Quelle/Publication: Farbe & Lack 02/2007 Ausgabe/Issue: 48 Seite/Page: Wandernde Feldlinien Schlechter Umgriff bei elektrostatischen Applikationsverfahren. Eine Besonderheit von elektrostatischen Applikationsverfahren, und somit auch von Elektrotauchlackierungen, ist die Beschichtung von Hohlräumen. Dieser Effekt, der als Umgriff bezeichnet wird, ist eine Folge der Ausprägung der elektrischen Feldlinien. Der Umgriff ist besonders stark ausgeprägt, wenn die Beschichtung frühzeitig einen hohen elektrischen Widerstand bildet, so dass die Feldlinien immer tiefer in den Hohlraum eindringen. Dr. Roland Somborn. Schlechter Umgriff Fehlerbeschreibung Nach der elektrophoretischen Beschichtung eines Heizkörpers mit einer anionischen Elektrotauchlackierung wird das Beschichtungsergebnis untersucht. Ein besonderes Augenmerk fällt dabei auf die Beschichtung der Lamellen zwischen den Außenplatten. Dabei wird festgestellt, dass bei der Beschichtung kein ausreichender Umgriff vorhanden war, durch den die Lackschicht auch in von den Elektroden abgewandten Bereichen aufgebaut werden konnte. Zusammenhang: Bei der Applikation von Beschichtungsstoffen mit Hilfe elektrostatischer Methoden wandern die Lackpartikel entlang der elektrischen Feldlinien. Da diese an den Kanten und im Randbereich der Objekte nicht gradlinig verlaufen, sondern sich wellen- bzw. bogenförmig ausbilden, reichen die Feldlinien auch auf die zur Elektrode abgewandte Objektseite und in Hohlräume. Dadurch erfolgt an diesen Stellen bereits zu Beginn der Applikation ein Schichtaufbau. Wird bei zunehmender Schichtdicke der elektrische Widerstand der Beschichtung größer, reichen die Feldlinien verstärkt in die Hohlräume des Objektes. Die Beschichtung dieser Bereiche ist die Folge. Es gilt damit folgender Zusammenhang: "Je schneller die Beschichtung einen elektrischen Widerstand bildet, desto besser ist der Umgriff". Zur Prüfung des Umgriffs werden zwei Probebleche mit Hilfe eines Abstandshalters so parallel zueinander angeordnet, dass ein Abstand von einem Zentimeter entsteht. Das dadurch nach oben und unten offene Prüfblechsystem wird dann nach vorgegebenen Applikationsbedingungen beschichtet. Anschließend werden die einzelnen Bleche voneinander getrennt. Die zuvor nach innen gerichtete Blechseite wird dann vermessen. Dazu werden die Beschichtungshöhe und der Schichtdickenverlauf bestimmt. Zur Behebung des Mangels am beschichteten Objekt ist möglicherweise eine Nachbeschichtung geeignet. Dabei wird der Hohlraum entweder mit einer anderen Applikationsmethode beschichtet oder erneut einer elektrophoretischen Beschichtung unterzogen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine anderen Beschichtungsmängel, wie Überbeschichtung, Haftungsprobleme oder Durchbrüche entstehen. Fehlerursachen und -behebung können, kann der Einsatz einzelner Materialien auch zu einer Verringerung des Widerstandes führen. Zum Beispiel kann das Schwarzpigment Ruß, welches einen hohen Graphitanteil besitzt, sogar eine elektrische Leitfähigkeit der Beschichtung verursachen. Ein schlechter Umgriff ist dann die Folge. Überprüfung der Ursachen (P): Mittels Labor- und Applikationsversuchen kann nachgewiesen werden, ob die Ursache für den Lackmangel in den einzelnen Rohstoffen zu suchen ist. Dabei werden die einzelnen Rohstoffe ausgetauscht und das Umgriffverhalten der Materialien wird untersucht. Fehlerbehebung (B): Nach den Untersuchungen und unter Berücksichtigung der Ergebnisse sollte ein Rohstoffaustausch vorgenommen werden. Der Lackmangel in der Beschichtung ist nur durch Nachlackierung zu beheben. Produktionsfehler - Einsatz fehlerhafter Rohstoffe U: Werden Rohstoffe bei der Fertigung der Beschichtungsstoffe verwendet, die verunreinigt, überlagert oder fehlerhaft sind, kann dies zu einer Beeinträchtigung des Umgriffs führen. Als Ursache für die Beeinträchtigung des Umgriffs kann eine mangelhafte Filmbildung während der Applikation verantwortlich sein. P: Durch analytische Untersuchungen kann der Nachweis erbracht werden, dass fehlerhafte Rohstoffe eingesetzt wurden. Als Referenzsubstanzen sind die Rückmuster der eingesetzten Rohstoffe sowie eine unbeanstandete Lackcharge zu verwenden. B: Eine Korrektur des beanstandeten Lackmaterials ist möglicherweise durch die Zugabe weiterer Rohstoffe möglich. Dies sollte jedoch im Vorfeld durch Labor- und Applikationsversuche untersucht werden. Eine Behebung des schlechten Umgriffergebnisses an der Beschichtung ist nur durch Nachlackierung möglich. - Rohstoffverwechselungen und falsche Rohstoffmengen U: Die zur Herstellung der Lackprodukte verwendeten Rohstoffe beeinflussen nicht nur die Beschichtungsqualität und die Lackeigenschaften, sondern besitzen ebenfalls einen Einfluss auf den Umgriff. Dies ist unter anderem mit dem Aufbau eines elektrischen Widerstandes zu erklären. Die Verwendung von falschen Rohstoffmengen sowie der Einsatz falscher Rohstoffe, z.B. in Folge von Rohstoffverwechselungen, können damit zu einem unbefriedigenden Umgriff führen. P: Mittels analytischer Untersuchungen, z.B. der Anwendung der IR-Spektroskopie, kann der Beweis geführt werden, ob Rohstoffverwechselungen vorliegen oder ob falsche Rohstoffmengen eingesetzt wurden. Bei diesen Untersuchungen sollten unbeanstandete Materialchargen als Referenzmaterialien verwendet werden. B: Die Korrektur des beanstandeten Beschichtungsstoffes sowie die Behebung des Mangels an der Beschichtung ist analog der unter "Einsatz fehlerhafter Rohstoffe" angegebenen Maßnahmen vorzunehmen. Formulierungsfehler Verarbeitungsfehler - Ungeeignete Rohstoffe Fehlerursachen (U): Durch die einzelnen Rohstoffe wird in der Beschichtung ein ausreichender elektrischer Widerstand erzeugt. Während einzelne Rohstoffe sich positiv auswirken - Ungeeignete Applikationsbedingungen U: Die Oberflächenbeschaffenheit sowie die Schichtdicke einer Elektrotauchlackierung wird in einem starken Maße Vincentz Network +++ Schiffgraben 43 +++ D-30175 Hannover +++ Tel.:+49(511)9910-000 Quelle/Publication: Farbe & Lack 02/2007 Ausgabe/Issue: 48 Seite/Page: durch die Applikationsbedingungen beeinflusst. Besonders die Badtemperatur, die Beschichtungszeit sowie die verwendete elektrische Spannung sind an dieser Stelle zu nennen. Da ein schneller Schichtdickenaufbau und ein frühzeitiges Erreichen eines hohen elektrischen Widerstandes den Umgriff verbessern, sollten die Applikationsparameter entsprechend eingestellt bzw. optimiert werden. Ungeeignete Parameter können entsprechend einen unzureichenden Umgriff bewirken. P: Entsprechende Applikationsversuche, bei denen verschiedene Applikationsparameter hinsichtlich der Umgriffergebnisse untersucht werden, zeigen, ob die Ursache eines schlechten Umgriffs in den Parametern zu suchen ist. B: Die Beanstandungen in der Lackierung können nur durch Nachlackierung behoben werden. Bei Neulackierungen sind die Applikationsbedingungen gemäß der Ergebnisse der Applikationsversuche zu optimieren. Produktion von Beschichtungsstoffen. - Zu geringe Schichtdicke U: Erst durch den Aufbau einer ausreichenden Schichtdicke mit entsprechendem elektrischem Widerstand wird der erwünschte Umgriff erzielt. Ist die applizierte Schichtdicke zu gering, weil bei der Elektrophorese z.B. die Beschichtungszeit zu kurz oder die verwendete Spannung zu gering war, kann der beschriebene Mangel auftreten. P: Durch Schichtdickenmessung und Bestimmung des elektrischen Widerstandes der Lackschicht kann der Zusammenhang zwischen Schichtdicke und dem Lackmangel analysiert werden. Außerdem sollte mittels einer Versuchsreihe gezeigt werden bei welcher Schichtdicke ein optimaler Umgriff erzielt wird. B: Durch Optimierung der Applikationsbedingungen sollte dafür gesorgt werden, dass eine genügend hohe Schichtdicke und somit ein guter Umgriff sichergestellt ist. - Für die Objektgeometrie ungeeignete Elektrodenanordnung U: Bei Objekten mit sehr engen Hohlräumen und mit sehr komplizierter Geometrie wird mit der Verwendung der normalen Elektroden eventuell kein zufrieden stellendes Applikationsergebnis erreicht. Die Bildung eines Faradayschen Käfigs sowie ein ungünstiger Feldlinienverlauf führen bei diesen Objekten zu einem unbefriedigenden Beschichtungsergebnis. Mit zusätzlichen Hilfselektroden ist bei solchen Objekten Abhilfe zu schaffen. Diese werden in kritischen Bereichen des Objektes angebracht, um damit auch in allen Zonen des Objektes eine Lackierung zu erzielen. P: Ob Hilfselektroden erforderlich sind und an welchen Stellen diese angebracht werden müssen, muss durch entsprechende Applikationsversuche herausgefunden werden. Dabei werden Hilfselektroden an verschiedenen Stellen des Objektes angebracht und eine Applikation durchgeführt. Gleichzeitig kann damit eine Aussage getroffen werden, ob fehlende Hilfselektroden ursächlich sind für das unbefriedigende Applikationsergebnis. B: Unter der Berücksichtigung der Applikationsversuche werden Hilfselektroden angebracht und somit zukünftig ein besseres Lackiererlebnis erzielt. Als Korrektur für die beanstandete Beschichtung kann nur eine Nachlackierung erfolgen. Dr. Roland Somborn, Autor der FARBE UND LACK-Serien "Gesellenstücke" und "Inline" sowie der Buchreihe "Lack Kompakt" ist Leiter der Ausbildung und Qualifizierung von DuPont in Deutschland. Zu seinen beruflichen Schwerpunkten gehören neben der Aus- und Weiterbildung auch die Formulierung und Vincentz Network +++ Schiffgraben 43 +++ D-30175 Hannover +++ Tel.:+49(511)9910-000 Quelle/Publication: Farbe & Lack 02/2007 Ausgabe/Issue: 48 Seite/Page: Abb.: Fischgrätendiagramm zu Lackmängeln durch schlechten Umgriff.. Vincentz Network +++ Schiffgraben 43 +++ D-30175 Hannover +++ Tel.:+49(511)9910-000