Seite 5 Viszeralchirurgen setzen erfolgreich neue Therapie bei Bauchfellkrebs ein Am UKL neu eingeführtes Verfahren schenkt tumorpatienten Hoffnung n Dank eines neuen minimal-invasiven Verfahrens können die Viszeralchirurgen am Universitätsklinikum Leipzig jetzt Patienten mit Bauchfellkrebs neue Hoffnung schenken. Die PIPAC genannte interdisziplinäre Therapie ist sehr schonend und kann auch bei einer Unverträglichkeit gegenüber der Chemotherapie oder zusätzlich dazu angewendet werden. Die ersten Patienten wurden jetzt bereits erfolgreich am UKL mittels PIPAC behandelt. Etwa 20 000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an Tumoren des Bauchfells, auch Peritoneum genannt. Das Bauchfell ist ein die Bauchhöhle auskleidendes Gewebe mit einer Ausdehnung von etwa zwei Quadratmeter. Entstehen hier Krebszellen, handelt es sich meist um Metastasen und damit um Krebs in einem fortgeschrittenen Stadium. Bisher werden Bauchfelltumoren mit einer klassischen Chemotherapie allein oder in Kombination mit großen Operationen behandelt. Beides ist sehr belastend für die oftmals ohnehin geschwächten Patienten. Die PIPAC-Therapie (Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy) ist eine schonende Behandlungsmethode bei Bauchfellkrebs. Bei diesem Verfahren wird bei einem Eingriff minimal-invasiv über zwei kleine Schnitte in der Bauchdecke ein Chemotherapeutikum unter Druck in einer speziellen Aerosolform direkt in den Bauchraum gegeben. Das gasförmige Aero- Dr. Boris Jansen-Winkeln, leitender Oberarzt in der Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig, im Gespräch mit den ersten beiden PIPAC-Patienten. Foto: Stefan Straube sol verteilt sich sehr gut und dringt lokal in das Bauchfell und die darin liegenden Tumoren ein. „Diese Form der Behandlung ist eine echte Bereicherung der Therapiemöglichkeiten für unsere Patienten mit Tumoren des Bauchfells. Jetzt können wir den Patienten, bei denen die bisherige Behandlung erfolglos blieb oder die diese nicht vertragen haben, eine effektive Behandlung anbieten. Zudem können bisherige Therapien mit der PIPAC kombiniert werden, um so die Effektivität zu steigern“, erklärt Dr. Boris Jansen-Winkeln, leitender Ober- arzt in der Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig. Mithilfe von PIPAC können Patienten wertvolle Lebenszeit gewinnen, in einzelnen Fällen verschwanden die Tumoren sogar ganz. Insbesondere wichtig für die Patienten ist die sehr gute Lebensqualität, die bei Chemotherapien oft erheblich eingeschränkt ist. „Bei Bauchfellkrebs gibt es bisher nicht viele Behandlungsoptionen“, erläutert Jansen-Winkeln. „PIPAC ist ein risikoarmer Eingriff, bei dem wir viel Wirkung mit wenig Aufwand erzielen können“, so der Chirurg. Durch das Einbringen des Chemotherapeutikums als Gas dringt dieses viermal tiefer in das Gewebe ein als in bisherigen lokalen Verfahren und kann seine Wirkung so besser entfalten. „Das Verfahren kann zudem wiederholt werden und wird sehr gut vertragen“, betont Jansen-Winkeln. Das können auch die beiden ersten Patienten bestätigen, die am UKL mit PIPAC behandelt wurden: Dirk Sylvester und Mathias Berthelmann fühlten sich schon wenige Tage nach dem Eingriff agil und gut; „deutlich besser als nach einer normalen Chemotherapie“, so Berthelmann. Beide haben gezielt nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten für ihre Krebserkrankungen gesucht und sind so auf das neue Verfahren gestoßen. Da traf es sich, dass am UKL PIPAC im Rahmen einer Therapiestudie neu angeboten werden konnte. „Das Verfahren eignet sich leider nicht für jeden Patienten, deshalb diskutieren wir in unserem Tumorboard gemeinsam die jeweilige individuelle Therapieform“, erklärt Dr. Jansen-Winkeln. Die für PIPAC geeigneten Patienten werden im Rahmen der Studie dann mit einer engmaschigen Nachsorge begleitet, um die Wirksamkeit der Therapie prüfen zu können. Jansen-Winkeln: „Wir setzen große Hoffnungen in dieses sehr zukunftsträchtige Verfahren, mit dem wir auch den Patienten helfen können, für die es bisher keine geeignete Therapie gab.“ Helena Reinhardt Prostatakrebs im Frühstadium ohne Operation behandeln Fokale therapie am UKL seit einem Jahr erfolgreich im einsatz n Die sogenannte fokale Therapie ermöglicht ausgewählten Patienten im Frühstadium des Prostatakarzinoms eine schonende Teilbehandlung durch fokussierten Ultraschall. Sie wird seit einem Jahr am Uniklinikum Leipzig angewendet. Eine präzise Behandlungsplanung wird dabei am UKL durch eine spezielle MRT-Diagnostik der Prostata erzielt. Prostatakrebs ist beim Mann die häufigste Krebserkrankung – jährlich erkranken etwa 65 000 Menschen in Deutschland daran. Nicht jeder dieser Tumoren erfordert aber eine sofortige Operation oder Bestrahlung. Das Verfahren der fokalen Therapie bietet für ausgewählte Patienten die Chance, die Krebsareale zu beseitigen, ohne die Prostata entfernen zu müssen. Typische Nebenwirkungen einer Operation oder Bestrahlung sollen dadurch reduziert werden. Dabei arbeiten die Ärzte mit hochfokussiertem Ultraschall, der das kranke Gewebe über eine Sonde im Enddarm zerstört. Das UKL ist eines der ersten Zentren in Deutschland, das diese neue Therapieform einsetzt. „Wir arbeiten daran, die fokale Therapie in einigen Jahren als Standard- Das Team um Prof. Jens-Uwe Stolzenburg (l.) bei der Besprechung der Bildgebungsdaten eines Patienten. Foto: Angela Steller verfahren als Alternative zur OP oder Bestrahlung für ausgewählte Patienten anzubieten“, erklärt Privatdozent Dr. Roman Ganzer, stellvertretender Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Leipzig. Hier folgen die Urologen am UKL den Empfehlungen der deutschen und europäischen Gesellschaften für Urologie, nach denen eine fokale Therapie nur unter wissenschaftlicher Begleitung durchgeführt werden soll. Daher ist das UKL auch an zwei multizentrischen Studien beteiligt, die die Methode wissenschaftlich untersuchen. Erste Ergebnisse werden für Sommer 2016 erwartet. Bisher sehen die Ergebnisse sehr vielversprechend aus, weisen auf eine sehr gute Verträglichkeit und wenige Nebenwirkungen hin. Eine Besonderheit ist, dass in der Radiologie am UKL ergänzend für die Planung der Behandlung eine spezielle Kernspinuntersuchung der Prostata durchgeführt wird. „Dieses bildgestützte Vorgehen hilft uns, die Lokalisation des Tumors besser zu verstehen. Das ist die Grundlage dafür, den Tumor später umfänglich zu zerstören, ohne das umliegende Gewebe zu verletzen – wie die Nerven, die für die Potenz verantwortlich sind und andere empfindliche Strukturen wie den Harnröhrenschließmuskel.“ Die MRT-Bilder können für die Behandlung im Behandlungsgerät eingelesen werden. Ein gebündelter Ultraschall zerstört dann präzise die identifizierten Tumorareale. „Das Verfahren ergänzt optimal unsere Spezialisierung auf robotergestützte minimal-invasive Therapie des Prostatakrebses“, so Prof. Jens-Uwe Stolzenburg, Direktor der UKL-Klinik für Urologie. Sandra Hasse Spezial-Sprechstunde fokale Therapie: jeweils freitags Oberarzt PD Dr. Roman Ganzer Telefon: 0341 - 97 17 608 | LieBiGStRASSe AKtUeLL