1.1 Gegenstand, Definitionen, Methoden

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Physik IV/Teilchenphysik SS 2006
1. Allgemeines
Einleitende Bemerkungen zur Vorlesung:
Gebiet in ständiger Entwicklung, Stoff sehr umfangreich. ”Kanon” bildet sich erst langsam
heraus
Bei der zur Verfügung stehenden Zeit:
Kompromiss zwischen systematischem Vorgehen und Abdecken des Stoffes notwendig.
Schwerpunkt auf Vermitteln eines Verständnisses der zugrundeliegenden Ideen und
Konzepte.
Ziel der Vorlesung:
 elementares Verständnis des Standardmodells (via ”Weg dorthin”)
 Kenntnis der experimentellen Methoden zum Erwerb des heutigen Wissens:
Prinzipien der Beschleuniger, der Detektoren und der Analyse
(Zur Prüfung: Fragenkatalog nach jedem Kapitel)
(Literatur)
1.1 Gegenstand, Definitionen, Methoden
1.1.1 Gegenstand
” ...daß ich erkenne, was die Welt
im Innersten zusammenhält”
Elementarteilchenphysik  Hochenergiephysik Frage nach den:
Teilchen, aus denen Materie aufgebaut ist,
Kräften, die zwischen ihnen wirken
Hoffnung/Vermutung dabei: Welt ist im Grunde ”einfach” aufgebaut, d.h. aus wenigen
elementaren Teilchen, zwischen denen wenige fundamentale Kräfte wirken: Suche nach
Einfachheit und Einheitlichkeit in einer Welt, die extrem komplex erscheint. (Menschliche
Speicher-/Denk-Kapazitaet
beschraenkt!)
Unterschied Teilchen/Kräfte heute nicht mehr so scharf: Kraft  Austausch von
Feldquanten (Teilchen) Fermionen/Bosonen (SUSY ??)
In Entwicklung der Hochenergiephysik (wie in vielen Bereichen der Naturwissenschaften):
Wechselspiel zwischen Voraussagen der Theorie, die zu bestätigen oder zu widerlegen
waren, und experimentellen Befunden, die zunächst keine Erklärung fanden und zur
Entwicklung neuer Modelle/Theorien führten.
Beispiele: erfolgreiche Voraussage für: Antiteilchen (Dirac: Wellengleichung für
J1/2-Teilchen),  − Mesonen, (Feldquant, Mittler der Kernkraft),  − (weisser Fleck im
Quarkmodell), W  , Z 0 - Teilchen (Mittler der schwachen Wechselwirkung), Top-Quark ...
aber auch (noch) nicht erfüllte Voraussagen: magn. Monopole, Proton-Zerfall,
Gravitationswellen, Higgs-Teilchen ...
Häufig bei Suche nach vermuteten Effekten: Unerwartete Phänomene beobachtet,
Häufig: Bereich höherer Energie in neuem Beschleuniger erschließt neue Klasse von
Prozessen.
Unerwartete Entdeckungen: kosm. Strahlung (bei Versuch nachzuweisen, daß eine
Ionisierende Strahlung aus der Erde kommt: Victor Franz Hess),  - Meson (bei der
Suche nach dem  − Meson), kosm. Hintergrundstrahlung (beim Testen einer
Antennenalnlage), Strange Particles,  - Teilchen, .
.
1.1.2 Definitionen
ET: nach jeweiligem Wissensstand nicht als zusammengesetzt erkennbar, ineinander
umwandelbar (Erhaltungssätze) Beschreibung der ET und der F’s: Möglichst vollständiger
Satz der Eigenschaften sollte bekannt sein, diese können durchaus unanschaulich sein, was
ja nach Quantenmechanik auch zu erwarten ist.
(Basiselemente des Standardmodells)
1.1.3 Methoden
warum ist ET-Physik  Hochenergiephysik?
E  mc 2
1. ”Beschleuniger als Teilchenerzeuger”
und
 h
p
2. ”Beschleuniger als Supermikroskop”
ad 1. Produktion ”neuer”, d.h. bisher unbekannter Teilchen aus der Kollisionsenergie:
schwerere Teilchen bezw. Teilchensysteme erfordern also höhere Energien, (Sind z.T. sehr
kurzlebig, zerfallen letztlich in die ”bekannten” Teilchen, zu ihrem Nachweis müssen sie
also jeweils neu erzeugt werden.). (Teilchenproduktion aus Stoßenergie)
Wie bekommen die Teilchen hohe Energie?
Beschleuniger:
Prinzip: geladene Teilchen durchlaufen Potential:
ΔW kin  e  ΔV
Daher eU in eV als Einheit gewählt.
Technische Realisierung: Linear- und Kreisbeschleuniger, später in eigenem Kapitel
besprochen. (Folie)
ad 2. Vergleich mit Optik: Beschleuniger als Mikroskop: Streuung hängt von Struktur des
untersuchten Objekts ab, wobei für die Auflösung gilt:
Δx min 
h  
Ap
A
A ≃ 1 für Lichtmikroskope, ≃ 10 −1 für Elektronenmikroskope h  6, 6262.10 −34 Js → mit
dem Impuls steigt die Auflösung, Energie als Preis für Auflösung (Rutherford!).
Unterschied kleiner / großer Streuwinkel hat mit Struktur zu tun.
Technisch realisierbar:  TeV 10 12 eV
(Livingstone-Plot)
Tevatron: 1000 GeV,  6 km Umfang, - Protonen auf festes Target. Tevatron - Collider: p
 p 900  900 GeV, (SSC ...)
im Bau: LHC Large Hadron Colllider im CERN/Genf: 7  7 TeV , 26 km Umfang
Zur Illustration: Die Ruhmassse eines Protons entspricht rund 1 GeV:
E  mc 2 , m p ≃ 1.6  10 −27 kg, 1eV  1.6  10 −19 J, → m p c 2 ≈ 1GeV)
Untersuchung der ablaufenden Prozesse mit Detektoren, die eine möglichst genaue
Rekonstruktion dieser Prozesse gestatten.
Anforderungen:
– Rekonstruktion der Teilchenbahnen
– Messung von p und Energie
– Identifizierung der Teilchen (i.a. durch Massenbestimmung)
Prinzip des Nachweises: im allgemeinen über die elektromagnetische Wechselwirkung der
geladenen Teilchen mit der umgebenden Materie entlang ihrer Bahn.
Aber: die dabei deponierte Energie ist zu klein, um makroskopisch beobachtbare
Veränderungen hervorzurufen.
Verstärkermechanismus erforderlich: Triggern instabiler Systeme: (histor.: Übersättigter
Dampf, Überhitzte Flüssigkeit, Dielektrikum vor Durchschlagen,) Anwachsen von
Ladungslawinen in hohen elektrischen Feldern ...
Technische Realisierung: (Nebel- Blasen- Funkenkammer,) heute besonders: Draht- und
Driftkammern,
Teilchen-Nachweis auch durch charakteristische Strahlung: Cerenkovstrahlung,
Übergangsstrahlung, Bremsstrahlung mit Paarbildung, bes. bei Elektronen und Positronen.
Heute werden meist verschiedene Techniken in sogenannten Hybriddetektoren vereinigt,
aber das kommt später noch in einem eigenen Kapitel. (Folie)
Hier ev. ein paar Bilder moderner Detektoren: UA1, ALEPH, D0, ...
Produktion zahlreicher neuer Teilchen aus der kinetischen Energie der Stoßpartner tritt auf.
bemerkenswert:
Extrem hohe Energiedichten! Schon erwähnt: Ein Proton hat eine Dimension von etwa 1
fm ( 10 −15 m), seine Ruhmasse von etwa 1 GeV ergibt für Energie/Volumen somit
3
10 54 eV/m  10 6 t/mm 3
(...bitte nachrechnen: eV Joule /c 2  kg ...)
In einer Kollision am Tevatron wird also die Energiedichte, die der Dichte der Kernmaterie
entspricht, um das 1.800 fache überschritten, am LHC wird es ein Faktor 14.000 sein ...
Normalerweise treten Teilchenbündel (”Jets”) mit kleinem p t auf
Manchmal (1:10 −7 ) hohes p t
Daneben läßt sich leicht abschätzen, daß senkrecht abgestrahlte Teilchen in einem
klassischen Bild (”Bruchstücke der kollidierenden Teilchen”) einer Beschleunigung von
 10 30 g unterliegen müssen.
Anwendung dieses klassischen Bildes ist etwas naiv, zeigt aber extreme Bedingungen. Es
wird vermutet, daß unter diesen extremen Bedingungen neue Zustände der Materie
auftreten könnten, das ”Quark-Gluon- Plasma”, analog zu den Neutronensternen
Zusammenfassend also:
Arbeitsweise der Hochenergiephysik:
Teilchen auf möglichst hohe Energie beschleunigen, dann Kollision
(BESCHLEUNIGER, Kosmische Strahlung)
Nachweis der Reaktionsprodukte
(DETEKTOREN)
Fragen:
1. welche Teilchen gibt es, wodurch sind sie charakterisiert?
Bestimmung der Teilcheneigenschaften, Identifikation
Aus Kinematik (z.B. E, 
p oder v gemessen, daraus Masse bestimmt) oder Erhaltungssätze:
Ladung, weitere ladungsartige Quantenzahlen
Hinweis auf innere Struktur:
Streuung: Struktur der Teilchen aus Beugungsbild
Spektroskopie: Energieniveaus und Quantenzahlen der bei inelast. Kollision
erzeugten angeregten Zustände
Klassifizierungschema: ebenfalls Hinweis auf innere Struktur,
2. Wie hängt die Verteilung der Teilchen von diesen Größen ab, d.h. welche
Kräfte wirken?
(ANALYSE)
Untersuchung der Kräfte: äußern sich in Art und Anzahl der Teilchen im Endzustand einer
Reaktion, in deren Verteilung im vorhandenen Phasenraum bezw. Korrelationen zw. diesen
Teilchen → Endzustände mit vielen Teilchen erwünscht: ebenfalls hohe Energie
erforderlich.
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