3 Bestandsaufnahme und Analyse Die Bestandsaufnahme und Analyse umfasst im Sinne der Aufgaben einer Vorbereitenden Untersuchung die Darstellung der städtebaulichen und sozioökonomischen Situation des Untersuchungsgebiets „Alte Schmelz“ auf der Basis vorliegender Gutachten und Daten und eigener aktueller Erhebungen und Begehungen. Dabei wurden folgende Inhalte behandelt: • Vorliegende Planungen • Untersuchungsgebiet „Alte Schmelz“: Rahmenbedingungen • • Gesamtstädtische Rahmenbedingungen Städtebauliche Bestandsaufnahme des Untersuchungsgebiets Die Ergebnisse der Bestandsanalysen münden in eine Stärken-Schwächen-Analyse, auf deren Grundlage für das Konzept (Kapitel 4) Handlungsoptionen erarbeitet werden. Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 23 23 3.1 Relevante Planungen und Konzepte Landesentwicklungsplan Im Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Siedlung“ vom 4. Juli 2006 sind die Ziele der Landesplanung für die verschiedenen Raumkategorien des Saarlandes beschrieben.15 Das Untersuchungsgebiet „Alte Schmelz“ liegt im Stadtteil St. IngbertMitte am Südrand der Kernzone des saarländischen Verdichtungsraums, einer Stadtregion mit einem engmaschigem Verflechtungsbereich, der sich von Dillingen im Westen bis Homburg im Osten erstreckt und durch eine überdurchschnittliche Konzentration von Wohn- und Arbeitsstätten gekennzeichnet ist. schienengebundenen Nahverkehrs dienen sollen. In St. Ingbert treffen zwei raumordnerische Siedlungsachsen aufeinander: Die Siedlungsachse 1. Ordnung (Metz) - Saarbrücken - St. Ingbert - Homburg - (Kaiserslautern/Mannheim) sowie die Siedlungsachse 2. Ordnung von St. Ingbert über Blieskastel nach Zweibrücken. Das Untersuchungsgebiet liegt an der Siedlungsachse 1. Ordnung. Das Untersuchungsgebiet „Alte Schmelz“ ist eine innerörtliche bzw. siedlungsarrondierende Fläche, die im Zuge der wirtschaftlichen Umstrukturierung in Teilen brach gefallen ist. Diese Flächen sollen einer standortund umweltgerechten, siedlungsfunktional sinnvollen Wiedernutzung zugeführt werden. St. Ingbert ist in der zentralörtlichen Ordnung der Landesplanung als Mittelzentrum eingestuft worden, zu dessen Verflechtungsbereich neben dem eigenen Stadtgebiet die Gemeinde Mandelbachtal gerechnet wird. Das Mittelzentrum soll neben mittelzentralen Behörden und Ämtern insbesondere ein Bildungsangebot bis zu einem mittleren und höheren Abschluss, Fachärzte, Krankenhäuser, Sporthallen und Stadien sowie vielseitige Einkaufsmöglichkeiten für seinen Verflechtungsbereich vorhalten. Der LEP Siedlung legt darüber hinaus Siedlungsachsen fest, die der Verringerung der Umweltbelastungen durch verkehrsvermeidende Weiterentwicklung der Siedlungstätigkeit vornehmlich entlang der Trassen des Seite 24 Abbildung 05: Siedlungsachsen und Verflechtungsbereich in der Umgebung von St. Ingbert. Quelle: Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Siedlung“, 2006, Seite 1000 (Ausschnitt) Der 2004 aufgestellte und 2011 geänderte Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt Umwelt (Vorsorge für Flächennutzung, Umwelt und Infrastruktur) hat die Aufgabe, Flächenansprüche an den Raum und die räumliche Verteilung von Nutzungen unter Abwägung überörtlicher Gesichtspunkte zu koordinieren und zu sichern. Der Plan orientiert sich weitgehend an den vorhandenen Nutzungsstrukturen und wurde in einem umfangrei- chen Beteiligungsverfahren u.a. mit den Kommunen erarbeitet. Der LEP Umwelt benennt für die Kernzone des Verdichtungsraums drei für die Städtebauförderung in St. Ingbert relevante Leitvorstellungen: • Beseitigung störender Gemengelagen • Erhaltung des vorhandenen kulturellen Erbes. • Konzentration industrieller und gewerblicher Vorhaben auf verträgliche Standortbereiche statt Streuung Für das Städtebauliche Entwicklungskonzept „Alte Schmelz“ ist die Festlegung des Geländes des Drahtwerks St. Ingbert in der Alten Schmelz als Vorranggebiet für Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen (VG) relevant. In diesen Vorranggebieten sind Betriebe des industriell-produzierenden Sektors, des gewerblichen Bereichs sowie des wirtschaftsorientierten Dienstleistungsgewerbes zulässig. Einzelhandel mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche bzw. 1.200 m² Geschossfläche ist gem. der BauNVO nicht zulässig. Abbildung 06: Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt Umwelt (Ausschnitt). Quelle: geoportal.saarland.de Brach gefallene Gewerbe- und Industrieflächen sollen vorrangig wieder einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden. Der LEP Umwelt legt den Bereich Alte Schmelz ferner als Standortbereich für kulturelles Erbe fest. Der östliche Bereich des Landschaftsparks ist ein Vorranggebiet Freiraumschutz, der westliche Abschnitt gehört zu einem größeren Vorranggebiet Grundwasserschutz.16 Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 25 Biosphärenreservat Bliesgau Die Stadt St. Ingbert gehört zu dem 2009 von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservat Bliesgau, einem von 15 Biosphärenreservaten in Deutschland. Die Biosphäre Bliesgau soll Impulse für eine nachhaltige Regionalentwicklung geben. teiligung lokaler Akteure wurde - aufbauend auf dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK) für den Bliesgau von 2007 - ein regionales Entwicklungskonzept erarbeitet, das jedoch den Stadtteil St. Ingbert-Mitte nicht umfasst und damit keine Aussagen zum Untersuchungsgebiet Alte Schmelz beinhaltet. Als Träger der Biosphäre Bliesgau hat sich am 25.09.2006 der Biosphärenzweckverband gegründet, dem das Land, der Saarpfalz-Kreis sowie die beteiligten Kommunen angehören. Der Zweckverband hat die Aufgabe, eine ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Regionalentwicklung in der Biosphäre Bliesgau zu betreiben.17 Unter Beteiligung interessierter Bürger und der Naturschutzbünde wurden Flächen des Stadtgebiets als Kern- und Pflegezonen der Biosphärenregion festgelegt. Eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung findet in der Kernzone nicht mehr statt. Ziel in der Pflegezone ist der Schutz der Landschaften, die durch menschliche Nutzungen entstanden sind (Kulturlandschaften) und deren Fortbestand durch eine entsprechende menschliche Nutzung oder Pflege gewährleistet werden soll. Die Alte Schmelz gehört nicht zu einer der beiden Schutzzonen. Dennoch markiert die Zugehörigkeit der gesamten Stadt St. Ingbert zum Biospärenreservat Bliesgau den Wunsch der Initiatoren, zu einer nachhaltigen Entwicklung auch in diesem vergleichsweise dicht besiedelten Raum mit zahlreichen Stadt-Land-Austauschbeziehungen zu kommen. Die Sanierung der Arbeiterhäuser und die Wiedernutzung der brachgefallenen Bereiche auf dem Areal der Alten Schmelz tragen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei. Als Instrument für eine Umsetzung der Ziele im Biosphärenreservat steht seit 2007 das Förderprogramm LEADER zur Verfügung. Unter großer BeSeite 26 Abbildung 07: Zonierung der Biosphäre Bliesgau (Ausschnitt) Quelle: Stadt St. Ingbert Regionales Tourismuskonzept Saarpfalzkreis Der Saarpfalz-Kreis hat 2011 ein Regionales Tourismuskonzept mit konkreten Maßnahmen zur Förderung des Tourismus in der Region erarbeitet. Maßnahme 2.1.6 bezieht sich auf die Entwicklung des Erlebnisstandortes Industriekultur in St Ingbert. Als touristisch relevante Besonderheit der Alten Schmelz als eine der vielen industriegeschichtlichen Sehenswürdigkeiten in St. Ingbert wird hervorgehoben, dass die Alte Schmelz ein Ensemble der Industriekultur u.a. mit dem ältesten noch erhaltenen Industriedenkmal im Saarland ist (barocke Möllerhalle). Anhand der geschlossenen Einheit von Siedlung, Werksanlagen und dem ehemaligen Landschaftspark können über 250 Jahre Industriegeschichte erlebt werden.18 Als nächste Schritte für die Alte Schmelz sieht das Tourismuskonzept vor: • • • • • Realisierung des laufenden Projektes „Alte Schmelz“, anschließend Einbindung in die touristische Vermarktung Stärkere Nutzung u.a. der Alten Schmelz als Eventkulisse (Sonderschauen, Kunstausstellungen, Musik- und Theaterveranstaltungen usw.). Ausbau des Angebotes an Themenführungen unter Einbindung industriekultureller Standorte in der Stadt. Bessere Kenntlichmachung von Gebäuden mit industriekultureller Vergangenheit durch Informationstafeln. Bessere Markierung des Grubenpfades St Ingbert (erschließt die verschiedenen historischen Sehenswürdigkeiten aus der Zeit des Bergbaus in St Ingbert).19 Eine weitere Maßnahme zur Stärkung des Tourismus ist die Erschließung historischer Gärten im Saarpfalz-Kreis, die ein bisher nicht ausgeschöpftes touristisches und kulturhistorisches Potenzial bergen. Ziel dieses Projekts ist die Rekonstruktion, die Inwertsetzung (u.a. öffentliche Erschließung und Zugänglichkeit), die touristische Vermarktung und die Vernetzung der historischen Gärten und Parks im SaarpfalzKreis und Biosphärenreservat Bliesgau, die aus touristischer und ökologischer Sicht interessant sind. Darunter auch der ehemalige englische Landschaftsgarten in St. Ingbert. Abbildung 08: Saarpfalz-Kreis Regionales Tourismuskonzept. Quelle: Zu seiner historischen Bedeutung schreibt die Geschichtswerkstatt St. Ingbert: „Der Alte Park beim ehemaligen St. Ingberter Eisenwerk ist ein fast vergessener Englischer Landschaftsgarten aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Familie Krämer ließ ihn auf eigene Rechnung anlegen, gleich nachdem sie das Werk von den Reichsgrafen von der Leyen erworben hatte. Eine solche Parkanlage war seinerzeit eine absolute Sensation, das Non-Plus-Ultra in Sachen Gartenarchitektur. ‚Die Krämers‘ zeigten, dass die ‚neuen Industriebarone‘ mühelos auf Augenhöhe mit dem alten Adel und seinem feudalen Gehabe repräsentieren konnten.“20 Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 27 Das Tourismuskonzept sieht für den Landschaftsgarten folgende Schritte vor: • • • • Durchführung einer Bestandsanalyse: Erfassung aller Gärten und Prüfung der räumlichen und inhaltlichen Gegebenheiten der Gartenanlagen sowie des bisherigen Angebotes an Veranstaltungen Maßnahmen- und Pflegeplanung zur touristischen Inwertsetzung der Gärten Stärkere Nutzung der Gärten als Veranstaltungsorte für (Musik-) Veranstaltungen, Märkte und Kulturevents Schrittweiser Ausbau des touristischen Services in und um die Gärten Abbildung 09: Landschaftspark - Historischer Plan. Quelle: Stadtarchiv St. Ingbert Seite 28 • • Einrichtung eines touristischen Infopunktes mit Hinweisen auf naturräumlichen Besonderheiten der Biosphäre Bliesgau in stark frequentierten Gärten (z.B. im Englischen Landschaftsgarten in St Ingbert). Kombination mit der Barockstraße.21 Der Garten befindet sich derzeit zu zwei Dritteln im Besitz des Drahtwerks St. Ingbert und zu einem Drittel im Besitz der Stadt St. Ingbert. Der Öffentliche Teil ist großteils als Landschaftsschutzgebiet (vgl. S.32) ausgewiesen; der private Teil ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Drahtwerk hat bislang wenig Interesse an einer Öffnung des Parks geäußert. Abbildung 10: ehemaliger Landschaftspark - heutige Situation. Quelle: Stadt St. Ingbert Marketingstrategie des Kreises zur touristischen Nutzung des ehemaligen Landschaftsparks22 Seit Ende des 20. Jahrhunderts gibt es Überlegungen, den ehemaligen Landschaftspark als städtisches Naherholungsziel zu nutzen. Es liegen verschiedene Gutachten und Studien vor und 2006 wurde ein Symposium über den Englischen Garten der Gebrüder Krämer auf der Alten Schmelz abgehalten. Der Saarpfalzkreis hat 2013 das LEADER-Projekt „historische Gärten in der Saarpfalz und an der oberen Saar“ in der Biosphäre Bliesgau durchgeführt. Übergeordnetes Ziel war es, aufbauend auf einer umfassenden Bestandsaufnahme ausgewählte historische Gärten gemeinsam touristisch zu vermarkten und Hinweise zur Weiterentwicklung oder Umgestaltung dieser Gartenlandschaften im Bliesgau zu formulieren. eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ab, sondern schlagen vor, anhand der heute noch vorhandenen Relikte das Prinzip des ehemaligen Englischen Gartenplans nachvollziehbar zu machen. Als Chance wird gesehen, die Direktorenvillen als „unbequeme Denkmale“ in dieses Gartenkonzept zu integrieren. Zentrale Maßnahmen zur Revitalisierung des Landschaftsparks wurden von den Verfassern in Form von Themen- und Maßnahmenkarten aufbereitet (siehe Abb. 11, folgende Seite). Zum weiteren Umgang mit dem Landschaftspark siehe Kap. 4.5.3. Als Strategie wurde vorgeschlagen, eine gemeinsame Verwaltung der individuellen Mustergärten einzurichten, örtliche Betriebe in den Garten-/ Parkbetrieb zu integrieren und in einem Gesamtkonzept Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten und abzustimmen. Das Konzept umfasst Maßnahmenvorschläge, die sich auf die Dokumentation der Gärten und die touristische Entwicklung beziehen. Eine konkrete Umsetzung der Maßnahmen steht bislang aus. Der Englische Garten der Gebrüder Krämer am Eisenwerk „Alte Schmelz“ in St. Ingbert war einer der zehn untersuchten Gärten. In einer StärkenSchwächen-Analyse werden Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel einer konzeptionellen Weiterentwicklung des heute noch verbliebenen Teils des Parks im Rahmen der Gesamterschließung des Ensembles Alte Schmelz zusammengestellt. Dabei zielen die Autoren nicht unbedingt auf Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 29 Abbildung 11: Quelle: Junker-Mielke, Stella: Der Englische Garten der Gebrüder Krämer am Eisenwerk „Alte Schmelz“ in St. Ingbert. Gartenhistorische Bestandsaufnahme im Auftrag des Staatlichen Konservatoramtes des Saarlandes, 2004 Seite 30 Städtebauliches Entwicklungskonzept .DUWH 6WlGWHEDXOLFKHV(QWZLFNOXQJVNRQ]HSW 6R]LDOH,QIUDVWUXNWXU)UHL]HLWXQG.XOWXUHLQULFKWXQJHQLQ6W,QJEHUW0LWWH Die Stadt St. Ingbert hat 2006 als Grundlage für Maßnahmen der Städtebauförderung im Rahmen des Programms „Stadtumbau West“ ein Städtebauliches Entwicklungskonzept aufgestellt und zuletzt 2011 fortgeschrieben.23 Das Konzept basiert auf einer umfassenden Bestandsanalyse der sozioökonomischen Rahmenbedingungen, der sozialen und kulturellen Infrastruktur und der städtebaulichen Situation sowie einem Leitbild, das die Stadtverwaltung für die Stadt St. Ingbert erarbeitet hat. Aufbauend auf einer Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der analysierten Handlungsfelder wurden Ziele der Stadtentwicklung aufgestellt und daraus Handlungsansätze hergeleitet. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme zeigen eine Häufung von Folgen des wirtschaftlichen und demografischen Strukturwandels in begrenzten Bereichen des Stadtgebiets. Als „Stadtumbaugebiete mit vorrangigem Handlungsbedarf“ wurden die Baumwollspinnerei und die Alte Schmelz definiert. Die Gebiete zeichnen sich durch eine hohe Problemdichte aufgrund erheblicher funktionaler und struktureller Mängel in den Aspekten Bevölkerung, Wirtschaft, Städtebau, Wohnungswesen aus. Sie wurden als Stadtumbaugebiete ausgewiesen, in denen Maßnahmen und Mittel innerhalb der nächsten 10 Jahre vorrangig konzentriert werden sollten. Die Vorgehensweise in den Stadtumbaugebieten wird in gesonderten teilräumlichen Konzepten beschrieben und begründet.24 Für die Baumwollspinnerei wurde 2011 ein Teilräumliches Konzept erstellt und 2014 fortgeschrieben.25 Für die Alte Schmelz liegt ein Konzept von 2002 vor.26 Aufgrund geänderter Rahmenbedingungen (u.a. Verlagerung in das Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“) wurde 2015 die vorliegende Neufassung des Konzepts für den Bereich Alte Schmelz erforderlich. 0LWWHOVWDGW6W,QJEHUW 6WlGWHEDXOLFKHV (QWZLFNOXQJVNRQ]HSW )RUWVFKUHLEXQJ 9RUOlXILJH(QGIDVVXQJYRP YRUJHOHJWYRQ Abbildung 12: Städtebauliches Entwicklungskonzept - Fortschreibung 2011. Quelle: isoplan Abbildung 13: Baumwollspinnerei St. Ingbert. Quelle: isoplan Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 31 Flächennutzungsplan der Stadt St. Ingbert Bebauungsplan 1008-II „Alte Schmelz“ Der gültige Flächennutzungsplan der Stadt St. Ingbert aus dem Jahr 1979 zeigt drei Flächennutzungen im Untersuchungsgebiet (rot gestrichelte Grenze, siehe Ausschnitt in Abbildung 14). Der industriell bzw. gewerblich genutzte Bereich sowie die Wohnbebauung der Alten Schmelz und an der Nordseite der Saarbrücker Straße sind als „Gewerbliche Bauflächen“ und zugleich als „Flächen für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen“ gekennzeichnet. Der Englische Landschaftsgarten ist als „Fläche für die Forstwirtschaft“ ausgewiesen, wobei der westliche Teil zu einem Landschaftsschutzgebiet gehört (grün gestrichelte Grenze). Nördlich der Wohnbebauung ist eine Grünfläche ausgewiesen. Das Herrenhaus ist als Baudenkmal gekennzeichnet und westlich des Drahtwerks ist ein markanter Baum eingezeichnet. Für den zentralen Teil des Untersuchungsgebiets mit dem denkmalgeschützten Ensemble der Alten Schmelz liegt ein Bebauungsplan von 2001 vor, der die zulässigen baulichen Nutzungen festlegt. Die Festlegungen des Bebauungsplans sehen im Wesentlichen eine Vierteilung des Bereichs vor, der die enge, historisch gewachsene Nähe zwischen industriell-gewerblicher Nutzung, Wohnnutzung und Erholungsflächen widerspiegelt (siehe Abbildung 15). Der Bebauungsplan weist den Bereich der Wohngebäude nördlich der Straße „Alte Schmelz“ als allgemeines Wohngebiet (WA) aus, die Gebäude im westlichen Teil zwischen der Werkstraße und der Straße „Alte Schmelz“ als Mischgebiet (MI) und im östlichen Teil als Gewerbegebiet (GE) bzw. als Fläche für Versorgungsanlagen. Südlich schließt sich eine große überwiegend heute noch gewerblich genutzte Fläche an, die als Gewerbegebiet ausgewiesen ist. Diese wird im Zentrum durch die Parkanlage des Herrenhauses unterbrochen, die als private Grünfläche ausgewiesen ist. Die mit Wohngebäuden bestandenen Flächen südlich des Drahtwerks und den Firmen Meiser und Brück entlang der Saarbrücker Straße sind als Mischgebiete ausgewiesen. Die Gebietsinterne Erschließung ist über Geh- und Fahrrechte gesichert. Öffentliche Straßenverkehrsflächen finden sich am südlichen und nördlichen Rand des Kernbereichs der Alten Schmelz sowie im Bereich der Siedlung. Abbildung 14: Flächennutzungsplan der Stadt St. Ingbert (Ausschnitt). Quelle: Stadt St. Ingbert Seite 32 Abbildung 15: Bebauungsplan 1008-II „Alte Schmelz“. Quelle: Stadt St. Ingbert Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 33 Sanierungsgebiet „Alte Schmelz“ MINT-Campus Alte Schmelz Im Untersuchungsgebiet wurde 1993 das Sanierungsgebiet „Drahtwerk St. Ingbert“ förmlich festgelegt und am 9.3.1994 öffentlich bekannt gemacht. Grundlage war eine Vorbereitende Untersuchung des Büros AGSTA aus Völklingen. Im Februar 2014 hat sich der Verein „MINT-Campus Alte Schmelz e.V.“ in St. Ingbert gegründet. Gründungsmitglieder sind die Initiative Alte Schmelz, die Stadt St. Ingbert, der Saarpfalz-Kreis, die saarländischen Hochschulen sowie in der Region ansässige Industriebetriebe, Forschungseinrichtungen und IT-Unternehmen. Die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik stehen hierbei für ein Fächerspektrum, das von zentraler Bedeutung für die Entwicklung des Saarlandes ist. 2003 wurde die Aufhebung des Sanierungsgebiets für den Bereich des seit 2001 bestehenden rechtskräftigen Bebauungsplanes „1008 II Kulturpark Alte Schmelz“ beschlossen und öffentlich bekannt gegeben. Im Oktober 2005 wurde die Aufhebung des restlichen Sanierungsgebiets (das Gelände der Drahtwerk GmbH) im Stadtrat beschlossen und veröffentlicht. In beiden Fällen wurden keine Ausgleichsbeiträge erhoben, da weder Mittel aus dem S+E Programm eingesetzt, noch sonstige öffentlich geförderte Maßnahmen in diesem Bereich durchgeführt wurden. Die Aufhebung der kompletten Sanierungssatzung „Drahtwerk St. Ingbert“ wurde am 16.11.2005 in der Saarbrücker Zeitung öffentlich bekannt gemacht. Zwischenzeitlich haben sich neue Nutzungsmöglichkeiten für Teile der seit langem leer stehenden Gebäude des Ensembles herauskristallisiert. Um eine Sanierung und Wiedernutzung zu unterstützen, hat sich die erneute Ausweisung der betroffenen Teile des Bereichs Alte Schmelz als Sanierungsgebiet als zweckdienlich herausgestellt. Zu diesem Zweck hat der Stadtrat der Stadt St. Ingbert in seiner Sitzung am 18. März 2015 den Beschluss gefasst, für das Gebiet der Alten Schmelz vorbereitende Untersuchungen gem. § 141 BauGB einzuleiten. Das vorliegende Entwicklungskonzept umfasst die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen. Das Untersuchungsgebiet wurde, wie in Kapitel 1.3 dargestellt, abgegrenzt. Seite 34 Zweck des Vereins ist die Förderung von Erziehung, Volks- und Berufsbildung sowie Wissenschaft und Forschung. Dieser Zweck wird insbesondere verwirklicht durch die naturwissenschaftlich-technische Bildung vornehmlich junger Menschen aus St. Ingbert und dem Saarpfalz-Kreis. Dazu fördert, koordiniert und bündelt der Verein für diesen Zweck geeignete Aktivitäten am Standort Alte Schmelz.27 Zwar gibt es einzelne Bausteine des Gesamtkonzeptes wie z.B. ein Schülerforschungszentrum bereits mehrfach (auch im Saarland). Eine dem hier geplanten Konzept vergleichbare Einrichtung in Ihrer Gesamtheit ist in deutschlandweit allerdings wegweisend. Alleinstellungsmerkmal des MINT-Campus Alte Schmelz in St. Ingbert wird sein, dass hier ein bildungsorientiertes Schülerforschungszentrum einerseits und eine handwerklich-technisch ausgerichtete Schülerwerkstatt andererseits in einem ehemals industriell genutzten, einzigartiegn und denkmalgeschützen Gebäudeensemble vereint werden. Diese sollen durch museale Elemente ergänzt werden, die den Bezug zwischen Naturwissenschaft und Technik einerseits und dem historischen Industriestandort mit seiner technikund sozialgeschichtlichen Bedeutung andererseits für Besucher aller Alters- und Bildungsschichten darstellen sollen. (Details zu den Alleinstel- lungsmerkmalen des MINT-Campus Alte Schmelz siehe Kap. 4.3 und Anhang 2). Ein vergleichbarer Campus wurde in ähnlicher Form in Deutschland bisher nur in Dachau realisiert. Der dortige MINT-Campus wurde im Juli 2015 eröffnet.28 Die Etablierung eines MINT-Campus Alte Schmelz in St. Ingbert kann demnach als hochaktuell und richtungsweisend für die Entwicklung des Areals sowie der gesamten Region gelten. Es kann hierdurch ein wertvoller Beitrag zum weiteren Aufbau eines regionalen Bildungsnetzwerks für nachhaltige Entwicklung unter Beteiligung von Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Kommunen, Firmen und privatgesellschaftlichen Akteuren geleistet werden. Historisch bedeutsame Gebäude stehen derzeit auf dem Gelände der Alten Schmelz, teils genutzt, aber teils auch ungenutzt. Abbildung 16 zeigt exemplarisch, wie der MINT-Campus Alte Schmelz in Zukunft aussehen könnte. Abbildung 16: Vision Alte Schmelz. Quelle: MINT-Campus Alte Schmelz e.V. Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 35 3.2 Die Alte Schmelz im überörtlichen Zusammenhang Die Stadt St. Ingbert liegt in zentraler Lage im Saarland. Durch die unmittelbare räumliche Nähe zur wenige Kilometer entfernten Landeshauptstadt Saarbrücken sowie zu den Mittelzentren Neunkirchen und Homburg ist St. Ingbert direkt mit den drei größten Kommunen des Saarlandes verbunden. Gleichzeitig ist St. Ingbert durch seine Lage an der Achse Saarbrücken – Homburg, der sowohl in verkehrlicher als auch ökonomischer Sicht wesentliche Bedeutung für das gesamte Saarland zukommt, ein wichtiger Wohn- und Arbeitsstandort. Auch über die regionale Betrachtungsebene hinaus ergibt sich durch die Nähe Frankreichs im Südwesten sowie den Ballungsraum Rhein-Main im Osten eine wichtige Verbindungsfunktion dieser Achse. Auf lokaler Betrachtungsebene bildet die Alte Schmelz den südwestlichen Abschluss der Kernstadt St. Ingberts und ist in östlicher Richtung unmittelbar an die innerstädtischen Bereiche St. Ingberts angebunden. Seite 36 3.2.1 Verkehr In der direkten Umgebung der Alten Schmelz befindet sich der Bahnhof St. Ingbert mit Direktanbindung an die Oberzentren Saarbrücken und Kaiserslautern sowie den Knotenpunkt Mannheim. Mit dem Hauptbahnhof/ Eurobahnhof Saarbrücken besteht in 10 Kilometer Entfernung eine sehr gute Anbindung an den internationalen Fernverkehr. Auch der nahe gelegene Flughafen Saarbrücken Ensheim als internationaler Verkehrsflughafen unterstreicht die verkehrsgünstige Lage St. Ingberts sowohl innerhalb des Saarlandes als auch der Großregion. Durch die Lage an der B40 Saarbrücker Straße, welche die Verbindungsachse Saarbrücken – Homburg darstellt, sowie die unmittelbare Anbindung St. Ingberts an der Autobahn A6 Paris-Mannheim mit den drei Anschlussstellen West, Mitte und Rohrbach sind sowohl die Alte Schmelz als auch die Gesamtstadt sehr gut an das überregionale Straßennetz angebunden. Abbildung 17: Verkehrliche Einbindung und Entfernungen. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 37 3.2.2 Bildungsstandort St. Ingbert verfügt als Mittelzentrum mit Bedeutungsüberschuss gegenüber den umgebenden Grundzentren über eine sehr gut ausgebaute Bildungsinfrastruktur. Neben insgesamt fünf Grundschulen befinden sich drei Gymnasien sowie drei Realschulen/erweiterte Realschulen im Stadtgebiet. Ergänzt wird das Angebot an weiterführenden Schulen durch ein Berufsbildungszentrum in unmittelbarer Nähe zum Untersuchungsgebiet sowie einen Standort der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW) mit einem Zweig der Fakultät Wirtschaftswissenschaften. Ebenfalls am Standort St. Ingbert hat sich das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik angesiedelt, wodurch die Forschungslandschaft vom nahgelegenen Campus der Universität des Saarlandes mit seiner Vielzahl an Instituten und Forschungseinrichtungen bis nach St. Ingbert erweitert wird. Insgesamt ist die Nähe des Stadtgebiets zur Universität des Saarlandes sowie der weiteren Hochschulstandorte in Saarbrücken und Homburg als sehr hohes Potential einzustufen. Ein in diesem Zusammenhang wesentliches Projekt ist im saarländischen Schülerlaborverbund „SaarLab“ zu sehen, durch welches saarländischen SchülerInnen naturwissenschaftliche und technische Inhalte näher gebracht werden und das Interesse an einem Studium oder einer Ausbildung in diesem Bereich geweckt werden soll. Besagtes Netzwerk umfasst aktuell „9 Schülerlabore sowie ein mobiles Angebot an der Universität des Saarlandes, 2 Schülerlabore an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und 1 Schülerforschungszentrum im Landkreis Merzig/Wadern!“29 Neben weiteren im Aufbau befindlichen Projekten soll auch der MINT-Campus auf dem Gelände der Alten Schmelz in dieses Netzwerk eingebunden werden und zu einem zentralen Baustein des „SaarLabs“ werden. Seite 38 3.2.3 Wirtschaftsstandort Das Saarland als bedeutender Industrie- und Wirtschafsstandort befindet sich seit dem Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie in einem tiefgreifenden Umbruch. Dieser Strukturwandel ist auch in St. Ingbert deutlich erkenn- und spürbar. Einerseits verfügt die Stadt nach wie vor über eine Vielzahl an Flächenpotentialen, die sich insbesondere aus der Stilllegung großflächiger Werks- und Produktionsanlagen der Stahl- und Glasindustrie ergeben. Gleichzeitig ist an vielen Stellen der Wandel zum Technologie- und Dienstleistungsstandort bereits sehr gut gelungen und es konnten auch weiterhin Betriebe des produzierenden Gewerbes am Standort gehalten oder zur Neuansiedlung gebracht werden. Neben einer Vielzahl Klein- und Mittelständischer Betriebe aus dem Technologie und Dienstleistungsbereich sind somit auch große Firmen wie die Drahtwerk St. Ingbert GmbH oder die Unternehmensgruppe FESTO aus dem Bereich Automatisierungstechnik vor Ort vertreten. Um die Rolle St. Ingberts als Wirtschaftsstandort zu stärken und dabei sowohl die Gründerszene zu beflügeln als auch die etablierten Unternehmen am Standort zu halten, kann auch die angestrebte Etablierung des MINT-Campus im Bereich der Alten Schmelz einen wertvollen Beitrag leisten. Legende Abbildung 18: Bildungs- und Unternehmensstandorte regional (Auswahl). Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung Illingen Villeroy+Boch Mettlach TU Kaiserslautern Schiffweiler InnoZ SchülerZukunftsZentrum Merzig-Wadern Heusweiler Quierschied Dillinger Hütte FORD Saarlouis Püttlingen Völklingen Saarstahl Riegelsberg Treofan Bexbach Dudweiler Spiesen-Elversberg Alte Schmelz Bosch MINT-Campus Alte Schmelz SAP Drahtwerk St. Ingbert Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik Leibniz Institut für neue Materialien Fraunhofer-Institut Max-Planck-Institute für DFKI - Deutsches Forschungszentrum Informatik und Softwaresysteme für künstliche Intelligenz Universität des Steinbeis- Forschungszentrum Material Saarlandes Engineering Siemens Saarbrücken Ÿ NanoBio Lab Ÿ EnerTec Schülerlabor - Erneuerbare Energien IT-Park Saarland Ÿ GOFEX - Grundschullabor für offenes Experimentieren Ÿ Schüler-Umweltlabor HTW Industriegebiet Ÿ sam - Schülerlabor Advanced Materials Hochschule für Technik und Ÿ Saarterrassen Mach-mit-Labor - Biochemie Wirtschaft Ÿ SinnTec Schülerlabor - Mechatronik Ÿ CFN - Centrum für Nanoanalytik Ÿ Mitmach-Labor Ÿ Lab in a Box - Physik Bioverfahrenstechnik Ÿ Saline - Energie-Schülerlabor Bosch Michelin Homburg Bosch Karlsberg UniversitätsKoMM-X Kompetenzzentrum klinikum Homburg Molekulare Medizin St. Ingbert ZF Friedrichshafen AG Forbach Neunkirchen Saarland FESTO Kirkel Zweibrücken Blieskastel Flughafen Saarbrücken RheinlandPfalz Frankreich Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 39 3.2.4 Grün Das Stadtgebiet St. Ingberts ist in den westlichen Ausläufern des Pfälzer Waldes in der St. Ingberter Senke gelegen. Ein Großteil des Stadtgebiets besteht aufgrund dieser naturräumlichen Lage aus Waldflächen. Diese Waldflächen ziehen sich mit dem ehemaligen Landschaftspark auch als großer zusammenhängender Grünzug in den Bereich der Alten Schmelz, der unmittelbar an den Naturraum des Saarkohlewalds angrenzt. Darüber hinaus ist St. Ingbert Teil und nördlicher Abschluss des Biosphärenreservats Bliesgau. Durchflossen wird St. Ingbert und auch das Areal der Alten Schmelz durch den Rohrbach, der südlich von St. Ingbert in die Saar mündet. 3.2.5 Kultur und Tourismus Die kulturellen und touristischen Angebote St. Ingberts sind in ein vielfältiges und lebendiges Kultur- und Freizeitangebot der gesamten Region eingebunden, das insbesondere durch die Vielzahl an Industriedenkmälern und kulturellen Einrichtungen zur Inszenierung und Erlebbarmachung der einzigartigen Bergbau- und Industriegeschichte des Saarlands geprägt ist. Gleichzeitig tragen die Nähe zu Saarbrücken mit seinen überregional bedeutsamen Kultureinrichtungen, die attraktiven Naturräume des Saarkohlenwalds und des Biosphärenreservats Bliesgau sowie die Nähe zu Frankreich mit seinen touristischen Highlights zur Attraktivität der Region bei. St. Ingbert ist sehr gut an das überregionale Radwegenetz angebunden, beispielsweise als Teil des grenzüberschreitenden Radwegenetzes „Velo Vis-a-Vis“ und der damit verbundenen direkten Anbindung an den SaarSeite 40 Radweg. Für Mountainbiker besteht in Form der rund um St. Ingbert führenden Tour „die PUR“ ein hochwertiges Angebot. Neben einer lebendigen Innenstadt mit historischen Baudenkmälern wie dem Beckerturm und der Kirche St. Joseph, Naturdenkmälern und Freizeiteinrichtungen zeichnet sich St. Ingbert durch eine überregional bekannte Jazz- und Kleinkunstszene aus. So wird jährlich mit der „St. Ingberter Pfanne“ einer der wichtigsten Kleinkunstpreise Deutschlands im Rahmen eines einwöchigen Festivals verliehen. Ebenfalls findet in der Stadthalle jährlich ein Jazz-Festival statt, dem aufgrund der dort auftretenden internationalen Künstler überregionale Bedeutung zukommt. Weitere zentrale Veranstaltungen sind die Saar-Lor-Lux- Tourismusbörse zur touristischen Vermarktung der Großregion, regelmäßigen Theaterveranstaltungen sowie die Ingobertusmesse, eine Verbrauchermesse von regionaler Bedeutung. Der Ausbau der ehemaligen Baumwollspinnerei als Bildungs-, Kulturund Kunststandort in wenigen hundert Metern Entfernung zur Alten Schmelz wird in naher Zukunft einen wichtigen kulturellen Baustein für St. Ingbert darstellen. Der Alten Schmelz kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle zu. Hier tragen das Eventhaus mit seinem Clubbetrieb und regelmäßigen Sonderveranstaltungen sowie die Industriekathedrale als attraktives und überregional bekanntes Veranstaltungszentrum wesentlich zum kulturellen Leben in St. Ingbert bei. Diese Rolle der Alten Schmelz gilt es auch für die Zukunft zu sichern und zu stärken. Legende Abbildung 19: Kultur- und Tourismusstandort Saarland. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung Stausee Losheim Bostalsee / „Sunpark“ Illingen Villeroy+Boch Mettlach Schiffweiler Neunkirchen Bergbaustandort Landsweiler-Reden Urzeitpark „GONDWANA“ Quierschied d al nw le h ko ar Brennender Berg Püttlingen “ ers -F Feu d D des erbun e raß sv „St seum Mu St. Ingbert Freizeitbad Innenstadt Beckerturm Stadthalle Alte Schmelz Alte Baumwollspinnerei EventIndustriehaus kathedrale -Rad weg Bürgerpark Kirkel Großer Stiefel Velo Vis a Vis Radweg Zweibrücken Blieskastel Biosphärenreservat Bliesgau RheinlandPfalz g we ad -R ar Fran kreic h Sa e zu Kongresszentrum Innenstadt Staatstheater Zoo LudwigsSaarlandMuseum kirche Staden Schloss Saarland Glashütter Weiher Rentrisch eP UR Saarbrücken Saar Näh Ve lo -T ra R Vis a ns ad V ve w is rs eg al e di Dudweiler DeutschFranzösischerGarten Forbach UR eP di Besucherbergwerk Kirche St. Josef Völklingen Homburg Spiesen-Elversberg Sa Riegelsberg Weltkulturerbe Völklinger Hütte Bergbaumuseum Bexbach Innenstadt Heusweiler Vel oV is Rad a Vis weg Bexbach Innenstadt Hüttenareal Neunkirchen Frankreich Saarland Therme Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 41 3.3 Gesamtstädtische Rahmenbedingungen 3.3.1 Steckbrief der Mittelstadt St. Ingbert Indikator Einheit Jahr 2000 Veränderung 2007 2013 2000-2007 2007-2013 Demografie Bevölkerungsstand (31.12.) Einwohner Fläche km² Bevölkerungsdichte Einw./km² 39.971 37.939 36.254 -5,1% 50,0 50,0 50,0 0,0% -4,4% 0,0% 800,2 759,2 725,7 -5,1% -4,4% -15,3% Anteil Personen unter 20 Jahren % 19,2 16,8 14,2 -12,8% Anteil Personen zwischen 20 und 65 % 60,6 60,2 63,4 -0,6% 5,3% Anteil Personen ab 65 Jahre % 20,2 23,0 22,4 14,0% -2,7% Ausländeranteil % 6,9 6,7 6,3 -2,9% -6,0% Natürliche Bevölkerungsbewegung (Saldo) % -0,33 -0,45 -0,52 36,1% 16,7% Wanderungssaldo % -0,05 -0,08 -0,51 37,7% 681,4% Bildungswesen allgemeinbildende Schulen Anzahl 20 11 13 -45,0% 18,2% Schüler/innen Anzahl 5.184 4.521 3.700 -12,8% -18,2% Wirtschaft und Beschäftigung SVB am Arbeitsort je 100 Einwohner 38,5 41,1 43,4 6,8% 5,8% davon in der Land- und Forstwirtschaft SVB/100E % 0,4 0,4 0,1 4,9% -79,1% davon im produzierenden Gewerbe % 47,8 44,9 46,6 -6,2% 3,9% davon im Handel, Gastgewerbe, Verkehr % 19,9 19,0 19,0 -4,4% 0,0% davon in sonstigen Dienstleistungen % 31,9 35,7 34,3 11,9% -3,9% Gewerbeanmeldungen Anzahl 284 223 352 -21,5% 57,8% Gewerbeabmeldungen Anzahl 265 206 316 -22,3% 53,4% Wohnungsbestand insgesamt Anzahl 19.060 19.443 18.714 2,0% -3,7% Fertiggestellte Wohnungen insgesamt Anzahl 87 42 35 -51,7% -16,7% davon in neu errichteten Ein- u. Zweifamilienhäusern Anzahl 53 31 31 -41,5% 0,0% Wohnungswesen Öffentliche Finanzen Gemeindesteuern € je Einw. 651 1.211 1394 86,0% 15,1% Schlüsselzuweisungen 1.000 € 6.013 2.243 1.270 -62,7% -43,4% städtische Personalausgaben 1.000 € 16.391 17.590 17.689 7,3% 0,6% städtische Bauinvestitionen 1.000 € 4.490 6.355 346 41,5% -94,6% Schuldenstand je Einwohner € je Einw. 629 547 776 -13,0% 41,9% Abbildung 20: Steckbrief St. Ingbert. Quelle: Statistisches Amt Saarland Seite 42 3.3.2 Historische Siedlungsentwicklung Die heutige Struktur und Organisation der ländlichen Siedlungen des Saarlandes kann bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden verlassene und verwüstete Dörfer auf Initiative der Landesherren wieder besiedelt. Das merkantilistische Wirtschaftsdenken der absolutistischen Herrscher führt zu Beginn des 18. Jahrhunderts zur Gründung gewerblicher Siedlungen um Glashütten und Eisenschmelzen.30 Auslöser der Industrialisierung in St. Ingbert waren bereits Anfang des 18. Jahrhunderts bekannte Eisenerzvorkommen bei St. Ingbert, der Waldreichtum der Umgebung und Wasser als Antriebskraft. Da Rohstoffe und Brennmaterialien nicht weit transportiert werden konnten, wurde der noch heute genutzte Standort am Rohrbach, westlich des Ortskerns St. Ingbert für das erste Eisenwerk gewählt. 1732 erteilte der Landesherr dem Gründer des St. Ingberter Eisenwerks das Nutzungsrecht für das benötigte Land, und 1733 nahm das erste Eisenwerk seinen Betrieb auf.31 Auch wenn Kohle und Koks später Holzkohle und Wasserkraft im Verhüttungsprozess und als Energielieferant ablösten und Transportkosten eine immer geringere Rolle bei der Standortwahl neuer Industriebetriebe spielten, blieb der Werksstandort bis heute erhalten, nicht zuletzt wegen der verkehrsgünstigen Lage im Rohrbachtal. Anfangs lebten die wenigen Arbeiter des St. Ingberter Eisenwerks in provisorischen Behausungen in der Nähe des Werks. 1771 wurden die ersten Arbeiterhäuser errichtet. Die ältesten bis heute erhaltenen Häuser der Werkssiedlung auf der Alten Schmelz wurden im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in unmittelbarer Nähe des Werks und des Herrenhauses gebaut. Neben den Arbeiterhäusern entstanden Meisterhäuser mit, der sozialen Stellung entsprechenden, größeren Wohnungen. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde die Wohnsiedlung ausgedehnt und das Schlafhaus für auswärtige Arbeiter errichtet. 1913 besaß das Eisenwerk 129 Wohnungen für Arbeiter, Meister und Angestellte.32 In den Wirtschaftswunderjahren nach dem zweiten Weltkrieg zogen zunehmend italienische und türkische Arbeiter in die Werkssiedlung, sie stellten 1994 bei der Gründung der Genossenschaft fast die Hälfte der Bewohner. Die Werkssiedlung war durch das Eisenwerk von der übrigen Stadt getrennt. Lange Zeit galt sie bei den Sankt Ingbertern als minderwertiges Wohngebiet. Erst als sich in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Bewohner gegen einen Ausverkauf ihrer Wohnungen wehrten und unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit die Wohnungsbaugenossenschaft Alte Schmelz gegründet wurde, begann sich das Image zu wandeln. Nach der umfassenden, denkmalgerechten Sanierung und Modernisierung der Wohnungen werden diese, wenn sie auf den Markt kommen, in der Regel rasch wieder vermietet. Abbildung 21: Arbeiter vor der Mechanischen Werkstatt im Ersten Weltkrieg. Quelle: Stadtarchiv St. Ingbert 3.3.3 Demografische Entwicklung Die Einwohnerzahl in der Mittelstadt St. Ingbert erreichte 1995 mit 41.035 ihren vorläufigen Höhepunkt, seither ist sie deutlich rückläufig. Am 30.09.2014 hatte St. Ingbert 36.139 Einwohner, das ist ein Rückgang von rund 250 Einwohnern pro Jahr oder insgesamt 11,7% gegenüber 1995. Die Einwohnerzahl von St. Ingbert hat sich im Vergleich zum Saarpfalz-Kreis und dem Saarland in den letzten 35 Jahren negativ entwickelt. Bevölkerungsverluste fielen in St. Ingbert jeweils höher und Zuwanderungen in den 90er Jahren niedriger aus als aus im Kreis- und Landesmittel.33 Hauptursache der ungünstigen Bevölkerungsentwicklung in St. Ingbert ist das anhaltende, überdurchschnittlich hohe Geburtendefizit. Hinzu kommen Wanderungsverluste, die seit 1996 nur in einzelnen Jahren von positiven Salden unterbrochen wurden. Im Jahr 2013 standen 500 Sterbefällen nur 238 Lebendgeburten gegenüber.34 Abbildung 22: Bevölkerungsentwicklung in St. Ingbert im Vergleich. Quelle: Statistisches Amt Saarland, Stand: jeweils 31.12. des Jahres (2014: 30.9.) Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 43 Während die Sterbefälle im Beobachtungszeitraum mit knapp 500 pro Jahr annähernd konstant geblieben sind, ist die Geburtenzahl in St. Ingbert von über 350 Mitte der 90er Jahre kontinuierlich auf unter 250 zurückgegangen. Abbildung 23: Altersstruktur Stadt St. Ingbert, Stand: 31.12.2014 Quelle: Stadt St. Ingbert Seite 44 Aufgrund dieser Entwicklung wird die Einwohnerzahl St. Ingberts bis 2030 ohne Berücksichtigung von Wanderungen auf rund 31.890 zurückgehen. Die Altersstruktur wird sich deutlich zugunsten der älteren Jahrgänge verändern (siehe Abb. 24). Abbildung 24: Altersstruktur Stadt St. Ingbert 2030. Quelle: Bevölkerungsvorausberechnung isoplan- Marktforschung 3.3.4 Wirtschaftsstruktur St. Ingbert war lange Zeit ein industrieller Schwerpunkt im saarländischen Industriegürtel. Seit dem frühen 17. Jahrhundert wurde im Nordteil der Gemarkung Steinkohle abgebaut. Vorkommen von rotem Toneisenstein führten im 18. Jahrhundert zur Gründung eines Eisenwerks, der „Schmelz“. Ebenfalls im 18. Jahrhundert wurde eine Glashütte in St. Ingbert erbaut, die vor dem 1. Weltkrieg auf einen Standort südöstlich der Stadtmitte verlagert wurde. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich am Westrand der St. Ingberter Altstadt ein Zentrum der eisenverarbeitenden Industrie, welches die Tradition der alten „Schmelz“ fortsetzte. hat. Der Anteil der Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe ist zwar deutlich gesunken, dennoch hat das Produzierende Gewerbe mit 47 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in St. Ingbert heute noch einen deutlich höheren Stellenwert als im landesweiten Vergleich (Saarland: 34 %). Diese Struktur wird noch deutlicher bei einer Analyse der SVB pro 1.000 Einwohner nach Wirtschaftsabteilungen im Vergleich zum Saarpfalzkreis und dem Saarland: 2014 kamen in St. Ingbert 213 SVB im Produzierenden Gewerbe auf 1.000 Einwohner, im landesweiten Mittel gerade 127.35 Nach dem 2. Weltkrieg wurde St. Ingbert von einem tiefgreifenden Strukturwandel erfasst. 1959 wurde der Kohlebergbau komplett eingestellt. Eisen- und Stahlverarbeitung wurden im Bereich der Alten Schmelz fortgeführt. 1996 wurde die Produktion im Drahtwerk Nord eingestellt. Heute arbeiten im modernisierten Drahtwerk St. Ingbert (DWI), einer Tochter der Saarstahl AG, noch rund 185 Beschäftigte auf dem Gelände des Drahtwerks Süd. Als Folge des Strukturwandels sind am Rande des Stadtteils St. IngbertMitte zahlreiche Industriebrachen entstanden, deren Revitalisierung mittlerweile Erfolge zeigen. Sowohl im produzierenden Gewerbe (Kfz-Zulieferer, Regelungstechnik), als auch im Bereich der sachbezogenen Dienstleistungen (Informationstechnologie), personenbezogene Dienstleistungen (Gesundheits-, Veterinär-, Sozialwesen) und im Forschungsund Bildungssektor (Biomedizin, Wirtschaftswissenschaften, Elektronik) konnten in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen werden. So kann St. Ingbert heute als moderne Industrie- und Dienstleistungsstadt charakterisiert werden, die einen intensiven Strukturwandel erlebt Abbildung 25: Sozialversicherungspflichtig Versicherte nach Wirtschaftsabschnitten im Vergleich. Quelle: Statistisches Amt Saarland, Stand: 30.06.2014 Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 45 3.4 Die Alte Schmelz im Detail 3.4.1 Lage im Stadtgebiet Wie sich bereits im Rahmen der überörtlichen Einordnung deutlich gezeigt hat, kommt dem Areal der Alten Schmelz gemäß seiner Lage, seiner verkehrlichen Anbindung, der vorhandenen Nutzungen sowie seiner naturräumlichen Einbindung eine wichtige Rolle für die Stadt St. Ingbert zu. Während östlich die innerstädtischen Bereiche mit den für die Mittelstadt St. Ingbert zentralen Institutionen, Verwaltungseinrichtungen, Einzelhandelsschwerpunkten etc. anschließen, befindet sich mit dem Konversionsareal Drahtwerk Nord ein Schwerpunktbereich der Stadtentwicklung, der die Zukunft St. Ingberts als Arbeitsstandort maßgeblich beeinflussen wird, in unmittelbarer räumlicher Nähe. Aktuell kommen der Alten Schmelz drei wesentliche Rollen zu. Zum einen die Rolle als innenstadtnaher Wohnstandort mit einer Mischung aus Genossenschaftswohnen im Bereich der ehemaligen Arbeitersiedlung und Ein- und Mehrfamilienhauswohnen entlang der Saarbrücker Straße. Gleichzeitig ist das weiter gefasste Areal durch das Drahtwerk St. Ingbert sowie die weiteren Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe nach wie vor ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsstandort, der zusammen mit dem nördlich angrenzenden Gewerbegebiet Dudweilerstraße/Schlackenberg sowie dem nordöstlich angrenzenden Areal des Drahtwerks Nord einen Schwerpunkt der Gewerbeentwicklung in St. Ingbert darstellt. Drittens kommt der Alten Schmelz Bedeutung als Kulturstandort von überregionaler Bedeutung zu. Zusammen mit der Stadthalle und der Alten Baumwollspinnerei (beide in der Innenstadt) bilden Eventhaus und Industriekathedrale die Zentren des kulturellen Lebens in St. Ingbert. Gleichzeitig bilden diese Einrichtungen mit ihrer historischen Bausubstanz Bausteine des Tourismusstandorts St. Ingbert, was sich nicht zuletzt durch die Lage an der Transversale des „Velo Vis a Vis“- Radwegs mit di- Seite 46 rekter Anbindung nach Saarbrücken und den Saar-Radweg ergibt. Gleichzeitig birgt der ehemalige Landschaftspark in dieser Hinsicht große Potentiale, die sich durch die Möglichkeit zur öffentlichen Erlebbarkeit und Durchwegung ergeben würden. Für die Etablierung des geplanten MINT- Campus auf dem Areal der Alten Schmelz spricht nicht zuletzt auch die hervorragende Einbindung des Gebiets in die überörtliche und die örtliche Bildungslandschaft. So befindet sich eine Vielzahl weiterführender Schulen in unmittelbarer Nähe zur Alten Schmelz und es bieten sich vielfältige Verknüpfungsmöglichkeiten an. Legende Abbildung 26: Die Alte Schmelz im Stadtgebiet. Quelle: eigene Darstellung , Datengrundlage: eigene Erhebung Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 47 3.4.2 Eigentumsverhältnisse Das Untersuchungsgebiet ist durch eine heterogene Eigentümerstruktur geprägt. Während es sich auf diesem Areal historisch um einen Industriestandort mit angegliederter Werkssiedlung handelte, der in der Hand eines Eigentümers war, hat sich im Laufe des anhaltenden Strukturwandels und der damit einhergehenden Umbrüche auch innerhalb des Gebietes ein wesentlich differenzierteres Bild ergeben. Vor diesem Hintergrund liegt eine wesentliche Herausforderung bei der Weiterentwicklung und Umnutzung des Areals in der intensiven Kommunikation mit den Anliegern und Eigentümern. Ziel muss die gleichwertige Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessenslagen und Nutzungsansprüche sein. Bezogen auf die Wohnnutzungen innerhalb des Untersuchungsgebiets lässt sich hinsichtlich der Eigentümerstruktur eine Zweiteilung vornehmen. Während sich die Wohngebäude der ehemaligen Arbeitersiedlung Alte Schmelz im Eigentum der Wohnungsbaugenossenschaft Alte Schmelz EG befinden, ist sowohl die Wohnbebauung entlang der Saarbrücker Straße als auch das ehemalige Schlafhaus im Norden des Untersuchungsgebiets in der Hand von Privateigentümern. Ebenfalls im Eigentum eines privaten Einzeleigentümers ist die unter Denkmalschutz stehende Halle, die ausgehend vom Kreisverkehr Alleestraße den Auftakt ins Gebiet bildet. Seite 48 Das Werksareal des Drahtwerks St. Ingbert, die dazugehörigen Verwaltungsgebäude, die Direktorenvillen im Park, der Parkplatz hinter dem Laborgebäude sowie ein Großteil des Landschaftsparks sind im Eigentum der Saarstahl AG bzw. ihrer Tochterfirmen. Während die weiteren Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe des Areals jeweils im Eigentum der dort ansässigen Firmen sind, befinden sich Herrenhaus, Laborgebäude und Garagenbau mitsamt dazugehörigen Freiflächen im Eigentum der Stadt St. Ingbert. Gleiches gilt für den Straßenraum Alte Schmelz und die Freiflächen um Laborgebäude etc.. Die Industriekathedrale und das Eventhaus Alte Schmelz befinden sich im Eigentum der St. Ingberter Gewerbegeländeentwicklungs GmbH, einer kommunalen Entwicklungsgesellschaft im Eigentum der Mittelstadt St. Ingbert. Gleiches gilt für den Parkplatz an der Einfahrt Alleestraße von der Saarbrücker Straße aus. Leerstände im Gebiet konzentrieren sich im Wesentlichen auf Gebäude im Eigentum der Stadt St. Ingbert und der Wohnungsbaugenossenschaft Alte Schmelz EG. Abbildung 27: Die Alte Schmelz von Oben, Quelle: Stadt St. Ingbert Abbildung 28: Eigentümerstruktur im Untersuchungsgebiet. Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt St. Ingbert Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 49 49 3.4.3 Denkmalschutz Das Landesdenkmalamt erläutert in der Denkmalliste des Saarlandes, Teildenkmalliste Stadt St. Ingbert, dass nach dem Saarländischen Denkmalschutzgesetz von 2005 Kulturdenkmäler durch das Landesdenkmalamt nach Anhörung von Eigentümern, Kommune und Landesdenkmalrat in die Denkmalliste eingetragen werden. Die Eintragung erfolgt auf der Basis der Denkmalerkenntnis durch das Landesdenkmalamt und dient - unabhängig vom konkreten denkmalpflegerischen Umgang mit dem Objekt - zunächst ausschließlich der Feststellung der Denkmaleigenschaft.36 Die Siedlung „Alte Schmelz“ und die historischen Werksgebäude wurden 1988 in die Denkmalliste aufgenommen. Die Denkmalliste für die Stadt St. Ingbert führt den Großteil der erhaltenen Gebäude des Ensembles Alte Schmelz aus der Zeit von 1750 bis 1913 auf und umfasst sowohl die nicht mehr industriell genutzten Betriebsgebäude des ehemaligen St. Ingberter Eisenwerks, dazugehörige Wohngebäude sowie Teile der Hallen der heute noch aktiven Industriebetriebe. Seite 50 Besonders hervorzuheben ist hierbei als ältestes saarländisches Industriedenkmal die Möllerhalle von 1750 aus der Gründungszeit des Eisenwerks. Zum Ensemble denkmalgeschützter Industriegebäude gehört weiterhin das derzeit ungenutzte Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, die derzeit als Eventhalle genutzte Mechanische Werkstatt von 1907 mit Anbauten, das heute für Veranstaltungen genutzte ehemalige Magazin aus dem 19. Jahrhundert, das Technische Büro vom Anfang des 20. Jahrhunderts sowie ein Torhaus und Feuerwehrgebäude. Gegenüber der Möllerhalle bildet das ehemalige Konsum-Gebäude mit verschiedenen Folgenutzungen den nördlichen Abschluss der zentralen Freifläche, die an einen Dorfanger erinnert. Westlich schließt sich das zuletzt als Labor genutzte, nicht denkmalgeschützte Gebäude aus den 1960er Jahren, mehrere denkmalgeschützte Wohnhäuser aus dem 19. Jahrhundert sowie der ehemalige (verwilderte) Landschaftspark an. Legende Abbildung 29: Denkmalgeschützte Gebäude im Untersuchungsgebiet. Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Denkmalliste des Saarlandes; Bebauungsplan 1008-II „Alte Schmelz“ Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 51 51 3.4.4 Nutzungsstruktur Das Untersuchungsgebiet ist durch eine heterogene und stellenweise kleinteilige Nutzungsmischung geprägt. Die Nutzungen reichen von Wohnen, produzierendem Gewerbe, Dienstleistungs- und Verwaltungsnutzungen bis hin zu kulturellen Einrichtungen. Hieraus ergeben sich, neben zahlreichen Konflikten, die es zu vermindern gilt, auch Synergien und Entwicklungschancen, die identifiziert und gestärkt werden sollen. Die Nutzungskonflikte sind in Zukunft so weit wie möglich zu reduzieren. Zugleich sollen die neuen Nutzungen im Bereich der Alten Schmelz integriert werden. Der Kernbereich Alte Schmelz liegt an zentraler Stelle und ist Konzentrationspunkt unterschiedlichster Nutzungen und ihrer Raumansprüche. Dort befindet sich zum einen ein hoher Anteil denkmalgeschützter Bausubstanz in baulich teilweise sehr schlechtem Zustand und starker Unternutzung. Gleichzeitig geben Industriekathedrale und Eventhaus als Veranstaltungszentren eine zentrale Nutzung dieses Areals vor, die es weiter zu stärken gilt. Seite 52 Die kulturellen Nutzungen sind direkt umgeben von der Wohnnutzung der historischen Werksiedlung Alte Schmelz und ihrem unter Denkmalschutz stehenden Ensemble. An den Kernbereich schließt im Westen unmittelbar das gewerblich genutzte Areal des Drahtwerks St. Ingbert (DWI) an, welches die Südkante des Untersuchungsgebietes in Ost-West-Richtung dominiert. Im Norden bildet es den Abschluss zum ehemaligen Landschaftspark, der derzeit nicht zur öffentlichen Nutzung freigegeben ist. Durch die unmittelbare räumliche Nähe von Industrie und Wohnen sind Nutzungskonflikte entstanden. Dies betrifft sowohl das Werksgelände des Drahtwerks als auch der Gewerbebetriebe im Osten des Untersuchungsgebiets. Die Wohnnutzungen entlang der Saarbrücker Straße/ B40 sehen sich darüber hinaus zusätzlicher Lärmbelastung durch Straßen- und Schienenlärm ausgesetzt. Legende Abbildung 30: Nutzungsstruktur im Untersuchungsgebiet. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung; Stadt St. Ingbert Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 53 53 Exkurs: ehemalige Arbeitersiedlung Alte Schmelz Wie unter den Punkten 2 und 2.1 bereits dargelegt, kommt der ehemaligen Arbeitersiedlung Alte Schmelz und ihrer momentanen Nutzung als genossenschaftlicher Weohnstandort eine herausragende Bedeutung für das Gesamtareal zu, weshalb ihre Geschichte und die heutige Situation an dieser Stelle nochmals erwähnt werden soll. Mit über einem Viertel Jahrtausend Industriegeschichte ist die Werkssiedlung Alte Schmelz die älteste erhaltene Arbeitersiedlung in Südwestdeutschland. Sie ist ein einzigartig erhaltenes Beispiel für die enge räumliche Verknüpfung von Arbeiten, Wohnen, sich Versorgen und Freizeit. Die ersten Langhäuser wurden um 1750 auf drängen der Gemeinde gebaut, um Arbeiterfamilien unterzubringen, die in Baracken im Wald nahe des Eisenwerks hausten. Aus einer detaillierten Inventur von 1775 kann entnommen werden, dass die Arbeiterfamilien im Untergeschoss der Wohnhäuser Vieh hielten, in ihren Gärten Gemüse anbauten, im Wirtshaus auf dem Werksgelände Freizeit verbrachten und sich im ebenfalls werkseigenen Krämerladen versorgten. 1803 wurde das barocke Herrenhaus zwischen Produktions- und Wohnbereich errichtet, damit die Eigentümer des Werks die Arbeiterfamilien und die Vorgänge im Werksgelände jederzeit im Auge behalten konnten. In einer Aufschwungphase in den zwei Dekaden vor dem ersten Weltkrieg wächst die Belegschaft. Neuer Wohnraum für ganz unterschiedliche soziale Schichten wird benötigt: Für neu eingestellte Werksdirektoren werden stattliche Direktorenvillen errichtet. Der Hang nördlich des Werks wird von dem schmucken Schlafhaus für 156 Arbeiter gekrönt. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wird die Arbeitersiedlung von Mitarbeitern der Alten Schmelz bewohnt. Der Landeskonservator wird auf den historischen Wert des Ensembles aufmerksam und stellt Seite 54 1988 das Ensemble Alte Schmelz einschließlich der Werkssiedlung und des Schlafhauses unter Denkmalschutz. Das kriselnde Werk hat jedoch keine Mittel zur denkmalgerechten Sanierung der immer mehr verfallenden Werkssiedlung. Das Schlafhaus an der Dudweiler Straße wird an privat verkauft. Damit die Werkssiedlung nicht weiter zerfällt und womöglich abgerissen wird, organisieren sich ihre Bewohner unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Landtagspräsidenten Albrecht Herold zu einer Wohnungsbaugenossenschaft. Mit breiter Unterstützung von Stadt, Land, Bund und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gelingt es unter großem Medienecho, die Siedlung für die Bewohner zu erhalten und denkmalgerecht zu sanieren. Das Konsumgebäude geht ebenfalls in den Besitz der Genossenschaft über. Zwischen 1995 und 2011 wurden rund 6,5 Mio. € in die Siedlung investiert, 35 % hiervon hat die Genossenschaft als Eigenanteil aufgebracht. Heute gehören der Wonungsbaugenossenschaft 16 Gebäude mit 41 Wohnungen auf einer Gesamtwohnfläche von über 3.400 m². Zahlreiche Preise für den beispielhaften Umgang mit denkmalgeschützter Bausubstanz belegen die erfolgreiche Rettung dieses im Saarland einmaligen Ensembles. Bis zu 20 Jahre nach der ersten Sanierung werden erneut Reparaturen fällig. Die Monostruktur der Wohnungsbaugenossenschaft, die keine weiteren, nicht denkmalgeschützten Gebäude besitzt, mit denen sie die hohen Kosten des Erhalts der Arbeitersiedlung quersubventionieren könnte, gerät zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Ein Lösungsansatz, der 2015 diskutiert wird, könnte - neben der Bemühung, neue Fördermittel zu akquirieren - der Verkauf des Konsumgebäudes an die Stadt St. Ingbert sein, um dort Teile des geplanten MINT-Campus unterzubringen.37 Abbildungen 31-34: Die Alte Schmelz früher und heute Quelle Abb. 31+32: Wohnungsbaugenossenschaft Albrecht Herold - Alte Schmelz - e.G.: Die Alte Schmelz: Ein Denkmal, das lebt., o.J; Abb.: 33+34: eigene Aufnahmen Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 55 3.4.5 Verkehr und Erschließung Hinsichtlich des Straßennetzes ist das Untersuchungsgebiet durch die Saarbrücker Straße/B40 im Süden erschlossen und hierüber sehr gut an den überörtlichen Verkehr angebunden. Die B40 bildet die zentrale Durchfahrt durch die Innenstadt St. Ingberts entlang der Achse Saarbrücken – Homburg. Von ihr zweigt westlich des Untersuchungsgebiets der Zubringer zur Autobahn A6 ab. Im Osten wird das Untersuchungsgebiet durch die Alleestraße und im Norden durch die Dudweilerstraße begrenzt. Für den motorisierten Verkehr gibt es vier Zufahrten zum Untersuchungsgebiet Alte Schmelz: • Zufahrt zur Werkssiedlung von der Dudweilerstraße westlich des Kreisverkehrs (Sackgasse, nur für Anlieger der Werkssiedlung), • Zufahrt in den Kernbereich der Alten Schmelz von der SaarbrückerStraße im Süden und von der Alleestraße im Osten, sowie • ufahrt in das Drahtwerk St. Ingbert vom Rentrischer Weg. Die Einfahrt von der Alleestraße wird vornehmlich vom Lieferverkehr der Industriebetriebe genutzt. Der Knotenpunkt an der SaarbrückerStraße wird tagsüber als weitere Ein- und Ausfahrt für Lieferverkehr, als Zufahrt für Beschäftigte der Gewerbebetriebe sowie in den Abend- und Nachtstunden als Zufahrt für Besucher der Veranstaltungsstätten genutzt und ist sehr stark belastet. Seite 56 Insbesondere die Zu- und Durchfahrten des Lieferverkehrs durch den Kernbereich sind als sehr problematisch einzustufen, da die Straßen weder leistungsfähig genug sind noch Wende- und Abstellflächen im notwendigen Umfang vorhanden sind. Zudem sind Verkehrsflächen für den motorisierten Verkehr nicht überall eindeutig von Flächen für Fußgänger und Radfahrer getrennt. Im Rahmen der weiteren Konzeptionen ist daher auch über die Neuordnung und Neuorganisation des Lieferverkehrs nachzudenken. Hierzu gehört unter anderem auch eine klarere Beschilderung der Werkszufahrten und im Bedarfsfall der Veranstaltungsparkplätze. Hinsichtlich der Situation für Fußgänger und Radfahrer weist das Gebiet ebenfalls erhebliche Defizite auf. Diese beziehen sich sowohl auf die Durchwegungen innerhalb des Gebiets als auch auf die fehlenden Verknüpfungen in die Umgebung, wie sie sich besonders deutlich an der Abzäunung des Landschaftsparks zeigt. Legende Zu- und Ausfahrt PKW elz Schm Alte regelmäßige LKW-Verkehre seltene LKW-Verkehre PKW-Verkehre Zufahrt LKW Abbildung 35: Verkehrliche Situation im Untersuchungsgebiet. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung aße estr Alle Anlieferung/ Versand Brück Versand Meiser e ß tra es Anlieferung Industriekathedrale All ees tra ß Anlieferung Meiser e Parken Besucher Anlieferung Drahtwerk P P Anlieferung THS Media e B40 e All raß r St cke Parken Besucher Zu- und Ausfahrt PKW/LKW ü rbr Saa Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 57 57 3.4.6 Grün- und Freiraumstruktur Insbesondere im Kernbereich Alte Schmelz als auch im gesamten Bereich der ehemaligen Werkssiedlung kommt der Grün- und Freiraumstruktur eine wichtige Bedeutung zu. Während die privaten Grünflächen in der Werkssiedlung größtenteils in einem gut gepflegten Zustand sind, herrschen im öffentlichen Raum nahezu durchgehend starke Gestaltungsdefizite vor. Dies zeigt sich insbesondere im Bereich des zentralen und prägenden Ensembles der Alten Schmelz zwischen Herrenhaus, Konsumgebäude, Laborgebäude, Eventhaus und Industriekathedrale. Einzig der Vorplatz der Industriekathedrale verfügt über eine ansprechende Gestaltung, während ansonsten eine Mischung aus Verkehrs-, Brach- und ungestalteten Grünflächen vorherrscht. Gleiches trifft auf die innere Durchgrünung des Gebiets im Bereich des Rohrbachs zu. Durch die zahlreichen Unterbrechungen und die größtenteils erfolgte Verrohrung des Bachlaufs ist die Erlebbarkeit stark eingeschränkt. Im Westen des Plangebiets zeigt sich die deutliche Zweiteilung des Gebiets in Nord-Süd-Richtung. Im Süden das nahezu vollständig überbaute Werksgelände des Drahtwerks und im Norden der über die gesamte Länge anschließende ehemalige Landschaftspark, der sich bis über die Werkssiedlung in das Gebiet zieht. Der ehemalige Landschaftspark ist Seite 58 Teil eines großen zusammenhängenden Waldgebiets, das in westlicher Richtung bis Saarbrücken reicht und unmittelbar mit dem Naturraum Saarkohlenwald verknüpft ist. Zum einen weist diese Anlage ebenfalls starke Gestaltungsdefizite auf und zum anderen ist ihre Zugänglichkeit nicht gewährleistet, wodurch ein wichtiges Potential des Untersuchungsgebiets, nämlich die Verknüpfung des Kernbereichs Alte Schmelz mit einem wichtigen Grün- und Verbindungsraum, nicht genutzt werden kann. Durch ihre Abgeschiedenheit hat sich die Fläche aber auch zu einem wertvollen Rückzugsraum mit Bedeutung für Flora und Fauna entwickelt; der westliche Teil ist Teil eines Landschaftsschutzgebietes. Im nördlichen Bereich von ehemaligem Feuerwehrgerätehaus und Industriekathedrale befinden sich Überreste einer Wasserfläche, eines Wasserrades sowie dazugehöriger Kanäle, die zum Betrieb des an dieser Stelle befindlichen Hochofens notwendig waren. Aufgrund des Abbruchs des Hochofens sowie der seither vielfach stattgefundenen Überformung sind diese Spuren jedoch nur noch in Fragmenten erhalten und nicht mehr zu rekonstruieren. Legende Abbildung 36: Grün- und Freiräume im Untersuchungsgebiet. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung Rohrbach ehemaliger Landschaftspark stark untergenutzt und mit erheblichen Gestaltungsdefiziten ! wichtige Funktion für Flora und Fauna! Landschaftsschutzgebiet f ha sc nd La iet eb tzg hu c tss ch rba Roh Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 59 59 3.4.7 Morphologie Die aktuell sehr heterogene Nutzungsstruktur sowie die vielfache Überformung des Untersuchungsgebietes im Laufe der vergangenen 280 Jahre spiegeln sich ebenfalls in der Bebauungsstruktur und den vorhandenen Gebäudetypologien sowie deren Anordnungen zueinander wider. Während die historische Arbeitersiedlung hinsichtlich ihrer Struktur weiterhin eine homogene Einheit bildet, sind sowohl die gewerblich genutzten Bereiche im Osten als auch das Werksgelände des Drahtwerks St. Ingbert mehrfach in ihrer Grundstruktur verändert worden und mit Gewerbeanlagen sowie Produktions- und Lagerhallen durchsetzt, die den heutigen Anforderungen entsprechen. Der ehemalige Landschaftspark ist im Laufe der vergangenen Dekaden verwildert. Die ursprüngliche Gestalt mit Sichtachsen, Wegeverbindungen und einer sorgfältigen Gehölzauswahl ist kaum noch erkennbar. Die Topographie des Areals zeichnet sich durch einen starken Anstieg nach Norden aus. Die Höhendifferenz beträgt an einigen Stellen 30 Meter und mehr, während das Drahtwerk und die östlichen Gewerbebereiche auf größtenteils ebener Fläche liegen. Im Bereich des Drahtwerks bedeutet dies eine Abbruchkante zum Landschaftspark, während die Böschung im Bereich der Werkssiedlung durch Grünflächen und Hangbebauung geprägt ist. Insgesamt spiegelt sich die Topografie des Untersuchungsgebiets in der überwiegend vorherrschenden Ost-West-Ausrichtung der Bebauung wieder. 3.4.8 Energetisches Konzept Alte Schmelz Die Ermittlung und Bewertung der energetischen Beschaffenheit, der Gesamtenergieeffizienz der vorhandenen Bebauung und der Versorgungseinrichtungen des Gebiets unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung ist Gegenstand eines gesondert vergebenen Energetischen Konzepts für den Bereich Alte Schmelz. Das Konzept wird als eigenständiges Gutachten im Laufe des Jahres 2016 fertiggestellt. Seite 60 Abbildung 37: Topographie und Baustruktur im Untersuchungsgebiet. Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: eigene Erhebung; Stadt St. Ingbert Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 61 61 3.4.9 zentrale Konflikte Im Zuge der Betrachtungen des Status Quo im Untersuchungsgebiet sowie innerhalb des Kernbereichs der Alten Schmelz konnten zentrale Konflikte identifiziert werden, welche den weiteren Umgang mit dem Gebiet stark beeinflussen und determinieren werden. Eine wesentliche Herausforderung wird hierbei im Umgang mit der Lärmproblematik liegen, die in vielfältigen Formen und an zahlreichen Stellen im Untersuchungsgebiet zutage tritt und von der insbesondere die dort ansässige Wohnbevölkerung betroffen ist. Insbesondere in den Abend- und Nachtstunden stellen die Lärmemissionen der kulturellen Nutzungen sowie der damit verbundenen Besucherverkehre eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität dar. Weitere Lärmbelastungen gehen vom Lieferverkehr der metallverarbeitenden Gewerbebetriebe aus, während die Lärmemissionen der Betriebe selbst nach Aussagen von Anliegern deutlich zurückgegangen sind. Diese Belastungen werden insbesondere für die Wohnbebauung im Südteil des Untersuchungsgebiets durch Verkehrslärm verstärkt, der sowohl Seite 62 von der B40 als Durchgangsstraße als auch von der Bahnlinie mit ihrer Bedeutung für den regionalen und überregionalen Personen- und Güterverkehr ausgeht. Weitere Konflikte sind im baulich-gestalterischen Bereich zu sehen. Die Mehrzahl der prägenden und unter Denkmalschutz stehenden Gebäude des Kernbereichs befindet sich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand. Die umgebenden Grün- und Freiräume weisen zudem erhebliche Gestaltungsdefizite auf. Die fehlende Zugänglichkeit und Erlebbarkeit des ehemaligen Landschaftsparks steht einer Vitalisierung und Aufwertung des Kernbereichs entgegen. Aktuell wirkt dieser Freiraum eher als Barriere denn als verbindendes Element zwischen St. Ingbert und seiner naturräumlichen Umgebung. Schließlich stellt die ungenügende Anbindung und Verknüpfung des Untersuchungsgebietes für Fußgänger und Radfahrer mit der Innenstadt und weiteren zentralen Bereichen St. Ingberts ein zusätzliches Hemmnis dar. Abbildung 38: Zentrale Konflikte im Untersuchungsgebiet. Quelle: eigene Darstellung Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 63 63 3.5 Stärken-Schwächen-Analyse Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme münden in eine SWOT-Analyse38 des Untersuchungsraums mit folgenden Inhalten ein: Innere Faktoren: • • • Städtebauliche Qualitäten des Untersuchungsraums (Stärken) Städtebauliche Missstände und Mängel (Schwächen: Leerstände, Mängel im Freiraum und der Erschließung, Gestaltungsmängel, Nutzungskonflikte, Konflikte zwischen Wohnnutzung, Industrie und Freizeitnutzung, Parkprobleme, …) Potenziale des Untersuchungsraums Äußere Faktoren: • • übergeordnete Chancen übergeordnete Risiken Seite 64 Die SWOT-Analyse geht über eine rein deskriptive Darstellung der Befunde hinaus und legt die konzeptionelle Grundlage für das Teilräumliche Konzept, indem Überlegungen zur möglichen Nutzung der übergeordneten Chancen und der lokalen Potenziale, die die Alte Schmelz bietet, zur Überwindung der identifizierten Missstände und Konflikte herausgearbeitet werden. Zugleich wird untersucht, wie die festgestellten übergeordneten Risiken mit Hilfe der vorgefundenen Stärken und Potenziale begrenzt werden können. Aus den inneren und äußeren Faktoren werden Strategieempfehlungen und Handlungsansätze hergeleitet. Die Analyse schließt mit einer Prioritätensetzung für die verschiedenen Handlungsoptionen. Die erarbeiteten Prioritäten berücksichtigen dabei sowohl die Zielvorgaben der Stadt als auch die Ergebnisse der durchgeführten Analysen. Stärken vs. Schwächen Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite 65 Stärken Innere Faktoren Einmaliges Ensemble aus historisch gewachsenem nebeneinander von Arbeit, Freizeit und Wohnen an einem Ort mit bedeutsamen Denkmalen der Industriekultur. Etablierte und für St. Ingbert bedeutende Gewerbebetriebe mit ca. 270 Arbeitsplätzen an der Alten Schmelz. Grundsätzlich eingespieltes (wenngleich nicht immer konfliktfreies) Nebeneinander unterschiedlicher Nutzer (Betriebe, Freizeit, Wohnen). Ein Teil der denkmalgeschützte Gebäude ist bereits saniert und in Nutzung. Dies trifft vor allem auf die Siedlung und -mit Einschränkungen- die Mechanische Werkstatt zu. Siedlung als besonderer Wohnstandort in St. Ingbert mit Qualitäten. Etablierte Bewohnerschaft. Aktives bürgerschaftliches Engagement zu Pflege und Erhalt der Alten Schmelz (Initiative Alte Schmelz). Vorhandenes Bewusstsein um den Wert der Alten Schmelz. Möllerhalle (ältestes saarländisches Industriedenkmal) und Mechanische Werkstatt als bekannte und bedeutende Wahrzeichen. Veranstaltungen in der Mechanischen Werkstatt und im Eventhaus machen den Standort überregional bekannt und zum Imageträger des Freizeit- und Kulturstandortes Alte Schmelz. Erste Ansätze gestalteter Freiräume vor der Mechanischen Werkstatt sowie private Freiräume in der Siedlung in gepflegtem Zustand. Seite 66 Schwächen Viele der leerstehenden Gebäude entsprechen hinsichtlich ihrer Typologie, ihrem baulichen Zustand bzw. der vorhandenen Grundrisse in vielen Fällen nicht aktuellen Bedürfnissen, wodurch eine Um- bzw. Neunutzung erschwert wird. Teils hohe Kosten zur Sicherung und Sanierung der Gebäude. Insbesondere das Konsumgebäude stellt eine große finanzielle Belastung für den aktuellen Träger Wohnungsgenossenschaft dar. Teils wenig attraktive Freiräume. Straßenräume sind ungeordnet und ungestaltet. Dies gilt insbesondere für den zentralen Freiraum zwischen Möllerhalle und Konsumgebäude. Mängel in der Organisation des Verkehrs. Vor allem Lieferverkehr der Gewerbebetriebe (LKW). Für Ortsfremde schwere Orientierung, Vermeidbare Suchverkehre, fehlende Abstell-/Wartepositionen. Ungeordnete Parkplatzsituation. Konflikte zwischen Wohnen und Freizeit. Lärm, Parkplatzsuchverkehre, wildes Parken bei Veranstaltungen. Gefährdungspotenzial für Anwohner und Besucher durch Industrieverkehr, insbesondere LKW. Lage der „Highlights“ in zweiter Reihe. Das Denkmalensemble ist von außerhalb schwer zu finden. Mechanische Werkstatt als Veranstaltungsort nur mit Ausnahmengenehmigungen zu betreiben. Für regelmäßige Nutzung sind weitere Investitionen erforderlich (Heizung, Dämmung, Boden etc.) Chancen Äußere Faktoren Idee „MINT-Campus“ mit seinem ersten Baustein SFTZ als konkreter Interessent für eine langfristige Nutzung mehrerer denkmalgeschützter Gebäude. Breite Unterstützung durch Politik, Wirtschaft, Institutionen. „MINT-Campus“ als möglicher „Pionier“ und Wegbereiter für weitere Nutzer. Einbindung in überregionale touristische Konzepte wie z.B. die „Straße des Feuers“ rückt den Ort und dessen Wert ins öffentliche Bewusstsein. Nachfrage nach Standorten mit Angeboten und einem Image abseits der Norm. Alte Schmelz als „In-Viertel“. Anhaltende bis steigende Nachfrage nach großen Kultur- und Freizeitangeboten/Events. Nutzen von Förderprogrammen und Fördermitteln (Städtebaulicher Denkmalschutz, Denkmalschutzmittel). Risiken MINT-Campus kann starkes „Zugpferd“ sein, es kann aber eine starke Abhängigkeit vom Erfolg der Idee des MINT-Campus entstehen. Unsicherer Gewerbestandort. Starke Konjunkturabhängigkeit der ansässigen Firmen aus dem Bereich Metall. Nicht kostendeckender Betrieb/Unterhalt bereits sanierter oder noch zu sanierender denkmalgeschützter Gebäude, insbesondere Mechanische Werkstatt und Konsumgebäude. Nutzung denkmalgeschützter Gebäude für Private nicht attraktiv. Wirtschaftliche Aspekte stehen gegen Mehrkosten für Denkmalschutz. Nicht kostendeckender Betrieb/Unterhalt eines Landschaftsparks. Die Ansiedlung zusätzlicher neuer Nutzungen birgt neues Konfliktpotenzial mit den etablierten Nutzern. Ansässige (bzw. neue) Firmen als Nutzer denkmalgeschützter Gebäude halten bzw. gewinnen. Den Wert des Standorts für das Firmenimage vermitteln und so Engagement fördern. Neuordnung des Verkehrs unter Wahrung der Interessen der Anlieger, kann die Attraktivität des Standortes für neue Nutzungen steigern. Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept St. Ingbert Seite Seite 67 67 Seite 68