Koronare Herzkrankheiten - arztpraxis

Werbung
Koronare
Herzkrankheit
Ursachen, Diagnose,
Therapie
Dr. med.
Andrea Knipp-Selke
Inhalt
Einleitung
3
Grundlegendes über Herz, Kreislauf und Blut
Der Kreislauf
Das Blut
Das Herz
Der große Kreislauf
Der kleine Kreislauf
4
4
5
5
7
7
Was ist die Koronare Herzkrankheit?
8
Ursachen und Risikofaktoren
10
Unbeeinflussbare Risikofaktoren
Beeinflussbare Risikofaktoren
10
10
Symptome
15
Latente KHK
Manifeste KHK
15
15
Diagnose
21
Die Anamnese
Die körperliche Untersuchung
Das Elektrokardiogramm – EKG
Bildgebende Verfahren
Die Koronarangiographie
21
23
23
24
25
Therapie
Behandlung mit Medikamenten
Revaskularisation
Koronarchirurgie
Herztransplantation
KHK und Urlaub
26
26
27
28
29
29
Prognose
30
Vorbeugung
31
Der PROCAM-Score
31
Wichtige Adressen
35
Koronare Herzkrankheit – Herausgeber: Techniker Krankenkasse, Hauptverwaltung: 22291 Hamburg,
Fax 040-69 09-22 58, Internet: www.tk-online.de. Bereich Marketing und Vertrieb, Fachbereich Werbung und
Redaktion. Text: Dr. med. Andrea Knipp-Selke. Redaktion: Roderich Vollmer-Rupprecht (verantwortlich),
Maria Schwormstedt. Gestaltung: Michael Mülling. Produktion: Jürgen Karau. Fotos: Bavaria, Medicalpicture,
Photodisc, Tony Stone, Zefa, Litho: NELLESmedia GmbH, Hamburg, Druck: Kuncke-Druck, Ahrensburg.
© Techniker Krankenkasse. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger
schriftlicher Genehmigung. 1. Auflage 2002
ISSN 0723-1717.
Autoren und Redaktion haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die Angaben zu Medikamenten, Dosierungen
und Nebenwirkungen dem derzeitigen Stand der Wissenschaft bei Fertigstellung der Broschüre entsprechen.
Trotzdem ist der Leser ausdrücklich aufgefordert, anhand der Beipackzettel der verwendeten Präparate in eigener
Verantwortung die Dosierungsempfehlungen und Kontraindikationen zu überprüfen.
2
Einleitung
Das 18. Jahrhundert gilt als das „Geburtsjahrhundert" der Kardiologie als
eigenständiges medizinisches Fachgebiet. Die Kardiologie ist ein Teilgebiet
der inneren Medizin, das sich mit den Erkrankungen und Veränderungen
des Herzens sowie deren Behandlung befasst. Anfang des 19. Jahrhunderts
waren bereits die wichtigsten klinisch-anatomischen Aspekte der Koronaren
Herzkrankheit bekannt. Sie wird von Medizinern auch als „ischämische
Herzerkrankung" bezeichnet und ist die häufigste Erkrankung des Herzens.
Unter Ischämie versteht man die mangelnde Durchblutung oder Blutleere
von Muskelgewebe auf Grund unzureichender oder fehlender Blutzufuhr.
Schon Mitte des 19. Jahrhunderts identifizierte man Cholesterin in den
Fettablagerungen der Gefäße und äußerte schon damals die Vermutung,
dass bestimmte Ernährungsgewohnheiten die Entstehung einer Arteriosklerose (Arterienverkalkung) zu begünstigen schienen. Das änderte jedoch
nichts daran, dass sie auch im Laufe des 20. Jahrhunderts eine sehr häufige und schwere Erkrankung blieb. Zwar wiesen einige Wissenschaftler
schon auf die Gefahr eines plötzlichen Herztodes hin, doch fehlte bislang
noch jede Beschreibung ihrer gefährlichsten Form, des Herzinfarkts. Das
mag auch daran gelegen haben, dass bis zur Entwicklung des Elektrokardiogramms (EKG) im Jahre 1903 keine objektiven Diagnosen gestellt
werden konnten. 1918 gelang erstmals die Aufzeichnung eines EKGs bei
Herzinfarkt. Leider ist nicht bekannt, wie es dem Patienten weiter erging.
Auch heute noch ist das EKG eines der wichtigsten Hilfsmittel bei der Diagnose der Koronaren Herzkrankheit. Mit Hilfe des EKGs lassen sich bis zu
80 Prozent der Erkrankungen sicher diagnostizieren. Und für die übrigen
20 Prozent stehen im dritten Jahrtausend andere Verfahren zur Verfügung.
Von der Koronaren Herzkrankheit sind Männer drei Mal häufiger betroffen
als Frauen. In Deutschland leidet nahezu jeder fünfte daran. Die Fortschritte, die bei der Behandlung der Koronarkrankheiten in den letzten 20 Jahren
erzielt werden konnten, sind eng verknüpft mit den Veränderungen im Bereich der Notfallmedizin. Der Ausbau des Rettungswesens und die heutigen Möglichkeiten der intensivmedizinischen Überwachung und Therapie
haben dazu geführt, dass heute zahlreiche Infarktpatienten gerettet werden
können, die bis vor 20 Jahren noch als hoffnungslose Fälle galten. Trotzdem stehen in der Statistik der Ursachen, an denen die Menschen in der
Bundesrepublik – und weltweit – sterben, die Herz-Kreislauf-Krankheiten an
erster Stelle – allen voran die Koronare Herzkrankheit. Deshalb gilt: Je mehr
Sie über Herzerkrankungen wissen, desto besser können Sie sich selbst vor
ihnen schützen.
3
Grundlegendes über Herz,
Kreislauf und Blut
Um Ursachen und Auswirkungen der Koronaren Herzkrankheit richtig einordnen zu können, ist es wichtig, sich mit den Funktionen der beteiligten
Organe vertraut zu machen.
Der Kreislauf
Zum Kreislaufsystem gehören das Herz und die
Blutgefäße. Man spricht deshalb auch vom
Herz-Kreislauf-System. Die Gefäße sind das
Transportsystem des Körpers: Wie Pipelines
transportieren sie das Blut. Das körpereigene
Streckennetz ist dabei übrigens hervorragend
ausgebaut. Blutgefäße in einer Gesamtlänge
von rund 100000 Kilometern sorgen dafür,
dass Sauerstoff und Nährstoffe auch noch
an den entlegensten Ort des menschlichen Körpers gelangen. Auf seinem Weg
durch den Körper passiert das Blut
übrigens auch Leber und Nieren, wo
es von Stoffwechselprodukten und
Abfallstoffen gereinigt wird.
Venen
Arterien
Genau genommen ist das Herz
eine Doppelpumpe. Die Herzscheidewand teilt das Herz in
zwei Hälften. Die rechte Hälfte
saugt das sauerstoffarme Blut
aus dem Venensystem des
Körpers auf und pumpt es in die
Lunge. Dort wird es wieder mit
Sauerstoff angereichert. Aus der
Lunge fließt das Blut dann in die linke
Hälfte des Herzens zurück (kleiner
oder Lungenkreislauf), um von dort aus
das nunmehr mit Sauerstoff angereicherte Blut zu den übrigen Körperbereichen
zu transportieren (großer oder Körperkreislauf).
Arterien und Venen in der Übersicht
4
Das Blut
Auch schon vor Goethes Lebzeiten galt Blut als „ein besonderer Saft“.
Mag es auch dem Auge nur als simple rote Flüssigkeit erscheinen, so ist
es doch in Wirklichkeit ein kompliziertes Gemisch verschiedenster Bestandteile, dessen Zusammensetzung sich praktisch bei jeder Erkrankung verändert. Etwa fünf Liter Blut kreisen im Körper eines Erwachsenen und bilden
ein perfektes Transportmittel. Über das Blut wird jede einzelne der Billionen
Körperzellen mit lebensnotwendigen Nährstoffen und Sauerstoff versorgt.
„Abfallprodukte“ aus den Zellen gelangen über das Blut zu Leber, Nieren,
Darm und Haut, wo sie abgebaut und ausgeschieden werden. Außerdem
transportiert das Blut Wasser und andere lebenswichtige Stoffe wie Enzyme,
Hormone, Abwehrstoffe und Mineralien wie zum Beispiel Salze an die Stellen des Körpers, wo sie benötigt werden.
Das Herz
Es pumpt und pumpt und pumpt…
Gerade mal so groß wie eine menschliche Faust und 300 Gramm leicht,
arbeitet das Herz unermüdlich von der Geburt bis zum Tod. Mag der Mensch
sich auch ausruhen oder gar schlafen, das Herz kennt keine Pause. Es
arbeitet weiter. Mit jedem Herzschlag zieht es sich zusammen, pumpt das
Blut aus dem Herzen in die
Gefäße und versorgt so den
ganzen Körper mit Blut.
Und das 70 bis 80 Mal pro
Minute, 100000 Mal am Tag,
40 000 000 Mal im Jahr, fast
3 Milliarden Mal im Laufe
eines Lebens. Und das Herz
ist eine sehr wirksame Pumpe:
obere
Im Laufe eines einzigen Tages
Hohlvene
pumpt es zwischen 6000 und
8000 Liter Blut in die Gefäße.
Das Herz ist ein muskuläres
Hohlorgan. Es sieht aus wie
ein Kegel, der schräg zwischen
Speiseröhre, Hauptschlagader,
Brustbein und Zwerchfell liegt.
Zwei Drittel des Herzens befinden sich in der linken Brustkorbhälfte, ein Drittel rechts.
Die Herzscheidewand teilt das
Herz in zwei Teile, die linke
und rechte Herzhälfte. Beide
Herzhälften enthalten jeweils
zwei Hohlräume: die oberen
Aortenbogen
Lungenarterie
Herzbeutel
Herzohr
untere
Hohlvene
5
(muskelschwachen) Vorhöfe, die das Blut aus Lunge beziehungsweise Körper „einsammeln“ und die unteren (muskelstarken) Herzkammern, die das
Blut wieder in Lunge beziehungsweise Körper hineinpressen. Die beiden
Herzkammern haben je einen Eingang und einen Ausgang. An diesen Stellen sitzen die Herzklappen, die dafür sorgen, dass der „Blutverkehr“ nur in
Einbahnstraßen fließt. Jede Herzklappe lässt sich vom Blutstrom nur in eine
Richtung aufdrücken. Kommt das Blut von der anderen Seite, schlägt die
Klappe zu und versperrt ihm den Weg.
Um seine Aufgaben optimal erfüllen zu können, braucht das Herz selbst
relativ viel Blut. Nahezu 300 Milliliter pro Minute – das ist immerhin ein
20stel des gesamten gepumpten Blutes überhaupt – benötigt das Herz für
sich selbst. Die herzeigene Blutversorgung erfolgt über die beiden Herzkranzgefäße, auch Koronararterien genannt, (aus dem Lateinischen corona
= Kranz), weil sie sich wie ein Kranz um das Herz legen. Die beiden Koronararterien entspringen oberhalb der linken Herzseite. Sie verzweigen sich
in kleinere Blutgefäße und überziehen und durchdringen den Herzmuskel
mit vielen kleinen Seitenästen und -ästchen.
Bei den meisten Menschen versorgt
• die rechte Koronararterie (Arteria coronaria dextra), RCA, den hinteren
Herzbereich, also rechten Vorhof, rechte Kammer, Herzhinterwand und
einen kleinen Teil der Scheidewand;
• die linke Herzkranzarterie (Arteria coronaria sinistra), LCA, vorwiegend
den vorderen Bereich des Herzens, das heißt linken Vorhof, linke Kammer und große Teile der Herzscheidewand.
Die linke Herzkranzarterie verzweigt sich in zwei starke Äste,
den so genannten
• Ramus interventricularis anterior, RIVA, der insbesondere die Scheidewand und – wenn auch in geringerem Ausmaß – die linke Herzkammer
versorgt, sowie den
• Ramus circumflexus, RCX, der vor allem die linke Herzkammer versorgt.
Die Koronararterien mit ihren vielen kleinen Seitenästen und -ästchen sorgen
dafür, dass der pumpende Herzmuskel gut durchblutet und mit Sauerstoff
und Nährstoffen versorgt wird. Und das nicht nur in Ruhephasen, sondern
auch bei körperlicher Belastung. Gesunde Herzkranzgefäße können ihr
Blutangebot an den Herzmuskel im Bedarfsfall um das Vier- bis Sechsfache
steigern. Das nennt man die so genannte Koronarreserve.
6
Der große Kreislauf
Vom rechten Herzen aus wird das Blut mit großem Druck in die Schlagadern,
die Arterien, gepumpt. Damit die Arterien diesem Druck gewachsen sind
und elastisch auf ihn reagieren können, haben sie dicke Muskelschichten.
In der Nähe des Herzens sind sie ungefähr so dick wie ein Daumen. Je
weiter sich die Blutgefäße vom Herzen entfernen, umso mehr verzweigen
sie sich wie die Äste eines Baumes und werden dabei immer dünner. Die
dünnsten Arterien heißen Arteriolen. Diese verzweigen sich weiter in sehr
feine Blutgefäße, die so genannten Kapillaren. In den Kapillaren werden
Sauerstoff und Nährstoffe an die Zellen abgegeben und Abfallstoffe aufgenommen. Die Kapillaren verbinden die Arterien mit den Blutadern, den
Venen. Deren Aufgabe ist es, das Blut wieder zurück zum Herzen zu transportieren.
Während die Arterien also Druck machen müssen, ist es Aufgabe der Venen,
das Blut wieder zu sammeln. Folglich sind sie auch weniger elastisch als
Arterien. Über 60 Prozent des gesamten Blutvolumens befindet sich in den
kleinen und großen Venen des Körpers. Bei jeder Körperbewegung ziehen
sich die Muskeln an Armen und Beinen zusammen und üben so Druck auf
die Venen aus, die das Blut mit Hilfe eingebauter Venenklappen zum Herzen zurückpressen. Dort angelangt, fließt das „verbrauchte“ sauerstoffarme
Blut in den rechten Vorhof und weiter in die rechte Herzkammer.
Der kleine Kreislauf
Von der rechten Herzkammer aus wird das „verbrauchte“ sauerstoffarme
Blut über die so genannte Lungenschlagader, die Pulmonalarterie, in die
Lunge gepumpt. Dort wird es mit neuem Sauerstoff angereichert. Das
frische sauerstoffreiche Blut fließt aus der Lunge in den linken Vorhof und
gelangt dann in die linke Herzkammer. Von dort aus wird es mit hohem
Druck – dem Blutdruck – in den Körper (großen Kreislauf) gepumpt.
Die Entdeckung des Blutkreislaufes war übrigens das wichtigste medizinische Ereignis des 17. Jahrhunderts. Zuvor war man nämlich der Überzeugung, dass nur die Venen Blut enthielten, weil man bei Toten die Arterien
leer fand. Folglich hielt man die Leber für den Mittelpunkt und dachte, das
Blut würde zur Leber gebracht und von dort aus im Organismus verteilt.
Das Herz – so glaubte man – sei nichts weiter als ein mehr oder weniger
nutzloses Anhängsel der Leber, dessen einzige Aufgabe darin bestünde,
auch die Lunge mit Blut zu versorgen.
7
Was ist die Koronare
Herzkrankheit?
Die Bezeichnung Koronare Herzkrankheit ist abgeleitet von den Herzkranzgefäßen, den Koronararterien. Wie schon erwähnt, legen sich diese wie ein
Kranz (aus dem Lateinischen corona = Kranz) um das Herz und versorgen
dieses mit Blut, Sauerstoff und anderen Nährstoffen. Häufig findet man nur
noch die Abkürzung KHK in Beschreibungen der Koronaren Herzkrankheit.
Der Begriff umschreibt eine ganze Reihe verschiedener Krankheiten, die
alle auf eine Verengung der Herzkranzgefäße – eine so genannte Arteriosklerose – zurückzuführen sind. Dabei handelt es sich um einen Umbauprozess der Blutgefäßinnenwände, verbunden mit der Ablagerung von
Fettsubstanzen, so genannten „Plaques“ oder „Atheromen“. Diese werden
mit der Zeit und unter Einwirkung verschiedener Risikofaktoren immer stärker
und größer. Dadurch behindern sie allmählich den Durchfluss des Blutes
und damit die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Gebietes, das sie
versorgen. Der Prozess ist vergleichbar mit dem, was in einem alten Wasserrohr geschieht, wenn sich Kalk darin sammelt. Die Kalkablagerungen
können den Durchfluss des Wassers so weit verringern, bis es schließlich
nur noch langsam tröpfelt.
obere
Hohlvene
Aortenbogen
Lungenarterie
Arteria
coronaria
dextra
Ramus
interventricularis
anterior
untere
Hohlvene
8
arteriosklerotische Fettablagerungen (Plaques) an der
Gefäßinnenwand
Arteriosklerose
gesunde Arterie
beginnende
Arteriosklerose
fortgeschrittene
Arteriosklerose
Arteriosklerotische Prozesse können nicht nur die Koronararterien befallen,
sondern alle Blutgefäße des Körpers. Sind die hirnversorgenden Gefäße
betroffen, droht ein Schlaganfall. Sind es die Herzkranzgefäße, spricht man
von einer Koronaren Herzkrankheit.
Bei der Beurteilung der Koronaren Herzkrankheit werden die rechte Herzkranzarterie sowie der Ramus interventrikularis anterior und der Ramus
circumflexus der linken Herzkranzarterie (siehe auch „Das Herz“ Seite 5)
jeweils als einzelnes Gefäß betrachtet. In Abhängigkeit von der Anzahl der
verschlossenen beziehungsweise von Arteriosklerose betroffenen Gefäße
spricht man deshalb von einer Ein-, Zwei- oder Dreigefäßerkrankung.
Eigentlich handelt es sich bei der Arteriosklerose übrigens um einen physiologischen Alterungsprozess, dessen Auftreten im Rahmen des natürlichen
Alterungsvorgangs in gewissem Maße unvermeidlich ist. Bedingt durch die
Lebensweise allerdings hat dieser Prozess in den Industrieländern ein Ausmaß angenommen, das alles andere als natürlich ist. Bei vielen Menschen
beginnt dieser Prozess heute schon in jungen Jahren und setzt sich dann
immer weiter fort.
9
Ursachen und Risikofaktoren
Es gibt eine Reihe von Faktoren, von denen man weiß, dass sie bei der
Entstehung der Koronaren Herzkrankheit eine wichtige, vielleicht sogar entscheidende Rolle spielen. Diese so genannten Risikofaktoren können zu
einem kleineren Teil erblich bedingt sein. Sehr viel häufiger aber sind sie
das Resultat ungesunden Verhaltens. Um das Fortschreiten der koronaren
Herzkrankheit möglichst zu verhindern, ist es wichtig, diese Risikofaktoren
zu kennen und gegebenenfalls zu beseitigen. Neben den Faktoren, die leider nicht veränderbar sind, wie zum Beispiel erbliche Belastung oder das
Bestehen einer Zuckerkrankheit, gibt es eine Reihe von Risikofaktoren, die
sehr wohl beeinflussbar sind.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren einer KHK – also jenen,
an denen man leider nichts ändern kann – zählen:
• Alter
• männliches Geschlecht
• Infarkte in der Familiengeschichte (so genannte familiäre Disposition)
Beeinflussbare Risikofaktoren
Bei den beeinflussbaren Risikofaktoren unterscheidet man wiederum
zwischen Risikofaktoren 1. Ordnung – diese sind am schwerwiegendsten –
und den Risikofaktoren 2. Ordnung. Diese sind allein vielleicht nicht so
gravierend für die Koronare Herzkrankheit, können aber im Zusammenwirken mit anderen Faktoren das Risiko vielfach erhöhen.
Risikofaktoren 1. Ordnung
Fettstoffwechselstörungen
Die Fette im Blut, auch Lipide genannt, dienen dem Organismus als Baustoffe und Energielieferanten. Der Körper stellt diese Fette zum Teil selbst
her, zum Teil nimmt er sie mit der Nahrung auf. Sie werden über das Blut
transportiert und entweder im Rahmen des Energiestoffwechsels verbrannt
oder gespeichert. Ist das Blut mit Fetten überladen, begünstigt das die Ablagerung der Fettpartikel an den Wänden der Blutgefäße. Heute weiß man:
Fettreiche Mahlzeiten erhöhen den Blutfettspiegel, im Volksmund meist
Cholesterinspiegel genannt. Doch was der Arzt im Labor bestimmt, ist das
Verhältnis verschiedener Fettstoffe zueinander.
Das sind zum einen die Triglyzeride, die klassischen Fette, die mit der Nahrung aufgenommen werden. Ob ein Übermaß an Triglyzeriden im Blut zu
Arteriosklerose führen kann, war in der Medizin durchaus umstritten. Und
10
da überzeugende Beweise nicht leicht beizubringen waren, wurden noch
vor wenigen Jahren Triglyzerid-Konzentrationen von 500 mg/dl (=100 ml Blut)
im Blut durchaus toleriert. Viele Kardiologen gingen aber auch ohne wissenschaftliche Belege bereits in der Vergangenheit davon aus, dass die
Triglyceride – neben dem so genannten LDL-Cholesterin – eine bedeutende
Rolle als eigenständiger Risikofaktor für die Koronare Herzkrankheit spielen.
Heute gilt dies als gesichert und ein Wert unter 200 mg/dl wird als erstrebenswert angesehen.
Das Cholesterin im Körper stammt aus zwei Quellen: Der Körper produziert
es in der Leber selbst und nimmt es mit tierischen Nahrungsmitteln auch
auf. Fettreiche Nahrung, reichlicher Alkoholkonsum, Leber-, Schilddrüsenund Nierenerkrankungen sowie die Zuckerkrankheit oder eine erbliche
Belastung können aber auch zu einem Anstieg des Cholesterinspiegels im
Blut führen. Beim Gesamt-Cholesterin gelten abhängig vom Lebensalter und
vom Vorhandensein gleichzeitiger anderer Risikofaktoren Werte zwischen
175 und 230 mg/dl Blut als normal.
Beim Cholesterin unterscheidet man zwei Fraktionen: die HDL- (High density lipoprotein) und die LDL-Fraktion (Low density lipoprotein). Etwa zwei
Drittel aller Fettstoffe im Blut werden in Form von LDL-Cholesterin transportiert, während der Anteil des HDL-Cholesterins nur etwa 20 bis 25 Prozent
ausmacht. Das HDL gilt als das „gute“ Cholesterin. Man geht davon aus,
dass es der Arteriosklerose entgegenwirken und möglicherweise sogar die
Ablagerungen an den Gefäßwänden abbauen kann. Mehrere Untersuchungen
haben gezeigt, dass Koronare Herzerkrankungen um die Hälfte seltener auftreten, wenn die HDL-Werte von 30 mg/dl auf 60 mg/dl zunehmen.
Das LDL ist dagegen das „böse“ Cholesterin, weil es die Ablagerungen mit
auslösen soll. Bezogen auf das Gesamt-Cholesterin ist also eine möglichst
hohe HDL- und eine möglichst niedrige LDL-Fraktion erstrebenswert. Als
Zielwert des Verhältnisses von LDL zu HDL gilt ein Wert unter drei. Dieser
Zielwert lässt sich ganz einfach ausrechnen: man nehme den LDL-Wert (in
mg/dl), teile ihn durch den HDL-Wert (in mg/dl) und herauskommen muss
eine Zahl unter drei. Generell gilt jeder Wert von über 135 mg/dl für LDLCholesterin und unter 45 mg/dl für HDL-Cholesterin als kritisch.
Bluthochdruck
Der Blutdruck ist ein Maß für den Druck, der in den Blutgefäßen herrscht
und auf deren Wände einwirkt. Sein Wert kann im Verlauf des Tages erheblich schwanken, je nachdem ob man schläft, Sport treibt oder sich zum
Beispiel gerade furchtbar aufregt. Von erhöhtem Blutdruck spricht man
erst, wenn bei mehreren Blutdruckmessungen in Ruhe an verschiedenen
Tagen der erste (systolische) Wert immer über 140 und der zweite (diastolische) Wert immer über 90 liegt.
Bluthochdruck gilt als der problematischste Risikofaktor, weil er in den meisten Fällen keinerlei Beschwerden hervorruft. Symptome wie Kopfschmerzen,
Herzklopfen und Unwohlsein treten erst dann auf, wenn der Blutdruck bereits
extrem erhöht ist. Erhöhter Blutdruck wird meistens zufällig während einer
Routineuntersuchung beim Arzt festgestellt. Seine Folgen jedoch – Schlaganfall, Herzinfarkt oder Nierenversagen – können tödlich sein. Ab dem
zwanzigsten Lebensjahr sollte daher der Blutdruck regelmäßig kontrolliert
werden.
12
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Insbesondere der Diabetes des Typs 1, der erbliche so genannte juvenile
(jugendliche) Diabetes, stellt einen Risikofaktor für die Koronare Herzkrankheit dar. Frauen und Männer mit Diabetes haben in aller Regel auch einen
erhöhten Blutdruck, was ihr Risiko für die Koronare Herzkrankheit häufig
gleich verdoppelt. Doch schon die Normalisierung des Körpergewichts und
eine konsequent eingehaltene Diabetes-Diät können das Risiko deutlich
reduzieren.
Zigarettenrauchen
Neben den erhöhten Blutfetten ist das Zigarettenrauchen ein ebenso hoher
Risikofaktor für eine Koronare Herzkrankheit. Die Wahrscheinlichkeit, an
einem Herzinfarkt zu sterben, ist bei Rauchern zwei bis fünf Mal höher als
bei Nichtrauchern. Und: Das Risiko wächst mit der Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten. Es erhöht sich darüber hinaus, wenn gleichzeitig zu
hoher Blutdruck oder erhöhte Cholesterinwerte vorliegen und/oder bei
Frauen, die die „Pille“ nehmen. Wer aber zu rauchen aufhört, hat schon
nach wenigen Monaten ein deutlich geringeres Risiko für eine Koronare
Herzkrankheit. Nach ein paar Jahren der Nikotinabstinenz gleicht es gar
dem eines Nichtrauchers.
13
Risikofaktoren 2. Ordnung
Zu den Risikofaktoren 2. Ordnung, die allein vielleicht nicht so gravierend
sind, aber im Zusammenwirken mit anderen das Risiko einer Koronaren
Herzkrankheit deutlich erhöhen können, zählen vor allem:
• Bewegungsmangel und Übergewicht: haben beide einen negativen
Einfluss auf den Blutdruck und den Cholesterinwert;
• Alkoholmissbrauch;
• erhöhter Harnsäuregehalt im Blut (Hyperurikämie);
• psychosoziale Faktoren wie zum Beispiel ein Übermaß an krank
machendem Stress.
Seit einigen Jahren wird außerdem untersucht, ob die Arteriosklerose möglicherweise auch entzündliche Ursachen im Sinne einer Infektion hat. Im
Zentrum der Überlegungen steht ein bestimmtes Bakterium aus der Gattung
der Chlamydien, das bei diesem Prozess eine wichtige Rolle zu spielen
scheint. Würde sich diese Vermutung bestätigen, ließe sich künftig möglicherweise die Koronare Herzkrankheit in bestimmten Fällen mit Antibiotika
behandeln.
14
Symptome
Koronare Herzkrankheit ist nicht gleich Koronare Herzkrankheit. Die Symptome, unter denen die Betroffenen leiden, hängen entscheidend von Lokalisation, Ausmaß und Ausprägung der Arteriosklerose ab, also davon,
welche Gefäße an welcher Stelle des Herzens wie stark verengt sind.
Latente KHK
Es gibt so genannte „latente“ Erkrankungsformen, das heißt, die eingeschränkte Sauerstoffzufuhr verursacht noch keine Symptome. Sie wird
daher auch als „stumme“ Ischämie bezeichnet.
Manifeste KHK
Treten jedoch Beschwerden auf, spricht man von einer „manifesten“ Koronaren Herzkrankheit. Die ersten Symptome machen sich in der Regel in
besonderen körperlichen oder psychischen Belastungssituationen bemerkbar. Doch dann ist der arteriosklerotische Prozess meist bereits weit fortgeschritten. Dank der so genannten Koronarreserve (siehe auch „Das Herz“
Seite 5) ist der Herzmuskel in der Lage, seine Leistungskraft im Bedarfsfall
um das Vier- bis Sechsfache zu steigern. Erst wenn der Durchmesser der
Koronargefäße, der nur wenige Millimeter beträgt, bereits zu 70 Prozent
eingeengt ist, beginnt das Herz bei Belastung unter Sauerstoffnot zu leiden.
Das heißt, erst wenn die Gefäße schon zu drei Viertel verstopft sind, beginnt
das Herz, sich mit Schmerzen bemerkbar zu machen. Manifestationsformen
einer solchen manifesten Koronaren Herzkrankheit können sein:
15
Angina pectoris
Bei deutlich herabgesetzter Durchblutung des Herzmuskels stellen sich
unter körperlicher Belastung oder Stress anfallsartige Schmerzen in der
Herzgegend ein, meistens verbunden mit einem Engegefühl und Atembeklemmungen. Dieser durch den Sauerstoffmangel des Herzmuskels verursachte Schmerz wird als Angina pectoris – „Brustenge“ – bezeichnet.
Die Koronare Herzkrankheit manifestiert sich in 40 Prozent aller Fälle erstmals durch einen Angina pectoris-Anfall. Die Schmerzen in der Brustmitte
können sich auf Hals, Wangen, Kiefer, Zähne, Kinn, Rücken und die Arme
ausbreiten.
Weil die Beschwerden teilweise so unterschiedlich sind, werden sie manchmal als Zahn- oder Magenschmerzen missgedeutet. Die Schmerzen sind
dumpf, drückend und schwer und treten meistens nur bei Belastung auf.
Oft dauern sie nur wenige Minuten und lassen durch Ruhe innerhalb von 5
bis 15 Minuten wieder nach. Bei schweren Angina pectoris-Anfällen kommt
es zusätzlich häufig zu Angstgefühl, Unruhe und Schweißausbruch. Die
Betroffenen haben den Eindruck, als ob ein eiserner Ring ihre Brust zusammenschnürt. Eine schlagartige Besserung der Beschwerden kann in vielen
Fällen durch Nitroglyzerin als Spray oder Kapsel erreicht werden.
Die Anfälle können unterschiedlich häufig und bei den verschiedensten
Anlässen auftreten:
• mehrmals am Tag oder nur einmal alle paar Monate oder Jahre;
• bei vollem oder geblähtem Magen nach den Mahlzeiten
(so genanntes Roemheld-Syndrom);
• bei Kälteeinwirkung im Winter;
• nachts in Ruhe.
Sie können sich auch häufen oder sogar wieder völlig verschwinden. Treten die Anfälle regelmäßig bei bestimmten Anlässen auf, wie zum Beispiel
beim Sport, sprechen die Mediziner von einer „stabilen“ Angina pectoris.
Wenn sich die Anfälle aber häufen, zunehmend lange dauern, stärker werden oder plötzlich auch in Ruhe und ohne erkennbaren Anlass auftreten,
nennen die Ärzte das eine „instabile“ Angina pectoris oder auch „Präinfarktsyndrom“. Das Herzinfarktrisiko einer instabilen Angina pectoris liegt
bei 20 Prozent.
16
Herzinfarkt
In weiteren 40 Prozent (siehe Angina pectoris) äußert sich eine Koronare
Herzkrankheit erstmals durch einen Herzinfarkt. Er ist eine der häufigsten
Todesursachen in Deutschland. Etwa 13 Prozent der Männer und 8 Prozent
der Frauen sterben daran. 40 Prozent aller Herzinfarkte ereignen sich übrigens in den Morgenstunden zwischen sechs und zwölf Uhr.
Ein akuter Herzinfarkt verursacht meist ähnliche Beschwerden wie ein
Angina pectoris-Anfall:
• Atembeklemmungen, Todesangst, Vernichtungsgefühl, kalter Schweiß;
• tiefe, dumpfe Schmerzen in der Brust, die sich vor allem bis in den
Oberbauch erstrecken;
• eventuell Ausstrahlung der Schmerzen bis zum Kinn, Hals, Rücken
und auf die Arme;
• in manchen Fällen Übelkeit und Erbrechen.
Bei einem Fünftel aller Betroffenen aber geht der Infarkt ohne Schmerzen
einher. Man spricht dann von so genannten stummen Infarkten. Betroffen
sind vor allem Zuckerkranke und ältere Menschen.
17
Die Ursachen eines Herzinfarkts sind die gleichen wie bei der Angina pectoris. Blut- und damit Sauerstoffversorgung des Herzens sind unzureichend,
weil die Herzkranzarterien auf Grund einer Arteriosklerose zu stark eingeengt sind. Oft ist ein Blutpfropf an der Engstelle des Gefäßes der Auslöser
für den Infarkt. Dieser so genannte Thrombus – also eine Ablagerung an
der Gefäßwand – löst sich plötzlich, „schwimmt los“ und verschließt damit
das Gefäß endgültig.
Der Unterschied zur Angina pectoris besteht darin, dass beim Herzinfarkt
die Sauerstoffnot des nicht mehr versorgten Herzmuskelbereichs so groß
ist, dass dieser abstirbt, wenn es nicht innerhalb von sechs Stunden gelingt,
das Gefäß wieder durchgängig zu machen.
Die Beschwerden vergehen im Gegensatz zum Angina pectoris-Anfall übrigens nicht durch Ruhe oder Nitroglyzerin. Dies ist besonders wichtig zur
Abgrenzung der Angina pectoris gegenüber einem Herzinfarkt.
Stumme Myokardischämie
Eine Sonderform der Mangeldurchblutung des Herzmuskels stellt die so
genannte stumme Myokardischämie dar. Insgesamt etwa 50 Prozent aller
Patienten mit Koronarer Herzkrankheit haben keine Beschwerden. Sie zeigen aber in speziellen Untersuchungen, zum Beispiel dem Langzeit-EKG
(siehe auch „Das Elektrokardiogramm - EKG“ Seite 23), eine vorübergehende Mangeldurchblutung des Herzens.
Herzinsuffizienz
Von einer Herzinsuffizienz oder Herzschwäche spricht man dann, wenn
das Herz nicht mehr genügend Kraft hat, um sich und den übrigen Körper
ausreichend mit Blut zu versorgen. Je nach Beschwerden wird dabei zwischen Links-, Rechts- und Globalherzinsuffizienz (beide Herzhälften sind
betroffen) unterschieden. Die Beschwerden entwickeln sich schleichend.
Patienten mit einer Rechtsherzinsuffizienz leiden vor allem unter Müdigkeit,
Appetitlosigkeit und sichtbaren Venenstauungen mit Schwellungen der
Venen am Hals und unter der Zunge. Außerdem kommt es zu ödematös
geschwollenen Knöcheln, anfangs nur abends und später ständig, und
unerklärlichen Bauchschmerzen. Diese gleichen einem drückenden Völlegefühl, werden aber von einem Blutstau in der Leber hervorgerufen.
18
Die Koronare Herzkrankheit führt aber häufiger zu einer Linksherzinsuffizienz, deren hervorstechendste Symptome Luftnot und Herzrasen bei starker
körperlicher Belastung sind. Schreitet die Erkrankung fort, kommt es auch
ohne körperliche Anstrengung bereits in Ruhe zur Atemnot. Diese tritt
besonders am Abend auf und wird von Medizinern als Asthma cardiale –
„Herzasthma“ – bezeichnet. Die Betroffenen atmen keuchend und bekommen nicht mehr genug Luft, wenn sie sich hinlegen. Sie müssen dann husten
und sich im Bett hinsetzen. Nachts werden sie von den Atemnotanfällen
aus dem Schlaf gerissen. In schweren Fällen ist die Luftnot mit blutigem
Auswurf verbunden.
Alle Patienten mit Herzinsuffizienz – egal, ob sie eine Rechts-, Links- oder
Globalinsuffizienz haben – leiden darunter, nachts häufig Wasserlassen zu
müssen. Das liegt daran, dass die Nieren tagsüber nicht mit genügend
Blut versorgt werden. Die nächtliche Ruhe trägt insgesamt zu einer Verbesserung der Durchblutung bei. Das führt zum einen dazu, dass die Nieren
nachts das nachholen, was sie tagsüber nicht geschafft haben: Sie produzieren Urin, was die Betroffenen dann mitunter mehrmals in der Nacht aus
dem Bett treibt. Auch die Ödeme, die Wassereinlagerungen in den Knöcheln,
werden nachts verstärkt „zurückresorbiert“, also wieder in die Blutbahn
aufgenommen und über die Nieren ausgeschieden.
19
Herzrhythmusstörungen
Jeder Muskel braucht einen elektrischen Impuls, um sich bewegen zu können. Bei den Skelettmuskeln sind es die Nerven, die diese Impulse übertragen. Das Besondere am Herzmuskel ist, dass er diese Impulse selbst
bildet, sich also sozusagen selbst erregt. Diese Aufgabe übernimmt der so
genannte Sinusknoten, ein Verband spezialisierter Muskelzellen am rechten
Vorhof des Herzens. Hier werden jene Impulse gebildet und weitergeleitet,
die Stärke und Frequenz des Herzschlages bestimmen, also dafür sorgen,
dass das Herz ständig weiter pumpt. Ist dieses Reizleitungssystem gestört,
kommt es zu Herzrhythmusstörungen.
Herzrhythmusstörungen kommen häufig vor. Beim jungen Menschen sind
sie in der Regel harmlos, zum Beispiel als Folge starker körperlicher Belastung. Beim älteren Menschen sind sie jedoch häufig schwerwiegend.
Mögliche Ursachen einer Herzrhythmusstörung können zum Beispiel die
Koronare Herzkrankheit, ein Herzinfarkt, Störungen der Schilddrüsenfunktion, Medikamente oder auch einfach nur körperliche Belastungen sein. Die
Erkennung der genauen Ursache ist unabdingbare Voraussetzung für die
jeweilige Behandlung einer Herzrhythmusstörung. In schweren Fällen können auch Herzschrittmacher zum Einsatz kommen.
20
Diagnose
Um festzustellen, ob die Beschwerden oder Schmerzen auf einer Koronaren
Herzkrankheit beruhen, setzen die Mediziner verschiedene diagnostische
Hilfsmittel ein. Hierzu zählen die Anamnese (Krankengeschichte), die körperliche Untersuchung und verschiedene apparative Verfahren.
Die Anamnese
Zur Anamnese – der Krankengeschichte – gehören die Schilderung
• der derzeitigen Symptome;
• etwaiger anderer eigener Vorerkrankungen und/oder
Krankenhausaufenthalte;
• etwaiger Erkrankungen der Eltern, Geschwister oder Kinder.
Besonders wichtig sind hier Zuckerkrankheit, Krebs, Nierenerkrankungen,
Herzinfarkte, Thrombosen, Bluthochdruck oder Anfallsleiden;
• der derzeitigen Lebenssituation: des Berufsalltags, der Freizeitaktivitäten
und Ernährungsgewohnheiten.
21
Bei Verdacht auf eine Koronare Herzkrankheit konzentriert sich die Anamnese in der Regel auf die Risikofaktoren, mögliche auslösende Ursachen
und die Schmerzcharakteristik. In einigen Fällen kann der Arzt allein aus
der Beschreibung der Symptome durch den Patienten eine Koronare Herzkrankheit diagnostizieren. Das Vorhandensein typischer Angina pectorisAnfälle macht die Diagnose einer Koronaren Herzkrankheit wahrscheinlich.
Das Fehlen derartiger Anfälle schließt sie jedoch nicht aus, da etwa 50 Prozent der Fälle nicht mit Schmerzen verbunden sind (siehe auch „Stumme
Myokardischämie“ Seite 18). Meistens sind deshalb weitere Untersuchungen
notwendig, um festzustellen, wie gut Herz und Koronararterien noch arbeiten.
Belastungs-EKG
22
Die körperliche Untersuchung
Die körperliche Untersuchung beim Verdacht auf eine Koronare Herzkrankheit dient in erster Linie dem Ausschluss beziehungsweise Nachweis anderer Erkrankungen. In der Regel wird das Gewicht überprüft, Blutdruck und
Puls gemessen, Herz und Lunge abgehört und gegebenenfalls noch Blut
und Urin untersucht.
Es kann sein, dass diese Maßnahmen ausreichen, um das Vorliegen der
Koronaren Herzkrankheit und ihr Ausmaß festzustellen. Oft sind jedoch
weitere Untersuchungen notwendig, um ein möglichst vollständiges Bild
zu erhalten. Eine Routineuntersuchung im Rahmen der Diagnostik der
Koronaren Herzkrankheit ist das Elektrokardiogramm oder EKG.
Das Elektrokardiogramm – EKG
Bei der Tätigkeit des Herzmuskels entstehen Spannungen, das heißt kleine
elektrische Impulse, die auf das Gewebe, das das Herz umgibt, fortgeleitet
werden und sich wie ein Stromlinienfeld durch den gesamten Körper ausbreiten. Diese vom Herzen ausgehenden Spannungsänderungen, mit
denen die Tätigkeit des Herzens gesteuert wird, lassen sich mit einem
Elektrokardiogramm messen und aufzeichnen. Dazu werden an beiden
Armen, dem linken Bein und auf der Brust kleine Metallscheiben (Elektroden) befestigt. Über Kabel werden die ausgesendeten Signale dann auf
ein Gerät übertragen, das die Stromflusskurve auf Millimeterpapier aufzeichnet. Es gibt typische Veränderungen im EKG, die auf das Vorliegen
einer Koronaren Herzkrankheit schließen lassen. Diese finden sich jedoch
nicht bei allen Patienten mit dieser Erkrankung.
Eine andere, häufig angewendete Untersuchungsmethode ist das so genannte Belastungs-EKG, mit dem man feststellen kann, wie das Herz auf
körperliche Belastungen reagiert. Es funktioniert genauso wie ein EKG, nur
dass man sich während der Untersuchung belasten muss. Der Patient geht
also zum Beispiel auf einem Laufband oder fährt auf einem feststehenden
Fahrrad, einem so genannten Fahrradergometer. Beim Belastungs-EKG gilt
es zu beachten, dass die körperliche Belastung in ein bis zwei von 10000
Fällen einen Angina pectoris-Anfall auslösen kann. Es muss also Personal
und Ausrüstung für eventuell notwendige Wiederbelebungsmaßnahmen
vorhanden sein.
Durchblutungsstörungen des Herzens, die keine nennenswerten Symptome machen – also nächtliche Angina pectoris-Anfälle und/oder stumme
Ischämien – lassen sich mit einem Langzeit-EKG überprüfen, das über
24 Stunden abgeleitet wird. In 60 bis 80 Prozent aller Fälle lässt sich eine
mögliche Koronare Herzkrankheit jedoch bereits mit Hilfe von Ruhe- und
Belastungs-EKG diagnostizieren.
Bei klinischem Verdacht und negativem Belastungs-EKG sind weiterführende diagnostische Maßnahmen angezeigt.
23
Bildgebende Verfahren
Mit Hilfe der Echokardiographie und der Stress-Echokardiographie – dabei
handelt es sich um Ultraschalluntersuchungen – lassen sich Wandbewegungsstörungen des Herzens nachweisen. Nuklearmedizinische Verfahren
wie etwa eine Herzmuskelszintigraphie können bei bestimmten Fragestellungen wichtige Hinweise liefern. Sie können zum Beispiel Hinweise über
die Feindurchblutung innerhalb des Herzmuskels geben, die etwa bei einer
röntgenologischen Gefäßdarstellung (siehe auch „Die Koronarangiographie“)
nicht erfasst werden kann. In ganz seltenen Fällen sind Detaildarstellungen
der Herzmuskulatur nötig, die spezielle computertomographische Untersuchungen erfordern.
Katheteruntersuchung
24
Die Koronarangiographie
Wenn der Verdacht auf eine Koronare Herzkrankheit durch andere Untersuchungen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist eine so genannte
Koronarangiographie angezeigt. Dabei handelt es sich um eine Röntgenuntersuchung der Herzkranzgefäße mit Kontrastmittel. Dieses wird durch
einen über die Leistenarterie eingeführten Katheter in die Herzkranzgefäße
injiziert (Herzkatheteruntersuchung). Mit Hilfe dieser Untersuchung lassen
sich Gefäßverengungen einzelner Herzkranzgefäße definitiv nachweisen
und lokalisieren. Für eine eventuell notwendige Bypass-Operation (siehe
auch „Koronarchirurgie“ Seite 28) zum Beispiel ist eine Koronarangiographie
Voraussetzung.
Ganz wichtig: Eine Koronarangiographie ist nur angezeigt,
wenn aus ihr auch wirklich therapeutische Konsequenzen
erfolgen sollen.
25
Therapie
Die Koronare Herzkrankheit muss behandelt werden, da sie nicht von
selbst heilt. Je nach Schweregrad und Ausprägung der Erkrankung kommen allerdings verschiedene therapeutische Konzepte in Frage. Im Vordergrund aller therapeutischen Maßnahmen steht jedoch die Ausschaltung
der Risikofaktoren (siehe auch „Ursachen und Risikofaktoren“ Seite 10).
Behandlung mit Medikamenten
Mit Hilfe von Medikamenten möchte man ein Fortschreiten der Koronaren
Herzkrankheit verhindern und einen Herzinfarkt verhüten.
Basis jeder Therapie ist die Verordnung von Thrombozytenaggregationshemmern, um einer Thrombose der Koronararterien vorzubeugen. Thrombozytenaggregationshemmer wie zum Beispiel die Acetylsalicylsäure verhindern ein Zusammenballen der Blutplättchen und halten damit quasi das
Blut im Fluss. Bei Acetylsalicylsäure-Unverträglichkeit stehen alternative
Substanzen zur Verfügung.
Meistens sind auch so genannte
Statine erforderlich, um das LDLCholesterin zu senken (siehe auch
„Risikofaktoren 1. Ordnung“ Seite 10).
Ziel der „antianginösen“ Therapie
ist es, die Arbeit des Herzmuskels
zu „ökonomisieren“. Das heißt, mit
Medikamenten dafür zu sorgen, dass
der Sauerstoffbedarf des Herzens
eingeschränkt wird, um einem weiteren Angina pectoris-Anfall (siehe
auch „Angina pectoris“ Seite 16)
vorzubeugen. Dabei kommen
Betarezeptorenblocker, Nitrate,
Molsidomin und lang wirkende
Kalzium-Antagonisten zum Einsatz.
26
Revaskularisation
Eine Standardmethode zur Behandlung der Koronaren Herzkrankheit ist
die Ballonkatheterdilatation. Sie wurde 1977 von dem deutschen Arzt
Andreas Grützing im Kantonsspital in Zürich bei einem 39 Jahre alten
Versicherungsagenten erstmals angewandt. Der dabei von Grützing entwickelte und auch heute noch verwendete Katheter trägt seinen Namen.
Bei der Ballondilatation wird ein dünner Schlauch (Katheter) bis zu der
Engstelle des Herzkranzgefäßes vorgeschoben und dann ein an der
Katheterspitze installierter Ballon aufgeblasen. Unter dem Druck des
Ballons wird die Engstelle aufgedehnt. Dies führt zu einer Verbesserung
der Durchblutung, so dass die von dem Gefäß versorgten Herzmuskelbezirke wieder mit Sauerstoff „beliefert“ werden können.
Im Bedarfsfall kann auf diesem Wege auch ein so genannter Stent in das
Gefäß eingebaut werden. Damit handelt es sich um ein winziges Edelmetallröhrchen, das das Gefäß stützen und längerfristig offen halten soll. Die
Rate der erneuten Verschlüsse von Koronararterien konnte mit Hilfe von
Stentimplantationen deutlich gesenkt werden.
Nur begrenzte Bedeutung haben
andere Kathetermethoden, die
lediglich in speziellen Krankheitsfällen zum Einsatz kommen. So
kann etwa bei längerstreckigen
Verengungen ein so genannter
Rotablator eingesetzt werden, der
– ebenfalls über einen Katheter
eingeführt – mit 150000 Umdrehungen in der Minute die Ablagerungen ausfräst und die Arterie
wieder durchgängig macht. Auch
gebündeltes Laserlicht ist geeignet,
hochgradig eingeengte Gefäße
wieder zu öffnen beziehungsweise
aufzuweiten.
27
Koronarchirurgie
Ist das Ausmaß der Gefäßverschlüsse zu groß – sind also etwa die linke
Koronararterie, die ein sehr großes Gebiet versorgt (siehe auch „Das Herz“
Seite 5), oder mehrere Gefäße betroffen –, ist eine operative Therapie in der
Regel unumgänglich. Standardverfahren ist dabei der so genannte aortakoronare Bypass, eine Umleitungsblutbahn von der Aorta (große Körperschlagader) zu den Koronargefäßen, die unter Umgehung der Engstellen
in den Herzkranzgefäßen den Blutdurchfluss sicherstellt.
Müssen mehrere Bypässe gelegt werden, ist das klassische Operationsverfahren die Regel, bei dem der Brustkorb eröffnet und das Herz unter
Verwendung einer Herz-Lungen-Maschine stillgelegt wird.
Einzelne Bypässe können auch mit Hilfe der minimal-invasiven Chirurgie
(so genannte Knopflochchirurgie) gelegt werden, und zwar entweder:
• direkt am schlagenden Herzen ohne Herz-Lungen-Maschine mit einem
nur wenige Zentimeter großen Schnitt durch den Brustkorb hindurch.
Hiermit kann man allerdings nur die Herzvorderseite erreichen;
oder
• über eine so genannte Thorakoskopie, eine Spiegelung des Pleuraraumes (Raum zwischen den beiden Blättern des Brustfells) und der
Lungenoberfläche. Hierbei wird das Herz mit Hilfe einer Herz-LungenMaschine stillgelegt und ist von allen Seiten zugänglich. Trotz HerzLungen-Maschine muss der Brustkorb hier nicht eröffnet werden.
Beide minimal-invasiven Verfahren sind für den Patienten deutlich schonender. Sie sind allerdings je nach Ausprägungsgrad der Erkrankung
nicht immer möglich.
Eine Bypass-Operation kommt nur dann in Frage, wenn die Koronare
Herzkrankheit medikamentös nicht mehr ausreichend zu behandeln ist.
28
Herztransplantation
Versagen alle anderen Behandlungsmaßnahmen und tritt eine Herzinsuffizienz hinzu (siehe auch „Herzinsuffizienz“ Seite 18), die sich therapeutisch
nicht mehr beeinflussen lässt, kommt möglicherweise nur noch eine Herztransplantation in Frage.
KHK und Urlaub
Wer unter Koronarer Herzkrankheit leidet, muss nicht auf Reisen verzichten.
Ist die körperliche Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt, besteht
kein Anlass, auf den jährlichen Urlaub zu verzichten. KHK-Patienten sollten
allerdings immer ausreichend Medikamente und Nitroglyzerin-Spray, den
letzten Katheter- und Echo-Bericht sowie gegebenenfalls ihren Schrittmacherausweis bei sich führen. Im Falle der Einnahme von Blutgerinnungshemmern darf auch ein Ausweis mit den letzten Laborwerten nicht fehlen.
29
Prognose
Verlauf und Prognose der Koronaren Herzkrankheit hängen entscheidend
vom Ausmaß, der Ausprägung und der Lokalisation der Gefäßschäden ab.
Sind zwei Gefäße betroffen, sterben daran jährlich sechs bis acht Prozent
der Patienten. Bei einer Dreigefäßerkrankung oder einem Verschluss der
linken Herzkranzarterie wirkt eine Bypass-Operation eindeutig lebensverlängernd. Patienten mit einer Eingefäßerkrankung haben auch nur mit einer
medikamentösen Therapie eine gute Prognose. In allen Fällen aber gilt:
Wer ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern will, vermeidet die Risikofaktoren (siehe auch „Ursachen und Risikofaktoren“ Seite 10), sorgt im Falle
bestehender Grunderkrankungen wie zum Beispiel Diabetes oder Gicht für
deren optimale Einstellung und treibt regelmäßig Sport. Nahezu in jeder
Stadt finden sich so genannte Koronarsportgruppen, wo sich auch KHKPatienten unter fachkundiger Aufsicht körperlich betätigen können.
30
Vorbeugung
Wer eine Koronare Herzerkrankung verhindern will, kann selbst eine Menge
dafür tun, indem er die Risikofaktoren vermeidet, also zum Beispiel nicht
raucht, Stress und Übergewicht abbaut und sich sportlich betätigt. Schon
eine Stunde angestrengtes „Walken“ pro Woche vermindert das Herzinfarktrisiko um 50 Prozent. Auch eine fett- und cholesterinarme sowie ballaststoffreiche Ernährung kann einer KHK vorbeugen. Optimal ist eine mediterrane
Ernährung mit Bevorzugung von Salat, Früchten, Gemüse und Olivenöl.
Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass auch ein mäßiger (!!!)
Alkoholkonsum – bevorzugt als Rotwein – das koronare Risiko zu senken
vermag. Mäßig bedeutet in diesem Fall ein bis zwei Gläser, entsprechend
15 Gramm Alkohol pro Tag.
Um das eigene Risiko, in den nächsten Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden,
abschätzen zu können, haben Wissenschaftler der Universität Münster einen
Test entwickelt, den so genannten PROCAM-Score, der auch im Internet
unter www.chd-taskforce.com zu finden ist.
Der PROCAM-Score
Der PROCAM-Score ist ein Risiko-Score-System, welches das individuelle
Risiko schätzt, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt zu
erleiden. Die Risikobestimmung basiert auf den Daten der Prospective
Cardiovascular Münster (PROCAM)-Studie.
Wer in der Vergangenheit bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten
hat oder derzeit an Angina pectoris leidet, gilt bereits als Herzinfarkt-Hochrisikopatient. In dem Fall besteht keine Notwendigkeit, den Risikoabschätzungs-Test vorzunehmen.
Detaillierte Erläuterungen zur Zuordnung der Risikopunkte zu den einzelnen
Risikofaktoren und zur Ermittlung des entsprechenden Globalrisikos können
folgender Veröffentlichung entnommen werden: Assmann G, Cullen P,
Schulte H: Circulation 2002; 105: 310-315
31
Der Test
Ihr Geschlecht?
männlich
weiblich
Wie alt sind Sie in Jahren?
Eingabebereich: männlich: 35 - 65 Jahre,
weiblich: 45 - 65 Jahre
Wie hoch ist Ihr LDL-Cholesterin
("schlechtes" Cholesterin)?
Eingabebereich 75 - 250 mg/dl
Wie hoch ist Ihr HDL-Cholesterin
("gutes" Cholesterin)?
Eingabebereich: 25 - 75 mg/dl
Wie hoch sind Ihre Triglyzeride (nüchtern)?
Eingabebereich: 50 - 400 mg/dl
Wie hoch ist Ihr systolischer Blutdruck?
Eingabebereich: 100 - 225 mmHg
Haben Sie innerhalb der letzten
12 Monate Zigaretten geraucht?
ja
nein
Haben Sie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)? Bekannter Diabetes oder
Nüchtern-Blutzucker ≥ 120 mg/dl
ja
nein
Hat ein Verwandter ersten Grades
(Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Sohn,
Tochter) vor dem 60. Lebensjahr einen
Herzinfarkt erlitten?
ja
nein
Wichtiger Hinweis: Die Berechnung des Herzinfarktrisikos
mittels diesen Tests ersetzt keinesfalls die Beratung durch
einen Arzt. Möglicherweise jedoch können für ihn diese
Angaben hilfreich sein.
32
Auswertung
Der Auswertung (Quelle: Assmann G, Cullen P, Schulten H, Circulation
2002; 105: 310-315) ist zu entnehmen, welche Punktzahl jedem einzelnen
Risikofaktor zugeordnet wird. Alle angegebenen Parameter müssen
bekannt sein! Um die Gesamtzahl zu ermitteln, müssen einfach die Punktzahlen für die einzelnen Risikofaktoren addiert werden.
Alter:
35 - 39
40 - 44
45 - 49
50 - 54
55 - 59
60 - 65
LDL-Cholesterin (mg/dl)
0
6
11
16
21
26
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
< 100
100 - 129
130 - 159
160 - 189
> 189
0
5
10
14
20
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
HDL-Cholesterin (mg/dl)
Triglyceride (mg/dl)
< 35
35 - 44
45 - 54
> 54
< 100
100 - 149
150 - 199
> 199
11
8
5
0
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Syst. Blutdruck (mmHg)
Raucher:
< 120
120 - 129
130 - 139
140 - 159
≥ 160
Ja
nein
0
2
3
5
8
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
Pos. Familienanamnese:
Diabetiker:
Ja
nein
Ja
nein
4 Punkte
0 Punkte
0
2
3
4
Punkte
Punkte
Punkte
Punkte
8 Punkte
0 Punkte
6 Punkte
0 Punkte
33
Das mit der jeweiligen Gesamtpunktzahl verbundene Risiko kann der
folgenden Tabelle entnommen werden (Quelle: Assmann G, Cullen P,
Schulten H, Circulation 2002; 105: 310-315):
Punktanzahl
34
Herzinfarktrisiko
in 10 Jahren (%)
Punktanzahl
Herzinfarktrisiko
in 10 Jahren (%)
≤ 20
≤ 1,0
40
6,1
21
1,1
41
7,0
22
1,2
42
7,4
23
1,3
43
8,0
24
1,4
44
8,8
25
1,6
45
10,2
26
1,7
46
10,5
27
1,8
47
10,7
28
1,9
48
12,8
29
2,3
49
13,2
30
2,4
50
15,5
31
2,8
51
16,8
32
2,9
52
17,5
33
3,3
53
19,6
34
3,5
54
21,7
35
4,0
55
22,2
36
4,2
56
23,8
37
4,8
57
25,1
38
5,1
58
28,0
39
5,7
59
29,4
≥ 60
> 30
Anhand der Gesamtpunktzahl lässt sich mit Hilfe dieser Tabelle ermitteln,
wie hoch das Risiko ist, innerhalb von 10 Jahren einen Herzinfarkt zu
erleiden oder an einer koronaren Herzkrankheit zu versterben.
Der PROCAM-Score wurde aus den Daten von 35- bis 65-jährigen Männern
abgeleitet. Die Anzahl der in der PROCAM-Studie aufgetretenen Herzinfarkte bei Frauen erlaubt zurzeit noch nicht die Ableitung eines Scores
speziell für Frauen. Erste Auswertungen zeigen aber, dass für 45- bis 65jährige Frauen nach den Wechseljahren das Risiko „nur“ ein Viertel des
Risikos eines gleichaltrigen Mannes beträgt. Daher errechnet sich der
Gesamt-Score für Frauen analog zum Vorgehen bei Männern aus den
Risikopunkten für die einzelnen Risikofaktoren. Das entsprechende Globalrisiko wird jedoch durch 4 geteilt. Dabei ist zu beachten, dass diese Risikoabschätzung nur für 45- bis 65-jährige Frauen nach den Wechseljahren gilt.
Achtung: Bei einem Herzinfarktrisiko von 5 Prozent in
10 Jahren und höher ist ein Arztbesuch dringend zu
empfehlen, da Risikofaktoren behandelt beziehungsweise ausgeschaltet werden sollten.
Wichtige Adressen
Deutsche Herzstiftung e.V.
Vogtstr. 50
60322 Frankfurt/Main
Tel.: 069 - 95 51 28 - 0
Fax: 069 - 95 51 28 - 313
www.herzstiftung.de
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen
und ihren Folgeerkrankungen DGFF e.V.:
Lipid-Liga e.V.
Waldklausenweg 20
81377 München
Tel.: 089 - 7 19 10 01
Fax: 089 - 7 14 26 87
www.lipid-liga.de
35
10.1/3 3/2002
Herunterladen