„in vivo`` -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom 10.06.2008

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„in vivo‘‘ --- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom 10.06.2008
Expertengespräch zum Thema „Magenkrebs‘‘
Annika de Buhr, Moderatorin:
Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Privatdozent Dr. Markus Möhler, Oberarzt der ersten medizinischen Klinik des Universitätsklinikums der Johannes Gutenberg Universität in Mainz. Außerdem
sind Sie zuständig für die Ausarbeitung einer neuen bundesweiten Therapieleitlinie zum Magenkarzinom. Schön, dass Sie zu uns gekommen sind.
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Ja, freut mich.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Wie wäre denn der Verlauf bei Frau G.-S. gewesen, wenn sie nicht an einer Studie teilgenommen
hätte?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Wir waren 2006 glücklich, dass wir diese Studie hatten. Die Patientin hat zusätzlich zur Chemotherapie einen Antikörper bekommen, wodurch wir ein größeres Ansprechen der Tumorerkrankung
hatten. Zusätzlich hatten wir damals gemeinsam schon mit unseren Chirurgen ein Tumor-Board
gegründet, das heißt eine gemeinsame Gruppe, mit der wir unsere Patienten regelmäßig besprechen. Das ist was ganz Besonderes und was Wichtiges. Auch in der Zukunft wird es wichtig sein, in
den interdisziplinären Arbeitskreisen die Patienten zu besprechen.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Wie sieht es aus bei Frau G.-S.? Hat der Sport, diese großartige Aktivität, dazu beigetragen, dass
der Verlauf bei ihr so positiv ist?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Sport und gesunde Ernährung sind immer wichtig. Eine gesunde Lebensführung ist immer wichtig
für unsere Patienten. Ich denke auch, zusätzlich ist bei ihr besonders wichtig gewesen, dass die
Familie für sie besonders wichtig war und sie unterstützt hat.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Vielen Dank für den Moment. Liebe Zuschauer wir haben noch ein paar Informationen kurz zusammengefasst für Sie im Film.
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Sprecherin:
In Deutschland erkranken pro Jahr mehr als 18.000 Menschen an Magenkrebs. Oft wird er erst relativ spät erkannt, da seine unspezifischen Beschwerden, wie Gewichtsverlust, Schluckbeschwerden
oder Völlegefühl nicht ernst genommen werden.
Zu den Risikofaktoren zählen falsche Essgewohnheiten, wie der häufige Verzehr stark salziger
Speisen, übermäßiger Alkoholkonsum oder eine genetische Veranlagung. Aber auch Vorerkrankungen des Magens, wie eine Infektion mit dem sogenannten Helicobacter Pylori, einem Bakterium, können das Magenkrebsrisiko erhöhen.
Der Magen befindet sich im Oberbauch. Die Speiseröhre mündet in ihn ein und der Zwölffingerdarm
liegt an seinem Ausgang. Tumoren entstehen vermehrt am Mageneingang, der Cardia, sowie am
Ausgang des Magens, auch Pylorus oder Antrum genannt. Das wichtigste Therapieverfahren bei
Magenkarzinomen ist die Operation. Dabei wird der Magen teilweise oder ganz entfernt. Je nach
Krankheitsstadium kommt auch eine Chemo- oder Strahlentherapie in Betracht.
Zwar ist die Zahl der Neuerkrankungen seit 30 Jahren rückläufig, die Prognose bei Magenkrebs ist
aber nach wie vor relativ ungünstig. Nur jeder dritte Betroffene wird wieder gesund.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Herr Dr. Möhler, was sind denn die Ursachen, wie kommt es zu Magenkrebs?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Früher war ganz klar, dass das gepökelte Fleisch, das Essen von salzhaltigen Nahrungsmitteln Magenkrebs verursacht hat. Heute ist es erfreulicherweise so, dass unsere Ernährung wesentlich gesünder ist. Nichtsdestotrotz ist natürlich Rauchen und vermehrter Alkoholkonsum mitverantwortlich. Die meisten Ursachen für die Magenkrebserkrankung sind jedoch genetische Ursachen, die
wir wenig beeinflussen können, und zum anderen das Bakterium Helicobacter.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Das heißt, wenn ich mich mal mit Helicobacter Pylori infiziert habe, bekomme ich mit relativ großer
Wahrscheinlichkeit Magenkrebs?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Nein, Gott sei Dank nicht. Helicobacter ist eine Erkrankung, die eine Entzündung des Magens macht
und wir können auch diese Erkrankung gut behandeln mit Antibiotika, die für gut eine Woche genommen werden müssen, können wir diese Erkrankung gut behandeln und auch heilen. Auf der
anderen Seite durch eine chronische Erkrankung, chronische Entzündung, kommt es zu einer Veränderung der Schleimhaut im Magen und dann kann auf lange Jahre hin ein Tumor entstehen.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Was ist, wenn ich mal Gastritis hatte, wie groß ist das Risiko dann?
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PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Die Gastritis ist häufig durch dieses Bakterium Helicobacter ausgelöst. Und auch hier ist es wichtig,
dass man sich frühzeitig bei dem Magen-Darm-Spezialisten vorstellt, eine Untersuchung, eine Endoskopie, durchführen lässt, um zu schauen, ob die Entzündung zurückgegangen ist.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Wie sieht es denn mit der Vorbeugung aus? Kann ich Magenkrebs vorbeugen?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Wir sind nicht in der Lage, wie in Japan zum Beispiel, dass wir regelmäßig unseren Patienten Vorsorge-Magenspiegelungen anbieten können. Die Magenspiegelung ist aber immer notwendig, auch
als Vorsorge, gerade bei Patienten, die entsprechend Völlegefühl, Unwohlsein oder Beschwerden
im Oberbauch haben, die wir nicht erklären können.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Gut, wenn ich die habe, dann erkläre ich sie mir ja wahrscheinlich mit einem sehr reichhaltigen
Essen. Merke ich irgendetwas vom Magenkarzinom und dann sage ich mir: „Okay, das wird es sein,
jetzt geh ich lieber zum Arzt?“ Wie ist das?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Der Magenkrebs hat eher unspezifische Symptome. Schon nach dem Essen mal ein Völlegefühl,
aber die meisten Patienten schildern Beschwerden, die kontinuierlich sind, z. B. Aufstoßen nachts
oder Gewichtsabnahme, auch mal eine allgemeine Schwäche oder vermehrte Müdigkeit, das es
geben kann. Insbesondere dann, wenn diese Tumore mal bluten. Hier kann es zum Beispiel auch
mal schwarzen Stuhlgang geben.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es denn mittlerweile?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Erfreulicherweise haben wir gerade bei Magenkrebs zunehmend verbesserte Möglichkeiten. Es gibt
sowohl von der Endoskopie, von der Diagnostik her, die Möglichkeit, dass wir kleine Tumoren entfernen, lokal entfernen. Das würde der Magen-Darm-Spezialist machen. Wir haben natürlich die
Chirurgie und wir haben insbesondere auch jetzt neu die Chemotherapie. Und als letztes haben wir
auch noch die Bestrahlung, die wir anbieten können.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Und wenn man alles optimal einsetzt, sind die Heilungschancen wie groß?
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PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Die Heilungschancen sind deutlich besser als noch vor zehn und vor 20 Jahren. Es ist so, dass gerade die Chemotherapie bei großen Tumoren dazu führt, dass die Tumore kleiner werden und die
Chirurgen danach besser operieren können. Dadurch haben wir höhere Heilungsraten und unsere
Patienten, so wie Frau G.-S. zum Beispiel im Film, hat eine ganz klare Chance auf Heilung.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Macht sich denn ein Rückfall, wenn er kommt, bemerkbar?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Rückfälle sind leider auch unspezifisch. Aber auch hier gilt nach einer Tumorerkrankung eine regelmäßige Nachsorge durchzuführen.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Wenn operiert wurde, muss ich mich dann mit der Ernährung automatisch umstellen? Ist das immer
so? Was ist zu empfehlen?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Wenn die Operation durchgeführt wurde, ist natürlich der Magen entfernt. Das heißt der Speisebrei
rutscht direkt in den Darm hinunter und kann schneller zu einem Völlegefühl führen. Daher ist es
besser, viele kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Ansonsten ist im Prinzip das ganz normale tägliche Leben möglich.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Herr Dr. Möhler, hätten Sie zum Abschluss noch einen guten Ratschlag für unsere Zuschauer?
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Die Magenkarzinomerkrankung, der Magenkrebs, ist sicher eine sehr einschneidende Erkrankung.
Und es ist wie bei Frau G.-S. ganz wichtig, dass die Patienten rechtzeitig zum Arzt gehen, keine
Angst vor den Untersuchungen haben und auch vertrauensvoll sich insbesondere an Tumorzentren
wenden, an große Einheiten, die sich darauf spezialisiert haben.
Annika de Buhr, Moderatorin:
Herr Dr. Möhler, vielen Dank für die Informationen.
PD Dr. Markus Möhler, Universitätsklinikum Mainz:
Vielen Dank.
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Annika de Buhr, Moderatorin:
Liebe Zuschauer, es gibt natürlich weitere Informationen für Sie auch im Internet unter
www.krebshilfe.de.
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