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KAPITEL 5
KAPITEL 5: ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
Gliederung
5.1 Öffentliche Güter
5.2 Externe Effekte
5.3 Internalisierung externer Effekte
5.1 Öffentliche Güter
Bisher haben wir uns mit sogenannten privaten Gütern beschäftigt, deren
Preise und Verbrauch durch den Marktmechanismus „geregelt“ werden. Aber
nicht für alle Güter gilt der Marktmechanismus. Es gibt einerseits die sogenannten öffentlichen oder „freien“ Güter, wie etwa die Strassenbeleuchtung,
Parks, Strassen etc. Andererseits gibt es „externe Effekte“, was bedeutet,
dass die Marktpreise nicht die wahren Kosten oder Nutzen von Gütern widerspiegeln (vgl. dazu Kap. 5.2 und 5.3).
Öffentliche Güter sind durch zwei Prinzipien gekennzeichnet, die für private
Güter nicht gelten:
• Nicht-Ausschliessbarkeit von Konsum
• Nicht-Rivalität von Konsum.
Eigenschaften
öffentlicher Güter
Nicht-Ausschliessbarkeit vom Konsum bedeutet, dass niemand vom Konsum
eines Guts ausgeschlossen werden kann. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Gut
kostenlos verfügbar ist und ist in der Regel dadurch begründet, dass die Eigentumsrechte ungenügend definiert sind.
Nicht-Rivalität im Konsum bedeutet, dass der Konsum eines Guts durch ein
Individuum keine Konsequenzen auf den Konsum des Guts durch andere Individuen hat.
Beispiel für ein öffentliches Gut: Die Luft kann als reines öffentliches
Gut bezeichnet werden. Niemand kann das Eigentum an Luft für sich
geltend machen, weshalb niemand vom Konsum der Luft (Atmung)
ausgeschlossen werden kann. Die Atmung des einen beeinflusst die
Atmung des andern grundsätzlich nicht. Weitere Beispiele sind die
Landesverteidigung oder der Bau eines Damms gegen Überschwemmungen.
Reine öffentliche Güter sind selten, mehrheitlich sind Nicht-Ausschliessbarkeit
und Nicht-Rivalität nicht vollständig gegeben. Können Individuen vom Konsum
ausgeschlossen werden obwohl keine Rivalität entsteht, spricht man von einem Klub-Gut. Als Klub-Gut kann beispielsweise Pay-TV angesehen werden.
Ein weiteres Beispiel sind gebührenpflichtigen Strassen (ohne Stau). Herrscht
hingegen Rivalität im Konsum, ohne dass Individuen ausgeschlossen werden
können, spricht man von einem Allmend-Gut. So können z.B. überfüllte
Strassen in der Innenstadt als Allmend-Gut verstanden werden. Weitere Beispiele sind die Verschmutzung der Umwelt oder das Fischen im Meer.
1
Beispiel
ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
Ausschliessbarkeit
Ja
Ja
Rivalität
Nein
Abb. 5.1
Verschiedene Typen von
Gütern
Nein
Private Güter
Bsp.:
- Kleidung
- Gebührenpflichtige
Strasse mit Stau
Allmend-Güter
Bsp.:
- Fische im Meer
- Umwelt
- Öffentliche Strasse mit
Stau
Klub-Güter
Bsp.:
- Pay-TV
- Gebührenpflichtige
Strasse ohne Stau
Öffentliche Güter
Bsp.:
- Landesverteidigung
- Luft
- Grundlagenforschung
- Öffentliche Strasse
ohne Stau
Abb. 5.1: Verschiedene Typen von Gütern. Je nachdem, ob für ein Gut
Ausschliessbarkeit oder Rivalität im Konsum gegeben ist, resultieren Güter mit
unterschiedlichen Eigenschaften.
Ein wichtiges Problem öffentlicher Güter liegt darin, dass sie einen Anreiz zum
Trittbrettfahren (free-riding) enthalten. Individuen können den Nutzen eines
Guts erlangen, ohne dafür bezahlen zu müssen. So können sie z.B. von einem privaten Feuerwerk ohne den Kauf einer Eintrittskarte profitieren. Trittbrettfahren führt je nach Art des öffentlichen Gutes zu einer Unterversorgung
oder zu einer Übernutzung. In beiden Fällen wird eine ineffiziente Situation
geschaffen.
Beispiel: The tragedy of the commons (Hardin, 1968)
Eine Weide wird von mehreren Hirten benutzt, welche alle ihren Profit
dadurch maximieren wollen, dass sie möglichst viele Tiere auf die
Weise stellen. Jeder Hirte erhält dabei alle Erträge aus einem zusätzlichen Tier. Ein zusätzliches Tier führt allerdings zu einer Verminderung
der Weidequalität. Im Gegensatz zu den Erträgen eines zusätzlichen
Tiers, wird die Verminderung der Weidequalität von allen Hirten gemeinsam getragen. Aus diesem unterschiedlichen Anfall von Nutzen
und Kosten folgt, dass die Hirten ihren Nutzen über die Kosten stellen,
so dass es zu einer Übernutzung der Weide kommt.
In der Spieltheorie werden solchen Situationen mit Hilfe des so genannten
Gefangenen-Dilemma modelliert. Dieses geht auf das Beispiel einer Verhaftung von zwei Einbrechern zurück. Um eine Absprache zwischen den beiden
auszuschliessen, werden beide in separate Zellen gesteckt und zu einem Geständnis gedrängt, indem ihnen folgendes Angebot unterbreitet wird:
- Wenn beide gestehen, werden beide zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt.
- Wenn beide nicht gestehen, erhalten beide wegen erdrückender Indizien eine Strafe von 2 Jahren.
- Wenn nur einer gesteht, bekommt der Geständige eine sehr milde
Strafe von 1 Jahr, der Nicht-Geständige jedoch eine sehr harte Strafe
von 5 Jahren.
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TrittbrettfahrerProblematik
Tragedy of the commons
Gefangenen-Dilemma
KAPITEL 5
Abb. 5.2
Das Gefangenen-Dilemma
Abb. 5.2: Das Gefangenen-Dilemma. Beide Spieler entscheiden sich zu gestehen.
Das resultierende Ergebnis ist kollektiv nicht optimal.
Übertragung auf Umweltgüter:
Dieses Gefangenendilemma lässt sich auch auf das Umweltgüterproblem
übertragen. Betrachten wir dazu folgendes Beispiel, bei dem die Bereitstellung
eines Umweltgutes (z.B. Verbesserung der Qualität eines Sees) zwei Nutzern
oder Nutzergruppen jeweils folgende Kosten und Nutzen bringt. Es wird angenommen, dass jeder, der sich an der Bereitstellung des Guts beteiligt, eine
„Einheit“ des Guts erwirbt. Dies ist mit Kosten von 40 und Nutzen von 30 Einheiten verbunden. Den Nutzen erhalten allerdings auch diejenigen, die sich
nicht beteiligen. Die Werte der Auszahlungsmatrix ergeben sich damit wie
folgt:
• Wenn sich nur eine Nutzergruppe für die Bereitstellung einsetzt, wird auch
nur eine Einheit des Umweltgutes bereitgestellt. Die Bereitstellung einer
Einheit kostet insgesamt 40 und bringt für jede Gruppe einen Nutzen von
30. In diesem Fall werden allerdings die Kosten von 40 von einer Gruppe
alleine getragen, während der Nutzen von beiden gleichermassen zufällt.
Denn bei Umweltgütern gilt zumeist das Nichtausschluss-Prinzip (öffentliches Gut), und beide Nutzer können davon profitieren, egal ob sie sich an
den Kosten der Bereitstellung beteiligt haben oder nicht. D.h. Nutzergruppe 1 (Beteiligung) hat einen Nettonutzen von -40+30 = -10, Nutzergruppe 2 (Nicht-Beteiligung) einen Nettonutzen von 0+30 = 30.
• Setzen sich beide Gruppen für die Bereitstellung ein, werden entsprechend auch zwei Einheiten des Umweltgutes zu Gesamtkosten von
2*40=80 und einem Gesamtnutzen von 2*30=60 zur Verfügung gestellt,
die sich je zu gleichen Teilen zwischen den beiden Gruppen aufteilen.
Jede Gruppe hat dann einen Nettonutzen von -40+60 = 20.
• Setzt sich niemand für die Bereitstellung ein, entstehen natürlich beiden
Gruppen weder Kosten noch Nutzen aus dem Umweltgut.
Abb. 5.3 zeigt die entsprechende Auszahlungsmatrix.
3
ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
Abb. 5.3
Beispiel:
Auszahlungsmatrix
Abb. 5.3: Beispiel - Auszahlungsmatrix. Individuell rationales Verhalten führt zu
kollektiv nicht optimalem Verhalten.
Analog zu der Argumentation des Gefangenendilemmas liegt hier das Gleichgewicht also im rechten unteren Feld der Auszahlungsmatrix, während das
Pareto-Optimum eigentlich im Feld links oben (d.h. bei Kooperation) liegt.
Da das Umweltgut ein öffentliches Gut ist und deshalb der Nutzen aus einem
solchen Gut auch ohne Beteiligung an den Kosten anfällt, ist für jeden einzelnen Nutzer eine Beteiligung an den Kosten unattraktiv. Die Folge des hier
dargestellten “sozialen Dilemmas” ist, dass freiwillig kein Umweltgut bereitgestellt wird.
Fazit: Wegen der Eigenschaft von Umweltgütern, öffentliche Güter ohne spezifische Eigentumsrechte zu sein, und wegen des Trittbrettfahrerproblems
kommt eine gesellschaftlich nicht optimale Lösung zustande.
Das Gefangenendilemma macht deutlich, dass bei öffentlichen Gütern effiziente Lösungen und insbesondere das Angebot solcher Güter, wie z.B. Landesverteidigung, saubere Luft etc. nur durch den Markt nicht garantiert werden
kann. Man spricht daher vom Marktversagen bei öffentlichen Gütern. Es
braucht staatliche Eingriffe, um für ein entsprechendes Angebot zu sorgen
bzw. eine Übernutzung der Allmend-Güter zu verhindern. Die Eingriffe können
in einer Subventionierung der Anbieter oder auch in einem unmittelbaren
staatlichen Angebot bestehen. Bei Allmend-Gütern ist an Besteuerung, beispielsweise auch an Roadpricing zu denken.
Alternativ dazu könnte man versuchen, manche der öffentlichen Güter durch
die Zuteilung klarer und durchsetzbarer Eigentumsrechte in private Güter zu
verwandeln, für die dann wieder der Markt funktioniert (in Hardins Beispiel: ein
oder wenige Eigner der Weide). Manche Güter könne daher je nach Eigentumsrechten öffentliche oder private Güter sein (Beispiel: Leuchttürme).
5.2 Externe Effekte
Effekte welche ausserhalb des Preissystems einer Volkswirtschaft anfallen,
werden als Externalitäten oder externe Effekte bezeichnet. Externe Effekte
oder Externalitäten können negativ oder positiv sein. In den Umweltwissenschaften konzentriert man sich hauptsächlich auf die negativen externen Effekte. Negativ bedeutet, dass sich die Produktions- oder Konsummöglichkeiten Dritter als Folge einer Handlung anderer verschlechtern, wobei – und darauf weist das Wort „extern“ hin – diese Effekte ausserhalb des Preissystems
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Externalitäten
KAPITEL 5
einer Volkswirtschaft geschehen. Im einzelnen wird unterschieden zwischen 2
Typen negativer externer Effekte:
a) Negativer externer Effekt auf die Produktionsmöglichkeiten Dritter
Beispiel: Bei der Produktion eines Unternehmens fallen Schadstoffe an, die in einen Fluss geleitet werden. Durch das Abwasser
wird der Fluss verschmutzt, es gibt weniger Fische und ein flussabwärts liegender Fischereibetrieb erleidet eine Produktionseinbusse.
b) Negativer externer Effekt auf die Konsummöglichkeiten Dritter Beispiel: Als Folge der Abwassereinleitung einer Firma in einen Fluss
verschlechtert sich die Wasserqualität so, dass es nicht mehr ohne
Gesundheitsschäden möglich ist, im Fluss zu baden.
Negative oder auch positive Effekte treten nicht nur im Umweltbereich,
sondern auch an vielen anderen Stellen auf. Auch bei den positiven
externen Effekten können 2 Typen unterschieden werden:
c) Positiver externer Effekt auf die Produktionsmöglichkeiten Dritter:
Ein Apfelbauer und ein Imker siedeln sich auf benachbarten
Grundstücken an. Beide profitieren bei der Produktion vom Unternehmen des anderen. Der Imker profitiert von den Pollen der Apfelblüten und die Apfelblüten werden durch die Bienen befruchet.
d) Positiver externer Effekt auf die Konsummöglichkeiten Dritter:
Beispiel: Lassen Eltern ihre Kleinkinder impfen, so profitieren davon nicht nur die entsprechenden Familien, sondern auch die Gesellschaft insgesamt, da sich Krankheiten wie Masern, Tuberkulose
etc. nicht ausbreiten und die Gesellschaft insgesamt gesünder ist.
Negative und positive externe Effekte beeinträchtigen die Allokations-Effizienz
einer Gesellschaft. Die Preise für die verschiedenen Güter sind falsch in dem
Sinn, dass sie nicht die wahren Knappheitsverhältnisse widerspiegeln. Entscheidungen auf der Basis falscher Preise maximieren nicht den Nutzen der
Konsumenten bzw. den Gewinn der Unternehmen. Werden Kosten oder Nutzen nicht durch das Preissystem abgegolten, wird folglich das Pareto-Optimum nicht erreicht.
Fallen externe Kosten an, sind die Grenzkosten für die Gesellschaft grösser
als die Grenzkosten für das einzelne Individuum. Der Marktpreis für das Gut
ist dann aus gesellschaftlicher Perspektive zu tief und die verbrauchte Menge
zu hoch.
Definition: Gesellschaftliche oder soziale Grenzkosten bezeichnen die
wahren Grenzkosten einer Handlung und nicht nur denjenigen Teil, welcher unmittelbar bei produzierenden Firmen anfällt (private Grenzkosten). Die sozialen Grenzkosten entsprechen der Summe aus den privaten
Grenzkosten und den gesellschaftlichen Zusatzkosten einer bestimmten
Handlung.
Aus dem Vorhandensein von externen Effekten resultiert ein gesellschaftlicher
Wohlfahrtsverlust (vgl. Abb. 5.4 zum Wohlfahrtsverlust bei negativem externen
Effekt).
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Soziale Grenzkosten
ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
Soziale Grenzkosten
Preis
Abb. 5.4
Wohlfahrtsverlust bei
externen Kosten
Gesellschaftliche Zusatzkosten
private Grenzkosten=Angebot
B
p*
p'
A
Grenznutzen
x*
x'
Menge
Abb. 5.4: Wirkung von externen Kosten auf die Gesamtwohlfahrt. Von Gut X wird
die Menge x’ zum Preis p’ am Markt getauscht. Es fallen aber externe Kosten an. Im
Pareto-Optimum müsste die kleinere Menge x* zum höheren Preis p* gehandelt werden. In Punkt A resultiert ein gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrtsverlust in der Höhe
der schattierten Fläche.
Bei positiven externen Effekten (z.B. aus Impfungen, aus Bildung usw.) liegen die gesellschaftlichen Grenznutzen über den privaten (vgl. Abb 5.5).
Preis
Gesellschaftlicher Zusatznutzen
Abb. 5.5
Wirkung positiver externer
Effekte auf die
Gesamtwohlfahrt
Grenzkosten = Angebot
B
p*
p'
A
Sozialer Grenznutzen
Privater Grenznutzen
x'
x*
Menge
Abb. 5.5: Wirkung positiver externer Effekte auf die Gesamtwohlfahrt. Von Gut X
wird die Menge x’ zum Preis p’ am Markt getauscht. Aufgrund von positiven externen
Effekten müsste die grössere Menge x* zum höheren Preis p* getauscht werden. In
Punkt A resultiert ein gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrtsverlust in Höhe der
schattierten Fläche.
Definition: Gesellschaftliche oder soziale Grenznutzen bezeichnen die
wahren Grenznutzen einer Handlung und nicht nur denjenigen Teil, der
unmittelbar bei den Konsumierenden anfällt. Die sozialen Grenznutzen
entsprechen der Summe aus den privaten Grenznutzen und dem gesellschaftlichen Zusatznutzen einer bestimmten Handlung.
6
Soziale Grenznutzen
KAPITEL 5
Auch aus dem Vorhandensein positiver externer Effekte resultiert ein gesellschaftlicher Wohlfahrtsverlust.
Die folgenden Ausführungen widmen sich den Möglichkeiten zur Vermeidung
oder Verminderung des Wohlfahrtsverlusts durch externe Effekte.
5.3 Internalisierung externer Effekte
Um die beschriebenen Wohlfahrtseffekte zu vermeiden, sind die externen Effekte ins Preissystem hineinzubringen (Internalisierung). Hierzu bedarf es
staatlicher Eingriffe mit schwacher oder starker Intensität. Im folgenden werden die Massnahmen für den Fall negativer externer Effekte diskutiert.
Eine Massnahme mit schwacher Regulierungsintensität ist die klare Zuweisung durchsetzbarer Eigentums- und Nutzungsrechte. Auf der Basis genau
zugewiesener Rechte können die betroffenen Akteure durch Verhandlungen
ein effizientes Ergebnis erzielen und zwar unabhängig davon, wem Eigentums- und Nutzungsrechte zugewiesen werden. Diese Erkenntnis geht auf
R.H. Coase zurück und wird deshalb als Coase-Theorem bezeichnet. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie die Eigentumsrechte zugewiesen und
Verhandlungen geführt werden können:
- Verursacherprinzip: Die Eigentumsrechte liegen beim (potentiell) Geschädigten. Der Verursacher des Schadens zahlt dem Inhaber des
Eigentumsrechts einen Schadenersatz, wenn bzw. weil die Produktions- bzw. Konsummöglichkeiten des anderen durch den negativen
externen Effekt eingeschränkt werden. Der Schadenseratz bemisst
sich nach der Höhe des Schadens.
- Geschädigtenprinzip: Die Eigentumsrechte liegen beim Verursacher
eine Schadens. Der (potentiell) Geschädigte zahlt dem Verursacher
eine Kompensation, weil er dadurch einen Schaden vermeiden will.
Er kann dem Verursacher dabei einen maximale Kompensation in
Höhe des durch die Kompensation vermiedenen Schadens zahlen.
Beispiel von Coase: Ein Acker- und ein Viehbauer teilen sich ein Landstück.
Das Vieh zertrampelt möglicherweise das Getreide und verursacht so einen
negativen externen Effekt. Gemäss Verursacherprinzip würde der Viehbauer
dem Getreidebauer den Schaden ersetzen bzw. in Erwartung dieses Schadensersatzes einen Zaun errichten. Gemäss Geschädigtenprinzip würde der
Getreidebauer dem Viehbauern den Zaun bezahlen und hätte dann seinen
vollen Getreideertrag.
Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe: Da der Transferbeitrag in das Optimierungskalkül des Verursachers oder des (potentiell) Geschädigten mit einfliesst, werden die externen Kosten internalisiert. Die Einkommenseffekte bei
beiden Akteuren sind allerdings unterschiedlich. Die Entscheidung für die Art
der Zuteilung der Eigentumsrechte ist daher eine politische, mit Werturteilen
behaftete Entscheidung.
Das Coase-Theorem ist aufgrund folgender Aspekte für eine praktische Anwendung problematisch:
- Unvollständige Information: Werden alle Betroffenen an den Verhandlungen beteiligt? Wie hoch sind die „wahren“ Kosten? Wie hoch müssen die Transferzahlungen sein?
7
Coase-Theorem
ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
- Asymmetrische Information: Sind die relevanten Informationen allen
Akteuren gleich zugänglich? Welches strategische Verhalten wenden
die Vertragspartner an? Kann es dann noch ein effizientes Ergebnis
geben?
- Transaktionskosten: Die Verhandlungskosten können hoch sein,
denn die Verhandlungen können lange dauern und direkte und indirekte Kosten mit sich bringen. Ausserdem können Kontrollkosten entstehen.
- Verhandlungsmacht: Im Modell wird die Verhandlungsmacht nicht berücksichtigt. Es ist jedoch in Verhandlungen zu beobachten, dass
Verhandlungsmacht eine Rolle spielt. Das Ergebnis weicht dann vom
optimalen (ökonomischen) Verhandlungsergebnis ab.
Trotz der Modellkritik ist die Bedeutung der Coase-Lösung für internationale
Umweltprobleme hoch. Dies hat vor allem damit zu tun, dass eine „Weltregierung“ fehlt und gemeinsame Lösungen nur im Rahmen von Verhandlungen
aller Beteiligten gefunden werden können. Ein Beispiel sind etwa die Verhandlungen über Kompensationszahlungen von Industrieländern an Entwicklungsländer zur Vermeidung von CO2-Emissionen.
Eine Internalisierung negativer externer Effekte kann auch durch eine wesentlich stärker regulierende Massnahme des Staates erfolgen, nämlich durch
eine Erhebung einer Steuer. Eine solche Steuer wird in Anlehnung an deren
„Erfinder“ A.C. Pigou als Pigou-Steuer bezeichnet. Die Idee der Pigou-Steuer
ist, dass die Grenzkosten der Anbieter durch die Steuer gerade soweit erhöht
werden, dass sie den gesellschaftlichen Grenzkosten entsprechen (vgl. Abb
5.6).
Preis
P
Gesellschaftliche Grenzkosten
t
B
Private Grenzkosten (Angebot)
p*
p‘
A
Grenznutzen (Nachfrage)
x*
x‘
Menge x
Abb. 5.6: Pigou-Steuer. Der Steuersatz t wird so gewählt, dass die individuelle
Grenzkostenkurve so weit nach oben verschoben wird, bis sie mit der
gesellschaftlichen Grenzkostenkurve übereinstimmt. In diesem Fall wird dann am
Markt der volkswirtschaftlich optimale Punkt B realisiert.
Um eine Pigou-Steuer t sauber zu bestimmen, müsste man die privaten und
die gesellschaftlichen Grenzkosten genau kennen. Vor allem die Ermittlung
der sozialen Grenzkosten ist in der Praxis kaum möglich und sehr teuer. Die
Pigou-Steuer ist daher für eine unmittelbare praktische Umsetzung nicht ge8
Abb. 5.6
Pigou-Steuer
KAPITEL 5
eignet. Ein pragmatischer Ansatz ist in diesem Zusammenhang der PreisStandard-Ansatz.
Hier wird eine bestimmte anzustrebende Menge des Gutes X vorgegeben und
die Steuer dann so festgelegt, dass x’’ erreicht wird (vgl. Abb. 5.7). Wie nahe
x’’ an x* liegt, ist dabei aber nicht bekannt.
Preis
P
Abb. 5.7
Preis-Standard-Ansatz
Gesellschaftliche Grenzkosten
B
t
C
Private Grenzkosten (Angebot)
A
Grenznutzen (Nachfrage)
x*
x''
x'
Menge x
Abb. 5.7: Preis-Standard-Ansatz. Die anzustrebende Menge x’’ wird politisch
festgelegt. Anschliessend wird der Steuersatz t so gewählt, dass der Punkt C am
Markt realisiert werden kann.
Internalisierungsmassnahmen können auch an der Menge statt am Preis ansetzen. Es handelt sich dabei um sogenannte (Mengen-)Auflagen. Hier wird
die maximal zulässige Produktionsmenge eines Guts oder Emissionsmenge
eines Schadstoffs vorgegeben. Wenn bzw. weil die gesellschaftlichen Grenzkosten nicht bekannt sind, ist eine „gute“, für möglichst präzise Internalisierung
des externen Effekts sorgende Festlegung der maximal zulässigen Menge
allerdings schwierig.
Eine weitere Form der Mengensteuerung sind handelbare Zertifikate. Diese
berechtigen zur Emission bestimmter Schadstoffe in einer bestimmten Höhe.
Emissionen ohne „Berechtigungsscheine“ sind nicht erlaubt und werden bestraft. Die Höchstmenge zulässiger Emissionen wird politisch festgelegt und
an Emittenten kostenlos abgegeben („Grandfathering“) oder versteigert. Die
Zertifikate können von den Emittenten (in der Regel Unternehmen) und Drittparteien gehandelt werden. Ziel ist, dass Emissionen dort vermieden werden,
wo sie am kostengünstigsten vermieden werden können.
Mengenauflagen
Zertifikate
Für die Beurteilung und den Vergleich verschiedener Internalisierungsmassnahmen werden in der Regel die folgenden Kriterien herangezogen:
Beurteilungskriterien
- Ökologische Effizienz / Treffsicherheit: Wird ein vorgegebenes
umweltpolitisches Ziel, z.B. eine angestrebte Mengenreduktion, erreicht?
- Ökonomische Effizienz: Wird das vorgegebene Ziel mit minimalen gesellschaftlichen Gesamtkosten erreicht?
9
ÖFFENTLICHE GÜTER UND EXTERNE EFFEKTE
- Implementierungskosten: Wo sind administrative Kosten (Sanktionsoder Kontrollkosten) besonders niedrig?
- Dynamische Anreizwirkungen: Werden Anreize gesetzt, dass künftig
mit geringen externen Effekten produziert wird? Technologische Veränderungen?
Vergleich von Internalisierungsmassnahmen
Mengenauflagen gelten als ökologisch wirksam, da das erwünschte Verhalten
erzwungen wird in dem Sinne, dass eine etwa maximal zulässige Menge an
Schadstoffemissionen nicht überschritten werden darf. Auflagen gelten dabei
als treffsicherer als Steuern.
Der Hauptnachteil von Auflagen liegt in ihrer ökonomischen Ineffizienz, d.h.
die umweltpolitischen Ziele werden mit der Auflagenlösung nicht zu minimalen
gesamtwirtschaftlichen Kosten erreicht.
Steuern hingegen sind ökonomisch effizient, d.h. die jeweils angestrebte Umweltqualität lässt sich mit minimalen Kosten für die Gesamtwirtschaft erreichen. Dies liegt darin begründet, dass es die Steuer möglich macht, Unterschiede in den Grenzkosten der Vermeidung zu berücksichtigen.
Die Kosten für eine Einführung und Aufrechterhaltung von umweltpolitischen
Zielen sind für Lösungen mittels Auflagen oder Steuern in etwa gleich hoch.
Auflagen und Steuern setzen gewisse dynamische Anreizwirkungen: Bei Auflagen lassen sich durch neue Umwelttechnologien Kosten sparen, da die umweltpolitischen Ziele zu geringeren Kosten erreichbar sind. Bei Steuern
schlägt sich jede Technologieverbesserung in einer Verringerung der für die
bisherige Vermeidungsmenge zu zahlenden Steuern nieder.
Handelbare Zertifikate stellen das überzeugendste Internalisierungsinstrument
dar, da hier die ökonomischen Effizienzvorteile der Steuerlösung mit den
ökologischen Treffsicherheitsvorteilen der Auflagenlösung verbunden werden
können. Genaueres wird in der Vorlesung zur „Umweltökonomie“ vermittelt.
Bei der Internalisierung positiver externer Effekte geht es vor allem darum,
die Nachfrager zu einem höheren Verbrauch eines Gutes zu bringen. Dies
könnte beispielsweise durch eine zweckgebundene Subventionierung, durch
Abgabe von Gutscheinen o.ä. geschehen. Derartige Massnahmen verschieben die individuelle Nachfragekurve nach aussen – idealerweise gerade so
weit, dass die private und die gesellschaftliche Grenznutzen-Kurve übereinstimmen und der posititve externe Effekt somit genau internalisiert ist. Für
praktische Anwendungen besteht ein zentrales Problem in der fehlenden
Kenntnis des genauen Verlaufs der gesellschaftlichen Grenznutzen-Kurve.
Literatur
Bartel, R. (1994). Allgemeine Grundlagen der Umweltpolitik. In: Bartel, R. &
Hackl, F. (Hrsg.). (1994). Einführung in die Umweltpolitik. München.
Frey, R. L., Staehlin-Witt, E. & Blöchiger, H. (1993). Mit Ökonomie zur
Ökologie. 2. Auflage. Basel / Frankfurt am Main / Stuttgart.
Endres, A. (2000). Umweltökonomie. Stuttgart / Berlin / Köln.
Hardin, G. (1968). The Tragedy of the Commons. Science 162: 1243–1248.
10
Vergleich
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