Mathematik für Chemiker III

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Mathematik für Chemiker III
Skriptum zur Lehrveranstaltung
von
Ao. Univ. Prof. Dr. Helmut Länger
Technische Universität Wien
Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie
Wintersemester 2013/2014
2
Inhaltsverzeichnis
1 Algebra
5
1.1
Symmetriegruppen ebener Moleküle . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.2
Symmetriegruppen räumlicher Moleküle . . . . . . . . . . . .
8
1.3
Bestimmung der Anzahl chemischer Verbindungen . . . . . . . 10
2 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik
13
2.1
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2
Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . . 17
2.3
Stetige Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . . . 19
2.4
Approximation von diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen
durch stetige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.5
Additionssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.6
Multiplikationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.7
Verteilungsprobleme in der statistischen Physik . . . . . . . . 24
2.8
Zufallsvariable, Mittel und Varianz . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.9
Zentraler Grenzverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.10 Schätzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.11 Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.12 Überprüfung auf Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.13 Simulation von Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3
3 Gewöhnliche Differentialgleichungen
41
3.1
Homogene und inhomogene Differentialgleichungen . . . . . . 41
3.2
Differentialgleichungen erster Ordnung, die sich auf lineare
Differentialgleichungen zurückführen lassen . . . . . . . . . . . 44
3.3
Clairotsche Differentialgleichungen
3.4
Differentialgleichungen zweiter Ordnung, die sich auf Differentialgleichungen erster Ordnung zurückführen lassen . . . . . . 46
4 Fourieranalyse
. . . . . . . . . . . . . . . 45
49
4.1
Fourierreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.2
Diskrete Fouriertransformation
4.3
Fouriertransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
5 Partielle Differentialgleichungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . 52
59
5.1
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5.2
Quasilineare partielle Differentialgleichungen erster Ordnung . 61
5.3
Potential- oder Laplace-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5.4
Wellen- oder Schwingungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.5
Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung . . . . . . . . . . . . 70
6 Vektoranalysis
77
6.1
Bereichsintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
6.2
Skalarfelder, Vektorfelder, Gradient . . . . . . . . . . . . . . . 87
6.3
Krummlinige Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
6.4
Kurvenintegrale, Greenscher Integralsatz . . . . . . . . . . . . 91
6.5
Oberflächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
6.6
Divergenz, Gaußscher Integralsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.7
Rotation, Stokesscher Integralsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 106
6.8
Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
7 Übungsaufgaben
115
4
Kapitel 1
Algebra
Motivation Jene Abbildungen, die sich aus Drehungen und Spiegelungen
zusammensetzen und ein gegebenes Molekül in sich überführen, bilden eine Gruppe, die sogenannte Symmetriegruppe des Moleküls. Die Struktur
dieser Gruppe spiegelt gewisse Eigenschaften des Moleküls wider. Anwendungen gibt es in der Theorie der Gruppendarstellungen, die hier aber nicht
behandelt wird. Im Folgenden wird nur gezeigt, wie mit Hilfe von Symmetriegruppen von Molekülen die Anzahl paarweise nichtäquivalenter Belegungen
der den Atomen entsprechenden Raumpunkte mit Atomen oder Atomgruppen bestimmt werden kann kann. Dazu werden Regeln zur Aufstellung von
Symmetriegruppen benötigt. Diese Regeln werden im Folgenden besprochen.
1.1
Symmetriegruppen ebener Moleküle
Unter einer Symmetrieoperation in der Ebene verstehen wir eine längenund winkeltreue bijektive Abbildung von R2 nach R2 . (R bezeichnet die Menge der reellen Zahlen.) Abgesehen von Parallelverschiebungen (Translationen) gibt es folgende Typen von Symmetrieoperationen in der Ebene:
• die identische Abbildung
• Drehungen um Punkte
• Spiegelungen an Geraden
5
Wir betrachten nun ein ebenes Molekül und fassen es als eine Menge von
Punkten der Ebene auf. Diese Punkte entsprechen den Atomen, und wir
denken uns diese Punkte mit den entsprechenden Elementbezeichnungen versehen. Unter einer zulässigen Symmertrieoperation verstehen wir eine
Symmetrieoperation, die das Molekül mit sich zur Deckung bringt. Die Symmetriegruppe des Moleküls besteht aus allen zulässigen Symmetrieoperationen, zusammen mit der Komposition von Abbildungen als Verknüpfung.
Wir nennen einen Punkt zulässig, wenn es einen Winkel α mit 0 < α <
2π gibt, sodass die Drehung um diesen Punkt um den Winkel α zulässig ist.
Wir nennen eine Gerade zulässig, wenn die Spiegelung an dieser Geraden
zulässig ist.
Um bei einem vorgegebenen Molekül alle Symmetrieoperationen zu ermitteln, ist es günstig, folgende Tatsachen zu beachten:
• Gleichartige Atome sind um einen zulässigen Punkt in Form von regelmäßigen Vielecken angeordnet.
• Die Punkte außerhalb einer zulässigen Geraden treten in Paaren zueinander bzgl. der Geraden symmetrisch liegender gleichartiger Atome
auf. Durch jedes einzelne dieser Paare ist die Gerade als Symmetriegerade eindeutig bestimmt. Werden daher alle Atome einer bestimmten
Art betrachtet, so geht eine zulässige Gerade entweder durch alle diese
Atome, oder sie ist die Symmetriegerade zweier verschiedener dieser
Atome.
• Einzeln vorkommende Atome stimmen mit jedem zulässigen Punkt
überein und liegen auf jeder zulässigen Geraden.
Beispiel Wir betrachten Benzol. Geometrisch handelt es sich um ein
regelmäßiges Sechseck. Es gibt dann genau folgende zulässige Symmetrieoperationen:
• die identische Abbildung
• die Drehung um π/3, 2π/3, π, 4π/3 bzw. 5π/3
• die Spiegelung an der Verbindungsgeraden gegenüberliegender Eckpunkte und
6
• die Spiegelung an der Verbindungsgeraden der Halbierungspunkte gegenüberliegender Kanten
Wir bezeichnen die Ecken des regelmäßigen Sechsecks im Uhrzeigersinn der
Reihe nach mit 1, . . . , 6. Bezeichne ρ die Drehung um den Mittelpunkt des
Sechsecks um π/3 im Uhrzeigersinn und σ die Spiegelung an der Geraden
durch 1 und 4. Dann sind ρ2 , ρ3 , ρ4 bzw. ρ5 die Drehungen um den Mittelpunkt des Sechsecks um 2π/3, π, 4π/3 bzw. 5π/3 im Uhrzeigersinn, ρ2 σ
bzw. ρ4 σ die Spiegelungen an den Verbindungsgeraden durch 2 und 5 bzw. 3
und 6 und ρσ, ρ3 σ bzw. ρ5 σ die Spiegelungen an der Verbindungsgeraden der
Halbierungspunkte von 12 und 45, 23 und 56 bzw. 34 und 61. Die Symmetriegruppe des Benzols lautet also ({ε, ρ, ρ2 , ρ3 , ρ4 , ρ5 , σ, ρσ, ρ2 σ, ρ3 σ, ρ4 σ, ρ5 σ},
◦). Es gilt ρ6 = σ 2 = ε und σρ = ρ−1 σ. Diese Gruppe heißt die Diedergruppe D6 .
Bezeichnet also σ eine Spiegelung an der Verbindungsgerade gegenüberliegender Eckpunkte, so sind ρ2 σ und ρ4 σ die beiden anderen Spiegelungen
dieser Art und ρσ, ρ3 σ und ρ5 σ die Spiegelungen an Geraden durch Halbierungspunkte gegenüberliegender Kanten. Bezeichnet hingegen σ eine Spiegelung an der Verbindungsgeraden der Halbierungspunkte gegenüberliegender
Kanten, so sind die anderen Spiegelungen dieser Art durch ρ2 σ und ρ4 σ gegeben. Die Spiegelungen an Geraden durch gegenüberliegende Eckpunkte sind
dann ρσ, ρ3 σ und ρ5 σ.
Die zulässigen Symmetrieoperationen des Benzols sind schon durch ihre
Einschränkungen auf die 6-elementige Teilmenge {1, . . . , 6} von R2 eindeutig
bestimmt. Für die entsprechend eingeschränkten Abbildungen gilt nämlich
ρ = (123456), ρ2 = (135)(246), ρ3 = (14)(25)(36), ρ4 = (153)(264),
ρ5 = (165432), σ = (26)(35), ρσ = (12)(36)(45), ρ2 σ = (13)(46),
ρ3 σ = (14)(23)(56), ρ4 σ = (15)(24) und ρ5 σ = (16)(25)(34).
Die Gruppe aller Permutationen von {1, . . . , n} heißt die Symmetrische
Gruppe Sn vom Grad n. Die Symmetriegruppe des Benzols ist also eine
Untergruppe der S6 .
2
7
1.2
Symmetriegruppen räumlicher Moleküle
Unter einer Symmetrieoperation im Raum verstehen wir eine längenund winkeltreue bijektive Abbildung von R3 nach R3 . Abgesehen von Parallelverschiebungen (Translationen) gibt es folgende Typen von Symmetrieoperationen im Raum:
• die identische Abbildung
• Drehungen um Geraden
• Spiegelungen an Ebenen
• sogenannte ”Drehspiegelungen”
Eine Drehspiegelung ist eine Abbildung, die sich aus einer Drehung um
eine Gerade und der Spiegelung an einer Ebene, die auf die Gerade senkrecht
steht, zusammensetzt.
Steht eine Gerade auf eine Ebene senkrecht, so sind eine feste Drehung
um die Gerade und die Spiegelung an der Ebene miteinander vertauschbar.
Wir betrachten nun ein räumliches Molekül und fassen es als eine Menge
von Punkten des Raumes auf. Diese Punkte entsprechen wieder den Atomen,
und wir denken uns diese Punkte mit den entsprechenden Elementbezeichnungen versehen. Zulässige Symmertrieoperationen und die Symmetriegruppe sind analog wie vorhin definiert.
Wir nennen eine Gerade zulässig, wenn es einen Winkel α mit 0 <
α < 2π gibt, sodass die Drehung um diese Gerade um den Winkel α zulässig
ist. Wir nennen eine Ebene zulässig, wenn die Spiegelung an dieser Ebene
zulässig ist.
Um bei einem vorgegebenen Molekül alle zulässigen Symmetrieoperationen zu ermitteln, ist es günstig, folgende Tatsachen zu beachten:
• Gleichartige Atome sind um eine zulässige Gerade jeweils in Form regelmäßiger Vielecke, die sich in auf die Gerade senkrecht stehenden
Ebenen befinden, angeordnet.
• Die Punkte außerhalb einer zulässigen Ebene treten in Paaren zueinander bzgl. der Ebene symmetrisch liegender gleichartiger Atome auf.
8
Durch jedes einzelne dieser Paare ist die Ebene als Symmetrieebene
eindeutig bestimmt. Werden daher alle Atome einer bestimmten Art
betrachtet, so geht eine zulässige Ebene entweder durch alle diese Atome, oder sie ist die Symmetrieebene zweier verschiedener dieser Atome.
• Einzeln vorkommende Atome liegen auf jeder zulässigen Geraden und
in jeder zulässigen Ebene.
Unter einer Drehung der Ordnung n verstehen wir eine Drehung um 2π/n.
Unter einer Drehspiegelung der Ordnung n verstehen wir eine Drehspiegelung, die sich aus einer Drehung der Ordnung n und der Spiegelung an einer
auf die Drehachse senkrecht stehenden Ebene zusammensetzt. Eine Drehspiegelung der Ordnung 2 heißt auch Inversion. Sie ist nichts anderes als
die Spiegelung am Schnittpunkt von Drehachse und Spiegelungsebene.
• Ist n eine ungerade ganze Zahl > 1 und lässt eine Gerade eine Drehspiegelung ρσ der Ordnung n zu, so lässt diese Gerade auch eine Drehung
der Ordnung n zu, nämlich ρ, da (ρσ)n+1 = ρn+1 = ρ ist, und die
entsprechende Ebene ist zulässig, da (ρσ)n = ρn σ = σ ist.
• Ist n eine gerade ganze Zahl > 2 und lässt eine Gerade eine Drehspiegelung ρσ der Ordnung n zu, so lässt diese Gerade auch eine Drehung
der Ordnung n/2 zu, nämlich ρ2 , da (ρσ)2 = ρ2 ist.
• Einzeln vorkommende Atome stimmen mit dem Spiegelungszentrum
jeder Inversion überein.
Werden zulässige räumliche Symmetrieoperationen eines ebenen Moleküls betrachtet, so ist die Spiegelung an der Molekülebene eine von der identischen
Abbildung verschiedene zulässige räumliche Symmetrieoperation, obwohl die
Einschränkungen beider Symmetrieoperationen auf die Molekülebene übereinstimmen.
Beispiel Wir betrachten Ammoniak. Geometrisch handelt es sich um eine
gerade, regelmäßige dreiseitige Pyramide, an deren Spitze sich das N-Atom
und bei der sich in den Eckpunkten des Basisdreiecks die H-Atome befinden.
Es gibt dann genau folgende zulässige Symmetrieoperationen:
• die identische Abbildung
9
• die Drehung um die Achse der Pyramide um 2π/3 bzw. 4π/3
• die Spiegelung an jenen Ebenen, die durch die Achse der Pyramide und
einen Eckpunkt des Basisdreiecks gehen.
Wir bezeichnen die Eckpunkte des Basisdreiecks im Uhrzeigersinn (von
der Spitze aus gesehen) der Reihe nach mit 1, 2 und 3. Weiters bezeichne
ρ die Drehung um die Achse der Pyramide um 2π/3 im Uhrzeigersinn (von
der Spitze aus gesehen) und σ die Spiegelung an der Ebene durch die Achse und 1. Dann ist ρ2 die Drehung um die Achse der Pyramide um 4π/3
im Uhrzeigersinn (von der Spitze aus gesehen), und ρσ bzw. ρ2 σ sind die
Spiegelungen an der Ebene durch die Achse und 3 bzw. die Achse und 2. Die
Symmetriegruppe des Ammoniaks lautet also ({ε, ρ, ρ2 , σ, ρσ, ρ2 σ}, ◦). Es gilt
ρ3 = σ 2 = ε und σρ = ρ−1 σ. Diese Gruppe heißt die Diedergruppe D3 .
Die zulässigen Symmetrieoperationen des Ammoniaks sind schon durch
ihre Einschränkungen auf die 3-elementige Teilmenge {1, 2, 3} von R3 eindeutig bestimmt. Für die entsprechend eingeschränkten Abbildungen gilt
nämlich: ρ = (123), ρ2 = (132), σ = (23), ρσ = (12) und ρ2 σ = (13).
Die Symmetriegruppe des Ammoniaks ist also die S3 .
2
1.3
Bestimmung der Anzahl chemischer Verbindungen
Wir betrachten ein Molekül. Eine Belegung der den Atomen entsprechenden Raumpunkte mit Atomen oder Atomgruppen nennen wir eine Anordnung. Wir nennen zwei Anordnungen zueinander äquivalent, wenn sie
dasselbe Molekül darstellen, d. h., wenn sie mittels einer Symmetrieoperation ineinander übergeführt werden können. Bzgl. der Anzahl der paarweise
nichtäquivalenten Anordnungen gilt das folgende
Lemma von Burnside Die Anzahl der paarweise nichtäquivalenten Anordnungen beträgt
1 X
|Fixg|,
|G| g∈G
wobei (G, ◦) die Symmetriegruppe des Moleküls und für jedes g ∈ G Fixg die
Menge jener Anordnungen bezeichnet, die bei Anwendung von g fest bleiben.
10
Beispiel Gesucht ist die Anzahl der chemischen Verbindungen, die aus
Benzol dadurch entstehen, dass jedes H-Atom durch ein CH3 - oder H-Radikal
ersetzt wird. Es ist
G = {ε, ρ, ρ2 , ρ3 , ρ4 , ρ5 , σ, ρσ, ρ2 σ, ρ3 σ, ρ4 σ, ρ5 σ},
|Fixε| = 64,
|Fixρ| = |Fixρ5 | = 2,
|Fixρ2 | = |Fixρ4 | = 4,
|Fixρ3 | = 8,
|Fixσ| = |Fixρ2 σ| = |Fixρ4 σ| = 16 und
|Fixρσ| = |Fixρ3 σ| = |Fixρ5 σ| = 8.
Daher beträgt die gesuchte Anzahl
156
1
(64 + 2 · 2 + 2 · 4 + 8 + 3 · 16 + 3 · 8) =
= 13.
12
12
2
Kontrollfragen
1. Welche Symmetrieoperationen in der Ebene gibt es?
2. Wie können alle zulässigen Symmetrieoperationen eines ebenen Moleküls
ermittelt werden?
3. Was ist die Diedergruppe Dn ?
4. Was ist die Symmetrischen Gruppe Sn vom Grad n?
5. Welche Symmetrieoperationen im Raum gibt es?
6. Was ist eine Drehspiegelung?
7. Wie können alle zulässigen Symmetrieoperationen eines räumlichen Moleküls ermittelt werden?
8. Was besagt das Lemma von Burnside?
11
12
Kapitel 2
Wahrscheinlichkeitsrechnung
und Statistik
Motivation In diesem Kapitel geht es um das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten, Anwendungen in der statistischen Physik sowie um Kenngrößen von
Daten wie Mittel und Varianz. Außerdem wird gezeigt, wie überprüft werden
kann, ob zwischen zwei Zufallsgrößen eine lineare Korrelation besteht. Die
besondere Rolle der Normalverteilung wird durch den Zentralen Grenzverteilungssatz unterstrichen. Weiters geht es um das Schätzen von Parametern
und das Testen von Hypothesen und schließlich um die Überprüfung, ob normalverteilte Daten vorliegen sowie um die Simulation von Zufallsgrößen mit
Hilfe von in Computern eingebauten Zufallszahlengeneratoren.
In diesem und in den folgenden Kapiteln sei – falls nichts anderes erwähnt
ist – n ∈ N. (N bezeichnet die Menge der natürlichen Zahlen. Darunter
verstehen wir die positiven ganzen Zahlen.)
2.1
Grundlagen
Zunächst werden einige Grundformeln aus der Kombinatorik angegeben.
Die Anzahl der Permutationen von n Elementen beträgt n! = 1·2·3·. . .·n.
Dabei wird 0! als 1 definiert. Die Anzahl der Abbildungen einer k-elementigen
Menge in eine n-elementige Menge beträgt nk . Dabei wird 00 als 1 definiert.
13
Die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge beträgt
n
n!
(k ∈ {0, . . . , n}) bzw.
=
k!(n − k)!
k
n
n(n − 1)(n − 2) · . . . · (n − k + 1)
=
(k ∈ {1, . . . , n}).
k
k(k − 1)(k − 2) · . . . · 1
Es gilt
n
n
=
für k = 0, . . . , n.
k
n−k
Die Anzahl aller Teilmengen einer n-elementigen Menge beträgt also
n
n
+ ... +
= 2n .
0
n
Die Anzahl der Möglichkeiten, k nichtunterscheidbare Dinge auf n unterscheidbare Fächer aufzuteilen, beträgt
n+k−1
n+k−1
=
.
k
n−1
Jede solche Aufteilung kann nämlich in eindeutiger Weise durch eine Folge
der Länge n + k − 1, bestehend aus genau k Nullen und genau n − 1 Einsern,
beschrieben werden. Dabei gibt die Anzahl jener Nullen, die sich vor dem
ersten Einser befinden, die Anzahl jener Dinge an, die im ersten Fach liegen.
Die Anzahl jener Nullen, die sich zwischen dem ersten und dem zweiten Einser
befinden, gibt sodann die Anzahl jener Dinge an, die im zweiten Fach liegen
usw. Auf diese Weise kann jede Folge, bestehend aus genau k Nullen und
genau n − 1 Einsern, entstehen. Ist z. B. k = 3 und n = 4, so beschreibt die
Folge 011001 jene Aufteilung von drei nichtunterscheidbaren Dingen auf vier
unterscheidbare Fächer, bei der im ersten Fach ein Ding, im zweiten keines,
im dritten zwei Dinge und im vierten Fach kein Ding liegt. Jede solche Folge
ist aber wiederum durch jene n − 1 der insgesamt n + k − 1 Plätze festgelegt,
an denen die Einser stehen. Es gibt nun aber genau
n+k−1
n+k−1
=
n−1
k
Möglichkeiten, n−1 Plätze aus den insgesamt n+k −1 Plätzen auszuwählen.
Wir betrachten nun einen (wiederholbaren) Versuch, z. B. das Würfeln
mit einem roten und einem schwarzen Würfel. Es gibt dann genau 36 verschiedene Versuchsausgänge. Diese können wir in der Form ”(Augenzahl
14
des roten Würfels, Augenzahl des schwarzen Würfels)” angeben. Bezeichne M die Menge der möglichen Versuchsausgänge. In unserem Beispiel ist
M = {(1, 1), (1, 2), . . . , (6, 6)}. Ein Elementarereignis ist ein Element von
M bzw. eine einelementige Teilmenge von M . Jedes Ereignis ist eine Teilmenge von M . So ist z. B. die Teilmenge {(1, 3), (2, 2), (3, 1)} von M das
Ereignis ”Die Summe der Augenzahlen der beiden Würfel beträgt 4”. Das
Ereignis A tritt bei einer gewissen Versuchsdurchführung ein, falls der entsprechende Versuchsausgang ein Element von A ist. Die Ereignisse A und
B schließen einander aus, falls A und B zueinander disjunkte Teilmengen
von M sind. Die Ereignisse A und B heißen zueinander komplementär,
falls A und B zueinander komplementäre Teilmengen von M sind.
Bezeichne E die Menge aller Ereignisse. Es wird gefordert:
•
•
•
∅, M ∈ E
Ist A ∈ E, so gilt M \ A ∈ E.
Sind A, B ∈ E, so gilt A ∪ B, A ∩ B ∈ E.
(Aus mathematischen Gründen wird sogar die Abgeschlossenheit von E
bzgl. der Bildung abzählbarer Vereinigungen bzw. Durchschnitte gefordert.)
∅ heißt unmögliches Ereignis und M sicheres Ereignis. A ∪ B bezeichnet das Ereignis, dass mindestens eines der beiden Ereignisse A bzw. B
eintritt, und A ∩ B jenes Ereignis, dass sowohl A als auch B eintritt. Das
Paar (M, E) heißt ein Ereignisfeld.
Beispiel (M, 2M ), wobei M irgendeine Menge ist und 2M die Potenzmenge von M bezeichnet, ist ein Ereignisfeld.
2
Beispiel (R2 , B(R2 )) ist ein Ereignisfeld. Hier und im Folgenden bezeichnet B(R2 ) die Menge aller Borelmengen von R2 , das ist die kleinste Menge
von Teilmengen von R2 , die alle Rechtecke der Ebene enthält und gegenüber
Komplementen, abzählbaren Vereinigungen und abzählbaren Durchschnitten
abgeschlossen ist. Analog werden allgemein n-dimensionale Borelmengen
für beliebiges n ∈ N definiert.
2
Sei nun k eine positive ganze Zahl. Für jedes A ∈ E bezeichne ak (A) bzw.
rk (A) die absolute bzw. relative Häufigkeit des Eintritts von A im Verauf
von k Versuchsdurchführungen. Seien A, B, C ∈ E. Dann gilt:
• 0 ≤ ak (A) ≤ k
• ak (∅) = 0, ak (M ) = k
15
• ak (B ∪ C) = ak (B) + ak (C), falls B ∩ C = ∅
Daraus folgt:
• 0 ≤ rk (A) ≤ 1
• rk (∅) = 0, rk (M ) = 1
• rk (B ∪ C) = rk (B) + rk (C), falls B ∩ C = ∅
Mit wachsendem k scheint rk (A) einem Grenzwert zuzustreben. Dieser heißt
die Wahrscheinlichkeit P (A) von A. In der Mathematik wird nun der Begriff der Wahrscheinlichkeitsverteilung axiomatisch folgendermaßen festgelegt: P heißt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (M, E) und (M, E, P )
ein Wahrscheinlichkeitsraum, falls P eine reellwertige Funktion auf E ist,
die folgende Axiome erfüllt:
• 0 ≤ P (A) ≤ 1 für alle A ∈ E
• P (∅) = 0, P (M ) = 1
• P (B ∪ C) = P (B) + P (C) für je zwei zueinander disjunkte Elemente
B, C von E.
(Aus mathematischen Gründen wird sogar P (A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ . . .) = P (A1 ) +
P (A2 ) + P (A3 ) + . . . für jede Folge A1 , A2 , A3 , . . . paarweise disjunkter Elemente von E gefordert.)
Die Axiome
(i) P (A) ≥ 0
(ii) P (M ) = 1
(iii) Aus A ∩ B = ∅ folgt P (A ∪ B) = P (A) + P (B).
für eine Funktion f : E → R sind unabhängig. Das geht aus folgender Tabelle
hervor:
P (∅) P ({1}) P ({2}) P ({1, 2})
0
0
1
2
0
1
−1
0
1
1
0
1
16
(i)
(ii)
(iii)
nein ja
ja
ja nein ja
ja
ja nein
Ist M ⊆ Rn , so heißt n die Dimension von P bzw. von (M, E, P ).
Im Folgenden bezeichne (M, E, P ) einen Wahrscheinlichkeitsraum.
Seien A, B, A1 , . . . , An ∈ E und A1 , . . . , An paarweise disjunkt. Dann gilt:
• P (A1 ∪ . . . ∪ An ) = P (A1 ) + . . . + P (An )
• P (M \ A) = 1 − P (A)
• Aus A ⊆ B folgt P (A) ≤ P (B).
Mit den vorhin definierten Axiomen gilt:
(i)
(iii)
(ii)
P (A) ≤ P (A) + P (M \ A) = P (A ∪ (M \ A)) = P (M ) = 1,
(iii)
P (∅) = P (∅) + P (∅) − P (∅) = P (∅ ∪ ∅) − P (∅) = P (∅) − P (∅) =
= 0,
(iii)
P (M \ A) = P (M \ A) + P (A) − P (A) = P ((M \ A) ∪ A) − P (A) =
(ii)
= P (M ) − P (A) = 1 − P (A) und
(i)
(iii)
A ⊆ B ⇒ P (A) ≤ P (A) + P (B \ A) = P (A ∪ (B \ A)) = P (B)
für alle A, B ∈ E.
Sei X eine Größe, die bei jeder Versuchsdurchführung einen Wert aus M
annimmt. So eine Größe heißt eine Zufallsvariable. X besitzt die Wahrscheinlichkeitsverteilung P bzw. P ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung
von X bzw. X ist nach P verteilt, i. Z. X ∼ P , falls für jedes A ∈ E die
Wahrscheinlichkeit dafür, dass X einen Wert aus A annimmt, P (A) beträgt.
Die Dimension von X ist die Dimension der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsverteilung.
2.2
Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Seien ai , i ∈ I, endlich oder abzählbar viele paarweise verschiedene reelle
P
Zahlen und pi , i ∈ I, nichtnegative reelle Zahlen mit
pi = 1. Für jedes J ⊆
i∈I
P
I sei P ({ai | i ∈ J}) :=
pi . Dann ist P eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
i∈J
{ai | i∈I}
auf ({ai | i ∈ I}, 2
). So eine Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw.
17
der zugehörige Wahrscheinlichkeitsraum heißen diskret. Die Funktion
ai 7→ pi (i ∈ I) von {ai | i ∈ I} nach [0, 1] heißt eine Dichtefunktion von P .
Gibt es nur endlich viele Elementarereignisse und sind diese alle gleich
wahrscheinlich, so kann zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses die Formel
günstige Fälle
mögliche Fälle
verwendet werden.
In der folgenden Tabelle sind einige diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen angegeben (f bezeichne eine entsprechende Dichtefunktion und M
deren Definitionsbereich):
Name
diskrete
Gleichverteilung
Alternativverteilung
Binomialverteilung
Poissonverteilung
hypergeometrische
Verteilung
Bez.
M
f (x)
Bemerkungen
DM
M
1/|M |
M endlich, M 6= ∅
Ap
{0, 1}
Bn,p
{0, . . . , n}
Pξ
N0
HN,A,n
1−p x=0
p
x=1
n x
p (1 − p)n−x
x
ξ x exp(−ξ)/x!
A
x
{0, . . . , n}
N −A
n−x
/
N
n
0≤p≤1
n∈N
0 ≤ p ≤ 1, 00 := 1
ξ ∈ R+
N ∈N
A, n ∈ {0, . . . , N }
A
:= 0 für x > A
x
N −A
:= 0 für
n−x
n−x>N −A
(N0 bezeichnet die Menge der nichtnegativen ganzen und R+ die Menge
der positiven reellen Zahlen.)
Wir betrachten eine Prüfung. Es sei p die Wahrscheinlichkeit, bei der
Prüfung durchzukommen. Bezeichne Xn für n ∈ N die Anzahl jener von
insgesamt n Kandidaten, die bei der Prüfung durchkommen. Dann gilt X1 ∼
Ap und Xn ∼ Bn,p (”Ziehungen mit Zurücklegen”).
Wird einem Los vom Umfang N , welches A Ausschussstücke enthält,
eine Stichprobe vom Umfang n entnommen, so ist die Anzahl der in der
18
Stichprobe enthaltenen Ausschussstücke nach HN,A,n verteilt (”Ziehungen
ohne Zurücklegen”). Es gibt nämlich genau Nn Möglichkeiten, aus dem Los
vom Umfang N eine Stichprobe vom Umfang n zu entnehmen, genau Ax
Möglichkeiten, aus den insgesamt A Ausschussstücken x zu entnehmen, und
−A
– davon unabhängig – genau Nn−x
Möglichkeiten, aus den N − A guten
−A
Stücken n − x auszuwählen. Daher ist Ax bzw. Nn−x
als Null zu verstehen,
falls x > A bzw. n − x > N − A ist.
2
Es gelten folgende Näherungen:
• Bn,p ≈ Pnp , falls p < 0.1
• Ist n/N < 0.1, so gilt HN,A,n ≈ Bn,A/N .
• Sind A/N, n/N < 0.1, so gilt HN,A,n ≈ PnA/N .
Beispiel In einem Kolben mögen sich a Liter Flüssigkeit und in dieser b
Bakterien befinden. c Liter der Flüssigkeit (wobei c im Vergleich zu a sehr
klein sein soll) werden in ein Reagenzglas gefüllt. Bezeichnet V bzw. v das
Volumen der Flüssigkeit im Kolben bzw. im Reagenzglas, wobei als Maßeinheit für das Volumen das Volumen einer Bakterie gewählt wird, so gilt
v/V = c/a, und die Anzahl der Bakterien im Reagenzglas ist dann nach
HV,b,v ≈ Pvb/V = Pbc/a verteilt. Also ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich im
Reagenzglas genau d Bakterien befinden, näherungsweise gleich
bc
1 bc d
( ) exp(− ).
d! a
a
2
2.3
Stetige Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Sei f : R → R+
0 ”stückweise” stetig, und gelte
Z∞
f (x)dx = 1.
−∞
(R+
0 bezeichnet die Menge der nichtnegativen reellen Zahlen.) Wird dann
P : B(R) → [0, 1] durch
Z
P (B) :=
f (x)dx
B
19
für alle B ∈ B(R) definiert, so ist P eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf
(R, B(R)). Eine auf diese Weise entstehende Wahrscheinlichkeitsverteilung P bzw. der entsprechende Wahrscheinlichkeitsraum heißen stetig,
und f heißt dann eine Dichtefunktion von P . Für jede endliche Teilmenge
B von R gilt B ∈ B(R) und P (B) = 0.
In der folgenden Tabelle sind einige stetige Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf (R, B(R)) angegeben (f bezeichne eine entsprechende Dichtefunktion):
Name
stetige Gleichverteilung
Exponentialverteilung
Normalverteilung
Standardnormalverteilung
Chiquadratverteilung mit n
Freiheitsgraden
t-Verteilung
(Studentverteilung) mit n
Freiheitsgraden
Bez.
N (0, 1)
f (x)
Bemerkungen
1/(b − a) x ∈ [a, b]
a, b ∈ R
0
sonst
a<b
+
λ exp(−λx) x ∈ R
λ ∈ R+
0
sonst
√
m∈R
(1/( 2πσ)) exp(−(x − m)2 /(2σ 2 ))
σ ∈ R+
√
(1/ 2π) exp(−x2 /2)
χ2n
verschwindet auf R−
0 := (−∞, 0]
n∈N
tn
ist symmetrisch bzgl. x = 0
n∈N
S[a,b]
Exλ
N (m, σ 2 )
Sei X eine Zufallsvariable. Dann gilt: Sind a, b ∈ R und ist a 6= 0, so ist
X genau dann nach N (m, σ 2 ) verteilt, falls aX + b nach N (am + b, a2 σ 2 ) verteilt ist. Die Normalverteilung ist sozusagen invariant gegenüber linearen
Transformationen. Insbesondere ist X genau dann nach N (m, σ 2 ) verteilt,
falls (X − m)/σ nach N (0, 1) verteilt ist. Sei
1
Φ(x) := √
2π
Zx
t2
exp(− )dt
2
−∞
für alle x ∈ R. (Φ heißt die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung.)
20
2.4
Approximation von diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen durch stetige
Seien a, b ∈ Z mit a ≤ b. (Z bezeichnet die Menge der ganzen Zahlen.) Sei
P1 eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung auf ({a, a + 1, a + 2, . . . , b},
2{a,a+1,a+2,...,b} ) mit der Dichtefunktion f1 und P2 eine stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (R, B(R)) mit der Dichtefunktion f2 , und gelte P1 ≈ P2 .
Dann gilt
d+1/2
Z
d+1/2
Z
t(x)dx ≈
P1 ({c, . . . , d}) = f1 (c) + . . . + f1 (d) =
c−1/2
f2 (x)dx =
c−1/2
1
1
= P2 ([c − , d + ])
2
2
für alle c, d ∈ {a, a + 1, a + 2, . . . , b} mit c ≤ d, wobei t die durch t(x) :=
f1 (s) für alle s ∈ {a, a + 1, a + 2, . . . , b} und für alle x ∈ [s − 1/2, s + 1/2)
definierte der Funktion f1 entsprechende Treppenfunktion auf [a − 1/2, b +
1/2) bezeichnet.
Es gelten folgende Näherungen:
• Ist np(1 − p) > 9, so gilt Bn,p ≈ N (np, np(1 − p)).
• Ist n/N < 0.1 und n(A/N )(1 − A/N ) > 9, so gilt HN,A,n ≈ N (nA/N,
n(A/N )(1 − A/N )).
Beispiel Die Wahrscheinlichkeit dafür, bei der Durchführung eines gewissen physikalischen Experiments ein qualitativ einwandfreies Ergebnis zu
erhalten, sei 1/2. Das Experiment werde 200-mal durchgeführt. Bezeichne
X die Anzahl jener dieser 200 Experimente, die ein qualitativ einwandfreies
Ergebnis liefern. Dann gilt X ∼ B200,1/2 . Da 200(1/2)(1/2) = 50 > 9 gilt,
√
ist B200,1/2 ≈ N (100, 50). Daher ist (X − 100)/(5 2) ungefähr nach N (0, 1)
verteilt. Da 109.5 ≤ X ≤ 120.5 mit
X − 100
20.5
9.5
√ ≤
√
≤ √
5 2
5 2
5 2
gleichbedeutend ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass X im Intervall [110,
120] liegt, näherungsweise
20.5
9.5
Φ( √ ) − Φ( √ ) ≈ Φ(2.90) − Φ(1.34) ≈ 0.9981 − 0.9099 ≈ 0.09.
5 2
5 2
21
Mittels einer analogen Überlegung ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit, dass
X im Intervall [90, 120] liegt, der Näherungswert
20.5
10.5
20.5
10.5
Φ( √ ) − Φ(− √ ) = Φ( √ ) − (1 − Φ( √ )) ≈
5 2
5 2
5 2
5 2
≈ Φ(2.90) − (1 − Φ(1.48)) ≈
≈ 0.9981 − (1 − 0.9306) ≈ 0.93.
Dabei wurde die Beziehung Φ(−a) = 1 − Φ(a) für a ∈ R verwendet, die aus
Z−a
Z∞
f (x)dx = 1 −
f (x)dx =
Φ(−a) =
−∞
Za
f (x)dx = 1 − Φ(a)
−∞
a
folgt, wobei f die Dichtefunktion von N (0, 1) bezeichnet.
2.5
2
Additionssatz
Ist (M, E, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum und sind A1 , . . . , An ∈ E, so gilt
P (A1 ∪ . . . ∪ An ) =
= P (A1 ) + . . . + P (An ) −
−P (A1 ∩ A2 ) − P (A1 ∩ A3 ) − . . . − P (An−1 ∩ An ) +
+P (A1 ∩ A2 ∩ A3 ) + P (A1 ∩ A2 ∩ A4 ) + . . . + P (An−2 ∩ An−1 ∩ An ) − . . .
...
+(−1)n+1 P (A1 ∩ . . . ∩ An ).
Schließen A1 , . . . , An einander paarweise aus, so folgt P (A1 ∪ . . . ∪ An ) =
P (A1 ) + . . . + P (An ).
2.6
Multiplikationssatz
Im Folgenden sei (M, E, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum.
Sei k eine positive ganze Zahl, seien A, B ∈ E, bezeichne ak (A) bzw.
rk (A) wieder die absolute bzw. relative Häufigkeit des Eintritts von A im
Verlauf von k Versuchsdurchführungen, und sei ak (B) > 0. Dann ist
ak (A ∩ B)
ak (B)
22
die durch den Eintritt von B bedingte relative Häufigkeit des Eintritts
von A im Verlauf der k Versuchsdurchführungen. Nun gilt
ak (A ∩ B)
rk (A ∩ B)
=
ak (B)
rk (B)
und, falls k ”sehr groß” ist,
rk (A ∩ B)
P (A ∩ B)
≈
.
rk (B)
P (B)
Im Fall P (B) > 0 heißt daher die Zahl
P (A|B) :=
P (A ∩ B)
P (B)
die durch den Eintritt von B bedingte Wahrscheinlichkeit von A. Zwei
Ereignisse A, B heißen unabhängig, falls P (A ∩ B) = P (A)P (B) gilt. Im
Fall P (B) > 0 ist das gleichbedeutend mit P (A|B) = P (A), und im Fall
P (A) > 0 mit P (B|A) = P (B). Allgemein heißen die Ereignisse Ai , i ∈ I,
unabhängig, falls für jede Auswahl Ai1 , . . . , Aik von endlich vielen paarweise
verschiedenen Ai die Gleichheit P (Ai1 ∩ . . . ∩ Aik ) = P (Ai1 ) · . . . · P (Aik ) gilt.
Die Ereignisse Ai , i ∈ I, heißen paarweise unabhängig, falls für je
zwei verschiedene i, j ∈ I P (Ai ∩ Aj ) = P (Ai )P (Aj ) gilt.
Beispiel Wir betrachten das Würfeln mit zwei unterscheidbaren Würfeln. Bezeichne A das Ereignis, mit dem ersten Würfel 3 zu würfeln, B das
Ereignis, mit dem zweiten Würfel 4 zu würfeln, und C das Ereignis, dass die
Summe der Augenzahlen beider Würfel 7 beträgt. Dann gilt
P (A) = P (B) = P (C) =
1
und
6
P (A ∩ B) = P (B ∩ C) = P (C ∩ A) = P (A ∩ B ∩ C) =
Daher sind A, B, C nicht unabhängig, aber paarweise unabhängig.
1
.
36
2
Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung:
Sind A1 , . . . , An ∈ E, so gilt
P (A1 ∩ . . . ∩ An ) = P (A1 )P (A2 |A1 )P (A3 |A1 ∩ A2 ) · . . . · P (An |A1 ∩ . . . ∩ An−1 ).
Bemerkung Aus P (A1 ∩ . . . ∩ An−1 ) > 0 folgt wegen der Monotonie von
P , dass P (A1 ), . . . , P (A1 ∩ . . . ∩ An−2 ) > 0 gilt.
23
2.7
Verteilungsprobleme in der statistischen
Physik
Wir betrachten n Teilchen. Jedes Teilchen werde durch ein Element des in
N > 1 ”Zellen” zerlegten ”Phasenraumes”, welcher wiederum eine gewisse
Teilmenge des Rm (m ∈ N) ist, beschrieben. Wir betrachten folgende drei
”Statistiken”:
(i) Maxwell-Boltzmannsche Statistik Bei dieser Statistik wird angenommen, dass die Teilchen unterscheidbar sind. Sie wird z. B. bei Gasmolekülen verwendet.
(ii) Bose-Einsteinsche Statistik Bei dieser Statistik wird angenommen,
dass die Teilchen nicht unterscheidbar sind. Sie wird z. B. bei Photonen
verwendet.
(iii) Fermi-Diracsche Statistik Bei dieser Statistik wird angenommen,
dass die Teilchen nicht unterscheidbar sind und dass sich in jeder Zelle
höchstens ein Teilchen befindet. Daraus folgt insbesondere, dass n ≤ N
gelten muss. Diese Statistik wird z. B. bei Elektronen, Protonen und
Neutronen verwendet.
Unter der Voraussetzung, dass alle möglichen Aufteilungen der Teilchen
auf die Zellen gleichwahrscheinlich sind, ergibt sich für eine vorgegebene Zelle
Z und eine vorgegebene Zahl k ∈ {0, . . . , n} die Wahrscheinlichkeit, dass bei
einer solchen Aufteilung der Teilchen auf die Zellen in Z genau k Teilchen
liegen, in den vorher erwähnten drei Fällen wie folgt:
(N − 1)n−k /N n = nk (1/N )k (1 − 1/N )n−k
N +n−1
(ii) N +n−k−2
/
n−k
n
(iii) Nn−1 / Nn = (N − n)/N = 1 − n/N , falls k = 0
N
N −1
/ n = n/N , falls k = 1
n−1
(i)
n
k
Im Fall (i) gibt es nämlich genau N n Möglichkeiten, die n Teilchen auf die
N Zellen zu verteilen, genau nk Möglichkeiten, jene k Teilchen auszuwählen,
die in Z liegen, und für jede solche Auswahl genau (N − 1)n−k Möglichkeiten,
die übrigen n − k Teilchen auf die restlichen N − 1 Zellen zu verteilen. Das
24
Ergebnis im Fall (i) kann auch durch folgende Überlegung gewonnen werden:
Die Anzahl der Teilchen, welche sich in Z befinden, ist nach Bn,1/N verteilt.
Im Fall (ii) gibt es genau N +n−1
Möglichkeiten, die n Teilchen auf die
n
N +n−k−2
N Zellen zu verteilen, und genau
Möglichkeiten, die n − k nicht in
n−k
Z liegenden Teilchen auf die N − 1 von Z verschiedenen Zellen zu verteilen.
Im Fall (iii) gibt es schließlich genau Nn Möglichkeiten, aus sämtlichen N
Zellen jene n Zellen auszuwählen, in denen sich ein Teilchen befindet. Falls
sich in Z kein Teilchen befindet, so beträgt die Anzahl der Möglichkeiten,
die n Teilchen auf die verbleibenden N − 1 Zellen zu verteilen, genau Nn−1 .
Andernfalls beträgt die Anzahl der Möglichkeiten, die n − 1 sich außerhalb
von Z befindenden Teilchen auf die verbleibenden N − 1 Zellen aufzuteilen,
−1
genau Nn−1
. Das Ergebnis im Fall (iii) ergibt sich auch dadurch, dass in
diesem Fall aus den insgesamt N Zellen zufällig jene n Zellen ausgewählt
werden, in denen sich ein Teilchen befindet. Die Wahrscheinlichkeit dafür,
dass sich die Zelle Z unter den n ausgewählten Zellen befindet, beträgt dann
offensichtlich n/N .
2.8
Zufallsvariable, Mittel und Varianz
Sind X1 , . . . , Xn eindimensionale Zufallsvariable und ist f eine stückweise
stetige Funktion von Rn nach R, so ist f (X1 , . . . , Xn ) eine Zufallsvariable.
Sei X eine eindimensionale diskrete Zufallsvariable, welche die paarweise verschiedenen Werte a1 , . . . , an ∈ R jeweils mit den Wahrscheinlichkeiten p1 , . . . , pn annimmt und die keine anderen Werte annehmen kann. Der
entsprechende Versuch werde k-mal durchgeführt. Dann gilt für jedes i ∈
{1, . . . , n}, dass X im Verlauf der k Versuchsdurchführungen ungefähr kpi mal den Wert ai annimmt. Das arithmetische Mittel der von X im Verlauf
der k Versuchsdurchführungen angenommenen Werte ist also ungefähr gleich
n
n
X
1X
kpi ai =
ai p i .
k i=1
i=1
Dieser Sachverhalt legt folgende Definition nahe: Ist P eine eindimensionale
diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (M, 2M ) (M ⊆ R) mit der Dichtefunktion f , so heißt im Fall
X
|x|f (x) < ∞
x∈M
25
die Zahl
X
m :=
xf (x)
x∈M
das Mittel von P und im Fall
X
(x − m)2 f (x) < ∞
x∈M
die Zahl
σ 2 :=
X
(x − m)2 f (x)
x∈M
die Varianz von P und die nichtnegative Quadratwurzel σ aus σ 2 die Standardabweichung von P . Analog dazu wird definiert: Ist P eine eindimensionale stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (R, B(R)) mit der Dichtefunktion f , so heißt im Fall
Z∞
|x|f (x)dx < ∞
−∞
die Zahl
Z∞
m :=
xf (x)dx
−∞
das Mittel von P und im Fall
Z∞
(x − m)2 f (x)dx < ∞
−∞
die Zahl
2
Z∞
σ :=
(x − m)2 f (x)dx
−∞
die Varianz von P und die nichtnegative Quadratwurzel σ aus σ 2 die Standardabweichung von P .
Wenn im Folgenden Mittel, Varianz bzw. Standardabweichung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen erwähnt werden, so wird stets vorausgesetzt, dass
diese Größen existieren. Das Mittel, der Erwartungswert oder√die Erwartung EX, die Varianz V X bzw. die Standardabweichung V X einer eindimensionalen Zufallsvariablen X ist das Mittel, die Varianz bzw. die
26
Standardabweichung der der Zufallsvariablen X entsprechenden Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Ist X eine eindimensionale diskrete bzw. stetige Zufallsvariable, f : M →
[0, 1] bzw. f : R → R+
0 die Dichtefunktion ihrer Wahrscheinlichkeitsverteilung
und g eine stückweise stetige Funktion von R nach R, so ist auch g(X) eine
eindimensionale diskrete bzw. stetige Zufallsvariable, und es gilt
Eg(X) =
X
Z∞
g(x)f (x)
bzw.
Eg(X) =
x∈M
g(x)f (x)dx.
−∞
In der folgenden Tabelle sind für einige Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Mittel und Varianz angegeben:
Wahrscheinlichkeitsverteilung
DM
Mittel
(1/|M |)
P
x (1/|M |)
x∈M
Ap
Bn,p
Pξ
HN,A,n
S[a,b]
Exλ
N (m, σ 2 )
N (0, 1)
χ2n
tn
Bemerkungen
Varianz
p
np
ξ
nA/N
(a + b)/2
1/λ
m
0
n
0
P
P
(x − (1/|M |)
x∈M
y)2
y∈M
p(1 − p)
np(1 − p)
ξ
n(A/N )(1 − A/N )(1 − (n − 1)/(N − 1)) N > 1
(b − a)2 /12
1/λ2
σ2
1
2n
n/(n − 2)
n>2
2
Im Folgenden seien X, Y eindimensionale Zufallsvariable und a, b, c reelle
Zahlen.
Die Kovarianz K(X, Y ) von X und Y ist definiert durch
K(X, Y ) := E((X − EX)(Y − EY )).
Im Fall V X, V Y > 0 ist der Korrelationskoeffizient ρ(X, Y ) von X und
Y definiert durch
K(X, Y )
√
ρ(X, Y ) := √
.
VX VY
27
X und Y heißen unkorreliert, falls K(X, Y ) = 0. Im Fall V X, V Y > 0 ist
das mit ρ(X, Y ) = 0 gleichbedeutend. Nun gilt:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Ec = c
E(aX + bY ) = aEX + bEY (Linearität des Erwartungswertoperators)
E(X − EX) = 0
V X = E(X − EX)2
V X = EX 2 − (EX)2 (Verschiebungssatz für die Varianz)
Vc=0
√
E((X − EX)/ V X) = 0, falls V X > 0
K(X, Y ) = E(XY ) − (EX)(EY ) (Verschiebungssatz für die
Kovarianz)
V X = K(X, X)
V (aX + bY ) = a2 V X + 2abK(X, Y ) + b2 V Y
V (aX + bY ) = a2 V X + b2 V Y, falls K(X, Y ) = 0
V (X + c) = V X
√
falls V X > 0
V ((X − EX)/ V X) = 1, √
√
ρ(X, Y ) = E(((X − EX)/ V X)((Y − EY )/ V Y )), falls V X,
V Y > 0.
X heißt zentriert, falls EX = 0 gilt, und normiert, falls EX = 0 und
V X = 1 gilt. X − EX ist also zentriert, und im Fall V X > 0 ist
X − EX
√
VX
also normiert. X − EX heißt die zu X gehörende zentrierte Zufallsvariable,
und im Fall V X > 0 heißt
X − EX
√
VX
die zu X gehörende normierte Zufallsvariable.
Es gilt:
• |ρ(X, Y )| ≤ 1.
• ρ(X, Y ) = 1 genau dann, falls es ein a ∈ R+ und ein b ∈ R mit
Y = aX + b gibt.
• ρ(X, Y ) = −1 genau dann, falls es ein a ∈ R− und ein b ∈ R mit
Y = aX + b gibt.
28
• |ρ(X, Y )| kann als Maß für die lineare Abhängigkeit zwischen X und
Y angesehen werden.
(R− bezeichnet die Menge der negativen reellen Zahlen.) Das bedeutet:
Seien (x1 , y1 ), . . . , (xn , yn ) beobachtete Werte einer zweidimensionalen Zu
1
fallsvariablen (X, Y ). Ist ρ(X, Y ) ≈
, so liegen die Punkte mit den
−1
positiver
Koordinaten (xi , yi ) annähernd auf einer Geraden mit
Steinegativer
gung. Ist ρ(X, Y ) ≈ 0, so liegt kein linearer Zusammenhang zwischen X und
Y vor.
Es kann sein, dass zwischen X und Y keine lineare Abhängigkeit, aber
trotzdem eine Abhängigkeit besteht.
X und Y heißen unabhängig, falls für je zwei Intervalle I, J in R die
Ereignisse [X ∈ I], [Y ∈ J] unabhängig sind. Allgemein heißen die eindimensionalen Zufallsvariablen Xi , i ∈ I, unabhängig, falls für jede Familie
Ji , i ∈ I, von Intervallen in R die Ereignisse [Xi ∈ Ji ], i ∈ I, unabhängig
sind.
Für eindimensionale Zufallsvariable X1 , . . . , Xn , Y1 , . . . , Yn wird definiert:
• X̄n = (1/n)
n
P
Xi (Probenmittel von X1 , . . . , Xn )
i=1
• Sn2 = (1/(n − 1))
n
P
(Xi − X̄n )2 (Probenvarianz von X1 , . . . , Xn )
i=1
• Sn = nichtnegative Quadratwurzel aus Sn2 (Probenstandardabweichung von X1 , . . . , Xn )
• Kn = (1/(n − 1))
n
P
(Xi − X̄n )(Yi − Ȳn ) (Probenkovarianz von
i=1
(X1 , Y1 ), . . . , (Xn , Yn )).
Es gilt: Sind x1 , . . . , xn , a ∈ R und ist x̄ = (1/n)
folgt
n
P
i=1
|xi − x̄|2 <
n
P
n
P
xi und a 6= x̄, so
i=1
|xi − a|2 . Die Zahl x̄ minimiert also die Summe der
i=1
Quadrate der Abstände zu x1 , . . . , xn .
Für unabhängige eindimensionaleZufallsvariable X, Y bzw. X1 , . . . , Xn
und a, b ∈ R gilt:
29
• E(XY ) = (EX)(EY )
• Ist k eine positive ganze Zahl mit k < n und sind f bzw. g stückweise
stetige Abbildungen von Rk bzw. Rn−k nach R, so sind f (X1 , . . . , Xk ),
g(Xk+1 , . . . , Xn ) unabhängig.
• Aus X1 , . . . , Xn ∼ Ap folgt
n
P
Xi ∼ Bn,p .
i=1
• Aus X1 , . . . , Xn ∼ N (0, 1) folgt
n
P
Xi2 ∼ χ2n .
i=1
• Aus X ∼ N (m1 , σ12 ), Y ∼ N (m2 , σ22 ) und (a, b) 6= (0, 0) folgt aX +bY +
c ∼ N (am1 + bm2 + c, a2 σ12 + b2 σ22 ) (Invarianz der Normalverteilung
gegenüber linearen Transformationen).
Sind X, Y unabhängig, so folgt also
K(X, Y ) = E((X −EX)(Y −EY )) = (E(X −EX))·(E(Y −EY )) = 0·0 = 0.
Aus der Unabhängigkeit zweier Zufallsvariablen folgt somit deren Unkorreliertheit. (Die Umkehrung gilt im allgemeinen nicht (siehe Übungen)!) Sind
daher X, Y unabhängig und a, b ∈ R, so gilt
V (aX + bY ) = a2 V X + b2 V Y.
Ist P eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (M, E) mit (−∞, x] ∩ M ∈ E
für alle x ∈ R, so heißt die Funktion F : R → [0, 1], definiert durch
F (x) := P ((−∞, x] ∩ M ) für alle x ∈ M , die Verteilungsfunktion von
P . Die Verteilungsfunktion von X ist die Verteilungsfunktion der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsverteilung. Für die Verteilungsfunktion F einer Wahrscheinlichkeitsverteilung auf einem Intervall I mit (a, b) ⊆ I ⊆ [a, b]
(a ∈ {−∞} ∪ R, b ∈ R ∪ {∞}) gilt:
• lim F (x) = 0
x→a
• F ist monoton nichtfallend.
• lim F (x) = 1
x→b
• F ist stetig ”von rechts”, d. h., F stimmt in jedem Punkt des Definitionsbereiches mit seinem rechtsseitigen Grenzwert überein.
30
• Ist P stetig und besitzt P eine stetige Dichtefunktion f , so gilt F 0 = f .
Eine reellwertige Funktion f (x) einer reellen Variablen x heißt ein Klein-O
von x für x → 0, i. Z. f (x) = o(x) für x → 0, falls
f (x)
=0
x→0 x
lim
gilt. Dafür hat sich die Sprechweise ”f (x) strebt für x → 0 mit höherer als
erster Ordnung gegen 0” eingebürgert.
Beispiel x2 = o(x) für x → 0, da lim (x2 /x) = lim x = 0.
x→0
x→0
2
Beispiel 1 − cos x = o(x) für x → 0, da lim ((1 − cos x)/x) =
x→0
= lim (sin x/1) = 0.
x→0
2
Beispiel Bezeichne X die Lebensdauer eines Atoms A eines radioaktiven
Elements R und F die Verteilungsfunktion von X. Dann ist
1 − F (x) = 1 − P [X ≤ x] = P [X > x]
die Wahrscheinlichkeit dafür, dass A in einem Zeitintervall der Länge x nicht
zerfällt. Seien nun x0 , h ∈ R+ . Wir nehmen an, dass
F (h) = λh + o(h)
gilt. (λ heißt Zerfallskonstante.) Nun ist
1 − F (x0 + h)
1 − F (x0 )
die Wahrscheinlichkeit, dass A in [0, x0 + h] nicht zerfällt unter der Bedingung, dass A in [0, x0 ] nicht zerfällt. Wir nehmen an, dass diese bedingte
Wahrscheinlichkeit gleich der Wahrscheinlichkeit 1 − F (h), dass A in [0, h]
nicht zerfällt, ist. Somit gilt
1 − F (x0 + h) = (1 − F (x0 ))(1 − F (h))
und daher
F (x0 + h) − F (x0 )
o(h)
= (λ +
)(1 − F (x0 )).
h
h
Der Grenzübergang h → 0 liefert F 0 (x0 ) = λ(1 − F (x0 )) und daher F 0 (x) =
λ(1 − F (x)) für alle x ∈ R+ . Somit folgt (1 − F (x))0 = −λ(1 − F (x)), also
31
1 − F (x) = (1 − F (0)) exp(−λx) = exp(−λx) für alle x ∈ R+ . Es ist daher
F (x) = 1 − exp(−λx) und F 0 (x) = λ exp(−λx) für alle x ∈ R+ . Also gilt
X ∼ Exλ . Für die Halbwertszeit b von R ergibt sich wegen F (b) = 1/2 der
Wert b = (ln 2)/λ. Sei a ∈ R+ . Bezeichne Y die Anzahl jener der insgesamt
n Atome von R, die in einem Zeitintervall der Länge a zerfallen. Dann gilt
Y ∼ Bn,1−exp(−λa) . Falls λa ”sehr klein” ist, gilt
Bn,1−exp(−λa) ≈ Bn,λa ≈ Pnλa .
Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Y = k ist, für ”sehr kleines” λa näherungsweise gleich
(nλa)k exp(−nλa)
.
k!
2
2.9
Zentraler Grenzverteilungssatz
Identisch verteilte Zufallsvariable sind Zufallsvariable, welche dieselbe
Verteilung besitzen.
Zentraler Grenzverteilungssatz Seien X1 , X2 , X3 , . . . unabhängige,
identisch verteilte Zufallsvariable mit dem Mittel m und der Varianz σ 2 > 0.
Dann ist X̄n für ”großes” n ungefähr normalverteilt; genauer gilt
√
n(X̄n − m)
1
lim P [
≤ a] = √
n→∞
σ
2π
Za
exp(−
x2
)dx
2
−∞
für alle a ∈ R.
Bemerkung Wegen E X̄n = m und V X̄n = σ 2 /n ist
√
n(X̄n − m)
σ
die zu X̄n gehörende normierte Zufallsvariable.
Im Fall, dass die Zufallsvariablen X1 , X2 , X3 , . . . nach Ap verteilt sind,
ergibt sich folgender
Satz von Moivre Für jedes n ∈ N sei Yn eine nach Bn,p (0 < p < 1)
verteilte Zufallsvariable. Dann ist Yn für ”großes” n ungefähr normalverteilt;
32
genauer gilt
1
Yn − np
≤ a] = √
lim P [ p
n→∞
2π
np(1 − p)
Za
exp(−
x2
)dx
2
−∞
für alle a ∈ R.
Bemerkung Wegen EYn = np und V Yn = np(1 − p) ist
Y − np
p n
np(1 − p)
die zu Yn gehörende normierte Zufallsvariable.
2.10
Schätzfunktionen
Sei X eine eindimensionale, nach Pθ1 ,θ2 mit unbekannten Parametern θ1 , θ2
verteilte Zufallsvariable. Der entsprechende Versuch werde n-mal durchgeführt. Seien X1 , . . . , Xn die n Realisierungen von X im Verlauf dieser Versuchsdurchführungen. X1 , . . . , Xn seien also unabhängig und nach Pθ1 ,θ2 verteilt. Allgemein verstehen wir im Folgenden unter (unabhängigen) Realisierungen einer Zufallsvariablen X (unabhängige) Zufallsvariable, welche dieselbe Verteilung wie X besitzen. Sei weiters f eine stückweise stetige Funktion von Rn nach R. Dann heißt f (X1 , . . . , Xn ) eine Schätzfunktion für den
Parameter θ1 , falls die Werte von f (X1 , . . . , Xn ) ”Näherungswerte” für θ1
sind. f (X1 , . . . , Xn ) heißt eine erwartungstreue Schätzfunktion für θ1 ,
falls
E(f (X1 , . . . , Xn )) = θ1
gilt.
Es gilt: Ist X eine eindimensionale Zufallsvariable und n > 1 und sind
X1 , . . . , Xn unabhängige Realisierungen von X, so sind X̄n bzw. Sn2 erwartungstreue Schätzfunktionen für das Mittel bzw. die Varianz von X.
Bemerkung Zunächst mag es vielleicht verwundern, warum Sn2 und nicht
n
1X
(Xi − X̄n )2
n i=1
33
eine erwartungstreue Schätzfunktion für V X ist. Wie eine leichte Rechnung
ergibt, ist
n
1X
(Xi − EX)2
n i=1
eine erwartungstreue Schätzfunktion
Xi den Wert
fürV X. Falls nun alle
n
P
überschätzen
>
EX
, so ist X̄n
EX und daher
(Xi − X̄n )2 <
unterschätzen
<
i=1
n
P
(Xi − EX)2 . Das macht (zumindest in den genannten Fällen) plausibel,
i=1
warum
n
1X
E(
(Xi − X̄n )2 ) < V X.
n i=1
Weiters gilt: Ist (X, Y ) eine zweidimensionale Zufallsvariable, und sind
(X1 , Y1 ), . . . , (Xn , Yn ) n > 1 unabhängige Realisierungen von (X, Y ), so ist
Kn eine erwartungstreue Schätzfunktion für die Kovarianz von X und Y .
Bemerkung Es gilt
n
1X
E(
(Xi − EX)(Yi − EY )) = K(X, Y ).
n i=1
Ist (X, Y ) eine zweidimensionale Zufallsvariable und n > 1, und sind
(x1 , y1 ), . . . , (xn , yn ) Werte von (X, Y ), die aus n unabhängigen Beobachtungen von (X, Y ) stammen, so heißen
n
1X
xi
x̄ :=
n i=1
n
bzw.
1X
ȳ :=
yi
n i=1
das empirische Mittel von X bzw. Y ,
n
s2x :=
1 X
(xi − x̄)2
n − 1 i=1
n
bzw.
s2y :=
1 X
(yi − ȳ)2
n − 1 i=1
die
von X bzw. Y , die nichtnegativen Quadratwurzeln
empirische
2Varianz
sx
sx
X
aus
die empirische Standardabweichung von
,
sy
s2y
Y
n
sxy :=
1 X
(xi − x̄)(yi − ȳ)
n − 1 i=1
34
die empirische Kovarianz von X und Y und im Fall sx , sy > 0
sxy
sx sy
rxy :=
der empirische Korrelationskoeffizient von X und Y . Die eben definierten Größen lassen sich durch die Summen
n
X
xi ,
i=1
n
X
yi ,
i=1
n
X
x2i ,
i=1
n
X
yi2
und
i=1
n
X
xi y i
i=1
wie folgt ausdrücken:
• x̄ = (1/n)
n
P
xi
i=1
• ȳ = (1/n)
n
P
yi
i=1
• s2x = (1/(n(n − 1)))(n
n
P
x2i − (
n
P
yi2 − (
n
P
n
P
xi yi − (
i=1
• rxy = (n
n
P
xi yi −(
i=1
n
P
i=1
yi )2 )
i=1
i=1
• sxy = (1/(n(n − 1)))(n
xi )2 )
i=1
i=1
• s2y = (1/(n(n − 1)))(n
n
P
xi )(
n
P
n
P
xi )(
i=1
n
P
yi ))
i=1
r n
n
n
n
P
P
P
P
yi ))/ (n x2i − ( xi )2 )(n yi2 − ( yi )2 )
i=1
i=1
i=1
i=1
i=1
Diese Formeln sind u. a. dann vorteilhaft, wenn die Anzahl der Beobachtungen von (X, Y ) nachträglich vergrößert wird, da in einem solchen Fall auf die
bereits berechneten Summen aufgebaut werden kann.
2.11
Tests
Sei X eine eindimensionale, nach Pθ1 ,θ2 mit unbekannten Parametern θ1 ∈ Θ1
und θ2 ∈ Θ2 verteilte Zufallsvariable, seien X1 , . . . , Xn n > 1 unabhängige
Realisierungen von X, und sei Θ10 eine feste Teilmenge von Θ1 . Ein Test für
die ”Nullhypothese” H0 : θ1 ∈ Θ10 ist eine Vorschrift, die auf Grund der
35
Werte, die X1 , . . . , Xn annehmen, entscheidet, ob H0 angenommen oder verworfen wird. Die Verwerfung einer richtigen Nullhypothese wird als Fehler
erster Art bezeichnet, die Annahme einer falschen Nullhypothese als Fehler
zweiter Art. Die Wahrscheinlichkeit der Annahme einer richtigen Nullhypothese heißt die Sicherheit und die Wahrscheinlichkeit der Verwerfung einer
falschen Nullhypothese die Schärfe des Tests. Im Folgenden bezeichne für
0 < p < 1 Np , tn−1,p bzw. χ2n−1,p das p-Fraktile von N (0, 1), tn−1 bzw. χ2n−1 ,
d. h. jene reelle Zahl a, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass eine entsprechend
verteilte Zufallsvariable einen Wert ≤ a annimmt, gleich p ist.
Einseitiger bzw. zweiseitiger Gaußtest Sind X1 , . . . , Xn n > 1 unabhängige Realisierungen einer nach N (m, σ 2 ) verteilten Zufallsvariable und
ist m0 ∈ R, 0 < α < 1, m unbekannt und σ 2 bekannt, so ist das Verfahren,
bei dem die Nullhypothese H0 : m ≤ m0 bzw. H0 : m = m0 bzw. H0 : m ≥ m0
genau dann angenommen wird, wenn
σ
X̄n ≤ m0 + √ N1−α bzw.
n
σ
X̄n ≥ m0 − √ N1−α
n
σ
|X̄n − m0 | ≤ √ N1−α/2
n
bzw.
gilt, ein Test für H0 , dessen Sicherheit mindestens bzw. genau bzw. mindestens 1 − α beträgt. Dieser Test beruht auf der Tatsache, dass (X̄n −
√
m) n/σ ∼ N (0, 1).
Einseitiger bzw. zweiseitiger t-Test Sind X1 , . . . , Xn n > 1 unabhängige Realisierungen einer nach N (m, σ 2 ) verteilten Zufallsvariable, ist m0 ∈ R
und 0 < α < 1 und sind m und σ 2 unbekannt, so ist das Verfahren, bei dem
die Nullhypothese H0 : m ≤ m0 bzw. H0 : m = m0 bzw. H0 : m ≥ m0 genau
dann angenommen wird, wenn
Sn
X̄n ≤ m0 + √ tn−1,1−α bzw.
n
Sn
X̄n ≥ m0 − √ tn−1,1−α
n
Sn
|X̄n − m0 | ≤ √ tn−1,1−α/2
n
bzw.
gilt, ein Test für H0 , dessen Sicherheit mindestens bzw. genau bzw. mindestens 1 − α beträgt. Dieser Test beruht auf der Tatsache, dass (X̄n −
√
m) n/Sn ∼ tn−1 .
Test für die Varianz von N (m, σ 2 ) Sind X1 , . . . , Xn n > 1 unabhängige
Realisierungen einer nach N (m, σ 2 ) verteilten Zufallsvariable, ist 0 < α < 1
36
und sind m und σ 2 unbekannt, so ist das Verfahren, bei dem die Nullhypothese H0 : σ ≤ σ0 bzw. H0 : σ = σ0 bzw. H0 : σ ≥ σ0 genau dann angenommen
wird, wenn
σ02 2
σ02 2
σ02 2
2
≤
χ
bzw.
χ
≤ Sn ≤
χ
bzw.
n − 1 n−1,1−α
n − 1 n−1,α/2
n − 1 n−1,1−α/2
σ02 2
Sn2 ≥
χ
n − 1 n−1,α
Sn2
gilt, ein Test für H0 , dessen Sicherheit mindestens bzw. genau bzw. mindestens 1−α beträgt. Dieser Test beruht auf der Tatsache, dass (n−1)Sn2 /σ 2 ∼
χ2n−1 .
Chiquadrattest Sei (M, E, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum und A1 , . . .
. . . , An eine Zerlegung von M in n paarweise disjunkte Elemente von E,
wobei P (A1 ), . . . , P (An ) > 0 gelten möge. Der dem Wahrscheinlichkeitsraum
(M, E, P ) entsprechende Versuch werde k-mal durchgeführt. Für jedes i =
1, . . . , n bezeichne ak (Ai ) die absolute Häufigkeit des Eintritts von Ai im
Verlauf der k Versuchsdurchführungen. Dann ist das Verfahren, bei dem die
Nullhypothese H0 : ”Die Wahrscheinlichkeitsverteilung P liegt vor” genau
dann angenommen wird, wenn
n
X
(ak (Ai ) − kP (Ai ))2
i=1
kP (Ai )
≤ χ2n−1,1−α
gilt, ein Test für H0 , dessen Sicherheit ungefähr 1 − α beträgt.
Bemerkungen
• Falls die zu testende Wahrscheinlichkeitsverteilung von m unbekannten
(eindimensionalen) Parametern abhängt, so muss χ2n−1 durch χ2n−m−1 ,
und es müssen die m Parameter durch geeignete Schätzwerte ersetzt
werden. (Als Schätzwerte für die Parameter einer Normalverteilung
wird dabei üblicherweise das empirische Mittel und die empirische Varianz und als Schätzwert für den Parameter einer Poissonverteilung das
empirische Mittel genommen.)
• Um eine entsprechende Genauigkeit zu gewährleisten, sollte kP (Ai ) ≥ 5
für i = 1, . . . , n gelten.
Beispiel 30-maliges Werfen eines Würfels ergab der Reihe nach folgende
absolute Häufigkeiten für die einzelnen Augenzahlen 1,. . . ,6: 5, 7, 3, 6, 5 bzw.
37
4. Wir betrachten den Wahrscheinlichkeitsraum
(M, E, P ) = ({1, . . . , 6}, 2{1,...,6} , D{1,...,6} )
und definieren Ai = {i} für i = 1, . . . , 6. Dann gilt kP (Ai ) = 5 für i =
1, . . . , 6. Da
6
X
(a30 (Ai ) − 30 · (1/6))2
i=1
30 · (1/6)
= 2 < 15.09 ≈ χ25,0.99
gilt, ist mit einer Sicherheit von ungefähr 99% anzunehmen, dass der Würfel
in Ordnung ist.
2
2.12
Überprüfung auf Normalverteilung
Ist n > 1 und sind X1 , . . . , Xn unabhängig ∼ N (m, σ 2 ), so ist
r
n
X
π
|Xi − X̄n |
2n(n − 1) i=1
eine erwartungstreue Schätzfunktion für σ. Da
n
1 X
(Xi − X̄n )2
n − 1 i=1
eine erwartungstreue Schätzfunktion für σ 2 ist, folgt, dass für die Werte
x1 , . . . , xn von X1 , . . . , Xn
n
n
X
X
π(
|xi − x̄n |)2 ≈ 2n
(xi − x̄n )2
i=1
i=1
gilt.
Beispiel Fünfmalige Messung des Gewichts eines Natriumfluoridkristalls
ergab folgende Werte in g: 0.73829, 0.73821, 0.73827, 0.73828 und 0.73825.
Wir bezeichnen die fünf Messwerte der Reihe nach mit x1 , . . . , x5 . Da
π(
5
X
|xi − x̄5 |)2 = 144π · 10−10 ≈ 4 · 10−9 = 10
i=1
5
X
(xi − x̄5 )2
i=1
ist, ergibt sich kein Widerspruch zu der Annahme, dass die Messwerte normalverteilt sind.
2
38
2.13
Simulation von Zufallsvariablen
In diesem Abschnitt soll die Frage behandelt werden, wie mit Hilfe von
(in Computern meist eingebauten) Zufallszahlengeneratoren (Zufallszahlen sind in (0, 1) stetig gleichverteilte Zufallsvariable) eindimensionale Zufallsvariable mit vorgegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung simuliert werden können.
Ist n ∈ N, sind a1 , . . . , an ∈ R paarweise verschieden, p1 , . . . , pn ∈ R+ ,
gilt p1 + . . . + pn = 1 und ist X eine Zufallszahl und Z eine Zufallsvariable,
welche für i = 1, . . . , n den Wert ai genau dann annimmt, wenn der Wert von
X im Intervall [p1 + . . . + pi−1 , p1 + . . . + pi ) liegt, so nimmt die Zufallsvariable
Z für i = 1, . . . , n den Wert ai mit der Wahrscheinlichkeit pi an.
Ist P eine stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (R, B(R)) mit der
Dichtefunktion f , wobei f außerhalb des in R enthaltenen Intervalls I verschwinden möge und die zugehörige Verteilungsfunktion F streng monoton
steigend auf I sei, und ist X eine Zufallszahl, so besitzt die Zufallsvariable
F −1 (X) die Wahrscheinlichkeitsverteilung P .
Bei der Simulation standardnormalverteilter Zufallsvariabler tritt allerdings die Schwierigkeit auf, dass der Funktionsterm der Umkehrfunktion der
entsprechenden Verteilungsfunktion nicht explizit angebbar ist. In diesem
Fall kann die sogenannte Box-Müller-Methode angewendet werden: Sind
√
X und Y unabhängige Zufallszahlen, so gilt −2 ln X sin(2πY ) ∼ N (0, 1).
Kontrollfragen
1. Wann gilt für zwei Ereignisse A und B P (A ∪ B) = P (A) + P (B)?
2. Wie lauten die wichtigsten diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen?
3. Wie lauten die wichtigsten stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen?
4. Wann gilt für zwei Ereignisse A und B P (A ∩ B) = P (A)P (B)?
5. Wie lauten Mittel und Varianz der wichtigsten Wahrscheinlichkeitsverteilungen?
6. Wie lautet der Verschiebungssatz für die Varianz bzw. Kovarianz?
7. Folgt aus der Unabhängigkeit zweier Zufallsvariabler deren Unkorreliertheit oder umgekehrt?
8. Was besagt der Zentrale Grenzverteilungssatz?
9. Wie lautet eine erwartungstreue Schätzfunktion für die Varianz?
10. Wie lautet der Chiquadrattest?
11. Wie können Daten auf Normalverteilung überprüft werden?
39
12. Wie lautet die Box-Müller-Methode zur Simulation normalverteilter Zufallsvariabler?
40
Kapitel 3
Gewöhnliche
Differentialgleichungen
Motivation Für gewisse Typen gewöhnlicher Differentialgleichungen werden
Lösungsverfahren angegeben. Oft werden diese Differentialgleichungen auf
lineare Differentialgleichungen oder solche Differentialgleichungen, die sich
durch Trennung der Variablen lösen lassen, zurückgeführt.
3.1
Homogene und inhomogene Differentialgleichungen
Eine homogene Differentialgleichung ist eine Differentialgleichung von
der Form
dy
y
= f ( ).
dx
x
Sie wird durch die Substitution
y
u := ,
x
die mit y = xu gleichbedeutend ist (u wird als Funktion von x aufgefasst),
in die Differentialgleichung
du
= f (u)
dx
übergeführt, welche mit Hilfe der Methode der Trennung der Variablen gelöst
werden kann.
u+x
41
Insbesondere sind Differentialgleichungen von der Form
dy
Ax + By
= f(
)
dx
Cx + Dy
homogen, da
Ax + By
A + B(y/x)
=
Cx + Dy
C + D(y/x)
gilt. Eine inhomogene Differentialgleichung ist eine Differentialgleichung
von der Form
dy
Ax + By + C
= f(
).
dx
Dx + Ey + F
Fall 1: AE − BD 6= 0.
Bezeichnet (x̄, ȳ) die eindeutig bestimmte Lösung von
Ax + By = −C
Dx + Ey = −F
und wird t := x − x̄ und z := y − ȳ gesetzt, so gilt
dz
dz dy dx
dy
Ax + By + C
=
·
·
=
= f(
)=
dt
dy dx dt
dx
Dx + Ey + F
At + Bz
A(t + x̄) + B(z + ȳ) + C
) = f(
),
= f(
D(t + x̄) + E(z + ȳ) + F
Dt + Ez
also
At + Bz
dz
= f(
).
dt
Dt + Ez
Das ist aber eine homogene Differentialgleichung.
Fall 2: AE − BD = 0.
In diesem Fall kann die Differentialgleichung
dy
Ax + By + C
= f(
)
dx
Dx + Ey + F
mit Hilfe der Methode der Trennung der Variablen gelöst werden.
Fall 2a: A 6= 0.
In diesem Fall ist E = BD/A. Wird daher Ax + By =: z gesetzt, so gilt
Dx + Ey =
42
Dz
A
und somit
dz
z+C
= A + Bf (
).
dx
Dz/A + F
Fall 2b: D 6= 0.
In diesem Fall ist B = AE/D. Wird daher Dx + Ey =: z gesetzt, so gilt
Ax + By =
Az
D
und somit
dz
Az/D + C
= D + Ef (
).
dx
z+F
Fall 2c: A = D = 0.
In diesem Fall gilt
By + C
dy
= f(
).
dx
Ey + F
Beispiel Um die Differentialgleichung
dy
x+y+1
=
.
dx
x
zu lösen, wird das lineare Gleichungssystem
x + y = −1
x
=
0
gelöst, was (x̄, ȳ) = (0, −1) ergibt, und t := x und z := y + 1 gesetzt, was auf
die homogene Differentialgleichung
t+z
z
dz
=
=1+
dt
t
t
führt. Diese wird durch die Substitution u := z/t in die Differentialgleichung
u+t
du
=1+u
dt
übergeführt, welche die Lösung u = ln |t| + a mit a ∈ R besitzt. Die Lösung
der ursprünglichen Differentialgleichung lautet somit y = x ln |x| + ax − 1 mit
a ∈ R.
2
43
3.2
Differentialgleichungen erster Ordnung, die
sich auf lineare Differentialgleichungen zurückführen lassen
Die Bernoullische Differentialgleichung
y 0 + a(x)y + b(x)y n = 0
mit n ∈ R \ {1} wird durch die Transformation y = z 1/(1−n) in eine lineare
Differentialgleichung übergeführt, da
1
z n/(1−n) z 0 + a(x)z 1/(1−n) + b(x)z n/(1−n) =
1−n
1
=
z n/(1−n) (z 0 + (1 − n)a(x)z + (1 − n)b(x)).
1−n
y 0 + a(x)y + b(x)y n =
Eine Bernoullische Differentialgleichung besitzt die konstante Funktion mit
dem Wert 0 als Lösung.
Beispiel Um die Differentialgleichung y 0 + y − y 2 = 0 zu lösen, wird
y = 1/z substituiert, was
−
z0
1
1
+ − 2 =0
2
z
z z
ergibt, also die lineare Differentialgleichung z 0 = z − 1. Diese hat die Lösung
z = aex + 1 mit a ∈ R. Also ergibt sich als Lösung der ursprünglichen
Differentialgleichung
1
y= x
ae + 1
mit a ∈ R.
2
Die Riccatische Differentialgleichung
y 0 + a(x)y + b(x)y 2 = c(x)
wird, falls eine partikuläre Lösung y1 bekannt ist, durch die Transformation
y = z + y1 in eine Bernoullische Differentialgleichung übergeführt, da
y 0 + a(x)y + b(x)y 2 − c(x) =
= z 0 + y10 + a(x)z + a(x)y1 + b(x)z 2 + 2b(x)zy1 + b(x)y12 − c(x) =
= z 0 + (a(x) + 2b(x)y1 )z + b(x)z 2 .
44
3.3
Clairotsche Differentialgleichungen
Einer Clairotschen Differentialgleichung ist eine Differentialgleichung
der Form
y = xy 0 + f (y 0 ).
Differenzieren ergibt y 0 = y 0 + xy 00 + f 0 (y 0 )y 00 , also y 00 (x + f 0 (y 0 )) = 0.
• Aus y 00 = 0 folgt y 0 = a mit a ∈ R und somit y = xy 0 +f (y 0 ) = ax+f (a)
mit a ∈ R. Das ist eine Schar von Lösungen, deren Graphen Gerade
sind.
• Aus x + f 0 (y 0 ) = 0 folgt x = −f 0 (y 0 ) und damit y = xy 0 + f (y 0 ) =
−y 0 f 0 (y 0 ) + f (y 0 ). Durch
x = −f 0 (y 0 ),
y = −y 0 f 0 (y 0 ) + f (y 0 )
bzw.
x = −f 0 (p),
y = −pf 0 (p) + f (p),
wenn y 0 = p gesetzt wird, ist also ein funktionaler Zusammenhang
zwischen x und y in Form einer sogenannten ”Parameterdarstellung”
gegeben (y 0 bzw. p ist der Parameter). Wird der Parameter aus einer
der beiden Gleichungen ausgedrückt und dieser Ausdruck in die andere
eingesetzt, so ergibt sich ein direkter funktionaler Zusammenhang zwischen x und y. Die sich dabei ergebende Funktion ist die sogenannte
”Einhüllende” oder ”Envelope” der vorher genannten Geradenschar,
d. h., die vorher genannten Geraden sind genau die Tangenten an die
zuletzt genannte Funktion.
Beispiel Differenzieren von y = xy 0 + (y 0 )2 ergibt y 0 = y 0 + xy 00 + 2y 0 y 00
bzw. y 00 (x + 2y 0 ) = 0. y 00 = 0 impliziert y 0 = a mit a ∈ R und somit y =
xy 0 + (y 0 )2 = ax + a2 mit a ∈ R. x + 2y 0 = 0 impliziert x = −2y 0 und
y = xy 0 + (y 0 )2 = −(y 0 )2 , also x = −2p und y = −p2 . Elimination des
Parameters aus der ersten Gleichung und Einsetzen desselben in die zweite
Gleichung ergibt y = −x2 /4. Die Lösungen lauten also
y=−
x2
und y = ax + a2 mit a ∈ R.
4
45
2
3.4
Differentialgleichungen zweiter Ordnung,
die sich auf Differentialgleichungen erster
Ordnung zurückführen lassen
Differentialgleichungen der Form
y 00 = f (x)
R
können durch zweimaliges Integrieren gelöst werden: y 0 = f (x)dx + a =
g(x) + a mit a ∈ R und daher
Z
Z
y = (g(x) + a)dx + b = g(x)dx + ax + b = h(x) + ax + b
mit a, b ∈ R.
Beispiel Aus y 00 = 6x folgt durch Integration y 0 = 3x2 + a mit a ∈ R und
durch nochmalige Integration schließlich y = x3 + ax + b mit a, b ∈ R.
2
Die Differentialgleichung
f (x, y 0 , y 00 ) = 0
wird durch die Substitution y 0 = z in die Differentialgleichung erster Ordnung
f (x, z, z 0 ) = 0 übergeführt.
Bei einer Differentialgleichung der Form
f (y, y 0 , y 00 ) = 0
führt der Ansatz y 0 = p(y) auf
y 00 =
dy 0
dy 0 dy
dp
=
·
= p
dx
dy dx
dy
und somit auf die Differentialgleichung erster Ordnung
f (y, p, p
dp
) = 0.
dy
Beispiel Um die Differentialgleichung yy 00 = (y 0 )2 zu lösen, wird y 0 = p(y)
gesetzt, was
dp
yp = p2
dy
46
ergibt. Die Methode der Trennung der Variablen liefert p = ay mit a ∈ R. Die
ursprüngliche Differentialgleichung besitzt daher die Lösungen y = b exp(ax)
mit a, b ∈ R.
2
Kontrollfragen
1. Was ist eine homogene Differentialgleichung und wie kann sie gelöst werden?
2. Was ist eine inhomogene Differentialgleichung und wie kann sie gelöst werden?
3. Was ist eine Bernoullische Differentialgleichung und wie kann sie gelöst
werden?
4. Was ist eine Riccatische Differentialgleichung und wie kann sie gelöst werden?
5. Was ist eine Clairotsche Differentialgleichung und wie kann sie gelöst werden?
6. Wie können Differentialgleichungen der Form f (y, y 0 , y 00 ) = 0 gelöst werden?
47
48
Kapitel 4
Fourieranalyse
Motivation Unter gewissen Voraussetzungen können periodische Funktionen als ”unendliche Linearkombinationen” von Sinus- und Cosinustermen in
Form sogenannter Fourierreihen geschrieben werden. Die diskrete Fouriertransformation (DFT) transformiert endliche komplexe Zahlenfolgen in endliche komplexe Zahlenfolgen. Unter Benützung der Eigenschaften der DFT
wurden schnelle Algorithmen zur Multiplikation von Polynomen hohen Grades entwickelt (Fast Fourier Transform (FFT)). Diese Anwendung wird
hier nicht besprochen. Hingegen wird gezeigt, wie das trigonometrische Interpolationsproblem mit Hilfe der DFT gelöst werden kann. Abschließend
werden die Fouriertransformation, einige ihrer Eigenschaften sowie die inverse Fouriertransformation besprochen.
4.1
Fourierreihen
• Eine Funktion f : R → R heißt T -periodisch (T ∈ R+ ), falls f (t +
T ) = f (t) für alle t ∈ R gilt.
• Eine Funktion f : [a, b] → R heißt stückweise stetig, falls es ein
n ∈ N und a0 , . . . , an ∈ [a, b] mit a = a0 < . . . < an = b gibt, sodass
f |(ai−1 , ai ) für jedes i = 1, . . . , n stetig ist.
In diesem Abschnitt sei f : R → R eine T -periodische Funktion (T ∈ R+ ),
deren Einschränkung auf [−T /2, T /2] stückweise stetig sei, und sei ω :=
49
2π/T . Dann heißen die Zahlen
ZT /2
2
an :=
T
f (t) cos(nωt)dt für n ∈ N0 ,
−T /2
ZT /2
2
bn :=
T
f (t) sin(nωt)dt für n ∈ N und
−T /2
ZT /2
1
ck :=
T
f (t) exp(−ikωt)dt für k ∈ Z
−T /2
die Fourierkoeffizienten von f und die unendlichen Reihen
∞
a0 X
f˜(t) :=
+
(an cos(nωt) + bn sin(nωt)) bzw.
2
n=1
f˜(t) :=
∞
X
n
X
ck exp(ikωt) := lim
n→∞
k=−∞
ck exp(ikωt)
k=−n
die Fourierreihen von f . Wegen der Eulerschen Formeln
exp(it) = cos t + i sin t,
exp(−it) = cos t − i sin t,
exp(it) + exp(−it) = 2 cos t und
exp(it) − exp(−it) = 2i sin t
gilt
a0 = 2c0 ,
an = cn + c−n für n ∈ N,
bn = (cn − c−n )i für n ∈ N,
a0
c0 =
,
2
1
(ak − bk i) für k ∈ N und
ck =
2
1
(ak + bk i) für k ∈ N.
c−k =
2
Eine Funktion f : [a, b] → R heißt stückweise stetig differenzierbar,
falls es ein n ∈ N und a0 , . . . , an ∈ [a, b] mit a = a0 < . . . < an = b
50
gibt, sodass f |(ai−1 , ai ) für jedes i = 1, . . . , n differenzierbar und die erste
Ableitung dieser Funktion stetig ist. Es gilt:
Ist f |[−T /2, T /2] stückweise stetig differenzierbar, existieren in jedem
Punkt t ∈ R die einseitigen Grenzwerte f (t− ) und f (t+ ) von f und existiert
in jedem Punkt t ∈ R der linksseitige Grenzwert
f (x) − f (t− )
x→t
x−t
lim
und der rechtsseitige Grenzwert
lim
x→t
f (x) − f (t+ )
,
x−t
so konvergiert die Fourierreihe von f in jedem Punkt t ∈ R, und zwar gegen
f (t), wenn f in t stetig ist, bzw. gegen
1
(f (t− ) + f (t+ ))
2
sonst.
Bei der Berechnung der bei der Ermittlung der Fourierkoeffizienten auftretenden Integrale sind die folgenden Überlegungen oft nützlich:
Sei g : [a, b] → R, c := (a + b)/2 und d := (b − a)/2. Die Funktion g heißt
• gerade bzgl. c, falls g(c − t) = g(c + t) für alle t ∈ (0, d] gilt.
• ungerade bzgl. c, falls g(c − t) = −g(c + t) für alle t ∈ [0, d] gilt.
• gerade, falls g gerade bzgl. 0 ist.
• ungerade, falls g ungerade bzgl. 0 ist.
Ist g stückweise stetig und gerade bzgl. c, so gilt
Zb
Zc
g(t)dt = 2
a
Zb
g(t)dt = 2
a
g(t)dt.
c
Ist g stückweise stetig und ungerade bzgl. c, so gilt
Zb
g(t)dt = 0.
a
51
Das Produkt zweier bzgl. c gerader bzw. zweier bzgl. c ungerader Funktionen
ist gerade bzgl. c. Das Produkt einer bzgl. c geraden und einer bzgl. c ungeraden Funktion ist ungerade bzgl. c. Analoges gilt für Funktionen g : R → R.
Weiters gilt
ZT /2
TZ
/2+a
f (t)dt =
−T /2
f (t)dt
−T /2+a
für alle a ∈ R.
Ist f gerade, so ist bn = 0 für alle n ∈ N, da die Sinusfunktion ungerade
ist, f˜(t) also eine reine Cosinusreihe. Ist f ungerade, so ist an = 0 für alle
n ∈ N0 , da die Cosinusfunktion gerade ist, f˜(t) also eine reine Sinusreihe.
Beispiel Bezeichnet f die 2π-periodische Funktion mit f (t) = −1 für
t ∈ (−π, 0) und f (t) = 1 für t ∈ (0, π) (Rechteckschwingung) und wird
f (−π) = f (0) = f (π) := 0 definiert, so ist f ungerade, daher verschwinden
alle an , für n ∈ N gilt
Zπ
Zπ
2
2
1
cos(nt)|π0 =
f (t) sin(nt)dt =
sin(nt)dt = −
bn =
π
π
nπ
−π
0
2
0,
falls n gerade
= − ((−1)n − 1) =
4/(nπ), sonst
nπ
und somit folgt
4
1
1
f˜(t) = (sin t + sin(3t) + sin(5t) + . . .).
π
3
5
2
4.2
Diskrete Fouriertransformation
Sei N ∈ N und w := exp(2πi/N ). Dann ist die Fouriermatrix FN definiert
durch FN := (wjk )j,k=0,...,N −1 .
Satz FN FN = N E, wobei E die N -dimensionale Einheitsmatrix bezeichnet.
Beweis Für alle j, l ∈ {0, . . . , N − 1} gilt:
N
−1
N
−1
X
X
N,
falls j = l
jk −kl
(j−l)k
w w
=
w
=
(j−l)N
j−l
)/(1 − w ) = 0 sonst
(1 − w
k=0
k=0
52
2
Die Abbildung
1
FN ~y
N
von CN auf CN heißt diskrete Fouriertransformation DFT und ihre Umkehrabbildung
~c 7→ FN ~c
~y 7→
von CN auf CN inverse diskrete Fouriertransformation IDFT.
Beispiel Wegen
N
−1
X
w
−jk
=
k=0
N
für j = 0
−jN
−j
(1 − w
)/(1 − w ) = 0 für j = 1, . . . , N − 1
gilt DFT((1, . . . , 1)T ) = (1, 0, 0, 0, . . . , 0)T , und wegen
N
−1
X
wjk δk0 = 1 für j = 0, . . . , N − 1
k=0
gilt IDFT((1, 0, 0, 0, . . . , 0)T ) = (1, . . . , 1)T . (δjk := 1, falls j = k, und δjk := 0
sonst.)
2
Beispiel Sei n ∈ N, N = 2n + 1, tj := 2jπ/N für j = 0, . . . , 2n und
y0 , . . . , y2n ∈ C. Gesucht sind c−n , . . . , cn ∈ C, sodass
n
X
ck exp(iktj ) = yj
k=−n
für j = 0, . . . , 2n. Es handelt sich hier um das sogenannte trigonometrische
Interpolationsproblem. Nun ist
wjn yj = wjn
n
X
k=−n
wjk ck = wjn
2n
X
k=0
wj(k−n) ck−n =
2n
X
wjk ck−n
k=0
für j = 0, . . . , 2n, also
(w0·n y0 , . . . , w2n·n y2n )T = IDFT((c−n , . . . , cn )T ).
Daher ist
(c−n , . . . , cn )T = DFT((w0·n y0 , . . . , w2n·n y2n )T ),
53
also
cj−n
2n
2n
1 X −jk kn
1 X −(j−n)k
=
w w yk =
w
yk
N k=0
N k=0
für j = 0, . . . , 2n. Somit gilt
2n
1 X −jk
w yk
cj =
N k=0
für j = −n, . . . , n. Also ist
2n
1 X −jk
w yk
cj =
N k=0
für j = 0, . . . , n und
cj−2n−1
2n
2n
1 X −jk
1 X −(j−2n−1)k
w
yk =
w yk
=
N k=0
N k=0
für j = n + 1, . . . , 2n. Daher ist
(c0 , . . . , cn , c−n , . . . , c−1 )T = DFT((y0 , . . . , y2n )T ).
2
4.3
Fouriertransformation
Sei f : R → C. f heißt absolut integrierbar, falls f auf jedem endlichen
Intervall stückweise stetig ist und
Z∞
|f (t)|dt
−∞
endlich ist. Der Cauchy-Hauptwert
Z∞
f (t)dt
−∞
54
von f ist der Grenzwert
Za
lim
f (t)dt,
a→∞
−a
falls dieser existiert und endlich ist. In diesem Abschnitt wollen wir unter
einem Integral über (−∞, ∞) stets den Cauchy-Hauptwert der entsprechenden Funktion verstehen. Die Fouriertransformierte F (ω) = F{f (t)} von
f ist die durch
Z∞
F (ω) :=
exp(−iωt)f (t)dt
−∞
für alle ω ∈ R definierte Funktion, falls diese existiert. Die inverse Fouriertransformierte f (t) = F −1 {F (ω)} einer Funktion F : R → C ist die
durch
Z∞
1
f (t) :=
exp(iωt)F (ω)dω
2π
−∞
für alle t ∈ R definierte Funktion, falls diese existiert. Es gilt:
Ist f absolut integrierbar und in jedem endlichen Intervall stückweise
stetig differenzierbar und existieren in jedem Punkt die rechts- und linksseitigen Grenzwerte von f und f 0 , so existiert die Fouriertransformierte F (ω)
von f (t) und die inverse Fouriertransformierte g(t) von F (ω), und es gilt
g(t) = (1/2)(f (t− ) + f (t+ )) für alle t ∈ R.
Beispiel Wegen
Z∞
(
2
2
exp(−x )dx)
Z∞
= (
−∞
2
Z∞
exp(−x )dx)(
−∞
exp(−y 2 )dy) =
−∞
ZZ
exp(−x2 − y 2 )dxdy =
=
R2
Z∞
= (
Z2π
r exp(−r )dr)( dϕ) = −π exp(−r2 )|r=∞
r=0 = π
2
0
0
(siehe die späteren Ausführungen über Bereichsintegrale) gilt
Z∞
exp(−x2 )dx =
−∞
55
√
π.
Sei nun f (t) := exp(−t2 ) für alle t ∈ R, F (ω) := F{f (t)} und g(t) :=
F −1 {F (ω)}. Es ist leicht zu sehen, dass f absolut integrierbar ist, und es gilt
Z∞
F (ω) =
exp(−iωt) exp(−t2 )dt
−∞
für alle ω ∈ R. Da, wie leicht zu sehen ist, der Integrand und die Ableitung
des Integranden nach ω stetig sind, kann die Differentiation nach ω mit der
Integration nach t vertauscht werden, und es folgt
Z∞
i
F 0 (ω) =
2
exp(−iωt)(−2t) exp(−t2 )dt =
−∞
i
=
(exp(−iωt) exp(−t2 )|t=∞
t=−∞ + iω
2
Z∞
exp(−iωt) exp(−t2 )dt) =
−∞
ω
= − F (ω),
2
woraus F (ω) = F (0) exp(−ω 2 /4) =
Eine analoge Rechnung ergibt für
1
g(t) = √
2 π
Z∞
√
π exp(−ω 2 /4) für alle ω ∈ R folgt.
exp(iωt) exp(−ω 2 /4)dω
−∞
i
g (t) = − √
π
0
Z∞
ω
exp(iωt)(− ) exp(−ω 2 /4)dω =
2
−∞
i
= − √ (exp(iωt) exp(−ω 2 /4)|ω=∞
ω=−∞ − it
π
Z∞
exp(iωt) exp(−ω 2 /4)dω) =
−∞
= −2tg(t)
und somit g(t) = g(0) exp(−t2 ) für alle t ∈ R. Wegen
1
g(0) = √
2 π
Z∞
1
exp(−ω /4)dω = √
π
2
−∞
Z∞
exp(−u2 )du = 1
−∞
2
gilt g(t) = exp(−t2 ) für alle t ∈ R.
56
Abschließend sollen noch einige Eigenschaften der Fouriertransformation
angegeben werden.
Unter der Faltung f ∗ g zweier Funktionen f, g : R → C verstehen wir
die durch
Z∞
(f ∗ g)(t) :=
f (t − τ )g(τ )dτ
−∞
für alle t ∈ R definierte Funktion von R nach C, falls das genannte Integral
existiert.
Ist F{f (t)} = F (ω) und F{g(t)} = G(ω), sind a, b, c ∈ C und ist c 6= 0,
so gilt
F{af (t) + bg(t)} = aF (ω) + bG(ω),
1
ω
F{f (ct)} = F ( ) und
|c| c
F{(f ∗ g)(t)} = F (ω)G(ω).
Kontrollfragen
1. Wann heißt eine Funktion periodisch?
2. Wie lauten die Formeln für Fourierreihen?
3. Wann heißt eine Funktion gerade bzw. ungerade und welche Auswirkungen
hat das auf die entsprechenden Fourierreihen?
4. Wie lautet die diskrete Fouriertransformation?
5. Wie lautet die inverse diskrete Fouriertransformation?
6. Wie lautet die Fouriertransformation?
7. Wie lautet die inverse Fouriertransformation?
8. Welche Eigenschaften besitzt die Fouriertransformation?
57
58
Kapitel 5
Partielle
Differentialgleichungen
Motivation Es werden quasilineare partielle Differentialgleichungen erster
Ordnung sowie die wichtigsten in der Physik auftretenden partiellen Differentialgleichungen behandelt, nämlich die Laplacegleichung, die Wellen- oder
Schwingungsgleichung und die Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung. Dabei werden folgende Lösungsmethoden besprochen: Charakteristikenmethode, Produktansatz, D’Alembertscher Lösungsansatz sowie Lösung mittels
Fouriertransformation.
5.1
Einführung
Im Folgenden bezeichne für einen Buchstaben a ~a das n-Tupel (a1 , . . . , an ).
Der Wert der partiellen Ableitung fxi (~a) einer n-stelligen reellwertigen
Funktion f nach der i-ten Variablen xi (wobei i ∈ {1, . . . , n}) an der Stelle ~a ist der Wert der gewöhnlichen Ableitung der einstelligen reellwertigen
Funktion
x 7→ f (a1 , . . . , ai−1 , x, ai+1 , . . . , an )
an der Stelle ai (falls diese Ableitung existiert). Jene Funktion, die jedem
Punkt des Definitionsbereiches von f , an dem der Wert der partiellen Ableitung von f nach der i-ten Variablen existiert, diesen Wert zuordnet, heißt
die partielle Ableitung(sfunktion) von f nach der i-ten Variablen. Ei59
ne n-stellige Funktion f (x1 , . . . , xn ) wird also partiell nach der i-ten Variablen abgeleitet, indem die Variablen x1 , . . . , xi−1 , xi+1 , . . . , xn während des
gewöhnlichen Ableitens nach xi als Konstante und danach wieder als Variable aufgefasst werden. Iteration des partiellen Ableitens ergibt partielle
Ableitungen höherer Ordnung. Eine partielle Ableitung k-ter Ordnung
(k ∈ N) entsteht durch k-maliges partielles Ableiten.
Die Kettenregel für mehrstellige Funktionen (welche eine Verallgemeinerung jener für einstellige Funktionen darstellt) lautet wie folgt:
Ist h(~x) = f (g1 (~x), . . . , gk (~x)), so folgt
hxi (~a) =
k
X
fxj (g1 (~a), . . . , gk (~a)) · (gj )xi (~a).
j=1
Eine partielle Differentialgleichung ist eine Gleichung von der Form
F (x1 , . . . , xn , u, ux1 , . . . , uxn , ux1 x1 , ux1 x2 , . . . , uxn xn , . . .) = 0
(5.1)
(wobei n > 1 ist). (5.1) hat die Ordnung k ∈ N, falls in (5.1) eine partielle
Ableitung k-ter Ordnung, aber keine partielle Ableitung höherer Ordnung
tatsächlich auftritt.
Im Folgenden bezeichne ∆ den sogenannten ”Laplace-Operator”, d. i.
der partielle Differentialoperator
n
X
∂2
.
∂x2i
i=1
Die folgende Tabelle enthält einige Typen von partiellen Differentialgleichungen, die von grundlegender Bedeutung in der Physik sind:
Differentialgleichung
Bezeichnung
Bemerkungen
∆u = 0
utt = c2 ∆u
ut = c2 ∆u
n>1
c ∈ R+
c ∈ R+
Potential- oder Laplace-Gleichung
Wellen- oder Schwingungsgleichung
Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung
2
Eine Lösung von (5.1) ist eine auf einem geeigneten Bereich B (⊆ Rn )
definierte Funktion u, sodass für alle ~a ∈ B
F (a1 , . . . , an , u(~a), ux1 (~a), . . . , uxn (~a), ux1 x1 (~a), ux1 x2 (~a), . . . , uxn xn (~a), . . .) = 0
60
gilt (wobei angenommen wird, dass alle auftretenden partiellen Ableitungen
von u auf B existieren).
Beispiel Die partielle Differentialgleichung ux = uy für die Funktion
u(x, y) besitzt die Lösungen u = f (x + y), wobei f eine willkürliche differenzierbare Funktion von R nach R ist.
2
Die allgemeine Lösung von (5.1) ist eine Lösung von (5.1), welche mindestens eine willkürliche (hinreichend oft (partiell) differenzierbare) Funktion
enthält. Eine singuläre Lösung von (5.1) ist eine Lösung von (5.1), welche
nicht durch Spezialisierung willkürlicher Funktionen aus einer allgemeinen
Lösung von (5.1) erhalten werden kann.
5.2
Quasilineare partielle Differentialgleichungen erster Ordnung
Eine quasilineare partielle Differentialgleichung erster Ordnung ist
eine Differentialgleichung von der Form
n
X
ai (x1 , . . . , xn , y)yxi = a(x1 , . . . , xn , y).
(5.2)
i=1
Eine partiell differenzierbare Funktion f (x1 , . . . , xn , y) heißt eine Charakteristik von (5.2), falls f (x1 (t), . . . , xn (t), y(t)) für jede Lösung (x1 (t), . . . ,
. . . , xn (t), y(t)) des Systems
dx1
= a1 (x1 (t), . . . , xn (t), y(t))
dt
..
.
dxn
= an (x1 (t), . . . , xn (t), y(t))
dt
dy
= a(x1 (t), . . . , xn (t), y(t))
dt
gewöhnlicher Differentialgleichungen konstant ist, d. h., falls aus diesem System
d
f (x1 (t), . . . , xn (t), y(t)) = 0
dt
folgt. Wenn
f1 (x1 , . . . , xn , y), . . . , fk (x1 , . . . , xn , y)
61
Charakteristiken von (5.2) sind, ist durch
F (f1 (x1 , . . . , xn , y(~x)), . . . , fk (x1 , . . . , xn , y(~x))) = 0
bzw.
f1 (x1 , . . . , xn , y(~x)) = G(f2 (x1 , . . . , xn , y(~x)), . . . , fk (x1 , . . . , xn , y(~x)))
mit willkürlichen partiell differenzierbaren Funktionen F, G eine Lösung von
(5.2) gegeben. Ist k = n und keine der Funktionen f1 , . . . , fn eine Funktion
der übrigen, so ergibt sich auf diese Weise die allgemeine Lösung von (5.2).
Oft können n ”wesentlich verschiedene” Charakteristiken von (5.2) auf
folgende Weise gefunden werden: Zuerst wird das System
dx1
a1 (x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
=
dxn
an (x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
..
.
an−1 (x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
dxn−1
=
dxn
an (x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
dy
a(x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
=
dxn
an (x1 (xn ), . . . , xn−1 (xn ), xn , y(xn ))
gewöhnlicher Differentialgleichungen gelöst. Das ergibt
x1 = g1 (xn , C1 , . . . , Cn )
..
.
xn−1 = gn−1 (xn , C1 , . . . , Cn )
y = g(xn , C1 , . . . , Cn )
mit beliebigen Konstanten C1 , . . . , Cn . Werden C1 , . . . , Cn durch x1 , . . . , xn ,
y ausgedrückt:
C1 = f1 (x1 , . . . , xn , y)
..
.
Cn = fn (x1 , . . . , xn , y),
so sind f1 , . . . , fn Charakteristiken von (5.2). Die Rolle von xn kann natürlich
auch von einer der Variablen x1 , . . . , xn−1 , y eingenommen werden.
62
Beispiel Um die Differentialgleichung
(x2 − y 2 − u2 )ux + 2xyuy = 2xu
(5.3)
zu lösen, betrachten wir zunächst das System
x2 − y 2 − u 2
dx
=
dy
2xy
du
u
=
dy
y
gewöhnlicher Differentialgleichungen. Die zweite Gleichung besitzt die allgemeine Lösung
u = C1 y.
(5.4)
Einsetzen dieses Ausdrucks in die erste Differentialgleichuntg ergibt die homogene Differentialgleichung
dx
x2 − (1 + C12 )y 2
=
,
dy
2xy
deren Lösung
q
x = ± C2 y − (1 + C12 )y 2
(5.5)
lautet. Werden nun C1 und C2 mit Hilfe von (5.4) und (5.5) durch x, y und
u ausgedrückt, so folgt
u
C1 =
y
x2 + y 2 + u 2
.
C2 =
y
Somit ist durch
u x2 + y 2 + u2
f( ,
)=0
y
y
mit einer willkürlichen partiell differenzierbaren zweistelligen Funktion f die
allgemeine Lösung von (5.3) gegeben.
2
5.3
Potential- oder Laplace-Gleichung
Die partielle Differentialgleichung
∆u = 0
63
(wobei n > 1 ist) heißt Potential- oder Laplace-Gleichung. Ihre Lösungen heißen harmonische Funktionen. Die zweidimensionale Potentialgleichung
uxx + uyy = 0
beschreibt die Verteilung eines ebenen elektrostatischen Potentials.
Beispiel Um das Problem
uxx + uyy = 0
(5.6)
u(x, 0) = u(0, y) = u(a, y) = 0 für alle x ∈ [0, a] und y ∈ [0, b] (5.7)
u(x, b) = f (x) für alle x ∈ [0, a],
(5.8)
wobei a, b ∈ R+ sind und f eine nicht identisch verschwindende stetige Funktion von [0, a] nach R mit f (0) = f (a) = 0 ist, zu lösen, machen wir den
Ansatz u = F (x)G(y), gehen mit diesem in die Differentialgleichung (5.6),
dividieren beide Seiten durch u und trennen die Variablen. Das ergibt
G00 (y)
F 00 (x)
=−
.
F (x)
G(y)
Offensichtlich müssen beide Seiten dieser Gleichung gleich einer Konstanten,
etwa k, sein. Auf diese Weise ergeben sich die gewöhnlichen Differentialgleichungen
F 00 (x) − kF (x) = 0
G00 (y) + kG(y) = 0.
Wegen (5.8) und f 6≡ 0 gilt u 6≡ 0 und daher F 6≡ 0 und G 6≡ 0. Also ist wegen
(5.7) F (0) = F (a) =√G(0) = 0. Wäre√ nun k ∈ R+ , so wäre F (x) von der
Form F (x) = A exp( kx) + B exp(− kx) mit A, B ∈ R und somit wegen
F (0) = F (a) = 0 A = B = 0 im Widerspruch zu F 6≡ 0. k = 0 hingegen
würde F (x) = Ax + B mit A, B ∈ R und somit wegen F (0) = F (a) = 0
ebenfalls A = B = 0 implizieren im Widerspruch zu F 6≡ 0. Daher gilt
k ∈ R− , etwa k = −p2 mit p ∈ R+ und somit
F (x) = A sin(px) + B cos(px)
G(y) = C exp(py) + D exp(−py),
wobei A, B, C, D ∈ R sind. Aus F (0) = 0 folgt B = 0 und somit F (x) =
A sin(px). Wegen F ≡
6 0 gilt A 6= 0. Da F (a) = 0 ist, gibt es ein m ∈ N mit
64
pa = mπ. Wird also ω := π/a gesetzt, so gilt p = mω. Wegen G(0) = 0 ist
D = −C und somit
F (x) = A sin(mωx)
G(y) = 2C sinh(mωy).
Also ist sin(mωx) sinh(mωy) eine Lösung von (5.6), welche (5.7) erfüllt. Um
eine Lösung von (5.6) zu erhalten, welche außerdem (5.8) erfüllt, machen wir
den Ansatz
∞
X
u=
an sin(nωx) sinh(nωy)
n=1
mit an ∈ R für n ∈ N. Diese Funktion erfüllt die Bedingung (5.8) genau
dann, wenn
∞
X
an sinh(nωb) sin(nωx) = f (x)
n=1
für alle x ∈ [0, a] gilt. Also sind die Zahlen an sinh(nωb) die Fourierkoeffizienten
Za
2
f (t) sin(nωt)dt
a
0
der auf das Intervall [−a, a] ungerade fortgesetzten Funktion f . Das ergibt
schließlich
∞
2X
1
u=
sin(nωx) sinh(nωy)
a n=1 sinh(nωb)
Za
f (t) sin(nωt)dt.
0
2
5.4
Wellen- oder Schwingungsgleichung
Die partielle Differentialgleichung
utt = c2 ∆u
(wobei c ∈ R+ ist) heißt n-dimensionale Wellen- oder Schwingungsgleichung, wobei u = u(x1 , . . . , xn , t) eine (n + 1)-stellige Funktion ist
65
(n ∈ N). Der Laplace-Operator bezieht sich hier nur auf die ”Ortskoordinaten” x1 , . . . , xn . c heißt Wellenausbreitungsgeschwindigkeit. Die eindimensionale Wellengleichung
utt = c2 uxx
beschreibt eindimensionale Schwingungsvorgänge (Ausbreitung von Schwingungen in homogenen elastischen Medien).
Beispiel Zur Lösung des Problems
utt = c2 uxx
(5.9)
u(x, 0) = f (x) für alle x ∈ R
(5.10)
ut (x, 0) = g(x) für alle x ∈ R
(5.11)
machen wir den D’Alembertschen Lösungsansatz
y = x + ct
z = x − ct.
Anwendung der Kettenregel ergibt
ut = uy yt + uz zt = uy c + uz (−c) = c(uy − uz ),
utt = c(uyy yt + uyz zt − uzy yt − uzz zt ) = c2 (uyy − 2uyz + uzz ),
ux = uy yx + uz zx = uy + uz und
uxx = uyy yx + uyz zx + uzy yx + uzz zx = uyy + 2uyz + uzz .
Die Gleichung (5.9) wird dann zu
c2 (uyy − 2uyz + uzz ) = c2 (uyy + 2uyz + uzz ) bzw. uyz = 0.
Wird zunächst y an einer Stelle y0 festgehalten, so ergibt sich uy (y0 , z) = A
mit einer Konstanten A, wird y an einer anderen Stelle y1 festgehalten, so
ergibt sich uy (y1 , z) = B mit einer möglicherweise anderen Konstanten B.
Allgemein folgt also uy (y, z) = H(y). Wird nun z an einer Stelle z0 festgehalten, so ergibt sich
Z
u(y, z0 ) =
H(y)dy + C
mit einer Konstanten C, wird z an einer anderen Stelle z1 festgehalten, so
ergibt sich
Z
u(y, z1 ) = H(y)dy + D
66
mit einer möglicherweise anderen Konstanten D. Allgemein ergibt sich also
Z
u(y, z) = H(y)dy + G(z).
Die allgemeine Lösung von uyz = 0 lautet also u(y, z) = F (y) + G(z) mit
willkürlichen differenzierbaren Funktionen F, G : R → R. Daher hat die
Gleichung (5.9) die allgemeine Lösung
u(x, t) = F (x + ct) + G(x − ct)
mit willkürlichen zweimal differenzierbaren Funktionen F, G : R → R. Diese
Formel heißt D’Alembertsche Lösungsformel. Wegen (5.10) und (5.11)
gilt
F (x) + G(x) = f (x)
cF 0 (x) − cG0 (x) = g(x)
und somit
woraus
cF 0 (x) + cG0 (x) = cf 0 (x)
cF 0 (x) − cG0 (x) = g(x),
2cF 0 (x) = cf 0 (x) + g(x)
2cG0 (x) = cf 0 (x) − g(x)
folgt. Integration nach x ergibt
2cF (x) = cf (x) +
2cG(x) = cf (x) −
Rx
0
Rx
g(s)ds + 2cF (0) −
cf (0)
g(s)ds + 2cG(0) − cf (0).
0
Also ist
x+ct
Z
g(s)ds + 2c(F (0) + G(0) − f (0)).
2cu = c(f (x + ct) + f (x − ct)) +
x−ct
Wegen (5.10) ist F (0) + G(0) − f (0) = 0 und
1
1
u = (f (x + ct) + f (x − ct)) +
2
2c
x+ct
Z
g(s)ds.
x−ct
Diese Formel heißt ebenfalls D’Alembertsche Lösungsformel.
67
2
Beispiel Wir betrachten das Problem
utt = c2 uxx
(5.12)
u(0, t) = u(a, t) = 0 für alle t ∈ R+
0
(5.13)
u(x, 0) = f (x) für alle x ∈ [0, a]
(5.14)
ut (x, 0) = g(x) für alle x ∈ [0, a]
(5.15)
(wobei a ∈ R+ ), d. h. wir betrachten eine fest zwischen den Punkten (0, 0)
und (a, 0) eingespannte Saite, deren Auslenkung zum Zeitpunkt t = 0 durch
die nicht identisch verschwindende Funktion f und deren Auslenkungsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 0 durch die Funktion g gegeben ist. Wir
machen zunächst einen Produktansatz u = F (x)G(t), gehen mit diesem in
die Differentialgleichung (5.12) und dividieren beide Seiten durch c2 u. Das
ergibt
F 00 (x)
G00 (t)
= 2
.
F (x)
c G(t)
Also müssen beide Seiten gleich einer Konstanten, etwa k sein, d. h.,
F 00 (x) − kF (x) = 0
G00 (t) − kc2 G(t) = 0.
Wegen f 6≡ 0 gilt u 6≡ 0 und somit F 6≡ 0 und G 6≡ 0. Also ist√wegen
(5.13) F √
(0) = F (a) = 0. Wäre k ∈ R+ , so würde F (x) = A exp( kx) +
B exp(− kx) mit A, B ∈ R folgen, was wegen F (0) = F (a) = 0 A = B = 0
implizieren würde im Widerspruch zu F 6≡ 0. Wäre k = 0, so würde F (x) =
Ax + B mit A, B ∈ R folgen, was zusammen mit F (0) = F (a) = 0 ebenfalls
A = B = 0 implizieren würde im Widerspruch zu F 6≡ 0. Also ist k ∈ R− ,
etwa k = −p2 mit p ∈ R+ und somit
F (x) = A sin(px) + B cos(px)
G(t) = C sin(cpt) + D cos(cpt)
mit A, B, C, D ∈ R. Wegen F (0) = 0 ist B = 0 und daher F (x) = A sin(px).
Aus F (a) = 0 folgt A sin(pa) = 0. Wegen F 6≡ 0 gilt A 6= 0. Daher gibt es
ein m ∈ N mit pa = mπ, also p = mω, wobei ω := π/a. Also ist
F (x) = A sin(mωx)
G(t) = C sin(cmωt) + D cos(cmωt).
68
Die Funktionen
sin(mωx)(A sin(cmωt) + B cos(cmωt))
mit m ∈ N und A, B ∈ R sind also Lösungen von (5.12) und (5.13). Um
nun eine Lösung von (5.12) zu erhalten, die auch (5.14) und (5.15) erfüllt,
machen wir den Ansatz
∞
X
u=
sin(nωx)(an sin(cnωt) + bn cos(cnωt))
n=1
mit an , bn ∈ R für n ∈ N. Wegen (5.14) folgt
∞
X
bn sin(nωx) = f (x)
n=1
für alle x ∈ [0, a]. Also sind die Zahlen bn gerade die Fourierkoeffizienten
Za
2
f (s) sin(nωs)ds
a
0
der auf das Intervall [−a, a] ungerade fortgesetzten Funktion f . Nun ist
ut =
∞
X
sin(nωx)(an cnω cos(cnωt) − bn cnω sin(cnωt))
n=1
und daher wegen (5.15)
∞
X
an cnω sin(nωx) = g(x)
n=1
für alle x ∈ [0, a]. Also sind die Zahlen an cnω gerade die Fourierkoeffizienten
Za
2
g(s) sin(nωs)ds
a
0
der auf das Intervall [−a, a] ungerade fortgesetzten Funktion g. Somit folgt
schließlich
Za
∞
2 X1
u =
sin(nωx)(sin(cnωt) g(s) sin(nωs)ds +
cωa n=1 n
0
Za
+cnω cos(cnωt)
f (s) sin(nωs)ds).
0
2
69
5.5
Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung
Die partielle Differentialgleichung
ut = c2 ∆u
(wobei c ∈ R+ ist) heißt Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung.
Der Laplace-Operator bezieht sich hier wieder nur auf die ”Ortskoordinaten” x1 , . . . , xn . Im Fall der Wärmeleitungsgleichung heißt c2 die Temperaturleitfähigkeit. Die eindimensionale Wärmeleitungsgleichung
ut = c2 uxx
gibt die Temperaturverteilung in einem dünnen langen Stab an.
Beispiel Um das Problem
ut = c2 uxx
u(x, 0) = f (x) für alle x ∈ R
zu lösen, wenden wir die Fouriertransformation bzgl. der Variablen x an, was
wir durch den Index x bei F andeuten. Sei
Z∞
U (ω, t) := Fx {u(x, t)} =
exp(−iωx)u(x, t)dx.
−∞
Dann gilt unter den Voraussetzungen, dass exp(−iωx)u(x, t) bzgl. x gleichmäßig stetig in t ist und u(±∞, t) = ux (±∞, t) = 0 für alle t ∈ R+
0 gilt,
Z∞
Ut (ω, t) =
exp(−iωx)ut (x, t)dx = c2
−∞
= c
2
Z∞
exp(−iωx)uxx (x, t)dx =
−∞
(exp(−iωx)ux (x, t)|x=∞
x=−∞
Z∞
+ iω
exp(−iωx)ux (x, t)dx) =
−∞
Z∞
= ic2 ω(exp(−iωx)u(x, t)|x=∞
x=−∞ + iω
−∞
2
2
= −c ω U (ω, t).
70
exp(−iωx)u(x, t)dx) =
Für festes ω genügt U (ω, t) also der gewöhnlichen Differentialgleichung
Ut (ω, t) = −c2 ω 2 U (ω, t),
welche die Lösung
U (ω, t) = C(ω) exp(−c2 ω 2 t)
besitzt. Für t = 0 ergibt sich
C(ω) = U (ω, 0) = Fx {u(x, 0)} = Fx {f (x)}.
Das bedeutet
Fx {u(x, t)} = Fx {f (x)} exp(−c2 ω 2 t).
Da, wie wir früher gesehen haben,
F{exp(−t2 )} =
√
π exp(−ω 2 /4)
gilt, folgt nach den Rechenregeln für die Fouriertransformation
Fx {
x2
1
√ exp(− 2 )} = exp(−c2 ω 2 t)
4c t
2c πt
und somit
Fx {u(x, t)} = Fx {f (x)}Fx {
1
√
exp(−
x2
)} =
4c2 t
2c πt
1
x2
√
= Fx {f (x) ∗
exp(− 2 )},
4c t
2c πt
woraus
x2
1
u = f (x) ∗
exp(− 2 ) = √
4c t
2c πt
2c πt
1
√
1
= √
π
Z∞
Z∞
f (x − v) exp(−
v2
)dv =
4c2 t
−∞
√
f (x + 2cs t) exp(−s2 )ds
−∞
2
folgt.
Beispiel Für den Spezialfall
ut = c2 uxx
u(x, 0) = exp(−x2 ) für alle x ∈ R
71
des vorhergehenden Beispiels ergibt sich
1
u = √
π
1
= √
π
Z∞
−∞
Z∞
√
exp(−(x + 2cs t)2 ) exp(−s2 )ds =
√
exp(−(x + 2cs t)2 − s2 )ds.
−∞
Wird das quadratische Polynom in s im Exponenten der e-Potenz auf ein
vollständiges Quadrat ergänzt, sodann eine lineare Transformation durchgeführt und schließlich die früher bewiesene Formel
Z∞
exp(−x2 )dx =
√
π
−∞
verwendet, so folgt
1
x2
).
u= √
exp(− 2
4c t + 1
4c2 t + 1
2
Beispiel Um das Problem
ut = c2 uxx
(5.16)
u(0, t) = u(a, t) = 0 für alle t ∈ R+
0
(5.17)
u(x, 0) = f (x) für alle x ∈ [0, a]
(5.18)
wobei a ∈ R+ und f eine nicht identisch verschwindende stetige Funktion von
[0, a] nach R mit f (0) = f (a) = 0 ist, zu lösen, machen wir wie früher einen
Produktansatz u = F (x)G(t), gehen mit diesem in die Differentialgleichung
(5.16) und dividieren beide Seiten durch c2 u. Das ergibt
F 00 (x)
G0 (t)
= 2
.
F (x)
c G(t)
Nun müssen beide Seiten wieder gleich einer Konstanten, etwa k, sein. Es
gilt also
F 00 (x) − kF (x) = 0
G0 (t) − kc2 G(t) = 0.
72
Wegen f 6≡ 0 gilt u 6≡ 0 und somit F 6≡ 0 und G 6≡ 0. Also ist wegen
+
(5.17) √
und G 6≡ 0 F (0)
√ = F (a) = 0. Wäre k ∈ R , so würde F (x) =
A exp( kx) + B exp(− kx) mit A, B ∈ R folgen, was wegen F (0) = F (a) =
0 A = B = 0 implizieren würde im Widerspruch zu F 6≡ 0. Wäre k = 0, so
würde F (x) = Ax + B mit A, B ∈ R folgen, was wegen F (0) = F (a) = 0
wieder A = B = 0 implizieren würde im Widerspruch zu F 6≡ 0. Daher gilt
k ∈ R− , etwa k = −p2 mit p ∈ R+ . Also ist
F (x) = A sin(px) + B cos(px)
G(t) = C exp(−p2 c2 t)
mit A, B, C ∈ R. Wegen F (0) = 0 ist B = 0 und damit F (x) = A sin(px).
Wegen F 6≡ 0 ist A 6= 0. Da F (a) = 0 ist, gibt es ein m ∈ N mit pa = mπ.
Es gilt also p = mω, wobei ω := π/a, und somit
F (x) = A sin(mωx)
G(t) = C exp(−(cmω)2 t).
Die Funktionen
sin(mωx) exp(−(cmω)2 t)
mit m ∈ N sind also Lösungen von (5.16), welche (5.17) erfüllen. Um eine
Lösung von (5.16) zu erhalten, welche außerdem (5.18) erfüllt, machen wir
den Ansatz
∞
X
u=
an sin(nωx) exp(−(cnω)2 t)
n=1
mit an ∈ R für n ∈ N. Damit diese Funktion die Bedingung (5.18) erfüllt,
muss
∞
X
an sin(nωx) = f (x)
n=1
für alle x ∈ [0, a] gelten. Also sind die Zahlen an gerade die Fourierkoeffizienten
Za
2
f (s) sin(nωs)ds
a
0
der auf das Intervall [−a, a] ungerade fortgesetzten Funktion f . Das ergibt
schließlich
Za
∞
2X
2
u=
sin(nωx) exp(−(cnω) t) f (s) sin(nωs)ds.
a n=1
0
73
2
Beispiel In einem zylinderförmigen Gefäß werde auf eine Lösungsschicht
der Höhe a (∈ R+ ) und Konzentration u0 (∈ R+ ) reines Lösungsmittel geschichtet, sodass die Höhe der gesamten sich im Zylinder befindenden Flüssigkeit gleich b (> a) ist. Es ist die Konzentrationsverteilung in Abhängigkeit
von Zeit und Ort zu ermitteln.
Da die Konzentration der Flüssigkeit in einem Punkt nur vom Abstand
x dieses Punktes vom Boden des Gefäßes abhängt, gilt
ut = c2 uxx
mit einem geeigneten c ∈ R+ , wobei u(x, t) die Konzentration der Flüssigkeit
zum Zeitpunkt t in der Höhe x über dem Boden des Gefäßes bezeichnet. Wir
betrachten also das Problem
ut = c2 uxx
u0
[0, a)
u(x, 0) =
für alle x ∈
0
(a, b]
(5.19)
ux (0, t) = ux (b, t) = 0 für alle t ∈ R+
0
(5.21)
(5.20)
Wir machen wieder einen Produktansatz u = F (x)G(t), gehen mit diesem
in die Differentialgleichung (5.19), dividieren beide Seiten durch c2 u und
erhalten
F 00 (x)
G0 (t)
= 2
.
F (x)
c G(t)
Nun müssen beide Seiten wieder gleich einer Konstanten, etwa k, sein. Das
ergibt
F 00 (x) − kF (x) = 0
G0 (t) − kc2 G(t) = 0.
Wegen u 6≡ 0 gilt F 6≡ 0 und G 6≡ 0. Wegen (5.21) √folgt daraus F 0 (0)
√ =
0
+
F (b) = 0. Wäre nun k ∈ R , so würde
√ F (x)√= A exp(√ kx) + B√exp(− kx)
0
mit A, B ∈ R und daher F (x) = A k exp( kx) − B k exp(− kx) gelten,
was zusammen mit F 0 (0) = F 0 (b) = 0 A = B = 0 und somit F ≡ 0 implizieren würde. Wäre k = 0, so hätten wir F (x) = Ax + B mit A, B ∈ R
und somit F 0 (x) = A, was wegen F 0 (0) = 0 A = 0 und daher F (x) = B
74
implizieren würde. Außerdem wäre auch G(t) und somit auch u konstant.
Daher ist k ∈ R− , etwa k = −p2 mit p ∈ R+ . Es ergibt sich
F (x) = A sin(px) + B cos(px)
G(t) = C exp(−(pc)2 t).
mit A, B, C ∈ R. Wegen F 0 (0) = 0 folgt A = 0 und somit F (x) = B cos(px).
Wegen F 6≡ 0 ist B 6= 0. F 0 (b) = 0 impliziert, dass es ein m ∈ N mit pb = mπ
gibt. Wird also ω := π/b gesetzt, so folgt p = mω und daher
F (x) = B cos(mωx)
G(t) = C exp(−(mcω)2 t).
Also sind die Funktionen
cos(mωx) exp(−(mcω)2 t),
wobei m ∈ N0 ist, Lösungen von (5.19), welche (5.21) erfüllen. (Für m = 0
ist das trivial.) Um nun eine Lösung von (5.19) zu erhalten, welche außerdem
(5.20) erfüllt, machen wir den Ansatz
u=
∞
X
an cos(nωx) exp(−(ncω)2 t)
n=0
mit an ∈ R. Wegen (5.20) muss
∞
2a0 X
+
an cos(nωx) =
2
n=1
u0
0
für alle x ∈
[0, a)
(a, b]
gelten. Also sind 2a0 und an , n ∈ N, gerade die Fourierkoeffizienten der auf
das Intervall [−b, b] gerade fortgesetzten Funktion von [0, b] nach R, welche
auf [0, a) den Wert u0 und im Punkt a den Wert u0 /2 annimmt und auf (a, b]
verschwindet. Es ergibt sich
a0 =
au0
b
und
an =
2u0
sin(nωa)
nπ
für alle n ∈ N. Also lautet die gesuchte Lösung
u=
∞
au0 2u0 X 1
+
sin(nωa) cos(nωx) exp(−(ncω)2 t).
b
π n=1 n
75
2
Kontrollfragen
1. Was ist eine partiellen Differentialgleichung bzw. eine Lösung einer solchen?
2. Was ist eine quasilineare partielle Differentialgleichung erster Ordnung und
wie kann sie gelöst werden?
3. Wie funktioniert der Produktansatz?
4. Wie lautet der D’Alembertsche Lösungsansatz zur Lösung der Wellenoder Schwingungsgleichung?
76
Kapitel 6
Vektoranalysis
Motivation In der Vektoranalysis werden Vektorrechnung und Analysis verbunden. Es wird erklärt, wie reellwertige Funktionen über höherdimensionale
Bereiche, entlang von Kurven und über Flächen im Raum sowie vektorwertige Funktionen entlang von Kurven oder über Flächen im Raum integriert
werden. Physikalische Interpretationen der dabei auftretenden Kurven- bzw.
Oberflächenintegrale werden gegeben. Die Begriffe Gradient, Divergenz und
Rotation werden eingeführt und ihre Bedeutung erklärt. Die Integralsätze
von Green, Gauß bzw. Stokes zeigen, dass die Integration über einen Bereich
manchmal auf die Integration über den Rand dieses Bereiches zurückgeführt
werden kann. Mittels allgemeiner Differentialformen gelingt es schließlich,
den allgemeinen Integralsatz von Stokes zu formulieren, der die erwähnten
Integralsätze als Spezialfälle enthält.
6.1
Bereichsintegrale
In diesem und in den folgenden Abschnitten werden oft gewisse Teilmengen
des Rn betrachtet, von denen, ohne dass dies immer explizit erwähnt wird,
vorausgesetzt wird, dass sie gewisse ”schöne” Eigenschaften haben (z. B. dass
sie zusammenhängend sind (d. h. je zwei Elemente durch eine innerhalb der
Menge verlaufende Kurve verbindbar sind) oder ihnen auf sinnvolle Weise ein
”Inhalt” zugeordnet werden kann). Auch von den auftretenden Funktionen
wird, ohne dass dies immer explizit erwähnt wird, angenommen, dass sie
gewisse ”schöne” Eigenschaften haben (z. B. dass sie auf einer geeigneten
77
Menge hinreichend oft (stetig) differenzierbar sind). Außerdem treffen wir
folgende Vereinbarung: Falls ~a ∈ Rn und i ∈ {1, . . . , n} ist, so bezeichne ai
die i-te Komponente von ~a. Falls f~ : Rn → Rm und j ∈ {1, . . . , m} ist, so
bezeichne fj die j-te Koordinatenfunktion von f~.
Das Integral über eine auf einem endlichen abgeschlossenen Intervall [a, b]
definierte reellwertige Funktion f kann folgendermaßen erklärt werden: Sei
Z eine Zerlegung des Intervalls [a, b] in endlich viele Teilintervalle [x0 , x1 ], . . .
. . . , [xm−1 , xm ] der Länge ∆x1 = x1 − x0 bzw. ... bzw. ∆xm = xm − xm−1 .
Aus jedem Teilintervall [xi−1 , xi ] (1 ≤ i ≤ m) wird ein ”Zwischenpunkt” ξi
ausgewählt. Sodann wird die Riemann-Summe
S(f, Z, ξi ) :=
m
X
f (ξi ) · ∆xi
i=1
gebildet. f heißt integrierbar über [a, b], falls es ein I ∈ R gibt, sodass für
jedes ε ∈ R+ gilt
|S(f, Z, ξi ) − I| < ε
für alle ”hinreichend feinen” Zerlegungen Z von [a, b], und zwar unabhängig
von der Wahl der ξi . I heißt dann der Wert des Integrals
Zb
f (x)dx
a
von f über [a, b].
Sei nun B eine Teilmenge von R2 bzw. R3 und f : B → R. Wir wollen f
”über B integrieren”. Dabei gehen wir analog wie zuerst vor: Wir betrachten
eine Zerlegung Z von B in endlich viele Teilmengen B1 , . . . , Bm mit dem
Flächeninhalt bzw. dem Volumen ∆B1 , . . . , ∆Bm und mit der Eigenschaft,
dass je zwei verschiedene Bi höchstens Randpunkte gemeinsam haben. (Hier
und im Folgenden bezeichne ∆M stets den Flächeninhalt bzw. das Volumen
von M in der entsprechenden Dimension.) Aus jedem Bi , 1 ≤ i ≤ m, wählen
wir ein ξi aus und bilden die Riemann-Summe
S(f, Z, ξi ) :=
m
X
f (ξi ) · ∆Bi .
i=1
f heißt integrierbar über B, falls es ein I ∈ R gibt, sodass für jedes ε ∈ R+
gilt
|S(f, Z, ξi ) − I| < ε
78
für alle ”hinreichend feinen” Zerlegungen Z von B, und zwar unabhängig
von der Wahl der ξi . I heißt dann der Wert des Bereichsintegrals
ZZZ
ZZ
f (x, y)dxdy bzw.
f (x, y, z)dxdydz
B
B
von f über B.
Viele der im Folgenden für Integrale über zweidimensionalen Bereichen
formulierten Aussagen gelten in analoger Form auch für Integrale über höherdimensionale Bereiche.
Funktionen, die ”fast überall” stetig sind, sind stets integrierbar. (Dabei
bedeutet ”fast überall” hier und im Folgenden ”überall, mit Ausnahme
einer Menge vom ”Inhalt” 0”.)
Ist f ≥ 0 auf B, so ist
ZZ
f (x, y)dxdy = ∆{(x, y, z) ∈ R3 | (x, y) ∈ B, z ∈ [0, f (x, y)]}.
B
Insbesondere ist
ZZ
dxdy.
∆B =
B
In den meisten Fällen kann die Berechnung von Bereichsintegralen auf die
Berechnung gewöhnlicher Integrale zurückgeführt werden. Es gilt nämlich:
Sind g und h stückweise stetige Funktionen auf [a, b] und ist g ≤ h auf [a, b]
und
B = {(x, y) ∈ R2 | x ∈ [a, b], y ∈ [g(x), h(x)]},
so ist
h(x)
Zb Z
f (x, y)dxdy = (
f (x, y)dy)dx.
ZZ
B
a
g(x)
Eine analoge Aussage gilt mit vertauschten Variablen. Insbesondere gilt
Zb Zd
g(x)h(y)dxdy =
( g(x)h(y)dy)dx =
ZZ
[a,b]×[c,d]
a
c
Zb
=
(g(x)
a
79
Zd
h(y)dy)dx =
c
Zd
= (
Zb
h(y)dy)
c
Zb
= (
g(x)dx =
a
Zd
g(x)dx)( h(y)dy).
a
c
Im Folgenden sollen einige Eigenschaften von Bereichsintegralen angegeben
werden:
• Linearität: Sind die Funktionen f, g über B integrierbar und a, b ∈ R,
so ist auch af + bg über B integrierbar, und es gilt
ZZ
ZZ
ZZ
(af (x, y) + bg(x, y))dxdy = a
f (x, y)dxdy + b
g(x, y)dxdy.
B
B
B
• Additivität: Haben die Mengen B, C höchstens Randpunkte gemeinsam
und ist f sowohl über B als auch über C integrierbar, so ist f auch
über B ∪ C integrierbar, und es gilt
ZZ
ZZ
ZZ
f (x, y)dxdy.
f (x, y)dxdy +
f (x, y)dxdy =
C
B
B∪C
• Monotonie: Sind f und g über B integrierbar und gilt f ≤ g auf B, so
ist
ZZ
ZZ
f (x, y)dxdy ≤
g(x, y)dxdy.
B
B
• Abschätzung des Absolutbetrages: Ist f über B integrierbar, so auch
|f |, und es gilt
ZZ
ZZ
|
f (x, y)dxdy| ≤
|f (x, y)|dxdy.
B
B
• Mittelwertsatz: Ist f stetig auf B, so gibt es ein (a, b) ∈ B mit
ZZ
f (x, y)dxdy = f (a, b) · ∆B.
B
Weiters gilt:
ZZ
ZZ
1
(
xdxdy,
ydxdy)
∆B
B
B
80
sind die Koordinaten des Schwerpunkts von B.
Beispiel Der Schwerpunkt der oberen Hälfte B des Einheitskreises lautet
wegen
1
∆B
ZZ
2
ydxdy =
π
B
Z1
√
Z1−x2
Z1
1
4
ydy)dx =
(
(1 − x2 )dx =
π
3π
−1
−1
0
2
(0, 4/(3π)).
Beispiel Der Schwerpunkt des von den Kurven mit den Gleichungen
√
y = 0, x = 9 und y = 2 x begrenzten Flächenstücks B der (x, y)-Ebene
lautet wegen
√
2 x
√
Z9 Z
Z9
√
4x x 9
| = 36,
∆B =
(
xdx =
dy)dx = 2
3 0
0
0
Z9
ZZ
xdxdy =
B
0
√
2 x
Z
x(
Z9
dy)dx = 2
0
0
√
2 x
Z9 Z
ZZ
ydxdy =
B
(
0
√
√
4x2 x 9 972
x xdx =
|0 =
und
5
5
0
Z9
ydy)dx = 2
0
xdx = 81
0
2
(27/5, 9/4) = (5.4, 2.25).
Beispiel Der Schwerpunkt des Kugeloktanten
B = {(x, y, z) ∈ R3 | x, y, z ≥ 0, x2 + y 2 + z 2 ≤ 1}
lautet wegen
1
∆B
ZZZ
6
xdxdydz =
π
B
6
=
π
Z1
√
Z1−x2
x(
(
0
Z1
0
√
1−x2 −y 2
Z
dz)dy)dx =
0
3
x · ∆Bx dx =
2
0
Z1
x(1 − x2 )dx =
0
(3/8, 3/8, 3/8) = (0.375, 0.375, 0.375), wobei Bx den Viertelkreis
{(y, z) ∈ R2 | y, z ≥ 0, y 2 + z 2 ≤ 1 − x2 }
81
3
8
mit dem Radius
√
2
1 − x2 bezeichnet.
Sei f : [a, b] → R stetig differenzierbar und bezeichne K die durch diese
Funktion gegebene Kurve. Dann ist
Zb p
1 + (f 0 (x))2 dx
L(K) =
a
die Länge von K (auch im Folgenden wollen wir die Länge einer Kurve K
stets mit L(K) bezeichnen), und
1
(
L(K)
Zb p
Zb
p
x 1 + (f 0 (x))2 dx, f (x) 1 + (f 0 (x))2 dx)
a
a
sind die Koordinaten des Schwerpunkts von K.
Beispiel Der Schwerpunkt des Kreisbogens der oberen Hälfte des Einheitskreises besitzt wegen
1
L(K)
Z1 √
Z1
r
x
1
2
1 − x2 1 + (− √
)2 dx =
dx =
2
π
π
1−x
−1
−1
2
die Koordinaten (0, 2/π).
Sei B ⊆ R2 und f : B → R stetig partiell differenzierbar, und bezeichne
G die durch diese Funktion gegebene Fläche. Sei
q
W (x, y) := 1 + (fx (x, y))2 + (fy (x, y))2
für alle (x, y) ∈ B. Dann gilt
ZZ
∆G =
W (x, y)dxdy,
B
und
1
(
∆G
ZZ
ZZ
ZZ
xW (x, y)dxdy,
B
yW (x, y)dxdy,
B
f (x, y)W (x, y)dxdy)
B
sind die Koordinaten des Schwerpunkts von G.
82
Beispiel Der Schwerpunkt der Kugelkappe G der oberen Hälfte der Einheitskugel lautet wegen
s
ZZ p
−x
−y
1 − x2 − y 2 1 + ( p
)2 + ( p
)2 dxdy =
2
2
1−x −y
1 − x2 − y 2
B
ZZ
∆B
1
1
dxdy =
=
=
2π
2π
2
B
1
∆G
(0, 0, 1/2) = (0, 0, 0.5), wobei B den Bereich {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 ≤ 1}
bezeichnet.
2
Weiters gilt:
Zb
π
(f (x))2 dx
a
ist das Volumen und
Zb
2π
p
f (x) 1 + (f 0 (x))2 dx
a
die Mantelfläche des durch Drehung des Graphen der stetig differenzierbaren Funktion f : [a, b] → R+
0 um die x-Achse entstehenden Drehkörpers.
Guldinsche Regeln:
(i) Das Volumen des durch Drehung der Teilmenge B von R × R+
0 um die
x-Achse entstehenden Drehkörpers beträgt 2rπ∆B, wobei r die y-Koordinate
des Schwerpunkts von B bezeichnet.
(ii) Die Mantelfläche des durch Drehung des Graphen der stetigen Funktion f : [a, b] → R+
0 um die x-Achse entstehenden Drehkörpers beträgt
2rπL(K), wobei K den Graphen von f und r die y-Koordinate des Schwerpunkts von K bezeichnet.
Beispiel Mit Hilfe der Guldinschen Regeln ergeben sich für das Volumen
bzw. die Oberfläche der Einheitskugel die Werte
2·
4
π
4π
2
·π· =
bzw. 2 · · ππ = 4π.
3π
2
3
π
2
83
Prinzip von Cavalieri Es gilt
Zb Z Z
dxdydz = (
ZZZ
B
a
dxdy)dz,
Bz
falls B = {(x, y, z) ∈ R3 | z ∈ [a, b], (x, y) ∈ Bz }.
Beispiel Mit Hilfe des Prinzips von Cavalieri ergibt sich für das Volumen
der Einheitskugel der Wert
Z1
(1 − x2 )πdx =
4π
.
3
−1
2
Ein wichtiges Hilfsmittel zur Berechnung von Bereichsintegralen liefert
die folgende
Substitutionsregel für Bereichsintegrale Sind B1 , B2 ⊆ R2 , ist f :
B1 → R stetig, (g, h) : B2 → B1 surjektiv und stetig partiell differenzierbar
und gilt
gx gy hx hy 6= 0
”fast überall” auf B2 , so ist
ZZ
ZZ
f (x, y)dxdy =
B1
g (u, v) gy (u, v)
f (g(u, v), h(u, v))| x
hx (u, v) hy (u, v)
B2
|dudv.
Diese Regel wird häufig bei Koordinatentransformationen verwendet. Wir
geben im Folgenden die wichtigsten solchen Transformationen an.
Polarkoordinaten r, ϕ eines Punktes P der (x, y)-Ebene
r bezeichnet den Abstand des Punktes P vom Ursprung und ϕ den Winkel, welchen der Ortsvektor von P mit der positiven x-Achse einschließt (und
zwar von der positiven x-Achse aus im Gegenuhrzeigersinn gemessen). Die
Transformation lautet:
x = r cos ϕ
y = r sin ϕ
84
Wegen
xr xϕ cos ϕ −r sin ϕ
yr yϕ = sin ϕ
r cos ϕ
=r
gilt
ZZ
ZZ
f (x, y)dxdy =
B1
f (r cos ϕ, r sin ϕ)rdrdϕ.
B2
2
Zylinderkoordinaten r, ϕ, z eines Raumpunktes P
r und ϕ bezeichnen die Polarkoordinaten des durch Orthogonalprojektion
von P auf die (x, y)-Ebene entstehenden Punktes, und z bezeichnet die dritte
kartesische Koordinate von P . Die Transformation lautet:
x = r cos ϕ
y = r sin ϕ
z = z
Wegen
xr xϕ xz cos ϕ −r sin ϕ 0 yr yϕ yz = sin ϕ r cos ϕ 0 = r
z z z 0
0
1
r
ϕ
z
gilt
ZZZ
ZZZ
f (r cos ϕ, r sin ϕ, z)rdrdϕdz.
f (x, y, z)dxdydz =
B1
B2
2
Kugelkoordinaten r, ϑ, ϕ eines Raumpunktes P
r bezeichnet den Abstand des Punktes P vom Ursprung, ϕ die zweite
Polarkoordinate des durch Orthogonalprojektion von P auf die (x, y)-Ebene
entstehenden Punktes und ϑ den Winkel, welchen der Ortsvektor von P mit
der positiven z-Achse einschließt. Die Transformation lautet:
x = r sin ϑ cos ϕ
y = r sin ϑ sin ϕ
z = r cos ϑ
85
Wegen
xr xϑ xϕ sin ϑ cos ϕ r cos ϑ cos ϕ −r sin ϑ sin ϕ
yr yϑ yϕ = sin ϑ sin ϕ r cos ϑ sin ϕ r sin ϑ cos ϕ
z z z cos ϑ
−r sin ϑ
0
r
ϑ
ϕ
= r2 sin ϑ
gilt
ZZZ
f (x, y, z)dxdydz =
ZZZ
=
f (r sin ϑ cos ϕ, r sin ϑ sin ϕ, r cos ϑ)r2 sin ϑdrdϑdϕ.
B1
B2
2
Beispiel Um den Normierungsfaktor A in der 2pz -Wellenfunktion
p
x2 + y 2 + z 2
Az
exp(−
)
ψ(x, y, z) =
r0
2r0
des Wasserstoffatoms aus der Beziehung
ZZZ
(ψ(x, y, z))2 dxdydz = 1
R3
(r0 bezeichnet den Bohrschen Radius) zu berechnen, wird zunächst in Kugelkoordinaten transformiert
A2
1= 2
r0
Z∞
r
r exp(− )dr
r0
4
0
Zπ
2
Z2π
sin ϑ cos ϑdϑ
0
dϕ.
0
Sodann wird der Ansatz
Z
r
r
r4 exp(− )dr = (Br4 + Cr3 + Dr2 + Er + F ) exp(− )
r0
r0
mit unbestimmten Koeffizienten B, . . . , F gemacht. Durch Koeffizientenvergleich ergibt sich
Z
r
r
r4 exp(− )dr = −r0 (r4 + 4r0 r3 + 12r02 r2 + 24r03 r + 24r04 ) exp(− ),
r0
r0
woraus
Z∞
r4 exp(−
r
)dr = 24r05
r0
0
86
und wegen
Zπ
sin ϑ cos2 ϑdϑ = −
cos3 ϑ π 2
| =
3 0
3
0
1 = 32A2 r03 π und somit
A=
1
√
4r0 2r0 π
2
folgt.
6.2
Skalarfelder, Vektorfelder, Gradient
Eine Teilmenge B der Ebene heißt offen, falls es zu jedem ~a ∈ B ein ε ∈ R+
gibt, sodass {~x ∈ R2 | |~x − ~a| < ε} ⊆ B gilt. Ein Gebiet der Ebene ist eine
offene zusammenhängende Teilmenge derselben. Im Folgenden bezeichne G
ein Gebiet der Ebene. Ein Skalarfeld auf G ist eine reellwertige, auf G
definierte Abbildung (z. B. Temperaturfeld) und ein Vektorfeld auf G eine
Abbildung von G in die Ebene (z. B. Geschwindigkeitsfeld, Kraftfeld). Ist f
ein partiell differenzierbares Skalarfeld auf G, so heißt das Vektorfeld
(fx , fy )
−−−→
auf G das Gradientenfeld (oder der Gradient) gradf von f . Im Fall ~a ∈ G
−−−→
−−−→
und (gradf )(~a) 6= ~0 zeigt der Vektor (gradf )(~a) in die Richtung des stärksten
Anstiegs von f (ausgehend von ~a).
Der Nablaoperator ist formal der Vektor
∇=(
∂ ∂
, ).
∂x ∂y
Beim formalen ”Rechnen” mit diesem Vektor muss berücksichtigt werden,
dass die ”Multiplikation” eines Ableitungsoperators mit einer Funktion als
Anwendung dieses Operators auf die entsprechende Funktion zu verstehen
ist. So kann z. B. der Gradient von f als Produkt ∇f des Nablavektors mit
dem ”Skalar” f gedeutet werden:
∇f = (
∂ ∂
∂
∂
−−−→
, )f = ( f, f ) = gradf .
∂x ∂y
∂x ∂y
87
Ein partiell differenzierbares Skalarfeld F auf G heißt eine Stammfunktion
des Vektorfeldes f~ auf G, falls ∇F = f~ gilt. Die Stammfunktion eines Vektorfeldes ist im Fall ihrer Existenz bis auf eine additive Konstante eindeutig
bestimmt. Ein Vektorfeld heißt ein Gradientenfeld, falls es eine Stammfunktion besitzt.
Analoges gilt im Fall von n Dimensionen.
Ein auf einem einfach zusammenhängenden Gebiet G des n-dimensionalen
Raumes definiertes stetig partiell differenzierbares Vektorfeld f~ ist genau
dann ein Gradientenfeld, wenn die sogenannten ”Integrabilitätsbedingungen”
(fi )xj = (fj )xi
für alle i, j = 1, . . . , n auf G erfüllt sind. (Dabei heißt ein Gebiet des Rn
einfach zusammenhängend, wenn es keine ”Löcher” besitzt.)
Beispiel Um eine Stammfunktion F des elektrostatischen Feldes
f~ = (f1 , f2 , f3 ) = (
(x21
cQx1
cQx2
cQx3
, 2
, 2
)
2
2 3/2
2
2 3/2
+ x 2 + x3 )
(x1 + x2 + x3 )
(x1 + x22 + x23 )3/2
einer sich im Ursprung befindenden Punktladung (Q bezeichnet die Ladung
des punktförmigen Ladungsträgers, und c eine positive Konstante) zu berechnen, wird f1 zunächst nach x1 integriert, was
F (x1 , x2 , x3 ) =
(x21
−cQ
+ g(x2 , x3 )
+ x22 + x23 )1/2
mit einer geeigneten Funktion g(x2 , x3 ) ergibt. Wegen Fx2 = f2 gilt
gx2 (x2 , x3 ) = 0 und daher g(x2 , x3 ) = h(x3 ) mit einer geeigneten Funktion
h(x3 ). Wegen Fx3 = f3 gilt schließlich h0 (x3 ) = 0. Daher ist h(x3 ) konstant.
Also ist
−cQ
2
(x1 + x22 + x23 )1/2
eine Stammfunktion von f~.
2
Beispiel Wegen
(f1 )z = √
yz
y
6= √
= (f3 )x
1 + z2
1 + z2
ist
√
√
xy
(f1 , f2 , f3 ) = (y 1 + z 2 , x 1 + z 2 , √
)
1 + z2
kein Gradientenfeld.
88
2
6.3
Krummlinige Koordinaten
Sei f~ ein zweidimensionales Vektorfeld, bezeichne ~x die der Polarkoordinatentransformation entsprechende durch ~x(r, ϕ) := (r cos ϕ, r sin ϕ) für alle
+
2
(r, ϕ) ∈ R+
0 × [0, 2π] definierte Funktion von R0 × [0, 2π] nach R , und sei
(r0 , ϕ0 ) ∈ R+ × (0, 2π) und ~x0 := ~x(r0 , ϕ0 ). Wir betrachten die Kurven
K1 = {~x(r, ϕ0 ) | r ∈ R+
0 } bzw.
K2 = {~x(r0 , ϕ) | ϕ ∈ [0, 2π]}
mit den Parameterdarstellungen
r 7→ ~x(r, ϕ0 ), r ∈ R+
0 bzw.
ϕ 7→ ~x(r0 , ϕ), ϕ ∈ [0, 2π].
K1 ist also die vom Ursprung ausgehende Halbgerade, die mit der positiven
x-Achse den Winkel ϕ0 (von der positiven x-Achse im Gegenuhrzeigersinn
gemessen) einschließt, während K2 der Rand des Kreises um den Ursprung
mit Radius r0 ist.
Die normierten Tangentenvektoren ~ti an Ki in ~x0 lauten
~t1 = ~xr (r0 , ϕ0 ) = (cos ϕ0 , sin ϕ0 ) bzw.
~t2 = 1 ~xϕ (r0 , ϕ0 ) = (− sin ϕ0 , cos ϕ0 ).
r0
Offensichtlich sind ~t1 und ~t2 zueinander orthogonal, und es gibt eindeutig
bestimmte reelle Zahlen a1 , a2 mit
f~(~x0 ) = a1~t1 + a2~t2 .
(a1 , a2 ) sind also die Koordinaten des Vektors f~(~x0 ) bzgl. des vom Punkt ~x0
abhängenden, durch ~t1 und ~t2 aufgespannten Koordinatensystems.
(a1 , a2 ) heißt die Darstellung von f~(~x0 ) in Polarkoordinaten. Da ~t1
und ~t2 normiert und zueinander orthogonal sind, gilt
a1 = a1~t21 + a2~t1~t2 = (a1~t1 + a2~t2 )~t1 = f~(~x0 ) · ~t1 und
a2 = a1~t1~t2 + a2~t22 = (a1~t1 + a2~t2 )~t2 = f~(~x0 ) · ~t2 .
89
Im Fall, dass f~ der Gradient eines Skalarfeldes F ist, gilt auf Grund der
Kettenregel für mehrstellige Funktionen
a1 = (∇F )(~x0 ) · ~xr (r0 , ϕ0 ) =
= Fx1 (~x0 ) · (x1 )r (r0 , ϕ0 ) + Fx2 (~x0 ) · (x2 )r (r0 , ϕ0 ) = Fr (r0 , ϕ0 ).
Analog folgt
1
Fϕ (r0 , ϕ0 ).
r0
Die Darstellung von ∇F in Polarkoordinaten wird auch in der Form
a2 =
1
((∇F )r , (∇F )ϕ ) = (Fr , Fϕ )
r
geschrieben. Im Fall von Zylinder- bzw. Kugelkoordinaten ergibt sich
für die Darstellung von ∇F auf analoge Weise
1
((∇F )r , (∇F )ϕ ), (∇F )z ) = (Fr , Fϕ , Fz )
r
bzw.
1
1
((∇F )r , (∇F )ϑ ), (∇F )ϕ ) = (Fr , Fϑ ,
Fϕ ).
r
r sin ϑ
Dabei ist zu beachten, dass der Index bei (∇F ) keine partielle Ableitung,
sondern die entsprechende Komponente bei der Darstellung von ∇F in den
entsprechenden krummlinigen Koordinaten bedeutet.
Beispiel Um die radiale Temperaturverteilung T (r) auf einer Platte, in
deren Mittelpunkt die Temperatur 1000 K herrscht und für die (∇T )r = −30r
gilt, zu berechnen, wird (∇T )r = Tr verwendet, woraus T (r) = −15r2 + C
und wegen T (0) = 1000 schließlich T (r) = 1000 − 15r2 folgt.
2
~ = −∇U eines elektrischen PoBeispiel Um die elektrische Feldstärke E
tentials
U=
(x21
µ
~ ~x
.
+ x22 + x23 )3/2
für einen (punktförmigen) Dipol mit dem Dipolmoment µ
~ , welcher sich im
Koordinatenursprung befindet, in Kugelkoordinaten zu berechnen, wählen
wir das kartesische Koordinatensystem o. B. d. A. so, dass µ
~ in der (positiven)
z-Achse liegt, d. h., dass µ
~ = (0, 0, µ3 ) gilt. Dann ist
U (r, ϑ, ϕ) =
90
µ3 cos ϑ
,
r2
und die gesuchte Darstellung lautet daher
1
1
µ3
−((∇U )r , (∇U )ϑ , (∇U )ϕ ) = −(Ur , Uϑ ,
Uϕ ) = 3 (2 cos ϑ, sin ϑ, 0).
r
r sin ϑ
r
2
6.4
Kurvenintegrale, Greenscher Integralsatz
Unter einer (”fast überall” glatten) Kurve K in der Ebene verstehen wir das
Bild eines endlichen abgeschlossenen Intervalls [a, b] unter einer ”fast überall”
stetig differenzierbaren Abbildung von [a, b] nach R2 . So eine Abbildung heißt
dann eine ”Parameterdarstellung” von K. Analog werden Kurven im Rn
definiert.
Beispiel Die Abbildungen
u 7→ (cos u, sin u) von [0, π] nach R2 bzw.
√
u 7→ (−u, 1 − u2 ) von [−1, 1] nach R2
sind Parameterdarstellungen des Kreisbogens der oberen Hälfte des Einheitskreises.
2
Im Folgenden sei K eine Kurve in der Ebene mit der Parameterdarstellung
ϕ
~ : [a, b] → K und f eine reellwertige Funktion auf K. Wir wollen f ”über
K integrieren”. Zu diesem Zweck betrachten wir eine Zerlegung Z : a =
u0 < . . . < um = b von [a, b] in m Teilintervalle [u0 , u1 ], . . . , [um−1 , um ]. Aus
jedem Teilintervall [ui−1 , ui ], 1 ≤ i ≤ m, wählen wir ein ξi aus und bilden die
Summe
m
X
S(f, Z, ξi ) :=
f (~
ϕ(ξi ))|~
ϕ(ui ) − ϕ
~ (ui−1 )|.
i=1
f heißt integrierbar über K, falls es ein I ∈ R gibt, sodass für jedes ε ∈ R+
gilt
|S(f, Z, ξi ) − I| < ε
für alle hinreichend feinen Zerlegungen Z von [a, b], und zwar unabhängig
von der Wahl der Zwischenpunkte ξi . I heißt dann der Wert des Kurvenintegrals (zweiter Art)
Z
f (~x)ds
K
91
von f über K. Offensichtlich gilt
Z
ds.
L(K) =
K
Beispiel Im Fall einer Kurve K im Raum gibt die Zahl
Z
ds
c(~x)
K
jene Zeit an, welche ein Lichtstrahl in einem (inhomogenen) Medium entlang
von K benötigt, falls c(~x) die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts im
Raumpunkt ~x bezeichnet.
2
Der Wert des Kurvenintegrals (zweiter Art) hängt nur von der Kurve K
und der Funktion f , nicht aber von der speziell gewählten Parameterdarstellung von K ab. Ist f stückweise stetig, so existiert
Z
f (~x)ds,
K
und es gilt
Zb
Z
f (~x)ds =
f (~
ϕ(u))|~
ϕ0 (u)|du.
a
K
0
Der Ausdruck ds = |~
ϕ (u)|du heißt Bogenelement von K. Also gilt
Zb
Z
L(K) =
ds =
|~
ϕ0 (u)|du.
a
K
(Vergleiche die früher bereits erwähnte Formel
Zb p
L(K) =
1 + (f 0 (x))2 dx
a
für die Länge der Kurve K = {(x, f (x)) | x ∈ [a, b]}.)
Kurvenintegrale (zweiter Art) haben weitgehend analoge Eigenschaften
wie Bereichsintegrale. Wir erwähnen noch die Formel
Z
Z
f (~x)ds = − f (~x)ds,
−K
K
92
wobei −K jene Kurve bezeichnet, die aus K durch Änderung der Orientierung, d. h. des Durchlaufungssinns, hervorgeht.
Beispiel Die Länge der Zykloide {(u−sin u, 1−cos u) | u ∈ [0, 2π]} beträgt
Z2π q
Z2π
Z2π r
√
u
2
(1 − cos u)2 + sin udu =
2 − 2 cos udu =
4 sin2 du =
2
0
0
0
Z2π
= 2
u
u
= 8.
sin du = −4 cos |2π
2
2 0
0
Hier wurde die Formel 2 sin2 u = 1 − cos(2u) verwendet, die aus
cos2 u + sin2 u = 1
cos2 u − sin2 u = cos(2u)
2
folgt.
Ist u ∈ [a, b] und gilt ϕ
~ 0 (u) 6= ~0, so ist {~
ϕ(u)+a~
ϕ0 (u) | a ∈ R} die Tangente
an K in ϕ
~ (u) und ϕ
~ 0 (u) ein Tangentenvektor bzgl. K in ϕ
~ (u). Denn
ϕ
~ (u + h) − ϕ
~ (u)
,
h→0
h
ϕ
~ 0 (u) := lim
und
ϕ
~ (u + h) − ϕ
~ (u)
h
ist ein Vektor, dessen Richtung für h → 0 gegen die Richtung der Tangente
an K im Punkt ϕ
~ (u) strebt. Der Vektor
ϕ
~ 0 (u)
~t(~
ϕ(u)) := 0
|~
ϕ (u)|
heißt dann der Tangentenvektor bzgl. K im Punkt ϕ
~ (u). Sei f~ : K → R2 und
~x ∈ K. Dann bezeichnen wir mit f~t (~x) die Länge der Projektion von f~(~x)
auf ~t(~x) (mit Vorzeichen). Es gilt f~t (~x) = f~(~x)~t(~x). f~t heißt die Tangentialkomponente von f~ bzgl. K. Sei f~ stückweise stetig. Wir möchten nun f~
”über K integrieren”. Zu diesem Zweck definieren wir
Z
Z
f~(~x)d~x := f~t (~x)ds.
K
K
93
Dann gilt
Z
f~(~x)d~x =
Z
f~(~x)~t(~x)ds =
Zb
=
f~(~
ϕ(u))~t(~
ϕ(u))|~
ϕ0 (u)|du =
a
K
K
Zb
ϕ
~ 0 (u) 0
f~(~
ϕ(u)) 0
|~
ϕ (u)|du =
|~
ϕ (u)|
a
Zb
f~(~
ϕ(u))~
ϕ0 (u)du.
a
Z
f~(~x)d~x
K
heißt das Kurvenintegral (erster Art) von f~ über K. Wieder hängt der
Wert dieses Integrals nur vom Vektorfeld f~ und der Kurve K, nicht aber von
der speziell gewählten Parameterdarstellung von K ab.
Z
f~(~x)d~x
K
kann auch in der Form
Z
(f1 (~x)dx1 + f2 (~x)dx2 ).
K
geschrieben werden. Ist f~ ein stückweise stetiges zweidimensionales Vektorfeld auf K, so existiert
Z
f~(~x)d~x,
K
und es gilt
Z
K
f~(~x)d~x =
Zb
(f1 (~
ϕ(u))ϕ01 (u) + f2 (~
ϕ(u))ϕ02 (u))du.
a
Kurvenintegrale erster Art besitzen weitgehend analoge Eigenschaften wie
Kurvenintegrale zweiter Art.
Das Kurvenintegral erster Art kann folgendermaßen physikalisch interpretiert werden:
Sei f~ ein Kraftfeld in der Ebene. Weiters sei wieder a = u0 < . . . < um = b
eine Zerlegung von [a, b] in m Teilintervalle [u0 , u1 ], . . . , [um−1 , um ]. Dann ist
94
die Arbeit, welche geleistet werden muss, um eine Einheitsmasse vom Punkt
ϕ
~ (a) entlang der Kurve K zum Punkt ϕ
~ (b) zu verschieben, näherungsweise
gleich
m
X
f~t (~
ϕ(ui−1 ))|~
ϕ(ui ) − ϕ
~ (ui−1 )|.
i=1
Dieser Ausdruck strebt aber bei zunehmender Feinheit der Zerlegung von
[a, b] gegen
Z
Z
f~t (~x)ds = f~(~x)d~x.
K
K
Ist F ein stückweise stetig partiell differenzierbares Skalarfeld im n-dimensionalen Raum, so gilt
Zb
Z
(∇F )(~x)d~x =
0
(∇F )(~
ϕ(u))~
ϕ (u)du =
a
K
=
Zb X
n
a
F (~
ϕ(u))|ba
Fxi (~
ϕ(u))ϕ0i (u)du =
i=1
= F (~
ϕ(b)) − F (~
ϕ(a)).
Beispiel Die Arbeit, die geleistet werden muss, um eine Einheitsladung
(1 Coulomb) im elektrischen Feld
(
y
x
,
)
x+1 y+1
vom Punkt (0, 0) entlang der Kurve K1 = {(u, u) | u ∈ [0, 1]} bzw. K2 =
{(u2 , u) | u ∈ [0, 1]} zum Punkt (1, 1) zu verschieben, beträgt
Z
Z1
f~(~x)d~x =
0
K1
2u
du = 2
u+1
Z1
(1 −
1
)du = 2(u − ln |u + 1|)|10 =
u+1
0
= 2(1 − ln 2) ≈ 0.61J
bzw.
Z
K2
f~(~x)d~x =
Z1
2u2
u2
( 2
+
)du =
u +1 u+1
0
Z1
(u + 1 +
1
2
− 2
)du =
u+1 u +1
0
2
= (
u
3
π
+ u + ln |u + 1| − 2 arctan u)|10 = + ln 2 − ≈ 0.62J.
2
2
2
2
95
Dieses Beispiel zeigt, dass der Wert eines Kurvenintegrals im Allgemeinen
nicht nur vom Anfangs- und Endpunkt der Kurve, sondern darüber hinaus
auch noch von deren Verlauf abhängt. Ein Kurvenintegral, bei dem das nicht
R
der Fall ist, heißt wegunabhängig. Das Kurvenintegral f~(~x)d~x heißt also
K
wegunabhängig, falls
Z
Z
f~(~x)d~x =
f~(~x)d~x
K2
K1
für alle Kurven K1 , K2 mit demselben Anfangs- und Endpunkt ist. Es gilt:
Ist G eine offene konvexe Teilmenge der Ebene und f~ ein zweidimensionales stetiges Vektorfeld auf G, so sind folgende Aussagen äquivalent:
•
R
f~(~x)d~x ist wegunabhängig für jede in G enthaltene Kurve K.
K
•
R
f~(~x)d~x = 0 für jede geschlossene in G enthaltene Kurve K.
K
• f~ ist ein Gradientenfeld.
(Dabei heißt eine Teilmenge der Ebene konvex, wenn sie mit je zwei Punkten
auch deren Verbindungsstrecke enthält.)
Klarerweise ist für ein auf einer offenen konvexen Menge definiertes stetig
partiell differenzierbares Vektorfeld f~ das Erfülltsein der Integrabilitätsbedingungen notwendig dafür, dass f~ ein Gradientenfeld ist, d. h. dafür, dass
das entsprechende Kurvenintegral wegunabhängig ist. Dass die Integrabilitätsbedingungen auf einem nicht einfach zusammenhängenden Gebiet im
Allgemeinen nicht hinreichend für die Wegunabhängigkeit des entsprechenden Kurvenintegrals sind, zeigt das folgende
Beispiel Integration des auf dem nicht einfach zusammenhängenden Gebiet G := R2 \ {~0} definierten Vektorfeldes
(
−y
x
, 2
)
2
+ y x + y2
x2
über den Rand {(cos u, sin u) | u ∈ [0, 2π]} des Einheitskreises ergibt
Z2π
sin2 u + cos2 u
du =
cos2 u + sin2 u
0
Z2π
du = 2π 6= 0,
0
96
was zeigt, dass das Kurvenintegral nicht wegunabhängig ist, obwohl die Integrabilitätsbedingung
(
−y
y 2 − x2
x
)
=
=( 2
)x
y
2
2
2
2
2
x +y
(x + y )
x + y2
2
erfüllt ist.
Auf einfach zusammenhängenden Gebieten sind die Integrabilitätsbedingungen jedoch hinreichend für die Wegunabhängigkeit des entsprechenden
Kurvenintegrals.
Abschließend soll nun gezeigt werden, wie gewisse Bereichsintegrale auf
Kurvenintegrale zurückgeführt werden können. Bekanntlich gilt nach dem
Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung für eine auf einem
Intervall [a, b] definierte differenzierbare Funktion f
Zb
f 0 (x)dx = f (b) − f (a),
a
d. h., der Wert des Integrals
Rb
f 0 (x)dx hängt nur von den Werten von f am
a
Rand des Integrationsintervalls [a, b] ab. Auch in höheren Dimensionen liegt
manchmal die analoge Situation vor, dass die Integration über einen gewissen Bereich auf die Integration über den Rand des Bereiches zurückgeführt
werden kann, falls der ursprüngliche Integrand eine spezielle Form hat. Das
ist der Inhalt der sogenannten ”Integralsätze”. Der einfachste dieser Sätze
ist der folgende:
Greenscher Integralsatz Sei G eine zusammenhängende Teilmenge der
Ebene, deren Rand ∂G so orientiert sei, dass G beim Durchlaufen von ∂G
links liegt, und (f, g) ein zweidimensionales stetig partiell differenzierbares
Vektorfeld auf G. Dann gilt
ZZ
Z
(gx (x, y) − fy (x, y))dxdy = (f (x, y)dx + g(x, y)dy).
G
∂G
Insbesondere gilt
ZZ
∆G =
1
dxdy =
2
G
97
Z
(−ydx + xdy).
∂G
Beispiel Für das auf dem Einheitskreis G definierte Vektorfeld (f, g) =
(x + y, xy) gilt unter Verwendung von Polarkoordinaten
2
Z1 Z2π
(gx (x, y) − fy (x, y))dxdy =
( (r sin ϕ − 1)rdϕ)dr =
ZZ
G
0
Z1
=
0
(−r2 cos ϕ − rϕ)|ϕ=2π
ϕ=0 dr =
0
Z1
= −2π
rdr = −π,
0
und für das entsprechende Kurvenintegral über den Rand ∂G = {(cos u,
sin u) | u ∈ [0, 2π]} ergibt sich
Z2π
Z
(f (x, y)dx + g(x, y)dy) = −
1
sin udu =
2
2
0
∂G
Z2π
(cos(2u) − 1)du =
0
1
(sin(2u) − 2u)|2π
=
0 = −π.
4
2
6.5
Oberflächenintegrale
Unter einer (”fast überall” glatten) Fläche G im Raum verstehen wir das
Bild einer Teilmenge B der Ebene unter einer ”fast überall” stetig partiell
differenzierbaren Abbildung von B nach R3 . So eine Abbildung heißt dann
eine ”Parameterdarstellung” von G.
Beispiel Die Abbildungen
π
(v, w) 7→ (sin v cos w, sin v sin w, cos v) von [0, ] × [0, 2π] nach R3 bzw.
2
√
2
2
(v, w) 7→ (v, w, 1 − v − w ) von {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 ≤ 1} nach R3
sind Parameterdarstellungen der Kugelkappe der oberen Hälfte der Einheitskugel.
2
Im Folgenden sei nun G eine Fläche im Raum mit der Parameterdarstellung ϕ
~ : B → G und f eine reellwertige Funktion auf G. Wir wollen f ”über
98
G integrieren”. Zu diesem Zweck betrachten wir wieder eine Zerlegung Z von
B in m Teilmengen B1 ,. . . ,Bm mit der Eigenschaft, dass je zwei verschiedene
Bi höchstens Randpunkte gemeinsam haben. Aus jedem Bi (1 ≤ i ≤ m)
wählen wir ein ξi aus und bilden die Summe
S(f, Z, ξi ) :=
m
X
f (~
ϕ(ξi )) · ∆(~
ϕ(Bi )).
i=1
f heißt integrierbar über G, falls es ein I ∈ R gibt, sodass für jedes ε ∈ R+
gilt
|S(f, Z, ξi ) − I| < ε
für alle hinreichend feinen Zerlegungen Z von B, und zwar unabhängig von
der Wahl der Zwischenpunkte ξi . I heißt dann der Wert des Oberflächenintegrals (zweiter Art)
ZZ
f (~x)dF
G
von f über G. Offensichtlich gilt
ZZ
∆G =
dF.
G
Der Wert des Oberflächenintegrals (zweiter Art) hängt nur von der Fläche
G und der Funktion f , nicht aber von der speziell gewählten ParameterdarRR
stellung von G ab. Ist f stückweise stetig, so existiert G f (~x)dF , und es
gilt
ZZ
ZZ
f (~
ϕ(v, w))|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw.
f (~x)dF =
G
B
Der Ausdruck
dF = |~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw
heißt Flächenelement von G. Also gilt
ZZ
ZZ
∆G =
dF =
|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw.
G
B
(Vergleiche die früher bereits erwähnte Formel
ZZ q
1 + (fx (x, y))2 + (fy (x, y))2 dxdy
∆G =
B
für den Flächeninhalt der Fläche G = {(x, y, f (x, y)) | (x, y) ∈ B}.)
99
Oberflächenintegrale (zweiter Art) besitzen weitgehend analoge Eigenschaften wie Kurvenintegrale (zweiter Art).
Beispiel Um den Flächeninhalt der Oberfläche G der Einheitskugel zu
berechnen, betrachten wir die Parameterdarstellung
ϕ
~ : (v, w) 7→ (sin v cos w, sin v sin w, cos v), (v, w) ∈ B := [0, π] × [0, 2π],
für die (wie eine leichte Rechnung zeigt)
ϕ
~ v (v, w) × ϕ
~ w (v, w) = (sin v)~
ϕ(v, w)
für alle (v, w) ∈ B gilt. Nun ist
ZZ
Zπ
ZZ
∆G =
dF =
B
sin vdvdw =
B
Z2π
sin vdv
0
dw = −2π cos v|π0 = 4π.
0
2
Ist (v0 , w0 ) ∈ B und gilt ϕ
~ v (v0 , w0 ) × ϕ
~ w (v0 , w0 ) 6= ~0, so ist
{~
ϕ(v0 , w0 ) + a~
ϕv (v0 , w0 ) + b~
ϕw (v0 , w0 ) | a, b ∈ R}
die Tangentialebene an G in ϕ
~ (v0 , w0 ) und ϕ
~ v (v0 , w0 )× ϕ
~ w (v0 , w0 ) ein Normalenvektor bzgl. G in ϕ
~ (v0 , w0 ). Denn ϕ
~ v (v0 , w0 ) bzw. ϕ
~ w (v0 , w0 ) sind Tangentenvektoren an die durch den Punkt ϕ
~ (v0 , w0 ) verlaufenden, ganz in G liegenden Kurven mit den Parameterdarstellungen v 7→ ϕ
~ (v, w0 ), v ∈ [v0 −ε, v0 +ε],
bzw. w 7→ ϕ
~ (v0 , w), w ∈ [w0 −ε, w0 +ε], (für ein gewisses ε ∈ R+ ), falls (v0 , w0 )
im Inneren von B liegt. Im Fall ϕ
~ v (v0 , w0 ) × ϕ
~ w (v0 , w0 ) 6= ~0 heißt der Vektor
~n(~
ϕ(v0 , w0 )) :=
ϕ
~ v (v0 , w0 ) × ϕ
~ w (v0 , w0 )
|~
ϕv (v0 , w0 ) × ϕ
~ w (v0 , w0 )|
der Normalenvektor bzgl. G im Punkt ϕ
~ (v0 , w0 ). Sei f~ eine Abbildung von
G in den Raum und ~x ∈ G. Dann bezeichnen wir mit f~n (~x) die Länge der
Projektion von f~(~x) auf ~n(~x) (mit Vorzeichen). Es gilt f~n (~x) = f~(~x)~n(~x). f~n
heißt die Normalkomponente von f~ bzgl. G. Wir möchten nun f~ ”über G
integrieren”. Zu diesem Zweck definieren wir
ZZ
ZZ
f~(~x)d~x :=
f~n (~x)dF.
G
G
100
Dann gilt
ZZ
f~(~x)d~x =
G ZZ
=
f~(~x)~n(~x)dF =
G
ZZ
=
f~(~
ϕ(v, w))~n(~
ϕ(v, w))|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw =
B
ZZ
ϕ
~ v (v, w) × ϕ
~ w (v, w)
=
f~(~
ϕ(v, w))
|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw =
|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|
B
ZZ
f~(~
ϕ(v, w))(~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w))dvdw.
=
B
ZZ
f~(~x)d~x
G
heißt das Oberflächenintegral (erster Art) von f~ über G. Offensichtlich
hängt der Wert dieses Integrals nicht von der speziell gewählten Parameterdarstellung von G ab. Ist f~ = (f, g, h) und ~x = (x, y, z), so ist statt
ZZ
f~(~x)d~x
G
auch die Schreibweise
ZZ
(f (~x)dydz + g(~x)dzdx + h(~x)dxdy)
G
gebräuchlich, denn im Fall, dass f~ stückweise stetig ist, gilt mit ϕ
~ = (ϕ, ψ, χ)
ZZ
ZZ
ψv (v, w) ψw (v, w) +
f~(~x)d~x =
(f (ϕ(v, w), ψ(v, w), χ(v, w)) χ
(v,
w)
χ
(v,
w)
v
w
G
B
χ (v, w) χw (v, w) +
+ g(ϕ(v, w), ψ(v, w), χ(v, w)) v
ϕv (v, w) ϕw (v, w) ϕv (v, w) ϕw (v, w) )dvdw,
+ h(ϕ(v, w), ψ(v, w), χ(v, w)) ψv (v, w) ψw (v, w) da
     
 a
d
  b × e =
 
 c
f
 101
b
c
c
a
a
b
e
f
f
d
d
e









für alle a, b, c, d, e, f ∈ R. Formal kann also z. B. dydz, wobei y = ψ(v, w)
und z = χ(v, w) ist, durch
yv yw dvdw = ψv ψw dvdw
χv χw zv zw ersetzt werden.
Oberflächenintegrale erster Art besitzen weitgehend analoge Eigenschaften wie Oberflächenintegrale zweiter Art.
Physikalisch kann das Integral
ZZ
f~(~x)d~x
G
folgendermaßen interpretiert werden:
Sei f~ das Geschwindigkeitsfeld einer stationären inkompressiblen Flüssigkeit im Raum. Weiters betrachten wir wieder eine Zerlegung von B in m
Teilmengen B1 , . . . , Bm mit der Eigenschaft, dass je zwei verschiedene Bi
höchstens Randpunkte gemeinsam haben. Dann ist die pro Zeiteinheit durch
die Fläche G in Richtung des entsprechenden Normalenvektors strömende
Flüssigkeitsmenge näherungsweise gleich
m
X
f~n (~
ϕ(ξi )) · ∆(~
ϕ(Bi ))
i=1
mit ξi ∈ Bi , 1 ≤ i ≤ m. Dieser Ausdruck strebt aber bei zunehmender
Feinheit der Zerlegung von B gegen
ZZ
ZZ
~
fn (~x)dF =
f~(~x)d~x.
G
6.6
G
Divergenz, Gaußscher Integralsatz
Sei f~ = (F, G, H) ein dreidimensionales stetig partiell differenzierbares Vektorfeld und ~a = (b, c, d) ∈ R3 . Die Quellendichte Q(f~, ~a) von f~ in ~a ist die
Zahl
ZZ
1
~
Q(f , ~a) := lim 3
f~(~x)d~x,
h→0 8h
∂Wh (~a)
102
wobei ∂Wh (~a) den Rand des Würfels
Wh (~a) := [b − h, b + h] × [c − h, c + h] × [d − h, d + h]
bezeichnet und die Seitenflächen von Wh (~a) so orientiert sind, dass der entsprechende Normalenvektor jeweils nach außen zeigt. Ist f~ das Geschwindigkeitsfeld einer stationären inkompressiblen Flüssigkeit, so gibt also Q(f~, ~a)
ungefähr die Flüssigkeitsmenge an, die aus einem kleinen Würfel mit dem
Mittelpunkt ~a und achsenparallelen Kanten pro Zeiteinheit und pro Volumseinheit herausströmt. Es gilt Q(f~, ~a) = Fx (~a) + Gy (~a) + Hz (~a). Die Divergenz eines n-dimensionalen partiell differenzierbaren Vektorfeldes f~ ist das
Skalarfeld
n
X
~
∇f :=
(fi )x .
i
i=1
Ist n = 3 und f~ stetig partiell differenzierbar, so gilt also Q(f~, .) = ∇f~.
Formal kann ∇f~ als skalares Produkt der beiden Vektoren ∇ und f~ gedeutet werden:
n
X
∂
∂
~
∇f = (
,...,
)(f1 , . . . , fn ) =
(fi )xi .
∂x1
∂xn
i=1
f~ heißt quellenfrei, falls ∇f~ = 0 ist.
Beispiel Da
∇(
y
z
1
x
,
,
)
=
6= 0
x 2 + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2
x2 + y 2 + z 2
für alle (x, y, z) ∈ R3 \ {~0} gilt, ist dieses Vektorfeld nicht quellenfrei.
2
Beispiel Gegeben sei ein Körper, in dem sich ein Fremdstoff befindet,
dessen Konzentrationsverteilung c zu einem bestimmten Zeitpunkt durch
c(x, y, z) :=
30
x2 + y 2 + z 2 + 2
für alle (x, y, z) ∈ R3 gegeben sei. Die Divergenz des Diffusionsstroms −∇c
beträgt dann
∇(−∇c) =
60x
60y
60z
, 2
, 2
)=
2
2
2
2
2
2
+ + z + 2) (x + y + z + 2) (x + y + z 2 + 2)2
60(6 − x2 − y 2 − z 2 )
=
(x2 + y 2 + z 2 + 2)3
= ∇(
(x2
y2
103
2
für alle (x, y, z) ∈ R3 .
Beispiel Für eine Flüssigkeits- bzw. Gasbewegung gilt im Fall eines kontinuierlichen Stromes die sogenannte ”Kontinuitätsgleichung”
ρt + ∇(ρw)
~ = 0,
wobei w(x,
~ y, z, t) bzw. ρ(x, y, z, t) die Geschwindigkeit bzw. Dichte der Flüssigkeit bzw. des Gases im Punkt (x, y, z) zum Zeitpunkt t bezeichnet und die
Divergenz nur bzgl. der Raumvariablen x, y, z gebildet wird. Es soll gezeigt
werden:
• Im Fall einer tropfbaren Flüssigkeit ist w
~ quellenfrei.
• Im Fall eines homogenen Gases gilt ρt + ρ∇w
~ = 0.
• Im Fall einer stationären Bewegung gilt ∇(ρw)
~ = 0.
Im ersten Fall ist ρ in Bezug auf x, y, z, t konstant, im zweiten in Bezug auf
x, y, z und im dritten in Bezug auf t.
2
Der folgende Integralsatz zeigt, dass die Berechnung eines Integrals einer
Funktion über eine zusammenhängende Teilmenge des R3 manchmal auf die
Berechnung eines Integrals über den Rand dieser Teilmenge zurückgeführt
werden kann.
Gaußscher Integralsatz: Sei G eine zusammenhängende Teilmenge des
R3 , deren Rand ∂G so orientiert sei, dass der Normalenvektor von ∂G stets
nach außen zeigt, und f~ ein dreidimensionales stetig partiell differenzierbares
Vektorfeld auf G. Dann gilt:
ZZZ
ZZ
~
(∇f )(~x)dxdydz =
f~(~x)d~x.
G
∂G
Insbesondere gilt
ZZZ
ZZ
1
∆G =
dxdydz =
(xdydz + ydzdx + zdxdy).
3 ∂G
G
Bemerkung: Der Gaußsche Integralsatz erscheint plausibel, wenn bedacht wird, dass die pro Zeiteinheit aus einem kleinen Würfel W mit dem
Mittelpunkt a ∈ R3 und achsenparallelen Kanten ausströmende Flüssigkeitsmenge einer stationären inkompressiblen Flüssigkeit mit dem Geschwindigkeitsfeld f~ näherungsweise gleich (∇f~)(~a) · ∆W ist.
104
Beispiel Bezeichne G die Einheitskugel, und sei f~ = (xy, x2 + y 2 , x − z).
Dann ergibt sich unter Verwendung von Kugelkoordinaten
ZZZ
(∇f~)(~x)dxdydz =
G
ZZZ
(3r sin ϑ sin ϕ − 1)r2 sin ϑdrdϑdϕ =
=
[0,1]×[0,π]×[0,2π]
Z1
= 3
Zπ
3
r dr
0
Z2π
2
Z1
sin ϕdϕ −
sin ϑdϑ
0
0
Zπ
2
r dr
0
Z2π
sin ϑdϑ
0
dϕ =
0
1
4π
= − · 2 · 2π = − ,
3
3
da
Z2π
sin ϕdϕ = 0
0
ist. Die Parameterdarstellung
ϕ
~ : (v, w) 7→ (sin v cos w, sin v sin w, cos v),
(v, w) ∈ [0, π] × [0, 2π],
von ∂G erfüllt wegen
ϕ
~ v (v, w) × ϕ
~ w (v, w) = (sin v)~
ϕ(v, w) für alle (v, w) ∈ [0, π] × [0, 2π]
die im Satz genannten Bedingungen, und es gilt
ZZ
f~(~x)d~x =
∂G Z Z
=
(sin4 v sin w cos2 w + sin4 v sin w + sin2 v cos v cos w −
[0,π]×[0,2π]
− sin v cos2 v)dvdw =
Zπ
Z2π
Zπ
Z2π
4
2
4
sin vdv sin w cos wdw + sin vdv sin wdw +
=
0
0
Zπ
+
2
0
Z2π
cos wdw −
sin v cos vdv
0
0
Zπ
0
105
Z2π
sin v cos vdv
0
2π
4π
=
cos3 v|π0 = − ,
3
3
2
dw =
0
da
Z2π
Z2π
2
sin w cos wdw =
0
Z2π
sin wdw =
0
cos wdw = 0.
0
2
Beispiel Mit Hilfe des Gaußschen Integralsatzes ergibt sich für diejenige
Stoffmenge, welche bei einem durch das Vektorfeld f~(x, y, z) := (x3 , y 3 , z 3 )
beschriebenen Diffusionsprozess pro Zeiteinheit aus dem Quader [−a, a] ×
[−b, b] × [−c, c] strömt, der Wert
ZZZ
(∇f~)(~x)dxdydz =
[−a,a]×[−b,b]×[−c,c]
Za
Zb
2
x dx
= 3
−a
Zc
dy
−b
2
2
Za
dz + 3
−c
2
−a
Zb
dx
2
Zc
y dy
−b
Za
dz + 3
−c
−a
Zb
dx
Zc
dy
−b
z 2 dz =
−c
= 8abc(a + b + c ).
2
Abschließend sei auf einen Zusammenhang zwischen Divergenz, Gradient
und dem bereits früher definierten Laplace-Operator hingewiesen. Für ein
zweimal partiell differenzierbares Skalarfeld f gilt nämlich offensichtlich
∂
∂
∂
∂
,...,
)((
,...,
)f ) =
∂x1
∂xn ∂x1
∂xn
∂
∂
,...,
)(fx1 , . . . , fxn ) = fx1 x1 + . . . + fxn xn = ∆f.
= (
∂x1
∂xn
∇(∇f ) = (
6.7
Rotation, Stokesscher Integralsatz
Sei f~ = (F, G, H) ein dreidimensionales stetig partiell differenzierbares Vektorfeld und ~a = (b, c, d) ∈ R3 . Die Wirbeldichte W1 (f~, ~a) von f~ in ~a in
Richtung der x-Achse ist die Zahl
Z
1
~
W1 (f , ~a) := lim 2
f~(~x)d~x,
h→0 4h
∂Q1h (~a)
wobei ∂Q1h (~a) den Rand des Quadrats
Q1h (~a) := {b} × [c − h, c + h] × [d − h, d + h]
106
bezeichnet und ∂Q1h (~a) so orientiert ist, dass Q1h (~a) beim Durchlaufen von
∂Q1h (~a), von der positiven x-Achse her gesehen, links liegt. |W1 (f~, ~a)| kann
dann ungefähr als ein Maß dafür angesehen werden, wie stark ein Wirbel
von f~ in der Umgebung von ~a innerhalb der Ebene mit der Gleichung x = b
vorliegt. Es gilt W1 (f~, ~a) = Hy (~a) − Gz (~a). Analog werden W2 (f~, ~a) und
W3 (f~, ~a) definiert. Schließlich wird
W (f~, ~a) := (W1 (f~, ~a), W2 (f~, ~a), W3 (f~, ~a))
gesetzt. Es gilt dann
W (f~, ~a) = (Hy (~a) − Gz (~a), Fz (~a) − Hx (~a), Gx (~a) − Fy (~a)).
Allgemein ist die Rotation eines dreidimensionalen partiell differenzierbaren
Vektorfeldes f~ = (F, G, H) das dreidimensionale Vektorfeld
∇ × f~ := (Hy − Gz , Fz − Hx , Gx − Fy ).
Ist f~ stetig partiell differenzierbar, so gilt also W (f~, .) = ∇ × f~.
Formal kann ∇ × f~ als Vektorprodukt gedeutet werden (es sei wieder
f~ = (F, G, H)):
∇ × f~ = (
∂ ∂ ∂
, , ) × (F, G, H) = (Hy − Gz , Fz − Hx , Gx − Fy ).
∂x ∂y ∂z
f~ heißt wirbelfrei, falls ∇ × f~ = ~0 ist. Offensichtlich erfüllt ein dreidimensionales partiell differenzierbares Vektorfeld genau dann die Integrabilitätsbedingungen, wenn es wirbelfrei ist. Daher gilt für jedes dreidimensionale
zweimal stetig partiell differenzierbare Skalarfeld f
∂ ∂ ∂
∂ ∂ ∂
, , ) × (( , , )f ) =
∂x ∂y ∂z
∂x ∂y ∂z
∂ ∂ ∂
= ( , , ) × (fx , fy , fz ) =
∂x ∂y ∂z
= (fzy − fyz , fxz − fzx , fyx − fxy ) = ~0.
∇ × (∇f ) = (
Für ein dreidimensionales zweimal stetig partiell differenzierbares Vektorfeld
f~ = (F, G, H) gilt
∂ ∂ ∂
∂ ∂ ∂
∇(∇ × f~) = ( , , )(( , , ) × (F, G, H)) =
∂x ∂y ∂z ∂x ∂y ∂z
∂ ∂ ∂
= ( , , )(Hy − Gz , Fz − Hx , Gx − Fy ) =
∂x ∂y ∂z
= Hyx − Gzx + Fzy − Hxy + Gxz − Fyz = 0.
107
Beispiel Für den Geschwindigkeitsvektor w
~ ×~x eines sich mit konstanter
Winkelgeschwindigkeit w
~ = (w1 , w2 , w3 ) um eine durch den Koordinatenursprung gehende Achse drehenden Körpers gilt
∇ × (w
~ × ~x) = ∇ × (w2 z − w3 y, w3 x − w1 z, w1 y − w2 x) =
= (w1 + w1 , w2 + w2 , w3 + w3 ) = 2w
~
2
für alle ~x ∈ R3 .
Beispiel Wegen
x
y
z
∇×( 2
,
,
)=
x + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2 x2 + y 2 + z 2
−2yz + 2yz
2xz − 2xz
2xy − 2xy
=( 2
, 2
, 2
) = ~0
2
2
2
2
2
2
(x + y + z ) (x + y + z ) (x + y 2 + z 2 )2
für alle (x, y, z) ∈ R3 \ {~0} ist das betrachtete Vektorfeld wirbelfrei.
2
Der folgende Integralsatz zeigt, dass die Berechnung eines Integrals eines
Vektorfeldes über eine Fläche im Raum manchmal auf die Berechnung eines
Integrals über den Rand dieser Fläche zurückgeführt werden kann.
Stokesscher Integralsatz: Sei G eine Fläche im Raum, deren Rand
∂G so orientiert sei, dass G beim Durchlaufen von ∂G, von jener Seite, auf
welche der Normalenvektor von G zeigt, aus gesehen, links liegt, und f~ ein
dreidimensionales, zweimal stetig partiell differenzierbares Vektorfeld auf G.
Dann gilt
Z
ZZ
(∇ × f~)(~x)d~x = f~(~x)d~x.
G
∂G
Beispiel Bezeichne G die Kugelkappe der oberen Hälfte der Einheitskugel, und sei f~(x, y, z) := (x + y, x − z, xy). Wir verwenden wieder die
Parameterdarstellung
π
(v, w) 7→ (sin v cos w, sin v sin w, cos v), (v, w) ∈ [0, ] × [0, 2π],
2
von G. Eine leichte Rechnung zeigt, dass ∇ × f~ = (x + 1, −y, 0) gilt. Daher
ist
ZZ
(∇ × f~)(~x)d~x =
G ZZ
=
(sin3 v cos2 w + sin2 v cos w − sin3 v sin2 w)dvdw =
[0,π/2]×[0,2π]
108
Zπ/2
Z2π
Zπ/2
Z2π
=
sin3 vdv cos(2w)dw +
sin2 vdv cos wdw = 0,
0
0
0
0
da
Z2π
Z2π
cos(2w)dw =
0
cos wdw = 0
0
gilt. Für ∂G verwenden wir die Parameterdarstellung u 7→ (cos u, sin u, 0),
u ∈ [0, 2π]. Dann gilt:
Z
∂G
Z2π
f~(~x)d~x =
(− sin u cos u − sin2 u + cos2 u)du =
0
1
= −
2
Z2π
(sin(2u) − 2 cos(2u))du = 0.
0
2
Bemerkung: Der Greensche Integralsatz für zweimal stetig partiell differenzierbare Vektorfelder kann als Spezialfall des Stokesschen Integralsatzes
aufgefasst werden: Sei G eine zusammenhängende Teilmenge der Ebene,
u 7→ (ϕ(u), ψ(u)), u ∈ [a, b],
eine Parameterdarstellung von ∂G, ∂G so orientiert, dass G beim Durchlaufen von ∂G links liegt, und (f, g) ein zweidimensionales, zweimal stetig
partiell differenzierbares Vektorfeld auf G. Dann ist G × {0} eine Fläche im
Raum mit der Parameterdarstellung
(v, w) 7→ (v, w, 0), (v, w) ∈ G,
und dem Normalenvektor (1, 0, 0) × (0, 1, 0) = (0, 0, 1),
u 7→ (ϕ(u), ψ(u), 0), u ∈ [a, b],
eine Parameterdarstelllung von ∂(G×{0}) = ∂G×{0} und f~, definiert durch
f~(x, y, 0) := (f (x, y), g(x, y), 0) für alle (x, y) ∈ G,
109
ein dreidimensionales stetig partiell differenzierbares Vektorfeld auf G × {0},
und es gilt
ZZ
ZZ
(∇ × f~)(~x)d~x =
(0, 0, gx (v, w) − fy (v, w))(0, 0, 1)dvdw =
G×{0}
G
ZZ
(gx (x, y) − fy (x, y))dxdy
=
G
und
Z
f~(~x)d~x =
Zb
(f (ϕ(u), ψ(u)), g(ϕ(u), ψ(u)), 0)(ϕ0 (u), ψ 0 (u), 0)du =
a
∂G
Zb
=
(f (ϕ(u), ψ(u)), g(ϕ(u), ψ(u)))(ϕ0 (u), ψ 0 (u))du =
Za
=
(f (x, y)dx + g(x, y)dy).
∂G
6.8
Differentialformen
In diesem Abschnitt wollen wir abschließend die drei bisher besprochenen
Integralsätze unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammenfassen.
Unter einer (differenzierbaren alternierenden) Differentialform
(vom Grad m ∈ N) verstehen wir einen Ausdruck von der Form
ω1 =
n
X
fi1 ...im (~x)dxi1 . . . dxim ,
i1 ,...,im =1
wobei fi1 ...im n-stellige partiell differenzierbare Funktionen sind. Dabei
gelten folgende Rechenregeln:
• dxiπ(1) . . . dxiπ(m) = (sgnπ)dxi1 . . . dxim für alle Permutationen π von
{1, . . . , m}.
• dxi1 . . . dxim = 0, falls es zwei verschiedene Indizes r, s ∈ {1, . . . , m}
mit ir = is gibt.
110
(Die zweite Rechenregel folgt aus der ersten.) Ist ω2 eine weitere Differentialform, etwa
n
X
ω2 =
gj1 ...jk (~x)dxj1 . . . dxjk ,
j1 ,...,jk =1
so wird das Produkt ω1 ω2 wie folgt definiert:
n
X
ω1 ω2 :=
fi1 ...im (~x)gj1 ...jk (~x)dxi1 . . . dxim dxj1 . . . dxjk .
i1 ,...,im ,j1 ,...,jk =1
Nun wird eine Differentialform d formal durch
d :=
n
X
∂
dxi
∂x
i
i=1
erklärt. Bei der Bildung des ”Produktes” dω1 ist nun zu beachten, dass die
”Multiplikation” eines Ableitungsoperators mit einer Funktion als Anwendung dieses Operators auf die entsprechende Funktion zu verstehen ist.
Die Kurzform des allgemeinen Stokesschen Integralsatzes lautet dann:
Allgemeiner Stokesscher Integralsatz: Unter gewissen Voraussetzungen gilt
Z
Z
dω =
G
ω,
∂G
wobei ∂G den Rand von G bezeichnet.
Spezialfälle:
• d(f dx + gdy) = gx dxdy − fy dxdy (Greenscher Integralsatz)
• d(f dydz + gdzdx + hdxdy) = (fx + gy + hz )dxdydz (Gaußscher Integralsatz)
• d(f dx + gdy + hdz) = (hy − gz )dydz + (fz − hx )dzdx + (gx − fy )dxdy
(Stokesscher Integralsatz)
Kontrollfragen
1. Was ist ein Bereichsintegral und wie geht seine Berechnung vor sich?
2. Wie lautet die Substitutionsregel für Bereichsintegrale?
3. Wie sind die Polarkoordinaten, Zylinderkoordinaten bzw. Kugelkoordinaten definiert?
111
4. Was ist eine Kurve?
5. Wie wird ein Skalarfeld bzw. ein Vektorfeld entlang einer Kurve integriert?
6. Wie kann das Integral eines zwei- bzw. dreidimensionalen Vektorfeldes entlang einer Kurve in der Ebene bzw. im Raum interpretiert werden?
7. Was ist eine Fläche im Raum?
8. Wie wird ein Skalarfeld bzw. ein Vektorfeld über eine Fläche im Raum
integriert?
9. Wie kann das Integral eines dreidimensionalen Vektorfeldes über eine
Fläche im Raum interpretiert werden?
10. Was ist der Gradient, die Divergenz bzw. die Rotation und wie können
diese Begriffe interpretiert werden?
11. Wie lauten die Integralsätze von Green, Gauß bzw. Stokes?
12. Wie lautet der Allgemeine Stokessche Integralsatz?
112
Zusammenfassung der verschiedenen Integralbegriffe:
ZZ
f (~x)d~x
B
B ⊆ R2 , f : B → R
Z
Zb
f (~x)ds = f (~
ϕ(u))|~
ϕ0 (u)|du
a
K
Z
f~(~x)d~x =
Zb
f~(~
ϕ(u))~
ϕ0 (u)du
a
K
K=ϕ
~ ([a, b]), ϕ
~ : [a, b] → Rn , f : K → R, f~ : K → Rn
ZZ
ZZ
f (~x)dF =
f (~
ϕ(v, w))|~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w)|dvdw
ZZ B
Z ZG
f~(~
ϕ(v, w))(~
ϕv (v, w) × ϕ
~ w (v, w))dvdw
f~(~x)d~x =
G
B
G=ϕ
~ (B), ϕ
~ : B(⊆ R2 ) → R3 , f : G → R, f~ : G → R3
113
114
Kapitel 7
Übungsaufgaben
1. Bestimmen Sie die Elemente der Symmetriegruppe von Methan. Dabei
handelt es sich geometrisch um ein regelmäßiges Tetraeder, in dessen Ecken
sich die H-Atome und in dessen Mittelpunkt sich das C-Atom befindet.
2. Bestimmen Sie mittels des Lemmas von Burnside die Anzahl der dichlorsubstituierten Benzole.
3. Bestimmen Sie mittels des Lemmas von Burnside die Anzahl der trichlorsubstituierten Benzole.
4. Bestimmen Sie mittels des Lemmas von Burnside die Anzahl jener
Verbindungen, die sich ergeben, wenn in n-Hexan zwei H-Atome durch je ein
Br-Atom ersetzt werden.
5. Wie groß muss die Zahl n gewählt werden, damit die Wahrscheinlichkeit
dafür, dass bei n-maligem Würfeln mindestens einmal eine Sechs gewürfelt
wird, größer als 0.99 ist? (Hinweis: Betrachten Sie das komplementäre Ereignis.)
6. In einer Urne befinden sich n weiße und n schwarze Kugeln. Es werden
Teilmengen der 2n-elementigen Kugelmenge K so gezogen, dass jede Teilmenge von K jeweils dieselbe Entnahmewahrscheinlichkeit besitzt. Wie groß
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei einem solchen Zug genau n Kugeln
gezogen werden bzw. dass bei einem solchen Zug genauso viele weiße wie
schwarze Kugeln gezogen werden? Welche der beiden Wahrscheinlichkeiten
ist größer? (Hinweis: Die Anzahl jener n-elementigen Teilmengen der 2nelementigen Kugelmenge, die genau i weiße Kugeln (und somit genau n − i
115
schwarze Kugeln) enthalten (0 ≤ i ≤ n) beträgt
2
n
n
n
=
.)
i
n−i
i
7. N Körnchen eines Pulvers seien regellos über eine Fläche von A Flächeneinheiten verstreut. Zeigen Sie, dass im Fall, dass a im Vergleich zu A
”sehr klein” ist, die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich auf einem vorgegebenen Flächenteil von a Flächeneinheiten genau n (0 ≤ n ≤ N ) Körnchen
befinden, näherungsweise
aN
(aN/A)n
exp(−
)
n!
A
beträgt.
8. Einem Los vom Umfang 10, welches 4 Ausschussstücke enthält, wird
eine Stichprobe vom Umfang 3 entnommen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Stichprobe genau 2 Ausschussstücke enthält? Wie groß
ist die entsprechende Wahrscheinlichkeit bei Ziehungen ”mit Zurücklegen”?
9. Wie lautet die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl der erratenen
Zahlen beim Spiel ”6 aus 45”? Zeigen Sie ohne Zuhilfenahme eines Rechners,
dass es wahrscheinlicher ist, genau eine Zahl zu erraten als überhaupt keine
Zahl zu erraten.
10. Einem Gemenge, welches aus 600 Körnchen eines Katalysators und
400 Körnchen Quarz besteht, wird eine Stichprobe vom Umfang 50 zufällig
entnommen. Wie groß ist näherungsweise die Wahrscheinlichkeit dafür, dass
der Anteil der Katalysatorkörnchen in der Stichprobe zwischen 50 % und 70
% liegt? (Für die Verteilungsfunktion Φ der Standardnormalverteilung gilt
Φ(1.59) ≈ 0.94.)
11. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte
ganze Zahl durch mindestens eine der Zahlen 2, 3 bzw. 5 teilbar ist?
12. In einer Urne befinden sich zwei rote, drei schwarze und eine weiße
Kugel. Es werden nacheinander drei Kugeln ohne Zurücklegen gezogen. Berechnen Sie mit Hilfe des Multiplikationssatzes der Wahrscheinlichkeitsrechnung die Wahrscheinlichkeit dafür, dass zuerst eine rote, dann eine schwarze
und schließlich eine weiße Kugel gezogen wird.
116
13. Zeigen Sie, dass für eine eindimensionale Zufallsvariable X, für die EX
und EX 2 existieren, und für a ∈ R \ {EX} gilt E|X − EX|2 < E|X − a|2 .
(Hinweis: |X − a|2 = (X − a)2 und X − a = (X − EX) + (EX − a))
14. Beweisen Sie unter Benützung von
•
•
•
•
•
Ec = c
E(aX + bY ) = aEX + bEY (Linearität des Erwartungswertoperators)
V X = E(X − EX)2
K(X, Y ) = E((X − EX)(Y
√
√− EY ))
ρ(X, Y ) = K(X, Y )/( V X V Y ), falls V X, V Y > 0
folgende Tatsachen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
E(X − EX) = 0
V X = EX 2 − (EX)2 (Verschiebungssatz für die Varianz)
Vc=0
√
E((X − EX)/ V X) = 0, falls V X > 0
K(X, Y ) = E(XY ) − (EX)(EY ) (Verschiebungssatz für die Kovarianz)
V X = K(X, X)
V (aX + bY ) = a2 V X + 2abK(X, Y ) + b2 V Y
V (aX + bY ) = a2 V X + b2 V Y , falls K(X, Y ) = 0
V (X + c) = V X
√
V ((X − EX)/ V X) = 1, √
falls V X > 0
√
ρ(X, Y ) = E(((X − EX)/ V X)((Y − EY )/ V Y )), falls V X,
V Y > 0.
15. Zeigen Sie, dass für eine nach D{−1,0,1} verteilte Zufallsvariable X gilt,
dass die Zufallsvariablen X und X 2 zwar unkorreliert, aber nicht unabhängig
sind.
16. Berechnen Sie näherungsweise die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die
Summe von 100 unabhängigen, nach Ex1 verteilten Zufallsvariablen zwischen
99 und 101 liegt. (Für die Verteilungsfunktion Φ der Standardnormalverteilung gilt Φ(0.1) ≈ 0.54.)
17. Die Zerbrechlichkeit von Nylon-Teststreifen wurde mit Hilfe eines Biegetests untersucht. Jeder der 280 untersuchten Teststreifen wurde an fünf
verschiedenen Stellen auf seine Sprödigkeit überprüft; dabei ergaben sich für
die Anzahl jener Teststreifen, bei denen kein Bruch bzw. genau ein Bruch
117
bzw. ... bzw. fünf Brüche auftraten, der Reihe nach folgende Zahlen: 157, 69,
35, 17, 1, 1. Es soll mit Hilfe des Chiquadrattests mit der ungefähren Sicherheit 99.9% herausgefunden werden, ob die Brüche völlig zufällig auftraten.
(Betrachten Sie vier Klassen von Teststreifen, nämlich Streifen mit keinem
Bruch, genau einem Bruch, genau zwei Brüchen bzw. mehr als zwei Brüchen.
Nehmen Sie als Schätzwert für den Parameter p der B5,p ein Fünftel des
empirischen Mittels. Es gilt χ22,0.999 ≈ 13.82.)
18. Zeigen Sie unter Verwendung der in der Vorlesung erwähnten Schätzfunktion für die Standardabweichung einer normalverteilten Zufallsvariablen,
dass für jede ”hinreichend große” positive ganze Zahl n gilt, dass eine Zufallsvariable, die bei 2n unabhängigen Versuchsdurchführungen n-mal den Wert n
und n-mal den Wert −n annimmt, höchstwahrscheinlich nicht normalverteilt
ist.
19. Lösen Sie
y0 = −
4x + 3y + 1
.
3x + 2y + 1
20. Lösen Sie y 0 + y + y 2 = 0.
21. Lösen Sie y 0 + y + y 2 = 2. (Es gibt eine konstante partikuläre Lösung.)
22. Lösen Sie y = xy 0 − (y 0 )2 .
23. Lösen Sie yy 00 = 2(y 0 )2 .
24. Welche der folgenden Funktionen f : R → R ist periodisch, und wie
lautet gegebenenfalls die kleinste positive Periode?
• f (x) := sin x cos x
• f (x) := cos(x2 )
√
• f (x) := 1 + sin2 x
25. Bestimmen Sie die Fourierreihe jener 2π-periodischen Funktion f , für
die f (x) = x für alle x ∈ (−π, π) gilt.
26. Bestimmen Sie die Fourierreihe jener 2π-periodischen Funktion f , für
die f (x) = x2 für alle x ∈ [−π, π] gilt. Was ergibt sich für x = π?
27. Berechnen Sie DFT((1, 0, 0, 0, . . . , 0, 1)T ) und
IDFT(DFT((1, 0, 0, 0, . . . , 0, 1)T )).
118
28. Sei f : R → R definiert durch
f (t) :=
1 t ∈ [−1, 1]
0 sonst.
Berechnen Sie F{f (t)}.
29. Berechnen Sie F −1 {exp(−|ω|)}.
30. Lösen Sie y 2 uux − x2 uuy = x2 y.
n
P
31. Lösen Sie
xi uxi = u (n > 1).
i=1
32. Lösen Sie xux − yuy = xy.
n
P
33. Zeigen Sie ∆( (xi + ai )2 )−n/2+1 = 0, wobei n ∈ N, (a1 , . . . , an ) ∈ Rn
i=1
und (x1 , . . . , xn ) ∈ Rn \ {(−a1 , . . . , −an )} ist.
34. Lösen Sie
uxx + uyy = 0
u(x, 0) = u(0, y) = u(π, y) = 0 für alle x ∈ [0, π] und alle y ∈ [0, 1]
π
π
u(x, 1) = − | − x| für alle x ∈ [0, π].
2
2
35. Lösen Sie
utt = c2 uxx
u(x, 0) = sin x für alle x ∈ R
ut (x, 0) = sin x für alle x ∈ R
mit Hilfe der D’Alembertschen Lösungsformel.
36. Lösen Sie
utt = c2 uxx
u(0, t) = u(π, t) = 0 für alle t ∈ R+
0
u(x, 0) = sin x für alle x ∈ [0, π]
ut (x, 0) = sin x für alle x ∈ [0, π]
ohne Verwendung der D’Alembertschen Lösungsformel.
119
37. Lösen Sie
ut = c2 uxx
u(0, t) = u(π, t) = 0 für alle t ∈ R+
0
u(x, 0) = x(π − x) für alle x ∈ [0, π].
38. Berechnen Sie für n ∈ N den Wert des Bereichsintegrals
ZZZ
(xn + y n + z n )dxdydz.
[0,1]3
39. Berechnen Sie den Wert des Bereichsintegrals
ZZ
(x + sin y)dxdy,
B
wobei B das Innere des Dreiecks mit den Eckpunkten (0,0), (1,0) und (1,1)
bezeichnet.
40. Berechnen Sie ohne Verwendung der Substitutionsregel für Bereichsintegrale den Flächeninhalt der Ellipse
{(x, y) ∈ R2 |
x2 y 2
+ 2 ≤ 1}
a2
b
(a, b ∈ R+ ).
41. Der Verlauf einer frei hängenden Kette wird durch die Gleichung
y=
1
cosh(ax + b) + c
a
(a ∈ R+ ; b, c ∈ R) beschrieben. Berechnen Sie die Länge der Kette zwischen
den Punkten (x1 , y1 ) und (x2 , y2 ) (x1 , x2 , y1 , y2 ∈ R, x1 < x2 ).
42. Berechnen Sie den Schwerpunkt der Kurve {(x, cosh x) | x ∈ [0, 1]}.
43. Berechnen Sie den Flächeninhalt der Oberfläche der Paraboloidkappe
{(x, y, 1 − x2 − y 2 ) | x, y ∈ R, x2 + y 2 ≤ 1}.
44. Berechnen Sie mittels der Transformation auf Kugelkoordinaten für
a > 1 den Wert des Bereichsintegrals
ZZZ
dxdydz
p
,
2
x + y 2 + (a − z)2
B
120
wobei B das Innere der dreidimensionalen Einheitskugel (mit Mittelpunkt
im Ursprung) bezeichnet.
45. Beweisen Sie, dass unter gewissen Regularitätsvoraussetzungen über
f , g, f~ bzw. ~g gilt:
•
•
•
•
•
•
∇(f + g) = ∇f + ∇g
∇(f~ + ~g ) = ∇f~ + ∇~g
∇ × (f~ + ~g ) = (∇ × f~) + (∇ × ~g )
∇(f g) = (∇f )g + f (∇g)
∇(f~g ) = (∇f )~g + f (∇~g )
∇ × (f~g ) = (∇f ) × ~g + f (∇ × ~g )
46. Beweisen Sie, dass unter gewissen Regularitätsvoraussetzungen über
~
f , f bzw. ~g gilt:
• ∇(f~ × ~g ) = (∇ × f~)~g − f~(∇ × ~g )
• ∇(∇f ) = ∆f
• ∇ × (∇f ) = ~0
• ∇(∇ × f~) = 0
47. Berechnen Sie sämtliche Stammfunktionen des Vektorfeldes
(y + z cos(xz), x +
2y
2z
, x cos(xz) +
+ ez ).
2
2
1+y +z
1 + y2 + z2
48. Berechnen Sie die Darstellung des Gradienten des Skalarfeldes
z
x2 + y 2 + z 2 + 1
in Kugelkoordinaten.
49. Berechnen Sie eine Stammfunktion des Vektorfeldes
(−
x2
y
x
, 2
)
2
+ y x + y2
auf R × (R \ {0}).
50. Berechnen Sie den Wert des Kurvenintegrals
Z
xyzds,
K
wobei K die Kurve {(cos u, sin u, au) | u ∈ [0, π/2]} (a ∈ R+ ) bezeichnet.
121
51. Beweisen Sie, dass für eine Kurve K mit der Parameterdarstellung
ϕ
~ (u) = (r(u) cos u, r(u) sin u), u ∈ [a, b],
L(K) =
Zb p
(r(u))2 + (r0 (u))2 du
a
gilt.
52. Berechnen Sie die Länge der Kurve {(cos3 x, sin3 x) | x ∈ R}.
53. Berechnen Sie die Zeit, welche ein Lichtstrahl in einem inhomogenen Medium entlang der Kurve {(x, cosh x) | x ∈ [0, 1]} benötigt, wenn die
Ausbreitungsgeschwindigkeit c(x, y) der Lichts im Punkt (x, y) den Wert
a exp(−x) hat (a ∈ R+ ).
54. Berechnen Sie für i = 1, 2 den Wert des Kurvenintegrals
Z
((x2 − y)dx + (y 2 + x)dy),
Ki
wobei K1 die gerade Linie vom Punkt (0, 1) zum Punkt (1, 2) und K2 die Kurve {(x, x2 + 1) | x ∈ [0, 1]} mit dem Anfangspunkt (0, 1) und dem Endpunkt
(1, 2) bezeichnet.
55. Berechnen Sie mit Hilfe des Greenschen Integralsatzes den Wert des
Kurvenintegrals
Z
((x4 − y 3 )dx + (x3 − y 4 )dy),
∂G
wobei G das Innere des Einheitskreises bezeichnet und ∂G im Gegenuhrzeigersinn durchlaufen wird.
56. Berechnen Sie den Wert des Oberflächenintegrals
ZZ p
x2 + y 2 dF,
G
wobei G die durch die Parameterdarstellung (v, w) 7→ (v cos w, v sin w, w),
(v, w) ∈ [1, 2] × [0, 4π], gegebene Fläche bezeichnet.
57. Sei K eine in der oberen Hälfte der (x, y)-Ebene gelegene Kurve und
(ϕ, ψ) : [a, b] → R2 eine stetig differenzierbare Parameterdarstellung von
122
K. Zeigen Sie, dass der Inhalt der durch Rotation von K um die x-Achse
entstehenden Fläche
Zb
2π
p
ψ(u) (ϕ0 (u))2 + (ψ 0 (u))2 du
a
beträgt.
58. Berechnen Sie auf direktem Weg den Wert des Oberflächenintegrals
ZZ
(xdydz + ydzdx + (z − 1)dxdy),
G
wobei G die Randfläche der Einheitskugel bezeichnet und ∂G so orientiert
sei, dass der entsprechende Normalenvektor stets ”nach außen” zeigt.
123
Index
Ap , 18
Bn,p , 18
DM , 18
EX, 26
Exλ , 20
HN,A,n , 18
K(X, Y ), 27
Kn , 29
L(K), 82
N (0, 1), 20
N (m, σ 2 ), 20
Pξ , 18
Sn , 7, 29
Sn2 , 29
S[a,b] , 20
V X, 26
∗, 57
X̄n , 29
R
f~(~x)d~x, 93, 94
K
R
f (~x)ds, 91
K
N, 13
N0 , 18
R, 5
R+ , 18
R− , 29
R+
0 , 19
Z, 21
−−−→
gradf , 87
∼, 17
o(x), 31
t-Test, 36
t-Verteilung mit n Freiheitsgraden, 20
tn , 20
DFT, 53
IDFT, 53
n
, 14
k
Abbildung
identische, 5, 8
Ableitung, partielle, 59
höherer Ordnung, 60
Ableitungsfunktion
partielle, 59
Alternativverteilung, 18
alternierende Differentialform, 110
Anordnung, 10
Anordnungen
zueinander äquivalente, 10
Bereichsintegral, 79
Binomialverteilung, 18
Bogenelement, 92
Borelmengen, 15
n-dimensionale, 15
zweidimensionale, 15
Box-Müller-Methode, 39
Cauchy-Hauptwert, 54
Charakteristik, 61
Chiquadrattest, 37
124
Chiquadratverteilung mit n Freiheitsgraden, 20
einen Punkt, 5
Ebene
zulässige, 8
D’Alembertsche Lösungseinfach zusammenhängend, 88
formel, 67
Einhüllende, 45
D’Alembertsche Lösungsformel, 67
D’Alembertscher Lösungsansatz, 66 Eintritt eines Ereignisses, 15
Elementarereignis, 15
Darstellung in
Envelope, 45
Kugelkoordinaten, 90
Ereignis, 15
Polarkoordinaten, 89, 90
sicheres, 15
Zylinderkoordinaten, 90
unmögliches, 15
Dichtefunktion einer
Ereignisfeld, 15
diskreten WahrscheinlichkeitsverEreignisse
teilung, 18
einander ausschließende, 15
stetigen Wahrscheinlichkeitsverpaarweise unabhängige, 23
teilung, 20
unabhängige, 23
Diedergruppe, 7
zueinander komplementäre, 15
Differentialgleichung
Erwartung, 26
Bernoullische, 44
Erwartungswert, 26
Clairotsche, 45
Eulersche Formeln, 50
homogene, 41
Exponentialverteilung, 20
inhomogene, 42
partielle, 60
Faltung, 57
quasilineare partielle erster Ord- fast überall, 79
nung, 61
Fast Fourier Transform, 49
Riccatische, 44
Fehler
Diffusionsgleichung, 70
erster Art, 36
Dimension
zweiter Art, 36
einer Wahrscheinlichkeitsvertei- FFT, 49
lung, 17
Fläche, 82, 98
einer Zufallsvariablen, 17
Flächenelement, 99
eines Wahrscheinlichkeitsraumes, Fourierkoeffizienten, 50
17
Fourierreihe, 50
Divergenz, 103
Fouriertransformation
Drehspiegelung, 8
diskrete, 53
Drehung um
inverse diskrete, 53
eine Gerade, 8
Fouriertransformierte, 55
125
inverse, 55
Fraktile, 36
Funktion
absolut integrierbare, 54
gerade, 51
gerade bzgl. c, 51
harmonische, 64
periodische, 49
stückweise stetig differenzierbare,
50
stückweise stetige, 49
ungerade, 51
ungerade bzgl. c, 51
Gaußtest, 36
Gebiet, 87
Gerade
zulässige, 6, 8
glatt, 91
Gleichverteilung
diskrete, 18
stetige, 20
Gradient, 87
Gradientenfeld, 87, 88
Guldinsche Regeln, 83
Gaußscher, 104
Greenscher, 97
Stokesscher, 108
integrierbar, 78, 91, 99
Invarianz gegenüber linearen Transformationen, 20
Inversion, 9
Kettenregel für mehrstellige Funktionen, 60
Klein-O, 31
konvexe Menge, 96
Korrelationskoeffizient, 27
empirischer, 35
Kovarianz, 27
empirische, 35
Kugelkoordinaten, 85
Kurve, 82, 91
Kurvenintegral
erster Art, 94
wegunabhängiges, 96
zweiter Art, 91
Länge einer Kurve, 82
Lösung, 60
allgemeine, 61
singuläre, 61
Häufigkeit
Laplace-Gleichung, 64
absolute, 15
Laplace-Operator, 60
bedingte relative, 23
Lemma von Burnside, 10
relative, 15
Linearität des ErwartungswertoperaHauptsatz der Differential- und Intetors, 28
gralrechnung, 97
Mantelfläche eines Drehkörpers, 83
Integrabilitätsbedingungen, 88
Mittel
Integral, 78
einer diskreten WahrscheinlichIntegralsätze, 97
keitsverteilung, 26
Integralsatz
einer stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilung, 26
Allgemeiner Stokesscher, 111
126
einer Zufallsvariablen, 26
empirisches, 34
Mittelwertsatz für Bereichsintegrale,
80
Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung, 23
Nablaoperator, 87
Normalkomponente, 100
Normalverteilung, 20
Nullhypothese, 35
Oberflächenintegral
erster Art, 101
zweiter Art, 99
offen, 87
Parameterdarstellung einer
Fläche, 98
Kurve, 91
partielle Ableitung, 59
Permutation, 7
Phasenraum, 24
Poissonverteilung, 18
Polarkoordinaten, 84
Potentialgleichung, 64
Prinzip von Cavalieri, 84
Probenkovarianz, 29
Probenmittel, 29
Probenstandardabweichung, 29
Probenvarianz, 29
Punkt
zulässiger, 6
Quellendichte, 102
Realisierung, 33
Riemann-Summe, 78
Rotation, 107
Satz von Moivre, 32
Schärfe eines Tests, 36
Schätzfunktion, 33
erwartungstreue, 33
Schwerpunkt
einer Fläche, 82
einer Kurve, 82
eines Bereiches, 81
Schwingungsgleichung, 65
Sicherheit eines Tests, 36
Skalarfeld, 87
Spiegelung an einer
Ebene, 8
Geraden, 5
Stammfunktion eines Vektorfeldes, 88
Standardabweichung
einer diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilung, 26
einer stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilung, 26
einer Zufallsvariablen, 26
empirische, 34
Standardnormalverteilung, 20
Statistik
Bose-Einsteinsche, 24
Fermi-Diracsche, 24
Maxwell-Boltzmannsche, 24
Studentverteilung mit n Freiheitsgraden, 20
Substitutionsregel für Bereichsintegrale, 84
Symmetriegruppe, 6
Symmetrieoperation
im Raum, 8
in der Ebene, 5
zulässige, 6
Symmetrische Gruppe vom Grad n, 7
127
Tangentialkomponente, 93
stetige, 20
WellenausbreitungsgeschwindigTest, 35
2
keit, 66
für die Varianz von N (m, σ ), 36
trigonometrisches Interpolationspro- Wellengleichung, 65
Wirbeldichte, 106
blem, 53
Varianz
einer diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilung, 26
einer stetigen Wahrscheinlichkeitsverteilung, 26
einer Zufallsvariablen, 26
empirische, 34
Vektorfeld
quellenfreies, 103
wirbelfreies, 107
Verschiebungssatz für die
Kovarianz, 28
Varianz, 28
Versuch, 14
Versuchsausgang, 14
Verteilung
hypergeometrische, 18
Verteilungsfunktion, 20
einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, 30
einer Zufallsvariablen, 30
Volumen eines Drehkörpers, 83
Zahl
ganze, 21
natürliche, 13
negative reelle, 29
nichtnegative ganze, 18
nichtnegative reelle, 19
positive ganze, 13
positive reelle, 18
reelle, 5
Zelle, 24
Zentraler Grenzverteilungssatz, 32
Ziehungen
mit Zurücklegen, 18
ohne Zurücklegen, 19
Zufallsvariable, 17
identisch verteilte, 32
normierte, 28
unabhängige, 29
unkorrelierte, 28
zentrierte, 28
Zufallszahl, 39
Zylinderkoordinaten, 85
Wärmeleitungsgleichung, 70
Wahrscheinlichkeit, 16
bedingte, 23
Wahrscheinlichkeitsraum, 16
diskreter, 18
stetiger, 20
Wahrscheinlichkeitsverteilung, 16
diskrete, 18
einer Zufallsvariablen, 17
128
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