Plasmaphysik und Kernfusion Julian Butscher 29.05.2015 Zusammenfassung Dieses Handout wurde im Rahmen des theoretisch-physikalischen Seminars zur Elektrodynamik an der Universität Heidelberg unter der Leitung von Herrn Professor Dr. Georg Wolschin erstellt. Es soll grob den gehaltenen Vortrag zusammenfassen. Zunächst werden kurz die Grundlagen der Kernfusion erläutert, um die Plasmaphysik rund um das ideale Plasma zu motivieren. Bei der Klassizierung desselben wird insbesondere auf die Debye-Länge und die Plasmafrequenz näher eingegangen. Dies führt dann zum Einschluss von Plasmen, welcher anhand der Einzelteilchenbeschreibung dargestellt werden soll. Letztlich soll noch die Energiegewinnung durch Kernfusion kurz angerissen werden, um das Lawson-Kriterium der selbsttragenden Fusion zu erläutern. Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen der Kernfusion 2 2 Klassizierung des idealen Plasmas 3 3 Einschluss von Plasmen 6 4 Energiegewinnung durch Kernfusion 9 5 Ausblick 10 6 Quellen 12 1 1 Grundlagen der Kernfusion Anhand des in Abb.1 sichtbaren sogenannten Massendefekts kann die Kernfusion motiviert werden. Man kann die Masse pro Nukleon in Abhängigkeit der Nukleonenzahl sehen. Wie kann es sein, dass gleiche Nukleonen verschiedene Massen aufweisen? Die Antwort darauf liefert uns die Äquivalenz von Masse und Energie. Die zusätzliche Masse stammt einfach Abbildung 1: Massendefekt aus der Bindungsenergie. Weiterhin fällt auf, dass die Masse bis zu einer Nukleonenzahl von etwa 50 fällt um dann wieder anzusteigen. Man kann also feststellen, dass das Element mit der geringsten Masse pro Nukleon gerade Eisen ist. Elemente links davon können fusionieren um in einen energetisch niedrigeren Zustand zu kommen, Elemente mit höheren Nukleonenzahlen nicht. Die Bindungsenergie wird also bei der Kernfusion frei, da Elemente mit höheren Nukleonenzahlen entstehen. Als nächstes soll die Kernfusion näher betrachtet werden. Dies soll am Beispiel einer Deuterium-Tritium-Fusion geschehen, wie sie in Fusionsreaktoren auf der Erde durchgeführt wird. Die Reaktionsgleichung dafür lautet: 2 D +3 T −→4 He(3, 52M eV ) +1 n(14, 07M eV ) (1) Man sieht, dass die hauptsächlich frei werdende Energie beim Neutron liegt. Genau diese wird in Reaktoren zur Gewinnung von Energie genutzt. Um die Kernfusion nun physikalisch betrachten zu können, muss man sich zwangsläug mit dem Kernpotential auseinandersetzen. Dieses ist schematisch in Abb.2 zu sehen. Man kann das attraktive Kernpotential innerhalb des Kernradiusses sehen und auÿerhalb davon das abstoÿende Coulomb-Potential. Wobei die scharfe Kante zwischen attraktivem Potential und abstoÿendem Coulomb- Potential eine Approximation ist. Normalerweise sind die Grenzen weniger scharf. Das Maximum des Coulombpotentials lässt sich berechnen indem man die Energie eines Teilchens im Feld einer anderen betrachtet. Dieses ist für 2 Protonen gerade gegeben durch: Uc = e2 ≈ 1, 68M eV 4π0 2r Abbildung 2: Kernpotential (2) 2 Die Energie eines Teilchens in typischen Plasmen beträgt jedoch gerade einmal 20keV , was bedeutet, dass nach der Maxwell-Boltzmannverteilung für klassische thermodynamische Vielteilchensysteme, kaum ein Teilchen die Coulombbarriere überwinden wird. Ein Teil der Erklärung ist der quantenmechanische Tunneleekt. Dieser besagt, dass die Wellenfunktion von Teilchen in Potentiale hineinragen kann. Das heiÿt die Wahrscheinlichkeit es innerhalb des Kernradiusses zu nden ist nicht null (Betragsquadrat der Wellenfunktion ungleich null). Klassisch benötigen die Teilchen jedoch viele Anläufe mit möglichst viel Energie. Um diese Bedingungen ausreichend zu erfüllen, benötigt man Plasmen. 2 Klassizierung des idealen Plasmas Ab ca. 1000K Temperatur fangen Gase an zu dissozieren (Atome spalten sich in Ionen und Elektronen auf). Dadurch wird das Gas ionisiert und somit leitfähig. Der Zustand in dem es sich nun bendet wird Plasma genannt. Mehr als 99% der sichtbaren Materie in unserem Universum bendet sich im Plasmazustand. Im wesentlichen kann ein ideales Plasma durch folgende Eigenschaften charakterisiert werden: a) Die mittlere kinetische Energie der Teilchen ist groÿ gegenüber der potentiellen Energie der elektrostatischen Wechselwirkung, d.h. Eth > Eel ←→ e2 3 kB T > 2 4π0 r (3) b) Plasmen sind Quasineutral, d.h. die Gesamtladung des Plasmas ist etwa null ne ≈ Zni (4) c) Der elektrische Einussbereich eines Teilchens beschränkt sich auf eine bestimmte Länge, die sogenannte Debye-Länge. d) Die Debye-Länge ist klein gegenüber der Ausdehnung des Plasmas e) Die Elektronen innerhalb des Plasmas sind in der Lage um ihre Ruhelage zu schwingen. Dies führt zur sogenannten Plasmafrequenz. Debyelänge Im Mittel halten sich mehr Elektronen als Ionen in der Nähe eines Ions auf. Dadurch wird das Coulombpotential für weiter entfernte Ladungen abgeschirmt. Das heiÿt die Reichweite des elektrischen Feldes wird kleiner. Ein Maÿ für die Abschirmung ist die sogenannte Debyelänge. Für Wasserstoplasmen lässt sich das mittlere elektrische Potential schreiben als: ∆Φ = − (ne − ni ) eni =e 0 0 (5) Wobei der Laplaceoperator in Kugelkoordinaten bei sphärischer Symmetrie gegeben ist durch ∆Φ = 1 dΦ d2 Φ + 2 r dr dr 3 (6) Wir nehmen nun an, dass unsere Teilchen einer Boltzmannverteilung folgenda wir ein thermisches Vielteilchensystem betrachten ist dies sinnvoll- also n = Φ k T . Dazu ist zusätzlich die Annahme nötig, dass unser Potential statisch B n0 e ist. Mit der Bedingung für ideale Plasmen, Etherm > Epot ist es uns dann erlaubt ±e die Verteilung mit einer Taylorentwicklung zu nähern. eΦ ) kB T eΦ ni = ne,0 (1 − ) kB T ne = ne,0 (1 + (7) (8) Setzt man dies in die obige Poissongleichung mit sphärischer Geometrie in Kugelkoordinaten ein, erhält man schlieÿlich: ∆Φ = Φ 1 dΦ d2 Φ + 2 = 2e2 ne,0 r dr dr 0 T kB (9) g(r) Diese Gleichung gilt es nun zu lösen. Dafür verwendet man den Ansatz Φ = r welcher auf g 00 (r) = 2 e2 ne,0 g(r) k B 0 T (10) − r führt. Diese Gleichung lässt sich nun mit dem Exponentialansatz g(r) = Ae λ lösen, womit man die sogenannte Debye-Länge und das Debye-Potential erhält. r e± λ ΦD = − e D 4π0 r s 0 k B T λD = 2ne,0 e2 (11) (12) Wobei für das Potential verwendet wurde, dass für r << λD das Potential aussehen sollte wie das Coulombpotential einer Punktladung. Die Debye-Länge ist sehr wichtig für die Beschreibung von Plasmen, weil weit entfernte Teilchen keine Auswirkung der abgeschirmten Ladung mehr spüren. In Abb.3 ist der Abfall des DebyeAbbildung 3: Debyepotential gegen Potentials schematisch gegenüber dem des Coulombpotentials aufgezeichnet. Coulombpotential Man sieht hier gut, dass dieses wesentlich schneller als das Coulombpotential abfällt. 4 Plasmaschwingung Durch die Verschiebung des Elektronengases relativ zum Ionengas wird eine Störung der Quasineutralität verursacht. Weil die Elektronen viel leichter sind, können diese um die Ionen schwingen während selbige kaum eine Oszillationsbewegung aufweisen. Die Rückstellkraft, welche durch das entstehende elektrische Feld erzeugt wird, regt eine harmonische Oszillation an. Man muss zusätzlich die Annahme eines linearen Potentials treen um das Problem einfach lösen zu können. Auÿerdem soll die folgende Betrachtung in einer Dimension statt nden. Die Newtonsche Bewegungsgleichung ist gegeben durch: mẍ = −qE (13) Es gilt also noch E zu bestimmen. Mit obigen Annahmen folgt für ∂x E = ρ ρ −→ E = x 0 0 (14) Wobei hier ρ = ene gewählt wurde. Dies kann in die Bewegungsgleichung eingesetzt werden wodurch sich − e2 ne x = me ẍ 0 (15) ergibt. Was wiederum mit einem Exponentialansatz nämlich x = eiwt gelöst werden kann. Damit erhält man die sogenannte Plasmafrequenz, mit welcher die Elektronen um ihre Ruhelage schwingen können. Sie ist nur von der Teilchendichte abhängig. Die restlichen Gröÿen in der Gleichung sind Konstanten. s ωp = e2 ne 0 m e (16) Magnetohydrodynamische Beschreibung Die Einzelteilchenbeschreibung berücksichtigt keine Wechselwirkung der Teilchen. Eine vollständige Beschreibung der Phänomene in Plasmen ist daher nur über die Magnetohydrodynamik möglich. Dabei nähert man das Plasma hydrodynamisch, dass heiÿt man betrachtet keine Einzelteilchen mehr sondern gemittelte Gröÿen (z.B. Geschwindigkeit, Stromdichte,...). ∂t + ∇(ρ~v ) = 0 ~ ~ J ×B + ρ~g + F~ ρ∂t~v + ρ(~v ∇)~v + ∇p = c ~ = 4π J~ ∇×B c 1 ~ = − ∂t B ~ ∇×E c ~ =0 ∇B ~ ~ + ~v × B ) J~ = σ(E c 5 (17) (18) (19) (20) (21) (22) Die Magnetohydrodynamischen Gleichungen wie sie oben aufgelistet sind, können aus Kombination der Maxwellgleichungen mit den Eulergleichungen hergeleitet werden. Gleichung (17) entspricht der Kontinuitätsgleichung. Die Gleichungen 19-21 stammen aus den Maxwellgleichungen und Gleichung 22 aus dem Ohmschen Gesetz. Die zweite Gleichung ist die Bewegungsgleichung. Sie entspricht der Euler-Gleichung mit zusätzlichen Kräften. Auällig dabei ist, dass ~ -Feld angegeben ist. Dies liegt daran, dass E ~ -Felder aufals äuÿere Kraft kein E grund der Debye-Abschirmung nur sehr schlecht in Plasmen eindringen können. 3 Einschluss von Plasmen Zunächst einmal wollen wir uns die Einzelteilchenbeschreibung einer Ladung im homogenen magnetischen Feld anschauen um diese dann bei den Einschlusskongurationen nutzen zu können. Auf geladenen Teilchen im Magnetfeld wirkt eine Lorentzkraft. Wobei wir im Folgenden das elektrische Feld vernachlässigen wollen, da es kaum in Plasmen eindringen kann(Debye-Abschirmung). Im homogenen Magnetfeld fangen Teilchen an eine Gyrationsbewegegung durchzuführen. Dabei gleichen sich Lorentzkraft und Zentrifugalkraft gerade aus. Die entsprechende Frequenz und der Radius betragen dann: qB m v⊥ rG = qB (23) ωG = (24) Man sieht, dass Elektronen und positiv geladenen Teilchen in unterschiedliche 1 Richtungen drehen. Mit Hilfe von mv 2 = kB T also der kinetischen gleich der 2 thermischen Energie, ergibt sich dann für den Gyrationsradius s rG = 2kB T m q2 B 2 (25) Damit folgt für z.B. 1keV der Gyrationsradius eines Elektrons von rG = 35µm. Man sieht also, dass die Gyrationsradien in Plasmen sehr klein sind. Betrachten wir als nächstes nun nicht mehr nur homogenen Magnetfelder, sondern addieren in die Bewegungsgleichung noch eine zusätzliche Kraft. Unser Teilchen wird nun keine geschlossene Gyrationsbewegung mehr durchlaufen. Um diese Bewegung beschreiben zu können wählen wir den sogenannten Guiding-centerAbbildung 4: Guiding-Center- Ansatz. Dafür betrachten wir wie in Abb.5 Ansatz das Zentrum der Gyrationsbewegung. Bem ~ und die ~v × B nutzen wird den Gyrationsradius (nicht Betrag) also ~rg = 2 qB 6 Beziehung ~rc = ~r +~rg erhält man für die Geschwindigkeit des Führungszentrums gerade ~vc = ~v + m d~v ~ ×B ~ ~ = ~v + 1 (F~ + q~v × B) ×B qB 2 dt qB 2 (26) Dieses doppelte Kreuzprodukt lässt sich mit Hilfe der Grassmann-Identität auflösen, womit man dann für die Geschwindigkeit des "Guiding-centers"gerade ~vc = ~vk + ~ F~ × B qB 2 (27) erhält. Das heiÿt unsere Geschwindigkeit zerfällt in zwei Komponenten. Die ~ . Die andere ist eine Bewegung eine Komponente ist die Bewegung parallel zu B ~ senkrecht zum B -Feld und der äuÿeren Kraft F~ . Diese ist nicht beschleunigt! Deshalb kann sie als eine Driftgeschwindigkeit identiziert werden. Also kann man schreiben ~vD = ~ F~ × B 2 qB (28) Daraus lassen sich verschiedene Arten von Drifts herleiten. Im folgenden sollen der sogenannte ∇B -Drift und der Krümmungsdrift betrachtet werden, weil diese später erneut benötigt werden. Zunächst zum ∇B -Drift Wir betrachten nun ein Magnetfeld mit geraden Feldlinien. Dieses soll jedoch einen Gradienten aufweisen. Für die Kraft auf ein Teilchen mit magnetischem Moment µ gilt: mv⊥ F~ = −µ∇B = ∇B 2B (29) Womit dann mit obiger Gleichung für den Drift des Zentrums gilt: ~vD = − 2 mv⊥ ~ ∇B × B 3 2B q (30) Als nächstes soll der Krümmungsdrift betrachtet werden. Hier wird berücksichtigt, dass Magnetfelder eine Krümmung aufweisen (Maxwell II). Auf Grund dieser erfährt die parallele Komponente der Geschwindigkeit ebenfalls eine Kraft. Diese Zentrifugalkraft ist gegeben durch Fz = m 2 v r k (31) 1 ∇B Wobei sich r nun durch den lokalen Krümmungsradius ~ekr = − ersetzen rk B lässt womit man dann für den den Krümmungsdrift ~vD = mvk2 qB 3 ~ ∇B × B erhält. 7 (32) Einschluss Mit Hilfe der oben aufgezeigten Driftbewegungen soll nun der Plasmaeinschluss betrachtet werden. Zunächst wollen wir ein rein toroidales Feld wie in Abb.5 betrachten. Die Frage lautet nun ob es möglich ist, unser Plasma nur durch eine solche Konguration einzuschlieÿen. Dazu nochmal ein vereinfachendes Bild: In Abb.6 ist ein Zylinderkoordinatensystem zu sehen, Abbildung 5: Rein toroidales Feld in dem das Magnetfeld in eφ -Richtung zeigt. Der Abstand R0 ist der Abstand zur Mitte eines um die z-Achse gekrümmten Torusses. Wir können zunächst unsere Drifts (∇B - und Krümmungsdrift) zusammenfassen zu: ~vD = m 2 1 2 ~ (v + v )B × ∇B qB 3 k 2 ⊥ (33) ~ -Feld in Zylinderkoordinaten gerade gegeben durch Auÿerdem ist unser B ~ = B0 R0 ~eφ −→ ∇Bφ = −B0 R0 ~er Bφ r r2 ~ φ × ∇Bφ v Aus obigen Gleichungen sieht man, dass B (34) ~ez ist. q Das bedeutet, dass die Ladungen in unserem Torus getrennt werden, wodurch ein elektrisches Feld aufgebaut wird. Die~ ×B ~ -Drift, ses wiederum erzeugt einen E welcher die Teilchen raus aus unserem Torus befördert. Das heiÿt wir können mit einem rein toroidalen Magnetfeld kein Plasma einschlieÿen! Man stöÿt darauf, dass Abbildung 6: Drift im rein toroida- es zusätzlich nötig ist, eine poloidale Magnetfeldkomponente einzuführen. Diese belen Magnetfeld wirkt eine Kraft auf die Teilchen, welche quadratisch von der Ladung abhängt und damit werden Teilchen jeder Ladung in die selbe Richtung gedrückt. 8 Diese Richtung ist zum Plasmamittelpunkt. Die poloidale Komponente dient also dazu das Plasma zusammenzuhalten. Erzeugt wird sie durch einen Strom durch das Plasma selbst, welcher wiederum von äuÿeren Spulen im Plasma induziert wird. Kombiniert man beide Komponenten, führt uns dies zur sogenannten TokamakKonguration, wie sie in Abb.7 zu sehen ist. Dort ist schön zu sehen, dass die resultierenden Feldlinien aus beiden Komponenten verdrillt sind. Abbildung 7: Tokamak Eine weiter Konguration ist der sogenannte Stellerator. Bei diesem wird im Gegensatz zum Tokamak das nötige Magnetfeld komplett von auÿen erzeugt. Das heiÿt es ist kein Stromuss durch das Plasma nötig. Dadurch wird das Plasma stabiler. Ein Nachteil ist, dass die Anordnung der Spulen sehr kompliziert ist. In Abb.8 ist ein Stellerator mit modularen Spulen Abbildung 8: Stellerator mit modu- zu sehen. Diese Konguration ist nicht rolaren Spulen tationssymmetrisch, weshalb nur aufwendige numerische Simulationen die Berechnung derselben erlauben. 4 Energiegewinnung durch Kernfusion Bei Fusionsreaktionen, die in einem auf der Erde eingeschlossenen Plasma stattnden, verbleiben die erzeugten α-Teilchen auf Grund ihrer Ladung im Plasma und geben ihre Energie an selbiges ab. Gleichzeitig verliert das Plasma durch Bremsstrahlung und Transport nach auÿen Energie. Damit die Fusion selbsttragend wird, d.h ohne Zufuhr einer äuÿeren Energiequelle abläuft, muss also die Verlustleistung kleiner als die Heizleistung der α- Teilchen sein, also Pα ≥ Pv . Daraus ergibt sich das sogenannte Lawson-Kriterium für selbsttragende Fusionsreaktionen. Dieses lässt sich als ne τ T ≥ 2, 8 ∗ 1021 keV s m3 (35) schreiben. Dabei ist die linke Seite das sogenannte Fusionsprodukt, welches aus der Teilchendichte (ne ), der Temperatur (T) und der Einschlusszeit (τ ) besteht. Ist dieses Gröÿer als die Zahl auf der rechten Seite ist die Fusion (zumindest auf dem Papier) selbsttragend. Typische Werte für diese drei Gröÿen sind in T eilchen , τ ≈ 2s. aktuellen Fusionsplasmen T ≈ 100mioK, ne ≈ 1014 3 cm 9 Der heiÿeste Kandidat für eine Kernfusion auf der Erde ist die Reaktion von Deuterium mit Tritium, welche einen groÿen Wirkungsquerschnitt und einen hohen Massendefekt aufweist. Auÿerdem sind die beiden Wasserstosotope quasi unbegrenzt auf der Erde in Wasser und Lithium(daraus wird Tritium erbrütet) vorhanden. In der Sonne hingegen laufen vor allem Proton-Proton-Reaktionen ab. Diese weisen einen geringeren Wirkungsquerschnitt auf, was allerdings durch die längeren Reaktionszeiten in der Sonne (Mrd. Jahre) und wesentlich höhere Drücke (bis zu 200 Mrd bar) im heiÿen Sonnenplasma, dennoch zur Kernfusion führt. 5 Ausblick Das Fusionsprodukt ist ein wichtiger Indikator für den Fortschritt der Kernfusionsforschung. Es verdoppelt sich etwa jedes Jahr. Jedoch ist die grundsätzliche technische Machbarkeit der Kernfusion noch immer fraglich, weshalb aktuell zwei Groÿprojekte im Gange sind, welche die Machbarkeit der Kernfusion auf der Erde demonstrieren sollen. Diese sollen nun kurz vorgestellt werden. ITER ITER ist ein Reaktor vom Tokamak Typ der als gemeinschaftliches Projekt von China, der EU, Indien, Japan, Korea, Russland und den USA seit 1985 geplant wurde. Er wird voraussichtlich 2023 in Betrieb genommen und soll falls möglich die Rentabilität der Kernfusion zeigen, indem er zehn mal so viel Strom erzeugt, als zur Aufrechterhaltung der Fusion nötig ist. Wird dies erreicht, soll ab 2050 das Nachfolgeprojekt Demo Strom in die europäischen Netze einspeisen. Wendelstein 7-X Wendelstein 7-X ist eine Stelleratoranlage des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik und steht in Greifswald. Er ist aktuell der gröÿte Stellerator der Welt. Er wird seit 2014 in Betrieb genommen wobei 2015 das erste Wasserstoplasma erzeugt werden soll. Auch er dient nicht der Stromerzeugung, sondern soll lediglich die Machbarkeit der Kernfusion aufzeigen. 10 6 Quellen - Michael Kaufmann, Plasmaphysik und Fusionsforschung 2. Auage 2013, Springer Spektrum - John David Jackson, Klassische Elektrodynamik 5. Auage 2014, De Gruyter - Dieter Meschede, Gerthsen Physik 24. Auage 2010, Springer - Skript zur Plasmaphysik von Prof. Hartmut Zohm LMU München - Skript zur Plasmaphysik von Prof. Hans-Jörg Kull RWTH Aachen - Skript zur Elektrodynamik von Prof. Wolschin Universität Heidelberg - www.wikipedia.org - http://www.ipp.mpg.de/ Bildquellen Abb.1: Abb.2: Abb.3: Abb.4: Abb.5: Abb.6: Abb.7: Abb.8: Michael Kaufmann: Plasmaphysik und Fusionsforschung, 2.Auflage, Seite 253, Abb.12.5 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e2/Coulomb-Barriere.png Michael Kaufmann: Plasmaphysik und Fusionsforschung, 2.Auflage, Seite 12, Abb.1.8 Skript zur Plasmaphysik von Prof. Hartmut Zohm LMU München, Abb.5.2 http://www.ideen2020.de/wp-content/uploads/slideshow-gallery/6_Tokamak3D_30.png Skript zur Plasmaphysik von Hartmut Zohm LMU München, Seite 64, Abb.5.7 https://www.ipp.mpg.de/31937/standard_full.jpg http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/50 /Stellarator_modular_coils.png/220px-Stellarator_modular_coils.png 11