Pressemitteilung - Bunsentagung 2003 1 of 2 http://www.uni-kiel.de/phc/temps/press/Pressemitteilung-Femtolabor.htm INSTITUT FÜR PHYSIKALISCHE CHEMIE CHRISTIAN-ALBRECHTS-UNIVERSITÄT ZU KIEL Prof. Dr. F. Temps Das Institut für Physikalische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eröffnet am Freitag, dem 22.3.2002 zwei neue, hochmoderne Laboratorien, ein Femtosekunden-Laserlabor für Untersuchungen ultraschneller chemischer Reaktionen und ein Massenspektrometrie/AnalytikLabor. Der Einsatz von Femtosekunden-Lasern ermöglicht direkte Untersuchungen der schnellsten chemischen Prozesse. Eine Femtosekunde ist der unvorstellbar kurze Zeitraum, in der ein Lichtstrahl eine Distanz von nur ca. 1000 Atomen zurücklegt. Auf dieser Zeitskala vollzieht sich in einem Molekül bei einer Reaktion der Bruch und die Neubildung chemischer Bindungen. Mit Hilfe der sogenannten Pump-Probe-Technik, bei der zwei oder mehr zeitlich genau abgestimmte, gegeneinander verzögerte Femtosekunden-Laserpulse eingesetzt werden, können Chemiker diese Vorgänge wie mit einem Stroboskop quasi eingefroren beobachten und zeitlich auflösen. Für die Entwicklung des Gebiets der Femtochemie erhielt Ahmed Zewail vom California Institute for Technology in Pasadena 1999 den Nobelpreis für Chemie. Kern des neuen Kieler Femtosekunden-Laboratoriums ist ein Titan-Saphir-Laser, der im Jahr 2001 aus Mitteln des Leibniz-Preises von Prof. Temps von der DFG beschafft wurde. Dieser liefert Laserpulse von ca. 200 Femtosekunden Dauer bei einer Wellenlänge von 780 nm, an der Grenze zum infraroten Spektralbereich. Moleküle absorbieren normalerweise jedoch blaues und ultraviolettes Licht. Am Kieler Institut wurde deshalb in den vergangenen Monaten eine Quelle aufgebaut, die von dem Titan-Saphir-Laser gepumpt wird und abstimmbare Laserpulse von weniger als 30 Femtosekunden Dauer im Bereich von ca. 220 bis 2000 nm erzeugt. Damit ist der gesamte interessierende Wellenlängenbereich erschlossen. Aufgrund der zur Verfügung stehenden hohen Laserleistung ist es möglich, mehrere Experimente gleichzeitig zu betreiben, so dass auch für Arbeitsgruppen aus anderen Instituten der CAU Nutzungsmöglichkeiten eröffnet werden können. Im Arbeitskreis von Prof. Temps werden damit Forschungsarbeiten auf mehreren Gebieten ausgeführt: Eines ist die Untersuchung der ultraschnellen dynamischen Vorgänge in molekularen Schalter und anderen Funktionsmolekülen, die zum Teil von Prof. Herges im Institut für Organische Chemie synthetisiert werden. Ein anderes Gebiet ist das Studium biologisch aktiver Moleküle. Mit den in der DNS des Erbmaterial eingebauten Basen hat die Natur Moleküle ausgewählt, die gegenüber Bestrahlung außergewöhnlich stabil sind. Diese Photostabilität hat ihre Ursache in sehr kurzen Lebenszeiten der angeregten Moleküle, wobei die zugrundeliegenden Mechanismen bislang jedoch wenig verstanden sind. Ein erst jetzt realisierbarer Traum jeden Chemikers ist es schließlich, mit Hilfe von ultrakurzen Laserpulsen gezielt die Richtung chemischer Reaktionen zu beeinflussen. Als weitere Geräte sollen in dem Laserlabor ein Flugzeit-Massenspektrometer und ein computergesteuerter optischer parameterischer Oszillator hinzukommen, mit dem weitergehende Untersuchungen an isolierten Molekülen und Molekül-Aggregaten möglich werden. Das 05.02.2015 10:56 Pressemitteilung - Bunsentagung 2003 2 of 2 http://www.uni-kiel.de/phc/temps/press/Pressemitteilung-Femtolabor.htm Massenspektrometer wird derzeit mit Hilfe der Institutswerkstatt unter Verwendung optimal angepasster mechanischer und elektronischer Komponenten für weniger als ein Viertel (einschließlich Arbeitszeit) der Kosten eines kommerziellen Geräts gebaut. Leider ist die Werkstatt mit anderen Arbeiten jedoch so ausgelastet, dass auf diese Apparatur noch bis September gewartet werden muss. In dem Massenspektrometrie/Analytik-Laboratorium wird von Prof. Grotemeyer ein aus Industriebeständen erhaltenes doppelfokussierendes, höchstauflösendes Spektrometer betrieben. Dieses Spektrometer besteht aus einem Magnetfeld und einem elektrostatischen Feld. Moleküle werden gasförmig in dieses System eingebracht und ionisiert. Anschließend werden diese ionisierten Teilchen nach ihrer Masse aufgetrennt und damit in ihrer Elementarzusammensetzung und Struktur identifiziert. Neben diesem analytischen Einsatz erlaubt die Massenspektrometrie auch die Messung und Identifizierung von Elementarreaktionen von Molekülen. Das Massenspektrometer ist also nichts anderes als ein chemisches Reaktionsgefäß, in dem alle ablaufenden Prozesse von Molekülen detailliert untersucht werden können. Prof. Grotemeyers Arbeitsgebiet ist die Laser-Massenspektrometrie. Hierbei werden zur Ionisation der Moleküle Laserpulse vom Femtosekunden- bis zum Nanosekunden-Bereich eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem doppelfokussierenden Massenspektrometer lassen sich damit präzise Aussagen zur Dynamik von chemischen Reaktionen machen. Daneben werden im Arbeitskreis von Prof. Grotemeyer noch fünf andere Massenspektrometer eingesetzt, bei denen die Massentrennung beispielsweise aufgrund der Flugzeit der Teilchen beruht. Die neuen Laboratorien wurden mit zusätzlichen Mitteln der Universität eingerichtet. Die Arbeiten mit den kurzen Laserpulsen beispielsweise setzen Reinraumbedingungen voraus, um Beschädigungen der empfindlichen optischen Komponenten zu vermeiden. Mit den zahlreichen bereits vorhandenen und jetzt neu dazugekommenen Forschungsapparaturen und dem exzellenten Stamm von Mitarbeitern, Doktoranden und Diplomanden zählt das Kieler Institut für Physikalische Chemie zu den führenden Zentren der Laserchemie in Deutschland. Für diese Stellung besonders wertvoll ist auch die zum 1.4.02 nach langen Bemühungen besetzte Professur für Theoretische Chemie. Kiel, den 8.3.2002 Prof. Dr. F. Temps Prof. Dr. J. Grotemeyer FT-08-03-2002 05.02.2015 10:56