Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik II. Elliptische Probleme II.1 Finite Differenzen: Grundidee II.2 Konvergenzaussagen II.3 Allgemeine Randbedingungen II.4 Gekrümmte Ränder Kapitel II (0) 1 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik L2-Konvergenztheorie Wir betrachten die Poissongleichung mit reinen Dirichlet-Randwerten auf dem Einheitsquadrat −∆u = f in Ω = (0, 1)2, u = Φ auf ∂Ω mit einer äquidistanten Diskretisierung (5 Punkt-Stern). Fehler ǫ := uh − u|Ωh für h → 0? Wie verhält sich der |ǫh|22 P Nh 2 • Welche Norm betrachten wir? In der euklidschen Norm = k=1 ǫh summieren wir für h → 0 immer mehr Punktauswertungen auf. Wir benötigen also eine passende Skalierung: N h X 1 1 kǫhk22 = |ǫh|2 = ǫ2h Nh Nh k=1 Satz: Falls die Lösung u ∈ C 4(Ω) erfüllt, gilt für den globalen Diskretisierungsfehler ku(4)k∞ 2 2 kǫhk2 ≤ h =O h . 48 Kapitel II (FDMKonvergenz) 2 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik L∞-Konvergenztheorie Wir betrachten die Poissongleichung mit reinen Dirichlet-Randwerten auf dem Einheitsquadrat −∆u = f in Ω = (0, 1)2, u = Φ auf ∂Ω mit einer äquidistanten Diskretisierung (5 Punkt-Stern). Wie verhält sich der Fehler ǫ := uh − u|Ωh für h → 0 bzgl. der Maximumsnorm? • L∞-Norm (Maximumsnorm) kǫhk∞ = maxk=1,...,N |ǫk | . • ǫk bezeichnet den Fehler im Gitterpunkt k Satz: Falls die Lösung u ∈ C 4(Ω) erfüllt, gilt für den globalen Diskretisierungsfehler kǫhk∞ ku(4)k∞ 2 2 ≤ Ch = O h , 6 wobei C eine vom Gebiet Ω abhängige Konstante ist. Kapitel II (FDMKonvergenz) 3 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Konvergenzordnung • Gilt für den Diskretisierungsfehler ǫh in einer geeigneten Norm k·k der folgenden Zusammenhang: kǫhk = O (hp) , p ≥ 1, so besitzt die Diskretisierung die Konvergenzordnung/Ordnung p. • Der Fünf-Punkte-Stern besitzt also die Konvergenzordnung 2. • Je höher die Konvergenzordnung einer Diskretisierung ist, desto schneller nimmt der Diskretisierungsfehler für h → 0 ab. • Diskretisierungssterne mit höherer Konvergenzordnung führen jedoch auch zu Matrizen mit größerer Bandbreite, was bei der Approximation in Randnähe zu Problemen führt. Kapitel II (FDMKonvergenz) 4 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Das diskrete Maximumsprinzip Sei ∆h die Diskretisierung des Laplace-Operators mit dem 5 Punkt-Stern auf einem äquidistanten Gitter Ωh. Es gelte ∆huh = f > 0. Dann folgt max uh = max uh. Ωh ∂Ωh Beweisskizze: Wähle einen beliebigen Punkt (xi, yj ) im Inneren des Gitters. Die Eigenschaft ∆huh > 0 lautet für diesen Punkt −4uh(xi, yj ) + uh(xi−1 , yj ) + uh(xi+1, yj ) + uh(xi, yj−1) + uh(xi, yj+1) > 0. Dies bedeutet 1 (uh(xi−1 , yj ) + uh(xi+1, yj ) + uh(xi, yj−1) + uh(xi, yj+1)) 4 ≤ max{uh(xi−1 , yj ), uh(xi+1, yj ), uh(xi, yj−1), uh(xi, yj+1)} uh(xi, yi) < Am Punkt (xi, yj ) kann das Maximum also nicht angenommen werden. Es wird an einem Randpunkt angenommen. Kapitel II (DiskretesMaximumsprinzip) 5 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Zentrale Differenzen für −u′′(x) = f in 1D (1) 3-Punkt-Approximation, Ordnung 2, u(0) = u(1) = 0 2 −1 −1 2 −1 ... ... −1 ... 2 −1 −1 2 u1 u2 .. un−2 un−1 f1 f2 .. = h2 fn−2 fn−1 Modifikation der rechten Seite, Ordnung 4 2 −1 −1 2 ... Kapitel II (einführung04) −1 ... −1 ... 2 −1 u1 u 2 .. . −1 un−2 2 un−1 f0 + 10f1 + f2 f1 + 10f2 + f3 2 h .. = . 12 fn−3 + 10fn−2 + fn−1 fn−2 + 10fn−1 + fn 6 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Zentrale Differenzen für −u′′(x) = f in 1D (2) 5-Punkt-Approximation, Ordnung 4, u(0) = u(1) = 0 32 −16 1 1 12 −16 30 −16 .. . 0 −16 30 .. . 1 −16 .. . 1 −16 1 1 .. . 30 −16 0 .. . −16 30 −16 2 u = h 1 −16 32 1 f1 + (f0 + f1 + f2 ) 9 f2 .. . .. . .. . fn−2 1 fn−1 + (fn−2 + fn−1 + fn ) 9 Achtung: Modifikation der rechten Seite an den randnahen Punkten notwendig. Dies geschieht über Taylorentwicklungen von u−1 + u3 um u1 beziehungsweise von un+1 + un−3 um un−1. Kapitel II (einführung05) 7 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Fehlerordnung (1): −u′′(x) = 16π 2 cos(2πx) sin(2πx) mit u(0) = u(1) = 0 und u(x) = sin(2πx) cos(2πx) ∞ diskrete L −Norm Lösung 0.5 0.4 −2 10 0.3 −4 10 0.1 Fehler Funktionswert u 0.2 0 −6 10 −0.1 −8 10 −0.2 −0.3 −10 10 −0.4 −0.5 0 0.2 0.4 0.6 Zeit x Kapitel II (einführung08) 0.8 1 2 C*h 4 C*h 3 Punkt App 5 Punkt App 3 Punkt App mod. 1 10 2 10 Anzahl der inneren Knoten 3 10 8 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Fehlerordnung (2): −u′′(x) = f (x) modifizierte 3-Punkte-Approximation Konvergenz ist abhängig von der Glattheit der Lösung 1 2 f1 = x (3 − 7x), u1 = 4 52 − 5 x (1 ∞ diskrete L −Norm − x), 7 3 f2 = x 2 (5 − 9x), u2 = − 74 x 2 (1 − x), −5 10 9 5 Fehler f3 = x 2 (7 − 11x), u3 = − 94 x 2 (1 − x). nur u3 ∈ C 4 Lösung u1 −10 Lösung u2 Lösung u3 0 0 0 −0.02 −0.02 −0.02 −0.04 −0.04 −0.04 −0.06 −0.06 −0.06 −0.08 −0.08 −0.08 −0.1 −0.1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 Kapitel II (einführung11) 10 C*h2.5 C*h3.5 C*h4 f1 f2 f3 1 10 2 10 Anzahl der inneren Knoten 3 10 −0.1 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 9 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Neumann Randwerte mit finiten Differenzen Einfachster Fall: Äquidistantes Gitter über dem Einheitsquadrat: Der Rand wird von unserm Gitter genau getroffen. Ähnlich wie den Laplace Operator, approximieren wir die Normalenableitung nT ∇u über Punktauswertungen. Als Hilfspunkte, benötigen wir auch Punkte außerhalb des Gebietes: Ω Nun gibt es wie bei den Differenzensternen mehrere Möglichkeiten. Hinweis: Das Neumann Randwertproblem ist nicht eindeutig lösbar. Wir erwarten also auch für die Diskretisierung eine singuläre Matrix. Kapitel II (fdm-neumann) 10 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Neumann Randwerte mit finiten Differenzen Symmetrische Diskretisierung 0 = nT ∇u = 1 2h (u−1,j − u1,j ) + O(h2), also setze u−1,j = u1.j . Der 5 Punkt-Stern wird so zu 4u0,j − u0,j+1 − u0,j−1 − 2u1,j = h2f0,j . Die Steifigkeitsmatrix wird singulär aber unsymmetrisch Unsymmetrische Diskretisierung 0 = nT ∇u = h1 (u−1,j − u0,j ) + O(h), also setze u−1,j = u0.j . Der 5 Punkt-Stern wird so zu 3u0,j − u0,j+1 − u0,j−1 − u1,j = h2f0,j . Die Steifigkeitsmatrix wird singulär und symmetrisch. Die Konvergenzordnung ist durch die niedrige Approximation der Normalenableitung nicht beeinflusst. Kapitel II (fdm-neumann02) 11 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Fehlerordnung (3): Neumann und Dirichlet Randbedingungen −u′′(x) = π(−2 sin(πx) + π(1 − x) cos(πx)) − 2 mit u′ (0) = 0 und u(1) = 2 diskrete L∞−Norm 2 −2 10 −4 1.5 Fehler 10 −6 10 1 −8 10 −10 10 0.5 0 C*h2 Fehler 2 0.2 0.4 0.6 0.8 1 4 10 10 Anzahl der inneren Knoten 3-Punkt-Approximation Kapitel II (einführung10) 12 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Randwerte bei Krummen Rändern Bei Gebieten mit krummen Rändern trifft unser Gitter nicht mehr genau den Rand. Dirichlet-Randwerte: • Interpoliere Werte für randnahe Gitterpunkten aus inneren Punkten und den Randwerten • oder verwende angepasste Sterne (”Shortley–Weller–Approxmation”) Neumann-Randwerte: • Interpoliere Werte für die Euler-Diskretisierung der Normalenableitung. Kapitel II (FDMKrummeRaender) 13 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Approximation an randnahen Gitterpunkten a) Beide Punkte im Inneren: u3 wird durch die übliche Finite-Differenzen Diskretisierung bestimmt, u′1 ist durch eine Randbedingung vorgegeben, zur Bestimmung von u0 wird eine lineare Interpolation verwendet. b) Ein Punkt außerhalb des Gebiets: u0 wird durch die übliche FiniteDifferenzen Diskretisierung bestimmt, u′1 ist durch eine Randbedingung vorgegeben, zur Bestimmung von u1 wird eine lineare Extrapolation verwendet. Bilder aus Deuflhard und Weiser, Numerische Mathematik 3, 2011, de Gruyter Lehrbuch, leicht modifiziert. Kapitel II (FDMKrummeRaenderInterpolation) 14 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Shortley-Weller-Approximation Auch für nichtuniforme Gitter können wir Differenzensterne definieren: N hN W hE hW E hS S Die Gewichte hängen natürlich jeweils von den Gitterweiten ab: −2 hN (hN +hS ) −2 −2 2 2 hW hE + hN hS hE (hW +hE ) hW (hW +hE ) −2 hS (hN +hS ) Mit diesem Stern können wir an randnahen Punkten arbeiten. Sind alle Gitterweiten gleich, so erhalten wir den gewöhnlichen 5 Punkte-Stern. Kapitel II (FDMKrummeRaenderSW) 15 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Krumme Ränder: Neumann Randwerte Weitere Schwierigkeit: Die Normale ist im Gitter ebenfalls nicht darstellbar. Interpoliere: u2′ = u0 + ζ(u2 − u0), Normalenableitung ein: setze dies in die approximierte u1 − u2′ n u=p + O(h) 2 1+ζ h Probleme dabei: Die Position des Punktes B auf der Geraden, sowie der Wert uB spielen bei dieser Approximation gar keine Rolle. T Deuflhard und Weiser, Numerische Mathematik 3, 2011, de Gruyter Lehrbuch Kapitel II (FDMKrummeRaenderNeumann) 16 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Patching • Zerlege komplizierte Geometrien in einfache Teile (patches) • Diskretisiere jedes Teil mit einem unterschiedlichen Schrittweiten) äquidistanten Gitter (mit jeweils • Füge die Teile im Gleichungssystem geschickt wieder aneinander Beispiel: Autoreifen mit verfeinertem Gitter am Profil: Kapitel II (FDMPatching) 17 Prof. Dr. Barbara Wohlmuth Lehrstuhl für Numerische Mathematik Randangepasste Gitter • Randangepasstes Gitter um ein Auto Deuflhard und Weiser, Numerische Mathematik 3, 2011, de Gruyter Lehrbuch Kapitel II (FDMRandangepasst) 18