Flyer zur Behandlung von Mammakarzinomen

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Praxis für Strahlentherapie
Dr. med. Alexander Voigt
Dr. med. Stefan Dietzsch
Tel. 03447 52-1015
im MEDICUM, Am Waldessaum 8, 04600 Altenburg
Behandlung von Mammakarzinomen
Patienteninformation
Vorwort
Brustkrebs (sog. Mammakarzinom) ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung der Frau. In
Deutschland erkrankt ca. jede elfte Frau. Die Diagnostik und Behandlung erfolgt in
Deutschland gemäß einer interdisziplinär entwickelten S3-Leitlinie. Durch gynäkologische
Vorsorgeuntersuchungen und Mammographien wird der Tumor häufig in einem frühen
Stadium diagnostiziert. Wichtige Therapiesäulen sind die Operation und die Bestrahlung. In
Abhängigkeit der Tumorausdehnung, der durch einen Pathologen beurteilten Aggressivität
der Tumorzellen sowie spezieller Oberflächen- und genetischer Marker kommen zudem
Systemtherapien wie Chemo- und/oder Hormontherapien sowie spezielle
Antikörpertherapien zum Einsatz. Die Systemtherapie erfolgt meist nach der operativen
Tumorentfernung. Sie kann aber auch vor der Operation erfolgen, z.B. wenn durch die
angestrebte Tumorverkleinerung die Operabilität verbessert wird. Bei der Operation wird in
der Regel eine Erhaltung der Brust angestrebt. Durch weit entwickelte rekonstruktive
Techniken sind die kosmetischen Ergebnisse meist sehr gut. Eine komplette Entfernung der
Brustdrüse (sog. Ablatio mammae) ist nur noch in wenigen Fällen erforderlich. Aber auch
dann ist häufig ein plastischer Wiederaufbau der Brust möglich.
Bösartige Tumoren der Brust verursachen häufig Lymphknotenmetastasen insbesondere in
der Achselhöhle. Neben der Tumorentfernung ist daher eine Operation im Bereich der
Achselhöhle erforderlich. Bei präoperativ verdächtigen Lymphknoten z.B. im Ultraschall
müssen die Lymphknoten der Achselhöhle operativ entfernt werden (sog.
Lymphadenektomie). Sind keine Lymphknoten verdächtig so erfolgt die Entnahme eines
oder mehrerer farblich oder radioaktiv markierter Wächterlymphknoten (sog. Sentinel).
Insbesondere bei frühen Tumorstadien und leitlinien-gerechter Therapie sind die
Heilungschancen bei Brustkrebs sehr gut.
Wann kommt die Bestrahlung zum Einsatz?
Die Bestrahlung kann sowohl in der kurativen Therapie (Ziel Heilung) als auch bei weit
fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien in der palliativen Therapie (Ziel
Symptomlinderung) angewandt werden.
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In der kurativen Therapie erfolgt sie in der Regel nach der Tumoroperation. Wurde
brusterhaltend operiert muss bei ca. 30-40% der Patientinnen mit einem Lokalrezidiv
gerechnet werden. Ursache sind mit bloßem Auge nicht erkennbare mikroskopische
Tumorzellnester in der Restbrust. Deshalb ist die postoperative Bestrahlung bei diesen
Patientinnen Standard. Das Rezidivrisiko kann durch die Bestrahlung auf ca. 5-10% gesenkt
werden.
Nach kompletter Entfernung der Brust (Ablatio mammae) richtet sich die Indikation zur
postoperativen Bestrahlung insbesondere nach dem Tumorstadium, dem Lymphknotenbefall
in der Achselhöhle und dem Sicherheitsabstand der Resektion.
Palliative Bestrahlungen (Ziel Symptomlinderung) kommen in verschiedensten Situationen
z.B. bei schmerzhaften Knochenmetastasen, Tumorblutungen oder Hirnmetastasen zum
Einsatz (Siehe Abschnitt palliative Bestrahlung).
Wie wird ein Bestrahlungsplan erstellt?
Die Bestrahlungsplanung erfolgt computergestützt und 3d-konformal. Dies bedeutet, dass im
ersten Schritt eine Planungs-CT (Computertomographie) erfolgt. Bei der Bestrahlung der
Brust oder der Brustwand sollten die Arme möglichst über den Kopf gelagert werden. Dazu
stehen spezielle Lagerungshilfen zur Verfügung. Das Computertomogramm wird als
individuelles dreidimensionales Patientenmodell genutzt.
Computertomograph für die Bestrahlungsplanung
Der Arzt markiert in diesem Modell das zu bestrahlende Areal (sog. Planungszielvolumen).
Außerdem werden alle Organe in der Umgebung, die bestmöglich geschont werden sollen,
eingezeichnet (z.B. Lunge und Herz). Im nächsten Schritt erstellt ein Medizinphysikexperte
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den Bestrahlungsplan. Bei der Brustbestrahlung stehen sogenannte tangentiale Techniken
oder die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) zur Auswahl. Bei den tangentialen
Techniken wird die Brust bzw. Brustwand durch schräge Felder von vorn und hinten erfasst.
Bei der IMRT werden in der Regel 7-9 Bestrahlungsfelder angewandt, die halbkreisförmig
um den Körper verteilt sind. Die Felder sind in ihrer Intensität individuell moduliert, d.h.
inhomogen. Dadurch kann die Dosis zusätzlich an das Zielvolumen angepasst werden.
Feldanordnung bei der tangentialen Technik (links) und IMRT (rechts)
Der Arzt kann sich in jedem CT-Schnitt die Dosisverteilung anschauen und mit Hilfe sog.
Dosis-Volumen-Histogramme die Strahlenbelastung in jedem eingezeichneten Organe
beurteilen. Organbezogene Dosisgrenzwerte helfen dabei, dass Risiko für Nebenwirkungen
zu minimieren. Gemeinsam mit dem Medizinphysiker wird der individuell beste Plan
ausgewählt.
Beispiel Dosisverteilung einer tangentialen Technik (links) und einer IMRT mit
intergriertem Boost (rechts)
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Wie läuft eine Bestrahlung ab?
Bereits zum Planungs-Computertomogramm werden durch die MTRA (Medizinisch
technische Röntgen Assistenten) auf Ihrem Körper Markierungen aufgebracht, nach denen
Sie bei der Bestrahlung mit Hilfe eines Lasersystems ausgerichtet werden. Zur ersten
Bestrahlung werden Sie gemäß der Bestrahlungsplanung nochmals verschoben und die
endgültigen Markierungen angebracht. Zur Bestrahlung verlassen alle anderen Personen
den Bestrahlungsraum. Sie werden aber durch ein Kamera- und Mikrofonsystem überwacht.
Es können zunächst Röntgenaufnahmen erfolgen, die mit dem Bestrahlungsplan verglichen
werden, um die Lagegenauigkeit zu kontrollieren. Gegebenenfalls wird die Lage korrigiert
und neu markiert. Zur Bestrahlung bewegt sich das Gerät um Sie herum. Aus verschiedenen
Richtungen werden die Bestrahlungsfelder appliziert. Die Bestrahlung selbst dauert jeweils
nur wenige Sekunden und ist nicht zu spüren. Eine Bestrahlungssitzung mit Lagerung,
Einstellen der Felder und Applikation dauert ca. 10-15 Minuten.
Bestrahlungsgerät mit Lagerungshilfe für Brustbestrahlung
Wie viele Bestrahlungen sind bei der postoperativen Bestrahlung notwendig?
Die Bestrahlung erfolgt einmal täglich und 5x in der Woche, d.h. von Montag bis Freitag. Die
Anzahl der notwendigen Bestrahlungen wird individuell nach Ihrer Erkrankung und dem
Bestrahlungsplan festgelegt.
Nach brusterhaltender Operation erfolgen zunächst ca. 28 Bestrahlungen der gesamten
Restbrust. Da die meisten Tumorrezidive in direkter Nachbarschaft zum ersten Tumor
auftreten, wird das sogenannte Tumorbett mit einem individuell festgelegten
Sicherheitssaum danach weiter aufgesättigt. Dies erfolgt in der Regel durch 5-8 sogenannte
Boost-Bestrahlungen. Moderne Bestrahlungstechniken ermöglichen es, diese lokale
Dosiserhöhung auch in die Bestrahlung der gesamten Brust ganz oder teilweise zu
integrieren (sog. simultan integrierter Boost). Dabei wird bei jeder der o.g. 28 Sitzungen im
Tumorbettbereich gezielt eine geringfügig höhere Dosis appliziert. So kann ca. 1 Woche
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Bestrahlungszeit eingespart werden. Bei älteren Patienten ist der Vorteil durch eine BoostBestrahlung geringer, so dass in bestimmten Fällen darauf verzichtet werden kann. Bestand
kein in das Brustgewebe infiltrierender Tumor sondern eine Krebsvorstufe (sog. DCIS –
Ductales Carcinoma in situ) kann bei kompletter Resektion ebenfalls auf die lokale
Dosisaufsättigung verzichtet werden.
Nach kompletter Resektion der Brust wird die verbliebene Thoraxwand ebenfalls mit ca. 28
Bestrahlungen behandelt. Eine lokale Dosisaufsättigung ist nur in speziellen Fällen (z.B. der
Tumor reichte bis an den Resektionsrand) erforderlich.
Insbesondere bei älteren oder chronisch kranken Patientinnen, für die die täglichen Fahrten
zur Bestrahlung eine hohe Belastung darstellen, können Bestrahlungskonzepte mit höherer
Dosis am Tag eingesetzt werden. Die Behandlungszeit kann dadurch auch ca. 3 Wochen
reduziert werden.
Wann müssen die Lymphabflussgebiete mit behandelt werden?
Gemäß der aktuellen Leitlinie soll das Lymphknotengebiet im Bereich der
Schlüsselbeingrube mit erfasst werden, wenn im Bereich der Achselhöhle mehr als 3
Lymphknotenmetastasen nachweisbar waren. Neuere Daten weißen darauf hin, dass auch
bei nur 1 – 3 nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen eine Bestrahlung der
Lymphabflussgebiete einen Vorteil erbringen kann. In diesem Fall werden wir Sie individuell
über die Vorteile und mögliche Risiken aufklären und gemeinsam entscheiden.
Ein Sonderfall besteht, wenn bei präoperativ im Ultraschall unauffälliger Achselhöhle sich
doch ein tumor-befallener Wächterlymphknoten zeigt. Hier war bisher die anschließende
Lymphknotenausräumung der Achselhöhle Standard. Neuere Daten zeigen, dass auf diese
Operation verzichtet werden kann, wenn anschließend die Achselhöhle bestrahlt wird. Dabei
traten nach Bestrahlung weniger Lymphödeme des Armes als nach der Operation auf.
Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?
Man unterscheidet zwischen akuten und chronischen Nebenwirkungen. Akute
Nebenwirkungen treten während oder in den ersten drei Monaten nach der Bestrahlung auf
und klingen in der Regel wieder vollständig ab. Als chronische Nebenwirkungen bezeichnet
man Strahlenreaktionen die später als 3 Monate nach Bestrahlungsbeginn auftreten. Diese
haben das Risiko dauerhaft zu bleiben und sich schleichend zu verstärken.
Die Art der Nebenwirkungen richtet sich nach den Organen, die direkt im Bestrahlungsfeld
oder in der Nachbarschaft der Bestrahlungsregion liegen. Bei der Brustbestrahlung sind dies
insbesondere die Haut, das gesunde Brustgewebe selbst, die Lunge und das Herz.
Die häufigste Akutnebenwirkung bei der Brustbestrahlung ist die Strahlenreaktion der Haut.
Sie zeigt sich zunächst durch eine Rötung, die teilweise mit Brennen einhergeht. Das
höchste Risiko besteht dabei in der Brustumschlagfalte und der Achselhöhle. Bei selteneren,
schwereren Verläufen kann sich die Haut auch trocken oder blasenähnlich ablösen.
Weiterhin kann die Brust etwas anschwellen. Werden die Lymphabflussgebiete mitbestrahlt
kann eine Reizung von Luft- oder Speiseröhre mit Heiserkeit bzw. Schluckbeschwerden
auftreten.
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Typische Hautrötung durch die Bestrahlung. Blaue Markierungen zur Positionierung.
Da bei der Brustbestrahlung Teile der Lunge mit im Bestrahlungsfeld liegen, kann einige
Wochen nach der Bestrahlung eine strahlenbedingte Entzündung der Lunge (sog.
Pneumonitis) auftreten. Sie zeigt sich durch u.a. Reizhusten oder Kurzatmigkeit. Durch die
moderne Bestrahlungsplanung kann die Lungendosis genau berechnet und gezielt reduziert
werden. Grenzwerte helfen dabei, das Risiko zu minimieren, so dass diese Nebenwirkung
sehr selten geworden ist.
Weitere chronische Veränderungen sind Vernarbungen in der Brust, insbesondere wenn
bereits durch die Operation Vernarbungen oder Flüssigkeitsverhalte (sog. Serome)
vorlagen. Die Brust kann auch insgesamt etwas fester wirken. Mögliche Spätveränderungen
in der Haut sind Pigmentierungsstörungen oder kleine Besenreiservarizen. Müssen nach
einer Ausräumung der Achsellymphknoten die Lymphabflussgebiete bestrahlt werden,
erhöht sich das Risiko eines Lymphödems des Armes. Wurde jedoch nur eine
Wächterlymphknotenbiopsie durchgeführt, ist es sehr gering.
Neuere Daten haben außerdem gezeigt, dass nach Bestrahlung der linken Brust, bei der
teilweise das Herz mit im Bestrahlungsfeld liegen kann, das Risiko einer Herzerkrankung
nach vielen Jahren leicht erhöht ist im Vergleich zu nicht oder rechts bestrahlten Patienten.
Die Herzschonung hat deshalb einen hohen Stellenwert bei der Bestrahlungsplanung.
Was kann ich als Patient zur Vermeidung von Nebenwirkungen beitragen?
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Hautpflege im Bestrahlungsgebiet. Im
Behandlungszeitraum sollten keine Vollbäder erfolgen. Allerdings dürfen Sie sich duschen
und waschen. Verwenden Sie dazu warmes Wasser und verzichten Sie im Bestrahlungsfeld
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auf reizende Stoffe wie zum Beispiel Seife. Außerdem sollte während und auch nach der
Bestrahlung direkte Sonnenstrahlung vermieden werden. Tragen Sie leichte Kleidung, die
nicht reibt und keine synthetischen Stoffe. Vorbeugendes Pudern o.ä. ist nicht erforderlich.
Sollte eine Hautreaktion auftreten, so zeigen Sie es Ihrem betreuenden Arzt. Es werden ggf.
spezielle Salben mitgegeben oder verschrieben. Bitte verwenden Sie eigne Salben nur nach
Rücksprache mit Ihrem Arzt. Bei eventuell auftretendem Wärmegefühl in der Brust können
Ihnen kühlende Umschläge Erleichterung schaffen. Verwenden Sie dazu z.B. Kühlakkus, die
Sie in ein Handtuch einwickeln.
Stand: 01-2016
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