG, ist umso
31/210
größer je größer die Beschleunigungsspannung (Anodenspannung) UB ist. Die bei
einem Bremsvorgang frei werdende Energie erwärmt z.T. die Anode, z.T. wird sie in
Form von Photonen frei. Im Extremfall wird die gesamte kinetische Energie des
Elektrons auf ein einziges Röntgen-Photon übertragen. Die maximale
Photonenenergie beträgt dann:
c Emax ... Maximale Energie der Photonen [eV]
E max = e ⋅ U = h ⋅ f G = h ⋅
λ G e ... Elementarladung eines Elektrons [e]
U ... Beschleunigungsspannung [V]
h ... Plancksches Wirkungsquantum [eVs]
fG ... Grenzfrequenz [Hz]
c ... Lichtgeschwindigkeit [m/s]
λG ... Grenzwellenlänge [m]
4.7.3 Spektrum der Röntgenstrahlung
Trägt man die Intensität I der Röntgenstrahlung über der Frequenz f auf erhält man
das Spektrum der Röntgenstrahlung. Das Spektrum einer Röntgenstrahlung besteht
aus einem Bremsspektrum (kontinuierliches Spektrum) und einem
charakteristischen Spektrum (Linienspektrum).
Frequenzbereich: 106 – 1021 Hz
Wellenlängenbereich: 10-14 – 10-8 m
Bremsspektrum (Kontinuierliches Spektrum)
Dieses entsteht, weil die auf die Anode auftreffenden Elektronen beim Eindringen in
die Atomhülle abgebremst werden und einen Teil ihrer Energie in Form
elektromagnetischer Strahlung (Röntgenquanten) abgeben.
Je näher das Elektron am Kern vorbeifliegt, desto stärker wird es abgelenkt und desto
größer ist die Energie des abgestrahlten Quants.
Da beim Vorbeifliegen vieler Elektronen an vielen Kernen statistisch alle Abstände
zwischen Elektronen und Atomkernen in lückenloser Form vorkommen, haben auch
die Energiequanten bzw. die entsprechenden Wellenlängen eine kontinuierliche
Verteilung.
Die Form des Spektrums hängt von der Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen
und dem verwendeten Metall ab.
Charakteristisches Spektrum (Linienspektrum)
Aufgrund der großen kinetischen Energie der auftreffenden Elektronen dringen diese
bis in die Nähe des Atomkerns vor und heben kernnahe, fest gebundene Elektronen
auf ein höheres Energieniveau. Auf den hinterlassenen freien Platz können schwach
gebundene Elektronen nachrücken. Dabei wird Energie frei, die in Form von
Röntgenquanten abgegeben wird und für das jeweilige Anodenmaterial
charakteristisch ist.
Grenzwellenlänge
Das Bremsspektrum hat zu kurzen Wellenlängen hin eine der kinetischen Energie der
Elektronen entsprechende Grenzwellenlänge, d. h. die gesamte kinetische Energie
der Elektronen wird in Röntgenstrahlung umgewandelt. Diese Grenzwellenlänge
hängt nur von der Beschleunigungsspannung ab, sie ist unabhängig vom
Anodenmaterial.
32/210
λG =
hc
eU
λG ... Grenzwellenlänge [m]
h ... Plancksches Wirkungsquantum [Js] [eVs]
c ... Lichtgeschwindigkeit [m/s]
e ... Elementarladung eines Elektrons [e]
U ... Beschleunigungsspannung [V]
Typische Werte:
Spannung UB [kV]
5
15
25
Grenzwellenlänge λG [nm]
0,2482
0,0827
0,0496
4.7.4 Parameter der Röntgenstrahlung
In der Röntgendiagnostik spricht man von weicher und harter Strahlung.
Ausschlaggebend ist die Spannung in Kilovolt, die der Röntgenröhre zugeführt wird.
Je nach gewünschter Bildaussage wird die Röhrenspannung zwischen 38 und 120 kV
gewählt.
Bei weicher Strahlung (ca. 40 kV) wird viel Strahlung vom Gewebe absorbiert.
Dadurch werden auch feinste Gewebeunterschiede auf dem Röntgenfilm sichtbar
gemacht. Dies ist z.B. der Fall bei der Mammografie, jedoch ist die Strahlenbelastung
des durchstrahlten Gewebes dadurch relativ hoch.
Harte Strahlung (über 100 kV) durchdringt Gewebe und Materialien (Gips und sogar
Bleischürzen von geringerer Dicke) wesentlich leichter. Kontrastunterschiede werden
stark abgemildert, wie z. B. bei Lungenaufnahmen, bei denen sonst im Bereich der
Rippen keine Beurteilung der Lungenstruktur möglich wäre.
Röhrenstrom
Durch Änderung des Röhrenstroms wird die Photonenzahl verändert. Dadurch wird
die Intensität der Strahlung beeinflusst.
Röhrenspannung
Durch Änderung der Röhrenspannung wird die Photonenenergie verändert und
damit deren Spektralverteilung. Dadurch wird die Härte der Strahlung beeinflusst.
Je höher die Röhrenspannung, desto kleiner die Grenzwellenlänge, desto härter die
Röntgenstrahlung:
− Ultrahart: λ < 0,01 nm
− Hart: 0,01 < λ < 0,1 nm
− Weich: 0,1 < λ < 1 nm
− Ultraweich: λ > 1 nm
4.7.5 Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad gibt das Verhältnis zwischen abgestrahlter Röntgenleistung und
angelegtem Anodenstrom und –spannung an. Er kann unter Angabe des
verwendeten Anodenmaterials und der verwendeten Röhrenspannung berechnet
werden:
33/210
η=k U Z=
J ges
IU
η ... Wirkungsgrad
k ≈ 1.10-9 /V
U ... Beschleunigungsspannung (Anodenspannung) [V]
I ... Anodenstrom [A]
Z ... Ordnungszahl des Anodenmaterials
Jges ... Gesamte abgestrahlte Röntgenleistung [W]
Beispiel: Für Wolfram mit der Ordnungszahl Z = 74 und einer Röhrenspannung von
100 kV ergibt sich ein Wirkungsgrad von 0,7 %.
4.7.6 Nachweis
Röntgenstrahlung kann ähnlich wie radioaktive Strahlung mit einem Zählrohr
nachgewiesen werden. Am „Knacken“ des Zählrohrs kann man erkennen, dass die
Röntgenstrahlung ihre Energie wie Licht in Quanten abgibt.
4.8 Biologische Wirkungen ionisierender Strahlung
4.8.1 Ionisierende Strahlung
Ionisierende Strahlung ist eine Teilchen- oder elektromagnetische Strahlung, die aus
Atomen oder Molekülen ein oder mehrere Elektronen entfernen kann, sodass positiv
geladene Ionen oder Molekülreste zurückbleiben (Ionisation).
Zur ionisierenden Strahlung rechnet man alle Strahlungen, deren kinetische Energie
(bei Teilchen) bzw. Quantenenergie (bei Wellen) ausreicht, um Elektronen aus einem
Atom oder Molekül herauszulösen. Dazu benötigt man Ionisationsenergien von mehr
als etwa 5 Elektronenvolt (eV).
− Im elektromagnetischen Spektrum entspricht das Wellenlängen von weniger
als etwa 200 nm.
z.B. Gamma- und Röntgenstrahlung
− Frei fliegende Protonen oder Elektronen müssen kinetische Energien von
mindestens etwa 5 eV haben.
z.B. Betastrahlung und Alphastrahlung
4.8.2 Wirkung auf Gewebe
Primäre Wirkungen
− Energieübertragung auf Makromoleküle:
o Bruch von Wasserstoffbrückenbindungen
o DNA-Einzelstrangbrüche
o DNA-Doppelstrangbrüche
− Ionisation: Bildung von Ionen oder positiv geladenen Molekülresten
− Radikalbildung aus kleineren Molekülen, z.B. Wasser
Ionisierende Strahlung ionisiert Materie nicht nur, sondern kann chemische
Verbindungen zerstören wodurch Radikale entstehen. Hierin liegt ihre biologisch
schädliche Wirkung. Fragmente gesprengter Moleküle finden selten wieder
zusammen. Sie reagieren/verbinden sich mit anderen Molekülen, wodurch diese in
der Regel ebenfalls ihre biologische Funktion verlieren.
34/210
Auch durch Strahlung erzeugte Ionen sind instabil und sind bestrebt, die fehlenden
Elektronen aus ihrer Umgebung zu holen, wodurch entweder die ursprünglichen
Moleküle/Atome wiederhergestellt werden (Rekombination) oder auch durch
Abspalten von Atomen andere Moleküle entstehen.
Sekundäre Wirkungen
Sekundär wirken hochreaktive Radikale auf Makromoleküle:
1. α-Strahlung hat (in der Luft) eine Reichweite von wenigen Zentimetern, kann
durch Papier abgeschirmt werden und durchdringt kaum die Haut.
2. β-Strahlung hat eine Reichweite von mehreren Metern, kann z.B. von
Aluminium absorbiert werden und wird auch von Gewebe absorbiert.
3. γ-Strahlung wird in der Luft kaum abgeschwächt und hat eine unendliche
Reichweite. Sie kann durch Blei abgeschirmt werden. Die Strahlung
durchdringt das Gewebe wird aber auch absorbiert.
4.8.3 Deterministische und stochastische Strahlenwirkungen
Deterministische/Nicht stochastische/akute Strahlenwirkungen/Sofortschäden
– Höhe der Dosis beeinflusst die Schwere der Schäden.
– Ab Schwellwert (Dosis)
– Diese können direkt auf eine bestimmte Strahlenexposition zurückgeführt
werden.
– Sie treten innerhalb weniger Stunden oder Tage nach Expositionen mit
effektiven Dosen ab ca. 200 mSv.
– Ab effektiven Dosen von ca. 1 Sv als Strahlenkrankheit.
– Hautverbrennungen, Linsentrübung, Zellvernichtung (Sterilität, Leukämie,
Immunsystem)
Stochastische/zufallsabhängige Strahlenwirkungen
– Höhe der Dosis beeinflusst die Wahrscheinlichkeit des Eintretens.
– Kein Schwellwert
– Sie treten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erst Jahre oder
Jahrzehnte nach der Exposition auf.
– Die Höhe der Dosis beeinflusst dabei nicht die Schwere der Erkrankung
sondern nur die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens. Da diese
Wahrscheinlichkeit im niedrigen Dosisbereich sehr gering ist, können solche
Spätschäden aufgrund der vergleichsweise geringen Fallzahlen oft nicht
statistisch nachgewiesen werden.
– Krebs, bösartige Transformationen, Veränderung des Erbgutes
4.8.4 Wechselwirkung von γ-Strahlung
Photoeffekt (Photoabsorption)
Die gesamte Energie des einfallenden γ-Quants wird vom Atom absorbiert und auf
ein in der Hülle des Atoms gebundenes Elektron übertragen. Das Elektron wird
dadurch aus der Atomhülle gelöst wodurch ein freies Elektron und ein Ion entstehen.
Photoabsorption tritt bei Photonenenergien im Bereich von 10-200 keV auf.
35/210
Abbildung 22: Wechselwirkungen von γ-Strahlung
Comptoneffekt (Comptonstreuung)
Ähnlich wie beim Photoeffekt wird ein Elektron aus der Atomhülle freigesetzt. Es
wird hierbei jedoch nicht die gesamte Energie des einfallenden γ-Quants an das
Elektron übertragen und somit absorbiert, sondern nur ein Teil davon. Der andere
Teil der Energie verbleibt in einem energieärmeren gestreuten γ-Quant.
Der Comptoneffekt ist der dominierende Wechselwirkungsprozess von Photonen mit
Materie für Photonenenergien zwischen etwa 100 keV bis 10 MeV.
Paarbildung
Das einfallende γ-Quant wird im Feld des Atomkerns gemäß der Einsteinschen
Beziehung zwischen Energie und Masse in Teilchen umgewandelt. Die Paarbildung
führt also zur Erzeugung eines Elektron-Positron-Paares. Das Positron wird in einer
Paarvernichtung wieder in Strahlung (2 γ-Quanten) verwandelt.
Zur Paarbildung kommt es bei Photonenenergien von 1000 bis 100.000 keV.
4.8.5 Absorptionsgesetz
γ-Strahlung
Die Schwächung von γ-Strahlen ist durch die beschriebenen
Wechselwirkungsprozesse sowie durch klassische Streuung erklärbar und kann durch
eine Exponentialfunktion beschrieben werden:
36/210
D = D0 exp(−μ x)
D ... Dosisleistung [J/(kg s)]
D ... Dosisleistung zu Beginn [J/(kg s)]
μ ... Schwächungskoeffizient (abhängig vom
Absorbermaterial und der Strahlenenergie) [m-1]
x ... Schichtdicke [m]
α- und β-Strahlung
Die Schwächung von α- und β-Strahlen ist nur annäherungsweise durch ein
Exponentialgesetz beschreibbar, da die Teilchen außer durch Streuung beim
Durchgang durch Materie auch durch Ionisierung ständig Energie verlieren und
deshalb eine endliche Reichweite haben.
Der Kehrwert des Schwächungskoeffizienten bezeichnet man bei β-Strahlen als
Reichweite R [cm]. Wird die Reichweite mit der Dichte [mg/cm³] eines Stoffes
multipliziert erhält man die Massenreichweite RM [mg/cm²]. Diese ist weitgehend
unabhängig vom Absorbermaterial aber noch abhängig von der Energie der
Strahlung.
4.8.6 Linearer Energietransfer (LET)
Der LET beschreibt den Energieverlust von Strahlung pro Wegstrecke.
dE
LET ... Energieverlust pro Wegstrecke [keV/μm]
LET =
E ... Energie [keV]
ds
s ... Weg [μm]
Wenn die mittlere Ionisierungsenergie des absorbierenden Materials bekannt ist,
lässt sich aus dem LET berechnen, wieviele Ionenpaare pro Wegstrecke gebildet
werden. Daraus ergibt sich ein mittlerer Abstand zwischen den Ionisierungssorten.
Bei einem hohen LET ist dieser Abstand klein und man spricht von „dicht
ionisierender Strahlung“ (α- und Neutronen-Strahlung).
Bei einem niedrigen LET ist dieser Abstand groß (einige nm) und man spricht von
„locker ionisierender Strahlung“ (Röntgen-, β- und γ-Strahlung).
4.9 Dosimetrie (Messung der Exposition)
Alle Strahlenwirkungen auf den Menschen beruhen letztendlich auf der Absorption
von Strahlungsenergie im Gewebe. Die fundamentale physikalische Dosisgröße ist
daher die pro Massenelement absorbierte Energie, die Energiedosis. Für den
Strahlenschutz werden spezielle Dosisbegriffe benötigt, die auf der Energiedosis
basieren, die Äquivalenzdosis und die effektive Dosis.
Dosis
Menge eines Stoffes oder einer Strahlung, die zugeführt werden muss, um eine
bestimmte Wirkung zu erzielen.
− Körperdosis: Tatsächliche Dosis, nicht messbar → Schutzgröße
− Ortsdosis: Von einem Dosimeter gemessene Dosis → Messgröße
37/210
4.9.1 Energiedosis D
Ein Gray ist die durch Radioaktivität und andere ionisierende Strahlung verursachte
Energiedosis und beschreibt die pro Massenelement absorbierte Energie. Die
tödliche Dosis für einen Menschen beträgt ca. 4 Gy.
SI-Einheit: 1 Gy = 1 J/kg = 100 rad (radiation absorbed dose)
D ... Dosis [J/kg]
D=Dt
D ... Dosisleistung [J/(kg s)] = const.
t ... Zeit [s]
Die Dosisleistung D ist der Quotient aus Dosis und Bestrahlungszeit.
4.9.2 Ionendosis J
Die Menge an radioaktiver Strahlung, die beim Durchgang durch ein Kilogramm Luft
eine Ladung von 1 Coulomb erzeugt. 1 C/kg Ionendosis entspricht ca. 35 J/kg
Energiedosis.
SI-Einheit: C/kg
Veraltete Einheit: Röntgen: 1 R = 2,58 . 10-4 C/kg
4.9.3 Äquivalenzdosis H
Die Äquivalenzdosis H (harm = Schaden) beschreibt mit Hilfe eines
Strahlungswichtungsfaktors wR und der Energiedosis D die biologische Wirkung
ionisierender Strahlung auf einzelne Organe. Sie stellt außerdem einen
Näherungswert für die Körperdosis dar.
SI-Einheit: 1 Sv = 1 J/kg = 1 Gy (meist mSv)
Veraltete Einheit: Rem = 0,01 Sv
H ... Äquivalenzdosis [Sv]
H = wRD
wR ... Strahlungswichtungsfaktor []
D ... Energiedosis [Gy]
Der Wichtungsfaktor wR ist abhängig von der Art (tlw. der Energie) der Strahlung:
– Röntgen-, β-, γ-Strahlung: 1
– Neutronenstrahlung: 5-20
– α-Strahlung: 20
4.9.4 Effektive Dosis Deff
Ist die Summe gewichteter Organdosen. Die Organdosen HT werden mit den GewebeWichtungsfaktoren wT des Organs T multipliziert.
Deff ... Effektive Dosis [Sv]
Deff = ∑ w T H T
HT ... Organdosis des Organs T (Äquivalenzdosis) [Sv]
T
wT ... Strahlungswichtungsfaktor des Organs T []
Bei unterschiedlichen Strahlungsarten R gilt:
Deff ... Effektive Dosis [Sv]
Deff = ∑ w T ∑ w R DT,R
T
R
wT ... Strahlungswichtungsfaktor des Organs T []
wR ... Strahlungswichtungsfaktor der Strahlung R []
DT,R ... Organdosis für Strahlungsart R des Organs T [Sv]
38/210
4.9.5 Expositionsdosisleistung H
Die von einer punktförmigen Gamma-Quelle ausgehende Expositionsdosisleistung H
nimmt nach dem quadratischen Abstandsgesetz ab:
1
H ... Expositionsdosisleistung [Sv/s]
H = AΓ 2
A ... Aktivität [Bq]
r
Γ ... Dosisleistungskonstante [(Sv m²)/(Bq s)]
r ... Radius [m]
4.9.6 Zusammenhang Dosis und inkorporierte Aktivität
Der Zusammenhang zwischen der Dosis eines Stoffes und dessen inkorporierter
Aktivität (d.h. Aktivität innerhalb des Körpers) kann folgendermaßen berechnet
werden:
H ... Dosis [Sv]
T
H = A F eff
A ... Aktivität [Bq]
T1/2
F ... Dosisfaktor abhängig vom Isotop [Sv/Bq]
Teff ... Effektive Halbwertszeit
T1/2 ... Physikalische Halbwertszeit
4.9.7 Strahlenbelastung
Die mittlere Strahlenbelastung in Österreich beträgt 4,0 mSv/a und ist auf die
natürliche Strahlenbelastung und auf die Belastungen durch Medizin, Technik, und
Forschung, etc. zurückzuführen:
− Natürliche Strahlenbelastung:
o Kosmische Strahlung in Meereshöhe: 0,3 mSv/a
o Terrestrische Strahlung: 0,4 mSv/a
o Aufnahme über Nahrung, Trinkwasser: 0,3 mSv/a
o „Eigendosis“ des Menschen: 1,4 mSv/a
⇒ 2,4 mSv/a
− Medizin ⇒ 1,5 mSv/a
− Technik, Forschung, Kernkraftwerke ⇒ 0,1 mSv/a
Die Letaldosis LD gibt das Verhältnis Erkrankter zu Todesfällen über einen
gewissen Zeitraum an.
Beispiel: LD 10/30 bedeutet, dass nach 30 Tagen 10 % der Erkrankten gestorben
sind.
39/210
Dosis
> 80 Sv
> 50 Sv
20-50 Sv
10-20 Sv
6-10 Sv
4-6 Sv
3-4 Sv
2-3 Sv
1-2 Sv
0,5-1 Sv
250 mSv
200 mSv
2,4 mSv/a
0,01 mSv/a
Wirkung
Sofortiger Todeseintritt
Sofortige Desorientierung, Koma innerhalb von
Sekunden/Minuten, Tod durch Versagen des ZNS
LD 100/3
Massiver Durchfall, Darmblutungen, Wasserverlust,
Schädigung des ZNS, Koma durch Kreislaufversagen
(LD 100/7)
Tödliche Dosis (LD 100/14): Knochenmark fast völlig
zerstört, Magen-Darm-Gewebe schwer geschädigt
7 Sv = Letale Dosis
Schwere Strahlenkrankheit: Störung der Blutbildung,
stark erhöhte Infektionsbereitschaft, Tod durch
Infektionen und Blutungen (LD 60/30)
Durchfall, Blutungen in Mund, Haut, Nieren (LD
50/30)
4 Sv = Mittlere letale Dosis
Übelkeit, Haarausfall, Verlust weißer Blutkörperchen,
starker Anstieg des Infektionsrisikos, permanente
Sterilität bei Frauen (LD 35/50)
Nachteilige Wirkungen auf das Knochenmark,
schlechtes Allgemeinbefinden (LD 10/30)
Vorübergehende Strahlenkrankheit: Veränderung des
Blutbilds, Hautrötungen, Übelkeit, Erbrechen
1 Sv = Subletale Dosis
0,25 Sv = Schwellendosis
Erste Bestrahlungseffekte
Maximale natürliche Strahlenbelastung
Mittlere natürliche Strahlenbelastung (Deutschland)
3 h Flug in 10 km Höhe
4.10 Strahlenschutz
Für jede Tätigkeit muss die Strahlenbelastung so niedrig wie vernünftigerweise
erreichbar gehalten werden (ALARA-Prinzip – As Low As Reasonable Possible).
Strahlung darf auf den Menschen nur angewandt werden, wenn dies durch den
Nutzung dieser Anwendung gerechtfertigt erscheint.
Man unterscheidet zwischen externer (Quelle außerhalb des Körpers) und interner
Strahlenexposition (Quelle inkorporiert).
Die Maßnahmen gegen die externe Strahlenexposition werden unter den 3 As
zusammengefasst:
– Abstand: Quadratisches Abstandsgesetz (doppelter Abstand → ¼ der
Intensität) ⇒ groß
– Aufenthalt(sdauer): Dosis = Dosisleistung × Zeit ⇒ kurz
– Abschirmung: Absorption der Strahlung ⇒ Abschirmung, Schutzkleidung
Falls beeinflussbar sollte auch ein Stoff mit möglichst geringer Aktivität genutzt
werden.
40/210
5 Optik
5.1 Reflexion
Reflexionsgesetz
1. Einfallender Strahl, Einfallslot und reflektierter Strahl liegen dabei in einer
Ebene, der Einfallsebene.
2. Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel (Reflexionswinkel).
Spiegelnde (reguläre) Reflexion
Bei einer glatten Oberfläche wird das Licht nur in eine Richtung nach, Einfallswinkel
gleich Ausfallswinkel, reflektiert.
Diffuse Reflexion
Flächen mit einer großen Rauhigkeit relativ zur Wellenlänge reflektieren diffus.
Der Einfallswinkel entspricht ebenfalls dem Ausfallswinkel, jedoch erfolgt durch die
Strukturierung der Oberfläche keine gerichtete Reflexion.
Reflektierte Strahlung
Die reflektierte Strahlung I hängt von den Brechzahlen der Medien und der
Geometrie ab. Bei rechtwinkeligem Einfall gilt:
2
I ... Intensität der reflektieren Strahlung
⎛ n1 − n 2 ⎞
I = I0 ⎜
I0 ... Intensität der einfallenden Strahlung
⎟
⎝ n1 + n 2 ⎠
ni ... Brechzahl des Mediums i
Reflexionsgrad
Der Reflexionsgrad R gibt den Anteil der reflektieren Strahlung I zur einfallenden
Strahlung Io:
R ... Reflexionsgrad
I
R=
I ... Intensität der reflektieren Strahlung
I0
I0 ... Intensität der einfallenden Strahlung
5.2 Brechung
Licht, welches von einem Medium mit kleinerer Brechzahl in ein Medium mit
höherer Brechzahl übertritt, wird zum Lot hin gebrochen. Umgekehrt wird der
Lichtstrahl beim Passieren der Grenze zu einem Medium mit kleinerer Brechzahl
vom Lot weggebrochen. Das Vakuum hat eine Brechzahl von 1 (siehe Kapitel 3.2).
Snelliussches Brechungsgesetz
sin α n1
=
sin β n 2
α ... Einfallswinkel
β ... Ausfallswinkel
ni ... Brechzahlen
Totalreflexion
Die Totalreflexion ist ein optisches Phänomen, bei dem elektromagnetische
Strahlung an der Grenzfläche zweier Medien nicht gebrochen, sondern vollständig
reflektiert wird.
41/210
Abbildung 23: Totalreflexion
Ein Lichtstrahl, der aus einem optisch dichteren Medium (Brechzahl n1) kommt und
auf die Grenzfläche zu einem optisch dünneren Medium (Brechzahl n2) fällt, wird
gemäß dem snelliusschen Brechungsgesetz vom Einfallslot weg gebrochen –
der Brechungswinkel θ2 ist größer als der Einfallswinkel θ1 des Lichts (grüner Strahl
in Abbildung 23).
Vergrößert man den Einfallswinkel θ1, so verläuft der gebrochene Strahl θ2 ab einem
bestimmten Wert parallel zur Grenzfläche (gelber Strahl). Dieser Winkel wird
Grenzwinkel der Totalreflexion (kritischer Winkel) θc genannt. Der Winkel
der Totalreflexion lässt sich mithilfe des snelliusschen Brechungsgesetzes berechnen:
θc ... Grenzwinkel der Totalreflexion
⎛n ⎞
θc = arcsin ⎜ 1 ⎟ für n1 < n 2
ni ... Brechzahlen
⎝ n2 ⎠
Für Einfallswinkel größer θc müsste der Brechungswinkel gemäß dem snelliusschen
Brechungsgesetz größer als 90 Grad werden. Dies steht im Widerspruch zur
Voraussetzung, dass der gebrochene Strahl in das optisch dünnere Material
hindurchgeht. Die elektromagnetische Welle kann nicht mehr in das optisch dünnere
Medium eindringen und wird statt des gebrochenen Strahls vollständig an der
Grenzfläche reflektiert (gilt nur für vollständig transparente Materialien). Der
Reflexionswinkel (Ausfallswinkel) ist wie bei der „normalen“, externen Reflexion
gleich dem Einfallswinkel (roter Strahl). Man spricht daher von einer
Totalreflexion.
Beispiel: Bei einer Fata Morgana entstehen vermeintliche Spiegelbilder durch
Totalreflexion zwischen kühlen und heißen Luftschichten. Bei einem Diamanten
dringen Lichtstrahlen in den Edelstein ein, treten aber erst nach einer großen Anzahl
von Totalreflexionen wieder aus was zum bekannten „Funkeln“ führt.
5.3 Dispersion
Die Erscheinung, dass die Brechzahl eines Stoffes von der Wellenlänge abhängig ist
wird als Dispersion bezeichnet.
Eine Folge der Dispersion ist die Auffächerung von weißem Licht, also Licht
unterschiedlicher Wellenlängen, in seine farbigen Bestandteile beim Durchgang
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durch ein Prisma. Dabei gilt, dass für fast alle Stoffe die Brechzahl n für kurzwelliges
(blaues) Licht größer ist als für langwelliges (rotes) Licht. Daher wird blaues Licht in
der Regel stärker gebrochen als rotes Licht.
5.4 Abbildung mit einer Linse
Strahlenarten
− Parallelstrahl: Ein zur optischen Achse der Linse parallel verlaufender
Strahl durchläuft den Brennpunkt im Bildraum.
− Zentralstrahl (Mittelpunktsstrahl): Ein durch die Mitte der Linse
verlaufender Strahl behält seine Richtung auch im Bildraum bei.
− Brennstrahl: Ein durch den Brennpunkt im Objektraum verlaufender Strahl
wird so gebrochen, dass er im Bildraum parallel zur optischen Achse verläuft.
Vergleich Strahlengang Linse und Platte
Linse
Strahlengang ergibt sich aus geradliniger
Ausbreitung und Brechungsgesetz
Richtungsablenkung einfallender
Strahlen, die Position bleibt
näherungsweise konstant
Die Ablenkung ist proportional zum
Abstand zur Achse
Platte
Strahlengang ergibt sich aus geradliniger
Ausbreitung und Brechungsgesetz
Bei planparallelen Platten erfolgt keine
Richtungsänderung
Das Ausmaß der Parallelverschiebung
hängt von den Brechungsindizes und der
Plattendicke ab
Reeles Bild
− Kann auf einem Schirm abgebildet werden
− Kann ohne optische Einheit betrachtet werden
− Abhängig vom Verhältnis von Gegenstandsweite zu Brennweite erscheint das
Objekt vergrößert, gleich groß oder verkleinert.
Beispiel: Lochkamera, Sammellinse wenn g > f, TV-Schirm, Video-Beamer
43/210
Virtuelles Bild
− Kann nicht auf einem Schirm abgebildet werden
− Kann nur mit optischer Einheit betrachtet werden
− Beobachter interpretiert ein vom tatsächlichen Bild in Größe und Position
abweichendes Bild
Beispiel: Lupe, Spiegel
Abbildungsgleichung (Linsengleichung)
Die Abbildungsgleichung setzt Brennweite f, Gegenstandsweite g und Bildweite b
zueinander in folgende Beziehung:
f ... Brennweite
1 1 1
= +
b ... Bildweite
f b g
g ... Gegenstandsweite
Abbildungsmaßstab A (bzw. Vergrößerung V)
Der Abbildungsmaßstabs A ist das Verhältnis von Bildweite und Gegenstandsweite.
A ... Abbildungsmaßstab (Vergrößerung)
B b
A= =
B ... Bildgröße
G g
G ... Gegenstandsgröße
b ... Bildweite
g ... Gegenstandsweite
Brechkraft D
Die Brechkraft D ist der Kehrwert der Brennweite f. Die Brechwerte in der Einheit m-1
angegeben, die in diesem Zusammenhang als auch Dioptrie (dpt) bezeichnet wird:
D ... Brechkraft [m-1]
1
D=
f ... Brennweite
f
Förderliche Vergrößerung
Bei der förderlichen Vergrößerung handelt es sich um jene Vergrößerung bei der die
kleinsten Strukturen, die noch vom Objektiv aufgelöst werden können nach der
Abbildung im Auge durch das Okular immer noch aufgelöst werden können. Durch
eine weitere Vergrößerung (z.B. ein stärker vergrößerndes Okular) wird das Bild zwar
größer aber es werden keine weiteren Details sichtbar:
500.A ≤ V ≤ 1000.A
A ... Apertur des Objektivs (siehe Kapitel 13.3)
V ... Vergrößerung durch das Objektiv
44/210
5.4.1 Reeles, verkleinertes und verkehrtes Bild
Der Gegenstand befindet sich außerhalb der doppelten Brennweite einer
Sammellinse: g > 2f
G
F
F
B
5.4.2 Reeles, gleichgroßes und verkehrtes Bild
Der Gegenstand befindet sich genau in der doppelten Brennweite einer Sammellinse:
g = 2f
G
F
F
B
5.4.3 Reeles, vergrößertes und verkehrtes Bild
Der Gegenstand befindet sich zwischen der einfachen und der doppelten Brennweite
einer Sammellinse: 2f > g > f
G
F
F
B
45/210
5.4.4 Bild im Unendlichen
Der Gegenstand befindet sich genau in der Brennweite einer Sammellinse: g = f
Die gebrochenen Strahlen verlaufen parallel. Die Linse ist voll mit der Farbe des
Gegenstandes bedeckt.
G
F
F
Auge
5.4.5 Virtuelles, vergrößertes und aufrechtes Bild
Der Gegenstand befindet sich innerhalb der einfachen Brennweite einer
Sammellinse: g < f
B
Auge
G
F
F
Dieser Aufbau entspricht der Situation einer Lupe, die dazu dient Gegenstände
vergrößert betrachten zu können.
Die Normalvergrößerung einer Lupe erhält man, wenn man den Gegenstand etwa
in die Brennebene der Lupe bringt und sich die Augen ca. 25 cm von der Lupe
entfernt befinden:
V ... Vergrößerung
25 cm
V=
f ... Brennweite
f
5.5 Das Auge
Das menschliche Auge ist das wichtigste optische System bestehend aus Hornhaut,
Augenflüssigkeit, Linse und Glaskörper. Es wirkt wie eine Sammellinse mit einer
hinteren Brennweite von ca. 23 mm.
Die Augenlinse wird durch Muskeln so gekrümmt, dass auf der Netzhaut ein scharfes,
umgekehrtes und reeles Bild entsteht. Die Anpassung an unterschiedlich weit
entfernte Gegenstände (Akkommodation) erfolgt durch Krümmungsveränderung der
Augenlinse. Die Anpassung an die Intensität des einfallenden Lichtes erfolgt durch
die Pupille, eine Blende mit veränderlicher Öffnung (Apertur).
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Ein gesundes Auge kann ohne Anstrengung Gegenstände in einer minimalen
Entfernung von 25 cm (deutliche Sehweite) scharf abbilden.
Sehwinkel
Als Sehwinkel bezeichnet man jenen Winkel, den die äußersten von einem
Gegenstand kommenden Strahlen im Auge miteinander einschließen. Er bestimmt
die Größe des Netzhautbildes. Ein Gegenstand erscheint dem Auge umso größer, je
größer der Sehwinkel ist, unter dem er wahrgenommen wird.
Zwei Gegenstände können noch getrennt wahrgenommen werden, wenn sie unter
einem Sehwinkel von mindestens 3’ (d.h. Bogenminute) erscheinen
(Auflösungsvermögen des menschlichen Auges). Das entspricht ca. einem Abstand
zwischen zwei Punkten von 3 mm bei einer Entfernung von 1 m bzw. einem
Menschen in einer Entfernung von 2,2 km.
Weitsichtigkeit
Gegenstände in der Nähe können nicht scharf abgebildet werden. Das Bild entsteht
hinter der Netzhaut und kann durch eine Sammellinse korrigiert werden (positive
Dioptrienzahl).
Kurzsichtigkeit.
Gegenstände in der Ferne können nicht scharf abgebildet werden. Das Bild entsteht
vor der Netzhaut und kann durch eine Zerstreuungslinse korrigiert werden (negative
Dioptrienzahl).
5.6 Linsenfehler
Sphärische Abberation
Wie bei sphärischen Hohlspiegeln schneiden auch bei Sammellinsen achsenferne
Parallelstrahlen einander nicht genau im Brennpunkt. Diese sphärische Abberation
kann durch Ausblenden der Randstrahlen verhindert werden.
Chromatische Abberation
Aufgrund der Dispersion (siehe Kapitel 5.3) treten bei den durch Linsen erzeugten
Bildern farbige Ränder auf. Diese Erscheinung nennt man chromatische Abberation.
Sie kann durch Verwendung spezieller Linsensysteme (Achromate) verhindert
werden.
5.7 Huygenssches Prinzip
Viele Wellenerscheinungen, z.B. Brechung, Reflexion und Beugung, lassen sich mit
Hilfe des Huygensschen Prinzips erklären.
Die Fläche bzw. Linie um den Wellenerreger, auf der die Teilchen nach derselben Zeit
in gleicher Phase schwingen, heißt Wellenfront. Die Ausbreitungsrichtung einer
Wellenfront wird durch die Wellenstrahlen angegeben, die immer senkrecht auf die
Wellenfront stehen.
47/210
Huygenssches Prinzip
− Jeder Punkt einer bestehenden
Wellenfront ist Ausgangspunkt
einer neuen Elementarwelle, die
die gleiche
Ausbreitungsgeschwindigkeit und
Frequenz wie die ursprüngliche
Wellenfront hat.
− Durch Interferenz schwächen oder
verstärken einander die
Elementarwellen, dass nur die
Einhüllende als neue Wellenfront
übrig bleibt.
Abbildung 24: Huygenssches Prinzip
Als experimentellen Nachweis kann man eine ebene Wasserwelle gegen ein
Hindernis mit einem schmalen Spalt laufen lassen wodurch ein einzelner Punkt der
Wellenfront herausgegriffen wird. Es zeigt sich, dass die Wellenfronten hinter dem
Spalt kreisförmig sind. Ein Punkt im Spalt kann wie ein Wellenerreger aufgefasst
werden, er ist also Ausgangspunkt einer Elementarwelle.
5.8 Interferenz
Als Interferenz bezeichnet man die additive Überlagerung (Superposition) von
Wellen.
Dabei bilden sich Bereiche der Verstärkung und der Abschwächung bzw.
Auslöschung aus.
Entscheidend ist dabei die Phasenverschiebung zwischen den beiden Wellen.
Beträgt er an einem Ort 0, ϕ oder ein Vielfaches davon dann treffen die Wellen bei
gleicher Wellenlänge mit der gleichen Phase zusammen was zu einer Verstärkung,
d.h. einer konstruktiven Interferenz führt:
A = A1 + A 2
τ1 = τ2
ϕ1 − ϕ2 = 0
Bei einer Phasenverschiebung von ϕ/2 oder einem ungeradzahligen Vielfachen davon
kommt es zu einer Abschwächung, d.h. einer destruktiven Interferenz:
A = A1 + A 2 = 0
τ1 = τ2
ϕ1 − ϕ2 = π
5.9 Beugung (Diffraktion)
Trifft eine Welle auf einen Spalt oder eine Kante so sind die betreffenden Stellen nach
Huygens Ausgangspunkt von Elementarwellen. Damit breitet sich die Welle auch in
den Raum dahinter (Schattenraum) aus. Dringt eine Welle abweichend von ihrer
geradlinigen Ausbreitung an Kanten Spalten in den dahinterliegenden Raum ein
spricht man von Beugung.
Durch Überlagerung und dadurch bedingter Interferenz von Elementarwellen
entstehen Beugungsmuster.
48/210
5.9.1 Beugung und Interferenz am Doppelspalt
Eine Welle trifft auf zwei dicht beieinander liegende Spalte, dahinter überlagern sich
die beiden Teilstrahlen.
Bedingung für eine konstruktive
Interferenz (Maximum)
Es ergibt sich eine Reihe von
Interferenzmaxima mit der Eigenschaft,
dass der Weglängenunterschied der
beiden Teilstrahlen ein ganzzahliges
Vielfaches der Wellenlänge ist
(Überlagerung der Wellenberge). Beträgt
der Weglängenunterschied 1 handelt es
sich um ein Maximum 1. Ordnung,
beträgt er 2 ist es ein Maximum 2.
Ordnung, usw.
d sin θ = m λ
Abbildung 25: Beugung am Doppelspalt
d ... Spaltabstand [m]
θ ... Ausfallswinkel in den Schattenraum
m ... ganzzahliger Proportionalitätsfaktor
λ ... Wellenlänge [m]
Bedingung für eine destruktive Interferenz (Minimum)
Interferenzminima ergeben sich bei folgendem Weglängenunterschied (Überlagerung
von Wellenberg und Wellental):
d ... Spaltabstand [m]
1⎞
⎛
d sin θ = ⎜ m + ⎟ λ
θ ... Ausfallswinkel in den Schattenraum
2⎠
⎝
m ... ganzzahliger Proportionalitätsfaktor
λ ... Wellenlänge [m]
5.10 Absorption
Lambert-Beersches Gesetz
Der Grad der Lichtabsorption wird durch das Lambert-Beersche Gesetz bestimmt
und gilt für alle Spektralbereiche:
I ... Lichtintensität nach absorbierender Schicht
I = I0 exp(−ε c d)
I0 ... Lichtintensität, die auf absorbierende Schicht fällt
ε ... Molarer Extinktionskoeffizient [l mol-1 cm-1]
c ... Konzentration [mol/l]
d ... Schichtdicke [cm-1]
Extinktion
Die Extinktion ist die wahrnehmungsgerecht logarithmisch formulierte
Lichtundurchlässigkeit, und damit ein Maß für die Abschwächung einer Strahlung in
einem Medium.
Beim Durchtritt von Lichtquanten durch die absorbierende Schicht wird ein Teil
davon zufolge Elektronenanregung bzw. Anregung von Schwingungen und
Rotationen der Moleküle zurückgehalten, wodurch der austretende Lichtstrom
entsprechend geschwächt wird.
49/210
Für die Messung der Lichtabsorption verwendet man meist monochromatisches
Licht (d.h. Licht einer bestimmten Wellenlänge), weil die Lichtabsorption bei
verschiedenen Wellenlängen unterschiedlich ist.
E ... Extinktion (optische Dichte)
I
I
1
E = − log = log 0 = log = ε c d I ... Lichtintensität, die auf absorbierende Schicht
0
I0
I
T
fällt
I ... Lichtintensität nach absorbierender Schicht
ε ... Molarer Extinktionskoeffizient [l mol-1 cm-1]
c ... Konzentration [mol/l]
d ... Schichtdicke [cm-1]
Transmission
Der Transmissionsgrad, das Verhältnis der Intensität nach einem Hindernis zur
Intensität vor einem Hindernis, d.h. der Anteil der durchgelassenen Strahlung.
Nimmt Werte zwischen 0 und 1 an.
T ... Transmission
I
T=
I ... Lichtintensität nach absorbierender Schicht
I0
I0 ... Lichtintensität, die auf absorbierende Schicht fällt
Absorption
Die Schwächung einer Strahlung beim Durchgang durch Materie.
A ... Absorption
I
A = 1− T = 1−
T ... Transmission
I0
I0 ... Lichtintensität, die auf absorbierende Schicht fällt
I ... Lichtintensität nach absorbierender Schicht
5.11 Streuung
Unter Streuung versteht man die Ablenkung der Strahlung ohne Änderung der
Wellenlänge bzw. eine Umwandlung in eine andere Energieform.
Die Summe, der von einem Streuvolumen nach allen Richtungen gestreute Strahlung
entspricht der Schwächung des geradeaus weitergehenden Strahls.
Rayleigh-Streuung (Dipol-Streuung)
Elastische (d.h. keine Energieübertragung) Streuung elektromagnetischer Wellen an
Teilchen, die einen im Vergleich zur Wellenlänge der gestreuten Wellen kleinen
Durchmesser besitzen (ca. 4 nm). Die Streuung erfolgt sowohl vorwärts gerichtet als
auch seitwärts.
Mie-Streuung
Streuung elektromagnetischer Wellen an Teilchen, deren Durchmesser in etwa der
Wellenlänge der Strahlung entspricht (ca. 0,1-10 μm). Die Streuung erfolgt v.a.
vorwärts gerichtet.
Raman-Streuung
Inelastische Streuung an Atomen, Molekülen oder Festkörpern.
50/210
5.12 Spektrale Empfindlichkeit
Sinnesorgane und technische Geräte reagieren auf bestimmte Bereiche eines
Spektrums entsprechend einer Empfindlichkeitsfunktion, die als Filter angesehen
werden kann.
Beispiel:
− Das menschliche Auge nimmt elektromagnetische Strahlung in einem
Wellenlängenbereich von 380-780 nm wahr (sichtbare Strahlung). Innerhalb
dieses Spektralbereichs reagiert das Auge unterschiedlich empfindlich auf die
einzelnen Wellenlängen.
Abbildung 26: Die Spektralen Absorptionskurven beschreiben die Reizantwort der drei
Zapfenarten (Farbsehen) und der Stäbchen (Dämmerungssehen) in Bezug zur Wellenlänge des
Lichtreizes. S ... Blaurezeptor (short wavelength), M ... Grünrezeptor (medium wavelength), L ...
Rotrezeptor (long wavelength), R ... Stäbchen (rods)
− Die Hörschwelle des Menschen liegt zwischen der tiefsten hörbaren Frequenz
von 20 Hz und der höchsten hörbaren Frequenz, die je nach Alter bis maximal
20 kHz beträgt. Die Hörschwelle des Menschen verläuft dabei nicht linear
sondern hat zwischen der tiefsten und der höchsten Frequenz bei etwa 4 kHz
den Punkt der höchsten Wahrnehmungsempfindlichkeit, jenseits dessen die
Wahrnehmungsempfindlichkeit in beide Richtungen nachlässt.
− Auch die Haut reagiert unterschiedlich auf die verschiedenen
Wellenlängenbereiche des elektromagnetischen Spektrums. Sie reagiert
weitaus empfindlicher auf kurze Wellenlängen (z.B. Sonnenbrand durch UVStrahlung) während sie für sichtbare Strahlung relativ unempfindlich ist (z.B.
kein Sonnenbrand durch Glühbirne).
51/210
6 Transportvorgänge
6.1 Allgemeiner Ansatz für Transportphänomene
Allgemein kann ein Fluss J eines Stoffes als Kraft X mal Leitfähigkeit L bzw. Kraft X
pro Widerstand R beschrieben werden:
J ... Fluss einer Größe
X
J=LX=
X ... Kraft
R
L ... Leitfähigkeit
R ... Widerstand
6.2 Gradient
Ein Gradient einer Größe G ist die Differenz zwischen zwei Werten dieser Größe ΔG
dividiert durch deren räumlichen Abstand Δx :
G ... Physikalische/chemische Größe
ΔG G 2 − G1
=
x ... Abstand zwischen den beiden Größenausprägungen
Δx
x 2 − x1
Der Gradient gibt somit in jeder Richtung die Änderung der Größe G an (vektorielle
Größe). Für die Bestimmung eines Gradienten im Raum ist das totale Differential zu
bilden, für einen Gradienten entlang einer Koordinatenachse entsprechend das
partielle Differential.
Gradienten bei Zellmembranen
Phasengrenzen in biologischen Systemen werden durch Zellmembranen gebildet, die
eine geringe Dicke verglichen mit den sie umgebenden Räumen aufweisen. Diese
Zellmembranen trennen Phasen mit unterschiedlichen Stoffkonzentrationen. Der
daraus resultierende Konzentrationsgradient löst Transportvorgänge durch die
Zellmembran aus. Atome und kleine Moleküle können mit Hilfe von Diffusion und
Osmose durch die Zellmembran hindurchtreten. Größere Moleküle werden durch
Membrankanäle geschleust wofür Energie aufgewendet werden muss (z.B. Na-KPumpe).
Mechanismen zum Transport von thermischer Energie
− Wärmeleitung (Konduktion)
− Wärmeströmung (Konvektion)
− Wärmestrahlung
Anwendungen des Gradienten in biologischen Systemen
Anwendungsgebiet
Gradient
Wärmeleitung (Konduktion) Temperaturdifferenz
Flussströmung
Gefälle (Höhendifferenz)
Wind
Druckdifferenz
Elektrischer Strom
Spannung (Potentialdifferenz)
Konvektionsströmung
Dichteunterschied
Atmung
Druckdifferenz
Blutkreislauf
Druckdifferenz
52/210
6.3 Wärmetransport durch mehrere Schichten
Menschen und Tiere bzgl. Wärmetransport als „mehrschichtige“ Konstruktionen
angesehen werden (z.B. Körperinneres → Haut → Fell). Diese Schichten können
daher als eine serielle Schaltung von Wärmeleitwiderständen gesehen werden. Der
Wärmeleitwiderstand ist der Kehrweit der Wärmeleitfähigkeit (siehe Kapitel 6.1 und
9.6):
Rges ... Gesamtwiderstand
1
R ges = ∑ R i = ∑
R1 ... Einzelwiderstände
λi
λ1 ... Wärmeleitfähigkeiten
Wärmedurchgang
Wärmedurchgang wird die Wärmeübertragung von einem Fluid durch eine Wand auf
ein anderes Fluid genannt. Für den Wärmetransport aus dem Körperinneren an die
Umgebung setzt er sich aus folgenden Teilberechen zusammen:
− Wärmeübergang vom Körperinneren auf die Haut
− Wärmeleitung durch die Haut
− Wärmeübergang von der Haut an die Umgebung
Vereinfacht gesagt erfolgt innen und außen der Wärmetransport durch
Wärmeströmung (Konvektion) und durch die Haut durch Wärmeleitung
(Konduktion). Dabei ist der Wärmestrom beim Fluss durch alle Schichten immer
gleich groß.
Wärmedurchgangskoeffizient U
Der Wärmedurchgangskoeffizient U ist ein Maß für den Wärmedurchgang durch eine
ein- oder mehrlagige Materialschicht, wenn auf beiden Seiten verschiedene
Temperaturen anliegen (innen Körpertemperatur, außen Umgebungstemperatur).
Er gibt die Energiemenge (in Joule) an, die in einer Sekunde durch eine Fläche von 1
m² fließt, wenn sich die beidseitig anliegenden Temperaturen um 1 K unterscheiden.
Der Kehrwert des Wärmedurchgangskoeffizienten ist der
Wärmedurchgangswiderstand RT.
Je höher der Wärmedurchgangskoeffizient, desto schlechter ist die
Wärmedämmeigenschaft des Stoffs. Je höher der Wärmedurchgangswiderstand,
desto besser ist die Wärmedämmeigenschaft.
53/210
Abbildung 27: Wärmetransport aus dem Körperinneren
6.4 Diffusion
Unter Diffusion versteht man die Erscheinung, dass sich Teilchen eines Stoffes
aufgrund ihrer thermischen Bewegung mit denen eines anderen Stoffes selbstständig
vermischen.
Abbildung 28: Konzentrationsausgleich durch Diffusion
Die Diffusion gleich so Konzentrationsunterschiede zwischen Stoffen innerhalb einer
endlichen Zeit aus. Der Diffusionsstrom (Netto-Teilchenstrom) fließt dabei von Orten
höherer Konzentration zu Orten niederer Konzentration. Die Diffusion ist ein
wichtiger passiver Transportvorgang über kurze Strecken hinweg.
Brownsche Molekularbewegung
Unter der Brownschen Molekularbewegung versteht man die Wärmebewegung von
Teilchen. Dabei beschreibt jedes Atom oder Molekül bei Temperaturen über 0 Kelvin
eine Bewegung. Die Moleküle befinden sich in ständiger ungeordneter Bewegung und
stoßen dabei gegeneinander und versetzen so weitere Moleküle in Bewegung. Die
Geschwindigkeit der Moleküle ist dabei umso größer je höher die Temperatur ist.
54/210
6.4.1 Erstes Ficksches Gesetz
Nach dem ersten Fickschen Diffusionsgesetz ist der Diffusionsstrom direkt
proportional dem Konzentrationsgradienten.
Die Konzentration selbst ändert sich hier nicht, da der Teilchenaustausch bezogen
auf die Gesamtzahl der Teilchen nur einen verschwindend kleinen Anteil ausmacht.
Die Diffusionsgeschwindigkeit ist für Gase groß, für Flüssigkeiten und vor allem für
Festkörper wesentlich kleiner.
J ... Teilchenstromdichte [mol/(m² s)] bzw.
∂c
J=D
Massenstromdichte [kg/(m² s)]
∂x
D ... Diffusionskoeffizient [m²/s]
∂c
... Konzentrationsgradient [mol/m4] bzw. [kg/m4]
∂x
Beispiel: Wasserdampf diffundiert durch eine Stallwand entlang eines
Konzentrationsgradienten. Der Austausch von Wasserdampf ist aber zu gering um
die Konzentration des Wasserdampfs zu beeinflussen.
6.4.2 Zweites Ficksches Gesetz
Der Konzentrationsverlauf bei einer Ionenabscheidung aus einem ungerührten
Elektrolyten ist zeitlich nicht konstant und wird durch das zweite Ficksche Gesetz
beschrieben. Das Konzentrationsprofil ist nicht mehr allein ortsabhängig, sondern
auch eine Funktion der Zeit.
D.h. man kann eine zeitliche Änderung der Konzentration bestimmen, die jetzt im
Gegensatz zum ersten Fickschen Gesetz vom Quadrat des Gradienten abhängt.
D ... Diffusionskoeffizient [m²/s]
∂c
∂ 2c
= D 2 für D = const c ... Konzentration
∂t
∂x
x ... Ort
t ... Zeit
Beispiel: Eine Chlor-Tablette wird zur Desinfektion in einem mit Wasser gefüllten
Becken aufgelöst. Mit der Zeit ändert sich dadurch die Chlor-Konzentration
innerhalb des Wassers wodurch das zweite Ficksche Gesetz zur Anwendung gelangt.
Beispiel: Vergleich mit der Wärmeleitung: Steckt man einen Löffel in eine Tasse
heißen Tee erwärmt sich der Löffel konstant durch Wärmeleitung entsprechend dem
ersten Fickschen Gesetz, abhängig von einem Temperaturgradienten zwischen
kühlem Löffel und heißem Tee. Da mit der Zeit die Temperatur des Tees abnimmt
ändert sich somit auch die Wärmeleitung innerhalb des Löffels.
6.5 Osmose
Die Osmose ist ein Spezialfall der Diffusion durch eine semipermeable Wand. Eine
Wand heißt semipermeabel (halbdurchlässig), wenn nur das Lösungsmittel passieren
kann.
Osmotischer Druck
Das Konzentrationsgefälle ruft einen osmotischen Druck hervor, der das
Lösungsmittel solange durch die Membran treibt bis der Konzentrationsunterschied
ausgeglichen ist.
55/210
Die Osmose hört auf, wenn der osmotische Druck einen gleich großen
entgegengesetzten Druck kompensiert wird (z.B. hydrostatischer Druck).
Für ideale Lösungen und geringe Konzentrationen gilt das Gesetz von Van’t Hoff:
π=cRT
π ... Osmotischer Druck [Pa]
R ... Gaskonstante [J/(mol K)]
T ... Temperatur [K]
c ... Konzentration [mol/m³]
Beispiel:
− Als Hämolyse wird das Aufplatzen der Erythrozyten bezeichnet, wenn sie sich
in einer hypotonen Lösung (d.h. mit geringerer Konzentration) befinden. Um
die höhere Konzentration innerhalb des Erythrozyten gegenüber der
umgebenden Lösung auszugleichen tritt über Osmose solange Wasser in das
rote Blutkörperchen ein bis dieses platzt.
− Die Filtration des Primärharns findet in den Malpighischen Körperchen der
Nieren durch Osmose statt.
56/210
7 Fluiddynamik
7.1 Kompressible und inkompressible Medien
Ideales Fluid
Eine Substanz, die einer beliebig kleinen Verformungskraft keinen Widerstand
entgegensetzt. Gase und Flüssigkeiten sind in diesem Sinne Fluide.
Kompressible Medien
Medien, die einer Volumensänderung keinen Widerstand entgegensetzen.
Beispiel: Gase
Inkompressible Medien
Medien, die einer Volumensänderung einen großen Widerstand entgegensetzen.
Beispiel: Flüssigkeiten, Festkörper
Aggregatszustand
Fest
Flüssig
Gasförmig
−
−
−
−
−
−
−
−
−
Eigenschaften
Volumsbeständig
Formbeständig
Inkompressibel
Volumsbeständig
Keine bestimmte Form
Inkompressibel
Kein bestimmtes Volumen
Keine bestimmte Form
Kompressibel
7.2 Statischer Druck von Fluiden
Fluide können jeden beliebigen Raum vollständig ausfüllen und Kräfte gegenüber
Körpern ausüben. Die Kraft F wirkt normal zur Oberfläche des Fluids. Bezogen auf
die Fläche ergibt sich der Druck:
p ... Druck [Pa]
F
p=
F ... Kraft [N]
A
A ... Fläche [m²]
Unter Berücksichtigung der darüber befindlichen Fluidsäule der Höhe h ergibt sich
der Druck an einem Punkt innerhalb des Fluids:
p ... Druck [Pa]
p = p0 + ρ g h
p0 ... Druck an der Oberfläche [Pa]
ρ ... Dichte [kg/m³]
g ... Erdbeschleunigung [m/s²]
h ... Höhe der Fluidsäule [m]
D.h. der Druck an einer Stelle, die sich unter der Flüssigkeitsoberfläche befindet ist
größer als der Druck an der Oberfläche, da das Gewicht der Flüssigkeitssäule
ebenfalls einen Druck ausübt. Der Druck nimmt also mit zunehmender Tiefe zu und
steigt alle 10 Meter um 1 bar.
57/210
Messung des Augeninnendrucks
Die Augenkammer des Auges ist mit Kammerwasser
gefüllt. Der Druck des Kammerwassers bewirkt eine
Wölbung der Hornhaut.
Der Augeninnendruck kann nun bestimmt werden,
indem die Kraft F gemessen wird, die nötig ist um mit
einem Stempel mit der Fläche A, die Hornhaut bis zu
einem bestimmten Kreisdurchmesser abzuflachen. Der
normale Augeninnendruck beträgt ca. 27 hPa.
F
Es gilt: paußen = = p Auge
A
Abbildung 29: Messung des
Augeninnendrucks
7.3 Kontinuitätsbedingung
Die Kontinuitätsbedingung besagt, dass keine Materie (Masse) bei der Bewegung
eines fluiden Mediums verloren gehen darf.
Inkompressibles Fluid
Wenn sich ein inkompressibles Fluid (Flüssigkeiten, Dichte bleibt konstant) bewegt,
so ist das Produkt aus der Geschwindigkeit v [m/s] und dem Querschnitt A [m²]
konstant. Somit ist auch der Volumenstrom V konstant:
V = v A = const
V ... Volumenstrom [m³/s]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
A ... Querschnitt [m²]
Verändert man nun z.B. den Querschnitt A ändert sich aufgrund des konstanten
Volumenstroms auch die Geschwindigkeit des Fluids. Bei einer Verkleinerung des
Querschnitts erhöht sich dementsprechend die Geschwindigkeit des Fluids da auch
bei veränderten Bedingungen immer noch dasselbe Volumen bewegt werden muss.
Kompressibles Fluid
Wenn sich ein kompressibles Fluid (Gas, Dichte ist variabel) bewegt, so ist das
Produkt aus der Geschwindigkeit v [m/s], dem Querschnitt A [m²] und der Dichte ρ
[kg/m³] konstant. Somit ist auch der Massenstrom M [kg/s] konstant:
M = v A ρ = const
M ... Massenstrom [kg/s]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
ρ ... Dichte [kg/m³]
A ... Querschnitt [m²]
7.4 Gesetz von Bernoulli
Das Gesetz von Bernoulli beschreibt den Zusammenhang zwischen der
Fließgeschwindigkeit eines Fluids und dessen Druck. In einem strömenden Fluid
wird ein Geschwindigkeitsanstieg von einem Druckabfall begleitet. D.h. in Gebieten
größerer Strömungsgeschwindigkeit ist der sich aus Außendruck und Schweredruck
zusammensetzende statische Druck in der Flüssigkeit, und damit auch der Druck auf
die Wände eine Rohres, kleiner als in Gebieten kleinerer Strömungsgeschwindigkeit.
58/210
Für reibungsfreie Fluide mit der Strömungsgeschwindigkeit v gilt:
p ... Druck [Pa]
1
p = p0 + ρ g h + ρ v 2 = const p ... Druck zu Beginn [Pa]
0
2
ρ ... Dichte [kg/m³]
g ... Erdbeschleunigung [m/s²]
h ... Höhe [m]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
Aus Kontinuitätsbedingung und dem Gesetz von Bernoulli folgt:
Bei sich verengendem Querschnitt A steigt die Strömungsgeschwindigkeit v und der
statische Druck p sinkt. Bei sich erweiterndem Querschnitt A sinkt die
Strömungsgeschwindigkeit v und der statische Druck p nimmt zu.
Abbildung 30: Zusammenhang zwischen Querschnitt A, Strömungsgeschwindigkeit v und Druck p
Abbildung 32: Reales Medium
Abbildung 31: Ideales Medium
Keine innere Reibung, kein Druckabfall
Viskoses Medium (d.h. innere Reibung),
Druckabfall Δp
7.5 Viskosität
Die Viskosität η ist ein Maß für die Zähflüssigkeit eines Fluids. Je größer die
Viskosität, desto dickflüssiger (weniger fließfähig) ist das Fluid; je niedriger die
Viskosität, desto dünnflüssiger (fließfähiger) ist es.
Die Viskosität eines Fluids ist durch dessen innere Reibung bedingt. Beim Fließen
gleiten die Moleküle aneinander vorbei und um deren „Verzahnung“ zu überwinden
benötigt man eine gewisse Kraft. Die Viskosität definiert den Zusammenhang
zwischen dieser Kraft und den Eigenschaften des Fluids.
Die Viskosität ist abhängig von der Temperatur.
Beispiel: Im Sommer wird ein dickflüssigeres Motoröl benötigt als im Winter.
7.5.1 Bestimmung der Viskosität
Man stelle sich zwei im Abstand z angeordnete Platten der Fläche A vor. Zwischen
59/210
diesen Platten befindet sich eine Flüssigkeit, die an beiden Platten haftet. In unserer
Vorstellung soll der Raum mit der Flüssigkeit in Schichten unterteilt sein. Wird nun
die oben liegende Platte 2 mit der Geschwindigkeit v bewegt, so bewegt sich die
Schicht, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Platte 2 auf Grund der Haftung ebenfalls
mit der Geschwindigkeit v. Da die untenliegende Platte 1 ruht, ruht auch ihre
Nachbarschicht. Die innenliegenden Flüssigkeitsschichten gleiten mit
unterschiedlichen Geschwindigkeiten aneinander vorbei. Die Geschwindigkeit nimmt
von der ruhenden Platte zur bewegten zu. Im einfachsten Fall besteht eine lineare
Abhängigkeit.
Abbildung 33: Bestimmung der Viskosität
Im Experiment lässt sich zeigen, dass die Kraft F, die nötig ist, um die obenliegende
Platte 2 zu bewegen direkt proportional zu ihrer Fläche A, ihrer Geschwindigkeit v
und indirekt proportional zu dem Abstand der Platten z ist:
F
v
τ ... Scherspannung [Pa]
τ= =η
F
... Kraft [N]
A
z
A ... Fläche [m²]
η ... Viskosität [Pa s] [Ns/m²]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
z ... Abstand [m]
Abbildung 34: Newtonsches Medium
Die Viskosität hängt nicht von der
Scherspannung τ = F/A ab. Mit
zunehmender Scherspannung τ ändert
sich nichts an der Viskosität η.
Abbildung 35: Nicht-Newtonsches Medium
Die Viskosität hängt von der
Scherspannung τ = F/A ab. Mit
zunehmender Scherspannung τ nimmt
die Viskosität η ab.
Beispiel: Ketchup fließt erst aus der
Flasche wenn man diese kräftig schüttelt
und das Ketchup somit einer starken
Scherspannung aussetzt und somit die
Viskosität verringert.
60/210
7.5.2 Messung der Viskosität
Kapillarviskosimeter
Ein festgelegtes Flüssigkeitsvolumen V läuft bei gleich bleibendem Druck p durch
eine Kapillare der Länge l und des Radius r. Die dazu benötigte Zeit t wird gemessen.
Rotationsviskosimeter
Ein Gefäß wird mit Flüssigkeit gefüllt. In dieses Gefäß wird ein zylinderförmiger Stab
gesteckt und mit Hilfe eines Motors durch die Flüssigkeit gedreht. Die Kraft, die für
das Drehen des Stabes aufgewendet werden muss entspricht der Viskosität der
Flüssigkeit.
Viskositäts-Messbecher (Ford-Becher, Auslaufbecher)
Bei diesem Verfahren wird die Flüssigkeit in einen Becher gefüllt, der unten
kegelförmig in ein Loch mit genau bekanntem Durchmesser ausläuft. Aufgrund des
Bechervolumens, des Düsendurchmessers und der gemessenen Dauer zum Abfließen
der Flüssigkeit kann deren Viskosität ermittelt werden.
Fallkörperviskosimeter
Diesem Messverfahren liegt das Gesetz von Stokes für die
Sedimentationsgeschwindigkeit sphärischer Körper zugrunde. Die zu messende
Flüssigkeit befindet sich in einem Messzylinder mit Radius R. Zur Messung fällt eine
Kugel mit Radius r < R durch die Flüssigkeit. Da sich bei einer von der Viskosität
abhängigen Geschwindigkeit v der Kugel ein Gleichgewicht zwischen der auf die
Kugel wirkenden Gravitationskraft, der Auftriebskraft und der Reibungskraft
einstellt, sinkt die Kugel mit konstanter Geschwindigkeit zu Boden.
7.6 Hagen-Poiseuillesches Gesetz
Es beschreibt die laminare (langsame) Strömung eines inkompressiblen Fluids durch
ein Rohr mit konstantem Querschnitt. Der Strömungswiderstand innerhalb des
Rohres und somit auch der Volumendurchflusses hängen von der vierten Potenz des
Rohrradius ab. Mit zunehmendem Radius verringert sich der Strömungswiderstand
während gleichermaßen der Volumenstrom zunimmt.
V ... Volumenstrom [m³/s]
dV Δp π r 4
V=
=
=
Δp
V
... Volumen [m³]
dt
R 8ηl
t ... Zeit [s]
8ηl
R=
Δp ... Druckdifferenz [Pa]
π r4
R ... Strömungswiderstand
r ... Rohrradius [m]
η ... Viskosität [Pa s] [Ns/m²]
l ... Rohrlänge [m]
61/210
Abbildung 36: Druckverlauf nach dem Hagen-Poiseuilleschen Gesetz
Auch bei einem idealen Medium ohne innerer Reibung kommt es zu einem ganz
geringen Druckverlust, da ein Teil der Energie für die Fließbewegung des Mediums
aufgewendet werden muss (obere strichlierte Linie).
Bei einem realen Medium mit innerer Reibung kommt es zu einem Druckverlust, da
der Widerstand auch abhängig von der Länge des Rohres ist (quer verlaufende
strichlierte Linie).
Voraussetzungen für das Hagen-Poiseuillesche Gesetz
− Starre Röhren
− Laminare Strömung
− Homogene (gleichartige) Flüssigkeiten
− Benetzbare Gefäßwände
− Konstante Strömung
7.6.1 Strömungswiderstände
Die Strömungswiderstände lassen sich analog den Gesetzen der Elektrizitätslehre
berechnen:
− Serielle Widerstände: R ges = ∑ R i
i
− Parallele Widerstände: R ges = ∑
i
1
Ri
Abbildung 37: Einfluss der Einzelwiderstände auf den Gesamtwiderstand
62/210
Beispiel: Um für das Löschen eines Feuers mit einem Feuerwehrschlauch einen
möglichst geringen Widerstand zu haben, sollte der vorgeschaltete Widerstand R1
möglichst gering sein (großer Querschnitt des Schlauchs, unterstes Teilbild).
7.6.2 Rohrströmung
Bei laminarer Rohrströmung lässt sich der Reibungsverlust und somit das
Geschwindigkeitsprofil berechnen. Wir betrachten einen von der ausgebildeten
Rohrströmung herausgeschnittenen gedachten Teilzylinder mit dem Radius r0 und
der Länge l und bringen an ihm die Schubspannungen und Druckkräfte an.
Druck und Reibungskräfte müssen sich das Gleichgewicht halten: Fp = R R
Durch Gleichsetzen der beiden Kräfte erhält man eine Gleichung, die die
Geschwindigkeitsverteilung beschreibt.
Bei laminaren Strömungen (1, 2) ergibt sich ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil
(das Fluid im Zentrum des Rohres hat eine weit höhere Geschwindigkeit) da es
zwischen den einzelnen „Schichten“ des Fluids nicht zu einer Mischung der Drucke
kommt.
Bei einer turbulenten Strömung (3) ergibt sich ein stark abgeflachtes
Geschwindigkeitsprofil (d.h. im Fluid herrscht eine relativ konstante
Geschwindigkeit) da sich die Drucke der einzelnen Fluidschichten aufgrund der
Turbulenz vermischen.
Abbildung 38: Rohrströmung
Fp = π r 2 Δp
FR = 2 π r l τ = 2 π r l
v=
(
1
Δp r02 − r 2
4ηl
)
dv
dr
Fp ... Druck
FR ... Reibung
r0 ... Rohrradius
r ... Abstand von Rohrwand
p ... Druck
l ... Länge der Fluidschicht
τ ... Scherspannung
v ... Geschwindigkeit
η ... Viskosität
7.7 Laminare vs. turbulente Strömung
63/210
Laminare Strömung
Die Strömungsfäden sind parallel
zueinander. Der Druck und der
Volumensstrom sind proportional
zueinander.
V ... Volumensstrom
Δp
V=
p ... Druck
R
R ... Strömungswiderstand
Turbulente Strömung
Die Strömungsfäden sind verwirbelt. Bei
der turbulenten Strömung braucht man
einen höheren Druck um den gleichen
Volumensstrom wie bei einer laminaren
Strömung zu erreichen.
Δp V ... Volumensstrom
V=
p ... Druck
R
R ... Strömungswiderstand
Abbildung 39: Zusammenhang Druck und
Strömungsart
Reynoldszahl Re
Die Reynoldszahl beschreibt den Übergang vom laminaren in den turbulenten
Zustand. Sie ist eine dimensionslose Kennzahl, die das Verhältnis von Druck und
Viskosität darstellt:
Re ... Reynoldszahl []
ρ v2 ρ v l
Re =
=
ρ v² ... Dynamischer Druck (kinetische Energie) [Pa]
v
η
η
v
l
η ... Scherspannung (Reibungsarbeit) [Pa]
l
vl
η
Re =
mit ν =
v
...
Strömungsgeschwindigkeit [m/s]
ν
ρ
l ... Breite [m]
ρ ... Dichte der Flüssigkeit [kg/m³]
η ... Dynamische Viskosität [kg/(ms)]
ν ... Kinematische Viskosität [m²/s]
64/210
Abbildung 40: Zusammenhang zwischen Reynoldszahl und Geschwindigkeit
65/210
8 Thermodynamik (Wärmelehre)
Die Thermodynamik befasst sich mit Temperatur, Wärme und Umwandlung von
Energie. Weiters werden dadurch Umwandlungsprozesse beschrieben.
8.1 System und Zustand
Der Begriff „System“ hat verschiedene Bedeutungen, die jedoch alle die
„Zusammenstellung“ aus mehreren Elementen, die untereinander in Wechselwirkung
stehen, gemeinsam haben.
Jedes System besteht aus Elementen (Komponenten, Subsystemen), die
untereinander in Beziehung stehen. Meist bedeuten diese Relationen ein
wechselseitiges Beeinflussen. Aus der Beziehung wird ein Zusammenhang.
Ein System in diesem Sinn lässt sich durch die Definition zweckmäßiger
Systemgrenzen von seiner Umwelt (den übrigen Systemen) weitgehend abgrenzen,
um es modellhaft isoliert betrachten zu können.
Das System selbst ist wiederum Teil eines Ensembles von Systemen und bestimmt
mit ihnen die Eigenschaften eines übergeordneten Systems.
Viele Systemtheoretiker verstehen ein System nicht als realen Gegenstand, sondern
als Modell der Realität. Diese Beschreibung ist mehr oder weniger zweckmäßig.
8.2 Intensive vs. extensive Zustandsgrößen
Zustandsgrößen
Eine Zustandsgröße ist eine physikalische Größe in einer Zustandsgleichung, die nur
vom momentanen Zustand betrachteten physikalischen Systems abhängt und daher
vom Weg, auf dem dieser Zustand erreicht wurde, unabhängig ist.
In der Thermodynamik erfolgt die eindeutige Beschreibung eines Systems unter
anderem mittels folgender Zustandsgrößen:
− Druck p
− (Absolute) Temperatur T
− Volumen V und Teilchenzahl N bzw. Stoffmenge n = N/V
− Dichte ρ
− Innere Energie U
− Enthalpie H
− Entropie S
Diese Zustandsgrößen bleiben konstant, wenn sich ein System im
thermodynamischen Gleichgewicht befindet.
Intensive Zustandsgrößen
Intensive Zustandsgrößen sind von der Größe des Systems (von der Stoffmenge)
unabhängig.
Beispiel: Druck, Temperatur
Extensive Zustandsgrößen
Extensive Zustandsgrößen sind von der Größe des Systems (von der Stoffmenge)
abhängig.
Beispiel: Teilchenzahl, Volumen.
66/210
8.3 Hauptsätze der Wärmelehre
Nullter Hauptsatz der Wärmelehre
Stehen zwei Systeme jeweils mit einem dritten im thermodynamischen Gleichgewicht
so stehen sie auch untereinander im Gleichgewicht.
Beispiel: Bei der Temperaturmessung ist das Thermometer im thermischen
Gleichgewicht mit dem zu messenden Körper.
Erster Hauptsatz der Wärmelehre (Energieerhaltung)
Energie kann weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur in verschiedene Arten
umgewandelt werden.
Die Summe aus der einem System von außen zugeführten Wärme ΔQ und der ihm
von außen zugeführten mechanischen Arbeit ΔW ist gleich der Zunahme seiner
inneren Energie ΔU:
dU = dQ + dW
U ... Innere Energie [J]
Q ... Zugeführte Wärme [J]
W ... Zugeführte mechanische Arbeit [J]
Beispiel:
− Die Expansion eines Gases in einer Spraydose bewirkt eine
Temperaturabnahme.
− Die Kompression innerhalb einer Fahrradpumpe bewirkte eine
Temperaturerhöhung.
− Beim Föhn kühlt sich die wärmere aufsteigende Luft ab, die kältere
absteigende Luft erwärmt sich.
Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre
Alternative Formulierungen:
− Wärme kann niemals von selbst aus einem kälteren in einen wärmeren Körper
übergehen. Ein solcher Vorgang kann nur durch Aufwendung mechanischer
Arbeit erreicht werden.
− In einem abgeschlossenen System nimmt die Entropie S niemals ab. Sie bleibt
bei reversiblen Vorgängen konstant und vergrößert sich bei irreversiblen.
− Energie ist nicht in beliebigem Maße in andere Arten umwandelbar.
Dritter Hauptsatz der Wärmelehre
Es ist unmöglich den absoluten Nullpunkt zu erreichen.
8.4 Wärme vs. Temperatur
Wärme
Wärme ist die Energie der ungeordneten thermischen Bewegung der Teilchen eines
Körpers.
SI-Einheit: Joule [J]
Temperatur
Die Temperatur ist ein Maß für den Wärmezustand, d.h. die mittlere kinetische
Energie, eines Körpers.
SI-Einheit: Kelvin [K]
67/210
E kin =
3
RT
2
Ekin ... Kinetische Energie eines Gasteilchens [J/mol]
R ... Allgemeine Gaskonstante [J/(mol K)]
T ... Absolute Temperatur [K]
E kin =
3
kB T
2
Ekin ... Kinetische Energie einer Stoffmenge [J]
kB ... Boltzmannkonstante [J/K]
T ... Absolute Temperatur [K]
Maxwell-Boltzmann-Verteilung
Die Verteilung der Teilchengeschwindigkeiten in einem idealen Gas wird durch die
Maxwell-Boltzmann-Verteilung beschrieben.
Abbildung 41: Verschiedene Stoffe bei gleicher
Temperatur
Abbildung 42: Gleiche Stoffe bei verschiedener
Temperatur
8.5 Temperaturskalen
Eine Temperaturskala ist eine willkürliche Festlegung der Größenordnung der
Temperatur und gestattet die Angabe der Temperatur in Bezug zu einem
Vergleichswert.
Celsius-Skala [°C]
− Gefrierpunkt des Wassers: 0 °C
− Siedepunkt des Wassers: 100 °C
− 100 Skalenteile zwischen den beiden Fixpunkten
Kelvin-Skala
− Absoluter Nullpunkt: 0 K
− Gefrierpunkt des Wassers: 273 K
− 1 °C entspricht 1 K
Fahrenheit-Skala
− Salmiak/Eis-Mischung: 0 °F
− Erhöhte Körpertemperatur: 0 °F
68/210
Umrechnungen
Grad Celsius zu Kelvin: TK = TC + 273,15
Kelvin zu Grad Celsius: TC = TK − 273,15
8.6 Entropie
Die Entropie ist eine Systemeigenschaft, die die Richtung des Prozessablaufes angibt
(siehe auch Kapitel 8.3).
Die Entropie...
− ... ist ein Maß für die Unordnung eines Systems. Bei fast jedem spontanen
physikalischen oder chemischen Vorgang entsteht Entropie von ganz alleine.
− ... entsteht dort wo aus Ordnung Unordnung entsteht, d.h. z.B. beim
Erwärmen, Schmelzen und Verdampfen.
− ... gibt an in welchem Ausmaß von einem System nützliche Arbeit verrichtet
werden kann
− ... nimmt gemäß dem 2. Hauptsatz der Wärmelehre in einem abgeschlossenen
System nimmt niemals ab, d.h. dS ≥ 0 .
Reversible Prozesse
Bei reversiblen (umkehrbaren) Vorgängen ist die Entropieänderung dS ist das
Verhältnis von übertragener Wärme dQ und absoluter Temperatur T. Diese
Entropieänderung ist bei Wärmezufuhr positiv, bei Wärmeabfuhr negativ.
S ... Entropie [J/K]
dQ
dS =
Q ... Wärme [J]
T
T ... Absolute Temperatur [K]
Für reversible Kreisprozesse bleibt die Entropie insgesamt unverändert, d.h. dS = 0 .
Beispiel: Durch die Wärmemenge dQ wird das Flüssigkeitsvolumen V verdunstet. Bei
der Kondensation wird genau die Wärmemenge dQ wieder frei (falls keine Verluste
eintreten).
Irreversible Prozesse
Die Entropievermehrung durch irreversible Vorgänge in einem isolierten System
wird durch die Ungleichung dS > 0 beschrieben, d.h. bei solchen spontan
ablaufenden Prozessen findet immer eine Entropiezunahme statt.
Beispiel:
− Vermischung von zwei unterschiedlichen Flüssigkeiten.
− Wärmetransport von einem heißen zu einem kalten Körper.
Standardentropie
Da die Entropie eine temperaturabhängige Größe ist wurde der Begriff der
Standardentropie eingeführt, die Entropie eines Stoffes unter Standardbedingungen.
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Entropie als Wahrscheinlichkeit
Die Entropie kann auch als Wahrscheinlichkeit definiert werden, mit der ein Zustand
eintritt:
S ... Entropie [J/K]
S = k B ln W
kB ... Boltzmannkonstante [J/K]
W ... Zahl der Möglichkeiten
Entropie und das Leben
Ein Kennzeichen des Lebens besteht auch für den Menschen darin, dass er seine
Struktur bewahrt, also seine Entropie nicht (wesentlich) ansteigen lässt. Durch
Zufuhr von Energie können Lebewesen ihre geordnete Struktur aufrechterhalten.
Stirbt ein Organismus nimmt ein spontaner Vorgang statt, der den Ordnungszustand
stets verringert und damit die Entropie erhöht.
8.7 Enthalpie
Die Enthalpie ist ein Maß für die Energie eines thermodynamischen Systems.
Die Enthalpie setzt sich additiv aus zwei Teilen zusammen, der inneren Energie U
und der Volumenarbeit pV („Hupf“):
H = U + pV
H ... Enthalpie [kJ/kg]
U ... Innere Energie [kJ]
p ... Druck [Pa]
V ... Volumen [m³]
Die innere Energie besteht aus der thermischen Energie - beruhend auf der
ungerichteten Bewegung der Moleküle (Kinetische Energie, Rotationsenergie,
Schwingungsenergie) - der chemischen Bindungsenergie und der Potentiellen
Energie der Atomkerne. Sie nimmt ungefähr proportional zur Temperatur des
Systems zu und ist am absoluten Nullpunkt gleich der Nullpunktsenergie.
Die Volumenarbeit ist in diesem Fall anschaulich die Arbeit, die gegen den Druck p
verrichtet werden muss, um das Volumen V zu erzeugen, das vom System im
betrachteten Zustand eingenommen wird.
8.8 Phasenübergänge
Am Phasenübergang gehen unterschiedliche Phasen (Aggregatszustände) eines
Materials ineinander über.
70/210
Abbildung 43: Phasenübergänge der drei Aggregatszustände
8.8.1 Phasenübergänge des Wassers
Abbildung 44: Zustandsdiagramm des Wassers
− Tripelpunkt (0 °C): Punkt an dem drei Phasen eines Systems im
Gleichgewicht sind.
− Siedepunkt (100 °C): Punkt an dem das Wasser vom flüssigen in den
gasförmigen Zustand übergeht.
− Kritischer Punkt: Punkt ab dem Gas und Flüssigkeit die gleiche Dichte
besitzen und damit oberes Ende der Dampfdruckkurve. Die Unterschiede
zwischen beiden Aggregatzuständen hören auf zu existieren.
− Dampfdruckkurve: flüssig ↔ gasförmig
− Schmelzkurve: fest ↔ flüssig
− Sublimationskurve: fest ↔ gasförmig
71/210
Abbildung 45: Energie/Temperatur-Diagramm für die Phasenübergänge des Wassers von Eis zu
Dampf
(1) Ein Eisblock mit einer Temperatur von ca. -20 °C wird durch
Energiezufuhr bis zu einer Temperatur von 0 °C erwärmt.
(2) Der Eisblock schmilzt und geht dadurch in den flüssigen
Aggregatszustand über. Die Energie (Spezifische Schmelzwärme cs =
334 kJ/kg) wird für die Änderung des Aggregatszustands benötigt und
äußerst sich nicht in einem Temperaturanstieg, d.h. die Temperatur
bleibt konstant bei 0 °C.
(3) Das Wasser ist nun flüssig und wird durch Energiezufuhr bis zu einer
Temperatur von 100 °C erwärmt.
(4) Bei einer Temperatur von 100 °C siedet Wasser und geht in den
gasförmigen Zustand über. Die Energie (Spezifische
Verdampfungswärme cv = 2250 kJ/kg) wird wiederum für die
Änderung des Aggregatszustands benötigt. Die Temperatur bleibt
konstant bei 100 °C.
(5) Nachdem das Wasser nun vollständig zu Dampf geworden ist führt eine
weitere Energiezufuhr wieder zu einem Temperaturanstieg.
8.8.2 Spezifische Wärmekapazität
Die spezifische Wärmekapazität bezeichnet die auf die Masse bezogene
Wärmekapazität. Sie gibt an, welche Wärmemenge einem Stoff zugeführt werden
muss, um seine Temperatur um ein Kelvin zu erhöhen.
− Spezifische Wärmekapazität von Eis: cf = 2,060 kJ/(kg K)
− Spezifische Wärmekapazität von Wasser: cl = 4,183 kJ/(kg K)
− Spezifische Wärmekapazität von Wasserdampf: cg = 1,870 kJ/(kg K)
8.8.3 Änderung der Umwandlungspunkte
Eine Druckerhöhung bedeutet eine Erhöhung des Siedepunktes. Erhitzt man eine
Flüssigkeit in einem geschlossenen Gefäß, so lastet zusätzlich zum Luftdruck noch
der Druck des Dampfes auf der Flüssigkeitsoberfläche. Zum Sieden ist daher eine
höhere Temperatur erforderlich.
Beispiel: Druckkochtopf, Autoklav
Eine Verminderung des Drucks bewirkt eine Erniedrigung der Siedetemperatur.
Beispiel: Am Mount Everest (Druck ca. 0,3 bar) siedet Wasser schon bei 70 °C.
72/210
Der Siedepunkt wird durch Salzbeimengung erhöht. Der Dampfdruck von Lösungen
ist kleiner als der des Lösungsmittels, daher liegt der Siedepunkt der Lösung höher.
Beim Verdampfen verdampft allerdings nur das Lösungsmittel.
Beispiel: Eindampfung einer Sole (Salz-Wasser-Mischung) in einer Saline zur
Salzgewinnung.
Der Gefrierpunkt wird durch Salzbeimengung erniedrigt.
Beispiel:
− Salzstreuung bei Glatteis: Bei einer Eis-Salz-Mischung im Verhältnis 3:1
schmilzt das Eis, das Salz löst sich im Wasser und die Lösung gefriert erst bei 21 °C.
− Meerwasser gefriert erst bei -2,5 °C.
8.9 Luftdruck
8.9.1 Daltonsches Gesetz
Betrachtet man ein Gemisch von Gasen, die sich ideal verhalten und nicht
miteinander reagieren, so werden die Anteile ihrer einzelnen Komponenten durch
ihre Partialdrücke wirksam.
Der Partialdruck einer Komponente entspricht dem Druck, den diese Komponente
ausüben würde, wenn sie sich alleine in dem betrachteten Volumen befände.
Das Daltonsche Gesetz der Partialdrücke besagt, dass sich der Gesamtdruck p eines
Gasgemisches additiv aus den Partialdrücken pi der Komponenten zusammensetzt.
n
p ... Druck [Pa]
p = ∑ pi
pi ... Partialdrücke [Pa]
i =1
8.9.2 Barometrische Höhenformel
Die barometrische Höhenformel beschreibt die Änderung des Luftdruckes mit der
Höhe, d.h. einen vertikalen Druck-Gradienten.
Der Luftdruck ergibt sich aus dem Gewicht (Kraft) der Luftsäule auf eine Fläche:
⎛ gρ ⎞
⎛ z ⎞ p ... Luftdruck in der Höhe z [hPa]
p(z) = p0 exp ⎜ −
z ⎟ = p 0 exp ⎜ − ⎟ p0 = 1013 hPa ... Druck in der Höhe z
⎝ H⎠
⎝ p0 ⎠
ρ = 1,15 kg/m³ ... Dichte in der Höhe z
g = 9,81 m/s² ... Erdbeschleunigung
z ... Höhe [m]
H = 8005 m = const.
73/210
8.9.3 Eigenschaften der Luft
Luft ist ein Gemisch aus verschiedenen Gasen. Nach dem Daltonschen Gesetz ergibt
die Summe der Partialdrücke dieser Gase den Gesamtluftdruck.
Die trockene Luft (N2, O2, CO2, etc.) ist ihrer Zusammensetzung konstant. Der
Wasserdampfanteil der Luft ist variabel und bewegt sich in einem Bereich von 0-3 %.
Gas
N2
O2
Edelgase (z.B. Argon)
CO2
H2O
Volumensanteil [%]
78,1
21,0
0,9
0,033
0-3
Partialdruck [hPa]
791,1
212,3
9,42
0,334
8.10 Physik der feuchten Luft
8.10.1 Ideales Gas
Im Modell des idealen Gases werden alle Gasteilchen als ausdehnungslose
Massepunkte angenommen, welche sich frei durch das ihnen zur Verfügung stehende
Volumen bewegen können. Ein Gasteilchen bewegt sich geradlinig mit einer
konstanten Geschwindigkeit, bis es durch einen elastischen Stoß (Aufprall an eine
Wand oder ein anderes Teilchen) in eine andere Richtung gelenkt und dabei
beschleunigt oder abgebremst wird.
8.10.2 Thermische Zustandsgleichung
Die allgemeine Zustandsgleichung beschreibt den Zustand des idealen Gases
bezüglich der Zustandsgrößen Druck p, Volumen V, Temperatur T und Stoffmenge n
bzw. Teilchenzahl N bzw. Masse m.
Sie liefert damit den Zusammenhang zwischen Dichte ρ und Dampfdruck p.
Bezogen auf die Masse [kg]:
p ... Gasdruck [Pa]
p
p = ρ R T bzw. ρ =
ρ ... Dichte des Gases [kg/m³]
RT
R ... Spezifische Gaskonstante des Gases [J/(kg K)]
T ... Absolute Temperatur [K]
Bezogen auf die Stoffmenge [mol]:
p ... Gasdruck [Pa]
nRT
p=
n ... Stoffmenge [mol]
V
R = 8,314 J/(kg K) ... Universelle Gaskonstante
T ... Absolute Temperatur [K]
V ... Gasvolumen [m³]
Universelle vs. spezifische Gaskonstante
Die universelle Gaskonstante geteilt durch die molare Masse eines bestimmten Gases
ergibt dessen spezifische Gaskonstante.
Beispiel:
− Die molare Masse für trockene Luft beträgt 0,0289644 kg/mol. Somit ergibt
sich für die spezifische Gaskonstante von Luft RL = 287 J/(kg K).
− Die spezifische Gaskonstante für Wasserdampf: RD = 462 J/(kg K).
74/210
8.10.3 Gesetz von Boyle-Mariotte
Das Gesetz von Boyle-Mariotte besagt, dass der Druck idealer Gase bei
gleichbleibender Temperatur und gleichbleibender Stoffmenge umgekehrt
proportional zum Volumen ist. Erhöht man den Druck auf ein Gaspaket, wird durch
den erhöhten Druck das Volumen verkleinert. Verringert man den Druck, so dehnt es
sich aus.
Abbildung 46: Zusammenhang zwischen Druck und Volumen in einem idealen Gas
Für T = const und n = const gilt:
p1 V1
1
p~
pV = const
=
V
p 2 V2
p... Gasdruck [Pa]
V ... Volumen [m³]
T ... Absolute Temperatur [K]
n ... Stoffmenge [mol]
8.10.4 Gesetz von Gay-Lussac
Das Gesetz von Gay-Lussac besagt, dass das Volumen idealer Gase bei
gleichbleibendem Druck und gleichbleibender Stoffmenge direkt proportional zur
Temperatur ist. Ein Gas dehnt sich also bei einer Erwärmung aus und zieht sich bei
einer Abkühlung zusammen.
Für p = const und n = const gilt:
p... Gasdruck [Pa]
V
V1 T1
T~V
= const
=
V ... Volumen [m³]
T
V2 T2
T ... Absolute Temperatur [K]
n ... Stoffmenge [mol]
8.10.5 Dampfdruck
Die Teilchen einer Flüssigkeit sind in ständiger Bewegung. Ihre mittlere
Bewegungsenergie ist umso größer, je höher die Temperatur ist. Einzelne Teilchen
können so hohe Bewegungsenergien erzielen, dass sie imstande sind aus der
Flüssigkeit zu entweichen.
In einem geschlossenen Gefäß bildet sich oberhalb der Flüssigkeit Dampf. Durch
Abkühlung treten einzelne Dampfmoleküle wieder in die Flüssigkeit ein, sie
kondensieren.
Eine Flüssigkeit kann nur so lange verdampfen, bis der entstandene Dampf einen
bestimmten Höchstdruck, den (temperaturabhängigen) Sättigungsdampfdruck
erreicht hat. Im thermodynamischen Gleichgewicht halten Kondensieren (gasförmig
→ flüssig) und Verdampfen (flüssig → gasförmig) einander die Waage. In diesem Fall
enthält der Dampf die maximale Flüssigkeitsmenge und wird als gesättigt bezeichnet.
75/210
Da die Anzahl der aus der Flüssigkeit austretenden Teilchen von der Temperatur
abhängt, ist auch der Dampfdruck umso größer, je höher die Temperatur ist.
Jene Temperatur, bei der der Dampfdruck einer Flüssigkeit gleich dem auf der
Flüssigkeitsoberfläche lastenden Druck ist, nennt man Siedetemperatur.
⎛ 19,83 T ⎞ pD,s(T) ... Sättigungsdampfdruck bei einer
p D,s (T) = p D,s (0°C) exp ⎜
⎟ Gastemperatur T [hPa]
⎝ 273 + T ⎠
pD,s(0°C) = 6,1 hPa ... Sättigungsdampfdruck bei
einer Gastemperatur von T = 0 °C
T ... Temperatur (°C)
8.10.6 Partialdrücke für trockene Luft und Wasserdampf
Nach dem Daltonschen Gesetz (siehe Kapitel 8.9.1) ist der Luftdruck p die Summe
der Partialdrücke für Wasserdampf pD und für trockene Luft pL, d.h. p = p L + p D .
p ... Gasdruck [Pa]
p L = ρL R L T
ρ ... Dichte des Gases [kg/m³]
und
R ... Spezifische Gaskonstante des Gases [J/(kg K)]
p D = ρD R D T
T ... Absolute Temperatur [K]
8.10.7 Absolute Feuchtigkeit
Die Dichte des Wasserdampfs ρD wird auch als absolute Feuchtigkeit bezeichnet. Sie
ist ein direktes Maß für die in einem gegebenen Luftvolumen enthaltene
Wasserdampfmenge.
pD ... Dampfdruck [hPa]
p
ρD = D
ρD ... Dichte des Wasserdampfs [kg/m³]
RD T
RD ... Spezifische Gaskonstante des Wasserdampfs [J/(kg K)]
T ... Absolute Temperatur [K]
8.10.8 Relative Feuchtigkeit
Die Relative Feuchtigkeit f ist das Verhältnis von Dampfdruck pD und
Sättigungsdampfdruck pD,s und liegt zwischen f = 0 (wenn pD = 0 hPa) und f = 1 bzw.
100 % (wenn pD = pD,s).
f ... Relative Feuchte []
p
f = D 100 %
pD ... Dampfdruck [hPa]
p D,s
pD,s ... Sättigungsdampfdruck [hPa]
8.10.9 Mischungsverhältnis
Das Mischungsverhältnis x ist das Verhältnis des Massenanteils (angegeben als
Dichte) des Wasserdampfs zu dem der trockenen Luft.
Das Mischungsverhältnis ist eine dimensionslose Größe, doch lässt sich die
Maßeinheit anhand der Definition auch als kg Wasserdampf pro kg trockene Luft
interpretieren.
x ... Mischungsverhältnis []
p
x = 0, 622 D
pD ... Dampfdruck [hPa]
p − pD
p ... Luftdruck [hPa]
76/210
8.10.10 Spezifische Enthalpie
Die spezifische Enthalpie der feuchten Luft h beschreibt den Energiegehalt bezogen
auf die Masse.
Auch die spezifische Enthalpie der feuchten Luft muss getrennt für Wasserdampf hD
und trockene Luft hL berechnet werden, d.h. h = h L + x h D .
Die spezifische Enthalpie der feuchten Luft nimmt für eine Temperatur von 0 °C und
dem Fehlen von Wasserdampf (x = 0) den Wert null an.
Für trockene Luft:
h L = cL T
Für Wasserdampf:
h D = cD T + cV
hL ... Spezifische Enthalpie der trockenen Luft [kJ/kg]
cL = 1,006 kJ/(kg K) ... Spezifische Wärmekapazität der
trockenen Luft
T ... Gastemperatur [°C]
hL ... Spezifische Enthalpie von Wasserdampf
cL = 1,006 kJ/(kg K) ... Spezifische Wärmekapazität von
Wasserdampf
T ... Gastemperatur [°C]
cV = 2500 kJ/kg ... Verdampfungswärme von Wasser
77/210
8.10.11 Mollier-Diagramm
Das Mollier-Diagramm ist ein Hilfsmittel zur Bestimmung diverser Zustandsgrößen
der feuchten Luft auf dem graphischen Weg wobei mindestens 2 Größen bekannt sein
müssen.
Abbildung 47: Mollier-Diagramm
78/210
9 Energiebilanz des Tieres
Der Stoffwechsel (Metabolismus) steht für die Aufnahme, den Transport und die
chemische Umwandlung von Stoffen in einem Organismus sowie die Abgabe von
Stoffwechselendprodukten an die Umgebung.
Diese biochemischen Vorgänge (z.B. innere und äußere Atmung, Transportvorgänge,
Ernährung ...) dienen dem Aufbau und der Erhaltung der Körpersubstanz
(Baustoffwechsel), der Energiegewinnung (Energiestoffwechsel) und damit der
Aufrechterhaltung der Körperfunktionen.
Abbildung 48: Überblick über den Energiehaushalt des Tieres
9.1 Erhaltungszustand
Das Tier nimmt die für Aufrechterhaltung seiner Körperfunktionen (z.B.
Konstanthaltung der Körpertemperatur) und für die zu verrichtende Arbeit (z.B.
Bewegung, Jagd) notwendige Energie in Form von Nahrung auf. Überschüssige
Energiereserven können z.B. in Form von Glykogen (tierischer Stärke) oder
Fettreserven gespeichert werden:
Nahrung = Erhaltung + Arbeit + Speicherung
Für den Erhaltungszustand eines Tieres, d.h. ohne zusätzlich Arbeit zu verrichten
oder Energie zu speichern kann folgende vereinfachte Bilanzgleichung aufgestellt
werden:
M + R + C + K + E + R ES = 0 M ... Metabolimus (Stoffwechsel) [W]
R ... Wärmestrahlung [W]
C ... Wärmeströmung (Konvektion) [W]
K ... Wärmeleitung (Konduktion) [W]
E ... Verdunstung [W]
RES ... Atmung [W]
79/210
9.2 Stoffwechsel (Metabolismus)
Tiere müssen kontinuierlich dafür sorgen ihren Stoffwechsel aufrecht zu erhalten. Ihr
Energiekonsum wird als Stoffumsatz M [W] [J/s] bezeichnet. Durch die Reaktion der
aufgenommenen Nahrungsmenge mit Sauerstoff werden Wärme und weitere
Stoffwechselprodukte erzeugt:
Nahrung + Sauerstoff = Reaktionswärme H + Reaktionsprodukte
Die gewonnene Wärme H [J] wird für die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen
(z.B. Bewegung, Wachstum, Signalübertragung, Stofftransport, etc.) benötigt.
Der tägliche Stoffumsatz eines Tieres mit der Körpermasse m, bzw. die täglich
notwendige Aufnahme chemischer Energie M, kann folgendermaßen bestimmt
werden (siehe Abbildung 50):
ΔH Joule
M=
24 h/Tag . 60 min/h . 60 s/min
Der Stoffwechsel M kann dabei durch folgende Formel beschrieben werden:
M ... Metabolimus (Stoffwechsel) [W]
M = a b mα
a = 4 W/kgα ... Artspezifische Metabolismuskonstante
b ... Aktivitätskonstante (2 < b < 15)
m ... Körpermasse [kg]
α = ¾ ... Exponent
Anmerkung: Im Nenner der Einheit der artspezifischen Metabolismuskonstante a steht die Masse zum
Exponenten α, um die Masse zum Exponenten α angeben zu können und trotzdem als Einheit für den
Stoffwechsel Watt zu erhalten.
9.3 Mechanismen zur Steuerung des Wärmeflusses
Es gibt drei Mechanismen zum Transport thermischer Energie: Wärmeleitung
(Konduktion), Wärmeströmung (Konvektion) und Wärmestrahlung. Oft treten diese
Transportprozesse gleichzeitig nebeneinander auf.
− Wärmeleitung (Konduktion) kann Wärme zwischen Objekten
transportieren, die miteinander in Kontakt stehen. Extreme Wärmeverluste
oder –steigerungen können durch Wärmedämmung verhindert werden.
− Wärmeströmung (Konvektion) erfordert ein Medium (z.B. Fluid, Gas),
das die Wärme absorbiert und an einen anderen Ort befördert.
− Wärmestrahlung befördert Energie durch die Luft oder das Vakuum.
Tiere können einen gewissen Einfluss auf diese drei Prozesse ausüben.
Beispiel:
− Ein Vogel kann sein Gefieder aufplustern um die Dicke seiner isolierenden
Schicht zu vergrößern und somit Wärmeverlust durch Wärmeleitung
verhindern.
− Delphine und Thunfische können ihren Blutfluss in Richtung ihrer
Extremitäten regulieren und dementsprechend den Wärmeverlust durch
Wärmeströmung regeln.
− Insekten suchen am frühen Morgen das Sonnenlicht um ihren Körper durch
die Sonnenstrahlung aufzuwärmen.
80/210
9.4 Strahlung
Das Stefan-Boltzmannsche Gesetz gibt die von einem Körper thermisch abgestrahlte
Leistung in Abhängigkeit von seiner Temperatur an:
R ... Strahlung [W]
R = A σ ε T4
A ... Körperoberfläche [m²]
σ = 5,67 . 108 W/(m² K4) ... Stefan-Boltzmann Konstante
ε ≈ 0,95 ... Emissionsfaktor für Haut und Kleidung
Τ ... Temperatur der Körperoberfläche [K]
Zwei Strahlungsströme können auch miteinander kombiniert werden. Sei R1 der
Strahlungsstrom, der von einem Tier ausgeht und R2 der Strahlungsstrom von der
Umgebung. Dann ist der Strahlungsstrom R = R 2 − R1 die Strahlungsleistung der
Umgebung ohne jener des Tieres:
R1 ... Strahlungsstrom vom Tier [W]
R1 = σ ε T14
T1 ... Oberflächentemperatur des Tieres [K]
R 2 = σ ε T2 4
R2 ... Strahlungsstrom von der Umgebung [W]
T2 ... Oberflächentemperatur der Umgebung [K]
9.5 Wärmeströmung (Konvektion)
Konvektion ist ein Mechanismus zur Wärmeübertragung von thermischer Energie
über den Transport von Teilchen. Daher kann es in Festkörpern oder im Vakuum
keine Konvektion geben. Konvektion tritt bei Fluiden, d.h. Gasen oder Flüssigkeiten,
auf.
C ... Wärmeströmung (Konvektion) [W]
C = A α K (Ta − Tcl )
A ... Oberfläche [K]
αΚ ... Konvektiver Übergangskoeffizient [W/(m² K)]
Ta ... Lufttemperatur [°C]
Tcl ... Oberflächentemperatur [°C]
Freie (natürliche) Konvektion
Der Teilchentransport erfolgt freiwillig aufgrund eines Temperaturunterschiedes.
Erzwungene Konvektion
Der Teilchentransport erfolgt aufgrund äußerer Einwirkung, z.B. durch ein Gebläse
oder eine Pumpe (für Luftgeschwindigkeiten über 0,1 m/s).
Beispiel: An der Außenseite des Heizkörpers tritt freie Konvektion der Luft auf:
Warme Luft steigt nach oben, von unten wird kalte Bodenluft nachgesaugt. In
Inneren des Heizkörpers wird durch Umwälzpumpen für erzwungene Konvektion des
Wasserkreislaufes zwischen Ofen und Heizkörper gesorgt.
Oberflächenvergrößerung
Die Oberfläche über die die Wärmeströmung erfolgt kann, z.B. durch das Haarkleid
vom thermischen Isolierungsfaktor desselben, vergrößert werden.
81/210
9.6 Wärmeleitung (Konduktion)
Unter Wärmeleitung wird der Wärmefluss in einem Kontinuum (Feststoff oder
ruhendes Fluid) infolge eines Temperaturunterschiedes verstanden. D.h. es handelt
sich um den Transport thermischer Energie ist jedoch niemals mit dem Transport
von Teilchen verknüpft.
Die Wärme fließt aufgrund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik immer nur
in Richtung geringerer Temperatur.
Abbildung 49: Wärmestrom angetrieben durch eine Temperaturdifferenz
Φ=
(T − Tcl )
dQ
=λA m
dt
l
Φ... Wärmestrom [W]
Q ... Wärme [J]
t ... Zeit [s]
λ ... Wärmeleitfähigkeit [W/(m K)]
A ... Fläche [m²]
Tm ... Oberflächentemperatur der Materie [°C]
Tcl ... Oberflächentemperatur [°C]
l ... Länge [m]
Wärmeleitfähigkeit (Wärmeleitzahl) λ
Die Wärmeleitfähigkeit λ [W/(m K)] beschreibt das Vermögen eines Stoffes,
thermische Energie mittels Wärmeleitung in Form von Wärme zu transportieren und
ist eine temperaturabhängige Materialkonstante. Eine höhere Wärmeleitfähigkeit
bedeutet eine bessere (schnellere) Wärmeübertragung.
Stoff
Silber
Aluminium
Glas
Wasser
Körperfett
Rinderfell
Luft
Wärmeleitfähigkeit [W/(m K)]
419
237
1,0
0,56
0,2-1,0
0,1
0,024 → guter Dämmstoff
Wärmestromdichte q
Die Wärmestromdichte q beschreibt den Wärmestrom pro Fläche:
q ... Wärmestromdichte [W/m²]
Φ
q=
Φ... Wärmestrom [W]
A
A ... Fläche [m²]
82/210
9.6.1 Stationäre Wärmeleitung
Im stationären Fall ändert sich die Temperatur im Lauf der Zeit nicht, d.h. dT / dt = 0 .
Ausgehend von der Temperatur T1 am einen Ende des Körpers kann abhängig vom
Abstand x von diesem Ausgangspunkt die Temperatur T(x) an dieser Position
berechnet werden:
T(x) ... Temperatur an Position x [K]
Φ
T(x) =
x + T1
T1 ... Ausgangstemperatur [K]
λA
Φ... Wärmestrom [W]
λ ... Wärmeleitfähigkeit [W/(m K)]
A ... Fläche [m²]
x ... Abstand [m]
Bei Berechnung des Wärmestroms Φ muss beachtet werden, dass dieser von der
Geometrie abhängt, d.h. ob es sich z.B. eher um einen hohlzylinderförmigen oder
einen hohlkugelförmigen Körper handelt.
9.6.2 Instationäre Wärmeleitung
Im stationären Fall ändert sich die Temperatur im Lauf der Zeit, d.h. dT / dt ≠ 0 .
Beispiel: Temperaturverlauf innerhalb der Nasen durch die Atmung.
9.7 Verdunstung
Den Übergang einer Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand unterhalb der
Siedetemperatur nennt man Verdunsten. Da jene Flüssigkeitsteilchen verdunsten, die
eine hohe Bewegungsenergie aufweisen, sinkt dadurch die Temperatur der
Flüssigkeit, d.h. es entsteht Verdunstungskälte. Die zum Verdunsten nötige Wärme
kann auch der Umgebung entzogen werden.
E ... Verdunstung [W]
E = A c E (pa − ps )
A ... Fläche [m²]
cE ... Verdunstungskonstante [W/(m² Pa)]
ps ... Dampfdruck der Haut (Sättigungsdampfdruck für
die Hauttemperatur Ts) [Pa]
pa ... Dampfdruck der Luft (Umgebung) [Pa]
Wasserverdunstung
Wasser verdunstet schon bei Raumtemperatur, insofern die Luft nicht mit
Wasserdampf gesättigt ist. Auf dem Prinzip der Wasserverdunstung beruht
beispielsweise das Freilufttrocknen von Wäsche oder das Verschwinden von
Wasserpfützen. Der Effekt der Verdunstungskühlung durch Wasser ist die Grundlage
für den Effekt der Thermoregulation durch Schwitzen, indem der Haut die
Verdunstungswärme entzogen und diese dadurch abgekühlt wird.
9.8 Atmung
Über die Atmung RES wird Energie in Form von sensiblen (durch Erwärmung der
eingeatmeten Luft) Wärmeströmen L und latenten Wärmeströmen ERES (durch die
Verdunstung im Atemtrakt) abgegeben: RES = L + E RES
83/210
Sensibler Anteil L
L = c L A M (Ta − Tc )
L ... Sensibler Wärmestrom durch Erwärmung [W]
cL = 0,0014 /K
A ... Fläche [m²]
M ... Metabolismus [W]
Ta ... Lufttemperatur [°C]
Tc ... Körperkerntemperatur [ca. 37 °C]
Latenter Anteil ERES
Definition über den Dampfdruck:
E ... Latenter Wärmestrom durch Verdunstung [W]
E RES = c RES A M (pa − pc )
cRES = 1,72 . 10-5 /Pa
A ... Fläche [m²]
M ... Metabolismus [W]
pa ... Dampfdruck der eingeatmeten Luft [Pa]
pc ... Dampfdruck der ausgeatmeten Luft
(Sättigungsdampfdruck für ca. 37 °C) [Pa]
Definition über die Enthalpie:
E ... Latenter Wärmestrom durch Verdunstung [W]
E RES = V A ρ (h a − h c )
V ... Volumenstrom der Atmung [m³/s]
A ... Fläche [m²]
ρ ... Dichte der Luft [kg/m³]
ha ... Spezifische Enthalpie der eingeatmeten Luft [J/kg]
pc ... Spezifische Enthalpie der ausgeatmeten Luft [J/kg]
Anmerkung: Für den Volumenstrom der Atmung V gelten folgende Grundannahmen: 16 Atemzüge
pro Minute und 0,5 l Luft pro Atemzug.
9.9 Allometrie
Bei der Allometrie (griech. allos = anders, metrie = messen) geht es um das Messen
und Vergleichen von Beziehungen zwischen der Körpergröße und deren Verhältnis zu
verschiedensten biologischen Größen.
Die Leistung eines Organismus kann nicht so einfach von klein auf groß übertragen
werden. Auch die Größenverhältnisse innerhalb einer Art können nicht 1:1 umgesetzt
werden.
Beispiel: Würde der Kopf vom Säugling zum Erwachsenen proportional zur
Gesamtlänge des Körpers zunehmen, müsste der Kopf eines erwachsenen Menschen
ca. 45 cm hoch sein.
9.9.1 Klassische Allometrieformel
Die klassische Allometrieformel von Otto Snell beschreibt den Zusammenhang
zwischen Körpermasse und einer davon abhängigen Größe:
y ... Abhängige Größe
y = a xα
a, α ... Freie Parameter
x ... Körpermasse [kg]
Der Parameter a ist die Integrationskonstante und definiert den Schnittpunkt der
Kurve mit der y-Achse.
84/210
Der Exponent α ist ein Maß für das Verhältnis der relativen
Wachstumsgeschwindigkeiten, d.h. die absolute Wachstumsgeschwindigkeit dividiert
durch die Wachstumsgröße zum selben Zeitpunkt:
− α = 1: Isometrie
− α < 1: Negative Allometrie
− α > 1: Positive Allometrie
Allerdings gilt diese Grenze nur bei Maßen gleicher Dimension. Ist x die Körpermasse
(3-dimensional) und y eine Länge (1-dimensional) so ist α = 1/3 isometrisch.
Im doppelt logarithmierten Koordinatensystem wird aus der Potenzfunktion eine
Gerade:
y = a x α | log
log y = log a + α log x
y = d + kx
Abbildung 50: Zusammenhang von Körpermasse und Stoffumsatz über ein Potenzgesetz (lineare
Kurve in doppelt logarithmierter Darstellung)
9.9.2 Meshsche Formel
Die Meshsche Formel gibt den Zusammenhang zwischen Körpermasse und
Körperoberfläche an:
A ... Körperoberfläche [m²]
A = a mα
a = 0,1 ... Artspezifische Konstante für den Menschen [m²/kgα]
α = 0,67 ... Exponent
m ... Körpermasse [kg]
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10 Schwingungen und Wellen
10.1 Schwingungen
Eine Schwingung ist eine regelmäßig wiederkehrende (periodische) Bewegung um
einen Ruhepunkt.
Abbildung 51: Ungedämpfte harmonische Schwingung
− Die Auslenkung (Elongation) y(t) zu einem Zeitpunkt t gibt den
momentanen Wert der Größe y an.
− Die Amplitude gibt den maximal möglichen Wert der Größe y an.
− Die Periodendauer (Schwingungsdauer) ist die Zeit, die verstreicht,
während ein schwingungsfähiges System genau eine Schwingungsperiode
durchläuft, d. h. nach der es sich wieder im selben Schwingungszustand
befindet.
Der Kehrwert der Periodendauer T ist die Frequenz f, d.h. f = 1/ T .
Beispiel: Schwingungen sind allgegenwärtig:
− Natürliche Phänomene: Atome, Moleküle, Festkörper, Sonne (Tag, Jahr)
− Organische Phänomene: Herzschlag, Atmung, Hören, Sprechen,
Fortbewegung (Beine, Flügel)
− Technische Phänomene: Musik, Uhren, Radar, Ultraschall,
Kernspintomograph, Seismograph, Messgeräte
Harmonische Schwingungen
− Die rückstellende Kraft ist proportional der Auslenkung − kx
− Die Energie pendelt zwischen zwei Energieformen
− Sich selbst überlassen schwingt das System in der Eigenschwingung ω
− Lassen sich durch einfache Winkelfunktionen (Sinus oder Cosinus)
beschreiben
Anharmonische Schwingungen
− Lassen sich nicht durch einfache Winkelfunktionen beschreiben (nur als erste
Näherung)
− Alle realen physikalischen Vorgänge
86/210
10.2 Fadenpendel
Ein Fadenpendel besteht aus einer Masse m (die in einem
einzigen Punkt konzentriert ist), die am Ende eines
massenlosen Fadens der Länge l befestigt ist. Wird das
Pendel bewegt herrscht keinerlei Reibungswiderstand.
Schwingungsdauer
Die Schwingungsdauer des Fadenpendels hängt von der
Länge des Fadens und der Erdbeschleunigung, jedoch nicht
von der am Faden befestigten Masse ab:
τ ... Schwingungsdauer [s]
l
τ = 2π
l ... Fadenlänge [m]
g
g ... Erdbeschleunigung [m/s²]
Abbildung 52:
Fadenpendel
10.3 Federpendel
Ein Federpendel ist ein aus einer Feder und einer Masse bestehendes
schwingungsfähiges System.
Bei einem Federpendel ist eine Masse reibungsfrei durch elastische Kräfte in einer
Ruhelage fixiert. Wenn diese Masse aus ihrer Ruhelage entfernt wird, wirkt eine
rücktreibende Kraft um sie wieder in diese Ruhelage zurück zu versetzen. Das führt
zu einer periodischen Hin- und Herbewegung, einer Schwingung.
Abbildung 53: Federpendel
10.3.1 Herleitung der Schwingungsgleichung
Ein Federpendel übt eine entgegen der Auslenkung (bzw. Dehnung) x gerichtete, zu x
proportionale Kraft F aus:
F = −k x
K ... Kraft [N]
k ... Federkonstante [N/m]
x ... Auslenkung [m]
Anmerkung: Das Minuszeichen drückt aus, dass Kraft- und Dehnungsrichtung einander
entgegengesetzt sind.
Wenn an der ausgelenkten Feder eine Masse m befestigt ist, so wirkt die Federkraft
nach dem zweiten Newtonschen Gesetz beschleunigend auf diese Masse:
F=ma
K ... Kraft [N]
m ... Masse [kg]
a ... Beschleunigung [m/s²]
87/210
Sowohl die Kraft als auch die Dehnung ändern sich als Funktion der Zeit t und es
geht nun darum, eine dieser beiden Größen zu ersetzen, um eine einzige Gleichung
für nur eine Unbekannte zu erhalten. Üblicherweise eliminiert man aus den beiden
Gleichungen die Kraft und es ergibt sich die Bewegungsgleichung:
a ... Beschleunigung [m/s²]
k
a=− x
k ... Federkonstante [N/m]
m
m ... Masse [kg]
bzw.
x ... Auslenkung [m]
m a = −k x
Schwingungsgleichung
Da die Beschleunigung die zweite Ableitung der Auslenkung nach der Zeit ist, ergibt
sich die folgende Differentialgleichung:
x ... Auslenkung [m]
d2x
k
=
−
x
t ... Zeit [s]
dt 2
m
k ... Federkonstante [N/m]
bzw.
m ... Masse [kg]
d2x
2
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
= −ω x
2
dt
Abbildung 54: Bewegungsgleichungen für Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung
eines Federpendels
Lösung der Schwingungsgleichung
Die Lösung dieser Differentialgleichung lautet:
x = A cos(ω t + ϕ)
x ... Auslenkung [m]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
t ... Zeit [s]
ϕ ... Phasenlage
88/210
Resonanzfrequenz
Die Resonanzfrequenz ergibt sich aus folgendem Zusammenhang zwischen Masse
und Federkonstante:
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
k
ω=
k ... Federkonstante [N/m]
m
m ... Masse [kg]
Die Resonanzfrequenz ω, Schwingungsdauer τ und Frequenz f verbindet folgender
Zusammenhang:
1
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
ω = 2π f = 2π
f ... Frequenz [s-1]
τ
τ ... Schwingungsdauer [s]
Schwingungsdauer
Durch Umformung der obigen Gleichungen erhält man die Formel für die
Schwingungsdauer τ, die von der Masse und der Federkonstanten abhängt:
τ ... Schwingungsdauer [s]
m
τ = 2π
m ... Masse [kg]
k
k ... Federkonstante [N/m]
10.3.2 Energiebilanz
Während der Schwingung eines Federpendels erfolgt ein Übergang von kinetischer
Energie Ek (Bewegungsenergie) in potentielle Energie Ep (Lageenergie). Die
Gesamtenergie E bleibt konstant, d.h. E = E k + E p = const .
Kinetische Energie Ek
2
Ek =
1
1 ⎛ dx ⎞
1
mv 2 = m ⎜ ⎟ = m A 2 ω2 sin(ωt + ϕ)
2
2 ⎝ dt ⎠
2
Potentielle Energie Ep
1
1
E p = kx 2 = k A 2 ω2 cos 2 (ωt + ϕ)
2
2
Ek ... Kinetische Energie [J]
m ... Masse [kg]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
x ... Weg [m]
t ... Zeit [s]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
ϕ ... Phasenlage
Ek ... Kinetische Energie [J]
k ... Federkonstante [N/m]
x ... Weg [m]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
t ... Zeit [s]
ϕ ... Phasenlage
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Gesamtenergie E
1
E = E k + E p = m A 2 ω2
2
E ... Gesamtenergie [J]
Ek ... Kinetische Energie [J]
Ep ... Kinetische Energie [J]
m ... Masse [kg]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
10.4 Gedämpfte Schwingung
Tatsächliche physikalische Systeme sind immer gedämpft, da sie z.B. durch Reibung
immer Energie an die Umgebung abgeben. Überlässt man ein solches System sich
selbst (freie Schwingung) geht aus dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik hervor,
dass das letztendlich „zum Stillstand“ führt. Perpetua Mobilia sind also nicht
möglich.
Schwingungsgleichung
2m
d2x
dx
m 2 +γ
+ kx = 0 mit γ =
dt
dt
τ
Lösung der Schwingungsgleichung
⎛ t⎞
x(t) = A exp ⎜ − ⎟ cos(ωt + ϕ)
⎝ τ⎠
m ... Masse [kg]
x ... Auslenkung [m]
t ... Zeit [s]
k ... Federkonstante [N/m]
τ ... Schwingungsdauer [s]
x ... Auslenkung [m]
A ... Amplitude [m]
t ... Zeit [s]
τ ... Schwingungsdauer [s]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
ϕ ... Phasenlage
10.5 Erzwungene Schwingung
Bei einer erzwungenen Schwingung wird das System durch eine äußere Kraft, die
meist selbst periodisch ist, angetrieben. Fast alle schwingenden Systeme unterliegen
einer Dämpfung. Sie benötigen für eine dauerhafte Schwingung mit konstanter
Amplitude daher immer einen äußeren Antrieb.
Bei periodischem Antrieb ist es dabei wichtig, dass dieser mit der Eigenfrequenz des
Systems erfolgt. Sonst wird nur ein geringer Bruchteil der Energie in das
schwingende System übertragen. Weiterhin muss der Energieverlust durch die
Dämpfung pro Periode (Verlustleistung) gleich der durch die äußere Kraft
eingebrachten Energie (Antriebsleistung) sein. Bei zu starkem Antrieb nimmt die
Amplitude der Schwingung stetig zu und es kommt über kurz oder lang zur
Zerstörung des Systems durch Überlastung, die man als Resonanzkatastrophe
bezeichnet.
Oft erfolgt kein dauerhafter Antrieb. Das System kann einmalig (z.B. Schlagen einer
Trommel) oder über einen endlichen Zeitraum (z.B. Geigenbogen) angeregt werden.
Danach endet der Antrieb. In diesem Fall durchwandert das schwingende System
zunächst den sogenannten Einschwingvorgang, um dann als gedämpfte Schwingung
abzuklingen.
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Beispiel:
− Eine Kinderschaukel, die immer am höchsten Punkt durch eine Person
angestoßen wird.
− Bei mechanischen Uhren liefert die Unruh die Kraft für die erzwungenen
Schwingungen.
10.6 Überlagerung von Schwingungen
Zumeist treten mehrere Schwingungen gleichzeitig auf wodurch es zu einer
Überlagerung von Schwingungen kommt. Die Darstellung dieser Schwingungsformen
erfolgt durch die Überlagerung von harmonischen Schwingungen. Anharmonische
Schwingungen lassen sich ebenfalls durch die Überlagerung von harmonischen
Schwingungen darstellen:
x ... Auslenkung [m]
x(t) = ∑ A n cos(ωn t + ϕn )
n
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
t ... Zeit [s]
ϕ ... Phasenlage
10.6.1 Schwebung
Als Schwebung bezeichnet man die Resultierende der additiven Überlagerung
(Superposition) zweier Schwingungen, die sich in ihrer Frequenz ω nur wenig
voneinander unterscheiden. Die beiden Schwingungen haben weiters dieselbe
Amplitude A und Phasenlage ϕ.
In der Akustik ist die Schwebung deutlich zu hören: Erklingen zwei Töne, deren
Frequenzen sich nur wenig unterscheiden, so ist ein Ton zu hören, dessen Frequenz
dem Mittelwert der Frequenzen der beiden überlagerten Töne entspricht. Dieser Ton
ist moduliert, seine Lautstärke schwankt mit der sogenannten Schwebungsfrequenz
Δω, die der Differenz der Frequenzen der beiden Töne entspricht.
Abbildung 55: Schwebung
10.6.2 Resonanz
Als Resonanz werden in der Physik Vorgänge bezeichnet, bei denen ein
schwingungsfähiges System mit seiner Eigenfrequenz durch Energiezufuhr angeregt
wird. In diesem Fall beträgt die Phasenverschiebung zwischen Erreger und
erzwungener Schwingung 90 Grad, die Energieübertrag auf das schwingungsfähige
System ist in diesem Fall maximal. Hierdurch kann die Amplitude des angeregten
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Systems auf ein Vielfaches der Erregeramplitude ansteigen.
Die Resonanzkurve eines solchen Systems gibt seine Schwingungsamplitude in
Abhängigkeit von der Erregerfrequenz an. Je geringer die Dämpfung ist, desto
schmaler und höher wird das Maximum der Kurve, der Resonanzpeak. In extremen
Fällen kann die „Aufschaukelung“ zur Zerstörung des Systems führen
(Resonanzkatastrophe).
Abbildung 56: Resonanz
10.7 Mechanische Wellen
Eine Welle ist ein Vorgang bei dem sich eine Schwingung vom Ort ihrer Erregung
infolge von Kopplungen an benachbarte schwingungsfähige Systeme im Raum
ausbreitet.
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt von der Stärke der Kopplung und von der
Masse der schwingenden Systeme ab.
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Abbildung 57: Wellenarten: (1) und (2) Transversalwelle, (3) Longitudinalwelle
10.7.1 Longitudinale Ausbreitung
Eine Longitudinalwelle ist eine physikalische Welle, die in
Ausbreitungsrichtung schwingt.
Sie benötigt immer ein Medium, um sich fortzubewegen.
Beispiel:
− Schall in Luft und Wasser
− Hintereinander befestigte Schaukeln
Abbildung 58: Prinzip einer Longitudinalwelle
10.7.2 Transversale Ausbreitung
Eine Transversalwelle ist eine physikalische Welle, bei der eine
Schwingung senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung erfolgt.
Im Gegensatz zu Longitudinalwellen sind nicht alle Arten von
Transversalwellen an ein Medium gebunden.
Beispiel:
− Elektromagnetische Wellen (Licht)
− Nebeneinander befestigte Schaukeln
Abbildung 59: Prinzip einer Transversalwelle
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10.7.3 Wellengleichung
Die Ausbreitung einer Welle wird durch zwei Parameter beschrieben, die Wellenlänge
λ (räumliche Ausbreitung) und die Periodendauer τ (zeitliche Ausbreitung):
y(x, t) = A sin(kx − ωt)
x ... Ort [m]
t ... Zeit [s]
2π
2π
mit k =
und ω =
A ... Amplitude [m]
λ
τ
k ... Kreiswellenzahl [m-1]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
λ ... Wellenlänge [m]
τ ... Perdiodendauer [s]
Anmerkung: Die Kreiswellenzahl k ist die Anzahl der Wellenlängen λ, die in die Strecke 2πx passt.
Phasengeschwindigkeit
Die Phasengeschwindigkeit gibt an, mit welcher Geschwindigkeit sich die Phase einer
Welle ausbreitet und berechnet sich aus der Periodendauer τ und der Wellenlänge λ:
ω λ
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
vp = = = λ f
k ... Kreiswellenzahl [m-1]
k τ
λ ... Wellenlänge [m]
τ ... Perdiodendauer [s]
f ... Frequenz [s-1]
Zeitlich harmonische Schwingung
Ist der Ort fest, d.h. x = x 0 , handelt es sich um eine zeitlich harmonische Schwingung
und die Gleichung vereinfacht sich folgendermaßen:
x ... Ort [m]
y(x, t) = A sin(kx 0 − ωt) = A sin(ωt + ϕ)
t ... Zeit [s]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
ϕ ... Phasenlage
Beispiel: Ein Kork fällt ins Wasser und man beobachtet die Rauf-Runter-Bewegung
des Korkens an einer festen Position auf dem Wasser. D.h. der Ort ist fest, die Zeit ist
variabel.
Räumlich harmonische Schwingung
Ist die Zeit fest, d.h. t = t 0 , handelt sich um eine räumlich harmonische Schwingung:
x ... Ort [m]
y(x, t) = A sin(kx − ωt 0 ) = A sin(kx + ϕ)
t ... Zeit [s]
A ... Amplitude [m]
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
ϕ ... Phasenlage
Beispiel: Man macht ein Foto vom Meer und hält so einen bestimmten Zeitpunkt fest.
Auf dem Foto ist die räumliche Ausbreitung einer Meereswelle zu sehen. D.h. die Zeit
ist fest, der Ort ist variabel.
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10.7.4 Schallausbreitung in festen Körpern
Klopft man z.B. auf eine feste Platte aus Holz breitet sich der Schall als
Longitudinalwelle durch den Körper aus. Die Phasengeschwindigkeit einer solchen
Welle lässt sich abhängig vom Elastizitätsmodul und der Dichte des Körpers
bestimmen:
vPh ... Phasengeschwindigkeit [m/s]
E
v Ph =
E ... Elastizitätsmodul [Pa]
ρ
ρ ... Dichte [kg/m³]
Abbildung 60: Longitudinalwelle durch einen festen Körper. ξ ist die Größe der Druckwelle, die
den Körper durchströmt. σ ist die gemessene Größe (z.B. Spannung). A ist die Querschnittsfläche.
Elastizitätsmodul
Anschaulich formuliert ist der Elastizitätsmodul eines Materials diejenige
Zugspannung, bei der sich ein Körper aus diesem Material in der Länge verdoppelt.
Der Elastizitätsmodul beschreibt also die Verformbarkeit/Steifigkeit eines Materials.
Der Betrag des Elastizitätsmoduls ist umso größer, je mehr Widerstand ein Material
seiner Verformung entgegensetzt. Ein Bauteil aus einem Material mit hohem
Elastizitätsmodul (z. B. Stahl) ist also steif, ein Bauteil aus einem Material mit
niedrigem Elastizitätsmodul (z. B. Gummi) ist nachgiebig.
10.8 Dopplereffekt
Als Dopplereffekt bezeichnet man die Veränderung der wahrgenommenen Frequenz
von Wellen jeder Art, während sich die Quelle und der Beobachter einander nähern
oder voneinander entfernen, sich also relativ zueinander bewegen.
Nähern sich Beobachter und Quelle einander, so erhöht sich die vom Beobachter
wahrgenommene Frequenz, entfernen sie sich von einander, verringert sich die
Frequenz.
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Abbildung 61: Änderung der wahrgenommenen Tonhöhe durch den Dopplereffekt
Beispiel: Tonhöhenänderung des Martinshorns eines Krankenwagens: Solange sich
das Fahrzeug nähert, ist der wahrgenommene Ton höher als im Stand (höhere
Frequenz, kürzere Wellenlänge), wenn es sich entfernt, ist er tiefer (größere
Frequenz, größere Wellenlänge).
Anwendungen:
− Bestimmung der Expansionsgeschwindigkeit des Universums
− Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes mit Hilfe von
Ultraschall
10.9 Fourieranalyse
Die harmonischen Schwingungsfunktionen Sinus und Cosinus sind Idealfälle bei
denen die rückstellende Kraft exakt der Auslenkung entspricht. Reale
Schwingungsverläufe sind in der Regel viel komplexer, können aber mit Hilfe der
Fouriersynthese aus einer Summe von Sinus- (und Cosinus)-Funktionen
approximiert werden.
Ortsbereich
(Schwingung)
Frequenzbereich
(Spektrum)
Auslenkung
Intensität
Amplitude
Amplitude
Zeit
Frequenz
Grundfrequenz
Periodendauer
Abbildung 62: Vergleich der Darstellung einer Schwingung und deren Spektrum
10.9.1 Fourieranalyse
Die Fourieranalyse beschreibt das Zerlegen eines beliebigen Signals in eine Summe
von Sinus- und Cosinusfunktionen (eine sogenannte Fourierreihe) oder als Summe
von Sinusfunktionen und einer Phasenverschiebung. Sie zerlegt ein Signal damit in
seine Frequenzanteile.
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Abbildung 63: Beispiel für eine Fourieranalyse
Abhängig davon ob sich ein Signal in eine diskrete Anzahl einzelner Frequenzen
zerlegen lässt oder aus einer großen Anzahl vieler verschiedener Frequenzen
zusammengesetzt ist ergibt sich ein diskretes oder ein kontinuierliches
Frequenzspektrum.
Abbildung 64: Signal mit diskreten Frequenzspektrum
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Abbildung 65: Signal mit kontinuierlichem Frequenzspektrum
Anwendungsfall EKG
Abbildung 66: Fourieranalyse eines EKGs.
Links: Frequenzspektrum eines einzelnen Herzschlages.
Rechts: Frequenzspektrum von ca. 60 Herzschlägen.
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10.9.2 Fouriersynthese
Die Fouriersynthese beschreibt das der Fourieranalyse gegensätzliche Verfahren, die
Erzeugung beliebiger Signale aus Sinus- und Cosinusfunktionen.
Beispiel: Rechteckspannung:
Abbildung 67: Approximation einer Rechtecksspannung mit der Fouriersynthese
(1) Die ideale Rechtecksspannung mit einer Frequenz f von 200 Hz, die nachgebildet
werden soll.
(2) Ausgangspunkt der Fouriersynthese ist eine harmonische Welle derselben
Frequenz f.
(3) Eine Überlagerung zweier Wellen, die Welle mit der Grundfrequenz f und eine
Welle mit der dreifachen Grundfrequenz 3f, liefert eine erste Annäherung.
(4) (5) Mit zunehmender Anzahl der Reihenglieder werden immer mehr Anteile mit
höheren Frequenzen hinzuaddiert wodurch sich eine immer bessere
Approximation der ursprünglichen idealen Rechtecksspannung ergibt.
N
1
cos ⎡⎣( 2n + 1) ω t ⎤⎦
n = 0 2n + 1
U cos(3ωt) U 0 cos(5ωt)
U = U 0 cos(ωt) + 0
+
+…
3
5
U(t) = U 0 ∑
U(t) ... Spannung zum Zeitpunkt t [V]
U0 ... Spannungsamplitude [V]
n ... Laufindex
ω ... Resonanzfrequenz [s-1]
t ... Zeit [s]
10.9.3 Gibbsches Phänomen
In der Umgebung von Sprungstellen der zu
approximierenden Funktionen entstehen bei der Fourierreihe
typische Über- und Unterschwinger von etwa 18 % der
Sprunghöhe, da dort die Reihe nicht mehr gleichmäßig
sondern nur noch punktweise konvergiert. Dieser Effekt hat
weitreichende Auswirkungen in der Signalverarbeitung.
99/210
Abbildung 68: Gibbsches
Phänomen an einer
Rechtecksschwingung
B Anwendungen
11 Röntgen
11.1 Bildentstehung
Die aus der Röntgenröhre (siehe Kapitel 4.7) austretende Strahlung wird mit Hilfe
einer Blende und des Kollimators zu einem Nutzstrahlbündel fokussiert, dessen
Größe von der Länge des Kollimators und dem Durchmesser von Kollimator und
Blende abhängen.
Die Strahlung des Nutzstrahlbündels gelangt schließlich auf das zu röntgende Objekt.
Hier wird sowohl Strahlung vom Objekt absorbiert, als auch an diesem gestreut, d.h.
es kommt zu einer Richtungsänderung der Strahlung. Diese Streustrahlung verteilt
sich einerseits im Raum (daher müssen Bleischürzen getragen werden), anderseits
gelangt sie auch auf den Röntgenfilm.
Die Strahlung wird nun von dem zu röntgenden Objekt, z.B. von den Knochen,
absorbiert. An diesen Stellen gelangt weniger Strahlung auf den Film, dieser wird
weniger geschwärzt und die Stellen bleiben heller. Bei einem Röntgenbild handelt es
sich um ein Negativ.
Abbildung 69: Bildentstehung beim Röntgen
100/210
11.1.1 Streuung
Um die Schwärzung des Films durch Streustrahlung, die das Bild verwaschen würde,
zu vermindern, befindet sich vor dem Röntgenfilm ein Lamellenraster. Dieser Raster
besteht aus dünnen Bleilamellen, die allzu schräg einfallende Strahlung absorbieren.
Der Akzeptanzwinkel für einfallende Röntgenstrahlen wird durch den Abstand der
Lamellen und die Lamellenbreite- und länge bestimmt.
Abbildung 70: Lamellenraster zur Minimierung der Streustrahlung
Bei einem fokussierenden Raster werden die Lamellen zum Rand hin zunehmend
schräger, da es sich bei der Röntgenstrahlung im Grunde um eine Punktquelle
handelt und dadurch die Nutzstrahlung im Randbereich in einem schrägeren Winkel
einfällt. Daher kann es auch im Randbereich von Röntgenaufnahmen zu
Verzerrungen (d.h. Vergrößerungen) kommen.
11.1.2 Brennfleckgröße
Die Bildqualität wird auch durch die Größe des Brennflecks und die Abstände
zwischen Brennfleckebene und Objektebene (D) und zwischen Objektebene und
Filmebene (d) bestimmt.
Links im Bild wird ein im Verhältnis zum Brennfleck recht großes Objekt abgebildet.
Es entsteht eine relativ große Zone des Kernschattens (Orte starker Absorption an
denen keine bzw. wenig Strahlung durchdringt) aber auch Bereiche des
Halbschattens. Bei einem kleineren Brennfleck wächst die Zone des Kernschattens
und die Bereiche des Halbschattens nehmen ab. Je kleiner der Übergangsbereich
neben dem Kernschatten wird, desto schärfer erscheint der Kernschatten und desto
kontrastreicher ist das Bild.
Auf der rechten Seite ist das Objekt zu klein um bei den vorgegebenen
Größenverhältnissen überhaupt einen Kernschattenbereich auf der Filmebene
erzeugen zu können. Auf dem Bild wäre daher nichts zu erkennen da nur
kontrastloser Halbschatten abgebildet werden würde.
101/210
Abbildung 71: Einfluss der Brennfleckgröße auf die Bildqualität
11.2 Verstärkerfolien
Die Filmkassette besteht aus Kunststoff mit einer Rückseite aus Blei. Ihre Größe
entspricht der Größe des verwendeten Films. Direkt vor und hinter dem Film
befinden sich die sogenannten Verstärkerfolien, die meist mit Verbindungen aus
seltenen Erden beschichtet sind. Beim Auftreffen von Röntgenstrahlung auf die
Folien wandeln sie die Röntgenstrahlung in sichtbares Licht um. Der Röntgenfilm
wird dann zu ca. 95 % durch dieses Folienlicht und nur zu ca. 5 % direkt durch die
Röntgenstrahlung belichtet (geschwärzt).
Abbildung 72: Die Detailschärfe nimmt mit zunehmender Anzahl von Photonen zu.
102/210
Entstehung von Bildunschärfen durch Verstärkerfolien
(1) Neben den erwünschten Röntgenquanten treffen aufgrund von Reflexion auch
gestreute Quanten auf den Film und erzeugen ungewollte Schwärzungen.
(2) Je dünner die Verstärkerfolien gewählt werden, desto geringer sind auch die
ungewollten Schwärzungen durch Reflexion. Andererseits haben dünnere
Verstärkerfolien eine geringere Wirksamkeit. Hier muss ein Kompromiss
gefunden werden, der das im konkreten Anwendungsfall beste Resultat liefert.
(3) Beim Cross-Over-Effekt entsteht eine Schwärzung durch Strahlung, die die
Verstärkerfolie auf der Rückseite des Films trifft.
Abbildung 73: Entstehung von Bildunschärfen durch Verstärkerfolien
11.3 Filmentwicklung
Röntgenquanten treffen auf den Film und oxidieren Bromidionen, die sich in der
silberbromidhältigen Emulsion befinden. Die dadurch freigewordenen Elektronen
werden an Silber-„Keimen“ eingefangen. Die Elektronen reduzieren nun die
Silberionen. Beim Entwickeln werden nun Millionen weiterer Silberionen reduziert
und zu Silberkörnern umgewandelt. Durch das Fixieren wird überschüssiges
Silberbromid aus der Emulsionsschicht herausgelöst.
Die resultierende Schwärzung S des Films ist wie die Extinktion (siehe Kapitel 5.10)
der negative Logarithmus der Transmission:
S ... Schwärzung
I
I
1
S = − log = − log T = log 0 = log
I ... Intensität nachher
I0
I
T
I0 ... Intensität vorher
T ... Transmission
Die Schwärzungskurve zeigt einen Bereich mit nahezu linearem Anstieg in dem eine
Änderung der auftreffenden Dosis an Röntgenstrahlung proportional zur Schwärzung
des Films ist. In diesem Bereich ist ein ausreichender Kontrast gewährleistet. In
Bereich zu niedriger Dosis kommt es zur Unterbelichtung, in Bereichen zu hoher
Dosis zur Überbelichtung. In beiden Fällen sind die Schwärzungsdifferenzen bei
ähnlichen Dosen zu gering für einen ausreichenden Kontrast.
103/210
Überbelichtung
(ΔS sehr klein)
Unterbelichtung
(ΔS sehr klein)
Abbildung 74: Schwärzung des Röntgenfilms
11.4 Auflösungsvermögen
Das Auflösungsvermögen im Röntgenbild wird als Zahl der Linien pro Millimeter
(Ortsfrequenz) angegeben, die im Röntgenbild noch erkennbar sind.
Die örtliche Modulationsübertragungsfunktion (MTF) gibt an, wie sich der Kontrast
einer Aufnahme mit zunehmender Ortsfrequenz (Linienpaare/mm bzw. [Lp/mm])
ändert.
Das Auflösungsvermögen und die MTF sind wichtige Kennzahlen der indirekten
Radiographie.
Modulationsübertragungsfunktion (MTF)
Die Modulationsübertragungsfunktion beschreibt die Übertragung eines Kontrastes
auf dem Objekt I zu einem Kontrast I’ im Bild:
M ... Modulationsgrad
I
M=
I ... Intensität des Objekts
I'
I’ ... Intensität des Bildes
Zur Ermittlung der MTF wird ein Liniengitter von der Bildmitte zum Bildrand
verschoben und an verschiedenen Orten im Bild die Kontrastübertragung ermittelt.
Abbildung 75: Ermittlung der MTF
104/210
Die gemessenen Intensitäten I’ im Bild sind dabei geringer (d.h. geringere
Amplitude) als die Intensitäten I des Objekts. Durch die Verringerung der
Intensitätsunterschiede verringert sich auch der Kontrast im Bild.
Dieses Verfahren wird für verschiedene Ortsfrequenzen durchgeführt wodurch sich
der Verlauf der MTF ergibt.
Abbildung 76: Ermittlung der MTF durch Intensitätsbestimmung für verschiedene
Ortsfrequenzen [Lp/mm]
Die Konstrastübertragung beträgt nie wirklich 100 %, d.h. das Bild weist immer einen
geringeren Kontrast auf als das Objekt. Bei zunehmender Detailfeinheit
(Ortsfrequenz) nimmt der Kontrast im Bild weiter ab. Je langsamer die MTF-Kurve
eines Systems bei zunehmender Ortsfrequenz abfällt, desto besser ist der Kontrast
auch bei sehr detailreichen Strukturen.
11.5 Kontrastmittel
Kontrastmittel dienen dazu, die Darstellung von Strukturen und Funktionen des
Körpers in bildgebenden Verfahren zu verbessern und werden vor allem in der
Röntgendiagnostik, der Magnetresonanztomografie (MRT) und der Sonografie
eingesetzt.
Die Wirkung von Kontrastmitteln besteht darin, dass sie das Signal, das in der
jeweiligen Untersuchung registriert wird, modifizieren. Ziel des Einsatzes ist, bei der
Untersuchung Zusatzinformationen zu gewinnen. Beispielsweise verwendet man in
der Radiografie oft Kontrastmittel, die Röntgenstrahlen stärker absorbieren als
normales Weichteilgewebe.
105/210
Röntgenpositive Kontrastmittel
− Iodhaltige Kontrastmittel dienen zur Darstellung der Nieren und Harnwege,
der Venen, der Arterien und anderer Organe.
Bei der Angiografie, der Darstellung von Blutgefäßen mittels diagnostischer
Bildgebungsverfahren, wird z.B. eine iodhaltige Lösung injiziert wodurch die
in die die Lösung gelangt Röntgenschatten werfen und machen sie so sichtbar
machen.
− Bariumsulfathaltige Suspensionen, die nicht resorbiert werden und dienen zur
Darstellung von Speiseröhre, Magen, Dünn- und Dickdarm.
Röntgennegative Kontrastmittel
− CO2 setzt im Gegensatz zu iod- oder bariumhaltigen Kontrastmitteln die
Röntgendichte herab und führt damit zu einer erhöhten
Strahlendurchlässigkeit.
Anders als Luft kann CO2 in das Gefäßsystem injiziert werden und eignet sich
für die Arteriografie als Alternative zu iodhaltigen Kontrastmitteln und zur
gezielten Darstellung kleiner Verzweigungen.
− Luft bei der Doppelkontrastuntersuchung des Dickdarms.
11.6 Indirektradiographie
Bei der Indirektradiographie wird das Röntgen-Schattenbild mit einem
Röntgenbildverstärker (RBV) in ein sichtbares Bild umgewandelt. Eine Tandemoptik
mit Lichtteiler ermöglicht die Videobetrachtung sowie die Einzelbild- und die
Kinoaufnahme.
Abbildung 77: Prinzip der Indirektradiographie
Der Röntgenbildverstärker ist eine Vakuumröhre, die das Röntgenbild in ein
sichtbares Bild umwandelt. Röntgenstrahlen treffen auf einen Fluoreszenzschirm und
schlagen dort Elektronen heraus. Die Elektronen werden mit einer Photokathode
beschleunigt und danach fokussiert. Auf einem Ausgangsbildschirm entsteht ein
verkleinertes, verkehrtes aber dafür sehr lichtstarkes optisches Bild.
106/210
Abbildung 78: Aufbau eines Röntgenbildverstärkers (RBV)
Die eher teure Indirektradiographie hat einen weniger eingeschränkten
Empfindlichkeitsbereich als die Aufnahme mit einem Film und kann daher z.B. in
Bereichen eingesetzt werden in denen ein Film unterbelichtet wäre.
107/210
12 Bildgebende Verfahren
12.1 Tomographie
Unter dem Begriff Tomographie werden verschiedene bildgebende Verfahren
zusammengefasst mit denen die räumliche Struktur eines Objektes mittels einem
Schichtaufnahmeverfahren ermittelt werden kann und damit volumetrische,
tiefenaufgelöste Information dargestellt wird.
12.1.1 Röntgentomographie
Die Röntgentomographie ist ein mittlerweile veraltetes Verfahren zur Darstellung
einer Schicht innerhalb des untersuchten Objekts. Während der Belichtung werden
der Röntgenfilm und die Strahlenquelle gegenläufig bewegt. Dadurch entsteht eine
scharfe Abbildung der Strukturen, die in der Fokusebene liegen. Strukturen
außerhalb der Fokusebene werden verwischt.
12.1.2 Computertomographie (CT)
Beim herkömmlichen Röntgenverfahren wird das abzubildende Objekt von einer
Röntgenquelle durchleuchtet und auf einem Röntgenfilm abgebildet (bildgebendes
Verfahren). Es entsteht eine Projektion des Volumens auf eine Fläche. Bei dieser
Projektion gehen Informationen, welche die dritte Dimension (Dicke) des
durchleuchteten Körpers betreffen weitgehend verloren. Grund hierfür ist, dass im
Nachhinein nicht mehr unterschieden werden kann, ob die im Röntgenbild sichtbare
Schwächung (helle Bereiche im Bild) durch ein Material höherer Dichte oder durch
eine größere Schichtdicke hervorgerufen wurde.
Die Computertomographie umgeht dieses Problem, indem sie viele Röntgenbilder
des Objekts aus den unterschiedlichsten Richtungen erstellt und nachträglich aus
diesen vielen Abbildungen die verlorenen Volumeninformationen rekonstruiert. In
der Regel setzen sich diese 3D-Rekonstruktionen aus Einzelschnitten, die quer durch
das Objekt verlaufen, zusammen (schnittbildgebendes Verfahren). Auf diese Weise
kann für jedes Volumenelement (Voxel) des Objektes eine Dichte ermittelt werden.
Geräteaufbau
Moderne Geräte arbeiten im Spiralverfahren (Spiral-CT bzw. Helix-CT), bei dem der
Patient mit konstanter Geschwindigkeit entlang seiner Längsachse durch die
Strahlenebene bewegt wird (Translation), während die
Strahlenquellendetektoreinheit konstant rotiert (Rotation).
108/210
Abbildung 79: Prinzip des Spiral-CTs
Je nach Gerät können auch mehrere Axialebenen gleichzeitig eingelesen werden
(Mehrschicht- oder Multislice-Verfahren). Dadurch ist das Verfahren schneller und
es lassen sich Bewegungsartefakte (z. B. durch die Atmung) reduzieren.
Abbildung 80: Aufbau eines CTs
Auswertung
Bei der Computer-Tomographie wird ein dreidimensionales Objekt mit Strahlen der
Intensität J0 aus unterschiedlichen Richtungen durchstrahlt. Es entsteht ein
Überlagerungsbild bei dem alle durchstrahlten Volumselemente zur Schwächung
beitragen.
109/210
P = ln
J0
= ∑ μi d i
JD
i
P ... Schwächung der
Röntgenstrahlung
J0 ... Strahlungsintensität vorher
JD ... Strahlungsintensität am Detektor
μ ... Röntgenschwächungskoeffizient
d ... Schichtdicke
Das am Detektor ankommende abgeschwächte Signal JD ist
die Radon-Transformierte des durchleuchteten Objektes. Die
Radon-Transformation lässt sich mit mathematischen
Methoden (z.B. der Fourieranalyse) umkehren, sodass ein
Bild des Objektes errechnet wird. Das Objekt wird dabei
schichtenweise untersucht, am Ende ergeben die Bilder der
Schichten ein dreidimensionales Bild des Objektes.
Abbildung 81:
Abschwächung des
Röntgenstrahls im Laufe
der Durchdringung
Abbildung 82: Vereinfachtes Beispiel einer Radontransformation
(1) Zu Beginn sind die Einzelwerte des Rasters unbekannt sondern nur die
Messwerte I der Strahlungsintensität der Röntgenstrahlung, die Summen von
Einzelwerte darstellen. Gesucht ist jedoch der Röntgenschwächungskoeffizient
für jedes einzelne Volumselement (Voxel).
(2) Durch Logarithmierung der Messwerte wird z.B. aus dem Wert 10 000 = 105
für die untere Zeile der Wert 5.
(3) Weist man jedem Feld des Rasters eine Variable zu, lassen sich für jede Spalte
und für jede Zeile lineare Gleichungen aufstellen. Hat man ein Raster mit zwei
Spalten und zwei Zeilen, d.h. vier Feldern, erhält man ein Gleichungssystem
mit ebensovielen Gleichungen. Dementsprechend hätte man für einen Raster
mit 512 × 512 Feldern bereits 512² Gleichungen zu lösen.
(4) Durch Lösung des Gleichungssystems können die Werte der einzelnen Felder
ermittelt werden.
110/210
(5) Durch Umkehrung des vorherigen Logarithmierungsschritts erhält man die
ursprünglichen Intensitäten der einzelnen Felder und kann somit den
Röntgenschwächungskoeffizient μ der Volumselemente berechnen.
Hounsfield-Skala (Fenstertechnik)
Der lineare Absorptionskoeffizient μ beschreibt, wie stark Röntgenstrahlung beim
Durchdringen von Materie entlang des durchstrahlten Wegs abgeschwächt wird.
Die Medizin interessiert sich im Rahmen der Computertomografie besonders dafür,
die Schwächung der Röntgenstrahlung bestimmten Geweben zuzuordnen und
darüber pathologische Abweichungen von gesundem Gewebe feststellen zu können.
In der Medizin wird die CT-Zahl (relative Houndsfield-Skala) anstelle des von der
Röntgenenergie abhängigen Schwächungskoeffizienten eingesetzt. Diese hat die
Einheit Hounsfield Unit [HU] und wird für ein bestimmtes Material (Gewebe) relativ
zu Wasser folgendermaßen berechnet:
μ
− μ Wasser
μrel ... CT-Zahl [HU]
μ rel = Gewebe
.1000
μGewebe ... Schwächungskoeffizient des Gewebes
μ Wasser
μWasser ... Schwächungskoeffizient des Wassers
Abbildung 83: Hounsfield-Skala der Organe
Der Mensch besteht zu mehr als 60 % aus Wasser. Die meisten körpereigenen
Substanzen unterscheiden sich nur wenig vom Schwächungskoeffizient des Wassers
weshalb die Abweichung in Promille angegeben wird. Die CT-Zahlenwerte sind in
erster Näherung proportional zur Dichte der Gewebe:
111/210
− Luft absorbiert Röntgenstrahlung nahezu gar nicht und hat daher eine CTZahl von -1000 HU.
− Fettgewebe absorbiert Röntgenstrahlung etwas weniger als Wasser und hat ca.
-50 bis -100 HU.
− Wasser hat gemäß der Definition 0 HU.
− Knochen haben, je nach Dichte, Werte von 500 - 1000 HU.
In der Praxis hat sich ein Wertebereich von -1024 bis 3071
HU durchgesetzt was 4096 Graustufen entspricht.
Die Intensitätsunterschiede zwischen Lunge und Knochen
sind groß. Die Unterschiede bei Weichteilen, Fettgewebe
und Wasser sind jedoch nur gering.
Um eine verbesserte Beurteilbarkeit der Bilder zu
erreichen arbeitet man daher mit verschiedenen
Fenstergrößen (die 4096 Graustufen entsprechen), die
man durch Angabe der Fenstermitte C und der
Fensterbreite W definiert:
− Knochenfenster: C/W = 1000/2500
− Mediastinalfenster: C/W = -50/400
− Lungenfenster: C/W = -625/1250
Vergleich von CT und Projektionsradiographie
Beide bildgebende Verfahren arbeiten mit
Abbildung 84:
Fenstertechnik der
Röntgenstrahlung (ionisierende Strahlung) mit einer
Hounsfield-Skala
vergleichbaren Dosis.
Bei der Projektionsradiographie ist der Kontrast gleich der Summe der Signalbeiträge
entlang der Transmission. Der Kontrast ist abhängig von der Kernladungszahl Z und
der Dosis.
Bei der Computertomographie entspricht der Kontrast den Werten benachbarter
Volumselemente (Voxel) und damit der Zusammensetzung des Gewebes.
Angrenzende oder überlappende Strukturen haben keinen Einfluss auf das Ergebnis.
Ein Nachteil der Computertomografie ist die Strahlenexposition. Diese ist um bis zu
tausendmal höher als bei einer normalen Röntgenaufnahme.
12.1.3 Magnetresonanztomographie (MRT)
Eine Alternative zur Computertomografie stellt die Magnetresonanztomografie
(MRT) dar, die auch als Kernspintomografie bezeichnet wird:
− Nuclear Magnetic Resonance (NMR)
− Magnet Resonanz Tomografie (MRT)
− Magnetic Resonance Imaging (MRI)
Die beiden Hauptvorteile der MRT gegenüber der CT sind, dass keine schädliche
Röntgenstrahlung verwendet wird, und die Möglichkeit, Organe und Gewebe auch
ohne Kontrastmittel mit hohem Weichteilkontrast abzubilden.
Methode
Die MRT basiert auf sehr starken magnetischen Feldern und hochfrequenten
elektromagnetischen Feldern, mit denen bestimmte Atomkerne, meistens
Wasserstoffkerne (d.h. Protonen), im Körper angeregt werden. Wasserstoff weist eine
hohe relative Empfindlichkeit für die Ausrichtung in einem konstanten Magnetfeld
112/210
auf. Außerdem ist Wasserstoff in einem großen Prozentsatz von Verbindungen
innerhalb des Körpers vorhanden.
Empfangen werden extrem schwache elektromagnetische Felder im Frequenzbereich
der Kurzwelle oder Ultrakurzwelle, die von den angeregten Atomkernen ausgesendet
wird.
Geräteaufbau
1. Kerne mit einer ungeraden Anzahl von Protonen und besitzen einen
mechanischen Eigendrehimpus (Spin) und sind dadurch magnetisch. Es wird
ein starkes magnetisches Gleichfeld B0 von ca. 1 Tesla [T] angelegt. Zum
Vergleich: Das Erdmagnetfeld beträgt am Äquator nur ca. 30µT. Durch dieses
starke Magnetfeld richten sich alle Atome in diesem Magnetfeld aus.
Abbildung 85: Anlegen eines starken magnetischen Gleichfelds B0 zur Ausrichtung der Atome.
2. Im nächsten Schritt wird ein zusätzliches hochfrequentes magnetisches
Wechselfeld (Ultrakurzwelle, ca. 42,6 MHz) angelegt was dazu führt, dass die
ausgerichteten Atome aus der Richtung des statischen Feldes auslenken
(„kippen“).
113/210
Abbildung 87: Angeregt durch ein hochfrequentes magnetisches Wechselfeld kommt es zur
Rotation der Spinachse der Atome um die Magnetfeldlinien in der Larmorfrequenz.
3. Als Folge der Auslenkung beginnen die Kerne in der
Larmorfrequenz um die ursprüngliche Feldrichtung
zu präzidieren, d.h. die Spinachsen der angeregten
Atome rotieren um die Feldlinien des statischen
Magnetfelds („Kreisel“).
4. Nach Abschalten des hochfrequenten Wechselfeldes
nimmt diese Magnetisierung mit einer Abklingzeit ab,
d.h. die Atome „springen“ wieder in ihre
Ausgangsposition zurück. Diese Abklingzeit
(Relaxation) ist für verschiedene Gewebearten
charakteristisch und führt zu unterschiedlichen
Signalstärken (Helligkeiten) im resultierenden Bild,
was einen Rückschluss auf die Verteilung der Atome
erlaubt. Weiters ist die Ortskodierung der Signale
durch ortsabhängige Magnetfelder entscheidend für
die Bildgebung.
114/210
Abbildung 86: Die
Spinachsen der
angeregten Atome
rotieren in der
Larmorfrequenz um die
Feldlinien des statischen
Magnetfelds
Lamorfrequenz
Für die Präzessionsbewegung (d.h. Kreiselbewegung) des Kernspins existiert eine
Eigenfrequenz, die Larmorfrequenz genannt wird. Sie hängt von der Stärke des
Magnetfeldes B0 und vom Aufbau des Kerns (beschrieben durch das gyromagnetische
Verhältnis γ) ab:
ω = 2 π f = γ B0
ω ... Larmorfrequenz [s-1]
f ... Frequenz des hochfrequenten Wechselfeldes [s-1]
γ ... Gyromagnetisches Verhältnis [rad/(T s)]
B0 ... Magnetfeldstärke [T]
Der Wert des das gyromagnetische Verhältnisses ist abhängig vom verwendeten
Nuklid und z.B. für Wasserstoff verhältnismäßig hoch. Weist das verwendete
statische Magnetfeld B0 eine hohe Feldstärke auf ist auch die Larmorfrequenz
entsprechend hoch und die Atome rotieren schnell um die Magnetfeldlinien.
Durch die Wahl der Feldstärke des statischen Magnetfeldes B0 und die Wahl der
Frequenz f des zusätzlichen hochfrequenten Wechselfeldes kann sehr genau
bestimmt werden, welche Kerne in Resonanz geraten sollen.
Relaxation
Das emittierte Kernspinresonanzsignal wird von einer Empfängerspule
aufgenommen. Die Amplitude des Signals nimmt durch zwei getrennte Prozesse
exponentiell ab:
− Longitudinale Relaxationszeiten T1 (Spin-Gitter-Relaxation) bestimmen die
Einstellung der Gleichgewichtsmagnetisierung, d.h. die Rückkehr in den
energieärmeren Grundzustand.
− Transversale Relaxationszeiten T2 (Spin-Spin-Relaxation) bestimmen die
Linienbreite der Resonanzlinien.
Die Relaxationseffekte geben Aufschluss über vorhandene Wechselwirkungen und
molekulare Bewegungen. Außerdem wird der Bildkontrast von den beiden
Relaxationszeiten sowie von der Protonendichte bestimmt.
12.1.4 Vergleich tomografischer Verfahren
Feste Strukturen mit einem geringen Wasserstoffgehalt, z.B. Knochenkalk oder
luftreiche Regionen wie die Lunge können bislang besser durch Röntgen und durch
die Computertomographie dargestellt werden.
Dann noch unklare Fälle können oft erfolgreich durch ein Multislice-Spiral-CT des
Oberbauchs abgeklärt werden. Spezialfragen rechtfertigen danach ein MRT des
Oberbauches oder in Einzelfällen des gesamten Abdomen.
In Notfallsituationen, z.B. bei einer schweren Kopfverletzung, wird oft eine
Computertomografie durchgeführt, da diese Untersuchung innerhalb von Minuten
eine sichere Diagnose liefert.
Das Röntgen des Schädels zum Nachweis oder Ausschluss eines Schädelbruchs reicht
hier nicht aus, da mögliche Hirnverletzungen oder eine Blutung im Kopf dabei nicht
sichtbar werden können.
Der Nachweis einer akuten Blutung oder eines Schädelbruchs gelingt mit der CT
besser als mit der MRT. Ältere Blutungen oder Verletzungen des Gehirns sind
dagegen nur mit MRT sicher nachweisbar.
Sehr kranke oder unruhige Patienten können grundsätzlich wesentlich schneller und
effektiver mit der CT als mit der MRT untersucht werden.
115/210
12.2 Szintigrafie
Methode
Die Szintigrafie ist ein bildgebendes Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik.
Dabei werden radioaktiv markierte Stoffe (Radionuklide), sogenannte
Radiopharmaka, in den Körper eingebracht und reichern sich in dem zu
untersuchenden Zielorgan an. Mit Hilfe eines Scanners oder einer Gammakamera
kann die ausgesandte Strahlung ermittelt und in ein farbvisualisiertes Bild
(Szintigramm) transformiert werden.
Die Strahlenbelastung ist bei diesen Untersuchungen meist geringer als bei den
vergleichbaren Röntgenuntersuchungen.
Typische Nuklide sind das Technetium (99Tc) für Lunge, Niere, Herz und Skelett und
das Iod (123I) für die Untersuchung der Schilddrüse.
Die Detektion erfolgt mit Hilfe eines Szintillationskristalls, der bei Auftreffen der
Gammaquanten Lichtblitze erzeugt. Die Lichtblitze werden in ein elektronisches
Signal umgewandelt und entsprechend der Häufigkeit als Bildpunkt in
Schwärzungsgraden dargestellt.
Anwendung
Anwendung findet die Szintigrafie beispielsweise in der Tumordiagnostik. Der
radioaktiv markierte Tracer wird sich vorzugsweise in Gewebe anreichern, das einen
erhöhten Stoffwechsel aufweist und daher auch stärker vaskularisiert (durchblutet)
ist („Hot Spot“).
Single-Photon-Emissions-Computer-Tomografie (SPECT)
Die Darstellung der untersuchten Organe kann entweder
flächig (planar) erfolgen, oder auch mittels SPECT. Beim
SPECT-Verfahren werden mehrere Aufnahmen derselben
Körperregion aus verschiedenen Winkeln angefertigt und
aus den gewonnen Daten ein dreidimensionales Modell
errechnet, das dann auch Schnittbilder wie in einer
Computertomografie ermöglicht.
Die SPECT gehört wie die Positronen-EmissionsTomografie (PET) zu den funktionellen bildgebenden
Verfahren. Die erzeugten Bilder geben vor allem
Aufschluss über Stoffwechselabläufe im Körper. Die
Morphologie des Körpers lässt sich hingegen nur grob
beurteilen.
Abbildung 88: SPECTVisualisierung eines
keilförmigen
Durchblutungsausfalls im
hinteren Hirnanteil
Kombination SPECT und CT
Es gibt weiters die Möglichkeit mehrere Verfahren zu kombinieren. Bei der
Kombination von SPECT und CT können grob aufgelöste Informationen über den
Stoffwechselablauf (SPECT) mit hochauflösenden Darstellungen der Organe (CT)
verknüpft werden.
116/210
Abbildung 89: Kombination von SPECT und CT
12.3 Positronenemissionstomografie (PET)
Methode
Die PET ist eine Form der Szintigrafie auf Basis von Nukliden, die Positronen
emittieren (β+-Strahlung). Basierend auf dem Prinzip der Szintigrafie wird dem
Patienten zu Beginn einer PET-Untersuchung ein Radionuklid (oder eine mit einem
Radionuklid markierte Substanz) verabreicht, meist als Injektion in eine Armvene.
Trifft ein durch Zerfall des Radionuklids entstandenes Positron auf ein Elektron
werden beide vernichtet (Annihilation) und es entstehen zwei hochenergetische
Photonen (Gammastrahlung) mit einer Energie von 511 keV, die sich in einem Winkel
von knapp 180° voneinander entfernen. Diese Vernichtungsstrahlung trifft
gleichzeitig zwei Detektoren, was Nachweis und Ortsbestimmung der
Positronenemission ermöglicht.
117/210
Abbildung 90: Positronenemissionstomografie (PET )
Anwendung
− Kohlenstoff (11C):
o Cholin zur Prostatakrebsdiagnostik
o S-Methyl-L-Methionin für die Sichtbarmachung
der Proteinsynthese
o Acetat zur Visualisierung des
Sauerstoffverbrauchs des Herzmuskels
− Stickstoff (13N):
o L-Glutaminsäure zur Darstellung des
Aminosäurenstoffwechsels
o Ammoniak zur Darstellung der
Herzmuskeldurchblutung
− Sauerstoff (15O):
o Wasser zur Darstellung der Durchblutung
(Perfusion)
o Darstellung der
Sauerstoffaufnahme
und Verteilung
Abbildung 91:
Bestimmung der
Hirnaktivität mit z.B.
nach Stimulation über
den Geruchssinn mit
PET
Kombination PET und CT
Ein PET/CT kombiniert die hohe
Ortsauflösung (von bis zu 0,35 mm)
und detailreiche
Anatomiedarstellung des CT mit den
hochsensitiven
Stoffwechselinformationen aus der
PET.
Abbildung 92: PET/CT
118/210
13 Mikroskopische Verfahren
13.1 Vergleich mikroskopischer Verfahren
Methode
Minimale
Wellenlänge
λmin [nm]
Lichtmikroskopie
400
Größe der
optimal
auflösbaren
Strukturen
Δxopt [nm]
200
Röntgenmikroskopie
5
50
Rasterelektronenmikroskopie (Auflicht)
REM
Transmissionselektronenmikroskopie
TEM
Tunnelmikroskopie
0,01
3
0,001
0,3
Röntgenstrukturanalyse
0,154
0,3
0,1
Beispiele
Zellen, Blutzellen,
Bakterien, Mitochondrien
Knochenstrukturen,
lebende Zellen
Gestalt von Blutzellen,
Organellen von
Gefrierbruchpräparaten
Membranstrukturen,
DNA-Strukturen
Makromoleküle, Atome
von Festkörpern
Abstände zwischen
Atomen mit hoher
Genauigkeit
Abbildung 93: Für die Betrachtung biologischer Objekte nötiges Auflösungsvermögen
119/210
13.2 Mikroskop
13.2.1 Aufbau eines Lichtmikroskops
Abbildung 94: Aufbau eines Lichtmikroskops
− Okular: Linse(nsystem) durch das man mit dem Auge (lat. oculus) in ein
optisches System blickt.
− Objektiv: Das dem Objekt zugewandte Linsensystem zur Erzeugung einer
verzerrungs- und farbfehlerfreien Abbildung.
− Präparat: Das Präparat verändert das Strahlungsfeld, welches durch Objektiv
und Okular fällt.
− Kondensor: Der Kondensor ist eine Linse, die die gleichmäßige
Ausleuchtung des Präparats bewirkt („köhlern“ des Mikroskops).
− Lichtquelle
13.2.2 Strahlengang eines Mikroskops
Mit Mikroskopen kann man weitaus stärkere Vergrößerungen als mit einer Lupe
erreichen.
Ein Mikroskop besteht im Wesentlichen aus zwei Sammellinsen, dem Objektiv (dem
Objekt zugewandt) und dem Okular (dem Auge zugewandt).
Der zu vergrößernde Gegenstand wird zwischen die einfache und die doppelte
Brennweite des Objektivs gebracht. Dadurch wird im Tubus ein reeles,
vergrößertes und verkehrtes Bild erzeugt, das so genannte Zwischenbild.
Dieses Zwischenbild wiederum befindet sich innerhalb der Brennweite des Okulars,
das somit als Lupe wirkt und das bereits vergrößerte Bild noch weiter vergrößert. Das
mit den Augen beobachtbare Bild ist virtuell, stark vergrößert und verkehrt
und wird auf der Netzhaut zu einem reelen, stark vergrößerten und
aufrechten Bild.
120/210
Die Vergrößerung eines Mikroskops ist zweistufig und hängt von den Brennweiten
von Objektiv und Okular sowie von der Tubuslänge (Abstand der Brennpunkte von
Objektiv und Okular) ab:
V ... Vergrößerung
t.s
V = VObjektiv .VOkular =
f ... Brennweite
f Objektiv .f Okular
t ... Länge des Tubus
s ... deutliche Sehweite
Objektiv
Bild ZwischenBild
G
Auge
B
FObj
FObj
Okular
Z
FOk
FOk
Die Komponenten des Mikroskops sind so aufeinander abgestimmt, dass das virtuelle
Bild in einem Abstand von ca. 25 zum Auge des Betrachters entsteht, damit das Auge
in der Lage ist entspannt auf das Bild scharfzustellen.
13.3 Abbesche Theorie
Theorie der mikroskopischen Abbildung, wonach für die Bildentstehung die Beugung
des Lichtes am Objekt maßgebend ist und das Auflösungsvermögen durch die
Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes begrenzt wird.
Die Theorie geht davon aus, dass jedes Objekt Beugungseffekte hervorruft. Das
bedeutet, dass die Bildinformation des Objektes auf die Beugungsmaxima aufgeteilt
wird. Je mehr Maxima eines Objektes nun für die Bildgebung genutzt werden
können, desto mehr Informationen sind über das Objekt vorhanden und umso höher
ist daher auch die Auflösung.
13.3.1
„Unbewaffnetes“ Auge
Die wahrgenommene Objektgröße ist abhängig vom Sehwinkel σ. Als Sehwinkel
bezeichnet man jenen Winkel, den die äußersten von einem Gegenstand kommenden
Strahlen im Auge miteinander einschließen. Er bestimmt die Größe des
Netzhautbildes (siehe Kapitel 5.5).
Ist dieser Winkel größer als etwa 3’ (Winkelminuten), so wird das entsprechende
Detail von einem normalsichtigen Auge aufgelöst. D.h. man keinen einen Menschen
erkennen, der sich ca. 2,2 km entfernt befindet.
121/210
Abbildung 95: Sehwinkel und konventionelle Sehweite des Auges
13.3.2 Vergrößerung
Die Vergrößerung ist das Verhältnis von Sehwinkel bei konventioneller Sehweite zum
Sehwinkel bei Verwendung einer Lupe:
V ... Vergrößerung
σ
V=
σ ... Sehwinkel bei konventioneller Sehweite
σ'
σ' ... Sehwinkel bei Verwendung einer Lupe
Abbildung 96: Vergrößerung
13.3.3 Auflösungsvermögen
Die Beugungsbilder zweier Punkte müssen mindestens einen solchen Abstand haben,
dass das Minimum des einen Beugungsbildes auf das Maximum des anderen
Beugungsbildes fällt. Lässt man die Beugungsbilder zweier Punkte immer weiter
zusammenwandern ist irgendwann ein kritischer Punkt erreicht, an dem die
Beugungsbilder nicht mehr voneinander getrennt wahrgenommen werden können.
Unter dem Auflösungsvermögen d versteht man den kleinsten noch wahrnehmbaren
Abstand zwischen zwei Punkten, d.h. der Abstand bei dem diese beiden Punkte noch
als getrennt wahrgenommen werden können (Rayleigh-Kriterium).
Zwei Gegenstände im Abstand d können dann noch aufgelöst werden, wenn das
Maximum 0. und 1. Ordnung innerhalb des Öffnungswinkels θ des Objektivs fallen.
122/210
Abbildung 97: Auflösung abhängig von der Überschneidung der Maxima
Die Auflösung ist umso größer, je größer die Öffnung (Apertur) des Objektivs und je
kürzer die Wellenlänge des Lichts:
d ... Spaltbreite [m]
λ
λ
d=
=
λ ... Wellenlänge des Lichts [m]
n.sin α A
n ... Brechzahl des Mediums zwischen Objektiv und Präparat
α ... halber Öffnungswinkel
A ... Apertur (Öffnung) des Objektivs
13.3.4 Öffnungswinkel
Der halbe Öffnungswinkel kann auch folgendermaßen berechnet werden:
α ... halber Öffnungswinkel
⎛λ⎞ λ
α = arcsin ⎜ ⎟ ≈
λ ... Wellenlänge des Lichts [m]
⎝d⎠ d
d ... Spaltbreite [m]
Beispiel: Bei einer Wellenlänge von λ = 600 nm (rot) und einem
Pupillendurchmesser d = 4 mm ergibt sich ein Mindestwinkel zwischen zwei
auflösbaren Punkten von 1,5.10-4 rad. Dies entspricht einem Abstand auf der
Netzhaut von ca. 4 μm. Der tatsächliche Abstand der Rezeptoren liegt auch in dieser
Größenordnung.
13.4 Numerische Apertur eines Objektivs
Die numerische Apertur A (Öffnung) bestimmt das Auflösungsvermögen und die
Bildhelligkeit (Lichtsammelvermögen) eines Objektivs:
A = n.sin(α)
A ... Numerische Apertur
n ... Brechzahl des Mediums zwischen Objektiv und Präparat
α ... halber Öffnungswinkel
123/210
Das Auflösungsvermögen eines Objektivs ist davon abhängig wieviel Licht von einer
Struktur des Präparates in das Objektiv gelangt. Diese Lichtmenge ist wiederum
abhängig vom sogenannten Öffnungswinkel des entsprechenden Objektivs.
Abbildung 98: Je größer der Öffnungswinkel des Objektivs desto größer die Menge des
einfallenden Lichts
Eine hohe numerische Apertur ergibt einen großen Winkel und damit sowohl eine
hohe Lichtstärke als auch ein hohes Auflösungsvermögen und eine geringe
Schärfentiefe.
Befindet sich ein Medium mit einer von 1 verschiedenen Brechzahl zwischen Objektiv
und Objekt (Immersionsobjektiv), geht dessen Brechzahl n als Faktor ein.
124/210
Abbildung 99: Links: Ein Objektiv mit einer kleinen numerischen Apertur, daher einem kleinen
Öffnungswinkel und einem geringen Auflösungsvermögen.
Mitte: Ein Objektiv mit einer größeren numerischen Apertur und einem größeren Öffnungswinkel
hat ein höheres Auflösungsvermögen.
Rechts: Die Auflösung kann weiter erhöht werden indem ein Immersionsobjektiv verwendet
wird, wobei durch die Brechzahl n des verwendeten Mediums die numerische Apertur weiter
vergrößert werden kann.
13.4.1 Maximale Auflösung
Die maximale Auflösung ist der minimale Abstand dmin zwischen zwei
unterscheidbaren Strukturen. Dieser ist proportional zum Verhältnis zwischen
Wellenlänge λ und der numerischen Apertur A.
Je kleiner die Wellenlänge und je größer die Apertur, desto kleiner der minimale
Abstand zwischen zwei unterscheidbaren Strukturen und desto größer das maximale
Auflösungsvermögen.
d ... Minimaler Abstand unterscheidbarer
λ
λ
d min = 0, 61 = 0, 61
Strukturen [m]
A
n sin(α)
λ ... Wellenlänge des Lichts [m]
A ... Apertur (Öffnung) des Objektivs
n ... Brechzahl des Mediums zwischen Objektiv
und Präparat
α ... halber Öffnungswinkel
Beispiel: Rotes Licht hat Wellenlängen von mehr als 610 nm, daher können Linien
bis 0,5 μm aufgelöst werden. Blaues Licht hat kürzere Wellenlängen zwischen 450
und 500 nm, daher können Linien bis zu 0,4 μm aufgelöst werden.
13.4.2 Vergrößerung der numerischen Apertur durch Ölimmersion
Das Präparat befindet sich meist auf einem Objektträger aus Glas mit einer Brechzahl
von n = 1,5. Zwischen Präparat und Objektiv befindet sich als Medium Luft mit einer
Brechzahl von n = 1,0. Beim Übergang vom optisch dichteren Medium Glas in das
weniger dichte Medium Luft kommt es entsprechend des Snelliuschen
Brechungsgesetzes (siehe Kapitel ) zu einer Brechung vom Lot. Daher kann es
passieren, dass weniger Bildinformation in das Objektiv gelangt und sich dadurch die
Auflösung verschlechtert.
125/210
Dieser Informationsverlust kann vermindert werden, wenn man ein Medium mit
einem ähnlichen Brechungsindex wie Glas verwendet, z.B. Öl mit n = 1,5. Nun kommt
es beim Übergang zwischen zwei optisch ungefähr gleich dichten Medien nicht mehr
zu einer starken Brechung weg vom Lot und mehr Bildinformation gelangt in das
Objektiv.
Abbildung 100: Erhöhung der numerischen Apertur und damit der Auflösung durch Ölimmersion
13.4.3 Förderliche Vergrößerung
Bei der förderlichen Vergrößerung handelt es sich um jene Vergrößerung bei der die
kleinsten Strukturen, die noch vom Objektiv aufgelöst werden können nach der
Abbildung im Auge durch das Okular immer noch aufgelöst werden können. Durch
eine weitere Vergrößerung (z.B. ein stärker vergrößerndes Okular) wird das Bild zwar
größer aber es werden keine weiteren Details sichtbar:
500.A ≤ V ≤ 1000.A
A ... Apertur des Objektivs (siehe Kapitel 13.3)
V ... Vergrößerung durch das Objektiv
13.5 Dunkelfeldmikroskopie
126/210
Bei der Dunkelfeldmikroskopie handelt sich um
eine spezielle Variante der Lichtmikroskopie,
durch die mit Hilfe speziell ausgestatteter
Mikroskope insbesondere durchsichtige und
kontrastarme Objekte ohne vorherige Färbung
(daher auch lebende Objekte) untersucht
werden können.
Bei der Dunkelfeldmikroskopie wird das von der
Lichtquelle des Mikroskops kommende Licht
am Objektiv vorbei geleitet. Nur Licht, das
durch die Präparate im Strahlengang gestreut
wird (Tyndall-Effekt), gelangt in das Objektiv
und erzeugt dort ein Bild mit hellen Strukturen
auf dunklem Untergrund. In diesem Bild sind
damit allerdings fast immer nur die äußeren
Konturen der Objekte im Präparat, jedoch keine
oder nur wenig innere Strukturen wie zum
Beispiel zelluläre Bestandteile erkennbar.
Abbildung 101: Strahlengang im
Dunkelfeldmikroskop
Tyndall-Effekt
Der Tyndall-Effekt beschreibt die Streuung von
Licht an submikroskopischen Schwebeteilchen,
mit Abmessungen ähnlich der Lichtwellenlänge.
13.6 Phasenkontrastmikroskopie
Amplitudenobjekte
Die Amplitude des Lichts wird durch Absorption der Lichtstrahlung in einem Objekt
geschwächt. Der Kontrast entsteht so durch Amplitudendifferenzen und ist direkt
visuell wahrnehmbar. Die Phasenlage des Lichts bleibt unverändert.
Phasenobjekte
Die Brechungsindices der vom Licht durchdrungenen Objekte beeinflussen die
Lichtgeschwindigkeit innerhalb dieser Medien und somit die Phasenlage der
Lichtquellen untereinander. Der Kontrast entsteht hier also durch
Weglängendifferenzen und ist nicht visuell wahrnehmbar. Zur Sichtbarmachung
können Phasendifferenzen in Amplitudendifferenzen umgesetzt werden.
127/210
Abbildung 102:
Links: Bei Amplitudenobjekten entsteht der Kontrast durch Änderung der Amplitude.
Rechts: Bei Phasenobjekten entsteht der Kontrast durch die Phasenverschiebung aufgrund der
Brechungindices der durchdrungenen Medien.
Mit Hilfe der Phasenkontrastmikroskopie können kontrastarme Objekte (z.B.
Bakterien, Geißeln, Zellkerne), die im Hellfeld nicht so gut oder kaum zu erkennen
wären, kontrastreicher dargestellt werden.
Beim Phasenkontrastverfahren werden die Phasenunterschiede in dem Präparat
durch Eingriffe in den Strahlengang deutlich sichtbar gemacht. Dabei wird der
Phasenunterschied zwischen dem das Objekt durchstrahlende Licht und dem am
Objekt vorbeigehenden Licht ausgenutzt. Das Phasenkontrastmikroskop stellt
Unterschiede im Brechungsindex als Helligkeitsunterschiede dar.
In ein normales Mikroskop werden zwei Blenden eingebaut: eine Ringblende im
Objektiv und eine Ringaperturblende im Kondensor. Die Abmessungen dieser beiden
Blenden sind so beschaffen, dass sie nur einen dünnen, ringförmigen Spalt im
Lichtweg freilassen, wenn die Blenden genau zentriert sind. Der Lichtstrahl hat also
die Form eines Hohlkegels.
128/210
Abbildung 103: Strahlengang im Phasenkontrastmikroskop
Die Kontrastbildung beruht darauf, dass Lichtstrahlen in Medien mit höherem
Brechungsindex stärker verzögert werden, als in Medien mit geringerem
Brechungsindex. Dadurch entsteht eine Phasenverschiebung, die von der
Blendenoptik des Mikroskops als Helligkeitsänderung dargestellt wird.
Da sich der Brechungsindex annähernd proportional mit der Dichte des Objekts
ändert, entspricht die Helligkeitsverteilung des
Bildes in etwa der Dichteverteilung im
biologischen Material.
Zusätzlich treten außerdem helle oder dunkle
„Halos“ entlang der Kanten von Zellen und
anderen Strukturen auf. Diese Halos erzeugen
einen optischen dreidimensionalen Effekt, der
Abbildung 104: Vergleich ohne und mit jedoch keineswegs der räumlichen Struktur des
Phasenkontrast
Objekts entsprechen muss.
129/210
13.7 Fluoreszenzmikroskopie
Bei der Fluoreszenzmikroskopie wird
das Objekt nicht durchstrahlt, sondern
durch das Objektiv beleuchtet
(Auflichtmikroskopie). Als
Lichtquellen werden
Quecksilberdampflampen oder Laser
eingesetzt.
Im zu untersuchenden Präparat
befinden sich fluoreszierende Stoffe,
die mit Licht einer bestimmten
Wellenlänge zum Leuchten angeregt
Abbildung 105: Stokes shift
werden.
Die zur Anregung notwendige Wellenlänge wird mit optischen Filtern isoliert. Das
einfarbige Licht wird auf das Objekt geleitet, worauf dieses zu fluoreszieren beginnt.
Aufgrund der Aufteilung der abgegebenen Energie in Wärme und Licht ist das
abgestrahlte Fluoreszenzlicht immer längerwelliger, also energieärmer, als das
Anregungslicht. Dieser Effekt wird als Stokesche Verschiebung (Stokes shift)
bezeichnet.
Farbteiler trennen das Fluoreszenzlicht vom anregenden Licht und leiten es in das
Okular des Mikroskops.
Abbildung 106: Strahlengang im Fluoreszenzmikroskop
130/210
13.8 Konfokalmikroskopie
In einem normalen Lichtmikroskop ist das Bild eine Überlagerung aus einer scharfen
Abbildung der Punkte in der Fokalebene und einer unscharfen Abbildung der Punkte
außerhalb dieser.
Die meisten Konfokalmikroskope sind Laser-Rastermikroskope. Bei diesen rastert
ein Laserstrahl punktweise ein Objekt, wobei er in der Fokusebene der zu
mikroskopierenden Probe maximal fokussiert ist.
Es werden nun die Fluoreszenzmoleküle angeregt, die sich im Lichtweg des
fokussierten Laserstrahles befinden. Bildet man die Fluoreszenzsignale nun wieder
auf einer Bildebene ab, in der sich eine kleine Lochblende befindet, so können nur die
Signale, die aus der Fokusebene kommen, exakt in dieses Loch fallen.
Die Signalanteile, die aus anderen Ebenen oberhalb oder unterhalb der Fokusebene
in der Probe stammen, werden dadurch ausgeblendet und es kommt zu einer
Schichtaufnahme. Hinter der Lochblende befindet sich ein lichtempfindlicher
Empfänger, aus dessen Signal dann punktweise ein Bild zusammengesetzt wird.
Zeichnet man mehrere Schnitte in verschiedenen Fokusebenen auf, so erhält man
eine Schichtung und kann daraus am Computer eine dreidimensionale
Rekonstruktion des abgebildeten Objektes erstellen.
Abbildung 107: Strahlengang im Konfokalmikroskop
131/210
14 Elektronenmikroskopie
14.1 Wellencharakter des Elektrons
Massereiche Teilchen, und damit auch Elektronen, haben neben Teilchen- auch
Wellencharakter. Daher sind auch bei Elektronen Beugungserscheinungen zu
beobachten. Daher kann auch mit Elektronen Mikroskopie betrieben werden.
Je höher die Beschleunigungsspannung der Elektronen, desto höher ist auch ihre
Geschwindigkeit und desto kleiner ihre Wellenlänge.
Je kleiner die Wellenlänge ist, desto höher die Auflösung. Allerdings gibt es eine
natürliche obere Grenze, da sich mit Annäherung der Geschwindigkeit der
Elektronen an die Lichtgeschwindigkeit auch deren Masse vergrößert.
Beschleunigungsv/c
m/m0
spannung
100 keV
0,55 (= halbe
1,20
Lichtgeschwindigkeit)
1 MeV
0,94
2,39
5 MeV
0,999
22,37
m=
m0
1−
2
v
c2
λ [pm]
3,7
0,88
0,11
m ... Masse des Elektrons
m0 ... Ruhemasse des Elektrons
v ... Geschwindigkeit des Elektrons
c ... Lichtgeschwindigkeit
Da schnelle Elektronen eine sehr viel kleinere Wellenlänge als sichtbares Licht haben
und die Auflösung eines Mikroskops durch die Wellenlänge begrenzt ist, kann mit
einem Elektronenmikroskop eine deutlich höhere Auflösung (derzeit etwa 0,1 nm)
erreicht werden als mit einem Lichtmikroskop (etwa 200 nm).
132/210
14.2 Transmissionselektronenmikroskopie TEM
Bei der TEM treten die Elektronen aus einer
Glühkathode aus und werden im Hochvakuum
mit einer Beschleunigungsspannung U (10-125
kV) von der Kathode (-) zur Anode (+)
beschleunigt.
Die Elektronenstrahlen werden mit Hilfe
elektrischer und magnetischer Felder
abgelenkt und fokussiert, wodurch eine
Abbildung ermöglicht wird (~ Linse).
Die auf die ultradünne Probe (70-100 nm)
auftreffenden Elektronenstrahlen werden
gebeugt.
Ein Objektiv liefert ein vergrößertes
Zwischenbild und Projektive projizieren das
Zwischenbild auf einen Bildschirm. Die auf
den Fluoreszenzschirm auftreffenden
Elektronen erzeugen sichtbare Strahlung und
somit ein Bild.
Vorteile
− Sehr gute Auflösung von ca. 0,1 nm, was
ca. einem Atomdurchmesser entspricht.
Es hat eine 100- bis 500.000-fache
Vergrößerung und damit eine ca. 1000fach größere Auflösung als ein
Lichtmikroskop.
− Gute Schärfentiefe im Verhältnis zur
Auflösung
− Vergrößerung in weiten Bereichen
variierbar
Abbildung 108: Aufbau eines
Transmissionselektronenmikroskops
TEM
Nachteile
− Sehr aufwendige Präparation, (Schwer-)Metallbedampfung
− Fixation, ultradünne Schnitte (ca. 100 nm)
− Probe im Vakuum
− Keine lebenden Strukturen
− Strahlenschäden der Probe bei längerer Beobachtung
133/210
14.3 Rasterelektronenmikroskopie REM
Bei der REM treten die Elektronen aus
einer Glühkathode aus und werden im
Hochvakuum mit einer
Beschleunigungsspannung U (10-125 kV)
von der Kathode (-) zur Anode (+)
beschleunigt.
Die Elektronenstrahlen werden mit Hilfe
elektrischer und magnetischer Felder
abgelenkt und fokussiert.
Ein fein fokussierter Elektronenstrahl
tastet das Objekt Punkt für Punkt ab. Es
kommt zur Rückstreuung und
Freisetzung von Sekundärelektronen an
der Probe. Die Probe muss daher
elektrisch leitfähig sein oder mit Gold
bedampft werden.
Die emittierten Sekundärelektronen
werden von einem Detektor registriert.
Die Elektronenintensität wird in einen
Helligkeitswert umgesetzt. Die
Helligkeitswerte pro Pixel werden auf
einem Bildschirm zu einem Bild
zusammengesetzt.
Vorteile
− Hohe Auflösung von 1-3 nm. Es
hat ca. eine 1000-fach größere
Auflösung als ein Lichtmikroskop.
− Gute Schärfentiefe im Verhältnis
zur Auflösung
− Vergrößerung in weiten Bereichen
variierbar
− Mikroanalyse
− Abbildung oberflächenmassiver
Proben
Abbildung 109: Aufbau eines REM
Nachteile
− Sehr aufwendige Präparation, (Schwer-)Metallbedampfung
− Probe im Vakuum
− Keine lebenden Strukturen
14.4 Röntgenmikroskopie
Die Röntgenmikroskopie ist ein Mikroskopieverfahren, das statt sichtbarem Licht
Röntgenstrahlung nutzt.
Röntgenstrahlung bietet den Vorteil der kürzeren Wellenlänge (ca. 0,1-100 nm) was
eine höhere Auflösung ermöglicht. Darüber hinaus unterscheidet sich die
Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit Materie von der des sichtbaren Lichtes
(z.B. Durchdringungsvermögen, Brechzahlen) womit ergänzende Informationen über
134/210
die Probe gewonnen werden können. Die Objektdicke der Probe ist im Gegensatz zur
TEM unkritisch. Es ist kein Vakuum erforderlich und daher auch für biologische
Präparate geeignet.
Projektionsverfahren
Ein Elektronenstrahl trifft möglichst punktförmig auf
eine Metallfolie wodurch es zur Abstrahlung von
Röntgenstrahlung kommt. Die Probe befindet sich
darunter im aufgeweiteten Röntgenstrahl und wird auf
einem Detektor abgebildet.
Abbildung 110:
Projektionsverfahren
Rasterverfahren
Beim Rasterverfahren wird das Röntgenlicht
fokussiert. Die Probe wird in derselben Ebene durch
den Fokus bewegt und an jeder Probenposition das
gesamte von der Probe kommende Licht gemessen
und als Helligkeitswert für das Bild genommen.
Abbildung 111: Rasterverfahren
135/210
15 Atomare Bindung
15.1 Zusammenhang Potential und Feld
Das Potential basiert auf dem Energiebegriff, das Feld basiert auf dem Kraftbegriff.
15.1.1 Feld
Wird jedem Punkt eines Raumes eine physikalische Größe mit einem bestimmten
Betrag zugeordnet, so nennt man den diesen Zustand des Raumes ein Feld.
Man unterscheidet verschiedene Arten von Feldern:
− Statisches Feld vs. Wechselfeld
− Skalarfeld vs. Vektorfeld
− Quellenfeld vs. Wirbelfeld
− Homogenes Feld vs. Inhomogenes Feld
Elektrostatische Kraft F
Den Raum um eine elektrische Ladung bezeichnet man als elektrisches Feld.
Die Stärke eines Feldes kann man an der elektrostatischen Kraft F erkennen, die auf
eine ins Feld gebrachte sehr kleine Probeladung Q ausgeübt wird. Die Kraft F ist
proportional zur Ladung Q und der Proportionalitätsfaktor wird als elektrische
Feldstärke E bezeichnet.
F=EQ
F ... Elektrostatische Kraft [N]
E ... Elektrische Feldstärke [N/C]
Q ... Ladung [C]
Elektrische Feldstärke E
Die elektrische Feldstärke E in einem Raumpunkt, in dem sich die Ladung Q
befindet, ist die Kraft F auf eine in diesem Raumpunkt befindliche Ladung Q:
E ... Elektrische Feldstärke [N/C] bzw. [V/m]
F
E = −∇ϕ =
∇ ... Ableitung nach x, y und z
Q
ϕ ... Potential [V]
F ... Elektrostatische Kraft [N]
Q ... Ladung [C]
Die Richtung der Feldstärke E ist durch die Richtung der Kraft festgelegt, die auf eine
positive Probeladung q ausgeübt wird. Bei positiven Probeladungen zeigt die Kraft in
Feldrichtung, bei negativen entgegengesetzt.
Die Feldlinien beginnen bei positiven Ladungen (Quellen) und enden in negativen
Ladungen (Senken). Sie enden jeweils senkrecht an der Oberfläche einer Ladung.
Die Kräfte sind immer tangential zu den Feldlinien.
Die Feldlinien stehen normal auf die Äquipotentiallinien (Punkte gleichen
Potentials).
136/210
Abbildung 112: Zusammenhang zwischen Potential, Feldstärke und Abstand von der Ladung
15.1.2 Potential
Die skalare Zustandsgröße des Potentials ϕ ist die Fähigkeit eines Feldes Arbeit zu
verrichten. Das Potential nimmt mit zunehmendem Abstand von der Ladung ab.
Q 1
ϕ ... Potential [V]
ϕ=
Q ... Ladung [C]
4 π ε0 r
ε0 = 8,854.10-12 C/(Vm) ... Elektrische Feldkonstante
r ... Abstand von der Ladung Q [m]
Potentialdifferenz
Die Arbeit, die ein mit der Ladung Q geladener Körper beim Übergang zwischen zwei
Punkten verrichtet heißt Potentialdifferenz oder Spannung U [V].
15.2 Coulombsches Gesetz
Das Coulombsche Gesetz beschreibt die Anziehungs- und Abstoßungskräfte zwischen
elektrisch geladenen Körpern.
Zwischen punktförmigen elektrischen Ladungen gilt: Der Betrag der Kraft F ist dem
Produkt der Ladungen Q1 und Q2 direkt proportional und dem Quadrat ihrer
Entfernung r indirekt proportional:
F ... Kraft [N]
1 Q1 Q 2
F=
2
ε0 = 8,854.10-12 C/(Vm) ... Elektrische Feldkonstante
4 π ε0 r
Q1, Q2 ... Ladungen [C]
r ... Abstand der Ladungen [m]
137/210
15.3 Dipol im elektrischen Feld
Ein Dipol besteht aus zwei räumlich getrennten entgegengesetzten Ladungen und ist
Quelle eines Dipolfeldes. Die Stärke des Dipolcharakters wird durch das
Dipolmoment ausgedrückt. Es ist abhängig von Abstand und Stärke der beiden
Ladungen.
μ=Qx
μ ... Dipolmoment [Cm]
Q ... Ladung [Q]
x ... Abstand der Ladungen [m]
Induzierter Dipol
Ein polares Molekül mit dem Dipolmoment μ1 besitzt um sich herum ein elektrisches
Dipolfeld und kann einen induzierten Dipol mit dem Dipolmoment μ2 in einem
benachbarten polarisierbaren Molekül verursachen.
Abbildung 113: Induzierter Dipol
Dieser induzierte Dipol wechselwirkt mit dem permanenten Dipol des ersten
Moleküls und die beiden Moleküle ziehen sich an.
15.4 Bindungsenergie
Bindungsenergie wird freigesetzt, wenn zwei oder mehr Bestandteile durch
Anziehungskräfte zusammengebracht werden und miteinander ein gebundenes
System bilden. Um die Bestandteile wieder zu trennen, muss eine gleich große Arbeit
von außen geleistet, also dem System wieder zugeführt werden, um die bindenden
Kräfte zu überwinden.
15.5 Bindungsarten
15.5.1 Wellenmechanisches Atommodell
Die wellenmechanischen Orbitale bilden die Grundlage für die chemischen
Bindungen. Das Orbital beschreibt den Aufenthaltsraum, in dem sich ein betrachtetes
Elektron mit ca. 90 % Wahrscheinlichkeit aufhält. Orbitale werden anhand der vier
Quantenzahlen n, l, m und s klassifiziert. Die Elektronenanordnung in einem Atom
nennt man seine Elektronenkonfiguration.
138/210
Hauptquantenzahl n
Wertebereich: n = 1, 2, 3, …
Die Hauptquantenzahl n entspricht ungefähr den Schalen des Bohrschen
Atommodells. Sie beschreibt einen Bereich, in dem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
eines Elektrons sehr hoch ist. Je größer n wird, desto weiter entfernt vom Atomkern
bewegt sich das Elektron, zudem erhöht sich dessen potentielle Energie. Die
maximale Anzahl der Elektronen in einer Schale ergibt sich als 2n².
Nebenquantenzahl l
Wertebereich: l = 0, 1, …, (n − 1) bzw. s-, p-, d-, f-Orbital usw.
Die Nebenquantenzahl l beschreibt den Bahndrehimpuls des Elektrons und damit die
„Form“ des Orbitals.
Magnetquantenzahl m
Wertebereich: m = −l, −(l + 1), …0, …+(l − 1), +l
Die Magnetquantenzahl m beschreibt die räumliche Ausrichtung, die das Orbital
bezüglich eines äußeren Magnetfeldes einnimmt. Die resultierenden Orbitale sind
energetisch gleich.
Spinquantenzahl s
Wertebereich: s = +1/2 oder −1/2
Die Spinquantenzahl s beschreibt den Eigendrehimpuls (Spin) eines Elektrons, der
durch Drehung des Atoms um seine eigene Achse zustande kommt.
Pauliprinzip
Zwei Elektronen dürfen nicht in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen. D.h.
haben zwei Elektronen gleiche Quantenzahlen n, l und m, dann müssen sie
unterschiedliche Spinquantenzahlen aufweisen. Ein Atomorbital kann höchstens mit
zwei Elektronen mit antiparallelem Spin besetzt werden.
Hundsche Regel
Beim Einbau mehrerer Elektronen in energetisch gleichwertige Elektronenzustände
werden die Orbitale zuerst mit parallelem Spin besetzt.
15.5.2 Kovalente Bindung
Beispiel: H2, N2, CO2
Richtgröße: ca. 400 kJ/mol
Atombindungen bilden sich besonders zwischen den Atomen von Nichtmetallen aus
(mit ähnlicher Elektronegativität). Bei Atombindungen bilden die Außenelektronen
(Valenzelektronen) der Elektronenhüllen der beteiligten Atome mindestens ein
Elektronenpaar aus, das die Atome zusammenhält. Wenn der Energiegehalt der
zusammengetretenen Atome geringer ist als der der einzelnen Atome handelt es sich
um eine stabile chemische Bindung.
139/210
Abbildung 114: Kovalente Bindung zwischen zwei Sauerstoff-Atomen
140/210
Bindungsenergie
Abbildung 115: Bindungsenergien kovalenter Bindungen
15.5.3 Ionenbindung
Beispiel: NaCl
Richtgröße: ca. 200 kJ/mol
Die Ionenbindung ist eine chemische Bindung, die aus der elektrostatischen
Anziehung positiv und negativ geladener Ionen resultiert.
Bei einer Elektronegativitäts-Differenz größer als 1,7 liegen ionische Bindungen,
darunter polare, überwiegend kovalente Bindungen vor.
Die Atome streben durch Aufnahme oder Abgabe von Elektronen danach, für ihre
äußerste besetzte Schale die Edelgaskonfiguration zu erreichen. Dies wird entweder
durch Elektronenabgabe seitens der Elemente mit geringerer Elektronegativität
erreicht (Metalle), dabei entstehen einfach oder auch mehrfach positiv geladene
Kationen, oder im anderen Fall durch Elektronenaufnahme seitens der Elemente mit
höherer Elektronegativität (Nichtmetalle), dabei entstehen einfach oder mehrfach
negativ geladene Anionen.
Bindungsenergie
Aus der Coulombschen Kraft F kann die Bindungsenergie W zwischen den Ionen
berechnet werden. Das ist jene Energie, die notwendig ist um zwei Ionen
auseinanderzureißen.
dW = F dr
W ... Bindungsenergie [J]
∞
∞
F ... Kraft [N]
Q Q
Q Q
W = ∫ F dr = ∫ 1 22 dr = 1 2 r ... Abstand der Ladungen [m]
4πε 0 r
4πε0 r Q1, Q2 ... Ladungen [C]
x
x
ε0 = 8,854.10-12 C/(Vm) ... Elektrische Feldkonstante
141/210
Die Bindungsenergie pro Mol beträgt:
Wmol ... Bindungsenergie pro Mol [J/mol]
Wmol = L W
W ... Bindungsenergie [J]
L = 6,02.1023/mol
Für Natriumchlorid erhält man eine Bindungsenergie von 8,27.10-19 J oder 5,31 eV
und eine Bindungsenergie pro Mol von 498 kJ/mol.
Abbildung 116: Ionenbindung zwischen dem Metall Lithium und dem Nichtmetall Fluor
15.5.4 Van der Waals-Bindung
Beispiel: Helium
Richtgröße: ca. 5 kJ/mol
Auch zwischen Atomen und Molekülen, die keine ionische oder kovalente Bindung
eingehen können existieren Anziehungskräfte.
Als Van der Waals-Kräfte bezeichnet man die relativ schwachen nicht-kovalenten
Wechselwirkungen zwischen Atomen oder Molekülen, deren
Wechselwirkungsenergie mit etwa der sechsten Potenz des Abstandes abfällt.
Vereinfacht kann man sich das so vorstellen, dass die Elektronen eines Atoms ständig
142/210
in Bewegung sind und sich an einer Stelle häufen können, was zu einer leichten
negativen Ladung führt. Sobald der Schwerpunkt der positiven Ladungen vom
Schwerpunkt der negativen Ladungen räumlich getrennt ist, kann man von einem
Dipol sprechen. Dieser temporäre Dipol kann nun in einem benachbarten Molekül
ebenfalls einen Dipol induzieren. Die kurzfristige Anziehung der beiden Dipole
bezeichnet man als Van der Waals-Bindung.
15.5.5 Wasserstoffbrückenbindung
Beispiel: H20
Richtgröße: ca. 40 kJ/mol
Diese schwachen Wechselwirkungen entstehen aufgrund des Dipolcharakters eines
Wassermoleküls, einer OH-Gruppe oder einer NH-Gruppe. Der Sauerstoff und der
Stickstoff mit ihrer großen Elektronegativität ziehen jeweils das
Bindungselektronenpaar zu sich heran (negative Teilladung δ-), die Wasserstoffatome
werden dadurch positiv geladen (positive Teilladung δ+). Geraten diese
Wasserstoffatome in die Nähe der negativen Teilladung eines anderen Dipols so
kommt es zu einer Dipol-Dipol-Wechselwirkung und es entsteht eine
Wasserstoffbrückenbindung.
15.5.6 Metallbindung
Die Außenelektronen der Metalle sind nur schwach gebunden und können daher
leicht vom Atom abgetrennt werden. Im Metall bildet sich deshalb ein Gitter aus
positiv geladenen Metall-Ionen, den sogenannten Atomrümpfen. Die abgegebenen
Außenelektronen sind nicht mehr einem einzelnen Atom zugeordnet und können sich
innerhalb des Gitters nahezu frei bewegen, dies nennt man Elektronengas. Das
bewirkt die gute elektrische Leitfähigkeit und hohe Wärmeleitfähigkeit der Metalle.
Die Metallbindung wird durch die Anziehungskräfte zwischen Metall-Ionen und
freien Elektronen verursacht.
143/210
16 Grenzflächen und Membranen
16.1 Potentialverlauf an der Zellmembran
Abbildung 117: Potentialverlauf an einer Biomembran
ϕ(x) =
ϕ0 − ϕ H
xH
Helmholtz-Doppelschicht
(Starre Doppelschicht)
Taucht eine Metallelektrode in
eine Lösung entsprechender
Metallionen, so läuft folgende
Reaktion ab: Me
Me 2+ + 2e −
Je nach der Gleichgewichtslage
wird nun entweder die Hin- oder
die Rückreaktion bevorzugt
ablaufen, wodurch im Metall ein
Elektronenüberschuss oder –
mangel entsteht. Entsteht im
Metall z.B. ein
Elektronenüberschuss zieht es
positive Ionen aus der Lösung
an. Es kommt zur Entstehung
einer elektrischen Doppelschicht
aus zwei parallelen
Ladungsschichten. Das Metall
und die Lösung befinden sich
dabei auf unterschiedlichen
Potenzialen. Der Schichtabstand
entspricht dem halben
Durchmesser der solvatisierten
Ionen aus der Lösung. Wegen
der relativ festen Bindung
zwischen diesen beiden
Ladungen wird diese Schicht als
„starre“ Doppelschicht
bezeichnet.
Das Potenzial der starren
Helmholtz-Schicht zeigt einen
linearen Verlauf.
ϕ(x) ... Potential im Abstand x von der Membran
ϕ0 .... Potential der Ionen an der Membran
ϕH ... Potential der frei beweglichen Ionen
xH ... Abstand der frei beweglichen Ionen von der
Membran
Gouy-Chapman Schicht (Diffuse Doppelschicht)
Da das elektrische Feld der geladenen Elektrodenoberfläche aber weiter reicht, als die
starre Doppelschicht dick ist, werden auch in größeren Abständen Ionen angezogen
bzw. abgestoßen. Andererseits versucht die Wärmebewegung jede Ordnung der Ionen
wieder aufzulösen. So entsteht die diffuse Doppelschicht.
Das Potenzial der diffusen Doppelschicht zeigt einen exponentiellen Verlauf, der
144/210
durch die Poisson-Boltzmann-Gleichung beschrieben werden kann.
ϕ(x) = ϕ0 exp(−κ x H )
ϕ(x) ... Potential im Abstand x von der Membran
ϕ0 .... Potential der Ionen an der Membran
κ ... Dicke der diffusen Doppelschicht
xH ... Abstand der frei beweglichen Ionen von der
Membran
16.2 Ruhepotential
Alle lebenden Zellen erzeugen elektrische Spannungen (Biopotentiale).
Kalium- und Natrium-Ionen wandern durch die selektiv permeable Zellmembran was
zu unterschiedlichen Ionenkonzentrationen im intra- und im extrazellulären Raum
führt. Dieser Konzentrationsgradient ist notwendig um die Funktion der Zelle
aufrechtzuerhalten. Die Natrium-Ionen Konzentration im Inneren der Zelle ist
gering, die Kalium-Ionen Konzentration im Inneren der Zelle ist hoch.
Im nicht erregten Zustand besteht im Zellinneren im Vergleich zum extrazellulären
Raum eine negative Ladung, d.h. die Zellmembran ist polarisiert. Die mit dieser
Polarisation verbundene Spannung ist das Ruhepotential der Zellmembran.
16.3 Aktionspotential
Das Aktionspotential ist eine elektrische Erscheinung, die mit der Erregung von
Nerven- und Muskelzellen verbunden ist und ist abhängig vom Ruhepotential der
Zelle. Bei Erregung der Zelle kommt es zu einer Veränderung der
Membranpermeabilität und positive Ionen strömen in das Zellinnere. Die
ursprünglich negative Ladung der Zelle (Ruhepotential) wird neutralisiert und es
kommt zur Depolarisation bzw. zu einer Umpolarisation, d.h. zu einer negativen
Ladung der Zelle verglichen mit dem Extrazellularraum.
Dadurch, dass ein Teil der Zellmembran bereits erregt wurde, ein anderer noch nicht,
kommt es zur Ausbildung eines Dipolfeldes und die Erregung greift auf benachbarte
Bereiche über wodurch es zu einer fortschreitenden Erregung der Zellmembran
kommt. Mit dem Nachlassen der erhöhten Permeabilität der Zellmembran kommt es
zu einer Repolarisierung der Zelle und das Ruhepotential stellt sich wieder ein.
16.4 Nernst-Gleichung
In biologischen Systemen trennen Zellmembranen Bereiche unterschiedlicher
Ionenkonzentrationen. Ist die Membran für ein bestimmtes Ion selektiv permeabel,
wird es entlang des Konzentrationsgradienten diffundieren, gleichzeitig entsteht
aber, da das Ion geladen ist, eine Spannung (Ruhepotential). Mit der NernstGleichung lässt sich die Gleichgewichtslage (Ausgleich zwischen Diffusionskräften
und elektrostatischen Kräften) dieses Vorgangs beschreiben:
U ... Ruhespannung [U]
R T ce
U=−
ln
R ... Allgemeine Gaskonstante [J/(mol K)]
F
ci
T ... Absolute Temperatur [K]
F ... Faradaykonstante [C/mol]
c ... Konzentration der Ionenart
e ... extrazellulär, i ... intrazellulär
145/210
16.5 Goldman-Gleichung
Die Goldman-Gleichung erlaubt die Berechnung des Membranpotentials für eine
Membran, die für verschiedene Ionen (z.B. Na+, K+, Cl-) durchlässig ist.
Unter Gleichgewichtsbedingungen wird die zufällige Ionenbewegung, die zu einem
Ausgleich der Ionenkonzentrationen auf beiden Seiten der Zellmembran führen
würde, durch eine elektrische Potentialdifferenz ausgeglichen. Die Summe aller
Ionenströme ist null.
Damit hängt die Gleichgewichts-Potentialdifferenz (Ruhepotential) über einer
Zellmembran von den Ionenströmen aller durchgelassenen Ionen ab.
In der Goldman-Gleichung wird der Ionenstrom als Funktion der
Ionenkonzentration und der Leitfähigkeit (Kehrwert des Widerstandes) für diese
Ionen beschrieben:
R T g Na c Na,e + g K c K,e + g Cl cCl,e U ... Ruhespannung [U]
U=−
ln
F
g Na c Na,i + g K c K,i + g Cl cCl,i R ... Allgemeine Gaskonstante [J/(mol K)]
T ... Absolute Temperatur [K]
F ... Faradaykonstante [C/mol]
g ... Leitfähigkeit für die Ionenart = 1/R
c ... Konzentration der Ionenart
e ... extrazellulär, i ... intrazellulär
16.6 Ionenkonzentrationen beim Menschen
Abbildung 118: Physiologische Ionenkonzentrationen beim Menschen
146/210
17 Zentrifuge
Eine Zentrifuge ist ein Gerät welches unter Ausnutzung der Zentrifugalkraft die
Bestandteile von mehrphasigen Systemen, wie Suspensionen (fest in flüssig, z.B.
Blut), Emulsionen (flüssig in flüssig) und Gasgemischen, trennen kann.
Blut ist eine Suspension aus zellulären Bestandteilen (feste Phase, ca. 44 %) und
Blutplasma (flüssige Phase, ca. 55 %). Die Erythrozyten können vom Blutplasma
durch Sedimentation getrennt werden, da ihre Dichte höher als die des Plasmas ist.
17.1 Sedimentation
Unter der Sedimentationsgeschwindigkeit versteht man die Vertikalgeschwindigkeit
mit der sich ein Partikel innerhalb eines fluiden Mediums absetzt, d.h. sedimentiert.
Wichtig ist die Sedimentationsgeschwindigkeit vor allem für Korngrößenanalysen
und den damit verbundenen mechanischen Trennverfahren.
Widerstandsbeiwert
Der Widerstandsbeiwert cw ist ein dimensionsloses Maß für den
Strömungswiderstand eines von einem Fluid umströmten Körpers und hängt von der
Reynolds-Zahl ab, d.h. ob sich eine Flüssigkeit laminar oder turbulent verhält.
Re ... Reynoldszahl []
W2r
Re =
W ... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
ν
r ... Partikelradius [m]
ν ... Kinematische Viskosität des Fluids [m²/s]
Allgemeine Näherung für Widerstandsbeiwert:
cw ... Widerstandsbeiwert []
24
4
cw =
+
+ 0, 4
Re ... Reynoldszahl []
Re
Re
Kleine Sedimentationsgeschwindigkeiten
Für kleine Sedimentationsgeschwindigkeiten mit Re < 1 gilt cw = 24/Re. Die
Sedimentationsgeschwindigkeit ändert sich dann mit dem Quadrat des Partikelradius
und kann mit der Stokesschen Gleichung berechnet werden. Aus dem Ansatz
FR ... Reibungskraft [N]
FR = F G − FA
FG ... Gewichtskraft [N]
FA ... Auftrieb [N]
folgt:
W ... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
(ρp − ρf ) g 2r 2
W=
ρp ... Dichte des Partikels [kg/m³]
9η
ρf ... Dichte des Fluids [kg/m³]
g ... Erdbeschleunigung [m/s²]
r ... Partikelradius [m]
η ... Dynamische Viskosität [kg/(ms)]
147/210
Größere Sedimentationsgeschwindigkeiten
Für größere Sedimentationsgeschwindigkeiten mit 1000 < Re < 200.000 gilt cw =
0,44 (für Kugeln). Die Sedimentationsgeschwindigkeit ändert sich dann mit der
Wurzel des Partikelradius.
W ... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
3 (ρp − ρf ) g r
W=
ρp ... Dichte des Partikels [kg/m³]
8
ρf c w
ρf ... Dichte des Fluids [kg/m³]
g ... Erdbeschleunigung [m/s²]
r ... Partikelradius [m]
cw ... Widerstandsbeiwert []
Abbildung 119: Sedimentationsgeschwindigkeit eines Sandkorns in Wasser mit einer Dichte von
ca. 3 g/cm³. Je größer der Partikelradius und damit desto schwerer das Teilchen, desto höher die
Sedimentationsgeschwindigkeit.
Als Referenzwerte für die Sedimentationsgeschwindigkeit der Erythrozyten im
menschlichen Blutplasma gelten für den Mann 3-7 mm/h und für die Frau 7-11
mm/h. Veränderungen in der Sedimentationsgeschwindigkeit können in der
Diagnostik eingesetzt werden, da sich z.B. bei Entzündungen die Viskosität des
Blutplasmas und damit die Absinkgeschwindigkeit der Blutkörperchen verändert.
17.2 Zentripetalkraft
Zentripetalkraft
Die Zentripetalkraft ist die wirkende Kraft, die an einem Körper angreift, der sich auf
einer krummlinigen Bahn bewegt. Insbesondere ist die Zentripetalkraft für
kreisförmige Bahnen verantwortlich: Sie „zieht“ den Körper nach innen zum
Kreismittelpunkt bzw. zur Drehachse und hält den Körper so auf einer Kreisbahn.
Der Körper würde sich sonst geradlinig weiterbewegen.
Die Zentripetalkraft ist eine nach innen gerichtete Kraft.
Fz ... Zentripetalkraft [N]
Fz = a z m
az ... Zentrifugalbeschleunigung [m/s²]
m ... Masse [kg]
148/210
Mit der Beschleunigung az:
ν 2 (ω r) 2
=
= ω2 r
az =
r
r
az ... Zentrifugalbeschleunigung [m/s²]
ν ... Bahngeschwindigkeit [m/s]
r ... Radius [m]
ω ... Winkelgeschwindigkeit [s-1]
Die Winkelgeschwindigkeit hängt mit Umdrehungszahl N zusammen:
ω = 2π N
ω ... Winkelgeschwindigkeit [s-1]
2π ... Umfang des Einheitskreises mit r = 1
N ... Umdrehungszahl [s-1]
Beispiel: Bei gegebenem Radius r = 15 cm und Umdrehungszahl N = 1500
Umdrehungen/min, kann die Beschleunigung az eines Körpers um einen festen
Punkt, d.h. eines Körpers, der sich auf einer Kreisbahn mit dem Radius r bewegt,
berechnet werden:
⎛ 1500 min ⎞
−2
a z = ω2 r = (2πN) 2 r = ⎜ 2π
⎟ ⋅15,10 m = 3701 m / s²
min 60 s ⎠
⎝
Oft wird diese Beschleunigung in Bezug zur Erdbeschleunigung g angegeben:
3701 m / s²
az =
= 377 g
9,81 m / s²
D.h. 1500 Umdrehungen pro Minute bei einem Radius von 15 cm entsprechen ca. der
370-fachen Erdbeschleunigung. Entsprechend dieses Prinzips können die
Sedimentationsgeschwindigkeiten mit Hilfe einer Zentrifuge durch Erhöhung der
wirkenden Beschleunigung um ein Vielfaches erhöht werden.
Zentrifugalkraft
Der mitbewegt Beobachter nimmt die Zentrifugalkraft wahr, die auch als Fliehkraft
bezeichnet wird. Die Zentrifugalkraft ist eine nach außen gerichtete Kraft.
Bahngeschwindigkeit
ν=ωr
Zentrifugalkraft F
Abbildung 120: Zusammenhang von Zentripetal- und Zentrifugalkraft
149/210
17.3 Ultrazentrifuge
Die Ultrazentrifuge ist eine für hohe Geschwindigkeiten optimierte Zentrifuge, die
Beschleunigungen von bis zu 106 g erzeugen kann. Ultrazentrifugen rotieren ihren
Inhalt sehr schnell, bis zu 500.000-mal in der Minute. Der Rotor bewegt sich hierbei
im Vakuum, sodass die Luftreibung minimiert wird.
Die Ultrazentrifuge dient der Trennung von hochmolekularen Strukturen wie z.B.
Lipoproteinen, Viren oder anderen Makromolekülen. Da der Größenunterschied
zwischen flüssiger Phase (z.B. Wassermoleküle) und den darin befindlichen Partikeln
so gering ist (z.B. Faktor 3600 für Wasser und Serumalbumin) würde das Absinken
der Partikel „ewig“ dauern würde man das Röhrchen einfach stehen lassen.
17.3.1 Aufbau der Ultrazentrifuge
Die Analytische Ultrazentrifuge dient zur Untersuchung hochmolekularer Stoffe in
Lösung. Infolge der Zentrifugalkraft sedimentieren die einzelnen Moleküle
entsprechend ihrer Größe und Form unterschiedlich schnell. Die
Sedimentationsgeschwindigkeit hängt bei konstanten äußeren Bedingungen von der
Masse und Form der Partikel sowie von der Viskosität der Lösung ab.
Abbildung 121: Aufbau einer Ultrazentrifuge
Das Herzstück der Ultrazentrifuge ist eine Vakuumkammer, in der ein Rotor von
einem Elektromotor angetrieben wird. Im Rotor sind zwei einander
gegenüberliegende Bohrungen angebracht, die eine Messzelle und eine dem
Gewichtsausgleich dienende Balancezelle aufnehmen.
Die Messzelle hat zwei Ausschnitte, in die die Probe und reines Lösemittel als
Referenz eingebracht werden. Die Zelle ist oben und unten mit Quarzglasscheiben
verschlossen, um den Sedimentationsvorgang durch optische Systeme verfolgen zu
können. Hierbei wird das Konzentrationsprofil innerhalb der Messzelle
kontinuierlich bestimmt. Üblich sind drei verschiedene optische Systeme: UVAbsorption, Schlieren- und Interferenzmessung. Die beiden letzteren Systeme
150/210
messen Unterschiede zwischen Brechungsindex der Lösung und des reinen
Lösemittels und sind vor allem für Substanzen interessant, die nicht UV-aktiv sind.
17.3.2 Sedimentationsgeschwindigkeit in der Zentrifuge
W=
⎛ ρ
⎞
Mr
D ⎜1 − f a z ⎟
N A kT ⎜⎝ ρp ⎟⎠
W ... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
Mr ... Relative Molekülmasse [g/mol]
NA ... Avogadrozahl [mol-1]
k ... Konstante
T ... Temperatur (therm. Bewegung der Teilchen) [°C]
D ... Diffusionskonstante
ρp ... Dichte des Partikels [kg/m³]
ρf ... Dichte des Fluids [kg/m³]
az ... Zentrifugalbeschleunigung [m/s²]
Die Sedimentationsgeschwindigkeit ist abhängig von der Reibungskraft FR. Ist FR
sehr groß ist die Sinkgeschwindigkeit sehr klein:
Fr ... Reibungskraft [N]
FR ∝ f W
W
... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
mit
f ... Reibungskoeffizient
kT
f=
k ... Konstante
D
T ... Temperatur (therm. Bewegung der Teilchen) [°C]
D ... Diffusionskonstante
17.3.3 Sedimentationskoeffizient
Der Sedimentationskoeffizient s beschreibt die Sedimentationsgeschwindigkeit von
Teilchen in der Ultrazentrifuge im Verhältnis zur Zentrifugalbeschleunigung.
Aus dem Sedimentationskoeffizienten lässt sich bei Kenntnis des
Diffusionskoeffizienten D die Molmasse des gelösten Teilchens berechnen.
Der Sedimentationskoeffizient hängt von Masse, Form und Dichte des Teilchens ab:
s ... Sedimentationskoeffizient [s]
W
s=
W ... Sedimentationsgeschwindigkeit [m/s]
az
az ... Zentrifugalbeschleunigung [m/s²]
17.3.4 Auswertung der Ultrazentrifuge
Aus der Wanderungsgeschwindigkeit der Partikel kann auf die Eigenschaften der
Partikel rückgeschlossen werden. Der Übergangsbereich ist durch den
Konzentrationsgradienten (die Ableitung der Konzentration nach der Zeit) bestimmt,
d.h. dort wo die Konzentrationsänderung ihren größten Wert annimmt.
151/210
Erdbeschleunigung
Position x
cklein
Übergangsbereich
cgroß
Gefäß
Konzentration c
Abbildung 122: Auswertung der Ultrazentrifuge
152/210
18 Photometrie
Die Photometrie ist eine Methode, bei der die Konzentration von fein verteilten oder
gelösten Stoffen durch Lichtmessung ermittelt wird.
18.1 Kolorimetrie
Bei einem Kolorimeter (veraltete Methode)
wurde das Auge als „Messinstrument“
benutzt um ein optisches System auf
„Farbgleichheit“ abzustimmen. Ein
praktisches Beispiel dafür war die
Hämoglobinbestimmung.
Im linken Teil der Abbildung sieht man das
Gerät in geöffnetem Zustand. Man erkennt
den gefärbten Glaskeil (GK), links davon das
Röhrchen für die Probe (Probenküvette,
PK). Mit Hilfe einer verschiebbaren
Schlitzblende (rechter Teil) stellt man
Farbgleichheit zwischen Glas und Probe ein
und kann mit dem Zeiger auf der
numerischen Skala (NSK) die "SahliEinheiten" ablesen.
Abbildung 123: Kolorimeter zur Bestimmung
des Blutfarbstoffes
18.2 Trockenchemie
Farbreaktionen können nicht nur in
wässrigen Lösungen ablaufen, man kann
sie auch auf ein festes Trägermaterial
transferieren. Ein typisches Beispiel ist das
Lackmus-Papier. Hier wird der pHIndikator Lackmus nicht in flüssiger Form
dem Reaktionsgemisch zugegeben,
sondern auf Papier gebunden und mit
diesem in die Lösung eingetaucht. Das
Resultat kann anschließend bequem mit
einer mitgelieferten Farbtabelle verglichen
und so die Farbe mit dem entsprechenden
pH-Wert korreliert werden.
Als erstes wurde versucht, die
nasschemische Harnanalytik auf die
sogenannte „Trockenchemie“ umzustellen.
Hier war der Bedarf besonders groß, weil
für die nasschemischen Verfahren eine
Reihe unangenehm aggressiver
Abbildung 124: Trockenchemisches
Substanzen (wie z.B. konzentrierte
Analysensystem Reflotron
Schwefelsäure, Jodlösung etc.) verwendet wurde. Nach 1950 waren die ersten
„Harnstreifen“ verfügbar, mit deren Hilfe man zunächst Eiweiß und Glukose, später
153/210
dann eine Reihe weiterer Substanzen nachweisen konnte.
In der Folge versuchte man ähnliche Prinzipien auch für die Serumdiagnostik
nutzbar zu machen. Ein Beispiel dafür ist das Reflotron. Die Photometereinheit
(Ulbricht’sche Kugel) bestand aus einer Leuchtdiode (LED) und zwei Photodioden
(Messdiode D und Referenzdiode DR). Die Ulbricht’sche Kugel ist innen optisch
„ideal reflektierend“. Das Licht aus der LED fällt auf die Probe und wird dort je nach
abgelaufener Reaktion mehr oder weniger reflektiert. Die Messung des reflektierten
Lichts erfolgt mittels der Messdiode D, Kompensation unspezifischer Störungen
mittels der Referenzdiode DR.
18.3 Aufbau eines Spektralphotometers
Die Lichtquelle L liefert den Lichtstrahl, der Monochromator M (Gitter oder Prisma)
macht aus dem weißen Licht ein Licht der Farbe, die für die Messung am
geeignetsten ist. In der Küvette K befindet sich z.B. eine Kaliumpermanganat-Lösung
(violett). Durch diese Flüssigkeit geht der Lichtstrahl durch und wird dabei
abgeschwächt. Je konzentrierter der violette Stoff in der Flüssigkeit desto schwächer
wird der Lichtstrahl, desto mehr Licht hat der Stoff absorbiert. Am Detektor D wird
der eintreffende Lichtstrahl gemessen und angezeigt. So kann die Konzentration des
Stoffes, der die violette Färbung der Flüssigkeit verursacht hat, gemessen werden.
Wollen wir auch kleine Mengen des Stoffes erkennen, müssen wir ein Licht
verwenden, das von dem Stoff sehr stark absorbiert wird, d.h. das
Absorptionsmaximum (z.B. bei 540 nm, grün).
Abbildung 125: Schematischer Aufbau eines Absorptionsphotometers
18.4 Konzentrationsbestimmung
Graphische Konzentrationsbestimmung
Das Photometer wird mit Hilfe zweier Flüssigkeiten kalibriert. Mit dem Leerwert (das
reine Lösungsmittel) wird das Photometer auf Null zurückgesetzt. Dann wird für eine
Standardlösung bekannter Konzentration die Extinktion bestimmt. Aus dem
Wertepaar LW (c = 0, E = 0) und Standard (c = cStd, E = Estd) kann eine Eichgerade
aufgestellt werden mit deren Hilfe die Konzentrationen weiterer Proben, deren
Extinktion gemessen wurde, bestimmt werden kann.
154/210
Extinktion
EPr
EStd
cPr
cStd
Konzentration
Abbildung 126: Erstellung einer Eichgerade zur Konzentrationsbestimmung mit einem
Photometer
Rechnerische Konzentrationsbestimmung
Bei konstanter Schichtdicke d ist die Extinktion E proportional zur Konzentration c
der Lösung. Ist der molare dekadische Extinktionskoeffizient ε bekannt, so kann
durch Messung der Extinktion mit Hilfe der Beziehung E = ε c d eine unbekannte
Konzentration c bestimmt werden.
18.5 Absorption, Transmission und Extinktion
Für die Definition der Begriffe Absorption, Transmission und Extinktion siehe
Kapitel 5.10.
Abbildung 127: Zusammenhang zwischen Konzentration und Transmission bzw. Extinktion
Das Verhältnis von Konzentration c und Transmission T (Anteil der durchgelassenen
Strahlung) kann in Form einer Exponentialfunktion dargestellt werden.
Die Extinktion E (der dekadische Logarithmus des Kehrwerts der Transmission) und
die Konzentration c zeigen einen linearen Zusammenhang. Da die Extinktion ein
logarithmisches Maß ist, bedeutet eine Extinktion von 1 bereits eine Schwächung um
den Faktor 10 (= 101), eine Extinktion von 2 eine Schwächung um den Faktor 100 (=
102), usw.
155/210
18.6 Filterphotometer
Anstatt eines Monochromators (Gitter oder Prisma) werden Filter eingesetzt, die nur
die entsprechenden Wellenlängen passieren lassen. Üblich sind z.B. 6 Filter für
Wellenlängen von 230, 260, 280, 320, 562 und 595 nm. Damit können
Konzentrationsbestimmungen für viele medizinisch bedeutsame Parameter
durchgeführt werden, z.B. für Lactat, Glucose, Hämoglobin, Hämatokrit, Cholesterin,
Triacylglyceride, Harnstoff, Proteine, Eisen, Bilirubin und Harnsäure.
156/210
19 Massenspektrometrie
Die Massenspektrometrie ist ein Verfahren zum Messen des Masse-zu-LadungVerhältnisses m/z von Teilchen.
Bei bekannter Ladung z kann daraus die Masse m der Teilchen ermittelt werden.
Außerdem können Aussagen über das Vorhandensein und die Menge von Teilchen
mit bekanntem Masse-zu-Ladung-Verhältnis gemacht werden.
19.1 Aufbau eines Massenspektrometers
Ein Massenspektrometer (MS) besteht aus einer Ionenquelle, einem Analysator und
einem Detektor.
Abbildung 128: Aufbau eines Massenspektrometers
19.1.1 Ionenquelle
In der Ionenquelle wird die zu analysierende Probe ionisiert. Dabei liegt die Probe in
flüssiger Form vor und ein Molekülstrahl von etwa 1 mg wird in die
Ionisationskammer geleitet. Dieser Molekülstrahl wird mit beschleunigten
Elektronen mit einer Energie von 10 bis 70 eV beschossen wodurch vor allem die
äußeren Ionen der Moleküle entfernt und diese dadurch ionisiert werden:
M + e − = M z + + (z + 1)e −
Aufgrund der nötigen Ionisierung ist es nicht möglich biologische Proben im
Massenspektrometer zu analysieren ohne sie dabei zu zerstören. Der Einsatz des MS
ist auch dadurch limitiert, dass nur relative Molekülmassen unter 2000 (d.h. z.B.
Aminosäuren und Peptide) analysiert werden können. Proteine mit Massen um die
10.000 sind für eine MS-Analyse zu groß.
157/210
19.1.2 Analysator
Die Ionen werden durch ein elektrisches Feld (abhängig von Masse und Ladung)
beschleunigt:
v ... Geschwindigkeit [m/s]
2(z e U)
v=
z = 1, 2, 3, ... Ladung der Teilchen
m
e ... Elementarladung eines Elektrons
U ... Beschleunigungspannung [V]
m ... Masse [kg]
Die beschleunigten Ionen treten in ein starkes inhomogenes Magnetfeld ein und
werden abhängig von ihrer Geschwindigkeit v und ihrer Ladung z kreissegmentartig
abgelenkt bzw. beschleunigt:
m b = (v × B) z e
m ... Masse [kg]
b ... Beschleunigung [m/s²]
v ... Geschwindigkeit [m/s]
B ... Magnetfeldstärke im Massenspektrometer [T]
z = 1, 2, 3, ... Ladung der Teilchen
e ... Elementarladung eines Elektrons
Da große Massen eine hohe Trägheit aufweisen werden sie weniger stark abgelenkt.
Je höher die Ladung der Ionen desto stärker ihre Ablenkung.
Die Information über Masse und Ladung liegt nicht vollständig getrennt voneinander
vor. Ein großes Teilchen mit großer Ladung kann gleich schnell sein wie ein kleines
Teilchen mit kleinerer Ladung.
Abbildung 129: Fiktives Resultat eines Massenspektrometers
Ein fiktives Resultat:
− m/z=200 Molekülart M1 mit m=200
− m/z=100 kleiner Anteil von M1 mit z=2
− m/z=150 Molekülart M2 mit m=150
− m/z=152 Molekülart M2 mit einem Isotop mit zwei zusätzlichen Neutronen
m=152
− m/z=140 Molekülart M2 mit einer Abspaltung eines Fragments m=10 und
dadurch reduzierter Molekülmasse m=140
19.1.3 Detektor
Die Detektion in einem Massenspektrometer erfolgt meist über die Umwandlung der
Ionen in Elektronen und anschließender Vervielfachung und Zählung der Elektronen.
158/210
Channeltron
Ein Channeltron CEM
(Kanalelektronenvervielfacher) erzeugt
aus einem primären Teilchen (Elektron,
Photon oder Ion) durch
Sekundärelektronenemission im
Vakuum eine Elektronenlawine von ca.
108 Elektronen. Diese leicht
nachzuweisende Lawine erleichtert
damit die Zählung der primären
Teilchen.
Der Channeltron besteht aus einem
isolierenden Glasröhrchen. Zwischen der
Kathode am offenen Ende des Röhrchens
und der Anode am abgeschlossenen
Ende herrscht ein Widerstand. Die
Betriebsspannung in der Größenordnung
von 2 kV erzeugt längs der
Abbildung 130: Channeltron
Röhrchenachse ein elektrisches Feld.
Beim Auftreffen eines primären Teilchens auf den kathodennahen Bereich entstehen
Sekundärelektronen, die von diesem Feld beschleunigt werden und nach dem
Auftreffen auf die hochohmige Schicht des Glasröhrchens tertiäre Elektronen
erzeugen, welche wiederum beschleunigt werden, usw. bis zum Aufprall der so
entstehenden Lawine auf die Anode.
159/210
19.2 Time of flight-Massenspektrometer
Teilchen gleicher kinetischer Energie fliegen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit
v, wenn sie unterschiedliche Massen m aufweisen.
Abbildung 131: Aufbau eines Time of flight-Massenspektrometers
Beschleunigt man Ionen in einem elektrischen Feld mit der Spannung U so haben die
Ionen beim Verlassen des Feldes die kinetische Energie z e U, wobei z e die Ladung
des Ions ist.
z = 1, 2, 3, ... Ladung der Teilchen
mv 2 mL2
zeU=
= 2
e ... Elementarladung eines Elektrons
2
t
U ... Beschleunigungspannung [V]
m ... Masse des Teilchens [kg]
v ... Geschwindigkeit des Teilchens [m/s]
L ... Länge der Flugbahn [m]
t ... Flugzeit [s]
Durch Umformung erhält man aus dieser Beziehung die Masse des Teilchens:
z = 1, 2, 3, ... Ladung der Teilchen
2 t2 z e U
m=
e ... Elementarladung eines Elektrons
2
L
U ... Beschleunigungspannung [V]
m ... Masse des Teilchens [kg]
v ... Geschwindigkeit des Teilchens [m/s]
L ... Länge der Flugbahn [m]
t ... Flugzeit [s]
160/210
Die Flugzeit der Ionen hängt von der Masse m und der Ladung z e ab. Stärker
geladene Teilchen werden stärker beschleunigt, schwerere Teilchen sind träger und
werden daher weniger stark beschleunigt.
TOF ... „time of flight“, ungefähre Flugzeit [s]
m
TOF ∝
m ... Masse des Teilchens [kg]
zeU
z = 1, 2, 3, ... Ladung der Teilchen
e ... Elementarladung eines Elektrons
U ... Beschleunigungspannung [V]
Abbildung 132: Beispiel eines Time of flight-Spektrums in dem die Stärke des Ionensignals
(wieviele Ionen fliegen gleich lang) gegen die Flugzeit aufgetragen wird.
19.3 MALDI
MALDI steht für Matrix-unterstützte Laser-Desorption/Ionisation und ist ein
Verfahren zur Ionisation von Molekülen. Durch die hohe Empfindlichkeit und die
Anwendbarkeit auf große und komplexe Moleküle ist die MALDI-MS insbesondere in
der Biologie wie auch in chemischen Analysen von großer Bedeutung.
Die zu analysierenden Moleküle werden in die „MALDI-Matrix“ eingebaut während
sich Kristalle bilden. Mit kurzen hochenergetischen Laserpulsen erfolgt die
Anregung, die nach Relaxation im Kristallgitter zu explosionsartigen
Teilchenablösungen an der Oberfläche des Kristalls führt. Gemeinsam mit der Matrix
werden dabei die eingeschlossenen Analytmoleküle mit in das Vakuum des
Massenspektrometers überführt und so der massenspektrometrischen Analyse
zugänglich.
161/210
Abbildung 133: MALDI – Matrix-unterstützte Laser-Desorption/Ionisation
19.4 Quadrupol Massenspektrometer
Ein weiteres Prinzip zur Auftrennung von Massen besteht – neben der Trennung im
Magnetfeld und der Trennung über die Flugzeit – in der Trennung in hochfrequenten
elektrischen Feldern. Die Felder regen die Ionen zu oszillierenden Flugbahnen an, die
nur für einen bestimmten Massenbereich stabil sind und nur diesen Ionen erlauben,
den Massenfilter zu passieren.
Abbildung 134: Die Trennung in hochfrequenten elektrischen Feldern in einem Quadrupol
162/210
20 Chromatographie und Elektrophorese
20.1 Elektrophorese
Elektrophorese bezeichnet die Wanderung elektrisch geladener Teilchen durch einen
als Trägermaterial dienenden Stoff in einem elektrischen Feld.
20.1.1 Aufbau
Durch unterschiedliche Ionenladung und Teilchenradius bewegen sich die einzelnen
Moleküle unterschiedlich schnell durch das Trägermaterial und erreichen eine
Auftrennung entsprechend ihrer elektrophoretischen Mobilität. Damit eignet sich die
Elektrophorese sehr gut zur Trennung von Stoffgemischen.
Als Trägermaterial können Flüssigkeiten, Gele (Gelelektrophorese) oder Feststoffe
dienen.
Abbildung 135: Aufbau einer Kapillarelektrophorese
Die Wanderungsgeschwindigkeit v ist dabei proportional der Feldstärke E und der
Ionenladung Q, umgekehrt zum Teilchenradius r und der dynamischen Viskosität η
Es stellt sich ein Kräftegleichgewicht zwischen der elektrostatischen Kraft FE und der
Reibungskraft FR, daher ist ihr Quotient proportional zur
Wanderungsgeschwindigkeit v.
v ... Wanderungsgeschwindigkeit [m/s]
v = μE E
μE ... Elektrophoretische Beweglichkeit
E ... Elektrische Feldstärke [T]
Die elektrophoretische Beweglichkeit μE ergibt sich aus der
Wanderungsgeschwindigkeit v bezogen auf die elektrische Feldstärke E:
v
Q
μE ... Elektrophoretische Beweglichkeit
μE = =
v ... Wanderungsgeschwindigkeit [m/s]
E 6π η r
E ... Elektrische Feldstärke [T]
Q ... Ladung [C]
η ... Dynamische Viskosität [kg/(ms)]
r ... Teilchenradius [m]
163/210
20.1.2 Auswertung
Radioaktive Markierung
Die zu trennenden Moleküle werden vor der
Elektrophorese radioaktiv markiert und
anschließend in einer Autoradiographie
(Sichtbarmachung einer chemischen
Komponente durch radioaktive Isotope)
nachgewiesen.
Färbung
Nach der Elektrophorese können die Moleküle
(z.B. DNA-Fragmente) mit verschiedenen
Farbstoffen gefärbt und unter UV-Licht
betrachtet werden. Proteine können angefärbt
werden und/oder immunlogisch nachgewiesen
werden.
Durch Abtasten der transparent gemachten
Folie in einem Photometer oder einem Scanner
entsteht aus den Unterschieden der
Farbintensität die Elektrophoresekurve.
Abbildung 136: Auswertung einer
Elektrophoresefolie
20.2 Chromatographie
Unter Chromatographie („Farbschreiben“) versteht man ein Verfahren, das die
Auftrennung eines Stoffgemisches durch unterschiedliche Verteilung seiner
Einzelbestandteile zwischen einer stationären (fest oder flüssig) und einer mobilen
Phase (flüssig oder gasförmig) erlaubt. Die mobile Phase bewegt sich an der
stationären Phase vorbei und nimmt die Stoffe dabei unterschiedlich schnell mit.
Es gibt diverse Varianten dieses Verfahrens und kann daher verschiedenste
Einteilungen treffen:
Einteilung nach dem Chromatographie-Aufbau
− Flachbettchromatographie
− Säulen-Chromatographie
Einteilung nach dem Trennungsziel
− Analytische Chromatographie
− Präparative Chromatographie
Einteilung nach den verwendeten Phasen
− Flüssigkeitschromatographie
− Gaschromatographie
Einteilung nach den Trennmechanismen
− Gelfiltrations-Chromatographie (Trennung durch „Molekül-Sieb“)
− Trennung durch Adsorption
− Trennung durch Verteilung
− Ionen-Austausch-Chromatographie
− Affinitäts-Chromatographie
164/210
20.3 Einteilung nach dem Chromatographie-Aufbau
20.3.1 Flachbettchromatographie
Bei der planaren Chromatographie läuft die Trennung auf Papier oder einer
beschichteten Glas- bzw. Kunststoffplatte ab.
Beispiel: Papierchromatographie, Dünnschichtchromatographie
20.3.2 Säulen-Chromatographie
Im medizinischen Labor sind heute Techniken gebräuchlicher, bei denen sich die
stationäre Phase in einer Säule befindet, durch welche die mobile Phase
hindurchfließt.
Beispiel: Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC), Gaschromatographie
(GC)
20.4 Einteilung nach dem Trennungsziel
Die unterschiedlichen Ziele der analytischen und der präparativen Chromatographie
am Beispiel der Säulen-Chromatographie:
Abbildung 137: Links: Analytische Chromatographie
Rechts: Präparative Chromatographie
20.4.1 Analytische Chromatographie
Der Detektor registriert den aus der Säule tretenden Stoff. Für analytische
Anwendungen verwendet man eher geringere Probenmengen, die nur groß genug
sein müssen um im Detektor ein klares Signal auszulösen. Aufgrund der geringen
Mengen sind relativ kleine Säulen ausreichend.
20.4.2 Präparative Chromatographie
Bei dieser Form der Chromatographie geht es um die Gewinnung von (großen)
Mengen eines gewissen Stoffes. Um eine möglichst große Ausbeute zu haben, werden
meist sehr große Stoffmengen eingesetzt was auch dementsprechend große Säulen
erfordert.
165/210
20.5 Einteilung nach den verwendeten Phasen
20.5.1 Flüssigkeitschromatographie
Planare Chromatographie
− Papier-Chromatographie
Als feste Phase wird Papier verwendet, das entweder liegt oder (meist)
senkrecht in einem Glasbehälter steht. Wie auch bei der
Dünnschichtchromatographie wird die mobile Phase aufgrund der
Kapillarkräfte bewegt.
− Dünnschichtchromatographie (DC)
Als feste Phase wird z.B. Kieselgel in einer feinen Schicht auf einer flexiblen
Trägerfolie aus Aluminium oder Plastik oder einer Glasplatte aufgetragen.
Eine Variante ist die zirkuläre DC mit einer rotierenden beschichteten
Kreisscheibe.
Säulenchromatographie
− Niederdruckchromatographie
Die hier verwendeten Säulen weisen einen Durchmesser von einem bis
mehreren Zentimetern auf. Diese Form der Flüssigkeitschromatographie wird
vor allem für präparative Trennungen eingesetzt.
− Hochleistungschromatographie (HPLC)
Die heute in der Analytik am weitesten verbreitete Trennmethode. Hier
werden bis zu 400 bar bei einer Flussrate der mobilen Phase bis zu 5 ml/min
erzeugt, die jedoch mit der Trennleistung nichts zu tun haben, sondern nur der
Fortbewegung des Eluentengemisches in der Säule dienen.
− Elektrochromatographie
In diesem Fall wird die mobile Phase durch Anlegen einer Spannung bewegt.
Diese Methode befindet sich noch im Entwicklungsstadium und wird im
Routinebetrieb nicht angewendet. Sie ist nicht zu verwechseln mit der
Elektrophorese.
Membranchromatographie
Hierbei wird statt einer mit chromatographischer Matrix gefüllten Säule eine einoder mehrphasige Membran als feste Phase in einem entsprechenden Gehäuse
eingesetzt. Die mobile Phase wird bei niedrigen Drucken bis zu 6 bar und bei etwas
20-fach höheren Flussraten als in der Säulenchromatographie üblich durch die
Membran gepumpt.
20.5.2 Gaschromatographie
Das Besondere an der Gaschromatographie ist, dass die mobile Phase ein Gas und
keine Flüssigkeit ist. Daher müssen die zu analysierenden Stoffe verdampfbar sein
oder in verdampfbare Verbindungen überführbar sein.
Die stationäre Phase (Flüssigkeiten oder Festsubstanzen) der GC befindet sich in
einer relativ langen, spiralig angeordneten Säule. Diese ist entweder mit der
stationären Phase bepackt oder ihre Innenwand wird von der stationären Phase
ausgekleidet.
166/210
Gepackte Säulen
Das Innere einer Säule ist mit einem feinkörnigen Material gefüllt. Die stationäre
Phase besteht meist aus einem dünnen Film einer weitgehend inerten und
hochsiedenden Flüssigkeit, der die Pulverkörner überzieht.
Kapillarsäulen
Nur die Säulenwand ist mit einer dünnen Schicht aus stationärer Phase (flüssig oder
fest) bedeckt.
20.6 Einteilung nach den Trennmechanismen
Es gibt unzählige Variationen und Anwendungen der Chromatographie, im Grunde
sind es aber nur wenige Mechanismen, die dabei ausgenutzt werden:
− Gelfiltrations-Chromatographie (Trennung durch Molekül-Sieb)
− Trennung durch Adsorption
− Trennung durch Verteilung
− Ionen-Austausch-Chromatographie
− Affinitäts-Chromatographie
20.6.1 Allgemeines Trennprinzip der Säulenchromatographie
(1) Am Anfang ist das Stoffgemisch am oberen Rand der stationären Phase.
(2) Dann lässt man die Flüssigkeit durch die Säule fließen.
(3) Die Stoffe werden von der Flüssigkeit verschieden schnell mitgenommen.
(4) Die Stoffe gelangen zum Ausgang der Säule und können dort gemessen oder
aufgefangen und somit aufgetrennt werden.
Abbildung 138: Trennprinzip der Säulenchromatographie
167/210
20.6.2 Gelfiltrations-Chromatographie (Trennung durch „Molekül-Sieb“)
Das Wesentliche der Trennung bei der
Gelfiltrations-Chromatographie ist eine stationäre
Phase aus einem Material mit löchriger,
porentragender Oberfläche. Diese Löcher sind wie
Fallen.
Die Trennung der Stoffe beruht vor allem auf ihrer
unterschiedlichen Molekülgröße. Fließen die zu
trennenden Stoffe in der mobilen Phase daran
vorbei, werden die großen Teilchen unbehindert
durchfließen. Die kleinen aber werden sich in den
Löchern immer wieder vorübergehend verfangen.
Je kleiner die Molekülgröße umso langsamer wird
er durch die stationäre Phase wandern.
Abbildung 139:
Gelfiltrationschromatographie
(Trennung durch „Molekül-Sieb“)
Beispiel: Auftrennung von Proteingemischen nach
der Molekülgröße
20.6.3 Trennung durch Adsorption
Die Adsorption, also Anlagerung eines Stoffes an
einen anderen, wird durch Anziehungskräfte, die
zwischen Stoffen bestehen können, verursacht.
Diese Anziehungskräfte führen zu Anlagerungen
ohne feste chemische Bindung.
Die Trennung der Stoffe beruht auf der
unterschiedlichen Adsorption der Stoffe an der
stationären Phase (z.B. Kieselgel).
Ein weiterer Faktor ist die Affinität der Stoffe zur
mobilen Phase, d.h. wie stark die Stoffe in der
Flüssigkeit gebunden sind.
Abbildung 140: Trennung durch
Adsorption
Beispiel: Adsorption beeinflusst fast alle
chromatographischen Trennverfahren, v.a. aber
Dünnschichtchromatographie,
Gaschromatographie.
168/210
20.6.4 Trennung durch Verteilung
Die verteilungschromatographischen Effekte
beruhen auf der unterschiedlichen Verteilung von
Stoffen in zwei Flüssigkeiten (oder einem Gas und
einer Flüssigkeit). Die eine Flüssigkeit ist die
stationäre Phase (z.B. der Wassermantel der
Zellulosefasern bei der Papier-Chromatographie).
Die andere Flüssigkeit ist die mobile Phase (z.B.
Butanol).
Je nachdem zu welcher Flüssigkeit der Stoff mehr
Affinität hat, in welcher er besser löslich ist, desto
schneller oder langsamer wird er wandern. Die
blauen Kugeln lösen sich besser in der stationären
Phase, sie werden dadurch zurückgehalten und
wandern langsamer. Die roten lösen sich kaum in
Abbildung 141: Trennung durch
der stationären Phase sie wandern rasch mit der
Verteilung
mobilen Phase mit.
Beispiel: Verteilung spielt in fast allen Verfahren eine Rolle, v.a. aber
Papierchromatographie, Gaschromatographie
20.6.5 Ionen-Austausch-Chromatographie
Abbildung 142: Vereinfachtes
Schema einer Ionen-AustauschChromatographie
Bei der Ionen-Austausch-Chromatographie sind an
der stationären Phase Gruppen gebunden, die eine
positive oder negative Ladung tragen und daher
entgegengesetzt geladene Teilchen binden und
damit zurückhalten können. Ungeladene oder
gleich geladene gehen schneller durch.
− Kationen-AustauschChromatographie: Hat die stationäre
Phase negative Ladungen werden positiv
geladene Teilchen (Kationen) gebunden.
− Anionen-AustauschChromatographie: Trägt die stationäre
Phase positive Ladungen werden negativ
geladene Teilchen (Anionen) gebunden.
169/210
Oft trennt man aber nicht ungeladene von
geladenen Stoffen sondern ein Gemisch geladener
Stoffe, die sich mehr oder weniger stark an die
stationäre Phase binden.
Daher befinden sich in der mobilen Phase ebenfalls
Ionen die die Ionen der Probe von den
Bindungsstellen an der stationären Phase
verdrängen. Sie tauschen diese also aus. Je stärker
ein Stoff an die Ladungen der stationären Phase
gebunden ist, umso weniger wird er sich
austauschen lassen, umso länger wird er
zurückgehalten.
Die in der mobilen Phase befindlichen Kationen
Abbildung 143: Kationen(kleine weiße Kugeln) konkurrieren mit den roten
Austausch-Chromatographie
und orangenen Kationen der Probe um die negativgeladenen Bindungsstellen der stationären Phase.
Die orangenen Kugeln binden dabei relativ schwach an die stationäre Phase, sie
werden von den grauen Kationen leicht verdrängt und kommen daher schneller
weiter. Die roten Kugeln binden sich stärker an die stationäre Phase und kommen
daher nicht so schnell weiter.
Beispiel: Hochdruck-Flüssigkeits-Chromatographie (HPLC)
20.6.6 Affinitäts-Chromatographie
Abbildung 144: AffinitätsChromatographie
Der Affinitäts-Chromatographie liegt eine ganz
spezielle Wechselwirkung zwischen Strukturen der
stationären Phase und den Stoffen in der mobilen
Phase zu Grunde. Ein Beispiel wäre die
Wechselwirkung zwischen Antigenen und
Antikörpern, ein anderes die von Hormonen mit
ihren Rezeptoren, oder die von Enzymen mit ihrem
Substrat.
An der stationären Phase sind Strukturen (schwarz
eingezeichnet), die wie ein Schlüssel zum Schloss zu
Strukturen auf einem Stoff in der Probe passen.
Dieser Stoff (blaue Kugeln, oben) wird daher
langsamer durch die stationäre Phase wandern, als
Stoffe, die diesen Rezeptor nicht haben (blaue
Kugeln, unten).
Die Affinitäts-Chromatographie wird im Routinelabor selten eingesetzt. Für die
Analyse von Stoffen wird es oft zu aufwändig sein, will man aber Stoffe isolieren,
reinigen und weiter verwenden (präparative Chromatographie), könnte man die
Technik einsetzen.
Beispiel: Eine spezielle Anwendung, die man zur Affinitätschromatographie zählen
könnte, ist der Nachweis von Antikörpern mit Hilfe von Teststreifen.
170/210
20.7 Auswertung der Chromatographie
Abbildung 145: Auswertung einer Chromatographie
− Die Brutto-Retentionszeit tR ist die Zeit, die von der Probenaufnahme bis
zum Erreichen des Peakmaximums einer Komponente vergeht.
− Die Totzeit t0 umfasst die Zeitdauer, die eine Substanz mindestens in einer
chromatographischen Anlage verweilt, auch ohne Wechselwirkungen mit der
stationären Phase.
− Die Netto-Retentionszeit tR’ ist die Differenz aus Brutto-Retentionszeit tR
und der Totzeit t0.
− Die Peakbreiten (Peak-Halbwertsbreite W1/2 und Basis-Peakbreite W)
dienen der Berechnung von Chromatographiekenngrößen wie Auflösung und
Bodenzahl.
− Die Höhe und Fläche der Peaks dienen der Quantifizierung der
Komponenten.
171/210
21 Durchflusszytometrie
Bei dieser Technik werden verschiedene Eigenschaften von Zellen oder anderen
Teilchen untersucht, während diese Zellen hintereinander durch eine dünne
Messkammer fließen. Für die meisten Anwendungen der Durchflusszytometrie ist
diese Flusszelle aus Glas und die zu untersuchenden Zellen werden beim
Durchfließen von der Seite von einem Laserlicht angestrahlt.
21.1 Streulichtmessung
Eine Eigenschaft einer Zelle, die in der Durchflusszytometrie gemessen wird, ist das
Streulicht.
Solange der Laserstrahl ungehindert durch die Flusszelle geht, entsteht kein
Streulicht. Quert hingegen eine Zelle den Strahl, wir das Licht in verschiedenste
Richtungen gestreut. Je größer eine Zelle ist und je mehr Strukturen in ihrem
Inneren sind, desto größer ist das entstehende Streulicht.
Gemessen wird das Streulicht meist an zwei Stellen:
− (Fast) in Richtung des ursprünglichen Strahls (Vorwärtsstreulicht)
− Etwa im 90° Winkel zum ursprünglichen Strahl (Seitwärtsstreulicht)
Abbildung 146: Aufbau eines Durchflusszytometers mit Streulichtmessung
Vorwärtsstreuung (Forward Light Scatter oder Low Angle Scatter)
Das Vorwärtsstreulicht hängt vor allem von der Größe einer Zelle ab. Das heißt,
kleine Zellen verursachen ein kleines Vorwärtsstreulichtsignal, große Zellen ein
großes.
172/210
Seitwärtsstreuung (Side Scatter, Orthogonal Scatter oder Right Angle Scatter)
Das Seitwärtsstreulicht hängt neben der Größe auch sehr stark vom Inhalt einer Zelle
ab und ist damit proportional zur Homogenität der Zelle. Finden sich in der Zelle
sehr viele Lysosomen (das sind kleine, Enzym-speichernde Bläschen), dann hat sie
ein großes Seitwärtsstreulicht, finden sich nur wenige, dann ist ihr Seitwärtsstreulicht
gering.
Darstellung als Streulicht-Dot-Plot
Die Zellen werden nach ihrem
Vorwärtsstreulicht und ihrem
Seitwärtsstreulicht in einem Diagramm
dargestellt. Man erkennt Anhäufungen
von Zellen, die offenbar ähnliche
Streulichteigenschaften haben:
− Neutrophile Granulozyten: groß,
viel Granula
− Monozyten: groß, kaum Granula
− Lymphozyten: klein, kaum
Granula
Abbildung 147: Streulicht-Dot-Plot
21.2 Fluoreszenzmessung
Ein Durchflusszytometer kann auch Fluoreszenzlicht messen und erlaubt dadurch,
eine Vielzahl von Merkmalen auf den Blutzellen zu untersuchen.
Will man ein bestimmtes Merkmal einer Zelle untersuchen, muss man dieses
Merkmal zuerst einmal markieren. Und das geschieht mit einem Antikörper, der
gegen dieses Merkmal gerichtet ist. Außerdem trägt dieser Antikörper eine
fluoreszierende Gruppe. Das ist ein Molekül, das aufleuchtet, wenn es mit einem
Laser oder einer anderen Lichtquelle bestrahlt wird. Bringt man Antikörper und
Zellen zusammen, setzt sich der Antikörper auf diejenigen Zellen, die das Merkmal
auf der Oberfläche tragen. Die Zelle ist dadurch markiert und wird bei Durchqueren
des Laserstrahls des Durchflusszytometers aufleuchten.
Durchflusszytometer für den Routineeinsatz können neben den
Streulichteigenschaften heute meist 4 bis 6 verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe
unterscheiden. Man kann also neben dem Streulicht 4 bis 6 weitere Merkmale der
Zelle gleichzeitig in einem Röhrchen färben und bestimmen.
21.3 Gaten
Ziel des Gatens ist es die Zellen auszuwählen, die einen wirklich interessieren. Will
man z.B. wissen wieviele der Lymphozyten T-Lymphozyten und wie viele BLymphozyten sind werden sie durch das Gaten aus der weiteren Analyse
ausgenommen. Die Ergebnisse der Fluoreszenzmessung werden dann nur für die
ausgewählten Zellen angezeigt.
173/210
Abbildung 148: Durch das Gaten werden nur die Zellen ausgewählt, die weiter analysiert werden
sollen.
Anhand der Streulichtmessung erfolgte also eine Differenzierung nach der Zellgröße,
bei den ausgewählten Zellen erfolgte noch eine weitere Differenzierung nach dem
Zelltyp mit Hilfe der Fluoreszenzmarkierung.
21.4 Cell sorter
Cell sorter sortieren Mischungen von Zellen in Fraktionen
einzelner Zelltypen, die in weiterer Folge separat
untersucht werden können.
(1) Identifizierung des Zelltyps mit Hilfe von Streulicht
und Fluoreszenz.
(2) Mit Hilfe von Ultraschall werden Tröpfchen
gebildet, die genau ein Teilchen einschließen
(3) Die Tröpfchen werden elektrisch geladen.
(4) Durch ein elektrisches können die geladenen
Teilchen durch die Änderung ihrer Bahn sortiert
werden.
Abbildung 149: Cell sorter
174/210
22 Röntgenstrukturanalyse
Die Röntgenstrukturanalyse wird zur geometrischen Vermessung von Molekülen
eingesetzt.
Röntgenbeugung ist die Beugung von Röntgenstrahlung an geordneten Strukturen
wie Kristallen. Von jedem Atom in einem dreidimensionalen Gitter gehen
Huyghensche Elementarwellen aus, die sich nur in bestimmten Richtungen nicht
auslöschen.
Abbildung 150: Beugung an Atomen und Entstehung von Elementarwellen
22.1 Aufbau
Röntgenstrahlung wird mit Hilfe von Kollimatoren gebündelt sodass sie möglichst
gerade auf den Kristall auftrifft. Man verwendet die charakteristische
Röntgenstrahlung (diskretes Spektrum) um ein möglichst scharfes Bild mit wenig
Schleierbildung zu erhalten. Auf der Photoplatte entsteht durch konstruktive
Interferenz ein Schwärzungsmuster. Aus den Abständen zwischen den Punkten kann
man auf den Abstand der Atome schließen.
Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Analyse eines Kristalls um eine
dreidimensionale Struktur handelt. Durch Überlagerung von Wellen kommt es zu
äußerst komplizierten Interferenzerscheinungen, die nur mit Hilfe von Computern
auf die räumlichen Strukturen schließen lassen.
Abbildung 151: Aufbau für eine Röntgenstrukturanalyse
175/210
22.2 Streuung
Die Röntgenstrahlung fällt auf kleine Strukturen im Vergleich zu ihrer Wellenlänge.
Es kommt zur Streuung in alle Richtungen (Rayleigh-Streuung). Der Streuwinkel θ
ergibt sich einerseits aus dem Streuvektor (abhängig von der Struktur) s und der
Wellenlänge λ. Mit Hilfe eines Detektors kann die Intensität der Streustrahlung
bestimmt werden.
Abbildung 152: Streuungserscheinungen bei der Röntgenstrukturanalyse
22.3 Beugung
Die Beugung, die durch die auf die Strukturen einfallende Röntgenstrahlung entsteht
ist ähnlich zu verstehen wie die Beugung am Doppelspalt (siehe Kapitel 5.9.1). Atome
sind punktförmige Quellen von Elementarwellen und ihr Abstand zueinander
entspricht der Spaltbreite. Ist die Phasendifferenz zwischen den entstehenden
Elementarwellen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge kommt es durch
Überlagerung der Wellenberge zur Entstehung von konstruktiver Interferenz, d.h. zu
Maxima. Diese Maxima hängen vom Atomabstand und der Wellenlänge der
Röntgenstrahlung ab.
Abbildung 153: Beugungserscheinungen bei der Röntgenstrukturanalyse
176/210
23 Populationsdynamik
23.1 Modellbegriff
Die mathematische Beschreibung eines Systemverhaltens führt zur Modellbildung.
Ein Modell ist per Definition eine Vereinfachung der Realität und kann nur jene
Fragestellungen beantworten für die es entwickelt wurde. Die Realität wird in zwei
Schritten abstrahiert um nur jene Parameter zu berücksichtigen, die maßgeblich zur
Lösung erforderlich sind.
23.1.1 Strukturelle Abstraktion (Qualitatives Wissen)
„Was soll beantwortet werden?“
Es werden abgrenzbare Teile des Modells identifiziert (Reduktion) und wie sie
miteinander verknüpft sind.
Trennbarkeit (Separability)
Das System wird einerseits nach außen abgegrenzt (z.B. Wachstum einer Spezies auf
einer Insel), aber auch die inneren Strukturelemente (z.B. Magen-Darm-Trakt,
Blutbahn, Leber, Niere) werden erfasst.
23.1.2 Phänomenologische Abstraktion (Quantitatives Wissen)
„Wie läuft etwas ab?“
Hier werden die physikalischen, chemischen oder biologischen Vorgänge
identifiziert, die in den Systemteilen und den Verknüpfungen ablaufen.
Beobachtbarkeit (Observability)
Die zu beobachtenden Parameter (Zustandsgrößen) werden festgelegt und wie diese
(direkt oder indirekt) gemessen werden können.
Kausalität (Causality)
Durch Beschreibung des Modells in Form von Modellgleichungen werden die
Zusammenhängen zwischen den Teilsystemen beschrieben.
23.1.3 Modellanwendung
Modelle werden entwickelt um:
− Probleme zu analysieren
− Vorhandenes Wissen zu strukturieren
− Zusammenhänge in vorhandenen Daten (z.B. Messdaten) zu erkennen
− Vorhersagen zu erstellen
− Entscheidungsfindungen zu unterstützen
The DON’Ts of mathematical modelling
− Don’t believe that the model is the reality: Man muss sich bewusst sein,
dass ein Modell eine Vereinfachung der Realität ist.
− Don’t extrapolate beyond the region of fit: Ein Modell ist nur auf
bestimmte Fragestellungen anwendbar.
− Don’t distort reality to fit the model: Man darf nicht z.B. die
177/210
Messergebnisse verändern um sie durch das Modell erklärbar zu machen.
− Don’t retain a discredited model: Ein Modell, das sich bereits als
ungeeignet erwiesen hat sollte nicht weiter verwendet werden.
− Don’t fall in love with your model: Ein Modell darf nicht blind auf alle
möglichen Zwecke angewendet werden nur weil es z.B. eine andere
Fragestellung besonders elegant beantwortet.
23.1.4 Struktur des Modellansatzes
Es können Modelle mit und ohne Rückkopplung (Ausgangswert wirkt wieder als
Eingangswert) betrachtet werden, die Antworten auf verschiedene Fragestellungen
liefern können.
Abbildung 154: Modell ohne Rückkopplung
Abbildung 155: Modell mit Rückkopplung
Frage nach den Ausgangswerten
Die Eingangswerte (z.B. eine Therapie) sind bekannt.
Gefragt sind die Ausgangswerte (z.B. Wie wirkt diese Therapie?).
Frage nach den Eingangswerten
Die Ausgangswerte (z.B. eine Diagnose) sind bekannt.
Gefragt sind die Eingangswerte (z.B. Welche Erkrankung ruft dieses Krankheitsbild
hervor?).
Frage nach dem Systemverhalten (Black Box)
Man kennt Eingangswerte (z.B. Krankheit) und Ausgangswerte (z.B. Krankheitsbild).
Man fragt nach der Theorie des Krankheitsbildes.
23.1.5 Kompartment-Modelle
Kompartment-Modelle sind Rechenmodelle, bei denen die Verteilung eines
Arzneistoffes in einem oder mehreren Kompartments dargestellt wird.
Pharmakokinetisches Kompartment
Ein pharmakokinetisches Kompartment ist ein fiktiver Raum in einem Körper, in
dem ein Arzneistoff (Stoffmenge x) homogen verteilt vorliegt und eine einheitliche
Kinetik aufweist. Mit Ausnahme des Blutgefäßsystems handelt es sich um einen
fiktiven Raum, der sich je nach der betrachteten Substanz aus verschiedenen
Körperflüssigkeiten bzw. Geweben zusammensetzen kann.
178/210
Kompartmentanalyse
− Aus wievielen Kompartments besteht das System?
− Wie sind diese Kompartments angeordnet?
− Wie schnell erfolgt der Stoffaustausch zwischen den Kompartments?
23.1.6 Zustandsgröße
Eine Zustandsgröße ist eine makroskopische physikalische Größe oder in Parameter
einer Zustandsgleichung, die nur vom momentanen Zustand des betrachteten
Systems abhängt und daher vom Weg, auf dem dieser Zustand erreicht wurde,
unabhängig ist. Sie beschreibt also eine Eigenschaft des Systems in diesem Zustand.
Beispiele: Energie, Entropie, Volumen, Masse, Temperatur, Druck, Dichte,
Polarisation, Magnetisierung des betrachteten Systems.
Abbildung 156: Die Zustandsgröße ist die Populationsgröße N. Die Wachstumsrate g und der die
Sterberate s beschreiben die Zustandsänderung.
23.2 Wachstumsmodelle
Die Populationsdynamik biologischer Populationen ist den größenmäßige aber auch
räumliche Veränderung im Laufe der Zeit. Das Wachstum einer Population kann
ohne Rückkopplung, mit Rückkopplung oder auch mit Rückkopplung bei begrenzten
Ressourcen beschrieben werden.
Abbildung 157: Wachstumsverlauf einer Population
(I)
(II)
(III)
(IV)
(V)
(VI)
Keine Beschränkungen, keine Abhängigkeit von der Dichte.
Exponentielles Wachstum
Lineares Wachstum
Verzögertes Wachstum
Stationäres Wachstum
Negatives Wachstum (Absterbephase)
179/210
Wachstum ohne Rückkopplung
Beim Wachstum ohne Rückkopplung verändert sich die Zahl der Individuen N mit
der Geburtenrate g und der Sterberate s, ist aber unabhängig von der Zahl der
Individuen selbst.
dN/dt ... Änderung der Populationsgröße N mit der Zeit t
dN
= g −s = r
N0 ... Startpopulationsgröße
dt
g ... Geburtenrate
bzw.
s ... Sterberate
N(t) = N + r t
0
Wachstum mit Rückkopplung
Beim Wachstum mit Rückkopplung verändert sich die Zahl der Individuen N mit der
Geburtenrate g und der Sterberate s, ist aber auch abhängig von der Zahl der
Individuen N.
dN/dt ... Änderung der Populationsgröße N mit der Zeit t
dN
= gN − sN = rN
N0 ... Startpopulationsgröße
dt
g ... Geburtenrate
bzw.
s ... Sterberate
N(t) = N 0 exp(r t)
Wachstum mit Begrenzung (Logistisches Modell)
Auch beim Wachstum mit Begrenzung verändert sich die Zahl der Individuen N mit
der Geburtenrate g und der Sterberate s, hat aber auch eine Obergrenze für die
Populationsgröße, die Kapazität K.
dN/dt ... Änderung der Populationsgröße N mit der
dN
r
= rN − N 2
Zeit t
dt
K
r ... Wachstumsrate
bzw.
K ... Umweltkapazität
⎛ N ⎞
N(t + 1) = N t + r N t ⎜1 − t ⎟
K⎠
⎝
180/210
24 Pharmakokinetik
24.1 Aufgabe
Die Pharmakokinetik beschreibt den zeitlichen Verlauf von
Arzneistoffkonzentrationen im Organismus. In weiterer Folge werden darauf
basierend Dosisvorschläge entwickelt. Die Konzentration eines Arzneimittels soll sich
dabei innerhalb eines „therapeutischen Fensters“ befinden. Dieses Fenster wird oben
von der minimalen toxischen Konzentration begrenzt bei der das Arzneimittel bereits
schädliche Auswirkungen haben kann. Unten wir das Fenster von der minimalen
therapeutischen Konzentration begrenzt. Darunter ist die Konzentration des
Arzneimittels zu gering um die gewünschte Wirkung entfalten zu können.
Abbildung 158: Konzentrations-Zeit-Verlauf eines verabreichten Arzneimittels
Der Verlauf der Arzneistoffkonzentration im Körper wird durch das Zusammenspiel
mehrerer Faktoren bestimmt, „ADME“:
− Dosis: Verabreichte Dosis
− Resorption (absorption): Aufnahme des Stoffes in den Körper
− Verteilung (distribution): Verteilung des Stoffes im Körper
− Metabolisierung: Änderung der Stoffkonzentration durch
Stoffwechselprozesse
− Elimination: Abnahme der Stoffkonzentration durch Ausscheidung
181/210
Abbildung 159: Einflussfaktoren auf die Arzneistoffkonzentration (ADME)
24.2 Grundbegriffe
Kompartment
Ein Kompartment ist ein Reaktionsraum innerhalb des Körpers. Je nach
Modellvorstellung kann man den Körper als ein einziges großes Kompartment
betrachten oder weitere Unterteilungen treffen und z.B. den Verdauungstrakt und
das Blutgefäßsystem als eigene Kompartments ansehen.
Abbildung 160: Schema eines Ein-Kompartment-Systems. Die Aufnahme des Stoffes wird durch
die Absorptionskonstante ka beschrieben, die Elimination durch die Eliminationskonstante ke.
Das Ein-Kompartment-Modell ist das einfachste pharmakokinetische Modell. Dabei
wird der gesamte Körper als ein Flüssigkeitsraum angesehen. Flüssigkeits- oder
Geweberegionen können dann zu einem „zentralen“ Kompartment zusammengefasst
werden, wenn der Stoffaustausch innerhalb dieser Regionen im Vergleich zu anderen
Transportprozessen (z.B. Ausscheidung) ausreichend schnell erfolgt. Nach der
Arzneimittelgabe befinden sich alle Körperflüssigkeiten im Fließgleichgewicht.
182/210
Abbildung 161: Man kann von einem Ein-Kompartment-Modell sprechen, wenn sich das
Arzneimittel unmittelbar nach der Verabreichung im gesamten Körper verteilt.
Invasion
Die Invasion ist die Zufuhr eines Arzneimittels aus einem Depot (z.B.
Infusionsbeutel, Tablette, Spritze).
Evasion
Die Evasion beschreibt den Prozess der Elimination, d.h. der Entfernung des
Arzneistoffes aus dem Körper, über den Metabolismus (Stoffwechsel) und die
Ausscheidung.
24.3 Evasions-Ordnungen
24.3.1 Evasion 1. Ordnung
Die meisten Arzneimittel weisen bei therapeutischen Stoffkonzentrationen eine
Elimination der 1. Ordnung auf, d.h. die Konzentrationsänderung mit der Zeit ist
proportional der Konzentration c mit der Eliminationskonstanten ke:
dc/dt ... Änderung der Stoffkonzentration c mit der Zeit t
dc
= −k e c
c ... Stoffkonzentration im Plasma
dt
ke ... Eliminationskonstante
Abbildung 162: Kompartment-Modell für eine Evasion 1. Ordnung bei der der einzige
Transportprozess die Ausscheidung ist.
Dies bedeutet, dass die biologischen Prozesse der Elimination keine Sättigung
aufweisen. Die metabolisierenden Enzyme (z.B. in der Leber) und die
Transportsysteme (z.B. in Leber, Niere) arbeiten somit im Normalfall weit unter ihrer
183/210
maximalen Kapazität. Diese „Arbeitsreserve“ gestattet eine schnelle Anpassung an
sich ändernde Anforderungen.
Durch Integration erhält man den Konzentrationsverlauf mit der Zeit:
c ... Stoffkonzentration im Plasma
c = c0 exp(− k e t)
co ... Stoffkonzentration im Plasma nach Verabreichung
bzw.
k
e ... Eliminationskonstante
ln c = ln c0 − k e t
t ... Zeit
Abbildung 163: Links: Die Stoffkonzentration c steigt linear mit der verabreichten Dosis.
Rechts: Die Stoffkonzentration nimmt exponentiell mit der Zeit ab.
Daraus ergibt sich als Zeitverlauf der Plasmakonzentration c ein exponentieller Abfall
der Anfangskonzentration c0.
In halblogarithmischer Darstellung stellt sich die Funktion als eine Gerade mit der
Steigung –ke und Schnittpunkt mit der y-Achse bei ln co dar. Je größer die
Eliminationskonstante ke, desto schneller erfolgt die Abnahme der
Stoffkonzentration.
Abbildung 164: Die Abnahme der Stoffkonzentration im Plasma mit der Zeit hat einen
exponentiellen Verlauf (links). In halblogarithmischer Darstellung ergibt sich somit eine Gerade
(rechts).
24.3.2 Evasion 0. Ordnung
Manche Arzneimittel überschwemmen bei therapeutischen Konzentrationen aber die
metabolisierenden Enzyme, sodass diese gesättigt sind und die maximale
Arbeitsauslastung der Enzyme erreicht ist. Ist der Stoffwechsel gesättigt ist die
Beziehung zwischen Dosis D und Konzentration c nicht mehr linear. Ab diesem Punkt
bewirkt eine kleine Dosisänderung einen starken Anstieg der Konzentration.
184/210
Abbildung 165: Links: Ab einer bestimmten Dosis ist der Stoffwechsel gesättigt.
Mitte: Somit ist der Zusammenhang zwischen Dosis und Konzentration nicht mehr linear.
Rechts: Die Abnahme der Stoffkonzentration mit der Zeit ist nun nur mehr abhängig von der
Eliminationskonstanten und verläuft somit linear.
Daraus ergibt sich als Zeitverlauf der Plasmakonzentration c eine lineare Abnahme
der Anfangskonzentration c0, da die Evasion jetzt nur mehr von der
Eliminationskonstanten ke abhängt und nicht mehr von der Konzentration.
dc/dt ... Änderung der Stoffkonzentration c mit der Zeit t
dc
= −k e
ke ... Eliminationskonstante
dt
Die Abnahme der Alkoholkonzentration im Blut ist ein Beispiel für eine Evasion
nullter Ordnung und erfolgt linear mit einer Eliminationskonstanten von ca. 0,15
Promille/Stunde.
24.4 Parameter der Pharmakokinetik
Primäre pharmakokinetische Parameter
− Scheinbares Verteilungsvolumen VD
− Clearance CL
24.4.1 Biologische Halbwertszeit
Die biologische Halbwertszeit gibt an, welche Zeit verstreichen muss, bis eine
bestimmte Konzentration (und damit auch die Menge im Körper) eines Arzneimittels
auf die Hälfte abgefallen ist. Sie hängt von der Eliminationskonstanten ke ab.
T1/2 ... Biologische Halbwertszeit
ln 2
T1/2 =
ke ... Eliminationskonstante
ke
185/210
24.4.2 Scheinbares Verteilungsvolumen
Das scheinbare Verteilungsvolumen VD ist ein fiktives Volumen, in dem der
Arzneistoff homogen verteilt sein müsste, um die im Plasma gemessene
Konzentration c zu erhalten.
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
D
VD =
D ... Dosis
c0
c0 ... Anfangsplasmakonzentration
Die Anfangsplasmakonzentration c0 eines Arzneimittels erhält man wenn man die
Eliminationskurve auf den Zeitpunkt t = 0 extrapoliert. Sie ist diejenige
Konzentration, die vorhanden wäre, wenn nur die Verteilung der Dosis aber noch
keine Elimination stattgefunden hätte.
Das scheinbare Verteilungsvolumen erlaubt Rückschlüsse auf die Verteilung eines
Arzneimittels im Körper, da VD umso größer ist je mehr Arzneistoff sich außerhalb
des Plasmas befindet. Ursachen für ein großes Verteilungsvolumen sind u.a. die
Verteilung in periphere Kompartments (z.B. Muskel, Fettgewebe, Knochen) und die
Plasmaproteinbildung.
24.4.3 Clearance
Die Clearance CL ist das fiktive Volumen des Blutplasmas, das pro Zeiteinheit von
einer bestimmten Substanz befreit wird.
CL ... Clearance
CL = k e VD
ke ... Eliminationskonstante
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
Die Clearance ist somit ein Maß für die Ausscheidungsgeschwindigkeit eines
Arzneistoffes und charakterisiert die Leistungsfähigkeit der Eliminationsorgane.
Gesamtkörper-Clearance
Die Gesamtkörper-Clearance ist die Summe der Organ-Clearances der diversen
Ausscheidungsorgane.
Sie kann aber auch aus der Dosis D und der Gesamtfläche unter der
Plasmaspiegelkurve AUC (area under the curve) bestimmt werden:
CL ... Clearance
D
CL =
D ... Dosis
AUC
AUC ... Gesamtfläche unter der Plasmaspiegelkurve
24.4.4 Beispiel für die Bestimmung pharmakokinetischer Parameter
10 ml Tinte werden in 990 ml Wasser verteilt. Es ergibt sich ein Verteilungsvolumen
VD von 1000 ml.
Wenn jede Minute 10 ml dieses Volumens durch Wasser ersetzt werden bedeutet das
eine Clearance CL von 10 ml/min.
Die Eliminationskonstante ke ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen
Clearance CL und Verteilungsvolumen VD und beträgt 0,01 pro Minute.
Daraus ergibt sich eine Halbwertszeit von 70 Minuten.
186/210
24.5 Funktionsverläufe im Ein-Kompartment-Modell
24.5.1 Dauerinfusion
Der Arzneistoff wird intravenös als Dauerinfusion mit einer Infusionsrate R0
verabreicht. Der einzige Transportprozess ist die Ausscheidung beschrieben durch
die Eliminationskonstante ke.
Abbildung 166: Ein-Kompartment-Modell für eine intravenöse Dauerinfusion mit der
Infusionsrate R0 und der Eliminationsrate ke.
Die Konzentrationsänderung im Laufe der Zeit hängt somit von der aktuellen
Konzentration, der Eliminationskonstanten und der Infusionsrate ab:
dc/dt ... Änderung der Stoffkonzentration c mit der Zeit t
dc
= −k e c + R 0
c ... Stoffkonzentration im Plasma
dt
R0 ... Infusionsrate
Der Zeitverlauf der Plasmakonzentration lässt sich folgendermaßen beschreiben:
c ... Stoffkonzentration im Plasma
R0
c=
(1 − exp(−k e t) )
R0 ... Infusionsrate
k e Vd
ke ... Eliminationskonstante
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
t ... Zeit
Abhängig vom Verhältnis zwischen Infusionsrate und Clearance wird ein quasistationäres Konzentrationsgleichgewicht css erreicht:
css ... Stoffkonzentrationsgleichgewicht im Plasma
R0
R
c ss =
= 0
R0 ... Infusionsrate
k e Vd CL
ke ... Eliminationskonstante
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
CL ... Clearance
Abbildung 167: Konzentrationsverlauf bei einer intravenösen Dauerinfusion. Nach einer gewissen
Zeit wird ein Gleichgewichtszustand der Plasmakonzentration erreicht, bei dem sich
Infusionsrate und Clearance die Waage halten.
187/210
24.6 Injektion (Kurzzeitinfusion)
Bei einer Kurzzeitinfusion wird das Arzneimittel nur für eine gewisse Infusionsdauer
T verabreicht und die Plasmakonzentration steigt bis zu einer Maximalkonzentration
cmax an:
c ... Maximale Plasmakonzentration
R0
cmax =
(1 − exp(−k e T) ) Rmax
0 ... Infusionsrate
k e VD
ke ... Eliminationskonstante
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
T ... Infusionsdauer
Nach Beendigung der Infusion sinkt die Plasmakonzentration wieder ab und muss
rechtzeitig durch eine erneute Injektion aufgefrischt werden um zu verhindern, dass
das therapeutische Fenster verlassen wird.
Der Zeitverlauf wird folgendermaßen beschrieben:
c ... Plasmakonzentration
R0
c=
(1 − exp(−k e t) ) für t < T cmax ... Maximale Plasmakonzentration
k e Vd
R0 ... Infusionsrate
bzw.
ke ... Eliminationskonstante
c = c max exp ( − k e (t − T) ) für t > T
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
t ... Zeit
T ... Infusionsdauer
Abbildung 168: Links: Konzentrationsverlauf bei einer Kurzzeitinfusion (Injektion). Die
Plasmakonzentration steigt durch die Injektion auf einen Maximalwert cmax
und fällt danach wieder ab.
Rechts: In der halblogarithmischen Darstellung ist die Konzentrationsabnahme nach der
Injektion eine Gerade.
24.6.1 Orale Applikation
Bei einer oralen Verabreichung des Arzneistoffs mit der Dosis D wird dieser
kontinuierlich aus einem Depot (z.B. dem Gastrointestinaltrakt) mit einer
Absorptionskonstanten ka resorbiert. Ausgeschieden wird der Stoff entsprechend der
Eliminationskonstante ke.
188/210
Abbildung 169: Kompartment-Modell für eine orale Arzneimittelgabe.
Konzentrationsänderung im Gastrointestinaltrakt cGI:
dcGI/dt ... Änderung der Stoffkonzentration im
dcGI
= k a cGI
Gastrointenstinaltrakt
mit der Zeit t
dt
ka ... Absorptionskonstante
cGI ... Konzentration im Gastrointestinaltrakt
Die Arzneimittelkonzentration innerhalb des Körpers wird durch Invasion aus dem
Depot im Gastrointestinaltrakt erhöht und gleichzeitig durch Evasion über die
Ausscheidung erniedrigt:
dc/dt ... Änderung der Stoffkonzentration im Körper mit
dc
= k a cGI − k e c
der Zeit t
dt
ka ... Absorptionskonstante
cGI ... Konzentration im Gastrointestinaltrakt
ke ... Eliminationskonstante
c ... Konzentration im Körper
Bateman-Funktion
Der aus Invasion und Evasion resultierende Zeitverlauf der Plasmakonzentration c ist
die Differenz zweier Exponentialfunktionen und wird durch die Bateman-Funktion
beschrieben:
dc/dt ... Änderung der Stoffkonzentration im
ka F D
dc
=
( exp(−k e t) − exp(−k a t) ) Körper mit der Zeit t
dt VD (k a − k e )
ka ... Absorptionskonstante
FD ... Resorbierte Dosis
VD ... Scheinbares Verteilungsvolumen
ke ... Eliminationskonstante
t ... Zeit
Abbildung 170: Konzentrationsverlauf bei der oralen Gabe eines Arzneimittels. Die aktuelle
Stoffkonzentration setzt sich aus der Aufnahme aus dem Gastrointestinaltrakt (ka) und die
Abgabe über die Ausscheidung (ke) zusammen.
189/210
25 Blut- und Atmungskreislauf
25.1 Gefäßsystem
Die Gefäße mit einem großen Gefäßdurchmesser (z.B. die Aorta) weisen insgesamt
eine geringe Gesamtquerschnittsfläche auf, da es weniger von ihnen gibt. Aufgrund
des großen Durchmessers weist das Blut in diesen Gefäßen eine hohe
Strömungsgeschwindigkeit auf, da der Widerstand innerhalb eines Gefäßes mit der
vierten Potenz des Radius abnimmt (siehe Kapitel 7.6).
Die Kapillaren mit einem geringen Gefäßdurchmesser sind in weitaus größerer
Anzahl vorhanden und weisen daher eine größere Gesamtquerschnittsfläche auf.
Aufgrund ihres geringen Querschnitts herrscht innerhalb dieser Gefäße ein hoher
Strömungswiderstand was zu geringeren Strömungsgeschwindigkeiten des darin
befindlichen Blutes führt.
Abbildung 171: Zusammenhang zwischen Gefäßdurchmesser, Gesamtquerschnittsfläche und
mittlerer Strömungsgeschwindigkeit.
190/210
25.2 Hydrostatische Indifferenzebene
Das ist jene Ebene in der der Blutdruck sowohl im Stehen wie auch im Liegen
identisch ist.
Im Liegen ist der Blutdruck in allen Arterien etwa gleich hoch. Dasselbe gilt auch für
die Venen des Körpers. Richtet sich der Mensch auf, so steigt der Blutdruck in der
unteren Körperhälfte durch das Gewicht des Blutes an, in der oberen Körperhälfte
dagegen sinkt der Blutdruck ab. In der hydrostatischen Indifferenzebene, ca. 5–10 cm
unterhalb des Zwerchfells gelegen, bleibt er konstant.
Abbildung 172: Hydrostatische Indifferenzebene
25.3 Druckverlauf im Blutkreislauf
Man unterscheidet zwischen dem so genannten Niederdruck- und dem
Hochdrucksystem. Das Hochdrucksystem enthält die Arterien des Körperkreislaufs.
Zum Niederdrucksystem gehören die Arteriolen, Kapillaren und Venen des
Körperkreislaufs, das rechte Herzseite und die Gefäße des Lungenkreislaufs.
191/210
Abbildung 173: Druckverlauf innerhalb des Blutgefäßsystems.
Zwischen Hochdrucksystem (Arterieller Seite) und Niederdrucksystem (Venöser Seite) besteht
eine Druckdifferenz von ca. 13 kPa.
Die Hauptaufgabe des Niederdrucksystems ist seine Blutspeicherfunktion (beim
Menschen ca. vier bis fünf Liter). Die Hauptaufgabe des Hochdrucksystems ist die
Versorgung der Organe.
Der Blutdruck ist im Verlauf des Systems großen Änderungen unterworfen. Der
Druckabfall beträgt ca. 13,2 kPa.
Abbildung 174: Links: Im Ruhezustand ohne die „Pumpe“ Herz würde überall im Körper derselbe
Blutdruck herrschen. Rechts: Aufgrund der Herzaktivität gibt es eine Druckdifferenz zwischen
der Hochdruckseite (arteriell) und der Niederdruckseite (venös).
Spricht man umgangssprachlich vom Blutdruck, so meint man den Blutdruck der
Arterien im Körperkreislauf. Dieser schwankt zwischen Systole und Diastole.
Bei der Systole („Kontraktion“, der Auswurfphase des Herzens) wird das Blut aus der
linken und der rechten Herzkammer herausgepresst. Bei der Diastole
(„Ausdehnung“, der Füllungsphase) erschlafft der Herzmuskel.
192/210
Abbildung 175: Systole und Diastole
Umrechnung
Die Einheit „Millimeter Quecksilbersäule“ findet auch heute noch in der Medizin
Verwendung:
1 mmHg = 133,322 Pa
25.4 Windkesselfunktion
Trotz der großen Druckunterschiede zwischen Systole und Diastole fließt das Blut
relativ gleichmäßig durch den Körper. Dies liegt an der so genannten
Windkesselfunktion der Aorta und der großen Arterien. Während der Systole dehnt
sich die Gefäßwand aus (verhält sich dann wie ein starres Gefäß) und nimmt so einen
Teil des ausgeworfenen Blutes auf, und gibt ihn in der Diastole, in der kein Blut aus
dem Herzen austritt, wieder ab. Diese Volumendehnbarkeit (Compliance) wandelt
also das stoßweise austretende Blut in einen gleichmäßigen Strom um. Würde der
Druck nicht durch die elastischen Gefäße gespeichert werden können, so würde der
Druck in der Aorta wesentlich dramatischer schwanken. Interessanterweise würde im
zeitlichen Mittel aber wesentlich weniger Blut durch die Gefäße strömen, da viel
Strömungsenergie für das ständige Beschleunigen des Blutes aufgezehrt würde.
193/210
Abbildung 176: Die Windkesselfunktion der Arterien sorgt für einen annähernd gleichmäßigen
Blutfluss trotz der Druckunterschiede zwischen Systole und Diastole.
Die Gesetze von Hagen-Poiseuille und Kirchhoff (siehe Kapitel 7.6) gelten im
strengen Sinne nur bei starren Wänden, d.h. wenn die Strömungsgeschwindigkeit v
linear von der Druckdifferenz Δp abhängt.
Abbildung 177: Für ein dehnbares Gefäß gelten die Gesetze von Hagen-Poiseuille und Kirchhoff
strenggenommen nur wenn sich dieses vollständig gedehnt hat. Zu Beginn sind die
Strömungsgeschwindigkeiten noch gering, da die Energie in die Dehnung der Gefäßwände
investiert wird.
25.5 Auskultatorische Blutdruckmessung
(A) Die Manschette wird aufgeblasen bis der Manschettendruck M größer ist als
der arterielle Druck des Blutes pa. Dadurch wird das Gefäß abgedrückt und
das Blut kann nicht mehr fließen. Über das Stethoskop sind keine Geräusche
zu vernehmen.
(B) Der Manschettendruck wird soweit nachgelassen bis der arterielle Druck pa
erreicht ist (Systole). In der Manschette ist nun ein pulsieren zu spüren und
über das Stethoskop ist ein Geräusch wahrnehmbar, da nun ein bisschen Blut
durch das Gefäß fließen kann.
194/210
(C) Man lässt den Manschettendruck weiter nach. Da der arterielle Druck nun
höher ist als der Manschettendruck kann das Blut wieder fließen und über das
Stethoskop sind deutliche Geräusche zu hören. Die pulssynchronen
Geräusche, die beim langsamen Ablassen des Drucks in der Manschette
hörbar werden, nennt man Korotkow-Geräusche.
(D) Ist der Manschettendruck auf den Venendruck abgefallen sind keine
Geräusche mehr wahrnehmbar (Diastole).
Abbildung 178: Blutdruckmessung nach Riva-Rocci
25.6 Viskosität des Blutes
Blut ist eine komplexe Flüssigkeit, die aus Blutplasma (flüssige Phase) und
suspendierten Blutzellen (feste Phase) besteht.
Der prozentuelle Anteil von Erythrozyten am gesamten Flüssigkeitsvolumen wird
Hämatokritwert (Abk: Ht, Htr, Hk) genannt und liegt normalerweise bei 40-45 %.
Die Viskosität (Zähflüssigkeit) des Blutes nimmt mit zunehmendem Hämatokritwert
zu.
195/210
Abbildung 179: Zusammenhang zwischen Hämatokrit und Viskosität des Blutes.
Blut ist eine Nicht-Newtonsche Flüssigkeit, d.h. die Viskosität hängt von der
Schubspannung ab. Unter Scherung (höhere Strömungsgeschwindigkeiten) richten
sich die Erythrozyten parallel aus und reduzieren die Viskosität.
Abbildung 180: Links: Bei niedriger Schubspannung bilden die Erythrozyten vernetzte Aggregate.
Rechts: Bei hoher Schubspannung lösen sich die Aggregate auf und die Blutkörperchen
deformieren sich.
Beispiel: Dreht man eine Ketchup-Flasche einfach nur um wirken keine Scherkräfte
und das Ketchup kommt nicht aus der Flasche. Schüttelt man die Flasche wirken
Scherkräfte wodurch das Ketchup dünnflüssiger wird und aus der Flasche fließt.
25.7 Fahraeus-Lindquist Effekt
Der Fahraeus-Lindquist beschreibt den Effekt, dass sich die Viskosität des Blutes
abhängig vom Gefäßdurchmesser verändert. Bei einem Gefäßdurchmesser von ca. 10
μm, dem Durchmesser der Kapillaren, ist die Viskosität der Blutkörperchen am
größten.
196/210
Abbildung 181: Beim Gefäßdurchmesser der Kapillaren ist die Viskosität des Blutes am
geringsten.
Die eigentlich rundlichen Blutkörperchen verformen sich innerhalb der Kapillaren
und nehmen eine längliche Form an. Dadurch vergrößern sie die
Diffusionsoberfläche für den Gasaustausch.
Abbildung 182: Die roten Blutkörperchen verformen sich innerhalb der Kapillaren und
vergrößern so die Diffusionsoberfläche für den Gasaustausch.
Die Reynoldszahl (siehe Kapitel 7.7) innerhalb der Kapillaren beträgt 0,05, daher
besteht keine Gefahr für Turbulenzen innerhalb der Blutgefäße. Bei der Erweiterung
von Blutgefäßen und bei reduzierter Viskosität (Anämie) besteht die Gefahr, dass
turbulente Strömungen entstehen.
197/210
25.8 Gastransport im Körper
Abbildung 183: Schematischer Ablauf des Gastransports durch den Körper
Über erzwungene Konvektion wird Sauerstoff über die Luft in die Lunge
aufgenommen und in den Lungenkapillaren über den passiven Transportvorgang der
Diffusion an die roten Blutkörperchen gebunden. Über den Blutkreislauf gelangt das
Blut durch Konvektion in alle Bereiche des Körpers. In den Blutkapillaren wird der
Sauerstoff wieder per Diffusion an das Gewebe abgegeben. Innerhalb der Zellen
erfolgt eine erleichterte Diffusion durch Kopplung des Sauerstoffs an das Myoglobin,
das durch seine höhere Sauerstoffaffinität dafür sorgt, dass der Sauerstoff zu den
Mitochondrien (Atmungskette) gelangt.
Konvektion
Die Konvektion beschreibt einen energieabhängigen Transport von Teilchen durch
ein Trägersystem, der über große Distanzen erfolgen kann.
Innerhalb des Körpers erfolgt Konvektion im Rahmen der Ventillation, d.h. der
Durchlüftung der Lungen beim Atmen. Die Transportkapazität entspricht dem
Atemminutenvolumen. Das ist das Volumen an Atemluft, das pro Minute ein- und
wieder ausgeatmet wird.
Weiters erfolgt der Transport innerhalb des Blutkreislaufs über Konvektion. Die
Transportkapazität entspricht dem Herzminutenvolumen. Das ist das Blutvolumen,
das in einer Minute vom Herz durch den Blutkreislauf gepumpt wird.
Diffusion
Die Diffusion ist ein energieunabhängiger Transport, der entlang eines
Konzentrationsgradienten erfolgt. Im Gegensatz zur Konvektion ist sie nur über
kurze Strecken effektiv und erfolgt über größere Distanzen nur sehr langsam. Die
Überwindung einer Strecke von 1 cm würde per Diffusion ca. 1 Tag dauern. Daher
sind die Kapillaren in denen der Gasaustausch erfolgt so eng, dass die
Diffusionsstrecke (und damit die Diffusionsdauer) zwischen Blutkörperchen und
Gefäßwand so gering wie möglich ist.
198/210
Abbildung 184: Zusammenhang zwischen Diffusionstrecke und Diffusionsdauer
Gasdruck
Der Gasdruck (hydrostatischer Druck) auf die Gefäßwand entsteht durch
Impulsübertragung von Atomen und Molekülen in der Gasphase (siehe Kapitel 8.10).
25.9 Gasaustausch
Die Aufgabe der roten Blutkörperchen ist der Sauerstofftransport im
Blutgefäßsystem. Sie nehmen in den Lungenkapillaren den Sauerstoff auf und
transportieren ihn über den arteriellen Kreislauf bis in die arteriellen Kapillaren der
Gewebe und Organe, von wo der Sauerstoff an die Zellen abgegeben wird.
199/210
Abbildung 185: Gasaustausch zwischen Blut und Luft
25.10 Compliance
Die Compliance ist ein Maß für die Elastizität von Körperstrukturen. Sie gibt an,
wieviel Gas oder Flüssigkeit man in eine umwandete Struktur füllen kann, bis der
Druck um eine Druckeinheit ansteigt.
C ... Compliance [l/kPa]
V
C=
V ... Volumen [l]
p
p ... Druck [kPa]
Das Gleichgewicht zwischen den elastischen Kräften von
Thorax (Muskeln, die den Brustkorb zusammenziehen) und
Lunge (Luftdruck, der Lunge ausdehnt) wird als elastischer
Nullpunkt bezeichnet.
200/210
Abbildung 186:
Elastischer Nullpunkt
25.11 Surfactant
Surfactant (surface active agent) ist die Bezeichnung für eine „grenzflächenaktive
Substanz“, die innen die Lunge auskleidet.
Bei einer Grenzfläche ohne Surfactant würde der Innendruck mit zunehmendem
Radius abnehmen:
p ... Innendruck [Pa]
4γ
p=
γ ... Oberflächenspannung [N/m]
r
r ... Radius [m]
Abbildung 187: Links: Bei einer Alveole ohne Surfactant (z.B. Luftballon) wird die nach innen
gerichtete Kraft umso kleiner, je größer der Radius wird.
Rechts: Bei einer Alveole mit Surfactant (z.B. in der Lunge) ist die nach innen gerichtete Kraft bei
kleinen Radien gering und steigt mit zunehmendem Radius an.
Die Surfactant hat folgende Aufgaben:
− Senkung des „Eröffnungsdrucks“ kleiner Alveolen (vgl. hoher Kraftaufwand
am Beginn des Aufblasens eines Luftballons).
− Erhöhung der Lungen-Compliance (Elastizität), sodass eine kleinere
Druckdifferenz und weniger Arbeit zur Volumensvergrößerung nötig sind.
− Verhinderung des Alveolenkollapses am Ende der Ausatmung. Der Druck
innerhalb des Brustkorbs nähert sich beim Ausatmen dem Druck der
Alveolaren an (ca. 0 kPa) und kann sogar leicht höher sein.
Abbildung 188: Bei einer mit einem Surfactant ausgekleideten Lunge kann bereits bei einem
geringen Druckaufbau innerhalb der Lunge ein großes Volumen erzielt werden. Hätte die Lunge
kein Surfactant, wären zu Beginn sehr große Drucke notwendig um die Oberflächenspannung
überwinden zu können um dasselbe Volumen zu erreichen.
201/210
Alveolendruck
Die Alveolen haben eine Radius von ca. r = 24 μm und für Wasser beträgt die
Oberflächenspannung γ = 0,072 N/m. Daraus ergibt sich nach obiger Formel ein
erforderlicher Druck von 3 kPa. Der tatsächliche Druck beträgt jedoch nur ca. 0,5
kPa.
25.12 Atemvorgang
Beim aktiven Einatmen kontrahiert sich das zum Brustraum gewölbte Zwerchfell und
flacht dabei ab. Durch diesen Vorgang wird der Brustraum vergrößert und somit der
Unterdruck in der Brusthöhle erhöht. Dadurch strömt Luft in die Lunge
Abbildung 189: Atemvorgang
Beim passiven Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell und die Lunge zieht sich
durch ihre elastischen Fasern wieder zusammen wodurch die Luft wieder aus der
Lunge hinaus befördert wird.
Der Atmungswiderstand setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
1. Dehnungswiderstand von Lunge und Thorax (Compliance der Lunge)
2. Reibungs- und Deformationswiderstände der Organe
3. Trägheitswiderstand der Organe gegen Verschiebungen und
Beschleunigungen
4. Strömungswiderstand der Luft in den Atemwegen
Δp = −
ΔV
+ VR
C
Strömung
Elastizität
Δp ... Druckdifferenz
ΔV ... Volumendifferenz
V ... Volumenstrom
C ... Compliance
R ... Widerstand
202/210
25.13 Bestimmung des Atemvolumens
25.13.1 Pneumotachograph/Spirometrie
Der Pneumotachograph ist ein medizinisches Gerät zur Durchführung einer
Spirometrie und damit der Überprüfung der Lungenfunktion. Zusätzlich zu einem
Spirometer kann ein Pneumotachograph jedoch auch dynamische Atemvolumina
ermitteln.
Abbildung 190: Pneumotachograph
Der Patient atmet durch ein Rohr in dem sich eine Vielzahl kleiner Lamellen
befinden. Durch diese Lamellen entsteht ein kleiner Strömungswiderstand innerhalb
des Rohres, was eine minimale Druckdifferenz zwischen Punkt A vor, und Punkt B
nach den Lamellen hervorruft. Da dieser Druckabfall (A - B) bei laminarer Strömung
direkt proportional zum Volumenstrom ist, lässt sich durch vorherige Kalibrierung
des Gerätes die Atemstromstärke des Patienten messen. Aus dem Volumenstrom
lässt sich nach Integration (siehe Gesetz von Hagen-Poiseuille, Kapitel 7.6) das
Atemvolumen berechnen.
25.13.2 Ganzkörperplethysmograph
Bei dieser Methode werden in einer geschlossenen Kabine bei normaler Ruheatmung
die Atemwegswiderstände in der Ein- und Ausatmung gemessen. Sie sind in
typischer Weise bei einer chronischen Bronchitis und bei Asthma bronchiale
verändert.
Abbildung 191: Ganzkörperplethysmograph
203/210
Inhaltsverzeichnis
A Grundlagen.................................................................................................................. 3
1
Freier Fall ............................................................................................................ 3
1.1
Theorie als Modell........................................................................................ 3
1.2
Größen zur Beschreibung von Bewegungen................................................ 3
1.2.1
Ort ......................................................................................................... 3
1.2.2
Weg ....................................................................................................... 3
1.2.3
Geschwindigkeit.................................................................................... 3
1.2.4
Beschleunigung..................................................................................... 4
1.3
Bewegungsarten ........................................................................................... 5
1.3.1
Gleichförmige Bewegung...................................................................... 5
1.3.2
Ungleichförmige Bewegung (Beschleunigte oder verzögerte
Bewegung) ........................................................................................................... 8
1.4
Freier Fall ..................................................................................................... 9
1.4.1
Freier Fall ohne Reibung ...................................................................... 9
1.4.2
Freier Fall mit Stokes-Reibung .......................................................... 10
1.4.3
Freier Fall mit Luftwiderstand (Turbulenter Fall)............................. 10
1.4.4
Anwendbarkeit der Gesetze................................................................. 11
2 Funktionen .........................................................................................................13
2.1
Konstante Funktion ....................................................................................13
2.2
Lineare Funktion (Polynom 1. Ordnung) ...................................................13
2.3
Quadratische Funktion (Polynom 2. Ordnung) .........................................13
2.4
Exponentialfunktion ...................................................................................14
2.5
Kreisfunktionen (Harmonische Funktionen).............................................17
2.6
Gedämpfte Schwingung ..............................................................................17
3 Elektromagnetisches Spektrum .........................................................................19
3.1
Begriff des Spektrums .................................................................................19
3.2
Elektromagnetisches Spektrum (EMS) ......................................................19
3.3
Arten von Spektren .....................................................................................21
3.3.1
Emissionsspektrum vs. Absorptionsspektrum ...................................21
3.3.2
Linien-, Banden- vs. kontinuierliches Spektrum ................................21
3.4
Prismen vs. Gitterspektrum....................................................................... 22
3.5
Temperaturstrahler.................................................................................... 22
3.5.1
Stefan-Boltzmann-Gesetz................................................................... 22
3.5.2
Kirchhoffsches Strahlungsgesetz........................................................ 22
3.5.3
Plancksches Strahlungsgesetz ............................................................ 23
3.5.4
Wiensches Verschiebungsgesetz ........................................................ 23
4 Ionisierende Strahlung...................................................................................... 24
4.1
Radioaktivität............................................................................................. 24
4.2
Radioaktive Strahlung................................................................................ 24
4.2.1
Alpha-Strahlung ................................................................................. 24
4.2.2
Beta-Strahlung.................................................................................... 25
4.2.3
Gamma-Strahlung .............................................................................. 25
4.3
Zerfallsreihen ............................................................................................. 25
4.3.1
Nuklidkarte ......................................................................................... 26
4.3.2
Nuklidgenerator.................................................................................. 26
4.4
Zerfallsgesetz.............................................................................................. 26
4.4.1
Zerfallsgesetz ...................................................................................... 27
4.4.2
Aktivität............................................................................................... 27
4.4.3
Zerfallsgesetz: Mutter-Tochter........................................................... 27
4.4.4
Halbwertszeit ...................................................................................... 28
4.5
Kosmische Höhenstrahlung....................................................................... 29
204/210
4.6
Messung von radioaktiver Strahlung......................................................... 29
4.6.1
Geiger-Müller-Zählrohr (Geigerzähler) ............................................. 29
4.6.2
Szintillationszähler ............................................................................. 30
4.7
Röntgenstrahlung........................................................................................31
4.7.1
Entstehung der Röntgenstrahlung ......................................................31
4.7.2
Aufbau der Röntgenröhre....................................................................31
4.7.3
Spektrum der Röntgenstrahlung........................................................ 32
4.7.4
Parameter der Röntgenstrahlung....................................................... 33
4.7.5
Wirkungsgrad ..................................................................................... 33
4.7.6
Nachweis ............................................................................................. 34
4.8
Biologische Wirkungen ionisierender Strahlung ...................................... 34
4.8.1
Ionisierende Strahlung ....................................................................... 34
4.8.2
Wirkung auf Gewebe .......................................................................... 34
4.8.3
Deterministische und stochastische Strahlenwirkungen .................. 35
4.8.4
Wechselwirkung von -Strahlung .................................................... 35
4.8.5
Absorptionsgesetz............................................................................... 36
4.8.6
Linearer Energietransfer (LET).......................................................... 37
4.9
Dosimetrie (Messung der Exposition)....................................................... 37
4.9.1
Energiedosis D .................................................................................... 38
4.9.2
Ionendosis J........................................................................................ 38
4.9.3
Äquivalenzdosis H .............................................................................. 38
4.9.4
Effektive Dosis Deff .............................................................................. 38
4.9.5
Expositionsdosisleistung H ............................................................... 39
4.9.6
Zusammenhang Dosis und inkorporierte Aktivität ........................... 39
4.9.7
Strahlenbelastung ............................................................................... 39
4.10 Strahlenschutz............................................................................................40
5 Optik ...................................................................................................................41
5.1
Reflexion......................................................................................................41
5.2
Brechung .....................................................................................................41
5.3
Dispersion .................................................................................................. 42
5.4
Abbildung mit einer Linse ......................................................................... 43
5.4.1
Reeles, verkleinertes und verkehrtes Bild.......................................... 45
5.4.2
Reeles, gleichgroßes und verkehrtes Bild........................................... 45
5.4.3
Reeles, vergrößertes und verkehrtes Bild........................................... 45
5.4.4
Bild im Unendlichen........................................................................... 46
5.4.5
Virtuelles, vergrößertes und aufrechtes Bild...................................... 46
5.5
Das Auge..................................................................................................... 46
5.6
Linsenfehler ............................................................................................... 47
5.7
Huygenssches Prinzip ................................................................................ 47
5.8
Interferenz.................................................................................................. 48
5.9
Beugung (Diffraktion)................................................................................ 48
5.9.1
Beugung und Interferenz am Doppelspalt ......................................... 49
5.10 Absorption.................................................................................................. 49
5.11 Streuung ..................................................................................................... 50
5.12 Spektrale Empfindlichkeit ..........................................................................51
6 Transportvorgänge ............................................................................................ 52
6.1
Allgemeiner Ansatz für Transportphänomene .......................................... 52
6.2
Gradient...................................................................................................... 52
6.3
Wärmetransport durch mehrere Schichten .............................................. 53
6.4
Diffusion..................................................................................................... 54
6.4.1
Erstes Ficksches Gesetz ...................................................................... 55
6.4.2
Zweites Ficksches Gesetz.................................................................... 55
205/210
6.5
Osmose ....................................................................................................... 55
Fluiddynamik..................................................................................................... 57
7.1
Kompressible und inkompressible Medien ............................................... 57
7.2
Statischer Druck von Fluiden .................................................................... 57
7.3
Kontinuitätsbedingung .............................................................................. 58
7.4
Gesetz von Bernoulli .................................................................................. 58
7.5
Viskosität.................................................................................................... 59
7.5.1
Bestimmung der Viskosität ................................................................ 59
7.5.2
Messung der Viskosität........................................................................61
7.6
Hagen-Poiseuillesches Gesetz.....................................................................61
7.6.1
Strömungswiderstände....................................................................... 62
7.6.2
Rohrströmung..................................................................................... 63
7.7
Laminare vs. turbulente Strömung............................................................ 63
8 Thermodynamik (Wärmelehre) ........................................................................ 66
8.1
System und Zustand................................................................................... 66
8.2
Intensive vs. extensive Zustandsgrößen .................................................... 66
8.3
Hauptsätze der Wärmelehre ...................................................................... 67
8.4
Wärme vs. Temperatur .............................................................................. 67
8.5
Temperaturskalen ...................................................................................... 68
8.6
Entropie...................................................................................................... 69
8.7
Enthalpie .................................................................................................... 70
8.8
Phasenübergänge ....................................................................................... 70
8.8.1
Phasenübergänge des Wassers............................................................71
8.8.2
Spezifische Wärmekapazität............................................................... 72
8.8.3
Änderung der Umwandlungspunkte.................................................. 72
8.9
Luftdruck.................................................................................................... 73
8.9.1
Daltonsches Gesetz ............................................................................. 73
8.9.2
Barometrische Höhenformel.............................................................. 73
8.9.3
Eigenschaften der Luft ....................................................................... 74
8.10 Physik der feuchten Luft ............................................................................ 74
8.10.1 Ideales Gas .......................................................................................... 74
8.10.2 Thermische Zustandsgleichung.......................................................... 74
8.10.3 Gesetz von Boyle-Mariotte ................................................................. 75
8.10.4 Gesetz von Gay-Lussac ....................................................................... 75
8.10.5 Dampfdruck ........................................................................................ 75
8.10.6 Partialdrücke für trockene Luft und Wasserdampf ........................... 76
8.10.7 Absolute Feuchtigkeit ......................................................................... 76
8.10.8 Relative Feuchtigkeit .......................................................................... 76
8.10.9 Mischungsverhältnis........................................................................... 76
8.10.10
Spezifische Enthalpie .......................................................................77
8.10.11
Mollier-Diagramm .......................................................................... 78
9 Energiebilanz des Tieres.................................................................................... 79
9.1
Erhaltungszustand ..................................................................................... 79
9.2
Stoffwechsel (Metabolismus).....................................................................80
9.3
Mechanismen zur Steuerung des Wärmeflusses.......................................80
9.4
Strahlung .................................................................................................... 81
9.5
Wärmeströmung (Konvektion).................................................................. 81
9.6
Wärmeleitung (Konduktion) ..................................................................... 82
9.6.1
Stationäre Wärmeleitung ................................................................... 83
9.6.2
Instationäre Wärmeleitung ................................................................ 83
9.7
Verdunstung............................................................................................... 83
9.8
Atmung ....................................................................................................... 83
7
206/210
9.9
Allometrie................................................................................................... 84
9.9.1
Klassische Allometrieformel............................................................... 84
9.9.2
Meshsche Formel................................................................................ 85
10
Schwingungen und Wellen ............................................................................ 86
10.1 Schwingungen ............................................................................................ 86
10.2 Fadenpendel............................................................................................... 87
10.3 Federpendel................................................................................................ 87
10.3.1 Herleitung der Schwingungsgleichung .............................................. 87
10.3.2 Energiebilanz ...................................................................................... 89
10.4 Gedämpfte Schwingung .............................................................................90
10.5 Erzwungene Schwingung ...........................................................................90
10.6 Überlagerung von Schwingungen...............................................................91
10.6.1 Schwebung ...........................................................................................91
10.6.2 Resonanz..............................................................................................91
10.7 Mechanische Wellen .................................................................................. 92
10.7.1 Longitudinale Ausbreitung................................................................. 93
10.7.2 Transversale Ausbreitung................................................................... 93
10.7.3 Wellengleichung ................................................................................. 94
10.7.4 Schallausbreitung in festen Körpern.................................................. 95
10.8 Dopplereffekt ............................................................................................. 95
10.9 Fourieranalyse............................................................................................ 96
10.9.1 Fourieranalyse .................................................................................... 96
10.9.2 Fouriersynthese .................................................................................. 99
10.9.3 Gibbsches Phänomen ......................................................................... 99
B Anwendungen.......................................................................................................... 100
11 Röntgen............................................................................................................ 100
11.1 Bildentstehung ......................................................................................... 100
11.1.1
Streuung.............................................................................................101
11.1.2
Brennfleckgröße.................................................................................101
11.2 Verstärkerfolien ....................................................................................... 102
11.3 Filmentwicklung ...................................................................................... 103
11.4 Auflösungsvermögen................................................................................ 104
11.5 Kontrastmittel .......................................................................................... 105
11.6 Indirektradiographie................................................................................ 106
12 Bildgebende Verfahren.................................................................................... 108
12.1 Tomographie ............................................................................................ 108
12.1.1
Röntgentomographie........................................................................ 108
12.1.2 Computertomographie (CT) ............................................................. 108
12.1.3 Magnetresonanztomographie (MRT)................................................ 112
12.1.4 Vergleich tomografischer Verfahren ................................................. 115
12.2 Szintigrafie ................................................................................................ 116
12.3 Positronenemissionstomografie (PET) .................................................... 117
13 Mikroskopische Verfahren ............................................................................... 119
13.1 Vergleich mikroskopischer Verfahren ...................................................... 119
13.2 Mikroskop ................................................................................................ 120
13.2.1 Aufbau eines Lichtmikroskops ......................................................... 120
13.2.2 Strahlengang eines Mikroskops ....................................................... 120
13.3 Abbesche Theorie ...................................................................................... 121
13.3.1
„Unbewaffnetes“ Auge ....................................................................... 121
13.3.2 Vergrößerung .................................................................................... 122
13.3.3 Auflösungsvermögen ........................................................................ 122
13.3.4 Öffnungswinkel..................................................................................123
207/210
13.4 Numerische Apertur eines Objektivs........................................................123
13.4.1 Maximale Auflösung ..........................................................................125
13.4.2 Vergrößerung der numerischen Apertur durch Ölimmersion..........125
13.4.3 Förderliche Vergrößerung ................................................................ 126
13.5 Dunkelfeldmikroskopie............................................................................ 126
13.6 Phasenkontrastmikroskopie .....................................................................127
13.7 Fluoreszenzmikroskopie .......................................................................... 130
13.8 Konfokalmikroskopie................................................................................ 131
14 Elektronenmikroskopie ....................................................................................132
14.1 Wellencharakter des Elektrons.................................................................132
14.2 Transmissionselektronenmikroskopie TEM ............................................133
14.3 Rasterelektronenmikroskopie REM ........................................................ 134
14.4 Röntgenmikroskopie................................................................................ 134
15 Atomare Bindung ............................................................................................ 136
15.1 Zusammenhang Potential und Feld......................................................... 136
15.1.1
Feld ................................................................................................... 136
15.1.2
Potential.............................................................................................137
15.2 Coulombsches Gesetz................................................................................137
15.3 Dipol im elektrischen Feld ....................................................................... 138
15.4 Bindungsenergie ...................................................................................... 138
15.5 Bindungsarten.......................................................................................... 138
15.5.1
Wellenmechanisches Atommodell ................................................... 138
15.5.2 Kovalente Bindung ........................................................................... 139
15.5.3 Ionenbindung .................................................................................... 141
15.5.4 Van der Waals-Bindung.................................................................... 142
15.5.5 Wasserstoffbrückenbindung ............................................................ 143
15.5.6 Metallbindung................................................................................... 143
16 Grenzflächen und Membranen ....................................................................... 144
16.1 Potentialverlauf an der Zellmembran...................................................... 144
16.2 Ruhepotential............................................................................................145
16.3 Aktionspotential........................................................................................145
16.4 Nernst-Gleichung......................................................................................145
16.5 Goldman-Gleichung................................................................................. 146
16.6 Ionenkonzentrationen beim Menschen................................................... 146
17 Zentrifuge .........................................................................................................147
17.1 Sedimentation ...........................................................................................147
17.2 Zentripetalkraft ........................................................................................ 148
17.3 Ultrazentrifuge ......................................................................................... 150
17.3.1
Aufbau der Ultrazentrifuge............................................................... 150
17.3.2 Sedimentationsgeschwindigkeit in der Zentrifuge ........................... 151
17.3.3 Sedimentationskoeffizient................................................................. 151
17.3.4 Auswertung der Ultrazentrifuge........................................................ 151
18
Photometrie ..................................................................................................153
18.1 Kolorimetrie ..............................................................................................153
18.2 Trockenchemie ..........................................................................................153
18.3 Aufbau eines Spektralphotometers ..........................................................154
18.4 Konzentrationsbestimmung .....................................................................154
18.5 Absorption, Transmission und Extinktion ...............................................155
18.6 Filterphotometer .......................................................................................156
19 Massenspektrometrie .......................................................................................157
19.1 Aufbau eines Massenspektrometers .........................................................157
19.1.1
Ionenquelle ........................................................................................157
208/210
19.1.2 Analysator ......................................................................................... 158
19.1.3 Detektor ............................................................................................ 158
19.2 Time of flight-Massenspektrometer ........................................................ 160
19.3 MALDI....................................................................................................... 161
19.4 Quadrupol Massenspektrometer ............................................................. 162
20
Chromatographie und Elektrophorese........................................................ 163
20.1 Elektrophorese ......................................................................................... 163
20.1.1 Aufbau............................................................................................... 163
20.1.2 Auswertung ....................................................................................... 164
20.2
Chromatographie.................................................................................. 164
20.3 Einteilung nach dem Chromatographie-Aufbau ......................................165
20.3.1 Flachbettchromatographie ................................................................165
20.3.2 Säulen-Chromatographie ..................................................................165
20.4
Einteilung nach dem Trennungsziel .....................................................165
20.4.1 Analytische Chromatographie ...........................................................165
20.4.2 Präparative Chromatographie ...........................................................165
20.5 Einteilung nach den verwendeten Phasen............................................... 166
20.5.1 Flüssigkeitschromatographie ........................................................... 166
20.5.2 Gaschromatographie ........................................................................ 166
20.6
Einteilung nach den Trennmechanismen.............................................167
20.6.1 Allgemeines Trennprinzip der Säulenchromatographie...................167
20.6.2 Gelfiltrations-Chromatographie (Trennung durch „Molekül-Sieb“)168
20.6.3 Trennung durch Adsorption............................................................. 168
20.6.4 Trennung durch Verteilung .............................................................. 169
20.6.5 Ionen-Austausch-Chromatographie................................................. 169
20.6.6 Affinitäts-Chromatographie ............................................................. 170
20.7 Auswertung der Chromatographie ........................................................... 171
21 Durchflusszytometrie .......................................................................................172
21.1 Streulichtmessung.....................................................................................172
21.2 Fluoreszenzmessung .................................................................................173
21.3 Gaten .........................................................................................................173
21.4 Cell sorter ..................................................................................................174
22
Röntgenstrukturanalyse ...............................................................................175
22.1 Aufbau .......................................................................................................175
22.2 Streuung ....................................................................................................176
22.3 Beugung.....................................................................................................176
23
Populationsdynamik ..................................................................................... 177
23.1 Modellbegriff............................................................................................. 177
23.1.1 Strukturelle Abstraktion (Qualitatives Wissen)................................ 177
23.1.2 Phänomenologische Abstraktion (Quantitatives Wissen) ................ 177
23.1.3 Modellanwendung ............................................................................. 177
23.1.4 Struktur des Modellansatzes .............................................................178
23.1.5 Kompartment-Modelle ......................................................................178
23.1.6 Zustandsgröße ...................................................................................179
23.2 Wachstumsmodelle...................................................................................179
24
Pharmakokinetik...........................................................................................181
24.1 Aufgabe......................................................................................................181
24.2 Grundbegriffe ........................................................................................... 182
24.3 Evasions-Ordnungen ............................................................................... 183
24.3.1 Evasion 1. Ordnung........................................................................... 183
24.3.2 Evasion 0. Ordnung.......................................................................... 184
24.4 Parameter der Pharmakokinetik ............................................................. 185
209/210
24.4.1 Biologische Halbwertszeit ................................................................ 185
24.4.2 Scheinbares Verteilungsvolumen ..................................................... 186
24.4.3 Clearance........................................................................................... 186
24.4.4 Beispiel für die Bestimmung pharmakokinetischer Parameter ...... 186
24.5 Funktionsverläufe im Ein-Kompartment-Modell ....................................187
24.5.1 Dauerinfusion ....................................................................................187
24.6 Injektion (Kurzzeitinfusion) .................................................................... 188
24.6.1 Orale Applikation.............................................................................. 188
25
Blut- und Atmungskreislauf ........................................................................ 190
25.1 Gefäßsystem ............................................................................................. 190
25.2 Hydrostatische Indifferenzebene.............................................................. 191
25.3 Druckverlauf im Blutkreislauf .................................................................. 191
25.4 Windkesselfunktion ................................................................................. 193
25.5 Auskultatorische Blutdruckmessung....................................................... 194
25.6 Viskosität des Blutes .................................................................................195
25.7 Fahraeus-Lindquist Effekt ....................................................................... 196
25.8 Gastransport im Körper ........................................................................... 198
25.9 Gasaustausch............................................................................................ 199
25.10
Compliance ...........................................................................................200
25.11
Surfactant ............................................................................................. 201
25.12
Atemvorgang ........................................................................................202
25.13
Bestimmung des Atemvolumens..........................................................203
25.13.1
Pneumotachograph/Spirometrie..................................................203
25.13.2
Ganzkörperplethysmograph .........................................................203
210/210
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