MCAD OpenHouse Lecture #51 :: Falko Herold www.mcad-school.de Werbung trifft Kunst – nicht In vor-digitalen Zeiten (1982) überraschte ein Aufsehen suchender Groß-Kreativer seine werbenden Kollegen mit der Feststellung: „Werbung ist Kunst“. Die frohe (?) Botschaft galt aber nicht nur den Kreativen in den Agenturen, sondern auch deren Auftraggebern – damals noch „Werbungtreibende“ genannt. Diese sollten sich nunmehr als Mäzene begreifen und sich ein Beispiel an den Medici des 15. Jahrhunderts nehmen. Die Schirner’sche Parole lief voll ins Leere. „Who the fuck is Medici“ hörte man von Procter & Gamble und Konsorten. Und die beiden Stiefschwestern „Kunst und Werbung“ gingen wieder ihrer eigenen Wege. Als der Feiko den Falko traf, imponierten ihm dessen Arbeiten und er entschloss sich, den jungen und erfolgreichen Bühnenbildner einzuladen. Kunst und Werbung sollten es miteinander noch mal versuchen und sich wieder treffen – diesmal in den Katakomben der MCAD. Was hat Feiko zu diesem Experiment verführt? Es war sein Vertrauen in die Neugier der jungen Kreativen, die wie immer zur „OpenHouse Lecture“ geladen waren. Neugier ist ja bekanntlich der Treibstoff der Kreativität, und die großartigen Arbeitsbeispiele, die Falko Herold präsentierte, waren den Besuch es wert. Womit der junge erfolgreiche Bühnenbildner dann aber den kreativen Nerv vollens traf, war die Haltung, die sich hinter den Arbeiten zeigte. An einem Organigramm stellte Falko sein berufliches Umfeld dar. An der Spitze der allmächtige Regisseur, der noch allmächtigere Intendant darüber, der Dramaturg wachsam an der Seite. Dann das eigentliche Team: Kostümbildner, Plastiker, Lichtdesigner, Video-Künstler, Techniker, Schreiner, etc. Und nicht zuletzt die über den Erfolg entscheidenden Sänger/ Schauspieler. Da, schau her, denkt man verblüfft. In der Bühnenbildnerei geht’s ja zu wie in einer Werbeagentur. Beschreibt Falko nicht Grafiker, Texter, Designer, Kreative, wie sie ihre Idee hartnäckig verfolgen? Die, wie Falko, Einmischungen von oben elegant ignorieren. Gute Vorschläge integrieren. Entscheider überzeugen. Ihm jedenfalls ist es gelungen, dass in seinem Bühnenbild auch mal Sänger an ihren Beinen hingen – so sah es für das Publikum jedenfalls aus – und derart ihre Arien sangen. Die tumbe Neugier stellt jedoch vorher fest – Kunstverdacht! – dass die Bühnenbildnerei nicht auf Werbung zu übertragen sei – und bleibt fern. Die wache Neugier kommt und erkennt, dass der Blick aufs Andere den Blick aufs Eigene ungemein beflügelt. Falkos Fleiß, Genauigkeit, Ausdauer, Überzeugung, Flexibilität sind jedenfalls „Anregungen, die eins zu eins zu übertragen sind“. Schade, dass die nicht gekommen sind, die am meisten profitiert hätten. Sie haben eine gute Lecture und eine fällige Lektion verpasst. PS: Unter den Besuchern befand sich auch Norbert Herold, der Vater von Falko. Danke, lieber Norbert, dass Du Deinen Sohn und seinen Bruder nicht mit Deinen vielen Goldenen Nägeln in der Werbung festgenagelt hast. Gernot Wüschner, November 2015