Text fürs NZZ Folio „Traumberufe“ vom Mai 2010

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Text fürs NZZ Folio „Traumberufe“ vom Mai 2010.
Wegen Kürzung des Umfangs aus dem Heft gefallen.
Philipp Scherrer – Elitesoldat
Er sitzt mit dem Rücken zur Wand, überblickt das Café im Zürcher Kreis 5. Auf dem Tisch steht als
Erkennungszeichen ein zweiter Espresso. Mit Kapuzenpullover, Jeans und Stoffturnschuhen sieht er
nicht aus, wie man sich einen Berufsoffizier und Elitesoldaten vorstellt. Auf den zweiten Blick fällt
vielleicht der durchtrainierte Oberkörper auf oder die italienische Kampftaucheruhr aus Titan.
Unauffällig bleiben, scheint Scherrers Absicht im Alltag, gar unsichtbar werden, ist sein
militärischer Auftrag: An der Grenadierschule in Isone im Tessin bringt er Soldaten bei, wie sie
unbemerkt feindliches Gebiet infiltrieren, versteckt Gegner und Ziele ausspähen und ihre
Erkenntnisse den eigenen Kräften melden. Das tun die so genannten Grenadieraufklärer im kleinen
Team, bei jedem Wetter, über mehrere Tage und ohne Nachschub. „Wir sind die Sensoren, die
Augen und Ohren, der Grenadierbataillone.“
Seine Soldaten nennt der 37-jährige Major „Boys“ oder „Jungs“, und er hat nur Lob für sie:
„Grenadiere sind sagenhafte Leute, endlos belastbar mit enormem Drive, gesund im Charakter und
anständig. Da hat es kaum je einen Bremser dabei.“ Mit seinen Jungs macht er Überlebenstraining
im Wald, watet mitten im Winter durch Flüsse oder rutscht an einem dicken Seil aus dem
Helikopter. „Da ist ein Bubentraum wahr geworden!“
Es gibt aber auch den anderen Scherrer, der sich äusserst bewusst ist, wie ernst sein Beruf ist. „Es
geht um Auftragserfüllung unter Einsatz des Lebens, das bringe ich den Jungs bei.“ Wie er es sagt,
macht klar, dass der Satz für ihn keine leere Hülse ist.
Die Zäsur in seiner Militärkarriere sei sein erster Auslandseinsatz vor zwölf Jahren für die OSZE im
Kosovo gewesen: „Ich habe gesehen wie militärische Profis arbeiten. Ihr Ziel war es, um jeden
Preis ein zweites Bosnien zu verhindern.“ Am Ende schaute er den NATO-Bombern zu, wie sie
Angriffe auf Serbien flogen. „Überall hiess es, es werde Geschichte geschrieben. Das hat mich
genervt, weil da unten starben Menschen.“ Ihm sei wieder bewusst geworden, was angebliche
Selbstverständlichkeiten bedeuten: „Ein Rechtsstaat, das Stimmrecht oder sauberes Trinkwasser –
alles Privilegien.“
Philippe Kropf ist Journalist in Zürich.
Bedingung für eine Laufbahn
als Berufsoffizier
(ehemals: Instruktor) ist eine
gute Qualifikation als
Leutnant der Schweizer
Armee und die Fähigkeit,
eine Kompanie zu führen.
Der Einstiegslohn nach
abgeschlossener Ausbildung
beginnt mit der Lohnklasse
21 (9182.- /Monat).
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