1.2 Mikroskopische Maxwellgleichungen im Plasma Die Erwartungswerte von Observablen werden mit dem statistischen Operator ̺s (im Schrödingerbild) gebildet hOit = Sp {̺s (t) O} , ̺s genügt der von-Neumann-Gleichung i d̺s = − [H, ̺s ] dt ~ (beachte: anderes Vorzeichen als bei der Definition von Ȯ). Aufgabe 1.2.1: Begründe die von-Neumann-Gleichung aus der von der Quantenmechanik bekannten Forderung D E d hOit = Ȯ dt t Im thermodynamischen Gleichgewicht ist ³ ´ −β H− P µa N̂a a β (Ω−H+ e a ³ ´ = e ̺s = n −β H−P µa N̂a o a Sp e P µa N̂a ) , wobei β = (kB T )−1 , das großkanonische thermodynamische Potential durch ´ ³ n −β H−P µa N̂a o a Ω(T, V, µa ) = −kB T ln Sp e gegeben und N̂a der Teilchenzahloperator der Teilchensorte a ist. Aufgabe 1.2.2: (1) Leite die Struktur des statistischen Operators im Gleichgewicht aus dem Entropiesatz ab: Bei vorgegebener mittlerer Energie und Teilchenzahl wird die Entropie S = −kB hln ̺s i maximal. (2) Zeige, daßP die Formel für das Potential Ω aus dessen Definition Ω(T, V, µa ) = T S − E + µa Na folgt, a D E dabei ist E = hHi , Na = N̂a . 15 Im Gleichgewicht ist dementsprechend bei Vorgabe des Hamiltonoperators die Berechnung des Potentials Ω(T, V, µa ) und aller thermodynamischen Relationen auf die der Zustandssumme ³ ´ n −β H−P µa N̂a o a Z = Sp e zurückgeführt. Den im vorigen Abschnitt abgeleiteten Hamiltonoperator schreiben wir jetzt formal H = H0 + Hint . Dabei setzt sich der wechselwirkungsfreie Anteil ¶ µ µ 2 ¶ X XZ 1 ~∆ + 3 + ψa (r) + ~ωq aq,λ aq,λ + H0 = d r ψa (r) − 2m 2 a a q,λ aus einem jeweils reinen Teilchen- und Feldbeitrag zusammen. Aufgabe 1.2.3: Leite für das wechselwirkungsfreie System (1) die Fermiverteilung für die Ladungsträgersorte a E D 1 ~2 k 2 (a) (a) ´ = ³ ; εk = n̂k (a) 2ma β εk −µa +1 e und (2) die Boseverteilung für die Photonen (µPhoton ≡ 0) ab: ­ ® n̂(Ph) = q 1 eβ~cq −1 . Die Wechselwirkung Hint = V − Z X ea Z d r j0 (r) A(r) + d3 r ̺a (r) A2 (r) 2m a a 3 setzt sich zusammen aus der reinen Coulomb-Wechselwirkung V der Teilchen untereinander (vgl. vorigen Abschnitt) und der Teilchen-Feld-Wechselwirkung, die ihrerseits in einen sogenannten j · A- und einen ̺ · A2 -Beitrag eingeteilt wird. Die exakte Berücksichtigung der Wechselwirkung bei der Berechnung thermodynamischer Größen ist nicht möglich. Neben der Störungstheorie bieten nichtstörungstheoretische Zugänge wie Greensche Funktionen bzw. Funktionaltechniken die Möglichkeit, Partialsummen der Störungstheorie exakt auszuführen und 16 damit wesentliche Aspekte des Vielteilchensystems wie z.B. die Abschirmung der Coulomb-Wechselwirkung oder das Auftreten gebundener Zustände zu erfassen. Da im Gleichgewicht die Erwartungswerte grundsätzlich zeitunabhängig sind, reduziert sich die Untersuchung der Erwartungswerte des elektromagnetischen Feldes auf statische Felder. Die durch Mittelung der Operatorgleichungen für die Potentiale φ und A mit dem statistischen Operator des Gleichgewichts entstehenden Gleichungen lauten ∆ φeff (r) = 1 ̺ind (r) , ε0 ∆ Aeff (r) = −µ0 jT,ind (r) . Wichtige Beispiele sind (1) das durch “Einfrieren” der Kernbewegung bei tiefen Temperaturen entstehende gitterperiodische Kristallpotential sowie (2) eine spontane Magnetisierung. Für die Untersuchung zeitabhängiger Felder, darunter die für Halbleiter so wichtigen optischen Effekte im sichtbaren Spektralbereich, ist daher eine (gewollte oder ungewollte) Störung des Gleichgewichts von fundamentaler Bedeutung. Für eine konzeptionell saubere und konsistente mikroskopische Beschreibung dieser Störung teilen wir im Folgenden die Ladungen und Ströme in innere, zum betrachteteten System (Festkörper, Kristall) gehörende und äußere auf. Für die äußeren Ladungen und Ströme verlangen wir (muß per Experiment herbeigeführt bzw. überprüft werden), daß sie sich (in Bezug auf die vorgenommene Messung) klassisch verhalten und die Rückwirkung des Systems auf ihre Bewegung vernachlässigt werden kann, m.a.W. es gelten die klassischen Feldgleichungen ∆ φext (r, t) = − 1 ̺ext (r, t) , ε0 ¤ Aext (r, t) = −µ0 jT,ext (r, t) . Diese extern kontrollierten Ladungen und Ströme sind im Hamiltonoperator durch zusätzliche Terme dergestalt zu berücksichtigen, daß in allen Gleichungen dort, wo ursprünglich die Erwartungswerte von ̺ und j vorkommen, deren Berücksichtigung zu der Abänderung ̺ → ̺ + ̺ext , j → j + jext bzw. φ → φ + φext , A → A + Aext führt. Ein Zusatzbeitrag, der dies leistet, ist der sogenannte extern kontrollierte Störanteil zu H Z Hext,t = d3 r {̺ext (r, t)φ(r) − jT,ext (r, t)A(r)} . Dabei soll der Index t bei Hext,t darauf hinweisen, daß es sich um eine explizite, durch Vorgabe von ̺ext (r, t) und jext (r, t) erzeugte Zeitabhängigkeit des Schrödingeroperators Hext handelt (im Unterschied zur Zeitabhängigkeit von Operatoren 17 im Heisenberg- oder Wechselwirkungsbild). Für das skalare Potential φ(r) ist das unmittelbar gegeben, wenn man das totale Potential definiert φt (r) = φ(r) + φext (r, t) , ∆φt (r) = − 1 [̺(r) + ̺ext (r, t)] ε0 Aufgabe 1.2.4: Zeige den entsprechenden Sachverhalt (1) für den (Schrödinger-) Feldoperator des Vektorpotentials ¤At (r) = −µ0 [jT (r) + jT,ext (r, t)] und (2) für den (Schrödinger-) Feldoperator ψa (r) einer Teilchensorte a i~ ψ̇a,t (r) = [ψa (r) , H + Hext,t ] = . . . ea [φ(r) + φext (r, t)] ψa (r) Für die Erwartungswerte der Potentiale φ und A ergeben sich die klassischen Potentialgleichungen ∆φeff (r, t) = − 1 [̺ind (r, t) + ̺ext (r, t)] , ε0 ¤Aeff (r, t) = −µ0 [jT,ind (r, t) + jT,ext (r, t)] . Dabei sind die effektiven Größen definiert durch φeff (r, t) = Sp {̺s (t) φt (r)} Aeff (r, t) = Sp {̺s (t) At (r)} und der darin verwendete statistische Operator ist gemäß d̺s i = − [H + Hext,t , ̺s ] dt ~ explizit zeitabhängig. Er beschreibt die Entwicklung des Nichtgleichgewichts infolge äußerer Störungen. 18 Zur Ableitung der klassischen Potentialgleichungen bildet man den Erwartungswert der Gleichung für den entsprechenden Feldoperator und beachtet, daß nach D E d gilt. Dabei ergibt sich, daß die induzierten Definition z.B. dt hAit = Ȧ t Ladungs- und Stromdichten entsprechend ̺ind (r, t) = Sp {̺s (t) ̺(r)} jind (r, t) = Sp {̺s (t) j(r)} definiert sind. Aus den klassischen Potentialgleichungen für die Erwartungswerte ergeben sich in bekannter Weise die Erwartungswerte für die Felder. Mit den Definitionen E = −grad φeff − Ȧeff , B = rot Aeff folgt in Coulomb-Eichung div E = −∆ φeff = 1 (̺ind + ̺ext ) , ε0 rot B = −∆ Aeff = µ0 (jind + jext )T − 1 Äeff . c2 Ebenfalls wegen der Coulomb-Eichung ist ET = −Ȧeff , d.h. ³ ´ rot B = µ0 jind + jext + ε0 Ė T Der Index T auf der rechten Seite kann aber weggelassen werden, da diese wegen ¾ ½ 1 div µ0 (jind + jext ) + 2 Ė = µ0 (div jtotal + ̺˙ total ) = 0 , c also infolge der Ladungserhaltung von selbst transversal ist. Es folgt h i rot B = µ0 (jind + jext ) + ε0 Ė Schließlich definieren wir die Polarisation des Mediums mikroskopisch durch jind = Ṗ , wonach div jind = div Ṗ = −̺˙ ind folgt. Wir erhalten nach Einführung der dielektrischen Verschiebung (Def.) D = ε0 E + P 19 die mikroskopischen Maxwellgleichungen in Medien: div D = ̺ext ³ ´ rot B = µ0 jext + Ḋ div B = 0 rot E = −Ḃ Diese Gleichungen sind nicht vollständig und erfordern die (mikroskopische) Berechnung des Feldes jind = Ṗ . Bemerkenswert ist dabei, daß ein Magnetisierungsterm rot M , der zur Einführung einer magnetischen Induktion H = µ10 B − M Anlaß geben würde, zunächst überhaupt nicht auftritt. Diese Aufteilung ergibt sich erst, wenn man die mikroskopischen Gleichungen makroskopisch mittelt. Dazu betrachten wir zunächst das von der Ladungsdichte ̺ind erzeugte elektrische Dipolelement Z Z Z Z ̺ind (r, t)rdV = − dV r divPL = − dV {Div (r ⊗ PL ) − (PL ∇)r} = PL dV Das Integral über Div kann mit dem Gaußschen Satz in ein Oberflächenintegral umgewandelt werden und verschwindet, da P auf der Oberfläche verschwindet. Das Ergebnis zeigt, daß der longitudinale Anteil PL von P “makroskopisch” als Dipoldichte interpretiert werden kann. Es verbleibt der transversale Anteil jind,T von jind = Ṗ . Für diesen transversalen Anteil machen wir den formalen Ansatz jind,T = rot M der mit der Forderung div M = 0 , bzw. M = MT sei transversal, das Feld M eindeutig festlegt. Jetzt betrachten wir das von der Stromdichte jind,T erzeugte magnetische Moment Z Z Z 1 1 r × jind,T dV = r × rot M dV = M dV 2 2 und erkennen, daß M = MT “makroskopisch” als magnetische Dipoldichte interpretiert werden kann. 20 Aufgabe 1.2.5: Leite die Beziehung Z Z 1 r × rot M dV = M dV 2 her. Benutze die Schreibweise (a × b)i = εijk aj bk und die Beziehung εijk εrsk = δir δjs − δis δjr 21