Leistungsprofil für eine Rehabilitation für Kinder und Jugendliche im

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Leistungsprofil
für eine Rehabilitation
für Kinder und Jugendliche im Mental Health Bereich
(Version März 2011)
AutorInnen: G. Spiel, L. Thun Hohenstein, M. Finsterwald
Stand: 31.03.2011
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Inhaltsverzeichnis
1. ALLGEMEINES ................................................................................. 3
1.1 Ziele der Rehabilitation.............................................................................................. 3
2. ZUWEISUNGSKRITERIEN ................................................................ 9
2.1 Voraussetzungen ....................................................................................................... 9
2.2 Indikationen im Kindes- und Jugendalter .............................................................. 10
3. BEDARFSSCHÄTZUNG UND STRUKTURIERUNG DER REHA ... 20
3.1 Bedarfsschätzungen ................................................................................................ 20
3.2 Strukturierung .......................................................................................................... 26
4. QUALITÄTSSICHERUNG UND EVALUATION ............................... 27
4.1 Hintergrund .............................................................................................................. 27
4.2 Anknüpfungspunkte ................................................................................................ 28
5. STRUKTURQUALITÄT.................................................................... 30
5.1 Human Ressources ................................................................................................. 30
5.2 Organisationsstrukturen ......................................................................................... 32
5.3 Materielle Ressourcen ............................................................................................. 32
6. PROZESSQUALITÄT ...................................................................... 34
7. ERGEBNISQUALITÄT..................................................................... 37
7.1. Nachweis der Ergebnisqualität .............................................................................. 37
7.2 Entlassungsbericht .................................................................................................. 38
8. Literatur........................................................................................... 39
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1. ALLGEMEINES
1.1 Ziele der Rehabilitation
Nach
der
allgemeinen
Definition
der
Weltgesundheitsorganisation
schließt
Rehabilitation alle jene Maßnahmen ein, die darauf ausgerichtet sind, das Ausmaß
von Einschränkung der Aktivitäten und der Partizipation zu verringern, um eine gute
soziale
Integration
zu
erreichen.
Rehabilitation
zielt
nicht
nur
darauf
ab,
beeinträchtigte oder behinderte Personen an ihre Umgebung anzupassen, sondern
auch Umgebungsfaktoren und die Gesellschaft so zu beeinflussen, dass deren
soziale Integration erleichtert wird. Nach der ICF (Internationale Klassifikation der
Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit; s. WHO, 2005) stellt Rehabilitation
das
personenbezogene
multi-
und
interdisziplinäre
Management
von
Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit dar. Psychiatrische Rehabilitation im
engeren Sinn umfasst alle jene Maßnahmen, die einen seelisch kranken Menschen
über die Akutbehandlung hinaus durch umfassende Maßnahmen auf medizinisch,
schulisch, beruflich und allgemeinen sozialem Gebiet in die Lage versetzen, seine
Lebensform und Stellung, die ihm entspricht, zu finden bzw. wiederzuerlangen
(Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, 2005).
Nach einer anderen Definition
(Anthony& Liberman, 1986) ist psychiatrische
Rehabilitation die systematische Anwendung von Interventionen, die entwickelt
wurden um Schädigungen (Impairment), Funktionseinschränkungen (Disabilities) und
soziale Beeinträchtigung (Handicap) zu reduzieren. Das Ziel psychiatrischer
Rehabilitation ist es daher sicherzustellen, dass Menschen mit psychischen
Beeinträchtigungen die körperlichen, sozialen und emotionalen und intellektuellen
Fähigkeiten entwickeln können, um in ihrer Gemeinschaft zu leben, zu lernen und zu
– und
arbeiten. In der Definition der Deutschen Gesellschaft für Kinder
Jugendpsychiatrie
und
Psychotherapie
(2007)
wird
Kinder
–
und
Jugendpsychiatrische Rehabilitation als Psychosoziale Rehabilitation bezeichnet und
damit
eine
inhaltlich
etwas
weitere
Definition
vorgenommen,
die
somit
psychosomatische und sozialpädiatrische Problemfelder ebenfalls mit einschließt
(Voll, 2004). Unter Psychosozialer Rehabilitation definiert die Leitlinie einerseits Hilfe
zur Krankheitsverarbeitung und Bewältigung von Behinderung und andrerseits die
Förderung der sozialen Kompetenz, der Reduktion krankheitsbedingter Handicaps,
der Teilnahme am altersentsprechenden sozialen Leben inkl. Arbeit und Schule sowie
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der Verwirklichung des Rechtes auf ein selbstbestimmtes Leben. Rehabilitation soll
nicht mehr die Herstellung bestmöglicher Gesundheit, sondern die Gewährleistung
einer weitgehend normalen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zum Ziel haben
(Fachgesellschaft für Rehabilitation in der Kinder- und Jugendmedizin, 2006).
:
Ausgehend aus diesen Definitionen lassen sich für die REHA von Kindern und
Jugendlichen im Bereich Mental Health folgende Ziele ableiten:
Hauptziel ist eine bestmögliche Wiederherstellung der Gesundheit. Dies kann
einerseits durch die direkte Arbeit mit den Kindern bzw. Jugendlichen geschehen.
Hierbei werden v.a. zwei Ziele angestrebt:
1) Unterstützung in der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben des Jugendalters
2) Verbesserung der gesundheitsbezogene Lebensqualität durch
o eine Reduktion der Symptome
o soziale Teilhabe und eine Sinn erfüllende Tagesstruktur
o die Entwicklung (beruflicher) Perspektiven
o Kompetenzförderung

Allgemeine Kompetenzen (z.B. Bewältigung von
Alltagsanforderungen, soziale und emotionale Kompetenzen,
Arbeits- und Lernverhalten, Copingstrategien)

Berufs(bild)bezogen (z.B. Fertigkeiten und Kompetenzen, die für
eine erfolgreiche Bewältigung beruflicher Aufgaben grundlegend
sind)
Andererseits gilt es aber auch mit den Eltern/Angehörigen zu arbeiten bzw. diese zu
integrieren (z.B. durch die Weitergabe von Information, Ermöglichung von
Partizipation; Psychoedukation). Die Ziele bei den Eltern/Angehörigen gilt es aber
noch zu formulieren.
Die genannten REHA-Ziele für Kinder und Jugendliche im Bereich Mental Health
stehen somit zum Großteil in Übereinstimmung mit den verschriftlichten Zielen der
stationären REHA für Kinder und Jugendliche im organisch pädiatrischen Bereich
erstellt vom Referat „Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter der Österreichischen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde“ (2011; S. 4-5):
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„Zusammenfassung der Ziele:

Bestmögliche Wiederherstellung der Gesundheit im Sinne des
biopsychosozialen Krankheitsmodells (Restitutio ad Optimum) durch
Einsatz eines interdisziplinären Rehabilitationsteams. […]

Erstellung weiterführender Therapiekonzepte

Kompetenzsteigerung (Empowerment) des Rehabilitanden im Umgang
mit der Erkrankung durch Schulung und Entwicklung von CopingStrategien

Präventive Maßnahmen

Möglichst weitgehende Reintegration in das soziale und berufliche
Umfeld (Implementierung von Case- und Caremanagement)

Vermeidung bzw. Verminderung der Pflegebedürftigkeit

Integration der Eltern/Familie im Sinne von Empowerment
Im Folgenden sollen nun die beiden Hauptziele für die Kinder und Jugendlichen
expliziert werden.
Konzept der Entwicklungsaufgaben:
Das Konzept der Entwicklungsaufgaben wurde erstmals von 1948 Robert J.
Havighurst definiert (vgl. Mienert, 2008). Er postulierte, dass jede Person im Verlauf
des Lebens immer wieder vor Problemstellungen/ Aufgaben steht, die es zu
bewältigen
gilt.
Anders
formuliert:
Entwicklungsaufgaben
sind
Aufgaben/Problemstellungen, die sich alle Menschen im Rahmen der persönlichen
Entwicklung und Reifung im Laufe ihres Lebens stellen und die es im Rahmen einer
erfolgreichen, gesellschaftlichen Integration zu bewältigen gilt. Gelingt eine positive
Bewältigung, führt dies zu einer Stabilisierung der Persönlichkeit. Wie diese Aufgabe
bewältigt
wird,
wird
durch verschiedene, aufeinander einwirkende Faktoren
beeinflusst: Diese umfassen innere Faktoren (z.B. individuellen Anlagen einer
Person) und äußere Faktoren (physische oder soziale Umwelt).
Die zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben sind für unterschiedliche Altersgruppen/
Lebensabschnitten
verschieden.
Die
Festlegung
dieser
Aufgaben,
die
die
Gesellschaft an den Einzelnen stellen, ist normativ, jedoch sind die Altersgrenzen für
die Entwicklungsaufgaben eher als deskriptives, variables Element dieses Konzeptes
zu verstehen. Ebenso variiert der Grad der normativen Verpflichtung: einige
Entwicklungsaufgaben sind als Angebote mit Empfehlungscharakter zu verstehen,
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andere sind durch Sanktionen gestützte Forderungen. Nicht alle Aufgaben sind
jedoch vorgegeben, ein Teil setzt sich aus persönlichen Zielen und Projekten (z.B.
Gestaltung
einer
Partnerschaft)
zusammen.
Im
Folgenden
sind
die
Entwicklungsaufgaben der frühen Kindheit, des mittleren Kindesalters und des
Jugendalters angeführt.
Entwicklungsaufgaben der frühen Kindheit (bis 6 Jahre) nach Dreher und Dreher
(1985):

Gehen lernen

Lernen, feste Nahrung aufzunehmen

Sprechen lernen

Lernen, Körperausscheidungen zu kontrollieren

Geschlechtsunterschiede und sexuelles Schamgefühl erlernen

Begriffsbildung und Spracherwerb zur Beschreibung sozialer
und physikalischer Realität

Bereit werden für das Lesen lernen

Zwischen „richtig“ und „falsch“ unterscheiden lernen

und Beginn der Gewissensentwicklung
Entwicklungsaufgaben des mittleren Kindesalters (ca. 6 - 12 Jahre) nach Dreher
und Dreher (1985):

Erlernen körperlicher Geschicklichkeit, die für gewöhnliche Spiele
notwendig ist

Aufbau einer positiven Einstellung zu sich als einem wachsenden
Organismus

Lernen mit Altersgenossen zu Recht zu kommen

Erlernen eines angemessenen männlichen/ weiblichen sozialen
Rollenverhaltens (Geschlechtsrollenidentifikation)

Entwicklung grundlegender Fertigkeiten in den Kulturtechniken (Lesen,
Schreiben, Rechnen etc.)

Entwicklung von Konzepten und Denkschemata, die für das Alltagsleben
notwendig sind (=Konkrete Operationen)

Entwicklung von Gewissen, Moral und einer Werteskala

Erreichen persönlicher Unabhängigkeit

Entwicklung von Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen und
Institutionen
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Entwicklungsaufgaben des Jugendalters (ca. 12. - 18. Lebensjahr) nach Dreher
und Dreher (1985):

Aufbau eines Freundeskreises

Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung

Erwerb einer Geschlechtsrolle

Aufnahme engerer Beziehungen, Sexualität

Ablösung vom Elternhaus

Berufswahl und Ausbildung

Entwicklung von Vorstellungen über Partnerschaft und Familie

Sich selbst kennen lernen und wissen, wie andere einen sehen

Klarheit über sich selbst finden

Entwicklung einer eigenen Weltanschauung, eines eigenen Wertesystems

Entwicklung einer Zukunftsperspektive, eines Lebensplans
Kinder und Jugendliche mit psychopathologischen Symptomen haben erschwerte
Voraussetzungen die Entwicklungsaufgaben angemessen zu bewältigen. Psychischeund
Entwicklungsprobleme
Entwicklungsaufgaben
können
sein.
Fallen
aber
auch
jedoch
zu
Ausdruck
viele
nicht
bewältigter
Entwicklungs-
und
Entfaltungsmöglichkeiten aus, kann dies zu Entwicklungsstörungen führen sowie zum
Auftreten psychopathologischer Symptome. In diesem Sinne können manche
psychopathologische Symptome auch als Reaktionsmuster interpretiert werden, die
eine Überforderung in der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben zeigen.
Für Kinder und Jugendliche, die sich bereits in kinder- bzw. jugendpsychiatrischer
Behandlung befinden, stellt die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben eine
besondere Herausforderung dar. Zusätzlich stehen diese auch noch vor der
Herausforderung ihre psychischen Probleme zu bewältigen. Es ist also vielfach eine
Entwicklungsunterstützung notwendig.
Gesundheitsbezogene Lebensqualität
In neueren Definitionen von Gesundheit und Krankheit findet sich neben der
Berücksichtigung der körperlichen Dimension stets auch die Berücksichtigung der
psychosozialen Dimension (vgl. Nitzko & Seiffge-Krenke, 2009). Zu letzteren lassen
sich
die
Begriffe
Lebensqualität“
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„subjektives
zuordnen
(vgl.
Wohlbefinden“
Ravens-Sieberer,
bzw.
„gesundheitsbezogene
Thomas
&
Erhart,
2003).
Gesundheitsbezogene
Lebensqualität
wird
als
multidimensionales
Konstrukt
aufgefasst, das „… körperliche, emotionale, mentale, soziale, spirituelle und
verhaltensbezogene Komponenten des Wohlbefindens und der Funktionsfähigkeit
(des Handlungsvermögens) aus der subjektiven Sicht des Betroffenen“ (Schumacher,
Klaiberg & Brähler, 2003, S. 2) in relevanten Lebensbereichen beinhaltet. Für Kinder
bzw. Jugendliche betrifft dies beispielsweise das subjektive Wohlbefinden hinsichtlich
der Situation in der Schule, der Familie oder der Freizeit.
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2. ZUWEISUNGSKRITERIEN
2.1 Voraussetzungen
MAS-Diagnose

Im Sinne eines in deutschsprachigen Ländern bestehenden Standards ist eine
Diagnose nach dem 6-Achsigen Multiaxialen Klassifikationsschema nach
ICD10 (Remschmidt et al, 2001) zu stellen.
Reha-Bedürftigkeit

Feststellung anhand standardisierter Testverfahren (Quality of Life, OutcomeMeasures etc.)

Beschreibung der subjektiven Lebens-Gesundheitssituation und dem ICF
Reha-Ziele

Kooperative Festlegung zwischen PatientIn, Eltern/Obsorgeträger und Klinik

Grundlage Diagnosen und Reha-Bedürftigkeit (ICF)
Reha-Fähigkeit

Wird verstanden als Einschätzung der Beeinflussbarkeit und Veränderbarkeit
einer subjektiven Situation in Bezug auf ein vorhandenes Reha-Ziel
Reha-Motivation

Wird als wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Reha angesehen und
sollte sowohl auf persönlicher als auch familiärer Basis erhoben werden und
vorhanden sein
Reha-Prognose

Prognostische Zusammenschau von Rehab-Diagnose, -Bedürftigkeit, Motivation und -Fähigkeit, -Zielsetzung und theoretischer Erreichbarkeit
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2.2 Indikationen im Kindes- und Jugendalter
Bevor auf das Indikationenspektrum eingegangen wird soll auf das verwendete
Instrumentarium eingegangen werden.
Diagnosen gegenüber erlebt man ganz unterschiedliche Bewertungen. Das Spektrum
reicht von einer positiven Einstellung, die davon ausgeht, dass Diagnosen
handlungsleitend und daher notwendig sind, über ambivalente Einstellung bis zur
offenen Ablehnung. Dabei wird häufig Skepsis betreffend die Relevanz von
Diagnosen ausgedrückt und auf die Gefahr des „labelings“ hingewiesen. Dazu ein
Zitat von D.P. Cantwell 1996: „… it is now recognized, that the so called harmful
effects of classification of psychopathology results from abuse of the system and not
from the classification system per se“.
Funktionen von Diagnosen
Mit der zunehmenden Verfeinerung und empirischen Begründung der diagnostischen
Systeme, kommt den Diagnosen eine ordnende Funktion zu. Darüber hinaus ist die
kommunikative Funktion festzuhalten, die uns erst ermöglicht, Beobachtungen und
Befunde
in
sehr
verkürzter
Form
auszutauschen.
Letztlich
fußen
der
Behandlungsplan wie auch Prognosen – und dies sei hier besonders hervor
gestrichen – auf reliablen und validen Diagnosen.
Grundprinzipien der Diagnostik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie:
Im Folgenden sollen Grundprinzipien der Kinder- und Jugend(neuro)psychiatrie
stichwortartig aufgelistet werden (W. Spiel & G.Spiel, 1987):

Ganzheitlicher Erklärungs- und Verstehensansatz von Symptomatik

Berücksichtigung des biopsychosozialen Modells

Berücksichtigung des Entwicklungsgedankens in der Genese von
Problemlagen

Berücksichtigung von Struktur- und Systemgegebenheiten des Kontexts

Dimensionale Betrachtungsweise von Symptomatiken

Individuumsbezogener Krankheitsbegriff

Methodenpluralismus
Vor diesem konzeptionellen Hintergrund und den damit verbundenen Anforderungen
muss eine umfassende, diagnostische Klassifikation häufig Stückwerk bleiben: Die
komplexen Verschränkungen von ätiologischen Faktoren einerseits und devianten
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Entwicklungsprozessen andererseits, die zu einer bestimmten Symptomatik im
Erleben und Verhalten führen, können vielfach nicht vollständig aufgeklärt werden.
Eine nosologisch-diagnostische Klassifikation sollte aber zumindest so weit führen,
dass auf der Basis einer hochwahrscheinlichen Hypothese Interventionsschritte
geplant werden können.
Überblick über gebräuchliche, deskriptive diagnostische Systeme:
International sind derzeit folgende Systeme gebräuchlich:

die Internationale Klassifikation der Erkrankungen, Version 10 (ICD-10; WHO,
1992)

das Multiaxiale Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindesund Jugendalters nach ICD-10 (Remschmidt et al., 2001)

die Internationale Klassifikation von Funktionen (ICF; WHO, 2001)

das Diagnostisches und statistisches Manual der American Psychiatric
Association, Version IV (DSM-IV; American Psychiatric Association 1994)
Im deutschsprachigen Raum spielt die DSM-IV im Vergleich zur ICD-10 eine
untergeordnete Rolle. Im kinder- und jugend(neuro)psychiatrischen Bereich hat sich
seit den 1970er Jahren die Verwendung von multiaxialen Schemata durchgesetzt
Es
sei
hervorgehoben,
deskriptiven/operationalen
dass
Zugang
alle
haben.
die
genannten
Systeme
einen
Die
dadurch
ermöglichte,
reliable
Erfassung von Krankheitszeiten ist sicherlich ein Vorteil, andererseits bilden diese
Systeme nur das vordergründig Vorhandene und Beobachtbare ab und weisen
Schwächen im Hinblick auf die Ursachenabklärung auf.
Die überwiegende Mehrzahl von psychischen Erkrankungen jedoch ist nicht unikausal
determiniert, sondern - und das wird ja auch durch das Begriffskonstrukt des
biopsychosozialen
Modells
ausgedrückt
-
durch
eine
ursächlich
wirkende
Verschränkung von biologischen, sozialen und lebensgeschichtlichen Aspekten.
Wesentlich ist bei allen Überlegungen, zwischen Diagnosen auf der einen Seite, und
Symptomen und Funktionseinschränkungen auf der anderen Seite zu unterscheiden.
Symptome sind sozusagen als Bausteine von Diagnosen aufzufassen. Sie sind das,
was
man
vorerst
wahrnimmt
oder
erfährt,
isoliert
oder
in
Kombination.
Einzelsymptome sind kaum je konstitutiv für eine bestimmte Diagnose, erst wenn
Symptome in einer besonderen Ausprägung über einen bestimmten Zeitraum und in
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einer
bestimmten
Kombination
gemeinsam
auftreten,
können
sich
solche
Symptomcluster zu Diagnosen verdichten.
Demgegenüber bezieht Funktionsdiagnostik bei der Merkmalsbeschreibung immer
auch ein konkretes Ziel, dass es zu erreichen gilt, mit ein – z. B. ein gewisses,
soziales Funktionsniveau. Idente Symptome, wie Funktionseinschränkungen, können
sich in der Gestalt unterschiedlicher Diagnosen wieder finden. Symptome können sich
derart kumulieren, dass sie zwar zu relevanten Funktionsbeeinträchtigungen (vor
allem im interaktionellen sozialen Bereich) führen, jedoch keine Diagnose nach sich
ziehen, da nicht der jeweilige spezifische Symptomenmix und Ausprägungsgrad für
die Vergabe einer Diagnose besteht. Was damit ausgedrückt werden soll ist, dass
neben
den
deskriptiven
Diagnosen
individuelle
Symptomkonstellationen
und
Funktionsbeeinträchtigungen bei Hilfeplanungen mit zu berücksichtigen sind.
In der Kinder- und Jugend(neuro)psychiatrie wurden bereits in den 70-er Jahren
multiaxiale diagnostische Klassifikationsschema (MUAX) eingeführt das sich in
folgende Achsen differenziert, wobei der Achse VI eine besondere Stellung zukommt
(siehe weiter unten):
Achse I: klinisch-psychiatrisches Syndrom
Achse II: umschriebene Entwicklungsstörungen
Achse III: Intelligenzniveau
Achse IV: körperliche Symptomatik
Achse V: aktuelle, abnorme, psychosoziale Umstände
Achse VI: Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
Die ICF-Systematik wiederum widmet sich zwei Aspekten, einerseits den so
genannten Lebensfunktionen, andererseits der Partizipation. Diese Grundkonzeption
ist aus folgender Abbildung ersichtlich:
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Abbildung: biopsychosoziale Grundkonzeption der ICF
Im Bereich der psychosozialen Hilfe für Kinder und Jugendliche ist die ICF ein
wichtiger weiterer Beitrag zur Indikationsstellung und Hilfeplanung. Es ergänzt sich
besonders gut zur Beschreibung sozialer Teilhabe im Kontext von Behinderungen. In
diesem Sinne ist sie als Ergänzung des stärker phänomenologisch ausgerichteten,
und primär defizitorientierten MUAX zu würdigen. Für eine interdisziplinäre
Hilfeplanung bieten sich insbesondere über die Achse VI des MUAX, welche eine
Globalbeurteilung
des
psychosozialen
Funktionsniveaus
ermöglicht,
Anknüpfungspunkte zur ICF an.
Berücksichtigung weiterer Aspekte( siehe dazu auch weiter oben):
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass, obwohl das an dieser Stelle angeregte
Diagnosekonzept umfassend und komplex ist, wichtige Aspekte weiterhin nicht
integriert sind, nämlich einerseits entwicklungsaufgabenbezogene, funktionelle,
beziehungs-(insbesondere familien-) und psychodynamische Aspekte. Auf diese
Aspekte sollte abschließend eingegangen werden.
Die
Entwicklungspsychologie,
respektive
–psychopathologie
und
die
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD, 2004) bieten hierfür den
Bezugsrahmen.
Unter Entwicklungsaufgaben versteht man nach Havighurst solche Anforderungen,
die sich in allen Entwicklungsphasen des Menschen mehr oder weniger in ähnlicher
Form stellen und die durch den Reifungsprozess einerseits und gesellschaftlich
sozialen Anforderungen andererseits entstehen.
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Es
ist
daher
leicht
möglich,
für
jede
Entwicklungsaufgaben zu formulieren. Die
Altersphase
die
spezifischen
Entwicklungsaufgaben dienen als
Leitfaden für das Verhalten und die Entwicklung sozial verantwortungsvollen
Handelns. Gerade unter dieser Systematik fällt es leicht unter Berücksichtigung der
oben angeführten deskriptiven Diagnostik fördernde und hemmende Bedingungen für
die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben zu orten.
Gerade aus dem Umstand heraus, dass die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
nicht nur durch aktuelle interpersonelle Konflikte gehindert werden, sondern, dass in
diesem Zusammenhang auch intrapersonelle Konstellationen mit bedacht werden
müssen, bietet sich als Ergänzung – sozusagen als eine weitere Verständnisebene –
die Psychodynamische Diagnostik in der Form der OPD an. Dieses System gründet in
einem tiefenpsychologischen Theoriengebäude und versucht dessen Schwächen wie etwa die Unschärfe psychoanalytischer Begriffe, die wechselnden Bewertungen
von Theorienaspekten, aber auch die fehlende Validierung psychoanalytischer
Theorien - zu überwinden. Das aus der diagnostischen und therapeutischen Situation,
aber auch aus der Anamnese stammende Material und die Beobachtungen und
Wahrnehmungen sollen so systematisiert werden, dass eine Aussage über folgende
Bereiche möglich wird:
Krankheitserleben
und
Behandlungsvoraussetzungen,
Beziehung,
Konflikte,
Strukturen, wobei die Themen in Zusammenhang mit Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen sowie Beziehungen durchaus auch ohne Bezug auf
tiefenpsychologische Theorien behandelt werden können. Für die Systematisierung
der innerpsychischen Konflikte und der Beschreibung psychischer Struktur ist eine
Referenzierung auf tiefenpsychologische Modelle jedoch notwendig. Unter Konflikt ist
ein intrapsychischer, unbewusster, respektive vorbewusster, der zeitlich überdauernd
wirkt und entwicklungshemmend ist, sowie Einfluss auf die Beziehungsgestaltung hat,
zu verstehen.
Folgende Entwicklungsdimensionen lassen sich dabei voneinander abgrenzen:

Abhängigkeit versus Autonomie,

Unterwerfung versus Kontrolle,

Versorgung versus Autarkie, Selbstwertkonflikte (narzisstische Konflikte),

Über-Ich- und Schuldkonflikte respektive Loyalitätskonflikte,

ödipal-sexuelle Konflikte,

Identitätskonflikte.
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Nicht nur die Identifizierung solcher habitueller Konflikte ist notwendig, sondern auch
die Zuordnung dieser Konflikte zu verschiedenen Lebensbereichen, wie Familie,
Peer-Group und Gleichaltriger.
Zusammenfassung und Ausblick:
Die
dargestellten
Diagnose-
und
Klassifikationssysteme
sind
historisch
in
unterschiedlichen Handlungsfeldern als Arbeitsbehelfe etabliert worden. Das MUAX
bzw. die dahinterliegende ICD-10 traditionell im klinischen Bereich(siehe weiter
unten), die OPD im psychodynamischen Therapiefeld und die ICF bereits sehr stark
vor
dem
Hintergrund
Entwicklungsaufgabenmodell
interdisziplinärer
stammt
aus
Kooperationserfordernisse.
der
Entwicklungspsychologie.
Das
Die
Entwicklungspsychopathologie aus der Vernetzung entwicklungspsychologischer und
kinder- und jugendpsychiatrischer Konzepte. Erste Ansätze zu einer sinnvollen
Kombination dieser Systeme im Sinne einer multimodalen Therapieplanung haben
sich in den Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit bereits durchgesetzt.
Wichtig wird es sein, die Anwendung der Instrumente im Sinne eines ganzheitlichen
Zugangs zu den PatientInnen/ KlientInnen weiter zu fördern, wobei insbesondere
interdisziplinäre Weiter und Fortbildungen geeignet erscheinen.
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Orientierungshilfe zur multiaxialen Klassifikation psychischer Störungen im
Kindes- und Jugendalter/1
Erste Achse: Klinisch-psychiatrisches Syndrom
00.0 keine psychiatrische
Störung
F0
Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
F07.0
Organische
Persönlichkeitsstörung
F2
Schizophrenie,
schizotype u.
wahnhafte
Störungen
F32
Depressive
Episode
F32.0
Leichte…
F42.0 Vorwie
Zwang
F20
Schizophrenie
F32.1
Mittelgradige…
F42.1…Zwan
F20.0
Paranoide
Schizophrenie
F32.2
Schwere…ohne
psychotische
Symptome
F42.2 Gemisc
F20.1
Hebephrene…
F20.2
Katatone…
F20.3
Undifferenzierte
F20.4
Postschizophrene
Depression
F20.5
Schizophrenes
Residuum
F32.3
F07.1
F07.2
F1
Postenzephalitisches Syndrom
Organisches
Psychosyndrom
nach SHT
Psychische u.
Verhaltensstörungen durch
psychotrope
Substanzen
F1x.0
Akute Intoxikation
F1x.1
Schädlicher
Gebrauch
F1x.2
Abhängigkeitssyndrom
F33
…..mit Delir
F1x.5
Psychotische
Störung
F 1x6
Anamnestisches
Syndrom
F1x.7
Restzustand u.
verzögerte psychotische Störung
Anhaltende affektive Störungen
F34.0
Zyklothymia
F 20.6 Schizophrenia
simplex
F34.1
Dysthymia
F21
F4
Neurotische,
Belastungs- u.
somatoforme
Störungen
F23
F24
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Rezidivierende
depressive
Störungen
F34
F22
F1x.4
Schwere…mit
psychotischen
Symptomen
Schizotype
Störung
Anhaltende
wahnhafte
Störungen
Vorübergehende
akute psychotische Störungen
Induzierte wahnhafte Störung
F40
Phobische
Störungen
F40.0
Agoraphobie
F40.1
Soziale Phobien
F40.2
Isolierte Phobien
F25
Schizoaffektive
Störungen
F41
Andere Angststörungen
F3
Affektive
Störungen
F41.0
Panikstörungen
F41.1
F30
Manische
Episode
Generalisierte
Angst
F41.2
F31
Bipolare affektive
Störung
Angst u. depressive Störung
F41.3
Andere gemischte Angst
F42
F43
Zwang
Reaktio
Belastu
Anpass
F43.0 Akute B
reaktion
F43.1 Posttra
Belastu
F43.2 Anpass
F44
Dissozi
Störung
F45
Somato
Störung
F5
Verhal
fälligke
körper
Störun
Faktor
F50
Essstör
F50.0 Anorex
F50.1 Atypisc
n.
F50.2 Bulimia
F50.3 Atypisc
n.
F50.4 Essatta
andere
ischen
sive
e
F42
Zwangsstörungen
F51
Nichtorganische
Schlafstörungen
…
F42.0 Vorwiegend
Zwangsgedanken
F51.0 …Insomnie
adige…
F42.1…Zwangshandlungen
F51.1 …Hypersomnie
e…ohne
tische
me
F42.2 Gemischt
F51.2 ..Störung des
Schlaf-WachRhythmus
e…mit
tischen
men
ierende
sive
gen
nde affekrungen
F43
F43.0 Akute Belastungsreaktion
F51.4 Pavor nocturnus
F52
Sexuelle Funktionsstörung nicht
organisch oder
krankheitsbedingt
F53
Psychische oder
Verhaltensstörungen im Wochenbett
F54
Psychische
Faktoren oder Verhaltenseinflüsse
bei andernorts
klassifizierten
Erkrankungen
F55
Missbrauch von
Substanzen, die
keine Abhängigkeit
hervorrufen
F6
Persönlichkeits- u.
Verhaltensstörung
F60
Spezifische Persönlichkeitsstörung
F43.2 Anpassungsstörung
F44
ische,
ungs- u.
oforme
gen
F51.3 Schlafwandeln
F51.5 Alpträume
F43.1 Posttraumatische
Belastungsstörung
ymia
mia
Reaktion a. schwere
Belastungen u.
Anpassungs
Dissoziative
Störungen
F45
Somatoforme
Störungen
F5
Verhaltensauffälligkeiten mit
körperlichen
Störungen u.
Faktoren
F50
Essstörungen
che
gen
hobie
Phobien
e Phobien
Angsten
örungen
lisierte
F50.0 Anorexia nervosa
F50.1 Atypische Anorexia
n.
F50.2 Bulimia nervosa
F50.3 Atypische Bulimia
n.
F60.0 Paranoide…
F50.4 Essattacken bei
anderen psychischen Störungen
. depretörung
F60.1 Schizoide…
F60.2 Dissoziale…
gemAngst
Seite 17 von 40
Orientierungshilfe zur multiaxialen Klassifikation psychischer Störungen im
Kindes- und Jugendalter/2
Erste Achse: Klinisch-psychiatrisches Syndrom
F60.3 Emotional instabile…
F66
Psychische u. Verhaltensstörungen in
Verbindung mit der
sexuellen Entwicklung
u. Orientierung
F66.0
Sexuelle
Refungskrisen
F68
Andere…
F68.0
Entwicklung körperlicher Symptome aus
psychischen Gründen
F60.4 Histrionische…
F60.5 Anankastische…
F60.6 Ängstliche
F60.7 Abhängige…
F61
F63
Kombinierte u. andere
Persönlichkeitsänderungen,
nicht Folge einer Schädigung oder Erkrankung des
Gehirns
Abnorme Gewohnheiten u.
Störungen der Impulskontrolle
Hype
Störu
F90.0
Einfa
Aufm
F90.1
Hype
des S
F91
Störu
Sozia
F84
Tiefgreifende…
F91.0
Auf d
Rahm
F84.0
Frühkindlicher
Autismus
F91.1
…be
Bindu
F91.2
…be
sozia
F91.3
…mit
Verha
F92
Komb
Sozia
Emot
F92.0
…mit
Störu
F93
Emot
des K
F93.0
Mit T
F93.1
Phob
F84.1
Atypischer…
F63.2 …Stehlen
F84.2
Rett-Syndrom
F63.3 Trichotillomanie
F84.3
Andere desintegrative
Störung des Kindesalters
Störungen der
Geschlechtsidentität
F84.4
F64.2 …des Kindesalters
Störungen der
Sexualpräferenz
F84.5
Seite 18 von 40
F90
Entwicklungsstörung
F63.1 …Brandstiftung
F65
Verh
emot
mit B
Kind
F8
F63.0 Pathologisches Glücksspiel
F64
F9
Hyperkinetische
Störung mit Intelligenzminderung u. Bewegungsstereotypien
Asperger-Syndrom
Vergen in
it der
wicklung
g
F9
F93.2
…mit sozialer
Überempfindlichkeit
F93.3
…mit Geschwisterrivalität
F94
Störung sozialer
Funktionen mit Beginn
in der Kindheit u.
Jugend
F94.0
Elektriver Mutismus
F94.1
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters m.Enthemmung
F95
Ticstörungen
F95.0
Vorübergehende…
…bei fehlenden sozialen
Bindungen
F95.1
Chronische, motorische oder vokale…
…bei vorhandenen
sozialen Bindungen
F95.2
Kombinierte …
(Tourette-Syndrom)
…mit oppositionellem
Verhalten
F98
Andere…
Kombinierte Störung des
Sozialverhaltens u. der
Emotionen
F98.0
Enuresis
F98.1
Enkopresis
F92.0
…mit depressiver
Störung
F98.2
Fütterungsstörung im
frühen Kindesalter
F93
Emotionale Störungen
des Kindesalters
F98.3
Pica
F98.4
Stereotype
Bewegungsstörung
F98.5
Stottern
F98.6
Poltern
F90
Verhaltens- u.
emotionale Störung
mit Beginn in der
Kindheit u. Jugend
Hyperkinetische
Störungen
n
örperme aus
Gründen
sstörung
…
egrative
indes-
he
telligenzBewegien
F90.0
Einfache Aktivitäts- u.
Aufmerksamkeitsstörung
F90.1
Hyperkinetische Störung
des Sozialverhaltens
F91
Störung des
Sozialverhaltens
F91.0
Auf den familiären
Rahmen beschränkte…
F91.1
F91.2
F91.3
F92
drom
F93.0
Mit Trennungsangst
F93.1
Phobische Störung
Seite 19 von 40
3. BEDARFSSCHÄTZUNG UND STRUKTURIERUNG DER
REHA
3.1 Bedarfsschätzungen
Aufgrund des nahezu völligen Fehlens von Gesundheitsdaten über Kinder und
Jugendliche in Österreich existieren auch keine Bedarfszahlen für die Rehabilitation
psychisch kranker Kinder und Jugendlicher. Daher werden an dieser Stelle
Schätzversuche anhand (a) stationärer sowie(b) ambulanter Berechnungen und (c)
einer österreichweiten Befragung angeführt und diese dann (d) mit Zahlen aus der
Deutschland verglichen.
a) Berechnung anhand stationärer Zahlen der Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie in Salzburg
Diese Bedarfsberechnung wurde aus Daten der stationären Betreuung an der
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Salzburg vorgenommen. In den
Jahren 2005-2007 wurden 726 Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre) behandelt. In
einer retrospektiven Analyse wurde bei 92 (12,2%) Kindern und Jugendlichen (31 m,
61 w) eine Indikation für eine nachstationäre Rehabilitation gestellt. Von diesen waren
17 (18,5%) durch eine Jugendwohlfahrts-Einrichtung wohnversorgt. Die Indikationen
ließen sich in drei große Gruppen teilen:
Gruppenbildung nach Indikationen
Prozentuale Verteilung
Psychiatrische Erkrankungen im engeren Sinne
46%
Störungen des Sozialverhaltens,
43%
Persönlichkeitsentwicklungsstörungen
Suchterkrankungen, Essstörungen
11%
Es muss einschränkend festgehalten werden, dass insbesondere im Suchtbereich
(Alkohol und Drogen) der Bedarf sicher höher anzusetzen ist, da die Salzburger
Kinder- und Jugendpsychiatrie keine primäre Behandlungsstation für Suchtkranke ist.
Wieder auf das Bundesland Salzburg (ca. 530.000 Einwohner laut Statistik Austria,
2009) bezogen: Ausgehend von den genannten 92 Kindern und Jugendlichen
innerhalb von 3 Jahren, bedeutet dies im Schnitt pro Jahr 31 Kinder und Jugendliche.
Seite 20 von 40
Bei einer geschätzten durchschnittlichen Verweildauer von 6 Monaten wären
das ca. 15 Plätze pro Jahr für Salzburg.
Hochgerechnet auf ganz Österreich wären das 237 Betten.
Anzumerken ist bei dieser Schätzung – im Gegensatz zu den folgenden Schätzungen
–, dass hier von einer Verweildauer von 6 Monaten (im Gegensatz zu den üblichen
35 Tagen) ausgegangen wird. Dies hängt mit dem speziellen PatientInnenstamm der
Klinik zusammen. Allgemein lässt sich festhalten, dass die notwendige Verweildauer
in der REHA im Bereich Mental Health sehr abhängig von den Diagnosen der Kinder
und Jugendlichen ist. Dies muss bei der Bedarfsschätzung und der Strukturierung der
verschiedenen REHA-Formen mit bedacht werden.
b) Berechnung aus ambulanter Betreuung am Beispiel von pmkijufa (Kärnten)
Kärnten ist im ambulanten Bereich relativ gut versorgt (2 Ambulatorien und 1
Ambulanz im Krankenhaus auf 560.000 Einwohner laut Statistik Austria, 2009). Daher
haben wir hier die Anzahl der Neuaufnahmen für das Jahr 2009 erfragt, um möglichst
aktuelle Zahlen als Datenbasis zu haben. Wir versuchen somit die Unterversorgung
durch die Hochrechnung von einem gut versorgten Bundesland auf GesamtÖsterreich zu korrigieren.
Hochrechnung - Bedarf nach einem Reha-Platz in Kärnten:

683 Kinder und Jugendliche wurden in Kärnten im Jahr 2009 im ambulanten
Bereich neu aufgenommen

4% (Mittelwert) der 683 Kinder und Jugendlichen hatten schätzungsweise
einen Bedarf nach Reha; d.h. 27 Kinder und Jugendliche (Range (M±SD): 0%
bis 9%; d.h. 0 bis 61 Kinder und Jugendliche);

Bettenanzahl (bei einer geschätzten Verweildauer von 35 Tage wie in
Deutschland; d.h. Verhältnis Bettenanzahl zu Kindern/ Jugendlichen: 0,96):
3 Betten (Range (M±SD): 0% bis 9%; d.h. 0 bis 6 Betten)
Hochrechnung - Bedarf nach einem Reha-Platz in Österreich:
Grundlage:

Einwohner in Österreich: 8.384.000 (Statistik Austria; 2009; gerundet)

Einwohner in Kärnten: 560.000 (Statistik Austria; 2009; gerundet);

d.h. 6.68% aller österreichischen Einwohner leben in Kärnten
Seite 21 von 40

Berechnung:
Kinder und Jugendliche, die schätzungsweise pro Jahr in Österreich im
ambulanten Bereich vorstellig werden = (Summe der Kinder- und
Jugendlichen, die in Kärnten vorstellig wurden) * (14,971; Verhältnis Einwohner
Österreich – Kärnten)
Bedarf:

10225 Kinder und Jugendliche wurden schätzungsweise im Jahr 2009 in
Österreich im ambulanten Bereich vorstellig

4% (Mittelwert) davon hatten schätzungsweise einen Bedarf nach Reha; d.h.
409 Kinder und Jugendliche
(Range (M±SD): 0% bis 9%; d.h. 0 bis 920 Kinder und Jugendliche)

Bettenanzahl (35 Tage Verweildauer; d.h. Verhältnis Bettenanzahl zu KiJu:
0,96): 39 Betten (Range (M±SD): 0% bis 9%; d.h. 0 bis 88 Betten)
D.h.: Der Bedarf für ganz Österreich (berechnet aus den Ambulanzen in
Kärnten) ergäbe
39
Reha-Plätze
im Bereich
Mental
Health
bei
einer
durchschnittlichen Verweildauer von 35 Tagen.
c) Berechnung anhand einer Umfrage an den österreichischen Abteilungen für
Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Mental Health durch pmkijufa
Wir beziehen uns bei dieser Schätzung auf Zahlen aus einer Befragung im April 2010.
Wir haben hierzu einen kurzen Fragebogen an stationäre und ambulante
Einrichtungen in Österreich geschickt, mit der Bitte uns rückzumelden, wie viele
Kinder und Jugendliche im April betreut wurden und wie viele davon einen Bedarf
nach einem Reha-Platz hätten. Auf Basis der Rückmeldungen (nur aus dem
stationären Bereich) und unter Korrektur der Ausreißer haben wir Schätzungen für
den Bedarf in Österreich vorgenommen.
Datenlage:

5 Rückmeldungen aus 5 Bundesländern

289 Kinder bzw. Jugendliche wurden dort im Monat April 2010 stationär betreut

Bedarf nach einem Reha-Platz: 32% bis 51% der Kinder und Jugendlichen, die
im April 2010 betreut wurden (Mittelwert (=M): 40%; Standardabweichung
(=SD): 7%; Range (M±SD): 33% bis 47%)
Seite 22 von 40

Da zwei außerhalb des Ranges lagen (Bedarf bei 32% bzw. 51%), wurden
diese für die weitere Berechnung ausgeschlossen. Der Mittelwert für die
weitere Berechnung liegt nun bei 39%, die Standardabweichung bei 2%.
Gesamtzahl der Betten in Österreich (ÖSG 2008; Stand 2007):

347 Betten inkl. An manchen Standorten Neurobetten (17 in Wien, 12 in
Kärnten)

aber: in 7 Bundesländern liegt eine Unterversorgung vor (Range: 10 bis 43
Betten Unterversorgung). Diese wurde in der vorliegenden Berechnung nicht
korrigiert.
Bedarf an einem Reha-Platz in Österreich laut der Befragung aus dem stationären
Bereich:

39% (entspricht Mittelwert des Bedarfs) von 347 Betten = 135 Betten als
Bedarf für Reha-Plätze im Bereich Mental Health (Range (M±SD): 37% von
347 Betten = 128 Betten; 41% von 347 Betten = 142 Betten)1
D.h.: Der Bedarf für ganz Österreich (berechnet aus stationären Zahlen aus fünf
österreichischen Bundesländern) ergäbe 135 Reha-Plätze im Bereich der Mental
Health bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 35 Tagen.
d) Berechnung nach Zahlen aus Deutschland
Wir beziehen uns bei dieser Schätzung auf Zahlen aus Deutschland aus dem Jahre
2008, die aufzeigen, wie vielen Kinder und Jugendliche durch die Rentenversicherung
bzw. Krankenversicherung ein Rehabilitationsplatz gewährt wurde und wie viel
Prozent davon in den Bereich „Psyche“ fielen. Dabei betrug die durchschnittliche
Verweildauer 35 Tage. Für das Jahr 2009 lagen bei der Verfassung dieses Papers
noch keine Zahlen vor. Unter der Annahme, dass in Österreich der Bedarf an RehaPlätzen und die Verweildauer in etwa dieselben sind wie in Deutschland, haben wir
1
Um eine genauere Schätzung des Bedarf für das Jahr 2010 zu erhalten, könnte man aus dem Bericht
der ÖSG 2008 den Planungshorizont für 2010 bzgl. der Bettendichte heranziehen. Gemessen an der
Anzahl der Einwohner in Österreich wären dies als untere Grenze (0,06 pro 1000 Einwohner) 503
Betten, die für Kinder und Jugendliche im akut stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich
zur Verfügung stehen sollten - als obere Grenze (0,10 pro 1000 Einwohner) 838 Betten.
Unter der Annahmen, dass auch bei einer Vollversorgung in Österreich der erhobene Mittelwert von
39% bzgl. des Bedarfs nach einem Reha-Bett besteht sowie dass die ambulante Versorgung dem
derzeitigen Stand entspricht, würde dies mindestens 196 Betten (=untere Grenze; d.h. 39% von 503
Betten) bzw. maximal 327 Betten bedeuten (=obere Grenze; d.h. 39% von 838 Betten).
Seite 23 von 40
bei der Schätzung lediglich die unterschiedliche Einwohnerzahl von Österreich und
Deutschland berücksichtigt.
Grundlage der Berechnung:

Einwohnerzahl Deutschland: 81.757.600

Einwohnerzahl Österreich: 8.383.784; daraus berechnet sich das Verhältnis
Einwohnerzahl Deutschland – Österreich = 9,752:1
Anzahl der Kinder und Jugendliche, die laut Renten- und Krankenversicherung einen
Rehaplatz im Jahr 2008 bekommen haben:

57568 Kinder und Jugendliche in Deutschland
o d.h. umgerechnet auf die Größe von Österreich: 5.904 Kinder und
Jugendliche.

Davon fielen in Deutschland 22% in den Bereich Psyche.
o D.h. umgerechnet auf die Größe von Österreich:
1.299 Kinder und Jugendliche hätten einen Bedarf auf einen Rehaplatz
im Bereich „Psyche“
Anzahl der Betten, die in Deutschland für die Reha von Kindern und Jugendlichen
belegt waren:

5.520 Betten in Deutschland
o D.h. umgerechnet auf die Größe von Österreich: 566 Betten

Davon fielen in Deutschland 22% in den Bereich „Psyche“
o D.h. umgerechnet auf Österreich: 125 Betten wären der Bedarf
nach Reha-Plätzen im Bereich Mental Health.
Seite 24 von 40
Zusammenfassung der Schätzungen:
Quelle
geschätzter Bedarf für den Bereich
Mental Health
Berechnung aus einer Erhebung in einer
237 Betten für Österreich
Station (Salzburg)
(6 Monate Verweildauer)
Berechnung aus der Erhebung in 2
174 Betten für Österreich
Ambulatorien (Kärnten) und
(35 Tage Verweildauer)
einer österreichweiten Umfrage im
Ambulanter Bereich: 39 Betten für Österreich
stationären Bereich
Stationärer Bereich: 135 Betten für Österreich
Berechnung nach Erfahrungswerten aus
125 Betten für Österreich
Deutschland
:
Hinweis: Es wurden auch Bedarfsschätzungen für den Bereich Mental Health seitens
der ÖBIG (2010) vorgenommen, die aber letztendlich auch zu keiner konkreten
Empfehlung hinsichtlich der Bettenanzahl kommen:
„Aufgrund der auch unter den Experten/Expertinnen bestehenden erheblichen
Unsicherheiten hinsichtlich des exakten Bedarfs im Bereich „psychosoziale
Rehabilitation“ (Bettenbedarfsschätzung zwischen 110 und 220 Betten) sind hier noch
weiterführende Arbeiten erforderlich. Dies insbesondere in Richtung Monitoring des
Bedarfs (auch unter Einbeziehung des ambulanten Bereichs) und Klärung der
kompetenzrechtlichen
Fragestellungen,
sowie
in
Bezug
auf
Standards
für
Rehabilitationsstrukturen.“ (S.19).
Unter Berücksichtigung dieser Diskrepanzen wird seitens der AG 4/ Rehabilitation des
österreichischen Kindergesundheitsdialogs vorerst von 150 Betten/ Plätzen insgesamt
als Planungsgrösse ausgegangen.
Seite 25 von 40
3.2 Strukturierung
Die bisherigen Ausführungen machen deutlich, dass bei der Verwirklichung der REHA
im Mental Health Bereich Differenzierungen bei den Angeboten durchzuführen sind.
Die AG4/ Rehabilitation hat sich auf eine Strukturierung in 4 REHA-Typen geeinigt
Tabelle: KONSENSUSSTATEMENT der AG 4/Rehabilitation betreffend Mental Health (MH)
2
Rehabilitation: SPEZIFIZIERUNG der MENTAL HEALTH (MH) REHA-BETTEN/PLÄTZE :
2
Die Diskussion wann vollstationäre oder ambulante(nach Sprachgebrauch der
Sozialversicherungsträger) Angebote erforderlich sind ist noch nicht geführt und muss den lokalen/
regionalen Versorgungskontext berücksichtigen.
Seite 26 von 40
4. QUALITÄTSSICHERUNG UND EVALUATION
4.1 Hintergrund
Im
Gesundheitsbereich
wird
der
Nachweis
von
Effektivität
(Ausmaß
der
Zielerreichung) und Effizienz (Verhältnis von Kosten und Nutzen) vor dem
Hintergrund der Ressourcenknappheit und des ständig steigenden Kostendrucks
immer bedeutsamer; die Forderung seitens der Stakeholder nach Transparenz,
Qualitätssicherung und –entwicklung wächst stetig. Es herrscht zwar Einigkeit über
die Notwendigkeit von Qualitätssicherung, jedoch finden sich keine allgemeinen
Regelungen, wie diese konkret beschaffen sein sollte (Grawe & Braun, 1994; Merod
& Petermann, 2006; Steinhausen et al., 2000). Orientierung hierfür können zwar
Maßnahmen
aus
dem
Profit-Bereich
bieten,
diese
sind
aber
aufgrund
unterschiedlicher Rahmenbedingungen nur eingeschränkt übertragbar (s. dazu auch
Finsterwald & Spiel, 2010). Auch gibt es keine allgemeinen Standards zur Beurteilung
des Behandlungserfolgs, Erfolgskriterien sind eingeschränkt und zum Teil nur
langfristig
erfassbar
und
es
sind
viele
verschiedene
Beurteilerperspektiven
(Arzt/Ärztin, PatientIn etc.) zu berücksichtigen.
Innerhalb der Europäischen Union gibt es im Rahmen der UEMS (European Union of
Medical Specialists) und zwar konkret in der Sektion Child and Adoleszent „Psychiatry
d.h. in der europäischen Fachärztegesellschaft Sektion Kinder und Jugendpsychiatrie
Bestrebungen dahingehend, Standards und Strategien für die Sicherung von Qualität
im Gesundheitswesen zu entwickeln. Diese Standards/ Strategien sollen als
Empfehlungen für die europäische und nationale Gesundheitspolitik gelten. Im
Rahmen eines CAP-Treffens der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Jahr 2009 wurden
von der eingerichteten Working Group “Quality assurance in service delivery”
folgende Ergebnisse festgehalten:
“A multidimensional matrix to localise elements of Evaluation and Quality
Assurance in CAP is needed. Following procedure to systematize the field was
agreed upon.
First: The complexity of this field should be illustrated and some general guiding
principles should be defined. For instance all efforts in this field should focus on
the benefit for the individual patient and his/her relative.
Seite 27 von 40
Second: The general structural/organizational framework in which Quality
Assurance is taking place should be mentioned, depicted and discussed. There
must be on a meta-level to establish a quality assurance friendly atmosphere.
Third: Distinctions should be systematically and transparently depicted. For
instance a major distinction is the field in which Quality Assurance is taking
place (inpatient or outpatient) or whether Quality Assurance is focusing the
individual level or the institutional level.
Fourth: There should be an agreement that standards of evaluation especially
regarding the utility of the evaluation, the feasibility, the property (ethical
aspects) and the accuracy have to be carefully monitored.
Fifth: All evaluation should follow general guidelines. In child and adolescent
psychiatry it is a matter of course that the multidimensional approach should be
chosen, not only symptoms relive but also racing quality of life should be in the
focus and the whole endeavour should be sensitive to the stakeholders.
Six (but not least): Diagnostic and therapeutic pathways should be agreed upon;
e.g. for developmental disorders with CAP comorbidity, epilepsy, ADHD etc. to
mention a few.”
(Budapest 22.08.2009; G. Spiel, S. Bailey, J. Hovland, Ch. Schaff, M. Tomori)
4.2 Anknüpfungspunkte
Avedis Donabedian, ein renommierter Wissenschaftler der „School of Public Health,
University of Michigan“, beschäftigte sich intensiv mit der Frage der Qualitätsmessung
im Gesundheitswesen (Donabedian, 1988). Neben der generellen Frage, was Qualität
überhaupt ist, gilt es zu klären, wer im Zentrum der Qualitätsbeurteilung stehen sollte
(die Behandlerin/ der Behandler? der Eigenbeitrag der Patientin/ des Patienten? Die
strukturellen Bedingungen vor Ort? Das Gesundheitssystems an sich?). Für eine
Beurteilung der Qualität werden also Informationen (1) über strukturelle Bedingungen
benötigt, innerhalb derer die Behandlung stattfindet, (2) über den Verlauf des
Behandlungsprozesses und (3) über den Behandlungserfolg an sich. Um letzteres
bestimmen zu können, müssen jedoch zuvor Indikatoren und (normative) Standards
Seite 28 von 40
formuliert werden, zu denen es im Laufe des Behandlungsprozesses Informationen
zu sammeln gilt.
Nach Donabedian werden drei Dimensionen von Qualität unterschieden, die
miteinander in Zusammenhang stehen und die bei der Bestimmung von Qualität
immer gleichzeitig betrachtet werden sollen:
1) Strukturqualität: Diese kennzeichnen Merkmale des Settings, in dem die
Maßnahmen stattfinden. Sie umfasst v.a. die Human Ressources (vorhandenes
Personal, Qualifikationen/ Fähigkeiten der MitarbeiterInnen etc.), die
Organisationsstruktur (Methoden des Peer-Reviews, Vergütung, etc.) sowie die
entsprechenden materiellen Ressourcen (Einrichtung, technische Ausrüstungen,
zur Verfügung stehende finanzielle Mittel, etc.).
2) Prozessqualität: Diese umfasst alle Aktivitäten, die im Behandlungsverlauf
stattfinden. D.h. es wird betrachtet, welche Aktivitäten durchgeführt werden, die
zur Zielerreichung geeignet und notwendig sind, und wie diese ausgeführt
werden (z.B. Qualität der diagnostischen Einordnung und der durchgeführten
Maßnahmen). Hier fließen auch Aktivitäten seitens der Patientin/ des Patienten
zur Zielerreichung ein (z.B. Compliance).
3) Ergebnisqualität: Hierunter fallen die Behandlungseffekte (z.B. Verbesserung
des Gesundheitszustands, der Arbeitsfähigkeit oder der Lebensqualität,
Zufriedenheit der Patientin/ des Patienten, Fortschritte hinsichtlich der
Psychoedukation). Die Differenz zwischen dem Eingangszustand und dem
Ausgangszustand wird dabei betrachtet.
In den folgenden Kapiteln soll nun dargestellt werden, welche Anforderungen aus
Sicht der Qualitätssicherung an die REHA im Bereich Mental Health gestellt werden.
Wir orientieren uns dabei an den drei Dimensionen von Donabedian. Die formulierten
Standards sind derzeit noch für alle REHA-Typen formuliert und bedürfen in Folge
noch einer Spezifizierung pro REHA-Typ. Bei der Aufstellung dieser orientierten wir
uns an den QINC- bzw. QINMAC-Standards (Royal College of Psychiatrists, o.J.,ab),
die im College Centre for Quality Improvement des Royal College of Psychiatrists im
United Kingdom entwickelt wurden. Dieses College beschäftigt sich seit 2006 mit
Qualitätssicherung im Mental Health Bereich im gesamten U.K.
Seite 29 von 40
5. STRUKTURQUALITÄT
Die Strukturqualität kennzeichnet Merkmale des Settings, in dem die Maßnahmen
stattfinden. Sie umfasst v.a. die vorhandenen Human Ressources (vorhandenes
Personal, Qualifikationen/ Fähigkeiten des Personals etc.), die Organisationsstruktur
(Methoden des Peer-Reviews, Vergütung, etc.) sowie die entsprechenden materiellen
Ressourcen (Einrichtung, technische Ausrüstungen, zur Verfügung stehende
finanzielle Mittel, etc.).
5.1 Human Ressources
Vorab sei angemerkt, dass es hinsichtlich der Einschätzung des Personalbedarfs
wenig Zahlenmaterial, geschweige denn Standards gibt, wie diese zu berechnen sind.
Es liegen lediglich
Erfahrungswerte vor, auf Basis dessen die folgenden
Einschätzungen gemacht wurden. Bei der Umsetzung der REHA-Einrichtung müssen
diese Personalzahlen und der Berufsgruppenmix jedoch durch eine begleitende
Evaluation kritisch überprüft und ggf. angepasst werden.
Es ist durchaus denkbar dass im Bereich Typ 2 und 3 zusätzlich Ergo therapeutische
Expertise erforderlich ist.
Seite 30 von 40
In den verschiedenen REHA-Einrichtungen sollen Personen aus folgenden
Berufsgruppen wie folgte vertreten sein (für den Typ I liegen bis dato noch keine
Zahlen vor respektive werden diese im parallel erarbeiteten Leistungsprofil für eine
Rehabilitation für Kinder und Jugendliche Sperl W. et al dargestellt*):
REHA TYPEN
TYP I
(Noch zu
klären, ev*)
TYP II
TYP III
TYP IV
1:24
1:24
1:10
BERUFSGRUPPEN
Arzt/ Ärztin
PsychologIn
PsychotherapeutIn
Pflege/PädagogIn/SozialpädagogIn
PhysiotherapeutIn plus ev Sport/
Gymnastiklehrer
1:24
1:24
in 2 oder 1 in 2 oder 1
integriert
integriert
1:2
1:2
1:10
1:10
1:3
1:40
ErgotherapeutIn
1:10
LogopädIn
1:50
DiätassistentIn
1:25
DiätassistentIn (Essstörung)
1:50
MTF
1:45
SozialarbeiterIn
1:8
1:8
1:10
Musik-/Kunst-/ TanztherapeutIn
1:12
MasseurIn plus ev Bademeister
1:100
Hinsichtlich des Personals sollen für alle REHA-Typen folgende Standards gelten
(vgl. Royal College of Psychiatrists, o.J.,a b):

Das Personal ist für seine Arbeit gut ausgebildet.

Die Anzahl des entsprechend ausgebildeten Personals ist ausreichend.

Es gibt eine Einstellungspolitik, die garantiert, dass freie Positionen schnell und
mit gut qualifizierten und geprüften Personen besetzt werden.

Das Personal erhält Aus- und Weiterbildungen, die sie in ihren
Kernkompetenzen hinsichtlich wichtiger Themen im Bereich Mental Health
stärken.
Seite 31 von 40

Das Personal wird darin unterstützt, sich auch außerhalb von konkreten
Trainings weiterzubilden (z.B. mittels Büchern).

Das Personal arbeitet effektiv als interdisziplinäres Team zusammen.

Das Personal wird regelmäßig beurteilt und supervidiert und diese wissen, wie
sie bei Bedarf zusätzliche Beratung und Unterstützung bekommen können.

Etc.
Was nun das Bildungsangebot anlangt so sollen im Sinne der anzustrebenden
Integration soweit als mögliche Regelangebote genutzt werden. Die reale Gestaltung
dieses Lebensbereichs muss lokale Gegebenheiten die Dauer der Rehabilitation und
den jeweiligen Typ der MH Rehabilitation berücksichtigen. Kooperation mit dem
Kindergarten und Schulwesen ist erforderlich.
5.2 Organisationsstrukturen
Die Organisation soll so strukturiert sein, dass gegenüber dem Personal
größtmögliche Transparenz vorliegt (z.B. wird das Personal zu Klinikrisiken in
Kenntnis gesetzt oder in das Klinik-Audit mit einbezogen.). Auch sollen interne PeerReview Systeme und Qualitätszirkel eingesetzt werden.
5.3 Materielle Ressourcen
Hinsichtlich der materiellen Ressourcen (Einrichtung und Umgebung) sollen für alle
REHA-Typen folgende Standards gelten (vgl. Royal College of Psychiatrists, o.J.,a b):

Die Kinder- und Jugendeinrichtungen sind von den Erwachseneneinrichtungen
getrennt.

Die Räumlichkeiten sind so konzipiert und beaufsichtigt, dass die Rechte, die
Privatsphäre und die Würde der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern/
Angehörigen gewahrt bleiben.

Die REHA-Einrichtungen stellen eine sichere Umgebung für die Kinder und
Jugendliche dar.
Seite 32 von 40

Das Personal hat ausreichende Büroeinrichtungen und robuste administrative
und technische Hilfesysteme, einschließlich IT-Systeme.

Die REHA-Einrichtungen sind günstig gelegen und verfügen über die
notwendigen räumlichen und technischen Ausstattungen/Ressourcen, um den
Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern/ Angehörigen
gerecht zu werden.

Etc.
Beispielsweise könnte die räumliche Ausstattung für die REHA-Einrichtung folgender
Maßen ausgestattet sein:

Kleingruppenstruktur: 5-6 Kinder/Jugendliche pro Gruppe; altersangepasstes
Equipment

Pro Gruppe: 1-2 Bettzimmer à 20-25 m2, Gruppenraum ca. 40-60 m2 inkl.
Ruhezone und Essecke; Kücheneinheit; Lern/Arbeitsräume; BetreuerInnen-/
Administrationsraum, Besprechungszimmer

Pro Zentrum: LeiterInnenzimmer, Sekretariat, je 1 Raum pro
Vollzeitarbeitskraft; Bewegungsraum, Ergotherapieraum (SI-Therapie,
Massage u.ä.), Kunsttherapieraum (Mal-, Musik-, und Gestaltungstherapie),
Ambulanzraum; Übernachtungsmöglichkeit für Angehörige (Eltern, Partner)
Angebote
für
gesundheitsförderliche
kindgerechte
Schwimmbadbenützung,
geführte
Spielplatzbenutzung,
Sekundärpatienten
für
Freizeitgestaltung,
Wanderungen,
Sauna
tägliche
Kneippkindergarten,
und
Nutzung
von
Trainingsgeräten sowie sonstige bewegungstherapeutische Angebote – jeweils nach
ärztlicher Freigabe.
Außerdem Verfügbarkeit von Gemeinschaftsräumen, Vorträge, Information über
regionale Angebote (z. B. Ausflüge) und Ermöglichung der Teilnahme daran, u.ä.
Seite 33 von 40
6. PROZESSQUALITÄT
Die Prozessqualität umfasst alle Aktivitäten, die im Behandlungsverlauf stattfinden.
D.h.
es wird
betrachtet,
welche
Aktivitäten
durchgeführt werden,
die
zur
Zielerreichung geeignet und notwendig sind, und wie diese ausgeführt werden (z.B.
Qualität der diagnostischen Einordnung und der durchgeführten Maßnahmen). Hier
fließen auch Aktivitäten seitens der Patientin/ des Patienten zur Zielerreichung ein
(z.B. Compliance).
Um Prozessqualität zu sichern, ist es zunächst relevant die in den REHAEinrichtungen stattfindenden Prozesse zu standardisieren und genau zu definieren.
Diese müssen auch gut dokumentiert werden. Insbesondere gilt es sich die Prozesse
(1) Zugang und Aufnahme, (2) Information, Einwilligung und Vertraulichkeit (3)
Rechte, Sicherheit und Schutz (4) Betreuung und Behandlung sowie (5) Entlassung,
Nachbetreuung, Übergangsphasen genauer anzusehen und Standards zu formulieren
(vgl. Royal College of Psychiatrists, o.J.,a b):
1) Zugang und Aufnahme:

Die REHA-Einrichtungen arbeiten mit den Zuweisern zusammen, um so
garantieren zu können, dass die Zuweisungen rechtzeitig und angemessen
erfolgen. Somit sollen für die Kinder bzw. Jugendliche keine unnötigen
Verzögerungen entstehen.

Bei der Aufnahme herrscht Gleichbehandlung hinsichtlich des Geschlechts, der
ethnischen Herkunft, des Sozialstatus, Behinderungen, des körperlichen
Gesundheitszustands, des Wohnorts etc..

Die Kinder bzw. Jugendliche werden in den Zuweisungsprozess einbezogen
und darüber informiert. Sie sollen wissen, was sie erwartet.

Die Eltern/Angehörigen werden mit bedacht und eingebunden, wenn
Diagnosen oder Interventionen durchgeführt werden.

Etc.
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2) Information, Einwilligung und Vertraulichkeit

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/Angehörige erhalten
Informationen, die für sie geeignet und verständlich sind.

Alle Untersuchungen und Behandlungen werden nur mit entsprechender
Zustimmung durchgeführt. Das Personal folgt strikt den Anweisungen zur
Erlangung rechtsgültiger Einverständniserklärungen. Es stellt sicher, dass die
Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/Angehörige gut informiert sind über
ihre Rechte bzgl. ihrer Einverständniserteilung.

Persönliche Informationen über das Kind bzw. den Jugendlichen werden
vertraulich behandelt, sofern dies nicht von Nachteil für die Betreuung ist.

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/ Angehörige sind über ihr
Recht auf Information und Vertraulichkeit sowie über Einschränkungen dieser
Rechte gut informiert.

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/Angehörigen haben Zugang zu
ihren Krankenakten.

Etc.
3) Rechte, Sicherheit und Schutz

Wenn ein Kind bzw. Jugendlicher aufgenommen wird, sind die rechtliche
Befugnis dazu geklärt.

Die Rechte und individuellen Bedürfnisse der Kinder bzw. Jugendlichen und
deren Eltern/ Angehörige werden geachtet und berücksichtigt - unabhängig
vom Geschlecht, der ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Begabung, Kultur
oder sexuellen Orientierung etc..

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/ Angehörige sind gut informiert
über ihre Rechte und wie sie Beschwerde einlegen und eine unabhängige
Beratung bekommen können.

Die REHA-Einrichtungen halten sich an die Dienstvorschriften der Kinder- und
Jugendschutzbehörden vor Ort.

Das Personal arbeitet mit den zuständigen örtlichen Behörden zusammen, um
das Wohl der Kinder bzw. Jugendlichen, die länger bleiben müssen, zu
schützen und zu fördern.

Die Kinder bzw. Jugendliche werden durch klare Sicherheitsrichtlinien und
Verfahrensanweisungen vor Missbrauch und Misshandlung geschützt.

Etc.
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4) Betreuung und Behandlung

Die Kinder bzw. Jugendliche erhalten möglichst umgehend Betreuung und
Behandlungen bzw. Therapien. Dies wird durch ein flexibles und zuverlässiges
Terminierungssystem gewährleistet.

Es gibt ein strukturiertes Behandlungs- bzw. Interventionsprogramm.

Die verschriftlichten Interventionspläne sind individuell und umfassend. Sie
werden in Kooperation mit den Kindern bzw. Jugendlichen und deren Eltern/
Angehörige erstellt.

Den Kindern bzw. Jugendlichen steht ein umfassendes Angebote an
Interventionen durch qualifizierte und erfahrene Fachkräfte zur Verfügung.

Die Erfolge der Interventionen werden regelmäßig überprüft.

Jedes Kind bzw. jeder Jugendliche hat eine Hauptbetreuungsperson.

Die Kinder bzw. Jugendliche und deren Eltern/ Angehörige stehen in
ständigem Kontakt mit der Hauptbetreuungsperson.

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/ Angehörige werden
unterstützt, sich auch selbst helfen können.

Die Kinder bzw. Jugendlichen können ihre (schulische oder berufliche)
Ausbildung während stationärer Aufnahmen fortsetzen.

Etc.
5) Entlassung, Nachbetreuung, Übergangsphasen

Die Kinder bzw. Jugendlichen und deren Eltern/ Angehörige werden bei
Vereinbarungen hinsichtlich Vorkehrungen für die Entlassung einbezogen. Sie
wissen, wie und wo sie bei Bedarf künftig Hilfe bekommen können.

Es werden Vorkehrungen getroffen um sicherzustellen, dass eine
Nachbetreuung nach der Entlassung stattfinden kann.

Kinder bzw. Jugendliche, die eine stationäre Betreuung benötigen, werden an
jene stationären Abteilungen verwiesen, die ihren Bedürfnissen entsprechen.

Die Personal der verschiedenen REHA-Einrichtungen arbeiten eng zusammen,
um so effektive Übergaben zu gewährleisten.

Das Personal arbeitet eng mit den Erwachsenendiensten zusammen, um auch
hier eine effektive Übergabe zu gewährleisten.

Etc.
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7. ERGEBNISQUALITÄT
Unter
Ergebnisqualität
Verbesserung
des
werden
die
Effekte
Gesundheitszustands,
der
der
Behandlung
gefasst
Arbeitsfähigkeit
oder
(z.B.
der
Lebensqualität, Zufriedenheit der Patientin/ des Patienten, Fortschritte hinsichtlich der
Psychoedukation). Die
Differenz zwischen
dem
Eingangszustand
und
dem
Ausgangszustand wird dabei betrachtet.
7.1. Nachweis der Ergebnisqualität
Für die Qualitätssicherung in der REHA soll auch der Standard gelten, dass Daten
zum Nachweis der Ergebnissicherung erhoben werden. Dazu können sowohl Daten,
die im Betreuungsprozess erhoben wurden herangezogen werden (z.B. Testwerte zu
verschiedenen Zeitpunkten), als auch die Kinder
bzw. Jugendlichen und deren
Eltern/ Angehörige direkt aufgefordert werden, ihr Feedback zur Institution zu geben.
Konkret bedeutet dies, dass die in Kapitel 1 formulierten Ziele der REHA überprüft
werden. D.h. es ist ein Nachweis zu erbringen, inwiefern der Aufenthalt in der REHA
die Kinder und Jugendlichen in der der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
unterstützt hat und zur Verbesserung der gesundheitsbezogene Lebensqualität durch
eine Reduktion der Symptome, durch soziale Teilhabe und eine Sinn erfüllende
Tagesstruktur, durch die Entwicklung (beruflicher) Perspektiven sowie durch die
Förderung von Kompetenzen beigetragen hat. Auch die Ziele hinsichtlich der Elternbzw. Angehörigenarbeit sollen überprüft werden.
Um die Ergebnisqualität zu messen, ist ein Prä- und Post-Test Design erforderlich
(d.h. Datenerhebung bei der Aufnahme und bei der Entlassung). Sollte das Kind bzw.
der Jugendliche länger betreut werden, sind auch Zwischenmessungen ratsam. Es ist
anzustreben, dass zur Messung der Nachhaltigkeit auch ein Follow-up nach 6
Monaten stattfinden.
Zur Messung der Ergebnisqualität sollen v.a. Fragebögen und Diagnoseinstrumente
eingesetzt werden, die - wenn vorhanden - standardisiert sind. Auch ist darauf zu
achten, dass sowohl Selbst- als auch Fremdeinschätzungen vorgenommen werden
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(d.h. Einschätzungen durch die Kinder bzw. Jugendliche selbst als auch durch das
betreuende Team und die Eltern/ Angehörige).
Weiters wird der Einsatz von indirekter und direkter Veränderungsmessungen
geraten:
Eine
indirekte
Veränderungsmessung
liegt
vor,
wenn
dasselbe
Messinstrument zu mindestens zwei Zeitpunkten vorgegeben wird und zur
Bestimmung von Veränderungen die Mittelwertsdifferenzen betrachtet werden (vgl.
Baumann, Sodemann, & Tobien, 1980; Gollwitzer & Jäger, 2007). Bei der direkten
Veränderungsmessung wird die Veränderung von dem Patienten/ der Patientin bzw.
einer
anderen
Person
selbst
eingeschätzt.
Die
Anwendung
von
direkten
Veränderungsmessung wird zwar oftmals kontrovers diskutiert (z.B. Einschätzung
abhängig von der Gedächtnisleistung der Personen; Abstände müssen gut gewählt
sein), jedoch sind auch indirekte Veränderungsmessungen nicht unproblematisch,
insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Übungseffekte. Dies kann dazu führen,
dass tatsächlich stattfindende Veränderungen nicht erfasst werden können. Auch ist
die subjektive Wahrnehmung von Veränderungen (insbesondere für die Einschätzung
der Lebensqualität) oftmals wichtiger als eine objektiv feststellbare. Eine Kombination
direkter und indirekter Verfahren für die Messung der Ergebnisqualität sollte somit zu
einer erhöhten Aussagekraft hinsichtlich der tatsächlichen Wirkung der REHA führen.
7.2 Entlassungsbericht
Die REHA-Einrichtungen sind verpflichtet, Entlassungsberichte zu verfassen. Der
Entlassungsbericht ist dem Rehabilitanden in der Regel bei der Entlassung
auszuhändigen, spätestens jedoch binnen 14 Kalendertagen zuzusenden. Gleiches
gilt für die Übermittlung an die PVA / den SVT. Anderen Adressaten darf der
Entlassungsbericht nur mit Zustimmung des Rehabilitanden ausgefolgt werden.
Sollte der endgültige Entlassungsbericht zum Zeitpunkt der Beendigung des
Rehabilitationsaufenthaltes nicht fertig gestellt werden können, muss der Rehabilitand
einen vorläufigen Entlassungsbericht (Kurzbericht) erhalten.
Bei der Verfassung der Berichte sollten ebenfalls Standardisierungen vorgenommen
werden.
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