DGG-Jahrestagung – Graz, 21. 02.-25. 02. 2005: Abschätzung der Flüssigkeitseffekte auf die seismischen Geschwindigkeiten an Gesteinen der ICDP - Bohrung Yaxopoil-1 (Chicxulub) Mayr, S. Burkhardt, H. Die Forschungsbohrung Yaxcopoil-1 wurde 2001/2002 im Rahmen des International Continental Scientific Drilling Projects (ICDP) zur Untersuchung des Meteroiten-Einschlags-Kraters Chicxulub abgeteuft. Die Bohrung ist ab 400m bis zu der Endtiefe von 1511m vollständig gekernt. Der Impaktbereich (794m bis 894m) ist im Wesentlichen mit tertiären Kalksteinen überdeckt. Unter dem Impaktbereich werden neben Kalkareniten auch Wechsellagerungen von Dolomiten und Anhydriten angetroffen. Ziel des Projektes ist es Informationen für die Interpretation geophysikalischer Untersuchungen zu liefern, als auch den Einfluß des Impaktes auf unterschiedliche physikalische Größen und die innere Struktur der Gesteine zu untersuchen (Mayr et al. 2004, Popov et al. 2004). Hierfür wurden mit einem Sampling Interval von 2-2.5 m an 450 Proben unter anderem die Dichte und die Porosität bestimmt (im Moskau durch Y. Popov und Mitarbeiter). Für weitere petrophysikalische Untersuchungen an der TU-Berlin wurde eine repräsentative Auswahl der Proben getroffen. Unter anderem wurden an 80 Proben P- und S-Wellengeschwindigkeiten im teilgesättigten und vakuumtrockenen Zustand und sowie an ca. 50 vollgesättigten Proben bestimmt. Um den Einfluß des Porenfluids auf die seismischen Geschwindigkeiten zu untersuchen, wurden Berechnungen mit dem Biot-Gassmann-Murphy Modell zur Beschreibung von globalen und lokalen "fluid flow" Mechanismen durchgeführt (siehe auch Mayr, 2002). In das Biot-Gassmann Modell (Gassmann Effekt, "global-fluid-flow") gehen nur makroskopisch bestimmbare Größen ein. Mit dem Murphy Modell (Gassmann Effekt, "local-fluidflow") können Gesteine mit Mikrorissen und Makroporen beschrieben werden. In die Berechnungen gehen die Porengeometrie und ein Maß für die Anzahl der wirksamen Mikrorisse, die Rißdichte ein. Daher liefern diese Berechnungen zusätzliche Informationen über den Einfluß der Mikrostruktur auf seismische Geschwindigkeiten im vollgesättigten Gestein. Die Reduktion der Geschwindigkeiten durch das polare Wasser (Modulreduktion) wurde aus den Messungen für jedes Gestein einzeln bestimmt. Die Parameter des Murphy Modells werden sowohl aus makroskopischen (Porosität und Permeabilität) als auch mikroskopischen Größen (innerer Oberfläche) abgeschätzt. Erste Berechnungen wurden für 12 Kalksteine aus dem Post-Impakt-Bereich mit Porositäten zwischen 1% und 37% durchgeführt. Die Modulreduktion für die einzelnen Gesteine liegt zwischen 5% und 25%. Die Relaxationsfrequenz des "global fluid flow" nimmt generell mit steigender Porosität ab, ist aber stets oberhalb der Meßfrequenz (ca. 0.3 – 1 MHz). Die Modellierungen ergeben für das Biot-Gassmann Modell eine brauchbare Übereinstimmung zwischen Messungen und Berechnungen. Die Relaxationsfrequenz des "local fluid flow" nimmt generell mit steigender Porosität zu und liegt für Proben mit Porositäten über 20% unterhalb von 10 MHz. Dies bedeutet, daß (im Gegensatz zu Sandsteinen) aufgrund geringerer Rißdichte ein geringer Einfluß von "local fluid flow" anzunehmen ist. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die gemessenen Daten mit der Modulreduktion und dem Gassmann Effekt erklären lassen; d.h. daß von einem sehr geringem Einfluß von "fluid flow" auszugehen ist. Die Modellierungen für die weiteren Gesteine aus dem Bereich 671m –1511m stehen noch an. Hier ist für die Kalkarenite, Dolomite und Anhydrite aufgrund geringerer Porositäten (1-20%) und Permeabilitäten ebenso kein Einfluß des global fluid flow zu erwarten. Für die Proben mit deutlich geringerer Porosität ist ein kleiner Einfluß des "local fluid flow" möglich, welcher dann bei Übertragung in den seismischen Frequenzbereich zu berücksichtigt ist. Der Effekt der Frequenzabhängigkeit wird aber als gering eingeschätzt. Insgesamt ist davon auszugehen, daß bei den 30 nur trocken vermessenen Proben die Geschwindigkeiten des vollgesättigen Gesteins zuverlässig mittels des Gassmann Effektes abgeschätzt werden können. Literatur: Mayr S., Burkhardt H., Popov Yu., Romushkevich R., Bayuk I., 2004. Interpretation physikalischer Messungen an Kalksteinen des oberen Teils der Yaxcopoil-1 Bohrung (Chicxulub Krater, Mexico), FKPE Arbeitskreis "Bohrlochgeophysik und Gesteinsphysik“ 7. Workshop am 23. - 24. Oktober 2003 in Hannover, Vortragszusammenfassung, http://www.ggahannover.de/institut/verschiedenes/fkpe/workshop_7/vortraege/home.htm . Mayr S. 2002. Der Einfluß der Mikrostruktur auf die Ultraschalleigenschaften von Sandsteinen bei hydrostatischen Druckbedingungen. Dissertation, TU-Berlin, Berlin, Germany. http://edocs.tuberlin.de/diss/2002/mayr_sibylle.htm . Popov, Yu., Romushkevich, R., Bayuk, I., Korobkov, D., Mayr, S., Burkhardt, H. and H. Wilhelm, 2004, Physical Properties of Rocks from the Upper Part of the Yaxcopoil-1 Drillhole (Chicxulub Crater). Meteoritics and Planetary Science 39, Nr 6, 799-812. BP Bohrlochgeophysik und Petrophysik