____________________________________ Brüssels „Ko-Regulierung“ Neue Chancen für die Werbefreiheit oder verdeckter Werbedirigismus? ____________________________________ I. 50 Jahre Römische Verträge – und nun?..................…………………….2 II. Auftrieb für die freiwillige Werbeselbstdisziplin?…………..…..……….....4 III. „Ko-Regulierung“: Ein System mit verdecktem Charakter………………..7 IV. Modern regieren gleich modern regulieren...……….…..………………...10 Volker Nickel Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) 23. Februar 2007, Berlin Ko-Regulierung und EU Seite 2 I. 50 Jahre Römische Verträge – und nun? Rom, 25. März 1957. Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande unterzeichnen und begründen mit dem EWG-Vertrag die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Was folgte, war für den bis zu diesem Datum von Unfrieden gezeichneten Kontinent eine historisch herausragende Erfolgsgeschichte. Diktaturen verschwanden, Armut ging zurück, Wohlstand nahm zu, heute bezahlt man in gemeinsamer Währung im großen Europäischen Binnenmarkt – und es herrscht in dieser Weltregion fast ausnahmslos Frieden. Aus der Gemeinschaft der 6 EWG-Mitgliedsländer ist nun die Europäische Union geworden – ein Staatenverbund von 27 Nationen. In der Retrospektive gibt es Anlass zum Feiern: Trotz vieler Schlaglöcher auf der Strecke hat sich die Europäische Union kontinuierlich weiterentwickelt. Aber die Perspektive? In Deutschland gibt es schwergewichtige Stimmen, die warnen. Roman Herzog, früherer Bundespräsident und zuvor Präsident des Bundesverfassungsgerichts sowie Lüder Gerken, Direktor des Zentrums für europäische Politik, mahnen eindringlich in einem großen gemeinsamen Zeitungsbeitrag unter der Überschrift „Europa entmachtet uns und unsere Vertreter“. Die Menschen beschleiche das immer mächtiger werdende Gefühl, dass da etwas nicht stimme; dass eine intransparente, komplexe und verflochtene Mammut-Institution entstanden sei, die losgelöst von Sachproblemen und nationalen Traditionen immer weitere Regelungsbereiche Ko-Regulierung und EU Seite 3 und Kompetenzen an sich zieht; dass die demokratischen Kontrollmechanismen versagen; „kurz: dass es so nicht weitergehen kann“.1 Nachdenkliches auch von Hans-Jürgen Papier, gegenwärtiger Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Er fragte öffentlich: „Mehr Gesetze, weniger Recht?“ und wies dabei auf den „ausgedehnten Apparat der Brüsseler EUKommission hin, der sich zu einem großen Teil mit der Produktion von Normen beschäftige und sich damit legitimiere. Es liege inzwischen über dem sinnvollen Maß an Recht eine Schicht von Überregulierung, die der gesamten Rechtsordnung zu schaden drohe. Darin liege eine große Gefahr. Fast jede staatliche Intervention bedeute zugleich eine Beschränkung der Freiheit – das werde im Bereich von Wirtschaft und Wettbewerb besonders sichtbar. Je mehr Lebensbereiche „durchnormiert“ würden, desto mehr laufe die Rechtsordnung Gefahr, allmählich die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, die sie eigentlich sichern soll, zu ersticken.2 Wie sich die Machtkonzentration auch auf einzelne Systeme der Gesellschaft bedenklich auswirkt, verdeutlicht der Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio. Er sehe die Medien durch paternalistische EU-Gesetzgebung wie Tabakwerbeverbote, „auf zweifelhafter Rechtsgrundlage“ gefährdet, warnte er auf der 100. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit.3 Und Torsten Stein, Direktor des Europa-Instituts der Universität des Saarlandes, analysiert in seiner Anmerkung zur gescheiterten Klage gegen die EU-Tabakwerberichtlinie und der damit verknüpften deutlichen Kritik am Europäischen Gerichtshof (EuGH): „Die EU-Bürger werden eines Tages gewahr werden, dass sich lange Zeit nach dem Ende der absoluten Herrscher eine neue Obrigkeit etabliert, die wieder entscheiden will, was gut und was schlecht für die Untertanen ist und das mit Verboten durchsetzt.“ 1 Roman Herzog, Lüder Gerken, Europa entmachtet uns und unsere Vertreter, Welt am Sonntag, 13.1.2007. 2 Hans-Jürgen Papier, Vortrag bei der Jahrestagung des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, 27.4.2006, Berlin, veröffentlicht in ZLR 3/2006, S. 235 ff. 3 Reinhard Müller, Offener Kanal – Die Freiheit der Medien im Wandel, FAZ, Nr. 271, 21.11.2006. Ko-Regulierung und EU Seite 4 Ist die Europäische Union bereits ein Sanierungsfall? Wer die Rasterpunkte der einzelnen Vorgänge in Brüssel zusammensetzt, wird das von Herzog, Gerken, Papier, Di Fabio und Stein gezeichnete Bild wiedererkennen. Die Werbebranche in der EU ist ein gutes Beispiel dafür, wie die europäische Entwicklung in die verkehrte Richtung läuft. II. Auftrieb für die freiwillige Werbeselbstdisziplin? Addiert man punktuelle Absichtserklärungen in Brüssel, scheint die Sorge vor der Erosion der Freiheit in Europa wenig angebracht: Auf europäischer Ebene werden Projekte und Visionen in Sachen EU-Binnenmarkt herumgereicht, die von Liberalität zeugen, bei denen es offenbar um Förderung des Wettbewerbs geht. Und Wettbewerb bedeutet insbesondere: sich um die Wette im Markt bewerben. So plant die EU-Kommission eine Art Selbstkorrektur: Sie will die wuchernde europäische Gesetzgebung zurückzustutzen. Ein Maßnahmepaket für die so genannte „better regulation“ soll die Entbürokratisierung des europäischen Vorschriftendschungels von über 108.000 Seiten bewirken. Zusätzlich will die Brüsseler Behörde neue EU-Gesetze daraufhin testen, ob sie die Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt herabsetzen. Diese Ziele passen zum Prinzip der Subsidiarität, das im Protokoll zum EU-Vertrag von Amsterdam festgeschrieben ist. Zwei Kernpunkte daraus: (1) Europäisches Recht soll nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. (2) Europäisches Recht darf Mitgliedsländer, Wirtschaft und Bürger nur so gering wie möglich belasten. Eine vernünftige Politik – denn wie anders soll die so genannte LissabonStrategie, beschlossen im Jahr 2000 in der portugiesischen Hauptstadt, funktionieren: Europa soll zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt Ko-Regulierung und EU Seite 5 aufsteigen. Die Vitalität des Wettbewerbs anzuheben, bedeutet vor allem auch: kommerzielle Werbung fördern. Aber wie? Auf dem Humus von Entbürokratisierung, Subsidiarität und Lissabon-Strategie müsste Wettbewerb hervorragend gedeihen. Dazu gehört auch eine stärkere Verlagerung auf die Selbstverantwortung der Wirtschaft durch Rückzug des Staates und Rückzug europäischer Eingriffe in das Marktgeschehen. Das wäre ein Förderprogramm für den Wettbewerb. Der Arbeitsbereich der Unternehmen unter dem Marketing-Stichwort ’MarktKommunikationspolitik’ braucht größere Spielräume, braucht Deregulierung. Es gibt ausreichend Signale, dass die europäischen Institutionen Werbeselbstdisziplin zumindest in den Plänen ihrer Regulierungsvorhaben groß schreiben. Beispiel die anstehende Revision der EU-Fernsehrichtlinie. Das Europäische Parlament betont in seiner Stellungnahme den Wert der Selbstregulierung – als „ergänzende Methode zur Durchführung bestimmter Vorschriften in Sachen Fernsehen und audiovisuelle Mediendienste“. Die Mitgliedsstaaten sollten einen Verhaltskodex für die Werbung in Kinderprogrammen entwickeln (P6_TA-PROV(2006)0559). Und im Grünbuch der EU-Kommission zur gesunden Ernährung heißt es wörtlich: „Die Selbstregulierung der Industrie könnte in diesem Bereich das Mittel der Wahl sein, da sie im Vergleich einer gesetzlichen Regelung in vielen Fällen schneller greift und flexibler ist.“ Doch dann bricht wieder bekanntes Misstrauen der europäischen Behörden in Sachen Werbung und Wirtschaft durch. Sie schreibt: Es müssten andere Möglichkeiten erwogen werden, falls die Selbstregulierung „nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt“. Und dann noch eindeutiger: „Wie kann Ko-Regulierung und EU Seite 6 die Wirksamkeit der Selbstregulierung definiert, durchgeführt und überwacht werden?“ (KOM(2005)637). Ähnlich das Europäische Parlament in Sachen Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt. Die Abgeordneten fordern mehrheitlich die EU-Kommission „nachdrücklich auf, Legislativvorschläge vorzulegen, falls die Selbstregulierung zu keinen Ergebnissen führt“ (PE378.845v01-00). Spätestens an dieser Stelle kommt Nachdenklichkeit auf: Will die EU das System der Werbeselbstdisziplin lediglich zur Steuerung von Wirtschaft und Konsumenten für sich, für die eigenen Ziele, instrumentalisieren? Vor allem die EU-Kommission könnte sich mit diesem Verfahrenstrick elegant aus dem zentralen Vorwurf winden, sie würde mit bürokratischen Rechtsakten immer wieder in die Werbung der Wirtschaft eingreifen und damit den Wettbewerb stören. Die aktuelle Diskussion über den CO2-Ausstoß der PKWs in Europa liefert einen weiteren Hinweis über den vermeintlich hohen Stellenwert der Werbeselbstregulierung. In ihrem neuen Strategiepapier gibt die Behörde bekannt, dass sie von der Automobilindustrie freiwillige Verpflichtungen in Sachen Autowerbung erwartet. Stutzig macht dagegen auch hier das Ziel. Die Kommission formuliert: Es müsse ein „Umdenken bei der Vermarktung von Autos“ geben. Deshalb seien „Maßnahmen zur Beeinflussung der Nachfrage“ erforderlich (KOM(2007)19). Entkleidet man die Behördensprache, dann heißt das nichts anderes als: Durch Manipulation an der Werbung soll das Kaufverhalten der Bürger gesteuert und damit die PKW-Produktion in jene Richtung gelenkt werden, die von der Behörde geplant ist. Das spricht für sich. Letztes Beispiel zur nur vordergründigen Absicht so genannter Werbeselbstregulierung betrifft den Wirtschaftsbereich alkoholhaltige Ko-Regulierung und EU Seite 7 Getränke. Auch dort legte die EU-Kommission ein Strategiepapier „zur Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden“ vor. Harmlos heißt es dort, dass die Selbstregulierung „dazu beitragen wird, wirksame Verhaltensparameter für die Werbung aufzustellen“. Die nationalen selbstdisziplinären Maßnahmen der Alkoholwirtschaft will die Behörde aber mit einem europäischen Verhaltenskodex für die Werbung umklammern. Auf diese Weise seien „die Werbepraxis mit den sozialen Erwartungen in Einklang zu bringen“. Und damit könne „unverantwortliches Marketing unterbunden werden“ (KOM(2006)625). Nimmt man den Schleier von den verklausulierten Strategietexten der EU-Kommission, dann wird deutlich, dass es um alles andere als um Selbstregulierung geht: Wer die „Werbepraxis mit den sozialen Erwartungen in Einklang bringen will“, strebt nicht mehr oder weniger als den weitestgehenden Abbau des Markenwettbewerbs der Hersteller alkoholhaltiger Getränke an. Denn wer legt die ’sozialen Erwartungen’ fest? Diejenigen, denen die Produktion von alkoholhaltigen Getränken und die Werbung dafür ein Misstand ist – also die Gesundheitspolitiker, die Drogenbeauftragten, die Suchtstellen. Sie alle orientieren sich an der eindeutigen Minderheit der Bevölkerung, die mit Alkohol nicht umzugehen weiß – und von denen aber die Wissenschaft sagt: Werbung sei nicht die Quelle des Missbrauchs von Alkohol bei ihnen. Und wenn eine Behörde wie die EU-Kommission nebulös von ’unverantwortlichem Marketing’ spricht, das es zu unterbinden gilt, dann ist der Begriff Werbezensur nicht mehr weit. III. „Ko-Regulierung“: Ein System mit verdecktem Charakter Die Vorgänge auf europäischer Ebene verdeutlichen, dass es der EU-Kommission nicht um Anerkennung und Förderung von Ko-Regulierung und EU Seite 8 Selbstverantwortung der Wirtschaft für ihre Werbung in Europa geht. Die andere Strategie Brüssels war bereits früh erkennbar. In einem 2001 von der EU-Kommission herausgegebenen Weißbuch „Europäisches Regieren“ legte die Behörde ihr System der – wie sie es nennt – ’Ko-Regulierung’ vor (KOM(2001)428). Gemeint war ein Zwei-Stufen-Mechanismus: Brüssel definiert den Regelungsinhalt und fordert seine Umsetzung ein. Die Durchführung aber überlässt sie externen Gruppen, die entsprechend aus den relevanten, gesellschaftlichen Gruppen zusammenzusetzen sind. Unterdessen ist „Ko-Regulierung“ der europäischen Denkweise konkret geworden – im Juli 2006. Die Generaldirektion Gesundheit & Verbraucherschutz bei der EU-Kommission berichtete in einem Papier über eine so genannte Rundtischkonferenz zum Thema „Selbstregulierung in der Werbung“. Daraus geht hervor, dass die Behörde in Fragen der Werbung in den einzelnen Branchen einen Rechtsrahmen vorgeben will, der Ziele, Aufsicht und Verfahren regelt. Unterhalb dieses gesetzlichen Rahmens soll ein Ko-Regulierungsorgan installiert werden – aber nicht nur aus Vertretern der Wirtschaft wie jetzt bei den europäischen Werberäten, sondern auch mit Sozialpartnern, Nichtregierungsorganisationen und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Dieses Organ hat zwei Aufgaben: Laut Zielvorgabe der Kommission soll diese Instanz Verhaltensregeln entwickeln, ihre Einhaltung überwachen und über Einzelbeschwerden entscheiden, die an sie herangetragen werden. Mit selbstverantwortlicher Werbedisziplin ist diese politische Ausrichtung nicht mehr kompatibel. Freiwillige, selbstverantwortlich geführte staatsfreie Ko-Regulierung und EU Seite 9 Systeme der Wirtschaft – wie der Deutsche Werberat – sollen in staatliche Lenkungshoheit überführt werden. Freiwilligkeitsgemeinschaften werden zu Zwangsgemeinschaften – zu staatlich gelenkten Ausführungsorganen. Warum? Wirtschaftsfremde Gruppen und der Staat selbst säßen am Tisch der Planung und Durchführung von Werbung. Begriffe wie Marktwirtschaft würden angesichts eines solchen massiven Einflusses auf die MarktKommunikation der Unternehmen verblassen. Das wäre ein Systemwechsel. Es wäre weniger Freiheit und nicht mehr. Dieses System nimmt bereits reale Formen an. Anfang Februar haben Vertreter der EU-Kommission bei der ersten Konferenz der ’Plattform Gesundheit und Ernährung’ deutlich gemacht, dass nur das Modell der Ko-Regulierung in der Denkfassung der EU-Kommission als „Werbeselbstkontrolle“ von der Behörde akzeptiert wird. Ähnlich im Bereich Alkoholwirtschaft. Dort hat die Behörde zwar ihr Strategiepapier gegen den Konsum alkoholhaltiger Getränke in Europa gegenüber früheren Fassungen sprachlich abgemildert. Aber ihre Absicht ist die gleiche: Es soll eine Plattform unter dem Titel „Alkohol und Gesundheit“ gegründet werden erklärtermaßen mit Repräsentanten der EU-Institutionen sowie mit Interessenvertretern („stakeholder organisations“). Aus Vorgängerpapieren ist nachvollziehbar, dass auch hier die Kommission ihr Ko-Regulierungssystem durchsetzen, also die Werbung der Hersteller nicht nur mitbestimmen, sondern prägen will. Diese Form der Ko-Regulierung ist für die deutsche Werbewirtschaft nicht nur nicht akzeptabel, sie wird von den 42 ZAW-Verbänden auch entschieden abgelehnt. Hinter dem System der Brüsseler Ko-Regulierung steckt letztlich ein Umerziehungsprogramm der Bürger als Konsumenten, eine Strategie der Lenkung von Produktionen und Investitionen der Wirtschaft und die Ko-Regulierung und EU Seite 10 Instrumentalisierung der Werbung für Brüsseler Vorstellungen, wie man in Europa zu leben hat. IV. Modern regieren gleich modern regulieren Wenn Regulierung tatsächlich erforderlich ist, dann sollten auch die möglichen Regulierungssysteme durchdacht werden. Vier ragen heraus: 1. Der Staat regelt durch demokratisch zustande gekommene Rechtsakte allein. Zum Beispiel Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), Heilmittelwerbegesetz, Lebensmittelgesetz. 2. Der Staat teilt bestehende rechtliche Regulierungen in Sachen kommerzieller Werbung zwischen sich und der Wirtschaft auf. Ein solches Ko-Regulierungssystem ist grundsätzlich positiv: Aufgaben des Staates werden mit der Sachkenntnis und Flexibilität der Wirtschaft gekoppelt. 3. Die Werbewirtschaft kann vom Staat die Regulierung von Sachverhalten in Selbstverantwortung übertragen bekommen – wenn sich der Gesetzgeber aus rechtlicher Regelung zurückziehen will, beispielsweise um seine Bürokratie zu entflechten und zu entlasten. 4. Staatsfreie Selbstdisziplin der Wirtschaft aus autonomer Verantwortung für ihre Markt-Kommunikation. Selbstdisziplinäre Systeme – wie das Konfliktmanagement durch den Deutschen Werberat – entlasten den Staat. Sie sind kostengünstiger, schneller und beweglicher. Sie mobilisieren Sachverstand und ziehen Grenzen dort, wo staatliche oder supranationale Mechanismen nicht mehr greifen können. Die Werbebranche lässt sich mit dem Werberat permanent auf Auseinandersetzung über ihre Handlungen ein. Moralische Diskurse lassen Ko-Regulierung und EU Seite 11 alle Beteiligten gleichermaßen zu Wort kommen – ob einzelne Bürger, politische Parteien oder gesellschaftlich relevante Gruppen. Die deutsche Werbewirtschaft fordert die nationale Politik – aber auch die Unternehmen in Europa – dazu auf, sich gegen die Unterwanderung der Selbstdisziplin durch die EU zu stellen. Wir brauchen mehr Mut zu Mündigkeit. Die Alternative wäre ein Irrweg: von der sozialen Marktwirtschaft in die ordnungspolitische Verwahrlosung – also in die bürokratische Misswirtschaft. Die EU-Kommission spricht in einem ihrer Grundsatzpapiere als Ziel vom „modernen Regieren“. Daraus leitet die deutsche Werbewirtschaft die Forderung ab: Modern regieren muss modern regulieren bedeuten. Und das heißt: Regulierung muss tatsächlich notwendig sein, was die Initiatoren zu beweisen haben. Sie muss verhältnismäßig sein, darf also beispielsweise den Missbrauch alkoholhaltiger Getränke durch die Minderheit der Bevölkerung nicht mit einem Abbau der Werbung bestrafen. Und modernes Regulieren muss dem Subsidiaritätsprinzip gehorchen: Vorrang also für Selbstverantwortung – für Selbstbeobachtung und Selbstdisziplin – durchaus auch für die nächsten 50 Jahre. Kontakt Volker Nickel Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) Telefon: (030) 59 00 99 – 715, E-Mail: [email protected]