DAS KÖLNER HERZZENTRUM FACHZEITSCHRIFT FÜR DEN ARZT • 6 Jahre im neuen Herzzentrum – Rückblick aus herz-/thoraxchirurgischer Sicht • Wie sieht die optimale Koronarintervention 2012 aus? – Ein kritischer Überblick • Das Kölner Infarkt Modell SONDERAUSGABE 1 Oktober/2012 INHALTSVERZEICHNIS / IMRESSUM Vorwort 4 6 Jahre im neuen Herzzentrum – Rückblick aus herz-/thoraxchirurgischer Sicht 6 – Univ.-Prof. Dr. med. Thorsten Wahlers – Wie sieht die optimale Koronarintervention 2012 aus? – Ein kritischer Überblick 18 – Univ.-Prof. Dr. med. Erland Erdmann – Das Kölner Infarkt Modell 21 – Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels, Dr. med. Katharina Seck, Dr. med. Christian Keller, – Dr. med. Jan Sparwel – Stellenwert der dreidimensionalen Echokardiographie 23 – Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels – Die peripartale Kardiomyopathie: Ein komplexer „Kolibri“ in unserem Herzinsuffizienzalltag 26 – Priv.-Doz. Dr. med. Roman Pfister – Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion – Option bei Patienten mit COPD und Lungenemphysem? 28 – Priv. Doz. Dr. med. Konrad F. Frank – Kardiovaskuläre Medizin am Herzzentrum der Uniklinik Köln – ein Ausblick 30 – Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Baldus – Abdominale Aortenaneurysmen – Die Therapie sollte keinem vorenthalten werden wegen seines Alters 34 – Prof. Dr. Michael Gawenda, Dr. Payman Majd, Priv.-Doz. Dr. Thomas Lübke, Univ.-Prof. Dr. Jan Brunkwall – Therapie und Prognose von Patienten im kardiogenen Schock nach Reanimation – Aktuelle Untersuchungen zur Hypothermie-Behandlung 38 – Priv.-Doz. Dr. Hannes Reuter – Die Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie 40 – Prof. Dr. med. Konrad Brockmeier, Prof. Dr. med. Narayanswami Sreeram, – Prof. Dr. med. Mathias Emmel – Interventionelle und Regenerative Therapie der Herzinsuffizienz 42 – Prof. Dr. med. Jochen Müller-Ehmsen – Rhythmologie am Herzzentrum der Universität zu Köln 45 – Priv.Doz. Dr. med. Fikret Er – IMPRESSUM Das Kölner Herzzentrum – Fachzeitschrift für den Arzt Herausgeber: Klinikum der Universität zu Köln, Vorstand (V.i.S.P.) Redaktion: Prof. Dr. med. Erland Erdmann Prof. Dr. med. Thorsten Wahlers Universitätsklinikum Köln Herzzentrum Kerpener Straße 62 · 50924 Köln Tel.: 0221 478 32 511 Fax: 0221 478 32 512 E-mail: [email protected] Web: www.herzzentrum-koeln.de Verlag und Anzeigenverwaltung: IPV-Informations-Presse-Verlags Gesellschaft mbH Am Wiesengrund 1 · 40764 Langenfeld Tel.: 02173 1095-100 Fax: 02173 1095-111 Email: [email protected] Web: www.ipv-medien.de Gesamtherstellung: HPH Grafik-Design Syburgweg 44 · 58119 Hagen Tel.: 02334 50 44 75 Fax: 02334 50 44 76 E-mail: [email protected] Web: www.hph-grafik-design.de Ausgabe: Oktober 2012 3 VORWORT v.l.n.r.: Erland Erdmann, Thorsten Wahlers, Jan Brunkwall, Konrad Brockmeier, Stephan Baldus Sehr verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen, 2012 – das Jahr der Olympischen Spiele in London. Ein Jahr, das von Höchstleistungen im Sport geprägt ist, aber auch durch Veränderungen im Kölner Herzzentrum. Professor Dr. Erland Erdmann, langjähriger Leiter der Klinik für Kardiologie und Kardiologische Intensivmedizin übergibt den Staffelstab an Herrn Professor Dr. Stephan Baldus, der aus dem Hamburger Herzzentrum kommend die Leitung der Klinik zum 1. Oktober 2012 übernehmen wird. Dieser Wechsel wird von allen mit Spannung und Interesse begleitet, denn wie immer fragt man sich, wenn etwas Langjähriges, Bewährtes durch etwas Neues abgelöst wird, welche Einflüsse dieses für alle Beteiligten haben wird. Doch die Ängste sind unbegründet, denn die Klinik für Kardiologie wird im besten Allgemeinzustand übergeben, gekennzeichnet durch eine exzellente Auslastung und ein stetiges Wachstum über die letzten Jahre. Der neue Staffelläufer, Professor Stephan Baldus, zeichnet sich neben seinem grundlagenwissenschaftlichen Interesse an den entzündlichen Mechanismen von Herz- und Kreislauferkrankungen klinisch durch einen Schwerpunkt in der interventionellen Klappentherapie aus und wird damit die begonnene Schwerpunktbildung in beiden Bereichen nachhaltig unterstützen. Somit sind wir zuversichtlich auch weiterhin unter den führenden deutschen Universitätskliniken zum Wohle unserer Patienten tätig sein zu können und setzen auch auf Sie als Partner in dieser gemeinsamen Behandlungsstrategie. Diese Arbeit hat in der Vergangenheit durch verschiedene Bewertungsportale positive Kommentare gehabt und wir hoffen, gemeinsam mit Ihnen, dieses weiter in Zukunft ausbauen zu können. Flankiert durch die Gefäßchirurgie und Kinderkardiologie ist das Herzzentrum gut aufgestellt in der Rundum-Versorgung unserer gemeinsamen Patienten. Univ.-Prof. Dr. Jan Brunkwall Univ.-Prof. Dr. Konrad Brockmeier Univ.-Prof. Dr. Erland Erdmann 4 Univ-Prof. Dr. Stephan Baldus Univ.-Prof. Dr. Thorsten Wahlers 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT 6 Jahre im neuen Herzzentrum – Rückblick aus herz-/thoraxchirurgischer Sicht – Univ.-Prof. Dr. Th. Wahlers – Das neue Herzzentrum der Uniklinik Köln wurde im Jahre 2007 bezogen. Mit dem Wechsel vom Bettenhaus, der Ebene 15 und den Operationssälen im Zentral-OP haben sich entscheidende Verbesserungen für die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen ergeben. Nach der Operation werden die Patienten auf einer Intensivstation versorgt, die 24 Beatmungsbetten für die Herz- und Thoraxchirurgie vorhält. Alle Monitoringeinheiten sind mit modularen Überwachungsgeräten bestückt, die die Überwachung aller Herz-/Kreislauffunktionen online ermöglichen. Darüber hinaus stehen multiple Herz-Zeit-Volumina-Monitoringeinheiten zur Verfügung, die im Einzelfall zur Anwendung gebracht werden. Alle Patienten können invasiv oder nicht-invasiv beatmet werden. Die ärztlichen Mitarbeiter werden hierbei durch modernste Dräger-Technologien unterstützt. Alle Formen der maschinellen Herzunterstützung in Form von IABP, mono- und biventrikulären Herzunterstützungssystemen (Heart-Ware, Total Artificial Heart, extrakorporale Pumpen) stehen hierbei zur Verfügung. In Kooperation mit der Klinik für Nephrologie kommen alle modernen Dialyseverfahren zur Anwendung. Auf der Normalstation stehen auf der Ebene 3.2 insgesamt 35 Normalstations-Betten zur Verfügung. Hiervon sind 10 mit Telemetrie und 5 mit Monitoring-Lösung ausgestattet. Darüber hinaus wird in Kürze ein spezieller Intermdiate Care Bereich zur möglichen Behandlung isolierter Transplantationspatienten und anderen speziellen Krankheitsbildern eingerichtet. Ausstattung der Herz-, und Thoraxchirurgie: Im Herzzentrum stehen insgesamt 3 1/2 Operationssäle zur Behandlung von Herz- und Thoraxerkrankungen zur Verfügung. Darüber hinaus wird in Kooperation mit den Gefäßchirurgen ein modernster Hybrid-OP genutzt. Der HybridOP ist mit einer Philips-Röntgenanlage in Kombination mit einem Maquet-Operationstisch ausgerüstet, eine Innovation, die weltweit 2007 das erste Mal in Köln eingerichtet wurde. Alle Operationssäle und der Hybridsaal sind mit modernsten Laminar-Flow-Arbeitsbedingungen ausgerüstet, wie sie für derartige hochaseptive Operationen notwendig sind. 6 Auf der Ebene 4.2 stehen weitere 13 Normalstationsbetten zur prä- und postoperativen Versorgung der Patienten zur Verfügung. Die hohe Akzeptanz des Kölner Herzzentrums im Umfeld hat dazu geführt, dass durch die Kooperation mit externen Krankenhäusern die 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Übernahme von Patienten zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten ist. Die Auslastung war in den vergangenen Jahren, trotz Steigerung der Bettenzahl, über dem allgemeinen Schnitt des Universitätsklinikums liegend. Ambulanz: Im Ambulanzbereich stehen zahlreiche Diagnostikmöglichkeiten zur Überprüfung von Schrittmacher, Defibrillatoren interdisziplinär zur Verfügung. Darüber hinaus wird die gesamte präoperative kardiovaskuläre Diagnostik in Kooperation mit der Klinik für Kardiologie (Professor Dr. Erdmann) vorgehalten. Personal: Zur Herz- und Thoraxchirurgie gehören insgesamt ca. 35 Ärzte. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren jeweils 1 bis 2 Gastärzte aus anderen Ländern, respektive anderen Institutionen beschäftigt gewesen. Unterstützt wird das Ärztepersonal durch mehr als 100 Pflegekräfte auf der Intensiv- und Normalstation. Darüber hinaus sind mehr als 35 Pflegekräfte im Operationsbereich rund um die Uhr für die Patienten engagiert. Die großzügige Gestaltung des Herzzentrums mit einem einladenden, an ein Hotel erinnernden Eingangsbereich schafft durch die gelungene Kombination von Glasflächen, Licht und Infrastruktur eine Atmosphäre, die den Krankenhausaufenthalt sicherlich für viele Patienten deutlich angenehmer macht. Service-Stationen an den wichtigsten Schaltpunkten helfen den Patienten, sich im Umfeld des Universitätsklinikums zurecht zu finden und trotz der Vielzahl der angebotenen Behandlungen kann sich jeder Patient als Individuum fühlen, denn: Der Mensch steht für uns im Mittelpunkt Möglich geworden ist das Herzzentrum durch die Unterstützung des Fördervereins und die zunehmende Erkenntnis, dass die organzentrierte Behandlung für den einzelnen Patienten Vorteile bietet. Diese Konzentration in einer zentrumsorientierten Medizin ist mittlerweile von vielen Krankenhäusern aufgegriffen worden und der damit vom Universitätsklinikum Köln umgesetzte Trend beispielgebend für viele andere Institutionen. Die hohe Patientenakzeptanz spiegelt die Richtigkeit dieser Weichenstellung wider. Darüber hinaus sind viele Innovationen im Hause dadurch realisiert worden, dass die Unterstützung vom Förderverein Entscheidungen beschleunigt hat oder im Einzelfall auch komplexe Geräteanschaffungen möglich gemacht hat. Ein Herz hat – wer es für andere hat. Dieses Motto des Fördervereins ist sicherlich auch das Motto für jeden einzelnen Mitarbeiter, der in diesem Herzzentrum im Sinne des Patienten, im Sinne der Kooperation mit den Niedergelassenen arbeitet. Entwicklung der Klinik: Bis zum Jahre 2005 wurde die Klinik und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie von Herrn Professor Dr. Ernst Rainer de Vivie geleitet. Mit ca. 1000 Herzoperationen pro Jahr war die Klinik schon im Jahr 2005 eine der wichtigsten Kliniken für Herzchirurgie im Lande NordrheinWestfalen. Mit der Übernahme und Berufung von Herrn Professor Dr. Thorsten Wahlers im Jahre 2005 konnte mit Unterstützung des Klinikumvor- 7 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT 250 dieser Herzoperationen sind komplexe Kinderherzoperationen, ein Schwerpunkt der Klinik, der unter der erfahrenen Leitung von Prof. Dr. Geradus Bennink steht. Im Vergleich dazu werden in der Bundesrepublik etwa 100.000 Herzoperatioen in 79 Zentren durchgeführt, wobei die Gesamtzahl leicht rückläufig ist (Abb.1). Köln gehört damit mit zu den grössten universitären Herzzentren. Problematik der Altersentwicklung: Abbildung 1: Entwicklung der Herzchirurgie 1994 bis 2011 Abbildung 2: Herzchirurgie – Patienten über 70 Jahre, Bundesrepublik Deutschland standes und der weichenstellenden Politik das Behandlungsspektrum noch einmal nachhaltig ausgebaut werden, so dass mittlerweile ca. 1800 Herzoperationen sowie 200 Thoraxoperationen und etwa 450 Schrittmacher-, und Defibrillatorimplantationen im Universitätsklinikum und der zweiten Betriebsstätte in Kalk durchgeführt werden. Abbildung 3: Das Herzteam bei der interdisziplinären Beratung 8 Die letzten Jahre in der kardiovaskulären Medizin sind gekennzeichnet durch die Demographieentwicklung in den hoch industrialiserten Ländern. War es im Jahre 1985 noch so, dass die über 70-Jährigen nur etwa 5% aller zu behandelnden kardiovaskulären Erkrankungen ausmachte, so wird es 2025 so sein, das dieser Anteil auf mehr als 25% wachsen wird. Diese Entwicklung ist auch in der Herz-und Thoraxchirurgie zu verzeichnen und die Abbildung 2 zeigt die kontinuierliche Zunahme der über 70-Jährigen unter den behandelten Patienten. Im Alter geht die Belastungsfähigkeit des Menschen zurück, so dass versucht werden muss, über angepasste Operationsverfahren komplexe Behandlungen für den einzelnen Patienten, auch im höheren Lebensalter, zu ermöglichen. Innovationen der letzten Jahre: In den vergangenen 6 Jahren sind verschiedene Innovationen in den verschiedenen Behandlungsbereichen der Herz- und Thoraxchirurgie systematisch in das klinische Behandlungskonzept eingeflossen, die im folgenden themenbezogen kurz dargestellt werden sollen. 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Bypasschirurgie: Die Bypasschirurgie stellt nach wie vor das wichtigste Arbeitsgebiet der Herz- und Thoraxchirurgie dar. Als Alternative zur Bypassoperation wird vielfach die perkutane Koronarintervention (PCI) zur Anwendung gebracht und man konnte in den letzten Jahren den Eindruck gewinnen, dass hierin womöglich eine vergleichbare Alternative gegeben sei. Vergleichsstudien über größere Gruppen fehlten über viele Jahre, bis 2009 die Syntax-Studie (Synergy between pci with taxus and cardiac surgery) im New England Journal of Medicine publiziert wurde. Syntax Studie: Die Autoren haben untersucht, inwieweit Patienten mit einer koronaren Dreigefäßerkrankung, respektive einer Beteiligung des Hauptstammes der linken Kranzarterie, durch beide Behandlungsverfahren therapiert werden konnten. In den mittlerweile vorliegenden 3-Jahres-Daten zu dieser Studie ergab sich eine signifikant geringere Rate für die Bypasspatienten mit 20 versus 28%. In einer weitergehenden differenzierten Analyse zeigte sich zusätzlich, dass nach 3 Jahren die Rate der Herzinfarkte signifikant geringer in der Gruppe der Operierten. Herzteambildung im Herzzentrum Auf der Basis dieser Studie, zu der mittlerweile 4-Jahres-Daten vorliegend sind, kam man national und international zu dem Ergebnis, dass die Entscheidungsfindung zur optimalen Revaskularisationsmethode patientenorientiert erfolgen muss. Nur durch die konsensuelle und am spezifischen Fall ausgerichtete Beurteilung durch das Herzteams ist der optimale interdisziplinäre Ansatz zur bestmöglichen Versorgung der gemeinsamen Patienten gewährleistet. Diese Zusammenarbeit ist im Herzzentrum routinemäßig durch die Herzkonferenz (Abb.3), aber auch durch die tägliche Absprache im individuellen Patientenfall gegeben, so dass auch unter diesen Aspekten eine vorbildliche Therapie am Herzzentrum vorgehalten wird. Die zur Anwendung kommenden Operationsverfahren sind die Bypass-Operation mit oder ohne Herz-Lungen-Maschine. Da zunehmend nur Dreigefäßerkrankungen mit komplexer Koronarmorphologie operiert werden, zeigt sich auch in Köln der bundesweite Trend dahingehend ab, dass nur etwa 10 bis 20% aller Operationen mit der sogenannten Opcab-Methode durchführbar sind (Abb. 4). Hierbei wird unter sehr genauem Monitoring der Anästhesie die Anlage der Bypassanastomosen unter Verwendung spezieller Stabilisatoren gewährleistet. Vorteile dieser Methodik liegen darin, dass beim prädisponierten Patienten womöglich die geringe Rate perioperativer Schlaganfälle geringer ist. Darüber hinaus sind in Einzelfällen auch positive Einflüsse auf die postoperative Nierenfunktion zu verzeichnen. Abbildung 4: Operationen ohne Herz-Lungen-Maschine in der Bundesrepublik, Aufschlüsselung aller Zentren Allerdings ist die Methode im Vergleich zur konventionellen Herz-Lungen-Maschine nicht unbedingt kostengünstiger, da die zur Verwendung kommenden Einmalmaterialien im Einzelfall auch einmal den Preis einer konventionellen Herz-Lungen-Maschinen-Operation von der Seite der Materialien übersteigen können. So wird diese Technologie in jedem Einzelfall geprüft, ob sie beim Patienten sinnvoll zum Einsatz kommen kann. Die meisten Operationen, ca. 80% werden mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Auch in der Herz-Lungen-Maschinen-Technologie ist über die vergangenen Jahre eine deutliche Weiterentwicklung hinsichtlich des Einsatzes der verwendeten Materialien, der Beschichtung von Schläuchen, der Minimierung des sog. Priming-Volumens, etz. zu verzeichnen. Köln hat hier in einigen wichtigen Studien mit dem sog. Rocsafe-System teilgenommen und es konnte nachgewiesen werden, dass die Belastung mit modernen Herz-Lungen-Maschinen dem des Opcab-Verfahrens vergleichbar ist. Arterielle Bypässe: Besonderer Augenmerk wird darauf gelegt, dass insbesondere bei jüngeren Patienten < 65 Jahre – eine möglichst vollständige Revaskularisation durch sog. arterielle Grafts erfolgt. Als arterielle Grafts stehen beim Menschen insbesondere die beiden Brustwandarterien, die sog. Arteria mammariae als auch die beiden Radialarterien bei intaktem Hohlhandbogen zur Verfügung. In der Vergangenheit sind noch verschiedene andere Arterien chirurgisch evaluiert worden, aber die Langzeitergebnisse haben keine entscheidenden Vorteile gegenüber den Vena saphena magna Grafts aufgewiesen. So konzentriert sich die Verwendung in Köln auf die oben angesprochenen Arteriengrafts. Mit diesen ist eine Einzelversorgung von Gefäßen am Herzen, auch aber eine Versorgung durch die Konstruktion sog. Y- oder TGrafts möglich. Die Abbildung 5 zeigt die Anlage einer arteriellen Anastomose im OpcabVerfahren. In jedem Einzelfall sollte allerdings geprüft werden, ob der Patient Risikofaktoren zeigt, die möglicherweise zu einer eingeschränkten Brustkorbheilung führen können, wie es z.B. bei Diabetes, COPD, pAVK darstellen. Die individuelle Risikoabwägung ist damit der wichtigste Schritt in der Patientenführung. 9 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Abbildung 5: Anlage einer Bypass-Anastomose an der Herzvorderwand mittels Opcab-Verfahren – Hier: Situation vor Knüpfen der Anastomose Herzklappenchirurgie Die meisten Operationen in den letzten 5 Jahren sind in der Klappenchirurgie zu verzeichnen. Die Entwicklung geschieht in drei Gebieten, der sog. minimal-invasiven Mitralklappenchirurgie, der katheterbasierten Aortenklappentherapie sowie der Stent-gestützten Aortenklappenprothesenchirurgie. Die folgenden Übersichten sollen den Leser mit diesen Innovationen, die in den vergangenen 5 Jahren eingeführt wurden, vertraut machen. Minimal-invasive Mitralklappenchirurgie Die minimal-invasive Mitralklappenchirurgie ist 2008 mit Unterstützung des Fördervereins durch die Bereitstellung von geeignetem Instrumentarium in Köln in der Herz- und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums eingeführt worden. Grundprinzip ist, dass über eine kleine anterolaterale Thorakotomie rechts der Zugang zur Mitralklappe gewährleistet wird (Abb.6), während der Kreislauf durch die Kanülierung der rechten und Arteria und Vena femoralis in Verbindung mit der Herz-LungenMaschine aufrecht erhalten wird. Über diesen kleinen Schnitt ist video-endoskopisch unterstützt es möglich, die Mitralklappe zu rekonstruieren. Dieses Verfahren kommt bei uns bei allen Patienten zur Anwendung, deren präoperative echokardiographische Evaluation zeigt, dass ein isoliertes Klappenvitium vorliegend ist, deren Rekonstruktionsmöglichkeiten von der Seite gegeben sind. Komplexe Patienten wird man auch weiterhin von vorne operieren, insbesondere dann, wenn zusätzliche Operationen am Herzen, wie z.B. die Anlage eines Bypassgrafts oder der Ersatz oder Reparatur einer weiteren Klappe notwendig ist. 10 Darüber hinaus sind die Rekonstruktionsmöglichkeiten von der technischen Breite her im Einzelfall manchmal leichter nach Sternotomie anwendbar, als dies im Einzelfall von der Seite gegeben ist. Der minimal-invasive Zugang hat eine sehr hohe Akzeptanz bei den Patienten, da das kosmetische Ergebnis besser ist als nach einer Sternotomie und die Mobilisierung oftmals schneller von statten geht. Zur Klappenrekonstruktion kommen eine Vielzahl von Methoden zur Anwendung. Hier steht insbesondere die Ringimplantation im Vordergrund, die es ermöglicht, die dilatierte Klappe zu raffen und eine Koadaptation des Segels wieder zu gewährleisten. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren die Technologie der Neo-Chorda-Implantation (Abb.7 und 8) eingeführt, die es erlaubt, zerrissene Sehnenfäden zu ersetzen, um damit hypermobile Segelmomente wieder zu korrigieren. In der Kombination der verschiedenen Operationstechnologien ist praktisch jede insuffiziente Klappe zu rekonstruieren. Besonders gute Ergebnisse sind zu verzeichnen, wenn das posteriore Segel isoliert betroffen ist. Liegt ein gleichzeitiger Befall von Insuffizienzen im anterioren und posterioren Segel vor, ist die Rekonstruktion oftmals anspruchsvoller. Alle Rekonstruktionen werden intraoperativ hinsichtlich ihrer Dichtigkeit geprüft, so dass jeder Patient den Operationssaal mit einer reparierten geprüften Klappe verlässt. Im postoperativen Verlauf erfolgt eine erneute Überprüfung des Rekonstruktionsergebnisses. Langzeitergebnisse zeigen, dass, wenn früh postoperativ eine adäquate Dichtigkeit gegeben ist, die Langzeitergebnisse mit diesem Rekonstruktionsverfahren hervorragend sind. 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Abbildung 6: Minimal-invasive Mitralklappen-Rekonstruktion über Mini-Thorakotomie rechts Abbildung 7: Mitralklappenrekonstruktion. Implantation von 4 Neochordae im P2-Segment Abbildung 8: Mitralklappen-Rekonstruktion, Ringimplantation und trianguläre Resektion im P2-Segment 11 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Kathetergestützter Aortenklappenersatz 2008 wurde durch unsere Klinik der kathetergestützte Aortenklappenersatz zunächst transapikal, später transfemoral eingeführt. Das Grundlegende dieser Methode besteht darin, dass die stenotische Klappe durch einen sog. Ballonkatheter im rapped pacing des Herzens, ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine, dilatiert wird. Hiernach werden die jeweiligen Bestecke gewechselt und dann wird eine gecrimpte Klappe im Bereich der nativen Klappe mit einem Ballon aufgeblasen und im alten Kalk der Wand verankert. Abbildung 11: Edwards Sapien-Klappe: Kathetergestütztes Aortenklappenimplantat auf Dilatationsballon Dieses Therapieverfahren ist 2002 in die Klinik eingeführt worden und hat in den vergangenen Jahren eine rapide Zunahme gehabt, da es insbesondere beim älteren Menschen eine Operation auch dann noch ermöglicht, wenn eine konventionelle Operation aus Belastungsgrün- Abbildung 12: Medtronic Ventor: Kathetergestütztes Klappenimplantat Abbildung 9: Gesamtzahl der Aortenklappen-Ersatzoperationen in der Bundesrepublik 2006 bis 2011. Vergleich von Sternotomie und kathetergestützten Klappen. Abbildung 13: Transapikale Aortenklappenimplantation. Hier: Positionierung der Klappe im Aortenannulus Abbildung 10: Die Mitarbeiter der Herz/Thoraxchirurgie bei der Arbeit im Hybrid-Saal 12 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT den ausgeschlossen ist (Abb.9). Derzeit ist dieses Operationsverfahren auf der Basis allgemeiner Konsensusregelung nur für den konventionell nicht operablen Patienten vorgesehen, da die Letalität in Größenordnungen von 7 bis 15% liegt, während sie für den konventionellen Aortenklappenersatz nur ca 2 bis 4% beträgt. Darüber hinaus ist derzeit unklar, wie lange diese katheterinterventionell eingebrachten Klappen halten, da Langzeitergebnisse nicht bekannt sind. Auch wenn die verwendeten Materialien denen der konventionellen Klappen entsprechen, ist derzeit unklar, inwieweit der sog. Crimping-Faktor einen nachteiligen Einfluss auf die Langzeitfunktion ausübt. Stent-basierte Aortenklappenimplantation Vom Herzzentrum der Universität zu Köln sind mittlerweile mehr als 300 solcher interventionell eingebrachten Klappen im Hybridop und Herzkatheter auch in Kooperation mit anderen Häusern interdisziplnär implantiert worden (Abb.10). Aortenklappen-Operationen dauern von der sog. Ischämie-Periode etwa 45 Minuten. Mit der zunehmenden Zahl älterer Patienten ist nun überlegt worden, wie man auch diese relativ kurze Herzstillstandzeit verkürzen kann und deshalb ist mit der Stent-Technologie im Rahmen der katheterbasierten Technik eine neue Klappenprothese entstanden, die sog. Stent-gestützte Aortenklappenprothese. Die verwendeten Klappentypen sind einmal die sog. Edwards Sapien-Klappe, die MedtronicCorevalve-Klappe als auch die sog. SymetisKlappe (Abb. 11-13). Es steht zu erwarten, dass mit Fortschreiten der Technologie weitere Klappentypen auf den Markt kommen und im Rahmen von Studien werden diese unter strengen Sicherheitsauflagen im Universitätsklinikum Köln evaluiert. Für die alten Patienten stellt dieses Behandlungsverfahren eine segensreiche Methode dar. Dies konnte nicht zuletzt im Rahmen einer großen Patientenveranstaltung, bei der Patienten zusammen kamen, die zusammen mehr als 4000 Jahre gemeinsam gelebt hatten, demonstriert werden. Konventionelle Aortenklappen aus Perikard, die derzeit den höchsten Entwicklungsstand der sog. biologischen Prothesen widerspiegeln, halten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ca. 12 bis 17 Jahre. Die Langzeithaltbarkeit ist von den sog. Antikalzifizierungsbehandlungen abhängig, aber insbesondere auch von dem Patientenalter, bei dem diese Bioprothesen Verwendung finden. Es konnte gezeigt werden, dass die Langzeithaltbarkeit im Alter über 65 Jahre signifikant besser ist als in den jüngeren Jahren, was derzeit auf immunologische Faktoren bei jungen Patienten zugeführt wird. Die sog. Stent-gestützte Aortenklappenprothese ist eine Kombination aus einem Stent und einer konventionellen Bioprothese. Sie wird im Rahmen einer konventionellen Operation mit der Herz-Lungen-Maschine eingesetzt, wobei dies zum Teil auch minimalinvasiv über einen sehr kleinen Schnitt erfolgt (Abb.14a und 14b und 15). Der Vorteil ist, dass die Klappe nur noch mit 3 Nähten im Unterschied zu 12 bis 15 Nähten bei der konventionellen Prothese in der Basis verankert wird und die Dichtigkeit über die Aufdehnung eines Stents hergestellt wird. Dadurch wird die sog. Aortenklemmzeit signifikant um ein Drittel bis etwa die Hälfte Abbildung 14a: Implantation einer Stent-gestützten konventionellen Perikard-Aortenklappe 13 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Abbildung 14b: Minimal-invasiver Zugang zur Aortenklappe durch Mini-Sternotomie im oberen Sternumdrittel Abbildung 15: Triton-Stent-gestützte Aortenklappe, seitliches Röntgenbild verkürzt. Zudem ist es möglich, diese Klappe auch minimal-invasiv, d. h. über einen kleinen Schnitt, einzusetzen. Die Herz- und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums Köln ist im Rahmen einer internationalen Studie an der Evaluation dieser Klappe beteiligt und mittlerweile sind mehr als 50 Patienten mit dieser Klappenprothese mit sehr guten Ergebnissen versorgt worden. Das Flussverhalten dieser Klappe ist im Vergleich zu konventionellen Prothesen insofern besser, als dass in Regel eine Nummer größere Prothesen verwendet werden können, da weniger Nähte in der Basis zu setzen sind. Die Nachverfolgung dieser Patienten wird zeigen, dass diese Vorteile auch im Langzeitverlauf zur Verbesserung führen. Herzunterstützung und Transplantation In den vergangenen 5 Jahren hat sich von der technologischen Seite einiges im Bereich der Herzunterstützung getan. Während vor vielen Jahren noch die sog. extrakorporalen Pumpen bei Patienten mit Herzversagen zur Anwendung kommen, sind in den letzten Jahren die 14 sog. Rotations-Pumpen, die nach der Zentrifugaltechnik arbeiten, zum Einsatz gekommen. Diese Zentrifugalpumpen haben den Vorteil, dass sie im Perikard implantiert werden können und einen sehr viel geringeren Platzbedarf aufweisen als die früheren Aggregate. Hierdurch wird das Infektionsrisiko nachhaltig gesenkt, ohne dass die haemodynamische Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Das am meisten verwendete System in den vergangenen 5 Jahren ist das sog. Heartware-System. Hierbei handelt es sich um ein elektrisch betriebenes Zentrifugalsystem, welches an der Spitze des linken Ventrikels implantiert wird und über einen Dacron-Schlauch das Blut in die Aorta aszendens fördert. Das System wird durch einen externen Controller gesteuert, an dem die Batterien untergebracht sind und erlaubt es dem Patienten sich über mehrere Stunden unabhängig zu bewegen, bis die Batterien wieder aufgeladen werden müssen. Zum Einsatz kommt dieses System beim terminalen Linksversagen und die besten Ergebnisse werden bei dem Patienten erzielt, die im chronischen Herzversagen elektiv operiert werden. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die sog. notfallmäßige Linksherzunterstützungstherapie mit einem sehr hohen Letalitätsrisiko verbunden ist, so dass wir diese nur noch im Einzelfall nach Ausschöpfung aller konventionellen Therapiemaßnahmen zur Anwendung bringen. Hingegen sollte auf der anderen Seite die Vorstellung eines Patienten zur elektiven Assist-Device-Implantation frühzeitig erfolgen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Patient im chronischen Herzversagen rezidivierend stationär aufgenommen werden muss, weil die konventionelle medikamentöse Therapie nicht mehr ausreicht. 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Abbildung 18: Übersicht über die univentrikulären Herzunterstützungen in der Bundesrepublik Deutschland von 2004 bis 2011 Bundesweit sind die Zahlen für die Herzunterstützung linksventrikulär zunehmend, 2011 wurden mehr als 600 Implantate eingesetzt (Abb.18) Transplantation Neben der Herztransplantation, die in Köln schon seit vielen Jahren durchgeführt wird, haben wir im Jahre 2012 die ersten Lungen transplantiert. Die Lungentransplantation ist ein Therapieverfahren für die austherapierte Lungenerkrankung, wozu hauptsächlich die Lungenfibrose und das chronische Lungenemphysem zählen. Aufgrund der langen Wartezeiten, sowohl im Bereich der Herztransplantation als auch im Bereich der Lungentransplantation, ist eine frühzeitige Vorstellung dieser Patienten in unserer Transplantatiopnsambulanz angezeigt. Die Wartezeiten für eine Herztransplantation betragen derzeit ca. 5 bis 9 Monate in Abhängigkeit von der Blutgruppe. Ähnliches gilt für die Lungentransplantation. Die Rehabilitation dieser oft chronisch kranken Patienten ist im Einzelfall schwierig, da postoperativ über einen langen Zeitraum mit der Unterstützung der Rehabilitation die präoperativ verlorene Kraft wieder gewonnen werden muss. Nichts desto trotz stellt diese Behandlungsform eine segensreiche Therapie dar und es ist uns ein Anliegen, durch eine frühzeitige Vorstellung dieser Patienten in der Herz- und Lungeninsuffizienz eine gute Planung im Einzelfall gewährleisten zu können. Thoraxchirurgie Einen weiteren Schwerpunkt der Klinik stellt die Lungenchirurgie dar. Das Team um Professor Wahlers wurde im Jahr 2011 verstärkt durch Herrn Prof. Dr. Hekmat, der sich über viele Jahre, zuletzt am Universitätsklinikum Jena, in das Gebiet der Thoraxchirurgie und insbesondere das Gebiet der minimal-invasiven Thoraxchirurgie eingebracht hat. Mit der Ausgestaltung dieses Schwerpunktes unter Herrn Professor Hekmat ist die minimal-invasive Therapie von Lungentumoren weiter ausgebaut worden und praktisch alle Formen des Bronchial-Carcinoms werden heute über minimal-invasive Zugänge operiert. Darüber hinaus haben wir für die Therapie von Lungenmetastasen einen speziellen Laser angeschafft, der es erlaubt, auch komplexe Lungenmetastasen ohne großen Parenchymverlust, blut- und resektionsverschließend zu resezieren. Die enge Kooperation mit dem Centrum für Integrierte Onkologie erlaubt eine individuelle Patientenführung und sorgfältige Nachtherapie. Eine sehr enge Kooperation besteht auch mit der Klinik für Kardiologie und Pneumologie, wo Herr PD Dr. Frank die Kranken prä- und postoperativ im Rahmen der Diagnostik und Nachsorge betreut. Darüber hinaus besteht eine enge Kooperation mit der Schwester-Klinik in Köln-Kalk, wo gleichfalls Lungenoperationen in der Zusammenarbeit mit der dortigen Pneumologie durchgeführt werden. Schrittmacher- und Defibrillator-Therapie Das Herzzentrum der Universitätsklinik Köln hat einen weiteren Behandlungsschwerpunkt in der Schrittmacher- und Defibrillator-, respektive Zwei- und Dreikammer-Aggregat-Therapie. Es werden pro Jahr mehr als 400 Aggregate implantiert, darüber hinaus werden zahlreiche Revisionsoperationen für andere Häuser im Sinne der Maximalversorgung durchgeführt. Bundesweit zählen damit zu den Spitzenzentren (Abb.16). Abbildung 16: Übersicht über die Cardioverter-Defibrillator-Operationen in der Bundesrepublik Zur Anwendung kommen Aggregate verschiedener Hersteller und in jedem Einzelfall verfolgt die kritische interdisziplinäre Abstimmung welches Aggregat am besten zur Anwendung kommt. Der stationäre Aufenthalt für eine Schrittmacher/Defibrillator-Implantation beträgt ca 2 Tage, wenn keine zusätzlichen Erkrankungen bei dem Patienten gegeben sind. In der Regel werden die Aggregate in Lokalanästhesie in einem speziellen OP implantiert. Besondere Erfahrungen liegen auch bei Schrittmacher-Problem-Patienten vor. Als Haus der Maximalversorgung erhalten wir sehr viele Zuweisungen aus anderen Häusern, die über keine Herzchirurgie verfügen und bei komplexen Schrittmacher-Revisions-Operationen Probleme haben. Durch den Einsatz moderner Sondenextraktionssysteme gelingt es in vielen Fällen, auch die Sonden zu entfernen, die in anderen Häusern Schwierigkeiten bereiten. Mit diesem Programm, das Herr PD Dr. Madershahian mit einer hohen persönlichen Expertise betreut, werden diese Operationen durchgeführt. 15 6 JAHRE IM NEUEN HERZZENTRUM – RÜCKBLICK AUS HERZ-/THORAXCHIRURGISCHER SICHT Pulmonale Hypertonie und Operation Zusammenfassung Die Klinik für Kardiologie hat einen besonderen Schwerpunkt in der Behandlung der pulmonalen Hypertonie. Der zuständige Oberarzt, Herr Prof. Dr. Rosenkranz, betreut in seiner Ambulanz eine Vielzahl von ambulanten Patienten, denen in den meisten Fällen über eine chronische Medikamentenapplikation bei bestehendem pulmonalen Hypertonus geholfen werden kann. In den Fällen, in denen chronische Lungenembolien zu einer Erhöhung des pulmonal-arteriellen Drucks geführt hat, der konventionell nicht mehr therapiert werden kann, ist im Einzelfall die sog. pulmonale Thrombendarteriektomie angezeigt. Wir haben dieses Therapieverfahren in den vergangenen 5 Jahren eingeführt und in der Kooperation mit der Klinik für Kardiologie und Pulmologie eine Vielzahl von Patienten erfolgreich operiert. Über die enge interdisziplinäre Abstimmung ist es das Ziel, den geeigneten Operationszeitpunkt zu definieren, denn das Operationsrisiko im Sinne des postoperativen Lungen- oder Herzversagens erhöht sich signifikant, wenn der Widerstand der Lungenstrombahn 1000 dyn x sec x cm-5 überschreitet (Abb.17). Die vorliegende Übersicht mag Ihnen aufgezeigt haben, dass eine Vielzahl von Innovationen in den vergangenen 6 Jahren im Herzzentrum zur Anwendung bei der Behandlung Ihrer und unserer Patienten eingeführt werden konnte. In einer gemeinsamen Konferenz werden diese Kranken besprochen und die Indikation zur Operation gestellt. Unter dem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und einer Operation mit intermittierendem Kreislaufstillstand werden die Verdickungen der Lungenschlagader entfernt. Hierdurch kommt es relativ früh postoperativ zu einer nachhaltigen Senkung des Lungenschlagaderhochdrucks aber auch in Einzelfällen zu einem Reperfusionsschaden der Lunge, so dass der individuellen Intensivtherapie bei dieser Therapieform eine hohe Bedeutung zukommt. Wir haben es uns als Zentrum zum Ziel gesetzt, interdisziplinär in Abstimmung die Entscheidungsfindung für diese Kranken zu treffen. Die zunehmende Altersproblematik, die zunehmende Komplexität von Erkrankungen, respektive die Multimorbidität unserer Patienten macht im Einzelfall die immer differenzierte Abstimmung der Therapieverfahren notwendig. Im Herzzentrum haben wir hierfür eine Interaktionsform gefunden, die es ermöglicht, in jedem Einzelfall die beste Therapiewahl sei es konservativ, sei es operativ zu treffen. Ein Herz hat – wer es für andere hat! Wir versuchen, ein Herz für jeden Einzelnen zu haben, damit wir jeden einzelnen Patienten als Individuum behandeln, um jedem Patienten in seiner Individualität und in seiner spezifischen Krankheit gerecht zu werden. An diesem Anspruch möchten wir uns messen lassen und setzen auf das Vertrauen in die Interaktion zwischen Ihnen und uns. Entsprechende Zuweisungen sollten an die Pulmonale Hypertonie-Ambulanz der Kardiologie und Pulmologie erfolgen. Korrespondierender Autor: Univ.-Prof. Dr. med. Thorsten Wahlers Klinik und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Abbildung 17: Thrombendarteriektomie-Zylinder, der aus der Lungenstrombahn bei einer PTE-Operation entfernt wurde 16 E-Mail: [email protected] PRESSEINFORMATION Aktualisierte ESC-Leitlinie bei systolischer Herzinsuffizienz: Neue ESC-Leitlinie stärkt Rolle von Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten Belgrad/Berlin: 4. Juni 2012: Die durch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz betont die Bedeutung der Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten (MRAs). Die additive Empfehlung für MRAs wurde auf alle Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und niedriger Auswurffraktion (LVEF < 35 %) ausgeweitet, wenn sie trotz der Therapie mit einem Betablocker und ACE-Hemmer (oder AT1Blocker, falls ACE-Hemmer unverträglich) symptomatisch bleiben (Empfehlungsgrad IA).2 Damit berücksichtigt das ESC-Gremium insbesondere die Ergebnisse der EMPHASIS-HF-Studie mit Eplerenon (Inspra®). Diese erbrachte den Evidenznachweis für symptomatische Patienten der NYHA-Klasse II mit systolischer Dysfunktion. Darauf basiert ebenfalls die im Februar 2012 erteilte Zulassungserweiterung für Eplerenon in dieser Indikation (s. Fachinformation). Vieles hat sich seit der letzten, 2008 publizierten Version getan, so Prof. John McMurray, Glasgow,1 der als Chairman des ESC-Gremiums die wichtigsten Neuerungen vorstellte. Bei der Aktualisierung der Empfehlungen wurde besonderes Gewicht auf neue Erkenntnisse aus evidenzbasierten Studien gelegt. Ziel der neuen Leitlinien ist es, das Risiko einer Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz sowie das Mortalitätsrisiko zu reduzieren.2 MRAs werden in den Leitlinien bei allen Patienten empfohlen, die trotz Therapie mit einem ACE-Hemmer (oder AT1-Blocker, falls ACE-Hemmer nicht toleriert werden) und einem Betablocker, persistierende Symptome (NYHA-Klassen II-IV) und eine LVEF < 35 % aufweisen (IA). Neu im Fokus bei chronischer Herzinsuffizienz: Senkung von Morbidität und Mortalität2 Dies ist umso bedeutender, da trotz der Fortschritte bei der Behandlung die chronische systolische Herzinsuffizienz weiterhin durch eine schlechte Prognose charakterisiert ist. Laut neuester epidemiologischer Daten ist ein Jahr nach Hospitalisierung gut die Hälfte der Patienten entweder tot oder wird rehospitalisiert, gab Prof. Piotr Ponikowski, Wroclaw, Polen, anlässlich des Satellitensymposiums zur praktischen Umsetzung der Leitlinien zu bedenken. Hierbei spielt die zunächst adaptive und im chronischen Verlauf pathologische neurohormonale Aktivierung in der Entwicklung der Herzinsuffizienz eine zentrale Rolle, so Ponikowski.1 Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten: IAEvidenzgrad durch EMPHASIS-HF untermauert Wurde in der Vorgängerversion der Leitlinie der additive Einsatz von MRAs auf Patienten in den NYHA-Stadien III-IV begrenzt (RALES-Studie6 mit Spironolacton, Evidenzgrad IB), deckt jetzt das Studien-Duo EMPHASIS-HF/RALES (Evidenzgrad IA) in den aktuellen ESC-Leitlinien das gesamte Spektrum der symptomatischen Herzinsuffizienz (NYHA II-IV) mit systolischer Dysfunktion und niedriger Auswurffraktion ab. Auch wenn Patienten mit leichter Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse II und systolischer Dysfunktion im Rahmen der bisherigen Standardtherapie mit einem ACE-Hemmer bzw. AT1-Blocker und Betablocker optimal behandelt werden, weisen sie eine schlechte Prognose auf. Der Krankheitsverlauf wird durch häufige Hospitalisierungen verkompliziert, und die Lebenserwartung bleibt deutlich reduziert. Während einer medianen Studiendauer von 21 Monaten konnte bei diesen Patienten in der EMPHASIS-HF-Studie (Eplerenone in Mild Patients Hospitalization And SurvIval Study in Heart Failure) der kombinierte Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz durch die additive Therapie mit Eplerenon um 37 %, die Gesamtmortalität um 24 % sowie die Inzidenz von Herzinsuffizienz-bedingten Klinikeinweisungen um 42 % signifikant gesenkt werden.3 Wiederholte Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz, ein wichtiges Indiz für den Krankheitsverlauf, waren im Rahmen des verlängerten 25-monatigen Follow-up unter Eplerenon um 38 % seltener.4 Auch Subgruppen mit weiteren Risiken wie Patienten mit höherem Alter, Diabetes mellitus und eingeschränkter renaler Funktion profitierten gleichermaßen, erläuterte Prof. Faiez Zannad, Nancy, Frankreich.1 Leitlinienimplementierung: Optimaler Benefit durch genaues Therapiemonitoring In der täglichen Praxis sollte man sich sowohl im Hinblick auf den Einsatz von Eplerenon als auch auf die erforderliche Titration zur optimalen Dosis weder vom Risiko einer Hyperkaliämie noch von etwaiger Verschlechterung der Nierenfunktion abschrecken lassen, empfahl Zannad.1 Der klinische Benefit der Eplerenon-Therapie ist davon unabhängig. Werden Kaliumspiegel wie vorgeschrieben kontrolliert, ist eine signifikant höhere Inzidenz schwerer Hyperkaliämien (> 6,0 mmol/l) nicht zu befürchten. Dies konnte in der EMPHASIS-HF-Studie gezeigt werden. ––––––––––––––––––––– Literatur: 1 2 3 4 5 6 7 ESC Heart Failure Congress 2012. Belgrad, 19.-22. Mai 2012 McMurray J et al. Eur Heart J. 19. Mai 2012 (Epub ahead of print) Zannad F et al. N Engl J Med. 2011;364:11-21 Pitt B et al. ESC Congress 2011. Paris, 27.-31. August 2011 Pitt B et al. N Engl J Med. 2003;348:1309-21 Pitt B et al. N Engl J Med. 1999;341:1349-55 Fachinformation Inspra® 25 mg/50 mg (Februar 2012) WIE SIEHT DIE OPTIMALE KORONARINTERVENTION 2012 AUS? Wie sieht die optimale Koronarintervention 2012 aus? – ein kritischer Überblick – – Prof. Dr. Erland Erdmann – Zur Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim 11. – 14. April 2012 war ich gebeten worden, ein möglichst kontroverses Statement zur heute optimalen Therapie der Patienten mit Angina pectoris und Hauptstammstenose abzugeben, damit wir das „Für und Wider“ unter Fachleuten anschließend (aus)diskutieren könnten. Nun muss man wissen, dass die Hauptstammstenose (siehe Abb. 1) eigentlich eher als eine Operationsindikation und nicht als eine Domäne der interventionellen Kardiologie, also als für einen Stent ungeeignet, angesehen wird. Mir war der „Kontrapart“ zugedacht worden, ich sollte also den Standpunkt vertreten, eine Hauptstammstenose gehört operiert. Obwohl ich aus erfahrungsbedingten Sicherheitsgründen eher konservativ denke und deshalb die herzchirurgische Versorgung von Patienten mit komplexer koronarer Herzerkrankung in der Regel für besser halte als die katheterinterventionelle, musste ich mich den meisten Argumenten, die für eine Dilatation der Herzkranzgefäße und eine Stentimplantation sogar bei Hauptstammstenosen vorgebracht wurden, doch weitgehend anschließen. Die Fortschritte der Aufdehnung, Wiedereröffnung und Stabilisierung eingeengter oder verschlossener Herzkranzgefäße sind inzwischen so großartig, dass der Herzchirurg heutzutage nur noch bei sehr komplexen Situationen, die der Kardiologe (z. Zt. noch) nicht beherrscht, gefordert ist. Wie ist es eigentlich dazu gekommen? Geschichtliches Prof. Forßmann (1904 – 1979) bekam 1956 zwar den Nobelpreis dafür, dass er 1929 einen Katheter von der Armvene aus in das Herz vorgeführt hatte, das betraf aber nur die rechte Vorkammer und den rechten Ventrikel. Auch ergaben sich aus seiner damaligen Pioniertat keine diagnostischen oder therapeutischen Konsequenzen. Prof. Grüntzig (1939 – 1985) gelang 1977 erstmalig bei einem symptomatischen Patienten mit einer 80% Stenose der linken vorderen Herzkranzarterie (LAD) mit einem selbst verfertigten Ballonkatheter die im Übrigen auch nach 10 Jahren noch erfolgreiche Aufdehnung des Koronargefäßes. Sehr bald stellte sich aber heraus, dass die lediglich dilatierten Koronarstenosen sich in >50% der Fälle wieder verengten (Restenose). Dies war besonders bei proximal gelegenen Stenosen und insbesondere bei der Hauptstammstenose wegen der Infarktgefährdung problematisch. Deshalb haben wir bereits in den 80iger Jahren die Dilatation der Hauptstammstenose wieder verlassen. Als Prof. Ulrich Sigwart vor genau 25 Jahren erstmalig erfolgreich Stents in die Koronarstenosen implantierte, glaubten wir initial, dass das Restenoseproblem beherrscht sei. Leider kam es aber zum einen in einem hohen Prozentsatz zum akuten thrombotischen Verschluss und zum anderen in etwa 30% der Fälle zur späteren Restenose der Stents. Der Akutverschluss ließ sich vermeiden, als man herausfand, dass die duale Plättchenhemmung (mit Aspirin und Ticlopidin oder Clopidogrel) diesen praktisch immer verhinderte. Die Restenosen wurden sehr viel seltener durch Beschichtung der Stents mit proliferationshemmenden Substanzen (Paclitaxel, Sirolimus etc.). Da diese Proliferationshemmer aber auch das Überwachsen des Stentmaterials durch das körpereigene Gefäßendothel verhindern, muss die doppelte Thrombozytenaggregationshemmung wenigstens 6, besser 12 Monate lang fortgeführt werden. Trotzdem bleiben akute thrombotische Verschlüsse mit 50% Infarktinzidenz eine große Gefahr der beschichteten Stents, besonders, wenn, aus welchen Gründen Abbildung 1: Die 90 % LCA-Hauptstammstenose ist einer Dilatation und Stentimplantation sehr gut zugänglich und bedarf keiner Bypassoperation 18 WIE SIEHT DIE OPTIMALE KORONARINTERVENTION 2012 AUS ? auch immer, Aspirin oder Clopidogrel abgesetzt werden (müssen). Da die Lebenserwartung nach Implantation eines unbeschichteten Stents (BMS = bare metal stent) oder eines beschichteten Stents ( DES = drug eluting stent) nach ~3 Jahren gleich ist, hängt die Differentialtherapie davon ab, ob große oder kleine Gefäße, kurze oder lange Stenosen „gestentet“ werden müssen oder ob der Patient Vorhofflimmern hat oder ob eine nichtkardiale Operation bevorsteht. In den letzten beiden Fällen sollte wegen des höheren Blutungsrisikos kein DES gegeben werden. Es bleibt also in der Regel eine ärztliche Einzelfallentscheidung, welcher Stent implantiert wird. So kompliziert dieser Sachverhalt erscheinen mag, so sollte man doch darauf hinweisen, dass Restenosen heutzutage nur in 10 – 15% auftreten und in der Regel durch eine erneute Dilatation, eventuell mit einem beschichteten Ballon, sehr gut behandelt werden können. Die langsam sich entwickelnde Restenose des BMS kündigt sich meist rechtzeitig durch erneute Angina pectoris oder eine Ischämiereaktion an, so dass man gut intervenieren und der Patient nach 1 – 2 Tagen Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause gehen kann. Abbildung 2 a: Eine „komplexe“ Hauptstammstenose , die sich nicht zur Stentimplantation eignet und besser operiert werden sollte Stentimplantation oder Bypass-Operation? Wenn technisch möglich wird heute bei symptomatischen Koronarstenosen in der Regel ein Stent implantiert. Die Bypass-Operation ist komplikationsbehafteter, dauert länger (u.a. mehrere Wochen Kliniksaufenthalt) und ist sehr viel teurer. Dafür gibt es deutlich weniger Restenosen. Allerdings können sich in ~10% auch Bypasses akut verschließen, und nach 10 Jahren sollen ~50% der aortokoronaren Venenbypasses nicht mehr durchgängig sein. Da in der Regel neben arteriellen- auch Venenbypasses (zusätzlich) verwendet werden müssen, ist dieser Aspekt nicht unwichtig. Deshalb empfiehlt man dem Koronarpatienten heute nur dann eine Bypassoperation, wenn z. B. bei einer Dreigefäßerkrankung zu viele Stents gesetzt werden müssten und/oder die Komplikationsgefahr zu groß wird, oder, wenn die Stentimplantationen z. B. wegen anatomisch ungünstiger Lage der Stenosen zu schwierig und damit gefährdend würden. Der erfahrene und verantwortungsbewusste Kardiologe weiß sehr genau, bei welchen Fällen er einen oder mehrere Stents implantiert oder wann er lieber den Herzchirurgen involviert. Derartige komplizierte Fälle werden heute regelhaft in der Herzkonferenz mit allen Fachkollegen ausführlich besprochen, so dass eine gemeinsam verantwortete Entscheidung natürlich unter Einbeziehung des Patientenwunsches getroffen werden kann. Man spricht dann von einer Entscheidung des „Herzteams“, die immer auch schriftlich fixiert wird. Abbildung 2 b: die RCA des Pat. mit der „komplexen“ Hauptstammstenose war ebenfalls hochgradig atherosklerotisch verändert. Hier empfiehlt sich eine Bypassoperation Was tun bei einer Hauptstammstenose? Kurz und (etwas) vereinfacht zusammengefasst besteht aus meiner Sicht wahrscheinlich Konsens zwischen den meisten Herzchirurgen und Kardiologen hinsichtlich folgender möglicher Situationen: 1. es handelt sich um eine isolierte gut mit einem Stent angehbare Hauptstammstenose (siehe Abb.1): dann wird (nach Aufklärung des Patienten über die Alternativen) ein Stent implantiert 2. es besteht eine koronare Mehrgefäßerkrankung mit zusätzlicher Hauptstammstenose, alle Stenosierungen erscheinen gut zugänglich für eine Dilatation bzw. eine StentImplantation: in der Regel werden dann die notwendigen Stents implantiert, die Bypassoperation ist aber eine gute Alternative 3. Die Hauptstammstenose erscheint komplex, z.B. in der Bifurkation der LAD und der CX und/oder es bestehen Koronarstenosierungen, die sich nicht zur Dilatation anbieten (siehe. Abb. 2a und 2 b): damit ist eine eindeutige Indikation zur Bypassoperation gegeben. 19 WIE SIEHT DIE OPTIMALE KORONARINTERVENTION 2012 AUS? Die meisten Kardiologen werden die unter 1) und (wenn alternativ) unter 2) genannten Situationen also mit gutem Gewissen koronarinterventionell angehen. Das erscheint mir nach den durch die Literatur belegten Ergebnissen kontrollierter Studien auch indiziert. Die SYNTAX-Studie unterstreicht diese Meinung ebenfalls (1), da die Patienten mit den unter 1. und 2. genannten Koronarbefunden auch nach drei bzw. 4 Jahren eine mindestens genauso gute Prognose nach Stentimplantation hatten (2). Hingegen wird die unter 3) beschriebene Situation aus meiner Sicht auf absehbare Zeit eine Domäne der Herzchirurgie bleiben. Hier waren die Studienergebnisse nach Bypassoperation besser. sollten komplexe Situationen – mit oder ohne Hauptstammstenose – immer vorher mit den Herzchirurgen besprochen werden. Dies dient nicht nur der gegenseitigen Wertschätzung sondern auch der Reduzierung von vermeidbaren Notfallsituationen. Die professionelle, emotionslose gemeinsame Entscheidung in einem „Herzteam“ sollte überall eine Selbstverständlichkeit sein. Eine primär operative Koronarrevaskularisation hat eine geringe Letalität (je nach Alter und Begleiterkrankungen <5%) und eine gute postoperative Prognose hinsichtlich Beschwerdefreiheit und Leistungsfähigkeit. Das sieht bei notfallmäßigen Bypassoperationen ganz anders aus. Deshalb sollte man sich bemühen, diese so gut es geht zu vermeiden. Die Qualität eines gut geführten Herzkatheterlabors lässt sich auch daran ablesen, wie häufig bei komplexen Interventionen Notfallsituationen entstehen, die dann die mit deutlich schlechteren Ergebnissen belastete akute Bypass-Operation nötig machen. Derartige ungute Situationen sollten die extreme Ausnahme bleiben, da sie oft auch die Selbstüberschätzung der Interventionalisten anzeigen. Weiterhin glaube ich nach mehrfacher gutachterlicher Erfahrung, dass eine Hauptstammstenose nur in einem Haus mit Herzchirurgie angegangen werden sollte. Foto: N. Hanano Warum ist eine „konservative“ (= operative) Therapieentscheidung oft besser? Korrespondierender Autor: Prof. Dr. med. Erland Erdmann Herzzentrum der Universität zu Köln Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221 / 47 83 25 11 Fax: +49 221 / 47 83 25 12 E-Mail: [email protected] www.herzzentzrum-koeln.de und http://herztv.de/ Die Kölner Situation In Köln besprechen wir alle Hauptstammstenosen auf unserer Herzkonferenz und legen dort gemeinsam das optimale Procedere fest. Wirkliche kardiologische/herzchirurgische Kontroversen hat es in den letzten Jahren diesbezüglich nicht gegeben. Aus meiner Sicht 20 Literatur: 1. Serruys et al., N Engl J Med 2009;360:961-72 2. Kappetein et al., European Heart Journal (2011) 32, 2125-2134 DAS KÖLNER INFARKT MODELL Das Kölner Infarkt Modell – – – – Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels, Dr. med. Katharina Seck, Dr. med. Christian Keller, Dr. med. Jan Sparwel – Das Kölner Infarkt Modell (KIM) wurde im Oktober 2005 als gemeinsames Projekt des Rettungsdienstes der Stadt Köln und aller 16 Kölner Kliniken ins Leben gerufen und startete offiziell im Januar 2006. KIM hat zum Ziel, eine optimale, schnelle, leitliniengerechte und sektorenübergreifende Versorgung aller Kölner Patienten mit ST-Hebungsinfarkt zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür war die strukturierte und koordinierte Zusammenarbeit des Notarztsystems, aller Krankenhäuser der städtischen Regelversorgung sowie der insgesamt 5 kardiologischen Interventionszentren mit Rund-um-die-Uhr Bereitschaft des Herzkatheterlabors. Seit August 2006 ist KIM e.V. ein eingetragener Verein. KIM erfüllt die geltenden Versorgungsstandards und kontrolliert diese durch ein Qualitätssicherungssystem. Gleichzeitig ist KIM das zwischenzeitlich auch international größte kommunale Infarktregister. Hospital, Herzzentrum am Evangelischen Krankenhaus Kalk, Krankenhaus Porz), – den elf Kölner Kliniken mit internistischen Abteilungen ohne Herzkatheterlabor (Eduardus Krankenhaus, Evangelisches Krankenhaus Köln-Weyertal, Heilig Geist-Krankenhaus, Städtisches Krankenhaus Holweide, Krankenhaus der Augustinerinnen, Malteser Krankenhaus St. Hildegardis, St. Agatha Krankenhaus, St. Antonius Krankenhaus, St. Elisabeth Krankenhaus, St. Franziskus Krankenhaus, St. Marien Hospital). – Eingebunden in das Modell sind zudem die ärztlichen Notdienstpraxen, die kardiologischen Praxen sowie die Kölner Hausärzte. Die im Rahmen des Kölner Infarkt Modells gelungene kooperative Verzahnung zwischen Präklinik und Klinik gewährleistet eine strukturiert aufeinander abgestimmte Versorgung und somit gleichzeitig eine Verkürzung der bei STHebungsinfarkten wichtigen Zeitspanne bis zur Wiedereröffnung des verschlossenen Herzkranzgefäßes. Zur weiteren Prozessoptimierung sind verschiedene, von KIM initiierte Projekte, wie z.B. das ECG Navigation System (ENAS) im Stadium der Umsetzung. Die zum Kölner Infarkt Modell gehörenden Pfade sind wie folgt zusammengefasst: Im Einzelnen verfolgt das Kölner Infarkt Modell folgende Ziele: – die kontinuierliche Aufrechterhaltung einer sektorenübergreifenden Versorgungsstruktur, – die schnellstmögliche und leitliniengerechte Versorgung von Patienten mit ST-Hebungsinfarkt, – die Sicherung der postinterventionellen Versorgung in nachgeschalteten Kliniken, – die Implementierung von Versorgungsstandards für die präklinische, klinische und poststationäre Betreuung, – die Definition von Qualitätsindikatoren und Einbindung solcher in ein entsprechendes Qualitätssicherungssystem, – die kontinuierliche Qualitätssicherung, – die Sensibilisierung von Patienten bezüglich der Erkennung von Infarktsymptomen, um die Zeiten des Infarktmanagements zu verkürzen. Das Kölner Infarkt Modell wird aktiv getragen vom = Telefonische Vorab-Benachrichtigung des Interventionszentrums – Rettungsdienst der Stadt Köln, – den fünf Interventionszentren mit 24-stündiger Herzkatheterbereitschaft an 365 Tagen im Jahr (Herzzentrum der Universität zu Köln, Klinikum Köln-Merheim, St. Vinzenz Abbildung 1: Kölner Infarkt Modell – Algorithmus zum Management des ST-Hebungsinfarkts. Das Ideal aller Versorgungswege besteht in der schnellstmöglichen Versorgung des Patienten mit ST-Hebungsinfarkt. 21 DAS KÖLNER INFARKT MODELL Nach Diagnosestellung eines ST-Hebungsinfarkts durch den Notarzt erfolgt unmittelbar eine Kontaktaufnahme mit einer der fünf Interventionskliniken. Fast zeitgleich wird das Notfallherzkatheterteam bestehend aus Kardiologe/-in, Herzkatheter-Pflegekraft, Intensivarzt/-ärztin und Intensiv-Pflegekraft alarmiert. Nach Eintreffen des Patienten in der Klinik erfolgt unmittelbar die Notfallherzkatheteruntersuchung, so dass im Idealfall das betroffene Koronargefäß vollständig wiedereröffnet werden kann (Abb. 2). Dank dieser eingespielten Szenarien konnten von 2006 bis heute ca. 3000 Patienten schnellstmöglich versorgt werden (Abb. 3). Eine kontinuierliche Qualitätssicherung ist integraler Bestandteil des KIM Versorgungsmodells. Die wesentlichen Qualitätsindikatoren für das Kölner Infarkt Modell sind die Einhaltung der „Versorgungszeiten“. Die Contact-toballon Zeit, d.h. die Zeitdifferenz zwischen Erstkontakt mit dem Notarzt bis zur Koronarintervention, konnte von 93 Minuten (2006) auf 85 Minuten (2011) gesenkt werden (Abb. 4). Ingesamt demonstriert das Kölner Infarkt Modell die Machbarkeit einer leitliniengerechten Behandlung des akuten STEMI im kommunalen, institutionsüberschreitenden Netzwerk durch eine optimierte Rettungskette mit hohem Anteil an rascher Rekanalisierung mittels Koronarintervention. Das unabhängige Netzwerk KIM führt zu einer nachhaltigen Qualitätsbesserung im flächendeckenden Management des ST-Hebungsinfarktes in einer urbanen Umgebung. Korrespondierender Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221 / 47 83 24 01 Fax: +49 221 / 47 83 24 00 E-Mail: [email protected] Abbildung 2: Akuter ST-Hebungsinfarkt (Hinterwandinfarkt) 22 Abbildung 3: KIM-Patientenzahlen (kumulativ) Abbildung 4: Contact-to-balloon Zeit (2006-2011) STELLENWERT DER DREIDIMENSIONALEN ECHOKARDIOGRAPHIE Stellenwert der dreidimensionalen Echokardiographie Möglichkeiten der 3D-Echokardiographie – Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels – Die 3D-Echokardiographie basiert auf der Grundlage von speziellen Matrixschallköpfen. Die matrixförmige Anordnung der Ultraschallkristalle erlaubt erst die Erfassung eines pyramidenförmigen Ultraschallsektors. Der dreidimensionale Schallkopf lässt insgesamt drei Hauptanwendungen zu. Seit mehreren Jahren besteht neben der zweidimensionalen (2D) Ultraschalluntersuchung des Herzens die Option der dreidimensionalen (3D) Darstellung von Strukturen des Herzens. Die Echokardiographie kann in eine transthorakale (TTE) und eine transösophageale Echokardiographie (TEE) eingeteilt werden. Sowohl die TTE als auch die TEE können wiederum in ein zwei- und in ein dreidimensionales Verfahren unterteilt werden, so dass insgesamt vier Optionen der Herzultraschalluntersuchung bestehen: 2D-TTE, 3D-TTE, 2D-TEE und 3D-TEE. 1. „x-Plane“ Modus (Abbildung 1): Hier besteht die Möglichkeit, gleichzeitig verschiedene (meist zwei) Schallebenen zu untersuchen, die in einem wählbaren Winkel zu einander stehen (Abbildung 1A). Während des x-Plane ist ein Zuschalten des Farbdopplers möglich (Abbildung 1B), um eine zeitliche Zuordnung von Insuffizienzjets zu anatomischen Strukturen in zwei Ebenen zu ermöglichen. Klinische Anwendung Anwendung in Studien Linksventrikuläre Funktion Volumetrie ✔ Ejektionsfraktion ✔ Ventrikelform ✔ Dyssynchronie ✔ Rechtsventrikuläre Funktion Volumetrie ✔ Ejektionsfraktion ✔ Ventrikelform ✔ 2. „3D-Zoom“ oder „Echtzeit“ Modus (Abbildung 2): Untersuchung eines pyramidenartigen 3D-Sektors (Abbildung 2). Alle echokardiographischen Datensätze können während der Aufnahme oder später mittels spezieller Programme nachbearbeitet werden. Dieser Modus, bei welchem ein breiter Ultraschallsektor gewählt wird, hat im Gegensatz zum „Full-volume Modus“ eine kleinere Bildfrequenz (10-15 Hz). 3. „Full-volume“ Modus (Abbildung 3): 3DUntersuchung mehrerer pyramidenartiger Sektoren (meist 4-7 Untersektoren). Bei diesem Modus werden mehrere Untersektoren gewählt und in 4-7 konsekutiven Herzzyklen benachbarter Volumensegmente zusammengefügt, so dass die umliegenden Strukturen genau betrachtet werden können (Bildfrequenz 25-40 Hz). An den Übergängen der Sektoren kann es insbesondere bei Vorliegen von Arrhythmien zu einer deutlichen Einschränkung der Bildqualität kommen. Vitien Mitralkappe ✔ ✔ Aortenklappe ✔ ✔ Trikuspidalklappe ✔ Pulmonalklappe ✔ Weitere Indikationen Periinterventionelle ✔ Prozeduren (insbesondere der Mitralklappe) ✔ Intrakardiale ✔ Raumforderungen Angeborene Vitien ✔ Indikationen zur 3D-Echokardiographie Ziel der dreidimensionalen Echokardigraphie ist es, einen anatomischen bzw. chirurgischen Blick auf verschiedene Herzstrukturen zu ermöglichen. Insbesondere Herzklappenerkrankungen lassen sich morphologisch dadurch besser darstellen und quantifizieren. Mittels dieser 3D-Technologie erhält man erstmalig einen strukturellen Eindruck der Pathomorphologie bestimmter Herzklappen. Die räumliche Zuordnung pathologischer Strukturen ist im 3D-Modus im Gegensatz zur 2D-Echokardiographie deutlich präziser und zuverlässiger. Die 3D-Echokardiographie führt somit zu einer Erhöhung der diagnostischen Genauigkeit. Des Weiteren erlaubt die 3D-Technologie eine exakte morphologisch-qualitative Beurteilung sowie die Möglichkeit quantitativer Messungen (z.B. Volumenbestimmung). Die 3D-Echokardiographie ist bei folgenden klinischen Fragestellungen indiziert [1-5]. 23 STELLENWERT DER DREIDIMENSIONALEN ECHOKARDIOGRAPHIE 3D-TEE am Beispiel Mitralklappenprolaps Am Beispiel eines jungen Patienten mit Palpitationen möchte ich den Stellenwert der dreidimensionalen Echokardiographie darlegen. Die primäre transthorakale 2D-Echokardiographie war aufgrund von schlechten Schallbedingungen nicht aussagekräftig, so dass die Indikation zur transösophagealen Echokardiographie bestand. Im Rahmen der 2D-TEE Untersuchung im x-Plane Modus konnten eine systolische Vorwölbung bzw. eine abnorme Protrusion des posterioren Mitralsegels (P2) nach atrial während der Ventrikelsystole mit exzentrischem Refluxjet im Farbdoppler nachgewiesen werden (Abbildung 1), so dass die Diagnose eines Mitralklappenprolaps gestellt wurde. Zur weiteren räumlichen Zuordnung und Größenabschätzung des Mitralklappenprolaps erfolgte die 3D-TEE Untersuchung (Abbildung 2 und 3), bei welcher der 2D-TEE Befund bestätigt werden konnte. Anhand der dreidimensionalen Darstellung war erstmalig eine genaue Größenzuordnung und Lagebestimmung des Prolaps möglich, so dass in Zusammenschau aller Befunde die Indikation zur herzchirurgischen Mitralklappenrekonstruktion gestellt wurde. Abbildung 2: 3D-transösophageale Echokardiographie (Ao, Aortenklappe; Mk, Mitralklappe; al, anterolateral; pm, posteromedial) Anhand dieser Falldemonstration erklärt sich gerade die Stärke der 3D-Echokardiographie, da es dadurch gelingt, die komplexe sattelförmige Geometrie der Mitralklappe in einem plastischen Gesamtbild zu veranschaulichen. Der interventionell tätige Kardiologe und der Kardiochirurg erhalten zum einen eine orientierte Pathomorphologie in Echtzeit und zum anderen eine räumliche Beziehung zwischen prolabierenden und nicht prolabierenden Mitralsegelsegmenten. 3D-TEE bei Klappeninterventionen Da sowohl der „x-Plane“ als auch der „3DZoom“ Modus in Echtzeit erfolgt, eignen sich beide Modi neben der Diagnostik auch im Abbildung 3: 3D-TEE Darstellung der Mitralklappe zum Zeitpunkt der Systole (Ao, Aortenklappe; Mk, Mitralklappe; TEE, transösophageale Echokardiographie) Abbildung 1: 2D-transösophageale Echokardiographie (LA, linker Vorhof; LV, linker Ventrikel; RV, rechter Ventrikel) 24 Rahmen von Interventionen, wie z.B. bei der perkutanen Mitralklappenrekonstruktion. Die 3D-TEE Untersuchung im x-Plane und im 3D-Full-volume Modus sind im Rahmen der perkutanen Mitralklappenrekonstruktion nicht wegzudenken. Sowohl die transseptale Punktion als auch das Prozedere während des MitraClipping erfolgen unter kontinuierlichem 3D-TEE Monitoring. Das intraprozedurale Monitoring und die Navigation während des MitraClipping mittels 3D-TEE gehören zum Standard dieser speziellen Intervention. STELLENWERT DER DREIDIMENSIONALEN ECHOKARDIOGRAPHIE Limitationen der 3D-Echokardiographie Der routinemäßige Einsatz der 3D-Echokardiographie ist aufgrund der hohen Gerätekosten noch deutlich limitiert. Obwohl viele Anbieter 3D-TTE Schallköpfe anbieten, sind diese aufgrund ihrer Größe noch sehr umständlich zu handhaben. In jüngster Zeit bieten einige Hersteller handliche 3D-TTE Sonden an, jedoch sei erneut auf den ökonomischen Aspekt hingewiesen. Des Weiteren bieten die meisten 3D-Sonden keine Dopplerfunktion an oder es wird eine 3D-Option ohne Möglichkeit der quantitativen Auswertung angeboten. Obwohl einige Studien die multidimensionale Echokardiographie vor die zweidimensionale Darstellung stellen, sei an dieser Stelle angemerkt, dass die unterschiedliche Expertise des Untersuchers und die Qualität der Echogeräte neben den technischen Voraussetzungen wesentlich zur Qualität des 3D-Verfahrens beitragen. Die 3D-Darstellung der Trikuspidal- und Pulmonalklappe ist im Gegensatz zur 3D-Darstellung von Aorten- und Mitralklappe häufig erschwert, so dass die 3D-Echokardiographie bezogen auf das rechte Herz und seine Klappen aufgrund der komplexen Anatomie noch keinen Einzug in die klinische Routine gefunden hat. Fazit Die 3D-Technologie in der Echokardiographie ist eine ergänzende Option zur konventionellen 2D-Echokardiographie. Die 3D-Echokardiographie setzt neben der hohen Expertise des Untersuchers einen finanziellen und zeitlichen Mehraufwand voraus. Die aktuell, wesentliche Indikation besteht in der Beurteilung von Mitral- und Aortenklappenvitien sowie als intraprozedurales Monitoring bei katheterinterventionellen Eingriffen an der Mitralklappe. Korrespondierender Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Guido Michels Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221 / 47 83 24 01 Fax: +49 221 / 47 83 24 00 E-Mail: [email protected] Literatur: 1. Biaggi P, Jedrzkiewicz S, Gruner C, Meineri M, Karski J, Vegas A, Tanner FC, Rakowski H, Ivanov J, David TE, Woo A. Quantification of mitral valve anatomy by three-dimensional transesophageal echocardiography in mitral valve prolapse predicts surgical anatomy and the complexity of mitral valve repair. J Am Soc Echocardiogr. 2012; 25(7):758-765 2. Lang RM, Badano LP, et al. American Society of Echocardiography; European Association of Echocardiography. EAE/ASE recommendations for image acquisition and display using three-dimensional echocardiography. J Am Soc Echocardiogr. 2012;25(1):3-46. 3. Roberson DA, Cui W, Patel D et al. Three-dimensional transesophageal echocardiography of atrial septal defect: a qualitative and quantitative anatomic study. J Am Soc Echocardiogr. 2011;24(6):600-610 4. Salcedo EE, Quaife RA, Seres T, Carroll JD. A framework for systematic characterization of the mitral valve by real-time three-dimensional transesophageal echocardiography. J Am Soc Echocardiogr. 2009 Oct; 22(10):1087-99. 5. Verhey JF, Nathan NS, Rienhoff O et al. Finite-elementmethod (FEM) model generation of time-resolved 3D echocardiographic geometry data for mitral-valve volumetry. Biomed Eng Online. 2006;5:17 25 DIE PERIPARTALE KARDIOMYOPATHIE Die peripartale Kardiomyopathie: Ein komplexer „Kolibri“ in unserem Herzinsuffizienzalltag – Priv.-Doz. Dr. med. Roman Pfister – Im Dezember 2011 wurde uns eine 31-jährige Frau mit progredienter Abgeschlagenheit, Beinödemen und schwerer Dyspnoe zugewiesen. Die Patientin berichtete außerdem über Herzrasen. Es bestanden keine relevanten Vorerkrankungen. Ende August hatte die Patientin nach komplikationsloser Schwangerschaft entbunden. Klinisch bot sich das klassische Bild einer schwer dekompensierten Globalherzinsuffizienz und echokardiographisch zeigte sich passend dazu eine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion mit einer Ejektionsfraktion von 20% mit sekundärer Mitralinsuffizienz und pulmonaler Hypertonie. Zwei Jahre vor diesem Ereignis war bei der Patientin ein echokardiographischer Normalbefund dokumentiert. Aufgrund der zeitlichen Assoziation mit der Entbindung Ende August und dem unauffälligen Vorbefund wurde die Diagnose einer peripartalen Kardiomyopathie gestellt. Aufgrund des schweren Befundes mit ausgeprägter Sinustachykardie und Hypotonie wurde die Patientin auf unsere Intermediate Care Station aufgenommen. Unter EKG-Monitorüberwachung fanden sich im Verlauf neben der Sinustachykardie komplexe ventrikuläre Rhythmusstörungen bis zu selbstlimitierenden ventrikulären Tachykardien. Kompliziert durch die ausgeprägte Hypotonie konnte die Medikation nur sehr langsam auftitriert werden und erst nach mehr als 4-wöchiger Behandlung unter Monitorkontrolle besserten sich die ventrikulären Rhythmusstörungen und die Patientin konnte auf Normalstation verlegt und schließlich entlassen werden. Während der ambulanten Weiterbehandlung bestand klinisch ein stabiler Verlauf im funktionellen Stadium NYHA III. Die linksventrikuläre Pumpfunktion besserte sich nach 5 Monaten nicht relevant und in Langzeit-EKG Kontrollen fanden sich weiterhin sehr viele ventrikuläre Extrasystolen bis zu Trigemini. Mit einer ICDDevice Implantation konnte sich die Patientin zu diesem Zeitpunkt nicht abfinden, so dass zum Schutz vor malignen Rhythmusstörungen bei persistierend schwer eingeschränkter Pumpfunktion eine Defibrillatorweste (Lifevest) eingesetzt wurde. Bislang waren in den Abfragen glücklicherweise keine malignen Rhythmusstörungen bzw. Defibrillationsaktivitäten dokumentiert. Was ist die peripartale Kardiomyopathie? Herzinsuffizienz in zeitlicher Assoziation mit einer Schwangerschaft ist lange bekannt und wird bei Fehlen anderer spezifischer Grunderkrankungen als peripartale Kardiomyopathie definiert. Funktionell ist die peripartale Kardiomyopathie durch eine Dilatation und Funktionsstörung des linken Ventrikels im Sinne einer dilatativen Kardiomyopathie gekennzeichnet 26 (1). Die Erkrankung kann sich im letzten Schwangerschaftsabschnitt bzw. in den ersten 5 Monaten nach Geburt manifestieren, wobei diese Grenzen nicht als absolut gelten. Die meisten Fälle werden im ersten Monat nach Geburt diagnostiziert. Ingesamt handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die Prävalenz wird auf 1 von 3.000 - 5.000 Geburten geschätzt, wobei keine zuverlässigen Erhebungen für Deutschland vorliegen. In unserer Spezialambulanz sehen wir ca. 1-2 Patientinnen pro Jahr. Die Prognose der Erkrankung ist ernst. Obwohl sich die kardiale Funktionsstörung in mehr als der Hälfte der Fälle in den ersten 6 bis 12 Monaten deutlich bessert oder normalisiert, wird die Mortalität zwischen 0-19% angegeben und 6-11% müssen dringlich Herz transplantiert werden (2). Dadurch dass die peripartale Kardiomyopathie so selten ist, weiss man insgesamt noch sehr wenig über diese Erkrankung und dadurch besteht manchmal Unsicherheit bei der Behandlung. Es ist deshalb ungemein wichtig, mehr Erkenntnisse über dieses Krankheitsbild zu gewinnen. Dies ist bei einer derartig seltenen Erkrankung nicht durch eigene Erfahrungen alleine zu erreichen und es wurde deshalb ein deutsches Register für peripartale Kardiomyopathie eingerichtet, an dem sich das Herzzentrum Köln beteiligt. Das Sammeln von Informationen aus diagnostizierten Fällen soll helfen, mehr über den Verlauf, Komplikationen und Behandlungseffekte bei dieser Erkrankung zu erfahren. In Köln sind statistisch bei ca. 10.000 Geburten pro Jahr 2-3 Fälle mit peripartaler Kardiomyopathie zu erwarten. Bei dieser niedrigen Zahl ist es umso wichtiger, jeden dieser Fälle in dem nationalen Register zu erfassen und wir sind für Zuweisungen dieser Patientinnen sehr dankbar, um zukünftig die Versorgung bei diesem Krankheitsbild zu verbessern. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Für die optimale Versorgung von Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie ist eine enge interdisziplinäre Kooperation und kontinuierliche Verfügbarkeit moderner Diagnostik- und Therapieverfahren in entsprechenden Zentren essenziell. Dies beginnt mit einer frühen Identifikation der Patientinnen durch Hebammen oder Gynäkologen und einer raschen Zuführung zur kardialen Diagnostik, denn die Mortalität der Erkrankung steigt mit der Zeitdauer bis zur Diagnosefindung. Bei Fällen, die während der Schwangerschaft auftreten, ist ein enger Austausch zwischen betreuendem Gynäkologen und Kardiologen unabdingbar, um einerseits die Therapie der Mutter zu steuern und andererseits auch frühzeitig eine Gefährdung des Kindes zu erkennen und ggf. eine vorzeitige Entbindung einleiten zu können. Auch die Verfügbarkeit Bildgebender Diagnostikverfahren wie Kardio-MRT zum Ausschluss wichtiger Differenzialdiagnosen ist wichtig, um frühzeitig spezifische Therapieinterventionen einleiten zu können. So wurde bei unserer Patientin eine Myokarditis im MRT frühzeitig ausgeschlossen und so die Diagnose der peripartalen Kardiomyopathie gestellt. Die häufig schwere DIE PERIPARTALE KARDIOMYOPATHIE Funktionseinschränkung des Herzens macht es außerdem nicht selten notwendig, frühzeitig mit einer kardiochirurgischen Abteilung zwecks Transplantationsplanung oder Implantation eines Assistsystems in Kontakt zu treten. Im Herzzentrum der Uniklinik Köln bieten wir neben unserer lange etablierten Spezialsprechstunde für Herzinsuffizienz und Transplantation seit einigen Jahren mit dem „Kölner Kardiologie Forum“ eine Plattform für schwere oder außergewöhnliche Herzinsuffizienzfälle an. In Kooperation mit der kardiologischen Abteilung des St.-Vinzenz Krankenhauses besprechen hier Kardiologen, Kardiochirurgen und Fallspezifisch weitere Fachdisziplinen 6-mal im Jahr nicht nur Indikationen zu Transplantation oder Deviceimplantation, sondern auch gesamtmedizinische Konzepte bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Gerade bei Fällen mit peripartaler Kardiomyopathie ist dieser kollegiale Austausch sehr hilfreich, um bei fehlender Studienevidenz die wenigen eigenen Erfahrungen zu bündeln. zukünftigen Patientinnen damit verwehrt bleiben würde bzw. trotz fehlenden Nutzens verabreicht würde. Ansprechpartner für die Behandlung von Patientinnen mit der Diagnose einer peripartalen Kardiomyopathie im Herzzentrum Köln sind die Oberärzte Priv.-Doz. Dr. G. Michels und Priv.-Doz. Dr. R. Pfister. Fazit Die Herzinsuffizienz ist ätiologisch sehr heterogen und verlangt klinisch weit mehr als das Aufdosieren von ACE-Hemmern, Diuretika, ß-Blockern und Spironolakton. Gerade seltene Grunderkrankungen wie die peripartale Kardiomyopathie stellen uns vor eine große Herausforderung, die nur mit interdisziplinärer Teamarbeit und regem fachinternen Austausch zu meistern ist. Neueste Erkenntnisse sollten in die Behandlung einfließen. Behandlung Die allgemeinen Behandlungsempfehlungen für Herzinsuffizienz sind weitestgehend unabhängig von der Grunderkrankung und treffen auch für die peripartale Kardiomyopathie zu (3). Zu beachten ist aber, dass während der Schwangerschaft bestimmte Medikamente wie z.B. ACE-Hemmer kontraindiziert sind. Eine Besonderheit der peripartalen Kardiomyopathie besteht in der relativ hohen Spontanbesserung von über 50%, was bei der Entscheidung zur Implantation von „bleibenden“ Devicesystemen wie ICD oder CRT zu berücksichtigen ist. So haben wir uns bei unserer Patientin nach ausführlicher Besprechung dazu entschieden, zunächst eine Defibrillatorweste einzusetzen und werden die Entscheidung zur ICD Implantation erst beim Nachweis einer persistierenden Funktionsstörung über mehr als 6 Monate treffen. Aktuelle Ergebnisse aus der Grundlagenforschung geben Hoffnung zu einer möglichen spezifischen Behandlung der peripartalen Kardiomyopathie in Zukunft. Ein Spaltprodukt des Stillhormons Prolaktin scheint bei der Entstehung der peripartalen Kardiomyopathie eine wichtige Rolle zu spielen (4). Eine kleine Untersuchung an 20 Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie fand unter der Behandlung mit dem Prolaktin-Inhibitor Bromocriptin eine reduzierte Mortalität und eine höhere Rate an Erholung der kardialen Pumpleitung verglichen mit konventioneller Behandlung. Im Rahmen einer grösseren, Plazebo-kontrollierten Multicenterstudie, an der auch das Herzzentrum der Uniklinik Köln beteiligt ist, wird aktuell der Nutzen von Bromocriptin bei Patientinnen mit peripartaler Kardiomyopathie untersucht. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung ist diese Studie auf die regionale und überregionale Zuweisung von Patientinnen angewiesen. Es wäre sehr enttäuschend, wenn eine potenziell nützliche Behandlungsoption für eine schwerwiegende Erkrankung aufgrund mangelnder Patientenrekrutierung nicht Evidenz-basiert beurteilt werden könnte und Korrespondierender Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Roman Pfister Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221 / 47 83 24 01 Fax: +49 221 / 47 83 24 00 E-Mail: [email protected] Literatur: 1. Sliwa K, Hilfiker-Kleiner D, Petrie MC, et al (2010) Current state of knowledge on aetiology, diagnosis, management, and therapy of peripartum cardiomyopathy: a position statement from the Heart Failure Association of the European Society of Cardiology Working Group on peripartum cardiomyopathy. Eur. J.Heart Fail. 12: 767-778 2. Elkayam U (2011) Clinical characteristics of peripartum cardiomyopathy in the United States: diagnosis, prognosis, and management. J.Am.Coll.Cardiol. 58: 659-670 3. McMurray JJ, Adamopoulos S, Anker SD, et al (2012) ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur.Heart J. 33: 1787-1847 4. Hilfiker-Kleiner D, Struman I, Hoch M, Podewski E, Sliwa K (2012) 16-kDa Prolactin and Bromocriptine in Postpartum Cardiomyopathy. Curr.Heart Fail.Rep. 27 BRONCHOSKOPISCHE LUNGENVOLUMEN-REDUKTION Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion – Option bei Patienten mit COPD und Lungenemphysem? – Priv. Doz. Dr. med. Konrad F. Frank – Patienten mit fortgeschrittener COPD (Stadium III-IV) nach GOLD sind eine besondere Herausforderung, weil therapeutische Optionen nicht mehr suffizient greifen. Zumeist werden diese Patienten mit einer kombinierten inhalativen Therapie behandelt, die keine wesentliche symptomatische Verbesserung mehr erzielt. Es liegt eine fixierte bronchiale Obstruktion vor, die nur noch bedingt durch diese inhalative Therapie verbessert werden kann. Neben dem konsequenten Verzicht auf inhalativen Zigarettenkonsum stehen dem behandelnden Internisten/ Pneumologen inhalative Anticholinergika, kurz – und langwirksame Betamimetika und zur Senkung der Exazerbationsrate inhalative und orale Kortisonpräparate zur Verfügung. Auch neuere PDE inhibierende Substanzen, wie Roflumilast (Daxas®) können nur bedingt die Exazerbationsrate senken und eine Verbesserung der Lebensqualität nach sich ziehen. Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion bei fortgeschrittener COPD mit Lungenemphysem? Aus chirurgischen Untersuchungen zur Lungenvolumenreduktion geht hervor, dass bestimmte Patienten mit einer COPD und deutlicher Lungenüberblähung im Sinne eines Lungenemphysems von einer Lungenvolumenreduktiontherapie Abbildung 2: Röntgen Thorax vor (oberer Teil) und nach (unterer Teil) Implantation von insgesamt 5 Lungenventilen in den linken Unterlappen. Die Vergrößerung zeigt die hilusnah implantierten Lungenventile, die sich schwach röntgendicht darstellen. Es stellt sich postinterventionell eine Anhebung des Diaphragma und eine reduzierte Lungenüberblähung dar (Pfeile). Abbildung 1: Prinzip der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion (A). Durch den Kollaps des Ziellappens werden die Atemmechanik und die FEV1 des Patienten verbessert. Zumeist werden 3-5 Ventile in die Segmentbronchien eines Lungenlappens eingebracht, die zu einer verkleinerten Ventilation des Ziellappens führt (B). Bronchoskopische Sicht auf ein Lungenventil im linken Unterlappen nach Implantation (C, 55 jähriger Patient mit Lungenemphysem). 28 (LVR) profitieren können. Eine besondere Herausforderung stellt hierbei die geeignete Patientenauswahl dar, da nicht alle Patienten von einer solchen Massnahme eine symptomatische und lungenfunktionelle Verbesserung erfahren. Bei diesem Verfahren werden über ein Bronchoskop Lungenventile in die Segmentbronchien eines Lungenlappens eingebracht, die die inspiratorische Ventilation blockieren und zu einem Kollaps eines Lungenlappens führen. Durch diese Maßnahme wird die Atemmechanik des entsprechenden Lungenflügels verbessert und das verbleibende Lungengewebe kann besser ventiliert werden. Es resultiert eine verbesserte 1-Sekunden- Kapazität (FEV1) und in ausgewählten Patienten eine deutliche verminderte Dyspnoe- Symptomatik. Die bronchoskopische Lungenvolumen-reduktion wurde in der VENT Studie in einem größeren randomisierten Kollektiv untersucht (1). BRONCHOSKOPISCHE LUNGENVOLUMEN-REDUKTION Hierbei konnte eine Verbesserung der FEV1, der 6 Minuten Gehstrecke und der Symptomatik gesehen werden. Auch im Langzeitverlauf über 6 und 12 Monate fanden sich diese Ergebnisse bestätigt (2). Prädiktoren für ein gutes Ansprechen auf eine bronchoskopische Lungenvolumenreduktion waren neben dem Grad des Lungenemphysems, die Heterogenität des Lungenparenchyms und das Ausmaß einer Kollateralisierung der Lunge. Wenn keine relevante Überblähung der Lunge oder eine erhebliche lungenfunktionelle Diffusionsstörung vorliegen, kann eine bronchoskopische LVR nicht therapeutisch greifen. Abbildung 2 zeigt das postinterventionelle Ergebnis nach einem Verschluss des linken Unterlappens bei einer 58-jährigen Patientin. Welche Patienten eignen sich für eine Volumenreduktion mit Hilfe von Lungenventilen? Patienten, die sich für eine LVR eignen, sollten bestimmte lungenfunktionelle und radiologische Kriterien erfüllen bevor eine solche Intervention erwogen wird (Tab. 1.). Hierzu gehören neben einer eingeschränkten Einsekundenkapazität (FEV1) und einer deutlichen Lungenüberblähung (Residualvolumen erhöht) eine ausreichende Vitalkapazität, die eine Reduktion des Lungenparenchyms überhaupt ermöglichen kann. dem linken Ober- und Unterlappen). Liegt keine Kollateralisierung vor, können Lungenventile in diesen Lappen eingebracht werden. Vor Implantation wird auch eine Lungenventilations- und Perfusionsszintigraphie durchgeführt, um besonders heterogene Areale im Lungenparenchym zu erkennen. Dies erleichtert die Wahl des zu verschliessenden Ziellappens. Fazit Seit Anfang 2012 werden am Schwerpunkt Pneumologie im Herzzentrum Lungenventile implantiert und die Erfahrung ist bislang durchweg positiv. Selten sind bislang zu erwartende Komplikationen wie ein Pneumothorax oder eine Pneumonie im verschlossenen Lungenareal aufgetreten. Bei größeren Komplikationen (z.B. lang anhaltender Pneumothorax, Nachblutung) können die Ventile auch relativ einfach wieder in starrer bronchoskopischer Technik entfernt werden. Die meisten Patienten berichten bereits am ersten postinterventionellen Tag über eine deutliche Abnahme der Dyspnoe und über eine verbesserte Belastbarkeit. Wir werden den Langzeitverlauf nach Implantation weiter untersuchen und hoffen die bislang publizierten multizentrischen Langzeitergebnisse der VENT Studie zu bestätigen (2). Neben der Lungenfunktion spielen auch radiologische Kriterien eine Rolle. So sollten keine isolierten größeren Lungenbullae vorliegen. Solche Patienten eignen sich besser für eine chirurgische Resektion dieser Bullae, die dann wieder Platz für das restliche Lungenparenchym des ipsilateralen Lungenlappens zulässt. Zudem haben in der VENT Studie (1) vor allem die Patienten von einer LVR profitiert, die eine Heterogenität des Parenchyms zeigten und intakte Lappenfissuren aufwiesen. Somit scheint die Kollateralisierung zwischen den einzelnen Lungenlappen einer Seite eine entscheidende Rolle zu spielen. In der klinischen Praxis sind wir aus diesem Grunde dazu übergegangen alle Patienten, die für eine bronchoskopische LVR in Frage kommen vor Implantation mit dem sogenannten Chartis® System zu prüfen. Hierbei wird mit Hilfe eines Ballons und Druckmessers, der über das Bronchoskop in den zu verschließenden Ziellappen eingebracht wird, die Kollateralisierung auf einer Seite gemessen (z.B. zwischen FEV1 < 35 % vom Soll RV > 150 %, besser > 200 % FVC > 2,5 l DLCO >30 % vom Soll CT-Thorax Heterogenses Lungenemphysem, intakte Lappenfissuren Überblähung, keine Bullae Labor Keine Gerinnungshemmung Tabelle 1: Lungenfunktionelle und radiologische Voraussetzungen für eine LVR • FEV1: Einsekundenkapazität, RV: Residualvolumen, FVC: forcierte Vitalkapazität, DLCO: Diffusionskapazität Korrespondierender Autor: Priv.-Doz. Dr.med Konrad F. Frank Klinik III für Innere Medizin – Schwerpunkt Pneumologie – Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221-47832356 Fax.: +49 221-47832355 E-Mail: [email protected] Literatur: 1. Sciurba FC, Ernst A, Herth FJ, Strange C, Criner GJ, Marquette CH, Kovitz KL, Chiacchierini RP, Goldin J, McLennan G. A randomized study of endobronchial valves for advanced emphysema. N Engl J Med. 2010; 363(13):1233-44. 2. Herth FJ, Noppen M, Valipour A, Leroy S, Vergnon JM, Ficker JH, Egan JJ, Gasparini S, Agusti C, Holmes-Higgin D, Ernst A. Efficacy predictors of lung volume reduction with Zephyr valves in a European cohort. Eur Respir J. 2012; 39(6):1334-42 29 KARDIOVASKULÄRE MEDIZIN AM HERZZENTRUM DER UNIKLINIK KÖLN – EIN AUSBLICK Kardiovaskuläre Medizin am Herzzentrum der Uniklinik Köln – ein Ausblick – Univ.-Prof. Dr. Stephan Baldus – Hintergrund Wie kaum ein anderes Fach blickt die kardiovaskuläre Medizin in den letzten beiden Jahrzehnten auf eine Erfolgsgeschichte zurück. So hat sich die Sterblichkeit von Herz- und Kreislauferkrankungen seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts auf ein Viertel verringert.1 Einen wesentlichen Beitrag hierzu hat gerade in der jüngeren Vergangenheit die Kathetertechnik zur Behandlung der Herzkranzgefäße geliefert, die – eingesetzt in der Akutphase des Herzinfarktes, die Infarktsterblichkeit im Vergleich zu den allein medikamentösen Ansätzen sinken ließ. Interventionelle Verfahren zur Behandlung von Vorhofflimmern sind mittlerweile als zusätzliche Therapie neben der zum Teil unbefriedigenden Effektivität der medikamentösen etabliert. Und nicht zuletzt der Einsatz der kathetergestützten Behandlung von Herzklappenerkrankungen hat die Therapie gerade der Aortenklappenstenose und der Mitralklappeninsuffizienz für Patienten, deren Zustand einen konventionellen chirurgischen Eingriff ausschließt, entscheidend erweitert. Also – ist alles erreicht? Und ist Kathetertechnik die Lösung für sämtliche Erkrankungen in der kardiovaskulären Medizin? Sicher nicht! Perspektiven für die Behandlung der Herzkranzgefäßerkrankung. So effektiv und sicher die Behandlung der Koronarkrankheit gerade auch in ihrem Akutstadium geworden ist, so unbefriedigend bleiben bisher die präventiven Ansätze, solche Ereignisse a priori zu verhindern. Damit bleibt auch im Jahre 2012 die Koronarkrankheit und die sich hieraus entwickelnde Herzschwäche die führende Todesursache in den westlichen Industrienationen. Dabei haben wir eine Menge lernen können in den letzten Jahren: Die Koronarkrankheit erscheint nicht länger als eine ausschließlich degenerativ-kalzifizierende Erkrankung des alternden Gefäßes, sondern vielmehr als eine mit unterschiedlicher Dynamik ablaufende Entzündung des Gefäßsystems. Der Begriff Entzündung beschreibt die Reaktion des Körpers auf unterschiedlichste Reize, wobei hier den weißen Blutzellen, den Leukozyten, eine Schlüsselrolle zufällt. Die Verletzung der Gefäßwand zum Beispiel im Herzkranzgefäß ist eng verbunden mit der Aktivierung von ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 1 Nabel, Braunwald; New England Journal of Medicine 2012 30 Leukozyten, die nicht nur direkt strukturell das Gefäß angreifen und die Deckplatte eines solchen arteriosklerotischen Plaques weiter zerstören können; Interessanterweise ist diese Zellspezies auch in der Lage, den Gefäßtonus zu verändern, indem sie die Gefäße engstellen. Wir haben gelernt, dass das Engstellen von Gefäßen, die sogenannte Vasokonstriktion, nicht nur ein wichtiger Indikator einer frühen Form der Gefäßerkrankung wie gerade der Arteriosklerose ist, sondern auch ein wesentliches Charakteristikum anderer Herz-Kreislauferkrankungen ist, wie der arteriellen Hypertonie, des Lungenhochdrucks oder auch der Herzinsuffizienz. So akzeptiert die Bedeutung von Entzündungsvorgängen auch ist für die Entstehung dieser Erkrankungen, so enttäuschend verliefen bisher antientzündliche Therapiestrategien. Allein die Cholesterinsenker vom Typ der Statine weisen – zusätzlich zu ihrem direkten Effekt auf LDL und HDL Cholesterin – schützende Effekte auf die Gefäßwand auf, die im weitesten Sinne einer antientzündlichen Wirkung – unabhängig vom Effekt auf die Cholesterinsenkung – nahe kommen. Nicht zuletzt diese Erkenntnisse werden weitere Anstrengungen stimulieren, durch Eingreifen in den Aktivierungszustand von weißen Blutzellen bzw. ihres Armentariums diese Erkrankungen medikamentös zu beeinflussen. Aktuelle und zukünftige Therapien von Vorhofflimmern: Vorhofflimmern ist die häufigste Rhythmusstörung des Menschen und lässt sich bei fast 10% aller Menschen über 80 Jahre nachweisen. In den nächsten 40 Jahren wird sich – nicht zuletzt in Anbetracht unserer alternden Gesellschaft – die Zahl an Patienten mit Vorhofflimmern mehr als verdoppeln. So ungefährlich diese Rhythmusstörung zunächst auch scheint, so kann Vorhofflimmern die Entstehung einer Herzschwäche begünstigen. Ferner ist das Vorhofflimmern eine wichtige Ursache für die Entstehung des Schlaganfalls. Damit bekommt diese Rhythmusstörung gerade für den älteren Menschen große Bedeutung. Trotz aller Bemühungen allerdings bleiben die Erfolge in der medikamentösen Therapie dieser Rhythmusstörung bescheiden. Ionenkanalblockierende Medikamente sind nur in einem Teil der Patienten mit dieser Rhythmusstörung effektiv und mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Die Behandlung von Vorhofflimmern durch elektrische Isolation sogenannter Trigger – vor allem in den Lungenvenen – hat die Therapie dieser Rhythmusstörung entscheidend erweitert und ist in der Lage, eine Großzahl von Patienten zu heilen. Welche Patienten in welchem Stadium der Erkrankung mit dieser Technik behandelt werden sollen allerdings ist weiterhin Stand der Forschung. Fest steht, dass die Behandlung KARDIOVASKULÄRE MEDIZIN AM HERZZENTRUM DER UNIKLINIK KÖLN – EIN AUSBLICK auch an ihre Grenzen stößt, je länger die Rhythmusstörung besteht und je strukturell veränderter der Vorhof ist. So haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass der Vorhof bindegewebig umgebaut ist bei diesen Patienten. Diese „narbigen“ Veränderungen des Vorhofs medikamentös zu beeinflussen, ist bisher noch nicht gelungen: Wenn es in Zukunft gelänge, den bindegewebigen Umbau der Vorhöfe bei dieser Erkrankung zu verhindern bzw. zurückzudrängen, bestünde möglicherweise die Chance, auch die elektrische „Gesundheit“ dieser Herzhöhlen wieder herzustellen. Erneut scheinen Leukozyten für diese narbigen Umbauvorgänge am Vorhof von bisher unterschätzter Bedeutung zu sein: Neuere Befunde zeigen, dass Enzyme von Leukozyten den Umbau der Vorhöfe begünstigen – möglicherweise deuten diese Befunde in eine neue Therapierichtung. Hier dürfen wir auf die kommenden Jahre gespannt sein. Kathetergestützte Klappentherapie – haben wir alles erreicht? Die Aortenklappenstenose – ebenfalls eine typische Erkrankung des älteren Menschen – ist bei entsprechenden Symptomen, insbesondere Luftnot, eine Erkrankung mit einer ausgewiesen schlechten Prognose. Da nur der Ersatz der Klappe hier der Sterblichkeit und Morbidität Einhalt gebieten kann, musste in der Vergangenheit ein Großteil von Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose unbehandelt bleiben: Der chirurgische Ersatz der Herzklappe mit kompletter Eröffnung des Brustkorbs und unter Zuhilfenahme der Herz-Lungenmaschine war gerade für die besonders kranken und alten Menschen zu belastend. Die Kathetertechnik hat in den letzten 10 Jahren das Feld revolutioniert und ermöglicht mittlerweile das Einsetzen einer Aortenklappenprothese über die Leistenarterie, einen kleinen Schnitt im Bereich der Herzspitze oder auch die Armarterie bzw. die aufsteigende Hauptschlagader. So können die Prothesen ohne Hinzunahme der Herzlungenmaschine am schlagenden Herzen implantiert werden. Damit erweitert sich das Spektrum der behandelbaren Patienten entscheidend: Auch Patienten, die für eine konventionelle Operation zu krank sind, kann so eine Behandlung angeboten werden. Und die Erfolge dieses Konzeptes sind eindrucksvoll: Wie wenige andere Verfahren in der modernen Medizin hat diese Methode bewiesen, die Sterblichkeit von Patienten hochsignifikant zu senken. Also sollten wir diese Technik jedem Patienten anbieten, egal welchen Alters er ist und unabhängig seiner Begleiterkrankungen? Sicher nicht! Aber auch hier ist noch eine Menge zusätzlicher Arbeit notwendig um besser zu verstehen, welcher Patient wirklich von dieser Technik profitiert, welcher Patient welche dieser neuen Prothese erhalten sollte und wie dessen weitere medikamentöse Behandlung konzipiert sein soll. Diese Fragen sind nur im Team, gemeinsam mit den Herzchirurgen zu beantworten – hierzu bietet das Kölner Herzzentrum auch in Zukunft ideale Voraussetzungen. Während die Aortenklappenstenose gerade auch den Patienten mit noch erhaltener Funktion der linken Herzkammer symptomatisch werden lässt, findet sich die symptomatische Mitralklappeninsuffizienz in besonderer Weise bei Patienten mit Herzschwäche. Hier führt die Änderung der Geometrie der Herzkammer trotz intakter Segel zu einer Undichtigkeit der Klappe durch verminderte Kooptation der beiden Segel. So gesichert die Prognoseverschlechterung von Patienten mit Herzschwäche durch eine begleitende Mitralklappeninsuffizienz ist, so evident ist auch, dass nicht jedem Patienten mit einer chirurgischen Rekonstruktion geholfen werden kann: Gerade Patienten mit hochgradig reduzierter Funktion der linken Herzkammer haben ein zum Teil bedeutsames Operationsrisiko und wurden damit einer rekonstruktiven Therapie bisher nicht zugeführt. Für solche Hochrisikopatienten ist die kathetergestützte Rekonstruktion der Mitralklappe eine neue, vielversprechende Therapieoption: So wird über einen venösen Zugang in der Leiste des Patienten und über eine Punktion des interatrialen Septums der linke Vorhof aufgesucht und ein knapp 1 cm langer, aus 2 zu öffnenden Armen bestehender Clip in die Schließungslinie der Mitralklappe vorgeführt, um schließlich vorderes und hinteres Mitralsegel im Bereich der Undichtigkeit zu greifen und so die Undichtigkeit zu vermindern. Das Verfahren ist bei diesen Patienten hocheffektiv, nicht nur in Hinblick auf die Reduktion der Mitralinsuffizienz, sondern auch hinsichtlich der Verbesserung der linksventrikulären Diameter und – und das ist sicher am wichtigsten – in Hinblick auf die symptomatische Verbesserung der Patienten. Sollten also alle Patienten mit Mitralklappeninsuffiziens so behandelt werden? Sicher nicht! Zum einen ist dieses weiterhin ein Reserveverfahren für Patienten mit zu hohem Risiko für eine konventionelle chirurgische Rekonstruktion, zum anderen müssen wir noch besser verstehen, welche Patienten von dieser technisch anspruchsvollen und nicht zuletzt teuren Prozedur besonders profitieren. Und zu guter Letzt ist zu klären, ob die Therapie neben ihrer Effektivität hinsichtlich der Symptome des Patienten auch dessen Prognose verbessert. Die nächsten Jahre werden hierzu Antworten geben. Zusammengefasst befindet sich die kardiovaskuläre Medizin in einer besonders dynamischen Phase: Dem tiefgreifenden Verständnisgewinn zur Pathophysiologie strukturell vaskulärer, myokardialer und elektrophysiologischer Erkrankungen des Herzkreislaufsystems stehen gegenwärtig die enormen Errungenschaften in der kathetergestützten Therapie 31 KARDIOVASKULÄRE MEDIZIN AM HERZZENTRUM DER UNIKLINIK KÖLN – EIN AUSBLICK gerade von Herzklappenerkrankungen gegenüber. Trotz aller Faszination für diese neuen, besonders schonenden Verfahren gerade für eine alternde Bevölkerung muss auch in Zukunft Energie darauf verwendet werden, die Mechanismen, die diesen Erkrankungen zugrunde liegen, noch besser zu verstehen und nach alternativen, präventiven Therapiekonzepten zu suchen. An der Schnittstelle von klinischer Anwendung moderner interventioneller Therapie, dem Einführen innovativer Therapieoptionen und dem Erarbeiten wichtiger Mechanismen für Entstehung dieser Erkrankungen wird es spannend sein, das Fach im Verbund mit den anderen Disziplinen unter einem Dach in Köln weiter voranzubringen. Ich freue mich sehr, meine Arbeit am Herzzentrum für unsere Patienten gemeinsam mit meinen zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Partnern in und außerhalb der Klinik aufnehmen zu dürfen. Mit herzlichen Grüßen, Ihr Stephan Baldus Korrespondierender Autor: Prof. Dr. med. Stephan Baldus ab 1. 10. 2012 Herzzentrum der Universität zu Köln Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: +49 221 / 47 83 25 11 Fax: +49 221 / 47 83 25 12 E-Mail: [email protected] www.herzzentzrum-koeln.de und http://herztv.de/ 32 ABDOMINALE AORTENANEURYSMEN Abdominale Aortenaneurysmen – Die Therapie sollte keinem vorenthalten werden wegen seines Alters – – – – Prof. Dr. Michael Gawenda, Dr. Payman Majd, Priv.-Doz. Dr. Thomas Lübke, Univ.-Prof. Dr. Jan Brunkwall – Fallbericht: Ein 93-jähriger Patient wird in auswärtigem Krankenhaus mit der Diagnose Kolon transversum Karzinom eingewiesen. Die dortige präoperative CT-Diagnostik zeigt zusätzlich ein abdominelles Aortenaneurysma (AAA) mit einem maximalen Durchmesser von 10 cm (Abb. 1). Die Anamnese nach der Überweisung ins Herzzentrum ergibt, dass dieses AAA dem Patienten und seiner Ehefrau seit 20 Jahren bekannt war. Nach kardio-pulmologischer Vorbereitung erfolgt die komplikationslose endovaskuläre Aneurysmaausschaltung mittels transfemoraler Stentprothesenimplantation. Am vierten postoperativen Tag erfolgt die Rückverlegung des Patienten zur Karzinomoperation. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung in westlichen Ländern ist in den vergangenen 40 Jahren um etwa ein Jahrzehnt angewachsen und liegt in Deutschland um die 80 Jahre (Daten von: Weltbank, zuletzt aktualisiert: 9. März 2012). Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Deutschlands 2012 zeigten Männer, die das 80zigste Lebensjahr erreicht haben, eine fernere Lebenserwartung von 7,71 Jahren, Frauen gar von 9,06 Jahren (Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland 2012). Andererseits lässt sich eine altersspezifische Inzidenzzunahme des abdominellen Aortenaneurysmas bei Frauen und insbesondere bei Männern nachweisen (Abb. 2). Abbildung 2: Altersspezifische Inzidenz des Aneurysmas der abdominellen Aorta Quelle: Diagnosedaten aller Krankenhauspatientinnen und -patienten 2007, Statistisches Bundesamt Vielfach an epidemiologischen Daten dokumentiert1-6, ist festzuhalten, dass das Rupturrisiko des Aortenaneurysmas mit dessen maximalem Durchmesser korreliert (Tab.1). Tabelle 1: Aneurysmadurchmesser und jährliches Rupturrisiko Unter Berücksichtigung, dass etwa 50% der Patienten mit rupturiertem AAA bereits vor Erreichen des Hospitals versterben, etwa 25% der lebend das Krankenhaus erreichenden Patienten vor Durchführung der Therapie versterben und etwa 40% der am rAAA operierten Patienten versterben, liegt die Gesamtmortalität der Patienten bei etwa 80%7,8. Diese Mortalitätsziffern scheinen sich über die vergangenen fünf Jahrzehnte nur unwesentlich verbessert zu haben (Reduktion der perioperative Mortalität um 3.5% pro 10 Jahren)9. Dabei ist ein etwa 10-prozentiger Überlebensvorteil der Männer mit rAAA festzustellen10. Vor diesem Hintergrund muss es das Ziel sein, die Ruptur des AAA zu verhindern, m. a. W. die elektive Behandlung der Patienten mit AAA muss angestrebt werden. Unter Berücksichtigung prospektiv-randomisierte Studien wird vielfach für das endovaskuläre Therapieregime (endovascular aneurysm repair – EVAR) bei abdominalen Aortenaneurysmen ein Mortalitätsvorteil gegenüber der offenen Therapie (open repair – OR) postuliert, insbesondere bei alten Patienten11-13. Abbildung 1: KM-verstärkte Computertomographie 34 Dieses Postulat der prospektiven-randomisierten Studien wurde anhand eines prospektiven, ABDOMINALE AORTENANEURYSMEN uni-zentrischen Registers überprüft, dass den klinischen Alltag widerspiegelt. Seit 1999 wird am Kölner universitären Gefäßzentrum eine prospektive Datenbank zur Erfassung sämtlicher Patienten mit abdominalen Aortenaneurysmen geführt. Diese Daten wurden hinsichtlich elektiver Aneurysmabehandlung analysiert unter Berücksichtigung der zur Anwendung kommenden Therapieverfahren (OR versus EVAR) und der Altersstruktur der Behandlungskollektive (< 80 versus < 80 Jahre). Zur Auswertung gelangten 707 Datensätze von Patienten (m/w: 645/62) mit elektiver Behandlung asymptomatischer abdominaler Aortenaneurysmen. Kam in 341 Fällen die offene operative Therapie (OR) mit Prothesenersatz zur Anwendung (Alter: 70,2; 43-89), so wurden 366 Patienten (Alter: 72,5; 48-90) endovaskulär (EVAR) therapiert. 604 Patienten waren jünger als 80 Jahre, 103 Patienten älter als 80 Jahre (Abb. 3). Abbildung 4: Hospital-Mortalität – Alter – OP-Methode Um einen Vergleich mit anderen Behandlungszentren zu erlauben, erfolgte eine systematische Literaturrecherche (primär: PubMed, Web of Science ISI,Science Direct, Cochrane, sekundäre Suche in Literaturverzeichnisse). Eingeschlossen wurden englisch und deutschsprachig publizierte Studien, die vergleichende Angaben zur offenen und endovaskulären Behandlung (elektive OR versus EVAR) lieferten, lediglich Patienten mit asymptomatische AAA einschlossen und Angaben zu Behandlungen älterer Patienten (> 80 Jahre) machten. Einschließlich der eigenen Auswertung konnten sieben Analysen gefunden werden, vier unizentrische Publikationen, eine multizentrische Analyse, sowie zwei Arbeiten, die Registerdaten analysierten (Tabelle 2)14-19. *Chi2 p=0,002 Tabelle 2: Systematische Literaturrecherche Abbildung 3: Patientenkollektiv des Gefäßzentrums, UniKlinik Köln Der Anteil der endovaskulär therapierten Patienten war in der höheren Altersgruppe signifikant höher. In der Betrachtung der uni-zentrischen Publikationen konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsmodalitäten bei älteren Patienten nachgewiesen werden (Abb. 5). Im gesamten Patientenkollektiv des ausgewerteten Zeitraums betrug die Hospitalmortalität beim offenen operativen Verfahren 1,5% (5/341), beim endovaskulären Verfahren 1,6% (6/366). Für die jüngeren Patienten (< 80 Jahre)(n = 604) war zwischen den Therapieverfahren kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Mortalität zu errechnen (OR 1,0% (3/306) versus EVAR 1,0% (3/298)). Die älteren Patienten ( > 80 Jahre) (n=105) wiesen in beiden Behandlungsverfahren signifikant höhere Hospitalmortalitäten auf (OR 5,7% (2/35) versus EVAR4,4% (3/68)). Im Vergleich innerhalb der Behandlungsmodalitäten (OR versus EVAR) zeigten die älteren Patienten signifikant höhere Mortalitäten (Abb. 4). Abbildung 5: gepoolte Risk Ratio für postoperative Mortalität (uni-zentrische Studien) In der Auswertung der multi-zentrischen bzw. Register-Daten war ein signifikanter Mortalitätsvorteil für die endovaskuläre Behandlung älterer Patienten mit AAA festzustellen (Abb. 6). 35 ABDOMINALE AORTENANEURYSMEN Literatur: Abbildung 6: gepoolte Risk Ratio für postoperative Mortalität (multi-zentrische Studie/Register) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auch im endovaskulären „Zeitalter“ die elektive offene Operation ein sicheres Therapieverfahren für Patienten mitasymptomatischen abdominalen Aortenaneurysmen darstellt. Jenseits des 80zigsten Lebensjahres sind beide Verfahren von einer höheren, aber vergleichbaren, jedoch akzeptablen Mortalität gekennzeichnet. Dieser therapeutische Erfolg auch im hohen Lebensalter in spezialisierten Zentren basiert möglicherweise auf der interdisziplinären Zusammenarbeit. Die präoperative kardiologischpulmologische Abklärung und gegebenenfalls Therapieoptimierung, die operationstechnische bzw. interventionelle Expertise des Gefäßchirurgen, die intraoperative anästhesiologische und die postoperative intensiv-medizinische Betreuung im Verbund mit der entsprechenden pflegerischen Fürsorge erlauben diese Eingriffe auch bei hochbetagten Patienten. Somit ist festzuhalten, dass keinem Patient wegen seines Alters die Behandlung seines abdominellen Aortenaneurysmas vorenthalten werden sollte. Korrespondierender Autor: Prof. Dr. med. Michael Gawenda Klinik für Gefäßchirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Jan Brunkwall) Herzzentrum, Universitätsklinikum Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: 0221 478 32498 1. Aziz M, Hill AA, Bourchier R. Four-year follow up of patients with untreated abdominal aortic aneurysms. ANZ J Surg 2004;74:935-40. 2. Brown PM, Zelt DT, Sobolev B. The risk of rupture in untreated aneurysms: the impact of size, gender, and expansion rate. J Vasc Surg 2003;37:280-4. 3. Conway KP, Byrne J, Townsend M, Lane IF. Prognosis of patients turned down for conventional abdominal aortic aneurysm repair in the endovascular and sonographic era: Szilagyi revisited? J Vasc Surg 2001;33:752-7. 4. Lederle FA, Johnson GR, Wilson SE, et al. Rupture rate of large abdominal aortic aneurysms in patients refusing or unfit for elective repair. JAMA 2002;287:2968-72. 5. Reed WW, Hallett JW, Jr., Damiano MA, Ballard DJ. Learning from the last ultrasound. A populationbased study of patients with abdominal aortic aneurysm. Arch Intern Med 1997;157:2064-8. 6. Scott RA, Tisi PV, Ashton HA, Allen DR. Abdominal aortic aneurysm rupture rates: a 7-year follow-up of the entire abdominal aortic aneurysm population detected by screening. J Vasc Surg 1998;28:124-8. 7. Rinckenbach S, Albertini JN, Thaveau F, et al. Prehospital treatment of infrarenal ruptured abdominal aortic aneurysms: a multicentric analysis. Ann Vasc Surg 2010;24:308-14. 8. Taylor LM, Jr., Porter JM. Basic data related to clinical decision-making in abdominal aortic aneurysms. Ann Vasc Surg 1987;1:502-4. 9. Bown MJ, Sutton AJ, Bell PR, Sayers RD. A metaanalysis of 50 years of ruptured abdominal aortic aneurysm repair. Br J Surg 2002;89:714-30. 10. Mureebe L, Egorova N, McKinsey JF, Kent KC. Gender trends in the repair of ruptured abdominal aortic aneurysms and outcomes. J Vasc Surg 2010;51:9S-13S. 11. EVAR (1) trial p. Endovascular aneurysm repair and outcome in patients unfit for open repair of abdominal aortic aneurysm (EVAR trial 2): randomised controlled trial. Lancet 2005;365:2187-92. 12. EVAR (2) trial p. Endovascular aneurysm repair versus open repair in patients with abdominal aortic aneurysm (EVAR trial 1): randomised controlled trial. Lancet 2005;365:2179-86. 13. Prinssen M, Buskens E, Blankensteijn JD. The Dutch Randomised Endovascular Aneurysm Management (DREAM) trial. Background, design and methods. J Cardiovasc Surg (Torino) 2002;43:379-84. 14. de Donato G, Setacci C, Chisci E, et al. Abdominal aortic aneurysm repair in octogenarians: myth or reality? J Cardiovasc Surg (Torino) 2007;48:697-703. 15. Leon LR, Jr., Labropoulos N, Laredo J, Rodriguez HE, Kalman PG. To what extent has endovascular aneurysm repair influenced abdominal aortic aneurysm management in the state of Illinois? J Vasc Surg 2005;41:568-74. 16. Paolini D, Chahwan S, Wojnarowski D, Pigott JP, LaPorte F, Comerota AJ. Elective endovascular and open repair of abdominal aortic aneurysms in octogenarians. J Vasc Surg 2008;47:924-7. 17. Raval MV, Eskandari MK. Outcomes of elective abdominal aortic aneurysm repair among the elderly: endovascular versus open repair. Surgery 2012;151:245-60. 18. Schermerhorn ML, O'Malley AJ, Jhaveri A, Cotterill P, Pomposelli F, Landon BE. Endovascular vs. open repair of abdominal aortic aneurysms in the Medicare population. N Engl J Med 2008;358:464-74. 19. Sicard GA, Rubin BG, Sanchez LA, et al. Endoluminal graft repair for abdominal aortic aneurysms in highrisk patients and octogenarians: is it better than open repair? Ann Surg 2001;234:427-35; discussion 35-7. 36 THERAPIE UND PROGNOSE VON PATIENTEN IM KARDIOGENEN SCHOCK NACH REANIMATION Therapie und Prognose von Patienten im kardiogenen Schock nach Reanimation Aktuelle Untersuchungen zur Hypothermie-Behandlung – Priv.-Doz. Dr. Hannes Reuter – Als Mitbegründer der physiologischen Medizin definierte der deutsche Arzt Carl Reinhold August Wunderlich 1868 in seinem Werk „Das Verhalten der Eigenwärme in Krankheiten“ den Temperaturbereich der Normothermie. Temperaturen unterhalb von 36,0°C werden demnach als Hypothermie bezeichnet und weiter in die Bereiche milde (34,0 – 35,9°C), moderate (32,0 – 33,9°C) und tiefe (<32°C) Hypothermie unterteilt (Brüx et al, 2005). Der Bereich der milden bis moderaten Hypothermie wird im Rahmen kardiovaskulärer- oder neurochirurgischer Eingriffe seit langem als Organprotektives Verfahren genutzt um hypoxisch/ ischämische Sekundärschäden bei Operationen mit Unterbrechung des Kreislaufs zu minimieren. Den besonderen Stellenwert einer milden therapeutischen Hypothermie konnten im Jahr 2002 zwei prospektive randomisierte Studien zur Neuroprotektion komatöser Patienten auch nach kardiopulmonaler Reanimation bei Kammerflimmern herausstellen. In der europäischen HACA-Studie (Mild therapeutic hypothermia to improve neurologic outcome after cardiac arrest) wurden 275 Patienten nach erfolgreicher Reanimation entweder über 24 h einer moderaten Hypothermie-Behandlung unterzogen oder konventionell behandelt. Als primärer Endpunkt wurde der neurologische Status nach 6 Monaten definiert. Als gutes Ergebnis wurde eine Kategorie 1 (gute Erholung) oder eine Kategorie 2 (mäßige Behinderung) nach dem Pittsburgh Hirnleistungsindex (CPCScore) angesehen. In der gekühlten Gruppe erreichten 75 von 136 Patienten (55%) ein gutes neurologisches Ergebnis, in der ungekühlten Kontrollgruppe war dies nur bei 54 von 137 Patienten (36%) der Fall. Auch die Gesamtsterblichkeit war in beiden Gruppen signifikant unterschiedlich und betrug in der Hypothermiegruppe 41% (56 von 137), wohingegen in der Kontrollgruppe mit 55% (76 von 137) deutlich mehr Patienten verstarben. Somit bedarf es der Behandlung von nur 6 Patienten (number needed to treat), um eine Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Dies entspricht einer außerordentlich guten Kosten/NutzenRelation. Auf Basis dieser Ergebnisse empfehlen die europäischen (European resuscitation Council, 2005), die amerikanischen (American Heart Association, 2005) und die internationalen (International Liaison Committee on Resuscitation, 2005) Reanimationsleitlinien die Anwen- 38 dung der moderaten therapeutischen Hypothermie nach erfolgreicher Wiederbelebung bei Herz-Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses. Die Studien, die diesen Empfehlungen zugrunde liegen, sind jedoch ausschließlich mit Patienten durchgeführt worden, welche nach wiederhergestellter spontaner Zirkulation häymodynamisch stabil waren. Hämodynamisch instabile Patienten waren ausgeschlossen, da das Auftreten von Kreislaufinstabilität, Hypotension und Herzrhythmusstörungen durch die Hypothermie befürchtet wurden. Dabei könnte eine moderate Hypothermie gerade bei Patienten im kardiogenen Schock durch die Kälte-induzierte Vasokonstriktion aber auch über einen direkten Einfluss auf die myokardiale Kontraktilität einen günstigen Einfluss auf den Kreislauf haben. Aktuelle Untersuchungen zur Hypothermie-Behandlung Unsere Arbeitsgruppe hat diese Frage an 40 Patienten im kardiogenen Schock untersucht und konnte zeigen, dass die moderate therapeutische Hypothermie (33°C) neben einer Senkung der Herzfrequenz tatsächlich auch eine Zunahme des peripheren Gefäßwiderstandes mit Anstieg des systolischen Blutdrucks bewirkt (Zobel et al, 2012). Dies führte im Vergleich zu einem normothermen Kontrollkollektiv über die ersten 40 Stunden zu einem signifikant geringeren Katecholaminbedarf. Über die kardiotoxische Wirkung von Katecholaminen und den geringeren Sauerstoffund Energiebedarf des Herzens bei niedriger Herzfrequenz kann zumindest teilweise die kardio-protektive Wirkung der moderaten therapeutischen Hypothermie nach Reanimation abgeleitet werden. Die systematische Untersuchung der Kreislaufregulation nach erfolgreicher Wiederbelebung hat zudem gezeigt, dass bei Patienten im kardiogenen Schock sehr häufig eine periphere Vasodilatation zusätzlich zu einer Instabilität des Kreislaufs führt. Dies ist wahrscheinlich Folge einer starken Aktivierung von Zytokinen, Stickstoffmonoxid (NO) und anderer Mediatoren, die eine abakterielle systemische Entzündungsreaktion (SIRS) induzieren. Wir haben daher bei einem Teil dieser Patienten im kardiogenen Schock die Flüssigkeitssubstitution unter moderater therapeutischer Hypothermie mithilfe einer kontinuierlichen Registrierung von Vorlast und Nachlast gesteuert. Trotz Zunahme des peripheren Widerstandes unter Hypothermie wurde eine konsequente Volumensubstitution von durchschnittlich 5449 ml innerhalb der ersten 24 Stunden in dieser Situation gut vertragen und führte zu einer signifikant geringeren Inzidenz des Nierenversagens im Vergleich zu einem konventionell behandelten Kontrollkollektiv (Adler et al, 2012). Zur Beurteilung der neurologischen Prognose bei komatösen Patienten nach Reanimation hat THERAPIE UND PROGNOSE VON PATIENTEN IM KARDIOGENEN SCHOCK NACH REANIMATION Unter allen klinisch-neurologischen, elektrophysiologischen und serologischen Testverfahren zeigten unter Hypothermie-Behandlung nur beidseits erloschene Medianus-SEPs (Sensorisch-evozierte Potentiale) zuverlässig eine infauste Prognose (CPC 4-5) an, mit einer 100%-igen Spezifität und einem ebenso hohen positiv prädiktiven Wert (Huntgeburth et al, 2012). Diese aktuellen Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe verdeutlichen, dass auch etablierte diagnostische und therapeutische Algorithmen vor dem Hintergrund neuer Behandlungsverfahren wie der moderaten therapeutischen Hypothermie stets überprüft und neu bewertet werden müssen. Abbildung 1: Einfluss der moderaten Hypothermie auf die Herzfrequenz. Im Vergleich zu einem nicht gekühlten Kontrollkollektiv (Normothermie, n=20) führte die therapeutische Kühlung der Patienten (n=20) zu einer dauerhaften Reduktion der Herzfrequenz. ‡ p < 0.01 vs. Normothermie. sich neben der klinisch-neurologischen Untersuchung der Anstieg der Neuron-spezifischen Enolase (NSE) im Serum als hochsensitiver Marker etabliert. Nach erfolgreicher Wiederbelebung hatte ein Anstieg der NSE > 33 µg/l innerhalb von 48 Stunden bei Patienten, die keine Hypothermie-Behandlung erhalten hatten, in mehreren Studien eine 100%-ige Spezifität für eine schlechte neurologische Prognose entsprechend Kategorie 4 (dauerhaft komatöser Zustand) oder Kategorie 5 (Tod) nach dem Pittsburgh Hirnleistungsindex (CPC-Score) gezeigt (Oksanen et al, 2009). Unsere Arbeitsgruppe hat den prognostischen Wert des NSE auch für Patienten nach erfolgreicher Wiederbelebung untersucht, die nach den Empfehlungen der aktuellen Leitlinien über 24 Stunden auf 33°C gekühlt worden waren (Huntgeburth et al, 2012). Dabei zeigte sich, dass der Anstieg der NSE nach Herz-Kreislaufstillstand zu keinem Zeitpunkt zuverlässig mit der neurologischen Prognose korrelierte (CPC 4-5 bei NSE > 33 µg/l innerhalb von 48 Stunden; Sensitivität: 87%, Spezifität: 65%, positiv prädiktiver Wert: 65%). Korrespondierender Autor: Priv-Doz. Dr. Hannes Reuter Oberarzt der Klinik III für Innere Medizin Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: 02 21 / 47 83 24 01 Fax: 02 21 / 47 83 24 00 Literatur: 1. Brüx A, Girbes ARJ, Poldermann KH. Kontrollierte milde und moderate Hypothermie. Anästhesist 2005; 54:225-244. 2. Oksanen T, Tiainen M, Skrifvars MB, Varpula T, Kuitunen A, Castren M, Pettila V Predictive power of serum nse and ohca score regarding 6-month neurologic outcome after out-of-hospital ventricular fibrillation and therapeutic hypothermia. Resuscitation 2009; 80:165170. 3. Zobel C, Adler Ch, Kranz A, Seck C, Pfister R, Hellmich M, Kochanek M, Reuter H. Mild therapeutic hypothermia in cardiogenic shock syndrome. Crit Care Med 2012; 40:1715-1723. 4. Adler C*, Reuter H*, Seck C, Hellmich M, Zobel C. Fluid therapy and acute kidney injury in cardiogenic shock after cardiac arrest. Resuscitation 2012, im Druck. Abbildung 2: Kumulative Katecholamindosis über die ersten 40 Stunden nach erfolgreicher Wiederbelebung bei Patienten, die mit moderater therapeutischer Hypothermie behandelt wurden (Hypothermie, 33°C, n = 20) im Vergleich zu einer nicht gekühlten Kontrollgruppe (Normothermie, 36,8°C, n=20). Reproduziert nach Zobel et al., 2012. 5. Huntgeburth M, Adler C, Zobel C, Haupt WF, Dohmen C, Reuter H. Neurological outcome of patients with out-of-hospital cardiac arrest treated with therapeutic hypothermia can reliably be predicted by somatosensory evoked potentials, but not neuron-specific enolase. Eur Heart J 2012; 33 (Suppl): 351-352 39 DIE KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDERKARDIOLOGIE Die Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie klinik im Bedarfsfall Spitzenbelastungen abgefangen werden. – Prof. Dr. med. Konrad Brockmeier – Prof. Dr. med. Narayanswami Sreeram – Prof. Dr. med. Mathias Emmel – So konnten in den letzten Jahren u.a. durch eine Verbesserung des Managements im neuen Herzzentrum die stationären Abläufe angepasst und optimiert werden. Dadurch ist die Auslastung gestiegen, so dass zuletzt pro Jahr über 200 Patienten mit z.T. sehr komplexen angeborenen Herzfehlern kinderherzchirurgisch versorgt wurden. Die Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie hat sich seit dem Umzug in das Gebäude des Herzzentrums sehr gut entwickelt. Jährlich werden in der Kinderkardiologie etwa 5000 Patienten ambulant und etwa 800 stationär versorgt. Die stationäre Versorgung ist ein sehr gutes Beispiel für interdisziplinäres Arbeiten am Universitätsklinikum in Köln. Die zentral bettenführende Station für kinderkardiologische Patienten ist die sogenannte Intermediate Care Station im Herzzentrum in der 2. Etage. Dort werden maximal 14 Betten mit Intensivstatus vorgehalten. Außer der atemunterstützenden Therapie können hier alle aufwendigen intesivmedizinischen Maßnahmen für die Patienten mit angeborenen und erworbenen Herzfehler im Kindes- und Jungendalter durchgeführt werden. Die postoperative Versorgung nach den kinderherzchirurgischen Eingriffen wird in Kooperation mit der Klinik für Anästhesie- und Intensivmedizin (Direktor Prof. Dr. B. Böttiger) durchgeführt. Hier stehen vier Intensivbetten zur Verfügung. In der Klinik für Kinder- und Jungendmedizin (Direktor Prof. Dr. J. Dötsch) können in enger Zusammenarbeit mit der interdisziplinären Intensivmedizin der Kinder- Darüber hinaus konnten knapp 200 Patienten interventionell im Herzkatheterlabor versorgt werden: diese Interventionen bieten in immer größerem Umfang eine Alternative zu Operationen am offenen Herzen. Die Zahlen sind im Schnitt um 4-5% pro Jahr gesteigert worden. Mit der Zunahme der Patienten ist gleichzeitig eine größere Komplexität der hier operierten Herzfehler zu verzeichnen. In enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Direktor Prof. Dr. P. Mallmann) wird in der Pränatalmedizin mit Prof. Dr. C. Berg und OA Dr. I. Gottschalk ein überregionales Pränatalprogramm vorgehalten. Zuweiser aus dem Kölner Umland, aber auch aus dem Ruhrgebiet, dem Aachen-Dürener Raum und der Eifel schicken Schwangere mit auffälligen fetalen Ultraschallbefunden des Herz-und Kreislaufsystems, welche regelmäßig interdisziplinär untersucht und von Gynäkologen und Kinderkardiologen gemeinsam beraten werden. Durch die Kompetenz des Kölner Teams und hohe Akzeptanz seitens der Schwangeren ist ein deutlicher Zuwachs in der Patientenzahl und auch der Komplexität der Herzfehler in den letzten Jahren zu verzeichnen. Abbildung 1: Blick auf das Operationsfeld bei der Operation eines Neugeborenen mit hypoplastischem Aortenbogen. Prof. Ger Bennink, der Leiter der Kinderherzchirurgie in der Herz- und Thoraxchirurgie des Herzzentrums (Direktor Prof. Dr. T. Wahlers), eröffnet soeben den Aortenbogen. Die sehr zierlichen Verhältnisse sind Routine für den Spezialisten. 40 DIE KLINIK UND POLIKLINIK FÜR KINDERKARDIOLOGIE Besonderheiten der sogenannten Neugeborenenherzchirurgie, wie z. B. die Norwood Operation bei hypoplastischem Linksherz, bzw. Aortenbogenrekonstruktion bei Aortenbogenhypoplasie und Aortenisthmusstenose sind für das Kölner Zentrum kennzeichnend. In der Abbildung 1 ist die Eröffnung eines hypoplastischen Aortenbogens bei einem Neugeborenen mit hypoplastischem Linksherz dargestellt. Prof. Dr. Ger Bennink ist einer der wenigen Herzspezialisten europaweit, welcher die Norwood Operation beherrscht. Die Kinderherzchirurgie ist der wichtigste Kooperationspartner für die Kinderkardiologen am Herzzentrum, gekennzeichnet durch ungewöhnlich freundschaftlich-kollegiale Arbeit, begünstigt auch von kurzen Wegen und enger räumlicher Bindung im modernen Gebäude. Bei den Interventionen im Herzkatheterlabor haben sich seit dem Einzug ins Herzzentrum ebenfalls einschneidende Veränderungen ergeben. Hervorzuheben dabei ist die sehr enge Zusammenarbeit der Disziplinen Kardiologie und Gefäßchirurgie mit der Kinderkardiologie. Die spezielle Expertise aus den Nachbardisziplinen, zusammen mit dem unkompliziert zwanglosen gemeinsamen Umgang und der sehr kollegialen Hilfsbereitschaft, bieten sehr gute Voraussetzungen für optimale Patientenversorgung. Seit 2009 werden auch bei Jugendlichen und Jungen Erwachsenen Herzklappen minimal-invasiv implantiert. Diese Patienten haben nach operierter Fallot’scher Tetralogie oder Pulmonalatresie bis dato ausschließlich einen chirugischen Klappenersatz bei entsprechender Indikation erhalten. Heute können als Alternative auf Stents montierte Klappen in Pulmonalisposition transfemoral implantiert werden. Andrang die Wartezeit für einen Ablationstermin bei Kindern auf durchschnittlich sechs Wochen angewachsen. Bei dringender Indikation kann jedoch jederzeit behandelt werden. Die interdisziplinäre Vernetzung im Herzzentrum und im Universitätsklinikum ist eine Stärke der Kinderkardiologie, die zu den Erfolgen in der Krankenversorgung beiträgt. Die internationale Vernetzung ist eine weitere Stärke, welche v. a. Forschung und Lehre betrifft. Im ärztlichen Team arbeiten Kollegen aus Belgien, den Niederlanden und Großbritannien, Gastärztinnen und Ärzte aus Ägypten und Tunesien (Drittmittelprojekte aus EU und DAAD). Kinderkardiologie und Kinderherzchirurgie ist Teamwork. Die Kinderkardiologie im Herzzentrum wählte das Motto „Persönliche Zuwendung durch einfühlende Mitarbeiter eines starken Teams“. Im Team arbeiten ärztliche und pflegerische Mitarbeiter mit Technikern und vielen weiteren Kräften auf Augenhöhe zusammen. Die Verantwortung ist sehr groß, aber alle stellen sich den täglichen Aufgaben und Herausforderungen mit großer Motivation und Können. Niemand hat den Umzug in das Herzzentrum bereut. www. uniklinik-herzzentrum.de/kinderkardiologie Die allgemein besseren Überlebenschancen für Kinder mit angeborenen Herzfehlern (90 – 95% erreichen das Erwachsenenalter) haben eine zunehmende Aufmerksamkeit für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern bewirkt. Am Kölner Herzzentrum hat sich eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe auf dieses Patientenkollektiv spezialisiert (Siehe: Das Kölner Herzzentrum Ausgabe 8, Seite 36ff). Die Expertise für die Krankenversorgung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) ist verteilt auf eine Gruppe von Internisten, Pädiatern und Herzchirurgen, welche zuletzt Verstärkung in der bildgebenden Diagnostik durch das Team von Prof. Dr. D. Maintz, dem neuen Direktor des Radiologischen Instituts des Universitätsklinikums, erhalten hat. Prof. Maintz ist führend in der kardialen Magnetresonanztomographie. Nach dem Umzug in das Herzzentrum wurde die Elektrophysiologie und Ablationsbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit Herzrhythmusstörungen weiter ausgebaut. Die Kölner Gruppe ist eine von vier Einheiten bundesweit, welche bei entsprechender Indikation Ablationsbehandlungen in jeder Altersstufe anbietet. Leider ist durch den großen Korrespondierender Autor: Prof. Dr. med. Konrad Brockmeier Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie Herzzentrum, Universitätsklinikum Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel.: 0221 478 32514 41 INTERVENTIONELLE UND REGENERATIVE THERAPIE DER HERZINSUFFIZIENZ Interventionelle und Regenerative Therapie der Herzinsuffizienz – Prof. Dr. med. Jochen Müller-Ehmsen – Die chronische Herzinsuffizienz mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion ist als Endzustand fast aller Herzerkrankungen eines der bedeutendsten Gesundheitsprobleme unserer Zeit. Nachdem in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrtausends große Fortschritte und Erfolge bei der medikamentösen Therapie erzielt worden sind (ACE-Hemmer/ AT1-Blocker, ß-Blocker, Aldosteronantagonisten), haben sich in der Zwischenzeit nur noch die Herzfrequenzsenkung mit Ivabradin (SHIFT- Studie bei HF > 70/min) und die Eisensubstitution bei Eisenmangel (FAIR-HF-Studie) als neue Therapieansätze etabliert. Demgegenüber war das neue Jahrtausend bisher geprägt von der Entwicklung der Gerätetherapie bei Herzinsuffizienz. Insbesondere die Primär- und Sekundärprophylaxe mit AICD und die kardiale Resynchronisationstherapie haben gute Ergebnisse im Hinblick auf verbessertes Überleben und eine Besserung der Symptomatik erbracht. Entsprechend sind sie fester Bestandteil der aktuellen Herzinsuffizienztherapie. Dennoch ist die Therapie von Patienten Abbildung 1: Durchleuchtungsaufnahme während einer erfolgreichen Implantation einer TAVI (Transcatheter Aortic Valve Implantation) von transfemoral bei einem voroperierten Patienten. Die Entscheidung, welches Therapieverfahren dem Patienten als das geeignetste empfohlen wird, wird gemeinsam von Kardiologen und Herzchirurgen im „Heart Team“ getroffen. 42 mit Herzinsuffizienz noch nicht ausreichend effektiv, so dass sowohl Morbidität als auch Mortalität weiterhin hoch sind. Daher ist es unbedingt erforderlich, neue medikamentöse, aber besonders auch interventionelle Therapieverfahren zur Behandlung der Herzinsuffizienz zu entwickeln. Ein exzellentes Beispiel für letzteres ist die TAVI (Transcatheter Aortic Valve Implantation) [Abb. 1], die als kathetergestützte Therapie (transfemoral oder transapikal) hochgradiger Aortenklappenstenosen für die Behandlung von Patienten in Frage kommt, die nicht oder nur mit sehr hohem Risiko konventionell operiert werden können. Tatsächlich konnte in den PARTNER-Studien gezeigt werden, dass eine kathetergestützte Aortenklappenimplantation das Überleben von inoperablen Patienten verlängert, und dass das Verfahren bei Patienten mit sehr hohem OP-Risiko mindestens ebenso gut ist wie eine konventionelle Operation. Diese Studiendaten wurden durch die Ergebnisse aus großen nationalen Registern (Französisches und Deutsches Aortenklappenregister) bestätigt. Auch für die Mitralinsuffizienz, die besonders häufig bei Patienten mit eingeschränkter LVFunktion auftritt, wurde bereits ein minimal invasives Vorgehen etabliert: Mit dem sogenannten Mitra- Clip- Verfahren wird das anteriore Mitralsegel punktuell, meist mittig mit dem posterioren Mitrasegel mit einem Clip, der einer Mini- Wäscheklammer ähnelt, verbunden, so dass es in der Systole zu einem besseren Schluss der Mitralklappe kommt, ohne dass in der Diastole der Einstrom des Blutes über die Mitralklappe vom linken Vorhof in den Ventrikel behindert wird. Tatsächlich lässt sich nach den Daten der EVEREST II-Studie durch dieses Verfahren eine Mitralklappeninsuffizienz reduzieren. Allerdings ist die Zahl der erforderlichen Re- Interventionen nach dem Mitra-ClipVerfahren deutlich höher als nach einer konventionellen Mitralklappen- OP, so dass auch dieses interventionelle Verfahren derzeit vor allem bei Patienten mit sehr hohem Operationsrisiko in Frage kommt. Neben diesen beiden bereits sehr etablierten Verfahren zur interventionellen Therapie herzinsuffizienter Patienten gibt es eine Vielzahl weiterer vielversprechender Therapieansätze, die derzeit in klinischer Erprobung sind. Ein solches Verfahren ist beispielsweise die kardiale Kontraktionsmodulation (CCM), bei der von einem speziellen Herzschrittmacher in der Refraktärperiode des Myokards elektrische Impulse an das Ventrikelseptum abgegeben werden. Dadurch wird keine Kontraktion ausgelöst, wie es das Ziel eines konventionellen Herzschrittmachers wäre, sondern es wird offensichtlich der Calcium- Haushalt der Herzmuskelzellen so beeinflusst, dass es zu einer gesteigerten Kontraktilität kommt. Erste Studienergebnisse sind vielversprechend, jetzt wird die Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens in einem großen Register weiter geprüft. INTERVENTIONELLE UND REGENERATIVE THERAPIE DER HERZINSUFFIZIENZ Die Stimulation der Barorezeptoren in der Arteria Carotis wird schon seit über 40 Jahren als möglicher Therapieansatz diskutiert. Jedoch gibt es erst seit einigen Jahren mit einem vollständig implantierbaren Barorezeptor-Stimulator die Möglichkeit, eine chronische Therapie durchzuführen. Das Stimulationsaggregat wird dabei wie ein Herzschrittmacher unter die Clavicula implantiert, die Stimulationssonde wird subkutan meist auf den rechten Bulbus Caroticus getunnelt, wo er an der Stelle fixiert wird, wo die beste Barorezeptor-Aktivierung beobachtet werden kann [Abb. 2]. Zunächst wurde die Barorezeptor-Aktivierungs-Therapie (BAT) zur Behandlung der therapierefraktären arteriellen Hypertonie entwickelt, wo sie als Alternative oder zusätzlich zur Nierenarterienablation eingesetzt werden kann (hier auch bei Therapieversagern der Nierenarterienablation wirksam). Inzwischen gibt es aber auch erste prä-klinische und klinische Daten, die zeigen, dass dieses Therapieverfahren auch bei Herzinsuffizienz nützlich sein kann. Am Herzzentrum der Uniklinik Köln wurden die weltweit meisten Patienten auf diese Weise behandelt. Ein häufiges und häufig unterschätztes Problem bei Herzinsuffizienz ist eine obstruktive oder zentrale Schlafapnoe. Sie tritt bei 70% der Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz auf und ist assoziiert mit einer schlechteren Prognose. Während die obstruktive Schlafapnoe auch nach den neuesten Leitlinien für Herzinsuffizienz klassisch mit CPAP-Maske behandelt werden sollte, gibt es für die Therapie einer zentralen Schlafapnoe bei Herzinsuffizienz noch keine wegweisenden Informationen. Dieses wird sich ändern sobald die Ergebnisse der aktuell laufenden SERVEHF- Studie vorliegen, welches in den nächsten 2-3 Jahren der Fall sein sollte. Das Herzzentrum Köln ist das viertgrößte Zentrum für diese neue Therapieform weltweit. Als Alternativtherapie für eine Atemmaske zur Therapie der zentralen Schlafapnoe kommt auch die Implantation eines Phrenicus-Schrittmachers in Frage. Dieser führt nach Implantation in eine klassische subklavikuläre Schrittmachertasche über eine Sonde, die in der linken V. pericardiophrenica liegt zu einer Stimulation des N. phrenicus und damit des Zwerchfells. Wann immer es zu zentralen Atmungspausen (Cheyne-Stokes-Atmung) kommt, wird der Schrittmacher aktiviert, eine Zwerchfellkontraktion herbeigeführt und ein Atemzug schrittmachergesteuert ausgelöst (nur möglich bei zentraler Schlafapnoe, da die Atemwege offen sind). Auch hier gehört die Uniklinik Köln zu den wenigen Zentren weltweit, die eine solche Therapie anbieten können. Neben den hier genannten gibt es eine Reihe weiterer neuer Therapieverfahren für Herzinsuffizienz, die an der Uniklinik Köln angeboten werden können. Dazu gehören beispielsweise eine neue Gentherapie (SERCA 2a-Überexpression) und ein Drucksensorsystem, welches den Druck in der Pulmonalarterie messen kann, und der somit eine frühzeitige Adaptation der Medikation ermöglicht. Dieses Verfahren führte in der CHAMPION-Studie zu einer geringeren Hospitalisierungsrate. Abbildung 2a: Konzept der Barorezeptorstimulation mit Stimulationsaggregat rechts subklavukulär und Sondenposition auf dem Barorezeptor der A. carotis rechts (links ist ebenso möglich) zur Therapie der schweren, medikamentös nicht einstellbaren arteriellen Hypertonie und der Herzinsuffizienz. Abbildung 2b: Kosmetisch exzellentes Ergebnis nach Implantation eines Barorezeptorstimulators. Besonders bedeutsam für die optimale Versorgung herzinsuffizienter Patienten ist die enge Kooperation zwischen Kardiologie und Herzchirurgie. Die Entwicklung der neuen minimalinvasiven Therapieverfahren für Aortenklappenstenosen und Mitralinsuffizienz haben dazu geführt, dass sogenannte „Heart Teams“ gebildet wurden, um gemeinsam über das bestmögliche Therapieverfahren zu entscheiden. Solche Herzteams sind aber auch für viele andere Therapieentscheidungen erforderlich (Herz- 43 INTERVENTIONELLE UND REGENERATIVE THERAPIE DER HERZINSUFFIZIENZ transplantation?, Mechanische Herzunterstützung?), so dass ein Zusammenwachsen und eine enge Zusammenarbeit von interventioneller Kardiologie und Herzchirurgie unabdingbar sind. Neben der engen Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Herzchirurgie ist ebenfalls eine sehr gut organisierte Kooperation zwischen ambulantem und stationärem Bereich der Patientenversorgung erforderlich, bzw. zwischen niedergelassenen Kollegen und den Klinikärzten. Nur so kann eine optimale flächendeckende Betreuung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz gelingen, und nur so kann gewährleistet werden, dass möglichst viele Patienten von den neuesten Entwicklungen in der Herzinsuffizienztherapie profitieren. Daher müssen Netzwerke gegründet und gemeinsame Therapiekonzepte festgelegt werden, wie dies derzeit schon im Rahmen des Kölner Kardiologie-Forums, welches alle 2 Monate zusammentrifft (in Kooperation mit dem St. Vinzenz-Hospital und dem Herznetz Köln), gelingt. Enge Kooperation zwischen den Disziplinen und über die Sektoren der Gesundheitsversorgung hinweg (ambulant, stationär, Reha) zum Wohle des Erkrankten, das muss unser oberstes Ziel sein. Zusammengefasst hat sich die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch sind die Prävalenz und die Mortalität dieser Erkrankung weiterhin so hoch, dass massive Anstrengungen unternommen werden müssen, um eine weitere Besserung zu erzielen. Diesem Ziel ist das Herzzentrum Köln verpflichtet. Durch enge Kooperation und Vernetzung unter den Kliniken und mit den ambulanten Zentren und durch Etablierung modernster medikamentöser, interventioneller und regenerativer Therapieverfahren besteht die Möglichkeit, die Versorgung herzinsuffzienter Patienten in Köln zu verbessern und eine nationale wie internationale Führungsrolle auf diesem Sektor einzunehmen. 44 Korrespondierender Autor: Prof. Dr. Jochen Müller-Ehmsen Leiter Herzkatheterlabor, Leiter HTx-Ambulanz AG für Interventionelle und Regenerative Herzinsuffizienztherapie Klinik III für Innere Medizin Uniklinik Köln Tel.: 0221- 478- 32396 Fax: 0221- 478- 32397 Email: [email protected] RHYTHMOLOGIE AM HERZZENTRUM DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN Rhythmologie am Herzzentrum der Universität zu Köln – Das richtige Taktgefühl bestimmt das individuelle Vorgehen – Priv.-Doz. Dr. med. Fikret Er – Allgemeine Einführung Die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen aller Organe erfordert einen ausreichenden Blutfluss. Ein normal funktionierendes Herz schafft dies problemlos durch das Pumpen einer ausreichend hohen Blutmenge pro Zeiteinheit (Herzzeitvolumen). Dabei spielt der Herzrhythmus eine zentrale Rolle. Eine normale Pumpkraft des Herzens und ein normaler Rhythmus (Sinusrhythmus) stellen die optimalen Voraussetzungen für eine gute körperliche Leistungsfähigkeit dar. Eine Störung des Herzrhythmus muss in diesem Kontext betrachtet und beurteilt werden: a) Die normale Organdurchblutung ist gefährdet (zu langsamer oder zu schneller Puls). b) Eine echte Gefährdung droht nicht, die Rhythmusstörung schränkt allerdings die körperliche Leistungsfähigkeit ein. c) Es droht kein Durchblutungsproblem, der abnormale Rhythmus wird aber als sehr störend empfunden. d) Der Rhythmus ist per se intakt, das Herz pumpt schwach und die Erregungsverbindung in den Kammern ist stark verzögert. Die Elektrophysiologie beschäftigt sich mit der Diagnostik und Therapie von Herzrhythmusstörungen. Sowohl bei der Diagnostik als auch Behandlung müssen die gewählten Mittel in Harmonie mit den oben erwähnten Einschränkungen a, b oder c, damit nicht das sprichwört- liche Schießen mit Kanonen auf Spatzen erfolgen. Durch den Einsatz rhythmologischer Methoden werden biventrikuläre Schrittmacher von einem sehr erfahrenen Team implantiert (durchschnittliche Implantationszeit 75 Minuten), individuell programmiert und im Verlauf regelmäßig optimiert. Zur Gewährleistung einer optimalen Behandlung werden im Herzzentrum der Universität zu Köln alle relevanten Behandlungsempfehlungen im Konsensus mit dem Patienten, dem niedergelassenen Arzt und interventionellen und nichtinterventionellen Kardiologen getroffen. In der rhythmologischen Sprechstunde des Herzzentrums stellen sich Patienten mit bekannten und unbekannten Rhythmusstörungen vor. Zum Teil sind umfangreiche ambulante Diagnostiken durchgeführt worden, zum Teil werden diese erst hier eingeleitet. Das rhythmologische Team bespricht dabei das Vorgehen mit den zuweisenden Ärzten. Die vorliegende Übersicht dient der Orientierung für Ärzte in der Weiterbildung und Pflegekräfte im eigenen Haus. Möglicherweise ist der ein oder andere Hinweis auch für den Leser dieser Zeitschrift interessant. Im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) werden verschiedene Katheter an unterschiedlichen Bereichen des Herzens positioniert. Zum einen im Bereich des Arbeitsmyokards, aber zum anderen auch im Bereich des spezifischen Reizleitungssystems. Damit lässt sich die eigene elektrische Herztätigkeit bestimmen und der Ursprung von Herzrhythmusstörungen erkennen. Mit den selben Kathetern lassen sich elektrische Impulse (ähnlich wie mit Schrittmachern) gezielt abgeben und so Herzrhythmusstörungen auslösen. Ist die Ursache von Herzrhythmusstörungen identifiziert erfolgt in der selben EPU die Behandlung. Hierzu werden mittels spezieller Katheter die Ablation durchgeführt (Ablation, lat. Ablatio abtragen). Der Umfang und die Dauer einer EPU-Prozedur ist abhängig von der Art der Rhythmusstörungen und dem Einsatz spezieller Mapping-Verfahren (z.B. 3D Carto). 45 RHYTHMOLOGIE AM HERZZENTRUM DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN Unterschiedliche Rhythmen und Rhythmusstörungen Sinusrhythmus Normaler Rhythmus. Auf dem EKG-Streifen sind regelmäßige positive P-Wellen in den Ableitungen II und III vorhanden. Jeder P-Welle folgt ein QRS-Komplex. Abbildung 1: Sinusrhythmus Stimulierter Rhythmus In Abhängigkeit des Ortes der Impulsabgabe sind Stimulationsartefakte (Spikes) vor den jeweiligen EKG-Komplexen zu erkennen. Man unterscheidet paroxysmales Vorhofflimmern (wichtiges Kriterium ist die spontane Konversion in den Sinusrhythmus), persistierendes Vorhofflimmern (Kardioversion nur durch Medikamente oder elektrisch) und permanentes Vorhofflimmern (keine medikamentöse oder elektrische Kardioversion möglich). Vorhofflattern Regelmäßige kreisende Erregungen im Bereich der Vorhöfe. Diese kreisenden Erregungen können sich in vielen Gebieten der Vorhöfe bilden, am häufigsten sind aber kreisende Erregungen im Bereich der Vena cava inferior und dem Trikuspidalklappenanulus (Synonyme: gewöhnlicher Typus, common type, Typ I, typisches Vorhofflattern). Dieser Bereich wird (cavotrikuspidaler) Isthmus genannt. Die kreisende Erregung kann den Isthmus im Uhrzeigersinn oder entgegen des Uhrzeigers passieren. Während beim Uhrzeiger-Reentry positive P-Wellen in den inferioren Ableitungen zu erkennen sind, sind negative P-Wellen in den Ableitungen II, III und aVF beim Reentry gegen den Uhrzeiger festzustellen. Durch die negativen P-Wellen, zeigt sich ein Sägezahnmuster in den Ableitungen II, III und aVF. Typ II Vorhofflattern beinhaltet der Reentry-Kreis typischerweise nicht den rechtsatrialen Isthmus. Häufig entsteht nach Pulmonalvenenisolation linksatriales Vorhofflattern. Dieses isthmusunabhängige Vorhofflattern wird auch atypisches Vorhofflattern genannt. Abbildung 2: . Stimulierter Rhythmus mit entsprechenden Spikes Vorhofflimmern Ungeordnet chaotische Erregung der Vorhöfe. Die „fehlerhaften“ elektrischen Impulse haben ihren Ursprung meist im Bereich der Pulmonalvenen. Deshalb lässt sich Vorhofflimmern häufig durch eine Isolation der Pulmonalvenen behandeln. Abbildung 3: Ungeordneter Rhythmus zeigt Vorhofflimmern an 46 Abbildung 4: Vorhofflattern mit 2:1 Überleitung. Sternchen markieren die Position der negativen P-Wellen in de Ableitungen II, III und aVF. RHYTHMOLOGIE AM HERZZENTRUM DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN AV-Knoten-Reentrytachykardie (AV-Node Reentry Tachycardia, AVNRT) Bei einigen Patienten ist der AV-Knoten funktionell zweigeteilt. Eine langsam leitende Bahn befindet sich dabei neben einer schnell leitenden Verbindung zwischen Vorhof und Ventrikel. Üblicherweise bleiben die Patienten lange Zeit, manchmal Jahrzehnte asymptomatisch. Dann wiederum gibt es Zeiten, in denen häufig Rhythmusstörungen entstehen. Während der asymptomatischen Phase wird der vom Sinusknoten generierte Impuls über die schnelle Bahn des AV-Knotens in die Ventrikel übertragen. Die langsame Bahn nimmt an der Erregungsweiterleitung nicht teil. Eine Tachykardie entsteht nach folgendem Szenario: Über die schnell leitende Bahn gelang die Erregung in den Ventrikel; es fällt eine atriale Extrasystole, die jetzt nicht über die noch refraktäre schnelle Bahn weitergeleitet werden kann. Es erfolgt die Weiterleitung in die Ventrikel über die langsam leitende Bahn. Wenn die Erregung im Ventrikel ankommt, ist die schnell leitende Bahn nicht mehr refraktär. Sie leitet die Erregung wieder zurück zum Vorhof, von wo sie über die langsame Bahn wieder in den Ventrikel gelangt usw. Typischerweise kann über die schnelle Bahn die Erregung zurück in den Vorhof und über die langsame Bahn wieder in den Ventrikel gelangen (Synonyme: Typische AVNRT, SlowFast Typ). Es kommt zu einer kreisenden Erregung im Bereich des AV-Knotens. Im Rahmen einer Ablation wird die langsame Bahn moduliert. Sinusschlag eine Delta-Welle im EKG zu sehen, handelt es sich um ein offenes Wolff-ParkinsonWhite Syndrom (offenes WPW). Leitet die akzessorische Bahn nur retrograd, ist die Identifikation der akzessorischen Leitungsbahn häufig nur mittels elektrophysiologischer Untersuchung festzustellen (verborgenes WPW). Diese kreisende Erregung wird verhindert, wenn die zusätzliche Bahn gefunden und abladiert wird. Abbildung 6: . Delta-Welle (Pfeil) als Zeichen einer offenen akzessorischen Leitungsbahn. Ektop atriale Tachykardie (EAT) Neben dem Sinusknoten existiert ein weiterer Automatiefokus in den Vorhöfen. Während der Sinusknoten seine Aktivität an die physiologischen Bedingungen anpasst, kann ein ektop atrialer Focus zu inadäquaten Tachykardien führen. Im Oberflächen-EKG weicht die Morphologie der P-Welle von einem Sinus-EKG ab. Die P-Welle kann hilfreich bei der Lokalisation der Tachykardie sein. Zur groben Orientierung gilt: Bei negativer P-Welle oder +/- in V1 ist der Fokus eher rechtsatrial, bei positiver oder -/+ PWelle eher linksatrial. Abbildung 5: Typische AVNRT. Durch die schnelle retrograde Leitung vom Ventrikel zum Vorhof ist unmittelbar nach dem QRS Komplex P-Welle zu erahnen (Sternchen). Ventrikuläre Extrasystolen Von atypischer AVNRT wird gesprochen, wenn es sich um ein „Fast-Slow“ oder „Slow-Slow“ Typ handelt. AV-Reentry-Tachykardie Bei einigen Menschen existiert neben der physiologischen Verbindung zwischen Vorhof und Ventrikel noch eine weitere Verbindung, eine sogenannte akzessorische Leitungsbahn. Ähnlich wie beim Reentry-Mechanismus bei der AVNRT kann die akzessorische Leitungsbahn die ventrikuläre Erregung zurück zu den Vorhöfen transportieren, von wo sie dann über den AV-Knoten zurück in den Ventrikel gelangen kann. Sowohl der AV-Knoten als auch die akzessorische Leitungsbahn sind demnach Bestandteil des Reentry-Kreises. Ist bei normalem Einzelne Extrasystolen sind in der Regel ungefährlich. Fallen sie in die vulnerable Phase, können sie allerdings Kammerflimmern auslösen. Sehen die Extrasystolen gleich aus (monomorph) ist eine Behandlung mittels Ablation grundsätzlich möglich. Abbildung 7: . Ventrikulärer Bigeminus 47 RHYTHMOLOGIE AM HERZZENTRUM DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN Kammerflattern Komplikationen einer EPU Regelmäßige Rhythmusstörung mit Ursprung in der Kammermuskulatur. Überwiegend lebensbedrohlich. In speziellen Fällen ist eine Ablation möglich, häufig die Implantation eines Defibrillators notwendig. Neben den zahlreichen Vorteilen einer elektrophysiologischen Untersuchung, sind eine Reihe von möglichen Komplikationen bekannt. Hierzu gehören die Entwicklung eines Perikardergusses, Pulmonalvenenstenosen, Schlaganfall, Verletzung von Gefäßen und Nerven, Herzstillstand, Thrombosen, Blutungen, Entwicklung eines höhergradigen AV-Blocks. Die Rate an Komplikationen sind in geübten Händen sehr gering. Abbildung 8: Kammerflattern Kammerflimmern Funktioneller Herzstillstand. Terminierung durch Defibrillation. Bei Patienten ohne behebbare Ursache ist die Implantation eines Defibrillators notwendig. Abbildung 9: Kammerflimmern Brugada-Syndrom Bei der Erkrankung liegt ein angeborener Ionenkanaldefekt in den Herzmuskelzellen vor. Zahlreiche genetische Mutationen können zu einem Brugada-Syndrom führen. 3 unterschiedliche EKG-Morphologien werden mit dem Brugada-syndrom assoziiert (Typ I, II, III). Derzeit gilt nur der Nachweis des Typ I EKGs als Beweis für das Vorliegen eines Brugada-Syndroms. Bei vielen Patienten ist das EKG in Ruhe bereits wegweisend. Bei einigen führt eine medikamentöse Provokation (z.B. mit Ajmalin) zu einer entsprechenden Konfigurationsänderung im EKG und damit zum Nachweis eines BrugadaSyndroms. Patienten mit einem BrugadaSyndrom sind besonders durch ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern gefährdet. 48 Korrespondierender Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Fikret Er Leiter der Rhythmologie Herzzentrum der Universität zu Köln Kerpener Straße 62 · 50937 Köln Fon +49-221-478 32396 Fax +49-221-478 32712 [email protected] www.cardiovascular-research.org DAS KÖLNER HERZZENTRUM Das Kölner Herzzentrum – Fachzeitschrift für den Arzt Wir danken folgenden Werbepartnern für ihre Unterstützung: Initiativ-Partner des Kölner Herzzentrums Pfizer Pharma GmbH Medtronic GmbH Seite U2, 17 Seite 33 Seite Unternehmen 15 Bayer Pharma AG 37 Klinik Roderbirken 49 Boston Scientific Medizintechnik GmbH U3 MSD Sharp & Dohme GmbH U4 AstraZeneca GmbH 49 Zufrieden? Ihre Meinung ist uns wichtig! Fragebogen bitte senden an: Am Wiesengrund 1 40764 Langenfeld Tel.: 02173 1095-100 IPV – Informations-Presse-Verlags Gesellschaft mbH Am Wiesengrund 1 Fax: 02173 1095-111 40764 Langenfeld E-Mail: [email protected] Web: www.ipv-medien.de sehr gut 1. Wie gefällt Ihnen die Fachzeitschrift insgesamt? 2. Wie hat Ihnen die Fachzeitschrift weitergeholfen? 3. 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