FU Berlin, Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften HS: Brand Marketing Dozentin: Fr. Prof. Posner-Landsch Thema: Qualitative Advertising Research-where do we get it right and where do we get it wrong? By Alan Branthwaite and Alan Swindells published by Millward Brown Referenten: Florian Rehn, Enis Rotthof, Tobias Scholz, Steffen Krüger, Oliver Fischer, Sami Khatib Gliederung 1. 2. 3. Einleitung 1.1 Die Rolle von Werbung im Leben des Verbrauchers 1.2 Ziel der Arbeit Qualitative Werbeforschung - Stufen der Entwicklung 2.1 Werbestrategie-Forschung 2.2 Kreative Entwicklungsforschung 2.3 Werbe-Vortest-Stufe (Pre-Test-Phase) 2.4 Gegenwärtige Forschungsmethode Kognitive Psychologie und die Informationsverarbeitung von Werbungen 3.1 Unbewusste Wahrnehmung 3.2 Von der Sinneserfahrung zur bedeutungsvollen Wahrnehmung Mechanismen der Informationsverarbeitung 3.3 4. Zwei Mechanismen der Wahrnehmung lassen sich unterscheiden: Zwei Arten des Wissens 4.1 Episodisches Wissen 4.2 Semantisches Wissen 4.3 Zusammenänge zwischen beiden Wissensarten 5. 6. Anwendung der Kognitionswissenschaften auf die Werbungswahrnehmung 5.1 Fernsehen 5.2 Lesen von Printwerbungen 5.3 Drei Idealtypen von Werbung Welche Erkenntnisse sind aus der Perzeptions-Psychologie für das Testen von Werbung zu gewinnen? 6.1 Unterschied von bewußter und unbewußter Wahrnehmung 6.2 Erkennen individueller Nuancen für gute Interviewergebnisse. 6.3 Unterschiede zwischen fertigen Filmen und Skizzen müssen verarbeitet werden und sind daher relevant für das Interviewergebnis. 6.4 Für die Werbeforschung und Werbetests stehen verschiedene Interviewformen zur Verfügung. 7. Qualitative Werbeforschung 7.1 Das Wahrnehmungsschwerpunktinterview (perceptional focus interview) 8. Fazit 9. Literatur 1.Einleitung Einleitend werfen die Autoren die Frage nach der Methode der qualitativen Werbeforschung auf. Bei der Wahl für Gruppendiskussionen und Einzelinterviews wird meist willkürlich nach persönlichen Präferenzen verfahren. Es muss aber vielmehr überlegt werden, wie man am besten Vorstellungen/Wahrnehmungen von Werbungen kommunizieren kann. 1.1 Die Rolle von Werbung im Leben des Verbrauchers Werbung hat keine primäre Relevanz im Alltag der Verbraucher. Werbung ist für Konsumenten selten wichtig, im Gegensatz zu denen, die sie machen. Die meisten Spots müssen ihren Effekt unter niedriger Verbraucheraufmerksamkeit erreichen. Im Fernsehen wird Werbung vom Rezipienten ziel- und wahllos wahrgenommen. TV und Printwerbung funktionieren auf verschiedene Weisen. Printwerbung wird aktiver und bewusster wahrgenommen, wobei hier Printbilder ausgenommen sind. Aber selbst dabei kann ein für den Betrachter interessantes Bild ein aktiveres Verarbeiten der Werbung bewirken. 1.2 Ziel der Arbeit ?? Wie sollte Werbeforschung in verschiedenen Stufen seiner Entwicklung und Ausführung betrieben werden? ?? Mit welchen Methoden wird derzeit Werbung getestet? ?? Überprüfung der Wahrnehmungstheorien und ihre Folgen für das Studieren von Werbung. Was sind die Befunde der Wahrnehmenungspsychologie und phänomenologie? ?? Wie nehmen diese Einfluss auf die Werbeforschung? ?? Untersuchung der Unterschiede zwischen Einzel- und Gruppendiskussionen als Methoden zur Werbeforschung ?? Vorschlag für eine rationale methodologische Annäherung Nachfogend wird sich im wesentlichen auf Fernsehwerbung konzentriert, Printmedien werden lediglich zum Vergleich herangezogen. 2. Qualitative Werbeforschung - Stufen der Entwicklung 2.1 Werbestrategie-Forschung In dieser Frühphase ist es die Rolle der Forschung: ?? die Wünsche des Verbrauchers zu verstehen ?? seine Einstellung zu Marken auf dem Markt zu erkennen ?? Reaktionen auf Angebote/Vorteile festzustellen Die gewonnenen Ergebnisse helfen: ?? die strategischen Ziele der Marke zu präzisieren ?? die Ziele der Werbung zu schärfen Die Aufgabe in dieser Stufe ist es, die Wünsche des Verbrauchers einzuschätzen. 2.2 Kreative Entwicklungsforschung Die kreative Entwicklungsforschung setzt ein bevor die komplette Werbung produziert ist und nachdem Ideen vorformuliert wo rden sind. ?? Diese Forschungsstufe ist entdeckerisch und entwickelnd. ?? Sie stellt fest, ob die Werbeidee motivierendes Potential besitzt, um eine Beziehung zwischen dem Verbraucher und der Marke aufzubauen. ?? Ziel ist es, die Art und Weise zu verstehen, wie die Werbung den Verbraucher beeinflussen und wie sie ihr Ziel besser erreichen kann. 2.3 Werbe-Vortest-Stufe (Pre-Test-Phase) Wichtig in dieser Phase ist die passende Werbeausführung , um die zuvor ausgearbeitete Strategie bestmöglich umzusetzten. ?? Das Hauptziel ist es, die Effekte der Ausstrahlung der Werbung vorausszusehen. Dieser Teil der Forschung ist eher kalkulierend denn entdeckerisch. ?? In dieser Phase liegt der Fokus auf der selektiv ausgerichteten Wahrnehmung des Rezipienten. 2.4 Gegenwärtige Forschungsmethode ?? Die Autoren führten 52 halbstrukturierte Telefoninterviews unter WerbeagenturPlanern und deren Kunden durch und befragten sie zu ihrer bevorzugten Interviewmethode. ?? Im Ergebnis stellte sich heraus, daß die Gruppendiskussion die bevorzugte Methode in allen drei Phasen ist. Als Hauptgründe für die Wahl von Gruppendiskussionen in der Werbe-Strategie-Phase wurden Gruppendynamik, Kreativität, Tiefgang durch größere Interaktion und Einbindung genannt. In der Kreativ-Entwicklungs-Phase wurden als Hauptgründe für das Wählen der Gruppendiskussionen das bessere Preis/Leistungsverhältnis genannt. In der Vortest-Phase schließlich erhofften sich die Interviewer von einer Gruppe, eine (fast) fertige Werbung konstruktiv hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen erörtern zu können. 3. Kognitive Psychologie und die Informationsverarbeitung von Werbungen Wir wissen wenig über die Wahrnehmungsprozesse beim Fernsehen. Die Psychologie liefert allerdings Modelle zu Prozessen bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von Sinneserfahrungen, welche uns hilfreiche Anhaltspunkte zur Werberezeption geben können. 3.1 Unbewusste Wahrnehmung Visuelle und auditive Sinnesinformationen werden zuerst in ein sog. Iconic Store getragen. Diese Iconic Stores korrespondieren mit der physischen Erfahrung/dem Stimulus, sind kurzlebig und unbewusst. Jeder Sinn hat seinen Ikonischen Speicher. Bei einem Werbefilm ermöglichen uns diese Speicher, die einzelnen Szenen zu einer kohärenten Geschichte zusammen zu addieren. In den Sinnesspeichern (Iconic Stores) sind wesentlich mehr Informationen enthalten (allerdings nur vorübergehend), als direkt ins Langzeitgedächtnis gehen. Der Informationstransfer von den Iconic Stores in die eigentliche Erinnerung hängt von der Aufmerksamkeit ab, die man den Sinne seindrücken - in unserem Fall der Fernsehwerbung - widmet. Die Einbettung ins Langzeitgedächtnis kann ebenfalls unbewusst erfolgen. Sinneseindrücke sind mit Assoziationen und dem Wissen um Fakten verbunden. Auf sie kann nicht einfach so zurückgegriffen werden (sie “tauchen” erst auf). 3.2 Von der Sinneserfahrung zur bedeutungsvollen Wahrnehmung - Mechanismen der Informationsverarbeitung Wahrnehmung geschieht immer in Bezug auf individuelle Dispositionen (Wissen, Erfahrung, lebensweltlicher Kontext). Die Umwandlung von Sinneseindrücken in Wahrnehmungen mit Bedeutungen erfolgt in verschiedenen Stufen und nach verschiedenen Mechanismen. 3.3 Zwei Mechanismen der Wahrnehmung lassen sich unterscheiden: Bottom-Up: stimulusmotivierte Verwertung. Sinnesinformationen (Iconic Memory) bestimmen die Wahrnehmung. Top-Down: begreifende Verwertung. Wissen, Erfahrungen und Erwartungen bestimmen die Interpretation der Sinnesinformationen. Die zwei Mechanismen interagieren stetig. Je mehrdeutiger der Input, desto wichtiger wird die Verarbeitung unter Hinzunahme eigener Erfahrungen (also Top-Down (Kontext). Viele Sinnestäuschungen entstehen durch die Voreingenommenheit (Top-Down Expectations), mit der wir einem mehrdeutigen Eindruck begegnen. (Bsp.: Animationen von Spots bedürfen mehr einer Top-Down-Verwertung als der fertige Spot.) Bottom-Up und Top-Down -Umsetzungen von Wahrnehmungen erfolgen auf mehreren (unterschiedlich intensiven) Ebenen der Bewusstwerdung. Auf einer der untersten Ebenen findet die Wahrnehmung von Bedeutungen unbewusst statt. Auf höheren Ebenen kann diese Wahrnehmung begründet und reflektiert erfolgen. Das Zusammenspiel dieser Ebenen findet in jeder Alltagserfahrung statt. (Bsp. Muttersprache) Schaubild TopDown/Bottom Up: THE CONCIOUS DELIBERATOR Thoughtful Meaningfully analysed Rationally considered analysis (what am I seeing, what is it saying, what does it imply) Past experience learning, knowledge THE PRECONCIOUS INTERPRETER intuitive perception interpreted, meaningful, symbolic (Top down perception) Sensory perception (bottom up) Visual, auditory images THE NON-CONCIOUS RECORDER sensory images in iconic stores Im Schaubild sind drei Typen der Informationsverwertung dargestellt. ?? Der unbewusste Speicher (Recorder): Er funktioniert nach dem System der Iconic Stores. Eindrücke der physischen Welt werden als Bilder, Töne etc. aufgenommen und stehen der Analyse und Verwertung auf höheren Ebenen zur Verfügung, oder gehen direkt in die Erinnerung ein. ?? Der Pre-conscious Interpreter übersetzt die rohen Sinneseindrücke in Dinge/Zusammenhänge, schafft also sinnhafte Verbindungen. Die Bildung eines semantischen Feldes (in einem Text) unterstützt die Übersetzung eines visuellen Eindrucks in ein Bild mit Bedeutung. ?? Der Conscious Deliberator (Bewußtes Überlegen) arbeitet rational und ver- bzw. bewertet Wahrnehmung und Erinnerung gleichzeitig. 4. Zwei Arten des Wissens Nicht jede Erfahrung wird auf die gleiche Art und Weise von dem Conscious Deliberator verarbeitet. Es gibt wichtige Unterschiede in den Wahrnehmungsarten und wie wir diese benutzen. 4.1 Episodisches Wissen ?? “Episodisch” oder “prozedural” sind Bezeichnungen für eine Informationsverarbeitung, die persönliche Erfahrungen oder Handlungen beinhaltet. ?? Episodische Erfahrung ist autobiographisch und bezieht sich auf das Verarbeiten von alltäglichen Situationen, wie z.B. was wir zum Frühstück gegessen haben etc. ?? Sie betrifft unsere Lebenserfahrung und das dazugehörige Abrufen von Zeiten und Orten, an denen uns kürzlich etwas passiert ist. Dies beinhaltet auch das Sehen einer Werbung. Episodisches Wissen wird passiv und automatisch als eine selbstverständliche Umwelterfahrung registriert. Die Bezeichnung “prozedural” beleuchtet einen besonderen Aspekt episodischen Wissens. Sie steht für Fähigkeiten, die wir aktiver und bewußter gelernt haben, wie beispielsweise Fahrradfahren. Einmal gelernt und “verinnerlicht” kann eine solche Prozedur oder Handlungsabfolge ausgeführt werden, ohne die einzelnen Handlungsbestandteile unbedingt bewußt zu rekonstruieren. Dieser Aspekt des episodischen Gedächtnisses kann allerdings durch Wiederholung verblassen und somit an Eindeutigkeit verlieren oder andersherum als verfestigte Wahrheit oder bzw. Regel Teil des semantischen Wissens werden. 4.2 Semantisches Wissen ?? SW ist auf einem abstrakteren Level anzusiedeln. ?? Es bezieht sich nicht auf konkrete, wahrgenommene Eigenschaften von Objekten/Situationen, sondern auf Verhältnisse und Verallgemeinerungen von solchen Informationen (z.B. Mathematik, Geometrie). Weiterhin ermöglicht es das Erlernen von Eigenschaften und Verhältnissen, die nicht unbedingt auf direktem Wissen basieren müssen. 4.3 Zusammenänge zwischen beiden Wissensarten Trotz der Gefahr einer groben Vereinfachung des Sachverhalts, läßt sich sagen, daß es getrennte -wenn auch interdependente- Verarbeitungsarten gibt: eine für die räumlich-visuelle Erfahrung (EPISODISCHES WISSEN) und eine für das verbale Material und seine visuelle, geschriebene Form (SEMANTISCHES WISSEN) Trotzdem kann diese Unterscheidung nicht klar gezogen werden, da z.B. räumlich-visuelle Eindrücke ein semantisches Wissen erst bedingen oder befördern können wie auch Wörter in der Lage sind, mentale Bilder, Assoziationen hervorzurufen. Episodisches Wissen ist sehr eng verbunden mit dem unbewußten Speicher (Nonconscious Recorder) und der Ikonischen Wahrnehmung (ikonische Wahrnehmung ist eine Wahrnehmung aufgrund eines Kurzbildspeichers, der für eine kurze Sequenz ein zeitlich verlängertes Abbild speichern kann, s.o.), durch die bedeutsame Ereignisse und audiovisuelle Bilder gespeichert werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei, wie ein wiederholte episodische Erfahrung in abstraktes, wesentliches Wissen umgewandelt wird, wie also Episodisches Wissen in Semantisches Wissen konvertierbar ist, wobei letzteres uns dann wiederum in die Lage versetzt, längerfristige Erinnerungen und Assozialtionen mit einem Konzept oder einer Marke/Markierung zu verknüpfen. Semantisches Wissen baut auf sprachlichem und intelligenten Überlegen auf. Aber selbst auf dieser elaborierten Stufe der (Erfahrungs-)Verarbeitung ist die Art und Menge der Informationen, die von einem Rezipienten erinnert werden kann, nicht universell,.d.h. nicht immer die gleiche. Vielmehr werden automatisch eher jene Informationen gespeichert, die für den Rezipienten persönlich brauchbar sind. D.h., die Möglichkeit, bestimmte Informationen wiederaufzurufen, ist stark vom Bezugsrahmen - der persönlichen Disposition - abhängig unter dem sie aufgenommen wurden. 5. Anwendung der Kognitionswissenschaften auf die Werbungswahrnehmung Was läßt sich aus dem bisher Gesagten für die Fernseh- und Printwerbung ableiten? 5.1 Fernsehen Fernsehwerbung wird passiv registriert. Eine Werbung wird vom Zuschauer im Zusammenhang mit einer Werbepause und als eine von vielen verarbeitet. Eine Werbung wird anfangs als autobiographisches Ereignis passiv und episodisch verarbeitet, unter Aussparung von Implikationen und Deutungen. Größeres Interesse und Aufmersamkeit wird dem Produkt nicht beigemessen. (Brown 1992) Ein Zuschauer speichert eine im Fernsehen gesehene Werbung als Sequenz von Bildern und Ereignissen, nicht aber als Ansammlung von Fakten und Eigenschaften, zu denen er bereits eine Meinung entwickelt hat. Durch mehrmaliges Sehen werden ikonische Bilder mit der Marke assoziert. Der Wechsel von passivem Registrieren einer Werbung zu aktivem Verarbeiten dessen, wofür die Werbung steht, was sie bedeutet, geschieht normalerweise nicht während der Zeit des Sehens, sondern sehr viel später bei einer Kaufentscheidung oder während einer Diskussion über die Marke. Das heißt, episodisches Wissen wird erst dann in Semantisches Wissen konvertiert, wenn begründete, aktive Gedanken über das Produkt anzuführen sind. 5.2 Lesen von Printwerbungen Printwerbungen werden in einer aufmerksameren und selektiveren Weise gelesen. Leser filtern Werbeanzeigen für uninteressante Produkten heraus, während Anzeigen von interessanteren eher gelesen werden. Außerdem gibt es den Effekt, daß - im Gegensatz zur Fernsehwerbung - bereits gesehene/ gelesenen Anzeigen schnell ihre Wirkung verlieren und nicht mehr registriert werden. Der Inhalt einer Anzeige wird bewußt verarbeitet, es sei denn der Leser wird durch interessante Bilder abgelenkt. Die Verarbeitung erfolgt semantisch unter Beachtung von formalem Wissen und Fakten, so daß Leser sich an den Inhalt mehr erinnern können, als an visuelle Reize, die ursprünglich ihre Aufmerksamkeit für eine Anzeige erregt haben. Ohne die eben gemachte vereinfachende Unterscheidung gänzlich in Frage zu stellen, beeinflußt die Art der Werbung (Ausführung und Inhalt) ihre Verarbeitung durch den Rezipienten, unabhängig ob TV - oder Printwerbung. Wir können die Unterschiede zwischen einzelnen Werbungen besser verstehen, wenn wir auf die kognitiven Wahrnehmungsprozesse schauen, welche durch die Werbungen aktiviert werden. Daraus ergeben sich... 5.3 drei Idealtypen von Werbung ?? Werbung für Wirklich Neues: Es gibt einen wirklich neuen Grund, ein Produkt zu kaufen: der Werbeinhalt ist also rational und informativ. Die Werbung soll und wird bewußt bzw. semantisch verarbeitet. Der Erfolg der Werbung hängt von ihrer unmittelbaren Überrredungskunst ab. ?? Interesse&Status-Werbung basiert auf visuellen und auditiven Images. Die Effektivität ist abhängig von der Attraktivität des Images für das Individuum. Solche Werbung wird episodisch verarbeitet. Man kann sogar von konsumierbarer Werbung sprechen. Statt rational zu überreden, wird an die Intiution appelliert. ?? Werbung als Verstärkungseffekt lenkt die Perzeption (in diesem Fall semantisch als auch episodisch) in Richtung Produkterfahrung. Diese Art von Werbung lädt zu einer bestimmten Erfahrungsweise des Produkts ein. Eigenerfahrungen des Rezipienten sollen in einer Form geweckt werden, die positiv mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden kann. 6. Welche Erkenntnisse sind aus der Perzeptions-Psychologie für das Testen von Werbung zu gewinnen? 6.1 Unterschied von bewußter und unbewußter Wahrnehmung Normale Interviewsituationen können oft nicht zufriedenstellend die unbewußten Wahrnehmungs-Prozesse und Mechanismen herausstellen. Es wird in der Forschung allgemein angenommen, daß sehr viel akkuratere Einsichten ins Unbewußte gewonnen werden können,... ?? wenn die Interviews während oder sofort nach der Aufgabe (also dem Sehen des Spots) geführt werden. ?? wenn die Rezipienten beschreiben, worauf sie in der Werbung aufmerksam wurden und was sie interessant fanden (im Gegensatz zu anderen Methoden, bei denen man von den Testpersonen verlangt, zu beschreiben was beim Sehen des Spots in ihnen vorging). ?? indem die Rezipienten frei assoziierend die Produkte ihrer Wahrnehmung beschreiben (stream of consciousness, episodisch) und nicht die Prozesse ( ? bereits semantisch verarbeitet) Die Interview-Ergebnisse unterliegen verschiedenen Störfaktoren ?? Die Interviewsituation an sich steigert die Aufmerksamkeit der Testpersonen. Die Wahrnehmenden verlieren ihre Naivität. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Ergebnisse nicht reelen Lebensumständen entsprechen. ?? Durch das Fragen nach Interpretationen der Werbung wandeln die Testpersonen ihr episodisches Wissen in semantisches um. Dies ist beim normalen Rezeptionsverhalten nicht der Fall. 6.2 Für gute Interviewergebnisse müssen individuelle Nuancen erkannt werden. In die Interviewgestaltung muß miteinfliessen, daß das Aufnehmen von Werbung eine höchst individuelle Angelegenheit ist. Gespräche über Werbung sind eher die Ausnahme, auch wenn sie in einigen sozialen Gruppen ausgeprägter sind als in anderen. Das rezipieren von Werbung kann als idiosynkratisch bezeichnet werden, was bedeutet, dass unser individueller Erfahrungsschatz die Verarbeitung steuert. 6.3 Unterschiede zwischen fertigen Filmen und Skizzen müssen verarbeitet werden und sind daher relevant für das Interviewergebnis. Fertige Filme sind ästhetisch geschlossene Produkte und sprechen weniger den individuellen Erfahrungsschatz an als die Skizzen, also die noch nicht fertigen Filme, die “animatics” genannt werden. Deren Fragmentiertheit muss durch Eigenarbeit kompensiert werden, denn je mehrdeitiger der angebotene Stimulus funktioniert, desto grösser wird das Bedürfnis nach einer bewussten Analyse. 6.4 Für die Werbeforschung und Werbetests stehen verschiedene Interviewformen zu Verfügung. Hierzu ist zwischen Einzelinterviews und Gruppendiskussionen zu unterscheiden. Einzelinterviews scheinen effektiver zu funktionieren, doch muss genau hinterfragt werden, wozu die Befragung dienen soll. Einzelinterviews sind sehr formeller Natur und sehr auf die Dialogbeziehung zwischen Interviewer und Befragtem angewiesen. Der individuelle Eindruck der Person, also des Einzelnen der Zielgruppe wird sehr konkret herausgefiltert. Das Einzelinterview entspricht dem generellen pars pro toto Gedanken des Interviews in seiner reinsten Form. Einzelinterviews sind sinnvoll, wenn es darum geht, die fertige oder fast fertige Werbung auf ihre Wirkung hin zu untersuchen. Dies ist immens wichtig um herauszufinden, ob die Werbung dem Kunden einen Nutzen bietet, das Interesse am Produkt anregt, oder bereits vorhandenes Interesse verstärkt und das Bedürfnis nach einem Produkt initiiert. Die Konsequenz ist in der AIDA - Formel der modernen BWL manifestiert. Einzelinterviews sind sinnvoller, um die tatsächliche Wirkung der Werbung zu sehen, denn dort wird Werbung wesentlich passiver, also mit weniger Aufmerksamkeit und Reflexion rezipiert. Gruppendiskussionen sollen eingesetzt werden, wenn die Kampagne noch in der Konzeptionsphase steckt. Sie liefern einen weiten und doch definierten Blick auf die Konsumentenhaltung und -meinung, sowie auf Wünsche, Motive, Wertvorstellungen und Gefühle. Die Gruppe hat hierbei genügend Autonomie, Unabhängigkeit und Spontanität um die Erwartungen der Zielgruppe an den Markt zu definieren. Das Abrufen von semantischem Wissen durch die soziale Interaktion ist hierbei nicht nur wünschenswert, sondern ganz klar Ziel der Diskussion. 7. Qualitative Werbeforschung Die verschiedenen Phasen der Entwicklung erfordern unterschiedliche Modelle und Methoden. Im Konzeptionsstadium, in dem Strategien und Konzepte entwickelt werden, darf der Schwerpunkt des Forschungsmodells auf die Gruppendiskussionen gelegt werden, da hier Alltagsanalysen und Marktverständnis aus Sicht des Konsumenten gefragt sind. Während der Testphase der fertigen oder fast fertigen Werbung sollte der Schwerpunkt des Modells auf der selektiven Wahnehmung des Konsumenten liegen, also auf dem Einzelinterview. Auf diese Art lässt sich feststellen, welche persönlichen Haltungen gegenüber der Marke durch die Werbung generiert werden. Gruppendiskussionen sind hier nicht geeignet, denn sie erhöhen künstlich die Aufmerksamkeit der Teilnehmer und liefern so ein verzerrtes Bild der Wahrnehmung. Einzelinterviews sind besser geeignet die Ersteindrücke des Konsumenten zu erfahren, doch auch hier sind auftretende Verzerrungen nicht von der Hand zu weisen. Im Wissen um das darauffolgende Interview wird die Aufmerksamkeit künstlich erhöht. Die Reaktionen auf den Film oder die Anzeige geben kein normales Rezipientenverhalten wieder. Es muss also eine Umgebung geschaffen werden, in der sich die Testpersonen möglichst natürlich äussern können. Millward Brown fanden heraus, dass ein stimulierter Assoziationsfluss, also die ungeordnete Wiedergabe der Eindrücke während der Rezeption wertvoller ist, als Antworten auf Fragen nach Gefühlen oder gar der Art, in der eine Testperson eine Werbung verarbeitet. In der Praxis wird eine realitätsnahe Athmosphäre erzeugt, indem die Testwerbung innerhalb eines kurzen Werbeblocks gezeigt wird. Die Eindrücke werden dann im so genannten Wahrnehmungsschwerpunktinterview, dem “Perceptional Focus Interview” gewonnen. 7.1 Das Wahrnehmungsschwerpunktinterview (perceptional focus interview) Der Ansatz dieser Interviewform ist es, die Eindrücke und Assoziationen so zu gewinnen, wie sie in den Testpersonen während der Reziption der Werbung entstehen. Der Schwerpunkt liegt hierbei stärker auf dem Erhalt episodischen Wissens, als auf rational semantischen Prozessen. Das Ziel der Untersuchung ist, herauszufinden, worauf genau der Wahrnehmungsfokus gerichtet ist. Darüberhinaus soll ergründet werden, wie und vor allem was selektiert wird, was bewusst wahrgenommen und interessant gefunden und was ausgeblendet wird. So kann herausgefunden werden, was von der Marke ablenkt, was die Aufnahme der Markenkommunikation beeinflusst. Ausserdem will man herausfinden, was während der Wahrnehmung assoziiert wird, ob ein assoziativer oder dissoziativer Prozess vorliegt. Dies alles wi rd durch eine Beschreibung der Werbung durch die Testperson, genauso, wie sie diese wahrgenommen hat, erreicht. Dabei ist elementar zu betonen, dass diese Beschreibung weder geordnet, noch organisiert, noch chronologisch sein muss. Die Aussagen sollen emotional sein und die Beziehung zwischen Spot und Rezipient erschliessen. Der Interviewer sollte sich erst nach diesem Schritt die erzählenden und verwirrenden Elemente darlegen und Verbesserungsvorschläge unterbreiten lassen. Diese Methode kann offenbaren, ob und wie die Werbung funktioniert, welchen Weg der Rezipient durch diese geht und was er daraus mitnimmt. Ein wichtiger Punkt dieser Analyse ist dann, diese qualitativen Ergebnisse im Kontext der quantitativen Werbetests und der Daten aus dem Vorfeld der Untersuchung zu betrachten. Durch individuelle Wahrnehmungsschwerpunktinterviews lassen sich akkuratere Resultate erzielen, als durch solche, die nach starren Regeln funktionieren wollen. Millard Brown stellten bei ihren Untersuchungen fest, dass in der Praxis das Ziel, das Wahrnehmungsverhalten der Konsumenten bezüglich einer Werbung herauszufiltern, häufig mit bedürfnisorientierten Untersuchungen durcheinander gebracht wird. Gruppendiskussionen werden fälschlicherweise zu häufig und in zu vielen Phasen der Werbekampagnenerstellung genutzt. In der ersten Konzeptionsphase, also bei Strategie und Konzeptionsfindung, arbeiten in Grossbritannien Wissenschaftler und Werbefachleute sehr gut zusammen. Weniger gut allerdings funktioniert das Umschalten von dieser Phase zu einer mehr wahrnehmungsorientierten Forschungspraxis während der späteren Entwicklungsschritte, in denen der Fokus von bedürfnisorientiert zu marktorientiert wechseln muss. Wenn dieser Schritt jedoch nicht im richtigen Moment unternommen wird, bringt eine Agentur - geleitet einzig von motivischen Untersuchungsergebnissen - unter Umständen Konzepte und damit Kampagnen hervor, denen das Risiko immanent ist, die Konsumenten in keinster Weise adäquat anzusprechen, nicht zuletzt da keine wirklichen Untersuchungen über die Wirkung auf die Rezipienten angefertigt wurden. 8. Fazit Den Autoren gelingt es in ihrem Aufsatz “Qualitative Advertising Research-where do we get it right and where do we get it wrong?” einige wichtige methodische, kognitionspsycho logische und zeichentheoretische Ansatzpunkte und Grundlagen für die qualitative Werbeforschung einzubringen. Die Stärke des Textes, seine interdisziplinäre Ausrichtung, um sich seinem Forschungsgegenstand zu nähern, ist allerdings gleichzeitig auch seine Schwäche. Selbstververständlich kann im Umfang eines solchen Textes in Anbetracht der angeschnittenen Themenfelder und Disziplinen nur “patchworkartig” auf einzelne Punkte eingegangen werden, so daß in Anbetracht der Zahl möglicher Ansätze leicht der Anschein des Eklektizimus entsteht. Natürlich darf nicht vergessen werden, daß es sich beim vorliegenden Text um eine Auftragsforschungsarbeit der renomierten englischen Werbeforschungsagentur “Millward Brown” handelt, die für Praktiker der Werbebranche entsprechende Forschungsarbeiten durchführt, die dann meist zur Orientierung und wissenschaftlichen Absicherung von primär wirtschaftlichen Entscheidungen herangezogen werden. Insofern kann die vorliegende Arbeit nur einen groben Abriß der angesprochenen Themenfe lder leisten. In der Kernaussage allerdings reichen die in den verschiedenen Kapiteln angeführten Ergebnisse einzelner Disziplinen, vor allem der Kognitionspsychologie, lediglich zu der “greifbaren” Aussage für Praktiker, daß nicht in allen Phasen der Werbeentstehung die gleichen Interviewformen zu nutzen sind. So formulieren die Autoren eine Kritik an der Praxis der reinen Kostenfokussierung bezüglich der Interviewformen. Die zusammengestellten Forschungsergebnisse versetzen die Autoren in die Lage, für jede Entwicklungsstufe (Konzeptions - Durchführung-, und Pretesting-Phase) eine Interviewform zu fordern, die dem Inhalt der einzelnen Phasen entspricht. 9. Literatur ?? Branthwaite, Alan und Swindells, Alan, “Qualitative Advertising Research-where do we get it right and where do we get it wrong?”, London: Millward Brown 1995; <http://www.millwardbrown.com/news/white_papers.asp> ?? Anderson, John R., Kognitive Psychologie, Mannheim: Spektrum 1996 ?? Costas, Ilse, Grundlagen der Wirtschafts- und Sozialstatistik, Ffm: Campus 1985 ?? Duden-Oxford-Standardwörterbuch Englisch, Hrsg: Dudenredaktion und Oxford University Press., Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 1991 ?? Fröhlich, Werner D., Wörterbuch zur Psychologie, Ulm: Bechtermünz/Weltbild 1997 ?? Palmgreen, Philip (1984): Der ”Uses & Gratifications Approach”: Theoretische Perspektiven und praktische Relevanz, in: Rundfunk und Fernsehen 1/1984:51-62