Begründung (auch Beschlussempfehlung)

Werbung
Pet 3-18-17-21650-035645
Kinderschutz
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird eine Einschränkung bzw. ein Verbot von Werbung gefordert, die
speziell auf Kinder und Jugendliche zugeschnitten ist.
Es wird ausgeführt, dass Kinder und Jugendliche durch auf sie zugeschnittene
Werbung das Bedürfnis hätten, die beworbenen Artikel unbedingt besitzen zu
müssen. Hierdurch würden Werte wie Bescheidenheit beeinträchtigt.
Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die auf den Internetseiten des
Deutschen Bundestages veröffentlicht und diskutiert wurde. 76 Mitzeichnende haben
das
Anliegen
unterstützt.
Der
Petitionsausschuss
hat
im
Rahmen
seiner
parlamentarischen Prüfung die Bundesregierung gebeten, eine Stellungnahme zu
dem Anliegen abzugeben. Die Prüfung des Petitionsausschusses hatte unter
Berücksichtigung der seitens der Bundesregierung dargestellten Gesichtspunkte das
im Folgenden dargestellte Ergebnis:
Werbung ist allgegenwärtig. Kinder kommen im Alltag kaum an ihr vorbei. Aufgrund
gezielt gestalteter Werbung wird diese von Kindern häufig nicht bewusst
wahrgenommen. In der verbraucherpolitischen Diskussion nimmt nach den
Ausführungen der Bundesregierung das Thema „Kinder und Werbung“ einen
besonderen Stellenwert ein, weil Kinder aufgrund ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit
und Leichtgläubigkeit leicht beeinflussbar sind. Sie sind Verbraucher mit besonderen
Bedürfnissen, besonderen Schwächen und besonderen Fähigkeiten und damit ein
Marktfaktor. Kinder sind als routinierte Mediennutzerinnen und Mediennutzer zudem
eine „interessante“ Zielgruppe der Werbewirtschaft. Durch den technischen
Fortschritt und die gesunkenen Preise für Mediengeräte sehen sich Kinder und
Jugendliche heute einem unüberblickbaren Angebot von Medieninhalten und
gleichzeitig auch Werbung gegenüber. Sie sind jedoch nur in geringem Umfang
selbst Marktteilnehmer. Im Regelfall treffen die Eltern die Kaufentscheidung für ihre
Kinder. Die Bundesregierung hat dargestellt, dass kinderaffine Werbung deshalb vor
allem mit Blick auf die Zielgruppe der Erwachsenen geschaltet wird. Es wird
vermittelt, dass das beworbene Produkt auch oder vor allem für Kinder gedacht ist.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Entscheidung vom 15. Juli 2007
(I ZR 82/05), der so genannten „Tony Taler“-Entscheidung, ausgeführt, dass es zu
den Grundlagen jeder Erziehung gehöre, Kindern verständlich zu machen, dass nicht
alle Wünsche erfüllt werden können. Der BGH hat weiterhin ausgeführt, dass ein
vernünftiger Erziehungsberechtigter im Allgemeinen in der Lage sein müsse,
Kaufwünschen, die von seinen Kindern an ihn herangetragen werden, auch
ablehnend zu begegnen.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass es heute zahlreiche rechtliche und
selbstdisziplinierende Regelungen bei der Werbung gibt, die der besonderen
Schutzbedürftigkeit
von
Kindern
Rechnung
tragen.
Für
die
Werbung
in
elektronischen Medien gelten neben dem Wettbewerbs- und Medienrecht die
jugendschutzrechtlichen Regelungen, hier der Staatsvertrag über den Schutz der
Menschenwürde
und
den
Jugendschutz
(Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
–
in
JMStV).
Rundfunk
Die
und
Aufsicht
Telemedien
obliegt
den
Landesmedienanstalten, die diese durch die Kommission Jugendmedienschutz
(KJM) als gemeinsames Organ der Landesmedienanstalt wahrnehmen. Irreführende
und unwahre Werbung ist durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
(UWG) verboten. An Kinder darf – anders als an erwachsene Verbraucher – kein
unmittelbarer Kaufappell gerichtet werden. Das Ausnutzen ihrer geschäftlichen
Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ist gesetzlich untersagt. Verboten ist auch,
Kinder in der Werbung zu motivieren, ihre Eltern oder Erwachsene zum Kauf zu
überreden.
Die Selbstkontrolleinrichtung Deutscher Werberat sorgt dafür, rechtlich einwandfreie,
aber von der Branche selbst als unangemessen eingestufte Werbung zu verhindern
oder nach dem Erscheinen zu korrigieren. Wer eine Werbemaßnahme als anstößig
empfindet, kann sich an den Deutschen Werberat wenden. Um der besonderen
Schutzbedürftigkeit von Kindern Rechnung zu tragen, hat der Deutsche Werberat
spezielle Verhaltensregeln für die Werbung mit und vor Kindern aufgestellt. Er steht
darüber hinaus im ständigen Austausch mit der Wirtschaft, um dort das
selbstdisziplinäre
Bewusstsein
wachzuhalten.
Im
Falle
einer
Beanstandung
beispielsweise wird das betroffene Unternehmen aufgefordert, die kritisierte Werbung
zu korrigieren oder vom Markt zu nehmen. Bleibt dies erfolglos, unterrichtet der
Werberat mit einer Rüge die Öffentlichkeit, was für den Werbetreibenden die Gefahr
eines empfindlichen Imageverlustes bedeuten kann.
Für alle Medien gelten die Gebote der Trennung von Werbung und Programm.
Werbung muss erkennbar sein. Wenn Kinder angesprochen werden, muss eine
altersgerechte Gestaltung und Platzierung erfolgen. Der Zentralverband der
deutschen Werbewirtschaft ZAW hat hierzu einen Kriterienkatalog veröffentlicht, der
bei Onlinewerbung auf Internetseiten für Kinder zu beachten ist. Kindersendungen im
Radio
und
Fernsehen
dürfen
in
Deutschland
–
anders
als
in
anderen
EU-Mitgliedstaaten – nicht durch Werbung unterbrochen werden. Diese Bestimmung
wurde von den Bundesländern zusätzlich zu den entsprechenden europäischen
Vorgaben eingeführt. Um Eltern und Pädagogen bei der Medienerziehung von
Kindern zu unterstützen, haben klicksave und das Internet-ABC den Ratgeber
„Richtig suchen im Internet!“ veröffentlicht, der wertvolle Tipps bereit hält, wie z. B.
ein Lernmodul, über das Kinder alles über Werbung und Einkaufen im Internet
erfahren.
Der Petitionsausschuss hält es für erforderlich, Kindern und Jugendlichen Werbeund Medienkompetenz zu vermitteln, statt sie von Werbung abzuschotten. Sie
wachsen heute in einer Medien- und Konsumwelt auf und wissen genau, welches
Produkt welcher Marke gerade angesagt ist. Für die Entwicklung einer soliden
Medien- und letztlich auch Werbekompetenz ist es wichtig, dass Kinder die Vielzahl
an Medien kennen und nutzen lernen und auch eigenständig Referenzen und
Abneigungen
entwickeln.
Erforderlich
sind
daher
die
Förderung
von
Medienkompetenz und die Stärkung der Rechte von Kindern. Wichtig ist eine gute
Medienerziehung in Familien, Kindergärten und Schulen, die Kinder für den Umgang
mit Werbung stark macht. Der Petitionsausschuss stellt fest, dass auch die
Kenntnisse der Eltern über relevante Themen verbessert werden müssen, damit sie
ihre Kinder aktiv bei der Mediennutzung begleiten und fördern können. In diesem
Zusammenhang weist er auf eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), der beiden öffentlich-rechtlichen
Sender Das Erste und ZDF sowie der Programmzeitschrift TV SPIELFILM hin. Die
Initiative heißt „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“. Dieser
Medienratgeber informiert Eltern und Erziehende über aktuelle Entwicklungen der
Medienwelt, so auch über Werbung. Die Informationen sind abrufbar unter
http://www.schau-hin.info/.
Die Bundesregierung hat noch auf weitere Projekte aufmerksam gemacht. Im
Rahmen einer vom BMFSFJ gemeinsam mit der Landesanstalt für Medien NRW in
Auftrag
gegebenen
Studie
hat
das
Hans-Bredow-Institut
in
Hamburg
Erscheinungsformen von Werbung im Internet und ihre Wahrnehmung durch Kinder
untersucht. Die Studie gibt Aufschluss über werbliche Angebotsformen und
Vermarktungsstrategien und geht der Frage nach, wie Kinder Werbung wahrnehmen
und verstehen können. Auch im Rahmen des Spiels „Verflixte Werbeklicks“ werden
Familien angeregt, sich mit dem Thema Werbung im Internet auseinanderzusetzen.
Herausgeber des Spiels sind das BMFSFJ sowie die Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen.
Abschließend stellt der Petitionsausschuss fest, dass er es für sinnvoller hält, die
Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen zu stärken, als sie von Werbung
abzuschotten. Er empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen
nicht entsprochen werden konnte.
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