Alternative Therapieverfahren Berechtigt oder nicht? I.Reuter Justus-Liebig-Universität Giessen, Soemmerring Institut Bad Nauheim Alternative Therapieverfahren Definition • Die Therapie wurde zur Behandlung der Parkinsonerkrankung begonnen. • Die Therapie würde nicht durchgeführt werden, wenn der Patient nicht an M. Parkinson erkrankt wäre. • Die Wirksamkeit der Therapie wurde (bisher) nicht oder unzureichend durch Studien bewiesen. • Alternativ-Therapieverfahren werden anstatt konventionellen Verfahren genutzt (5-10%) – Mehrheit: zusätzliche Anwendung alternativer Therapieverfahren Wer nutzt alternative Behandlungen • Jüngere Patienten (Patienten unter 65 Jahren) • Patienten mit höherem Einkommen • Patienten mit höherer Schulbildung • Patienten mit Internetzugang Gründe für alternative Therapien bei Patienten, die alternative Therapien zusätzlich zur konventionellen Medizin benutzen • Allgemeine Orientierung zur Gesundheit • Gefühl, etwas für die Gesundheit tun zu müssen • „etwas“ unschädliches, aber Gesundes tun zu wollen • „Angst“ Medikamente seien ungesund und schädlich • Positives Image der alternativen Methodensanft-gesund-natürlich-keine Nebenwirkung Keine Beziehung zur • Erkrankungsschwere • Therapiezufriedenheit • Selbstbestimmungswille • Nachweis der Unwirksamkeit - DATATOPVitamin E Gründe für Alternative Therapien bei Patienten, die ausschließlich alternative Therapien nutzen • Behandlung wirkt besser als Schulmedizin. • Ich fühle mich viel besser. • Die Behandlung ist mehr auf die Gesundheit als auf die Krankheit ausgerichtet. • Unzufriedenheit und Wirkungslosigkeit der konventionellen Behandlung. Patienten, die ausschließlich alternative Therapien nutzten waren signifikant häufiger schwerer erkrankt. Ziele der alternativen Therapien • • • Oxidativen Stress reduzieren Radikale abfangen = Zellen entgiften Zelluntergang verhindern • Positiver Einfluss auf Atmungskette • Verlorene Funktionen ersetzen Nahrungsergänzungsstoffe • • • • • • • • • • • Vitamin E, Vitamin C, Multivitamine Co-enzyme 10 Gingko biloba Selen, Zink Calcium, Magnesium Kräutertee, Kavawurzeln N-acetylcysteine L-Carnitin Folsäure, Vitamin B12, B6, B2 Fischöle Glutathion Vitamin C • Forscher fanden erniedrigte Vitamin C-Spiegel in der SN • Vitamin C soll gegen oxidativen Stress wirken und Vitamin E in wirksame Form zurückführen. • 1 Studie zeigte niedrige Vitamin C Spiegel im Blut von Parkinsonpatienten. Klinische Studien konnten weder eine Verbesserung der neurologischen Symptome noch eine Verzögerung der Erkrankung zeigen. 1 Studie zeigte positiven Effekt für die Kombination Vitamin C/ Vitamin E Vitamin E • Mitochondrienfunktion / oxidativer Stress • Vitamin E ist trotz der Notwendigkeit für Lebensfähigkeit von Zellen in niedriger Konzentration • Möglichkeit Vitamin E im Gehirn anzureichern ist begrenzt, Vitamin E Spiegel steigt mit Anzahl der Behandlungstage , aber extrem langsam • Oft wird zusätzlich Vitamin C gebraucht, um Vitamin E zurück zu gewinnen • Studien im Tiermodell widersprüchliche Resultate Vitamin E • DATATOP Studie-negativ: 2000IU/Tag • New York (Fahn 1992) Kombination VitaminC/E verzögerte L-dopa Behandlung um 2,5 Jahre (21 Patienten behandelt mit Anticholinergika und Amantadine) • Was soll verbessert werden: Fortschreiten der Erkrankung, geistige Leistungsfähigkeit (Erinnerung) • Anwendungsgebiete: M. Alzheimer, M. Parkinson Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure Vitamin B6 Folsäure, Vitamin B2 Vitamin B12 Homocystein Annahme: Folsäure verhindert M.Parkinson niedrig Tiermodell/Maus, MPTP, menschliche dopaminerge Zellen in Kultur: Folatmangel Homocystein hoch, Fehlfunktion der dopaminergen Zellen Studien zeigten keinen Effekt beim Einsatz von Folsäure in frühen Stadien der Parkinsonerkrankung. Coenzym Q10 ¾ Hauptwirkung im Fettstoffwechsel (LDL oxidation). ¾ Verbesserung des Stoffwechsels und Energiegewinnung des Herzmuskels. ¾ Reduziert Gefahr von Herzschäden unter Adriamycin. ¾ Ob Q10 allgemein die Energiebereitstellung verbessert und auch im Bereich der Nervenzellen positiv wirkt ist nicht nachgewiesen. ¾ Keine negativen Nebeneffekte L-Carnitin • • • • Verbessert Energiebereitstellung in der Muskulatur • Parkinsonpatienten belasten sich üblicherweise nicht in den Bereichen wie Hochleistungssportler Erhöht Ausdauerleistungsfähigkeit Hilft bei Carnitinmangel im Muskel Da die Parkinsonerkrankung keine Stoffwechselerkrankung des Muskels ist keine wesentliche Wirkung zu erwarten Spurenelemente • Zink • • • • Wichtig für die Funktion von Hormonen wie Insulin • Anwendung: Immunschwäche, Krebs, Hauterkrankungen, Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, künstliche Ernährung • • Achtung: Eiseneinnahme verhindert Zinkaufnahme, Stabilisierung der DNA (Erbsubstanz) Immunsystem Nahrungsmittel: Austern, Camenbert, Emmentaler, Haferflocken, Hirse, Cornflakes, Weizenkeime, Nüsse Überdosierung möglich Spurenelemente • Selen • • • • Umwandlung von freien Radikalen • Anwendung: entzündliche Gelenkerkrankungen, Krebserkrankungen • • Achtung: Wechselwirkung: Vitamin C Entgiftung des Körpers Schilddrüsenfunktion Nahrungsmittel: Süßwasser- und Seefische, Eigelb, Fleisch, Leber, Getreide, Nüsse, Eiweiß ist zur Aufnahme erforderlich Ärztlich überwachte Therapie empfohlen Knoblauch • Verbesserung der geistigen Funktion in Mäusen • • • Reduziert Cholesterol Immunsystem Zellentgiftung Keine Studien zur Parkinsonerkrankung. Ginseng • • • • • Energielieferer, Sauerstoffmangel im Gewebe • Vorsicht: Vermindert Marcumarwirkung Verbessert Herzfunktion Geringe Blutdrucksenkung Stärkt Immunsystem Verbessert Gedächtnis, 3 Studien zeigten verbesserte Rechenleistungen beim Menschen Wirkungsweise bei M. Parkinson/ Tiermodell Oxidativer Stress Zellschaden Störung der Zellatmung Ginseng Ginseng Schutz der dopaminergen Zellen Papaya statt Dopa? • Natürlich vorkommende Stoffe in Pflanzen und Früchten sollen eine Wirkung gegen M. Parkinson haben. • Einige Substanzen können den Plasmaspiegel von L-Dopa erhöhen. Teufelskralle • • Genutzt: Speicherwurzeln • Für Behandlung degenerativer Gelenkleiden positiv bewertet • • Wirkung tritt nach 3 Wochen ein • Wenig wirksam bei rigorbedingten Schmerzen • NW: Magen-Darmbeschwerden Inhaltsstoffe: Harpagosid, Flavenoide Nicht geeignet zur akuten Schmerzlinderung Gingko biloba • Freier Radikalfänger • • Hemmer der Fettsäureoxidation • • Thrombozytenaggregationshemmung • • Anstieg von Glukose und Sauerstoffangebot zum Gehirn Protektion des dopaminergen Systems (Tiermodell) MAO Hemmer (Tiermodell) Gingo biloba hilft in der Prophylaxe der Höhenkrankheit Bei M. Parkinson Wirksamkeit, d.h. Verlangsamung der Krankheitsprogredienz nicht erwiesen! Grüner Tee Neurosci Lett. 2010 Oct 4;482(3):183-7. Epub 2010 Jun 11. (-)-Epigallocatechin-3-gallate (EGCG), a green tea polyphenol, reduces dichlorodiphenyl-trichloroethane (DDT)induced cell death in dopaminergic SHSY-5Y cells Teeverbrauch korreliert negativ mit Häufigkeit der Parkinsonerkrankung. Ist die Einnahme dieser Mittel harmlos? • Mehr als 50% der Patienten geben die alternativen Behandlungsformen bei ihrem behandelnden Arzt nicht an. • Es gibt Hinweise, dass einige der Vitamine und Kräuter die Wirkung und Abbau der Medikamente verändert. • Nierenschäden und auch Blasentumoren wurden nach Anwendung chinesischer Kräuter beobachtet. Gefahren der Anwendung alternativer Therapien ¾ Heilmittel unterliegen nicht der üblichen strengen Prüfung- wenige Studien hoher Qualität ¾ Zusammensetzung der Präparate schwankt erheblich-fehlende Standardisierung ¾ Wirksamkeit und Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen unzureichend bekannt ¾ Keine Studienprüfprotokolle, die den speziellen Erfordernissen alternativer Therapieverfahren entsprechen Wechselwirkungen von alternativen Heilmitteln mit Medikamenten Alternatives Medikament Schulmedizin Interaktion Gingko biloba, Knoblauch Dong quai, Danshen Marcumar (Aspirin) Verringerte/Vermehrte Blutungsneigung Ginseng Antidepressiva Euphorie Johanniskraut SSRI, Digoxin, Cyclosporin, Marcumar Serotonin Syndrom Wirkungsverlust Yohimbine Antidepressiva Bluthochdruck Ayurvedischer Syrup Shankhapushi Phenytoin Reduzierter Plasmaspiegel Sho-saiko-to (Tee) Cortison Erniedrigter Spiegel Kava Levodopa, Alprazolam Vermehrung der „off“Zeit, Koma-ähnlicher Zustand Betelnuss Neuroleptika Extrapyramidale Symptome Therapieverfahren • • • • • • Akupunktur Shiatsu Reiki Pilates Qi Gong Magnetfeldtherapie Gründe für Nutzung der Traditionellen chinesischen Medizin • • Mögliche positive Effekte • Angst vor Nebenwirkungen von Medikamenten • Ansteigendes Bewußtsein für psychologischen Einfluss auf Erkrankung • Glaube Medikation sei sicherer und natürlicher Hinwendung zu ganzheitlichen Heilmethoden Akupunktur (Schöpfung des Lebens beinhaltet Yin und Yang) • Yin innen • Körper • Kälte • Yang außen • Geist • Hitze Qi fließt permanent durch den Körper auf 14 Meridianen (Kanälen) Die Meridiane laufen vertikal auf dem Körper, Yin Meridiane nach oben und Yang Meridiane nach unten. Störungen des Flusses schlechte Gesundheit an. Akupunktur: Korrektur des Flusses von Qi Ziel: Wiederherstellung der Harmonie im Fluss von Qi, Balance von Yin und Yang Elektroakupunktur Tierexperimentelle Arbeiten zeigen eine vermehrte Freisetzung von Neurotransmittern (GDNF, Dopamin) bei Ratten, die an spezifischen Punkten behandelt wurden vs. Ratten, die eine offene oder verdeckte Elektropunktur erhielten. Frequenz beeinflusst Effekt Klinisch: Verbesserte Beweglichkeit Elektroakupunktur Effekt von Akupunktur • • • • Parkinsonerkrankung (ACUPX-Studie) • Patienten mit höherem Angst- und Depressionsscore gaben deutlichere Besserung an. Akupunktur verbesserte Schlaf und Wohlbefinden Akupunktur verminderte Anspannung Keine Besserung der Parkinsonsymptomatik bei Evaluierung der Skalen und Fragebögen Es gibt kein allgemein gültiges Akupunkturbehandlungsprotokoll für M. Parkinson. Stärkere Aktivierung motorischer Regionen durch Elektroakupunktur Effekt von Akupunktur • • • • • • Herzerkrankung Abnahme der Angina pectoris Attacken Verbesserung der Herzfunktion Verschlechterung der Herzfunktion bei manchen Herzmuskelerkrankungen Blutdrucksenkung Kein Ersatz f. Medikamente Ayurveda = das Wissen um die Langlebigkeit (Parkinsonstudie aus Indien) • Reinigungstherapie-Verbesserung der Aufnahme der Ayurveda Medikamente. • Gabe von pulverisierten getrockneten Pflanzen in lauwarmer Kuhmilch (2 x täglich). • Zusätzliche Gabe von Pflanzensamen, Körnern in Milch eingweicht. ¾ Verbesserung der Akinese und des Rigors bei Patienten mit vollem Ayurvedaprogramm. ¾ M.pruriens eine der Pflanzen der Ayurveda Behandlung enthält in einer Dosis 200 mg L-dopa . • Nebenwirkung: W. somnifera hat cholinerge Wirkung, daher Verstärkung des Speichelfluss. Shiatsu • Theorie: Störungen des Energieflusses im Körper rufen Erkrankungen hervor • Ziel: Lösen von Blockaden, Normalisierung des Energieflusses • Shiatsu-Techniken benutzen Akupunktur-Punkte • Techniken: – Akupressur – Streichen – Manipulation Reiki • Reiki: Wiederherstellung des Energiegleichgewichts • Therapie mit und ohne physischen Kontakt • Keine Studien zur Parkinsonkrankheit • Studie zur Schmerzbehandlung bei Krebspatienten: - Gruppe 1: Opiate + Ruhe; Gruppe 2: Opiate + Reiki - 18 Körpergebiete, 10 Handpositionen Kopf und Rumpf in Rückenlage, 8 Handpositionen in Bauchlage • Subjektives Schmerzempfinden in Reiki Gruppe signifikant niedriger • Kein Unterschied im Opiatverbrauch, bei Blutdruck und Herzfrequenz Eventuell positive Ergebnisse bei Behandlung von Schmerz und Rigor bei Parkinson -Patienten. Qi Gong • • • Alte chinesische Heilmethode • Qigong Technik: Atmungsübungen, rhythmische Bewegungen, angedeutete Bewegungen, Meditation ¾ Ziel: Verbesserung der Blutzirkulation, der Herzfunktion, Heilung früherer Schäden, Verbesserung der Vitalität und Beweglichkeit, Entspannung, Körperbewußtsein Qi = Lebensenergie des Körper Gong = Erhalten des Qi = der Energie Beurteilung QiGong • 4 größere retrospektive Studien: - 1 Patientengruppe: QiGong- Übungen; - 1Gruppe: keine Übungen • Effekt der Therapie: Verbesserung der Herzfunktion + Durchblutung. • Keine Studien: QiGong getestet gegen Krankengymnastik. • Es gibt keine doppelblinden Studien. QiGong Energie (Omura et al.1995) • Positive QiGong Energie wird in einem Blatt Papier gespeichert und Durchfluss der Energie durch eine trichterförmiges Glasoder Plastikgefäß intensiviert. • Applikation dieser Energie auf den Repräsentationsfeldern der Organe verbessert Medikamentenaufnahme und Durchblutung. • Keine validen Studien, Theorie zur Anwendung bei M.Parkinson: Erkrankung sei durch Mangel an Energie bedingt Pilates • • 1923 von Joseph Pilates für Tänzer entwickelt • • • Widerstandsübungen Übungsprogramm zur Verbesserung der Beweglichkeit, des Gleichgewichts und der Kraft Gleichgewichtskontrolle während der Bewegungen Konzentration auf Bewegungsausführung Übungen können zur Verbesserung des Gleichgewichts, Muskelkräftigung und Verbesserung des Bewegungsausmaßes verwendet werden, ersetzen aber keine Medikation. Es gibt bisher keine validen Studien. Osteopathie • • • • • Anspruch PD zu heilen zu hoch Verbesserung von Rigor Verbesserung der Haltung Besserung von Schmerzen Cave Chiropraktik- Osteoporose Zusammenfassung ¾ Alternative Therapieverfahren können hilfreich sein. ¾ Sollten bei schwerwiegenden Erkrankungen keinen Ersatz der konventionellen Therapie darstellen. ¾ Anspruch, die Parkinsonerkrankung zu heilen ist zu hoch. ¾ Alternative Heilmittel enthalten teilweise hochwirksame Stoffe und sind keinesfalls harmlos. ¾ Der behandelnde Arzt sollte stets über den Einsatz alternativer Therapieformen informiert werden.