Vision Rauchfrei Was Deutschland von den politischen Strategien seiner europäischen Nachbarn lernen kann inhAlT ediToriAl 1. Editorial 03 2. Fakten 04 3. Analyse 06 4. Porträt 08 5. Experteninterview 09 6. Vorbilder 10 7. Ländervergleich 12 8. Aussichten 14 Liebe Leser, eigentlich gilt Deutschland als ein Land, dessen Bürger gesundheitsbewusst sind. Und im globalen Vergleich hat Deutschland auch eines der modernsten Gesundheitssysteme. Beim Thema Rauchen scheint jedoch alles anders zu sein: Derzeit ist jeder dritte erwachsene Bundesbürger ein Raucher. Das kostet allein hierzulande mehr als hunderttausend Menschen jährlich das Leben und verursacht immense Ausgaben für das Sozialsystem.1 Deutschland ist im europäischen Vergleich eines der Schlusslichter, wenn es darum geht, an diesem Zustand etwas zu verändern. Das belegen die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse des Reports „Europe QUItting: Progress and Pathways“ (EQUIPP), die auch Basis dieser Broschüre sind. Gleichzeitig hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine umfassende Strategie entwickelt, um der Tabakepidemie entgegenzuwirken. Im Rahmen der „Framework Convention on Tobacco Control“ (FCTC ) werden unter anderem die Länder dazu aufgefordert, Rauchentwöhnungstherapien zu gewährleisten. Im vorliegenden Report lesen Sie, welchen Weg andere europäische Länder gehen und welche politischen Rahmenbedingungen dafür in Deutschland notwendig wären. Wir wünschen Ihnen interessante Einblicke bei der Lektüre. Peter Albiez Geschäftsführer Primary care Pfizer 2 Peter Marx Leiter Market access Pfizer 3 FAKTen Auf über 21 Milliarden Euro belaufen sich die Gesamtkosten (direkt und indirekt) des Tabakrauchens in Deutschland jährlich.5 23,4 % der deutschen Bevölkerung waren im Jahr 2009 Raucher: 28,6 % aller Männer und 18,5 % aller frauen.5 59% um mit dem Rauchen aufzuhören, würden sich 63 % (ca. 13 Millionen) aller deutschen Raucher an ihren arzt und 43 % (ca. 9 Millionen) an ihre Krankenkasse wenden. Das zeigt: Wer mit dem Rauchen aufhören will, braucht dabei hilfe.4 aller Raucher in Deutschland wollen aufhören. Das sind 12 Millionen Menschen.4 110 000 bis 140 000 59 % der Raucher denken, dass Rauchentwöhnungsprogramme für alle Raucher erstattet werden sollten.4 53 % aller Raucher und sogar 66 % aller nichtraucher sind der Meinung, dass mehr Mittel in die Reduzierung der Raucherquote als in die Behandlung der folgeerkrankungen investiert werden sollten.4 tabakbedingte Todesfälle gibt es in Deutschland jährlich.1 41 % aller Raucher würde die finanzielle Belastung davon abhalten, Produkte zur Rauchentwöhnung zu verwenden.4 Am höchsten ist die Raucherquote bei jungen Menschen zwischen 22 und 25 Jahren: Männer 42,0 % , Frauen 40,7 %.1 64 % der Raucher und 50 % aller nichtraucher denken, dass Rauchen und nikotinsucht als Krankheit angesehen und behandelt werden sollten.4 4 Mehr als 40 % aller deutschen Raucher wünschen sich größere finanzielle unterstützung bei der medikamentösen und psychologischen Behandlung ihrer sucht.4 5 AnAlYSe FCTC Ganzheitlich gegensteuern Deutschland ist im internationalen Vergleich eines der schlusslichter im Kampf gegen die nikotinsucht. Dabei gibt es gute Gründe und nachweisliche erfolgskriterien für einen Weg zu einem nichtraucherland Deutschland. in Deutschland ist immer noch jeder dritte erwachsene Raucher – das zeigen die Daten des kürzlich veröffentlichten Drogen- und suchtberichts 2011 der Bundesregierung.5 Die Zahlen machen zudem deutlich: 13 Prozent aller Todesfälle sind direkte folge des Rauchens. Das sind 110 000 Tote jährlich. Die Behandlungskosten, aber auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die beispielsweise durch erwerbsunfähigkeit oder arbeitsausfall entstehen, sind enorm. allein für das Jahr 2007 werden sie mit 21 Milliarden euro beziffert. Rund 40 Prozent der Krankheitskosten entfallen auf tabakbedingte Krebserkrankungen. ein Drittel nimmt die Behandlung von herz-Kreislauf-erkrankungen in anspruch. und rund ein Viertel 6 musste für die Therapie von atemwegserkrankungen aufgewendet werden, die durch das Rauchen verursacht wurden. Nachholbedarf im europäischen Vergleich Die Zahlen dokumentieren es eindrucksvoll: Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. Das ist in Deutschland nicht anders als in allen übrigen industriestaaten. im unmittelbaren Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt sich aber, dass Deutschland erheblichen nachholbedarf bei der Bekämpfung der nikotinabhängigkeit hat. Dies geht aus den ergebnissen des im März 2011 veröffentlichten eQuiPP-Reports hervor. er analysiert zum ersten Mal die situation des nichtraucherschutzes und der Bekämpfung der nikotinabhängigkeit in 20 europäischen Ländern. nach ansicht führender experten für suchterkrankungen, Rauchentwöhnung und Tabakkontrolle, die an der erstellung des Reports mitgewirkt haben, erfüllt Deutschland bis heute die Verpflichtungen aus der Who-Rahmenkonvention „framework convention on Tobacco control“ (fcTc) nicht in vollem umfang. obwohl die Bundesregierung sich bereits im Jahr 2003 dazu verpflichtete, einen umfangreichen Maßnahmenkatalog gegen die sucht umzusetzen. Bislang ist dies jedoch noch nicht gelungen: eine nationale strategie gegen das Rauchen ist nicht zu erkennen. Regelungen zum nichtraucherschutz sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Zu wenig Therapieangebote sowie schlechte Aus- und Fortbildungsbedingungen zur Rauchentwöhnung in allen Bundesländern einheitlich sind hingegen die erstattungsregelungen für Rauchentwöhnungstherapien: Weil die verhaltenstherapeutische Rauchentwöhnungstherapie im sozialgesetzbuch V als Präventionsmaßnahme eingestuft ist, können Krankenkassen lediglich einen Teil der psychologischen Behandlung erstat- ten. Medikamente fallen sogar gänzlich aus der erstattung zur Rauchentwöhnung, da sie als „Lifestyle-arzneimittel“ gelten. und das, obwohl den eQuiPP-experten zufolge 59 Prozent aller Raucher gerne aufhören würden. und obwohl die Richtlinien zur Tabakentwöhnungsbehandlung verschiedener fachgesellschaften klar und eindeutig eine Kombination aus kognitivverhaltenstherapeutischer Beratung mit unterstützender Medikation empfehlen. Dementsprechend schlecht ist auch die Versorgungssituation für Raucher, die von ihrer nikotinsucht loskommen wollen. Die infrastruktur für kompetente Beratung durch allgemeinmediziner und suchtexperten ist regional sehr unterschiedlich und insgesamt dürftig. Das liegt mitunter an der fehlenden Qualifikation vieler Ärzte: in den ausbildungscurricula für Medizinstudenten finden sich keine inhalte zur Behandlung von Rauchern. Dabei könnten gerade hausärzte ein bundesweites netzwerk an unterstützung bieten. es gibt in Deutschland also dringenden Verbesserungsbedarf, um Menschen bei der Bekämpfung ihrer sucht zu unterstützen. für ein Gegensteuern ist es längst noch nicht zu spät. Die erfahrungen anderer Länder können helfen, den richtigen Weg einzuschlagen. Mit der Rahmenkonvention „Framework Convention on Tobacco Control“ (FCTC) legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine umfassende Strategie vor, um der Tabakepidemie entgegenzuwirken. Der Vertrag umfasst 38 Artikel, die in internationaler Zusammenarbeit erstellt wurden und eine koordinierte Bekämpfung der Nikotinsucht zum Ziel haben. Artikel 14 behandelt speziell die Tabakentwöhnung und Behandlungsstrategien. Darin werden die Vertragsparteien aufgefordert, integrative Leitlinien zu erarbeiten, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie bewährten Praxiserfahrungen basieren und den Tabakverzicht nachhaltig fördern. Konkret sollen die Länder darüber hinaus das Angebot von Rauchentwöhnungstherapien gewährleisten.6 EQUIPP Der „Europe QUItting: Progress and Pathways“Report (EQUIPP) analysiert erstmalig den Stand und die Entwicklung der Maßnahmen zum Nichtraucherschutz in den europäischen Ländern. Darüber hinaus gibt der Report Empfehlungen für die (Gesundheits-)Politik und die Leistungsträger des Gesundheitswesens in 20 europäischen Ländern, darunter auch Deutschland. Ziel ist es, die Infrastruktur für die Rauchentwöhnung und den Nichtraucherschutz zu verbessern und sicherzustellen, dass Raucher, die mit dem Rauchen aufhören wollen, professionelle Unterstützung finden. Zudem bietet der Report praktische Anhaltspunkte zur Implementierung des Artikels 14 der „Framework Convention for Tobacco Control“ (FCTC) der Weltgesundheitsorganisation. 7 PorTräT eXPerTeninTerVieW endlich wieder atmen – eine Raucherin schafft den absprung eigentlich wollte Kirsten Janssen gar nicht aufhören zu rauchen. „ich fand das ja schick“, sagt sie. sie rauchte seit 30 Jahren, im schnitt war es eine schachtel am Tag. Die 44-Jährige litt seit Jahren an atemwegserkrankungen, die zuletzt in eine beginnende chronische Lungenerkrankung (coPD) mündeten. „Die mich behandelnden Ärzte sagten: ‚Was, sie rauchen? Damit sollten sie aufhören.‘ Mehr kam dazu nicht.“ erst der Lungenspezialist, der sie auch heute noch behandelt, reagierte anders. „Bei anderen wurde Rauchen immer als Kavaliersdelikt betrachtet, so nach der art: Rauchen ist zwar schlimm, aber wer raucht nicht? Mit meinem Lungenarzt konnte man keine Witze darüber machen, der war bierernst. er hat gesagt: ‚hören sie auf zu rauchen, es gibt medikamentöse Möglichkeiten, die Rauchentwöhnung zu unterstützen.‘“ „Rauchen war für mich Freiheit, Lässigkeit, Eleganz und Entspannung“ ihr arzt schlug vor, einmal zu einem der informationsabende zu kommen, die ein Psychologe veranstaltet, der auf das Thema Rauchentwöhnung spezialisiert ist. Der Psychologe erklärte den anwesenden, wie das nikotin im Gehirn wirkt, warum es abhängig macht und schließlich: welche Möglichkeiten der Therapie es gibt. „an dem abend war ich die einzige unter den acht Teilnehmern, die immer noch nicht mit dem Rauchen aufhören wollte, obwohl ich wusste, dass die alternative zum 8 nichtrauchen hieß: Zigarette im Mund und sauerstoffgerät in der nase. aber ich war neugierig geworden, ob die Rauchentwöhnung auch bei mir klappt.“ Das tat es, Kirsten Janssen hat sich für eine medikamentöse Therapie entschieden. Die begleitende verhaltenstherapeutische unterstützung, zu der ihr der arzt riet, hat sie ausgeschlagen. für sie war das der richtige Weg. „ich habe es genommen, habe weiter geraucht wie bisher, aber schon nach ein paar Tagen habe ich mich gefragt: Was soll ich mit der Zigarette in der hand?“ nach drei Wochen kam der Tag, an dem sie ihre letzte Zigarette rauchte. Mittlerweile ist Kirsten Janssen seit elf Monaten rauchfrei. „Heute weiß ich: Freiheit ist, nicht mehr rauchen zu müssen“ „Das nichtrauchen hat mein Leben komplett verändert. Bevor ich mit dem Rauchen aufgehört habe, bin ich keine Treppe mehr hochgekommen. heute lasse ich jede Rolltreppe und jeden aufzug links liegen und fahre täglich 20 Kilometer mit dem Rad.“ Warum? „Weil ich festgestellt habe, wie schön das ist, wenn man atmen darf“, sagt sie. und weil sie sich nun insgesamt mehr Gedanken um ihre Gesundheit macht. ein neues Leben also. Das wünscht Kirsten Janssen auch den vielen Rauchern, die aussteigen wollen. „sie sollten nicht alleingelassen werden.“ „Tabakentwöhnung ist Therapie, nicht Prävention“ Dr. med. Thomas Hering, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Pneumologen, über deutsche Defizite bei der Tabakentwöhnung und schlecht qualifizierte Ärzte auf diesem Gebiet Herr Dr. Hering, was sind die Erfolgskriterien für eine effektive Tabakentwöhnung? Die erkenntnislage ist eindeutig: Verhaltenstherapie und medikamentöse unterstützung zusammen führen zu den maximal möglichen entwöhnungsergebnissen. Gerade bei der verhaltenstherapeutischen Behandlung kommt es aber darauf an, dass hier experten mit langjähriger erfahrung arbeiten – je erfahrener sie sind, desto erfolgreicher ist die Therapie. ebenfalls eine Rolle spielt, wo die entwöhnungstherapie stattfindet: Die Therapieerfolge in Praxisräumen sind größer als in anderen umgebungen. Welche Unterstützung erhalten Menschen, die von der Nikotinsucht dauerhaft wegkommen wollen? Bislang werden nur bestimmte verhaltenstherapeutische Programme erstattet. und diese auch nur teilweise. Medikamentöse Therapien werden in Deutschland als Lifestyle-Präparate, genauso wie beispielsweise haarwuchsmittel, gewertet und fallen damit komplett aus der erstattung – eine klare fehleinordnung, die dem wissenschaftlichen stand in keiner Weise entspricht. Das einzige, was Krankenkassen derzeit zu einem Teil unterstützen können, sind die verhaltenstherapeutischen Gruppenprogramme. sie fallen aber unter „Prävention“. auch das ist für die bereits Kranken unzutreffend. Tabakentwöhnung ist nicht Prävention, sondern in vielen fällen wichtigste Therapiemaßnahme bei Menschen, die an den schweren folgeerkrankungen des Rauchens wie herzkrankheiten oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (coPD) leiden. Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern? sowohl die verhaltenstherapeutische als auch die medikamentöse Behandlung sollten endlich eingang in die erstattungsfähigkeit finden – in erster Linie für chronisch kranke Raucher. ein anderer wichtiger aspekt ist die Qualifikation der Ärzte: es herrscht in Deutschland ein großes unwissen über die Risiken des Tabakmissbrauchs und die Möglichkeiten der entwöhnung. Das muss sich ändern. Doch bislang ist die fortbildung Privatsache der Ärzte. und solange die Tabakentwöhnung nicht erstattet wird, haben sie keinen anreiz, sich ausbilden zu lassen. Welche Auswirkungen hat die mangelnde Qualifikation der Ärzte? Die direkte folge ist die schlechte Versorgungssituation für die Patienten. an den Gruppenprogrammen der Krankenkassen nehmen jährlich lediglich ca. 9 000 Menschen teil – von mindestens 16 Millionen Rauchern in Deutschland insgesamt. Das ist viel zu wenig. um das zu ändern, bräuchten wir eine angemessene angebotsstruktur mit gut ausgebildeten experten, die in ärztlichen Praxen Raucher coachen. und dieses coaching samt begleitender medikamentöser Therapie muss erstattet werden, zumindest für kranke Raucher, aber auch für Menschen mit niedrigem einkommen. aktuelle studien beweisen, dass sich dies auch gesundheitsökonomisch lohnen würde: Die rund 600 euro für eine einmalige kombinierte entwöhnungstherapie sind wesentlich günstiger als die immensen Kosten, die für die Krankenkassen bei der Behandlung der typischen folgekrankheiten von Rauchern anfallen. 9 Vorbilder Rauchzeichen. Europäische Wege aus der Sucht Um die Suchtspirale zu durchbrechen, brauchen Raucher bestmögliche Unterstützung. Wie der Ausstieg mithilfe gesundheitspolitischer Maßnahmen in Deutschland gelingen kann, beleuchtet der EQUIPP-Report: Neben einem absoluten Rauchverbot in der Öffentlichkeit sind die Einrichtung regionaler Netzwerke für Rauchentwöhnung und eine bessere Ausbildung von medizinischem Fachpersonal sowie die Erstattung ganzheitlicher Therapien wirksame Ansätze. Unsere europäischen Nachbarn zeigen, wie dies umgesetzt werden kann. 10 Niederlande Großbritannien Krankenkassen erstatten ganzheitliche Therapie Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt 90 Prozent der Nikotinsüchtigen, die mit dem Rauchen aufhören, fangen sechs Monate später wieder damit an. Für nachhaltigen Erfolg empfehlen evidenzbasierte Richtlinien ganzheitliche Rauchentwöhnungsprogramme. Dazu gehören medikamentöse Therapien genauso wie die verhaltenstherapeutische Behandlung. Gelänge es, die Raucherquote um nur drei Prozent zu senken, ließen sich erhebliche Kosten sparen. Um die Raucherquote zu senken, haben die Niederlande im Januar 2011 das „Smoking Cessation Integrated Care Package“ aufgelegt. Seither erstatten die gesetzlichen Krankenkassen medikamentöse Therapien – vorausgesetzt, sie werden mit einer Verhaltenstherapie kombiniert. Hausärzte sind für viele Patienten die wichtigste Anlaufstelle für alle Fragen rund um ihre Gesundheit. Sie sollten nach Ansicht von Experten auch in Deutschland zur zentralen Anlaufstelle beim Thema Rauchentwöhnung werden. Ziel ist es, dass sie den Betroffenen eine effektive Rauchentwöhnungstherapie anbieten können oder gegebenenfalls an einen Spezialisten überweisen. In Großbritannien wurde ein erfolgsbasiertes Honorarsystem für Ärzte geschaffen, das Anreize geben soll, sich stärker für die Rauchentwöhnung einzusetzen. Zudem übernehmen die Krankenkassen medikamentöse Therapien, was die Motivation seitens des Patienten erhöht. Portugal Finnland Ein Netzwerk für Gesundheit Bessere Ausbildung, bessere Rauchentwöhnung Hand in Hand arbeiten portugiesische Experten in regionalen Netzwerken für Rauchentwöhnung: Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal und Rauchentwöhnungskliniken bündeln ihr Knowhow, um den Patienten zu helfen. Die meisten Betroffenen finden in ihrer Region die professionelle Hilfe, die sie benötigen. Wer auf der Suche nach Rauchentwöhnungsangeboten ist, erhält alle Informationen auf den Websites des portugiesischen Gesundheitsministeriums oder der lokalen Behörden. Zusätzliche Anlaufstellen sind Krankenhäuser oder Gesundheitszentren vor Ort. In Deutschland fehlt es hingegen an einem übergreifenden Expertenaustausch. Die Rauchentwöhnungstherapien sind zudem hierzulande sehr heterogen und genügen nicht einheitlichen Standards. Eine nachhaltige Rauchentwöhnung braucht professionelle medizinische Unterstützung. Einer Umfrage unter deutschen Ärzten im Rahmen des EQUIPP zufolge glaubt aber mehr als die Hälfte von ihnen (55 Prozent), dass ihre Ausbildung nicht ausreicht, um diese Hilfestellung effektiv gestalten zu können. Um Mediziner, insbesondere Hausärzte, für die Rauchentwöhnung zu sensibilisieren, sollte das Thema in die Lehrpläne des Medizinstudiums aufgenommen werden. Hier geht Finnland mit positivem Beispiel voran: Das Nationale Institut für Gesundheit und Soziales und die Universität Ost-Finnland kooperieren miteinander und integrieren das Thema Rauchentwöhnung in vier der fünf medizinischen Fakultäten Finnlands. In der fünften Fakultät sind Rauchentwöhnungsschulungen bereits fester Bestandteil der Medizinerausbildung. 11 LänderVergleich Das Nichtraucherland Großbritannien Finnland Niederlande Portugal Spanien Frankreich Deutschland Tabakabhängigkeit wird offiziell als Krankheit anerkannt. In gewissem Umfang. Medizinisches Fachpersonal erkennt die Bedeutung des gesundheitlichen Problems überwiegend an. Rauchen gilt immer noch als ‚Lifestyle-Gewohnheit‘. In gewissem Umfang. Allgemein gilt Rauchen immer noch als Angewohnheit. Vom medizinischen Fachpersonal wird Rauchen zunehmend als Krankheit angesehen. Tabaksucht wird als Abhängigkeit, nicht als Krankheit angesehen. Rauchen gilt immer noch als ‚Lifestyle-Gewohnheit‘. Beobachtung der Rauchprävalenz und Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote. Land setzt Maßnahmen um. Rauchprävalenz und Erfolge der Rauchentwöhnungsangebote werden jährlich überwacht. Regelmäßige Erhebungen, aber keine Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote. Regelmäßige Erhebungen, aber keine Überwachung der Qualität oder des Erfolgs von Rauchentwöhnungsinterventionen. Regelmäßige Erhebungen, aber keine Überwachung der Rauchentwöhnungsangebote. Regelmäßige Erhebungen und Überwachung der Rauchentwöhnungsrichtlinien, aber keine Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote. Wenige kleinere Erhebungen, aber keine obligatorischen Beobachtungen zur Erfolgskontrolle der Rauchentwöhnungsangebote. Therapien zur Rauchentwöhnung werden erstattet. Land setzt Maßnahmen um. Angebote des öffentlichen Sektors und des betriebsärztlichen Dienstes werden erstattet. Angebote des privaten Sektors werden vom Sozialversicherungsinstitut erstattet, Medikamente jedoch nicht. Rauchentwöhnungsangebote und Behandlungen werden seit Januar 2011 erstattet. Rauchentwöhnungsangebote werden auf allgemeinärztlicher und auf fachärztlicher Versorgungsebene vollständig erstattet, Medikamente jedoch nicht. Rauchentwöhnungsangebote sind verfügbar. Medikamente werden nicht in gleicher Weise zentral erstattet wie andere Arzneimittel, allerdings gibt es einige regionale Ausnahmen. Die ambulanten Rauchentwöhnungszentren der Krankenhäuser können mit Sozialversicherungskarte kostenlos in Anspruch genommen werden. Medikamente werden jedoch nur bis 50 Euro erstattet. Die meisten Krankenversicherungen bieten einen Zuschuss für Gruppenkurse zur Rauchentwöhnung an. Keine Erstattung von Medikamenten und ärztlichen Leistungen. Vollständige Umsetzung und Inkraftsetzung von Gesetzen zur Rauchfreiheit erfolgt. Jede Nation verfügt über eigene Gesetze zur Rauchfreiheit. Die schottische Gesetzgebung ist in einigen Fragen strenger. Land setzt Maßnahmen um. Es bestehen Probleme mit Ausnahmeregelungen und der Inkraftsetzung von Gesetzen zur Rauchfreiheit. Die Umsetzung der Nichtraucherschutzgesetze in Portugal wurde nicht von unabhängiger Stelle begutachtet und unveröffentlichte Untersuchungen weisen auf Probleme mit der Durchsetzung hin. Seit Januar 2011 gilt ein Rauchverbot an allen geschlossenen öffentlichen Orten. Rauchen ist in gemeinschaftlich genutzten Räumen streng verboten, draußen darf jedoch geraucht werden. Raucherräume sind unter sehr strengen Bedingungen erlaubt. Die Nichtraucherschutzgesetze variieren in jedem Bundesland und werden unterschiedlich streng überwacht. Viele Ausnahmen in der Gastronomie. Rauchentwöhnungsstrategie mit Leitlinien zu den entsprechenden Leistungen sind vorhanden und werden von der Regierung befürwortet. Jede Nation hat ihre eigene Strategie. Land setzt Maßnahmen um. Nationales Tabakkontrollprogramm 2006 – 2010. Nationales Rauchentwöhnungsprogramm ist vorhanden. Es gibt zentrale Rauchentwöhnungsnetzwerke in den Regionen. Es existieren einige regionale Vereinbarungen. Die jüngsten Gesetze zur Rauchfreiheit enthalten eine allgemeine Empfehlung, Rauchentwöhnungsprogramme einzuführen und neue Rauchentwöhnungsangebote zu fördern. Regierungsleitlinien finden bisher keine Anwendung, außerdem ist eine Aktualisierung notwendig. Es ist keine Strategie und keine von der Regierung unterstützte Leitlinie vorhanden. Ärzte werden in der Rauchentwöhnung ausgebildet und geschult. Ein nationales Schulungsprogramm zur Rauchentwöhnung ist notwendig: Das nationale Schulungszentrum für Rauchentwöhnung [National Smoking Cessation Training Centre (NSCTC)] bietet derzeit keine Programme für Allgemeinärzte, Spezialisten oder Pflegepersonal an. Ausbildung für Ärzte in der allgemeinärztlichen Versorgung vorhanden, diese wird aber lokal, bezirks- und regionsweise organisiert. STIVORO bietet eine Ausbildung für Allgemeinärzte an, jedoch existieren keine Maßnahmen seitens der Regierung. Einige Ausbildungsprogramme werden in der allgemeinärztlichen Versorgung angeboten, aber mehr Ausbildung notwendig. Wird meistens angeboten von den medizinischen Fachgesellschaften und regional organisiert. Es erfolgt keine offizielle Schulung der Allgemeinärzte zur Rauchentwöhnung. Die fachärztliche Versorgung ist krankenhausspezifisch. Auf Eigeninitiative können sich Ärzte in verschiedenen Angeboten zur Rauchentwöhnung zertifizieren lassen. Rauchen und Rauchentwöhnung sind Teil der Ausbildung von Medizinstudenten. Das Lehrangebot variiert je nach Fakultät. Land setzt Maßnahmen um. Rauchentwöhnung ist kein Bestandteil der Ausbildung. Das Lehrangebot zum Thema Tabakabhängigkeit ist begrenzt und optional. Es ist kein landesweiter Lehrplan zum Thema Rauchen und Rauchentwöhnung vorhanden. Gewisses Lehrangebot ist in einigen medizinischen Fakultäten vorhanden, nicht immer obligatorisch. Rauchentwöhnung ist derzeit kein einheitlicher Bestandteil der ärztlichen universitären Ausbildung. Lehrinhalte beschränken sich hauptsächlich auf durch Rauchen verursachte Gesundheitsschäden. 12 Land setzt Maßnahmen um. Land setzt Maßnahmen zum Teil um. Land setzt Maßnahmen nicht um. 13 AUSSichTen Wo ein Wille ist ... ist auch ein Weg? Den ergebnissen des eQuiPP -Reports zufolge würde eine klare Mehrheit aller Raucher in europa gerne von ihrer sucht loskommen. Der Wille allein – auch das zeigen die aktuellen ergebnisse – reicht bei einer sucht nicht aus. Zu groß ist die ambivalenz, einerseits aufhören zu wollen, andererseits aber zu glauben, dass es ohne Rauchen nicht geht. Raucher brauchen deshalb vielfältige unterstützung: anlaufstellen, Beratung durch hausärzte und erstattungsfähige Therapien. um in den kommenden Jahren eine nachhaltige Reduzierung der Raucherquote zu erreichen, muss mehr getan werden als bisher. Gefragt ist eine umfassende und langfristig angelegte strategie, um das Ziel „nichtraucherland“ zu erreichen. „Möchten Sie aufhören zu rauchen?“ Luxemburg 83 % 17 % Irland 79 % 21 % Portugal 75 % 25 % Großbritannien 72 % 28 % Spanien 67 % 33 % Finnland 67 % Italien 67 % 33 % Deutschland 59 % 41 % Niederlande 57 % 43 % ja 14 33 % nein Quellen Weitere Quellen Impressum Soweit nicht anders vermerkt, stammen die Quellen aus: Bridgehead International, EQUIPP : Europe Quitting: Progress and Pathways, London, 2011. http://www.ersnet.org/images/stories/weekly/ EQUIP_REPORT_COMPLETE.PDF 1 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V., Jahrbuch Sucht 2011. 2 WHO. Tobacco Atlas. Chapter 11: Costs to the economy, 2006. http://www.tobaccoatlas.org/downloads/ maps/Chap11_EconomicCosts.pdf Last accessed January 2011. Umgerechnet analog aktuellem Dollarkurs (Stand: März 2011) 3 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, 2010. 4 Studie von Insites Consulting im Februar 2011 mit 20 010 Rauchern und 22 683 Nichtrauchern in 20 europäischen Ländern. 5 Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.), Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung, Stand März 2011. 6 World Health Organisation, WHO Framework Convention on Tobacco Control, 2005. Pfizer Deutschland GmbH Governmental Relations & Policy Affairs Linkstraße 10 D-10785 Berlin [email protected] www.pfizer.de 15