Bachelorprüfung Elektrotechnik und Informationstechnik Termin Wintersemester 2011/2012 Elektromagnetische Feldtheorie Freitag, 23. 02. 2012, 11:30-13:30 Uhr Name Vorname Matrikelnummer Q1-Q6 Q7-Q10 Q11-Q15 Σ Zur Beachtung: • Bitte beantworten Sie die Kurzfragen auf diesen Klausurblättern und die Rechenaufgaben auf dem separat ausgeteilten Papier. Verwenden Sie für jede Rechenaufgabe jeweils einen eigenen Bogen. • Geben Sie auf jedem Bogen Name, Vorname und Matrikelnummer an. • Ergebnisse ohne Herleitung oder Begründung werden nicht gewertet. • Die mit einem Stern * gekennzeichneten Teilaufgaben können unabhängig gelöst werden. • Diese Angabe besteht aus 17 Blättern. Hilfsmittelregelung: Im Rahmen der Prüfung “Elektromagnetische Feldtheorie” ist die Verwendung einer mathematischen Formelsammlung als Hilfsmittel erlaubt. Bei dieser handelt es sich entweder um “Bronstein, Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik” oder um “Papula: Mathematische Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler” oder um “Råde, Westergren: Springers Mathematische Formeln”. Die zugelassenen Hilfsmittel dürfen keine inhaltlichen Zusätze, Einlagen, Randbemerkungen, Textänderungen oder ähnliches enthalten. Unschädlich ist es allein, Markierungsstreifen anzubringen und Unterstreichungen und farbliche Hervorhebungen durch Textmarker vorzunehmen. Der Besitz oder die Benutzung anderer als der zugelassenen Hilfsmittel ist nicht gestattet. 1 Q1 (5 Punkte) *a) Wie lauten die vier Maxwell-Gleichungen in differentieller Form für das elektrische ⃗ und das magnetische Feld H ⃗ im Vakuum (ε = ε0 und µ = µ0 )? Ordnen Sie Feld E die Gleichungen den entsprechenden Stichworten zu. Gaußsches Gesetz: Quellenfreiheit des Magnetfeldes: Faradaysches Induktionsgesetz: Ampèresches Durchflutungsgesetz: b) Ist das Gleichungssystem mit den gegebenen Größen Raumladungsdichte ρ(⃗r, t) und Stromdichte ⃗j(⃗r, t), (⃗r, t) ∈ R3 × R, vollständig bestimmt? Begründen Sie Ihre Antwort. Q2 (3 Punkte) Geben Sie die physikalischen Einheiten der folgenden Größen an, ausgedrückt durch die Einheiten von Volt (V ), Ampère (A), Meter (m) und Sekunde (s). ⃗ Poynting-Vektor S: ⃗ Magnetische Feldstärke H: Elektrische Raumladungsdichte ρ: 2 Q3 (4 Punkte) *a) Leiten Sie aus den Maxwell-Gleichungen die Bilanzgleichung für die elektrische Ladungsdichte (“Ladungskontinuitätsgleichung”) in differentieller Form her. b) Wie groß ist demnach die Produktionsrate für elektrische Ladungen ΠQ ? Q4 (3 Punkte) Verwenden Sie das differentielle Gaußsche Gesetz und die Lorenz-Eichung, um eine Wellengleichung für das skalare elektromagnetische Potential Φ im Vakuum (ε = ε0 , µ = µ0 ) herzuleiten. 3 Q5 (5 Punkte) 1 und ⃝ 2 mit konstanten Permittivitäten ε1 und ε2 sind an einer ebenen Zwei Materialien ⃝ Grenzfläche miteinander verbunden. Die elektrischen Feldlinien des homogenen elektri⃗ 1 in Material ⃝ ⃗ 1 | = E1 schließen mit der Oberflächennormalen der 1 mit |E schen Feldes E Grenzfläche den Winkel α ein (siehe Skizze). Grenzfläche E1 ε1 ε2 n E2 α ⃗ 1 · ⃗n und die Tangentialkomponente E ⃗ 1 · ⃗t des *a) Drücken Sie die Normalkomponente E einfallenden elektrischen Feldes in Abhängigkeit von α und E1 aus. ⃗ 2 · ⃗n und die Tangentialkomponente E ⃗ 2 · ⃗t b) Berechnen Sie die Normalkomponente E ⃗ 2 im Material ⃝ 2 in Abhängigkeit von E1 , α, des homogenen elektrischen Feldes E ε1 und ε2 . c) Welche der Permittivitäten ε1 und ε2 ist bei der in der Skizze dargestellten Situation größer? 4 Q6 (1 Punkte) Welcher physikalischen Größe entspricht die Vorgabe einer inhomogenen NeumannRandbedingung auf dem Rand eines Gebietes Ω ⊂ R3 bei einem elektrostatischen Randwertproblem? Q7 (11 Punkte) Das elekrostatische Potential Φ(⃗r) soll für ein zylindersymmetrisches kontaktiertes Stück Silizium bestimmt werden, indem das folgende Randwertproblem gelöst wird: Das Gebiet Ω ist zylinderförmig (siehe Skizze), die Permittivität ist konstant (ε = εSi ). Die untere Deckfläche bei z = 0 ist geerdet und an der oberen metallisierten Deckfläche bei z = d liegt ein konstantes Potential V0 > 0 an. Im Inneren des Siliziumzylinders existiert eine Raumladungsdichte, die nur von der z-Koordinate abhängt (ρ = ρ(z)). Auf der Mantelfläche (r = R) gilt die homogene Neumann-Randbedingung. *a) Leiten Sie aus den Maxwellgleichungen die Poissongleichung für das elektrostatische Potential Φ(⃗r) im Inneren des Silizium-Zylinders her. 5 *b) Welche Art von Randbedingungen ist auf den Deckflächen gegeben? Welche dieser beiden Randbedingungen ist homogen? *c) Aufgrund der Zylindersymmetrie des Problems ist das elektrostatische Potential nur von z abhängig (Φ = Φ(z)). Berechnen Sie das elektrostatische Potential Φ0 (z) im ⃗ quellenfreien Fall (ρ = 0) und das sich daraus ergebende elektrische Feld E. 6 *d) Nun soll die Lösung φ(⃗r) des Randwertproblems mit homogenen Randdaten (V0 = 0) gefunden werden. Sind die normierten Eigenfunktionen bν (⃗r) und die dazugehörigen Eigenwerte λν des zum Randwertproblem gehörenden Differentialoperators −εSi ∆ bekannt, so gilt für die Greenfunktion des homogenen Randwertproblems die Spektraldarstellung G(⃗r, ⃗r ′ ) = ∞ ∑ bν (⃗r)∗ ν=0 1 bν (⃗r ′ ) λν Welche der folgenden Aussagen sind richtig: 1.) bν |z=d = bν |z=0 2.) < bµ |bν >= 3 mit ν ̸= µ 3.) Die Eigenwerte λν sind diskret. 4.) ∂bν ∂r r=R =0 5.) bν hängt nur von z ab: “bν (⃗r) = bν (z)” *e) Wie berechnet sich allgemein die Lösung φ(z) des Randwertproblems mit homogenen Randdaten aus der in Teilaufgabe d) angegebenen Greenfunktion und der Raumladungsdichte ρ(z)? *f) Wie berechnet sich allgemein die Gesamtlösung Φ(z) des Randwertproblems aus der Lösung des quellenfreien Falls Φ0 (z) und der Lösung des homogenen Randwertproblems φ(z)? 7 Q8 (3 Punkte) Bei einer hinreichend symmetrischen Geometrie kann zur Konstruktion der Greenfunktion die Spiegelladungsmethode verwendet werden. Dabei wird statt des realen Problems ein Ersatzproblem betrachtet und dieses gelöst. Hierfür werden virtuelle Ladungen bzw. virtuelle Ladungsverteilungen eingeführt. Es ist ein Winkelraum mit zwei ideal leitenden, geerdeten und unendlich ausgedehnten Platten gegeben (siehe Skizze). Der Winkel zwischen den Platten beträgt α = 45◦ . Auf der Winkelhalbierenden sitzt eine positive Punktladung Q. *a) Wie groß ist die Gesamtladung, die sich auf den leitenden Platten insgesamt einstellt. *b) Skizzieren Sie das Ersatzproblem mit allen nötigen Ladungen und geben sie insbesondere die Vorzeichen der Ladungen an. 8 Q9 (3 Punkte) Für technische Anwendungen wird oft eine Systembeschreibung mit Kompaktmodellen verwendet. Dafür muss gewährleistet werden, dass die elektrischen und magnetischen Felder quasistationär behandelt werden können. In einem elektromagnetischen Bauteil ist die größte Ausdehnung d = 2 cm. Das Bauteil soll bei einer Frequenz von ν = 10 kHz betrieben werden. Ist die quasistationäre Näherung gerechtfertigt? Begründen Sie Ihre Antwort. Hinweis: Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum beträgt c ≈ 3 · 108 ms . 9 Q10 (6 Punkte) Gegeben ist eine Drei-Elektroden-Kondensatoranordnung (siehe Skizze). Die elektrisch leitenden Gebiete Ω0 , Ω1 und Ω2 umschließen ein dielektrisches Gebiet. Dabei bezeichnen V0 = 0, V1 , V2 die Potentiale und Q0 , Q1 und Q2 die Ladungen auf den jeweiligen leitenden Gebieten. Die Ladungen Q0 und Q1 berechnen sich aus den Potentialen wie folgt: Q0 = 3µF · V1 − 9µF · V2 Q1 = −13µF · V1 + 10µF · V2 . *a) Berechnen Sie die vollständige Maxwellsche Kapazitätsmatrix C = (Ckl ) mit k, l = 0, 1, 2. b) Nehmen Sie nun an, dass die Potentiale V1 = 1V und V2 = 2V betragen. Berechnen sie ausgehend von der in Teilaufgabe a) berechneten Kapazitätsmatrix (Ckl ) die in der Kondensatoranordnung gespeicherte elektrostatische Energie. 10 Q11 (8 Punkte) Gegeben ist eine komplexe Impedanz Z mit dem Betrag |Z| = B > 0 und dem Phasenwinkel φ = π/4. An dieser liegt eine harmonische Wechselspannung Û mit der Kreisfrequenz ω an, dadurch fließt der komplexe Strom Iˆ durch die Impedanz. ˆ *a) Zeichnen Sie ein Zeigerdiagramm für die Spannung Û und den Strom I. *b) Berechnen Sie den Wirkwiderstand und den Blindwiderstand der Impedanz Z. *c) Zeichnen Sie ein mögliches Ersatzschaltbild für die Impedanz Z, bestehend aus insgesamt zwei Bauelementen. Wählen Sie dabei aus Induktivität, Kapazität und ohmschen Widerstand. 11 Q12 (2 Punkte) Gegeben ist die Induktivitätsmatrix L = (Lkl ) einer Spulenanordnung. Drücken Sie die gesamte in der Anordnung gespeicherte magnetische Feldenergie Wmag mit Hilfe der Induktivitätsmatrix als Funktion der Spulenströme aus. Verwenden Sie dazu den Vektor der Spulenströme I := (i1 , i2 , . . . , iN )T . Q13 (4 Punkte) Leiten Sie aus den Maxwellschen Gleichungen im Vakuum (ε = ε0 , µ = µ0 , ρ = 0, ⃗j = 0) ⃗ her. die homogene Wellengleichung für das elektrische Feld E ⃗ = grad div E ⃗ − ∆E ⃗ Hinweis: rot rot E Q14 (4 Punkte) Gegeben ist folgende harmonische ebene Welle im Vakuum: ⃗ r, t) = Ex sin(kz + ωt − φ0 ) · ⃗ex + Ey sin(kz + ωt − φ0 ) · ⃗ey [HEW ] E(⃗ *a) In welche Richtung breitet sich die Welle aus? Geben Sie den Ausbreitungsvektor ⃗k an. 12 *b) Wie ist die ebene Welle polarisiert? *c) Nennen Sie eine technische Anwendung, in der mit polarisiertem Licht (oder anderen hochfrequenten elektromagnetischen Wellen) gearbeitet wird. d) Wie muss der Ausdruck [HEW ] modifiziert werden, um eine zirkular polarisierte ebene Welle zu erhalten? Q15 (2 Punkte) Gegeben ist das elektrische Feld einer ebenen transversalen elektroma⃗ r, t) = E ⃗ 0 (⃗k · ⃗r − ωt). gnetischen Welle: E(⃗ Wie groß ist die elektromagnetische Enegiedichte welmag (⃗r, t)? 13 1. Rechenaufgabe (16 Punkte) Wir betrachten eine ebene elektromagnetische Welle im Vakuum (ε = ε0 , µ = µ0 ). Die Welle besitzt in kartesischen Koordinaten das elektromagnetische Vektorpotential ⃗ r, t) = A0 cos(kz − ωt) · ⃗ex A(⃗ mit der reellen positiven Konstanten A0 und das elektromagnetische skalare Potential Φ(⃗r, t) = 0. ⃗ r, t) die Coulombeichung erfüllt. *a) Zeigen Sie, dass das Vektorpotential A(⃗ ⃗ r, t) und die elektrische Feld*b) Berechnen Sie die magnetische Feldkomponente H(⃗ ⃗ r, t) der elektromagnetischen Welle. komponente E(⃗ ⃗ an. *c) Geben Sie eine gültige SI-Einheit für das elektromagnetische Vektorpotential A d) Zeichnen Sie jeweils den Verlauf der x-Komponente des elektromagnetischen Vektorpotentials Ax (t), des elektrischen Feldes Ex (t) und des magnetischen Feldes Hx (t) am Ort ⃗r = 0 in Abhängigkeit der Zeit t in separate Skizzen ein. Achten Sie auf eine vollständige Beschriftung der Achsen! e) Berechnen Sie die elektromagnetische Energiedichte welmag (⃗r, t) der Welle. ⃗ r, t) der Welle. f) Berechnen Sie die Leistungsflussdichte S(⃗ 14 2. Rechenaufgabe (15 Punkte) Ein unendlich langer linienförmiger Leiter ist entlang der z-Achse eines zylindrischen Koordinatensystems positioniert. Der Leiter führt den Strom I1 (t) = I0 sin(ωt). Der Zählpfeil des Stroms zeigt in die +⃗ez -Richtung. Der Leiter ist von einem Medium mit der konstanten Permeabilität µ0 umgeben. ⃗ t) in quasi*a) Berechnen Sie die vom Leiter erzeugte magnetische Feldstärke H(r, stationärer Näherung. Um den Leiter herum wird konzentrisch ein Ring aus ferromagnetischem Material mit der Permeabilität µf ≫ µ0 angebracht (siehe Abbildung). Dieser Ring hat den Durchmesser d und besitzt einen runden Querschnitt mit der Fläche A = πa2 . Hierbei gelte a ≪ d. An einer Stelle ist der ferromagnetische Ring mit einer runden Leiterschleife umwickelt, an deren Klemmen die induzierte Spannung Uind,2 abgegriffen werden kann. d/2 Leiter I1 z j Uind,2 r Schleife Ring ⃗ t) außerhalb und innerhalb des b) Bestimmen Sie die magnetische Flussdichte B(r, ferromagnetischen Ringes. c) Berechnen Sie den magnetischen Fluss Φ(t) durch die Leiterschleife. Hinweis: Wegen a ≪ d können Sie annehmen, dass die magnetische ⃗ welche die Leiterschleife durchsetzt, den räumlich konstanten Wert Feldstärke B, ⃗ = B(r ⃗ = d/2, t) besitzt. B *d) Berechnen Sie die an der Leiterschleife induzierte Spannung Uind,2 (t). Hinweis: Sollten Sie den magnetischen Fluss Φ nicht bestimmt haben, so verwenden Sie das Ersatzergebnis Φ(t) = k · I0 sin(ωt). 15 Die induktive Kopplung zwischen zwei stromführenden Leitern wird durch eine Kopplungsinduktivität L21 beschrieben. Die durch den im geraden Leiter fließenden Strom I1 (t) in der runden Leiterschleife induzierte Spannung Uind,2 (t) genügt der Beziehung: Uind,2 (t) = L21 · dI1 (t) dt e) Bestimmen Sie für die vorliegende Anordnung die Kopplungsinduktivität L21 zwischen dem geraden Leiter und der Leiterschleife. Verwenden Sie hierzu das Ergebnis aus Teilaufgabe d). Für die folgende Teilaufgabe wird der Strom I1 im geraden Leiter abgeschaltet und ein Strom I2 (t) = c · t in die runde Leiterschleife eingeprägt (c > 0). f) Bestimmen Sie die durch I2 (t) im geraden Leiter induzierte Spannung Uind,1 (t). 16 3. Rechenaufgabe (20 Punkte) Eine zu untersuchende Wechselstromschaltung besteht aus einer idealen Spannungsquelle, die eine eingeprägte komplexe Wechselspannung Ub0 mit der Frequenz ω liefert, einer Induktivität L, zwei gleichen Widerständen R1 = R2 = R, einer komplexen Impedanz Z x sowie dem Schalter S (siehe Abbildung). Durch die beiden Strompfade fließen die komplexen Ströme Ib1 und Ib2 . Hinweis: Bringen Sie alle komplexe Größen auf einen reellen Nenner! I1 U0 I2 R1 Zx 2 1 S L R2 0 Der Schalter S ist vorerst geöffnet: *a) Berechnen Sie die beiden Ströme Ib1 und Ib2 . 1 bzw. ⃝. 2 Beziehen *b) Berechnen Sie die beiden Spannungen Ub1 und Ub2 an den Stellen ⃝ 0 der Schaltung. Sie beide Spannungen auf den Punkt ⃝ Der Schalter S ist von jetzt an geschlossen: c) Welche Bedingung müssen die Größen R, L und Z x erfüllen, damit der Wechselstrom 1 und ⃝ 2 fließt, immer den Wert Null hat? Ib12 , der zwischen den Punkten ⃝ Für die folgenden Teilaufgaben wird angenommen, dass die Bedingung aus der Teilaufgabe c) erfüllt ist: d) Geben Sie den Wert von Z x an. Durch welches Bauelement lässt sich diese Art von Impedanz realisieren? e) Berechnen Sie die komplexe Leistung P , die im rechten Zweig der Schaltung mit Z x und R2 umgesetzt wird. Geben Sie die Wirkleistung PW , die Blindleistung PB und den Scheinleistung PS an. 17