II. Lebensmittel und Bedarfsgegenstände Untersuchung

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II.
Lebensmittel und Bedarfsgegenstände
Untersuchung, Beurteilung und Überwachung
Prozentualer Anteil der Proben mit Verstößen
Proben
gesamt beanstandet
Zusatzstoffe
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
Zuckerwaren
2,4%
3,5%
5,6%
250
6
424
15
413
23
Fertiggerichte
6,7%
404
27
Obst und Gemüse
6,7%
1.893
127
Bedarfsgegenstände ohne Lebensmittelkontakt
8,3%
520
43
Kräuter und Gewürze
8,5%
211
18
Brühen, Suppen, Saucen
8,8%
399
35
599
56
Schokolade, Kakao u. Erz., Kaffee, Tee
9,3%
Nüsse, -erzeugnisse, Snacks
10,4%
211
22
Getreide und Backwaren
10,8%
1.421
153
357
59
829
144
Alkoholfreie Getränke
Alkoholische Getränke außer Wein
16,5%
17,4%
Eier und Eiprodukte
18,3%
218
40
Eis und Desserts
18,5%
3.026
559
Wein*
18,8%
6.111
1.149
545
106
913
190
2.829
619
2.128
509
506
142
305
92
695
248
25.207
4.382
Fette und Öle
Milch und Milchprodukte
19,4%
20,8%
21,9%
Fleisch, Geflügel, Wild und Erzeugnisse
23,9%
Andere **
28,1%
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere u. Erz.
30,2%
Kosmetika
35,7%
Lebensmittel für bes. Ernährungsformen
Proben insgesamt
0,0%
17,4%
5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% 40,0%
* Wein wird in Kapitel 5 beschrieben
** z.B. Mineralwasser/Tafelwasser, Trinkwasser, Fein- u. Rohkostsalate, Tabak, Honig, Brotaufstriche
Abb. 2.1: Übersicht über die 2003 untersuchten Proben und die Häufigkeit von Beanstandungen
12
Untersuchungsschwerpunkte und Schlaglichter des Jahres 2003
Schwerpunktuntersuchung geschlagene und flüssige
Sahne
2003 wurden insgesamt 70 Proben geschlagene Sahne
aus Bäckereien, Konditoreien und Eisdielen auf ihre
Qualität und mikrobiologische Kriterien zur Beurteilung
der Produktionshygiene untersucht. Nur 16 % dieser
Proben waren nach den Beurteilungskriterien der
Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
(DGHM) nicht zu beanstanden, bei 80 % der Proben
wurden Mikroorganismen in Mengen nachgewiesen, die
auf – in einzelnen Fällen erhebliche – hygienische Mängel
im Entnahmebetrieb schließen lassen: die Richtwerte der
DGHM für die Gesamtkeimzahl wurden 39 mal, für Coliforme Keime 46 mal und die für Pseudomonaden 48 mal
überschritten. Bei den meisten dieser Proben wurden
mehrere Parameter beanstandet.
Von den Molkereien wird die Sahne in hygienisch einwandfreier Beschaffenheit hergestellt. Dies wurde in allen
Fällen auch durch die begleitende Untersuchung der
flüssigen Sahne als Ausgangsmaterial bestätigt. Die festgestellten Probleme werden meist durch eine ungenügende Reinigung der zum Aufschlagen verwendeten
Sahneautomaten, häufig kombiniert mit einer ungenügenden Kühlung und zu langen Lagerung in diesen
Geräten verursacht.
Nur zwei der untersuchten Proben waren allerdings zum
Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher bereits verdorben, wiesen also bedingt durch die mikrobiologischen
Mängel auch Geschmacksfehler auf.
Die im Labor festgestellten Mängel sind für die vor Ort
zuständige Behörde Anlass für weitere Kontrollen und
die Belehrung der Betriebsverantwortlichen.
Erfreulich war trotz aller festgestellten hygienischen
Mängel: Krankheitserreger wie beispielsweise Salmonellen
oder Listerien wurden in keiner der Proben nachgewiesen.
Döner-Kebab-Kontrollen
Im Vergleich zu anderen Produktgruppen lag der Anteil
der beanstandeten Döner-Kebab-Proben mit 59 % sehr
hoch. Beanstandungsgründe bei dieser beliebten türkischen Spezialität sind vor allem Mängel bei der Zusammensetzung der Spieße.
Nach der Verkehrsauffassung besteht Döner-Kebab zwar
üblicherweise aus Rind- und/oder Schaffleisch (davon
mindestens 40 % Fleischscheiben). Zahlreiche Proben
wichen jedoch davon ab. Vor allem Spieße aus/mit Hühnerund/oder Putenfleisch sind zwar beliebt, bei einem Drittel
der Proben mit Geflügelfleisch fehlte jedoch die vorgeschriebene Kennzeichnung als „Geflügeldöner“. Bei
diesem Produkt wird in der Regel (wie beim Grillhähnchen)
die Geflügelhaut mitverarbeitet; deren Anteil sollte jedoch
den natürlichen Verhältnissen entsprechen.
Die (Mit-)Verarbeitung von Schweinefleisch wird zwar
überwiegend noch vom Hersteller deklariert (z.B. als
„Schweinefleisch-Spieß“), seltener jedoch bei der
Abgabe im Imbissbetrieb. Elf der untersuchten Proben
mussten diesbezüglich beanstandet werden. Dabei
widersprechen derartige Rezepturen nicht nur der Verkehrsbeschaffenheit sondern auch bestimmten religiösen Wertmaßstäben.
Weniger Proben als in den Vorjahren enthielten als Folge
einer unzureichenden Sortierung des Ausgangsmaterials einen zu geringen Magerfleischanteil bzw. überhöhte Bindegewebs- und/oder Fettgehalte. Bei fünf
Proben wurde der Hackfleischanteil jedoch durch
Stärke- oder Paniermehlzusätze „gestreckt“.
Die Mehrzahl der Imbissbetriebe, die Döner-Kebab
anbieten, beziehen die Drehspieße von spezialisierten
Herstellern. Dabei ist festzustellen, dass der vom Hersteller angebrachten Etikettierung oft die oben genannten Abweichungen zu entnehmen sind. Eine Weitergabe
dieser Information an den Endverbraucher, den Kunden
des Imbissbetriebes, findet jedoch häufig nicht statt.
Dies trifft in noch höherem Ausmaß für die bei der
Herstellung verwendeten kennzeichnungspflichtigen
Zusatzstoffe (insbes. Geschmacksverstärker) zu, die bei
acht Imbissbetrieben nachweisbar nicht angegeben
wurden.
Vereinzelt wurden auch mikrobiell verdorbene Spieße
festgestellt. Ursache hierfür ist der vom Durchmesser
des Spießes abhängige Temperaturverlauf: unter den
durcherhitzten graubraunen Randschichten befindet
sich im Zentrum des Spießes der noch rohe Kern. Als
besonders riskant sind die angegrillten, dann über Nacht
mehr oder weniger kühl gelagerten, tags darauf neu
gegrillten Spieße zu bewerten. Bei dieser Vorgehensweise können sich potentiell pathogene, sporenbildende
Mikroorganismen wie Clostridium perfringens entwickeln, welche auch in einer Probe in relativ hohen
Mengen (106 bis 107 Keime/g) nachgewiesen wurden.
Döner-Kebab-Spieße sollten daher am Tag des Aufsteckens vollständig abgebraten werden. Für mit/aus
Hackfleisch hergestellte Spieße ist dies spezialrechtlich
in der Hackfleisch Verordnung zwingend vorgeschrieben, auch hiergegen wurden zwei Verstöße ermittelt.
Salmonellen wurden bei zwei Spießen isoliert. Wenngleich diese Keime beim Grillen abgetötet werden, ist
dies doch ein Hinweis, dass bei Döner-Kebab besondere lebensmittelhygienische Sorgfalt vonnöten ist.
Überblick bei Fleisch- und Fleischerzeugnissen in
Fertigpackungen
Zu Beginn des Jahres 2003 häuften sich bei einem
Veterinäramt Verbraucherbeschwerden über einen
Hersteller von Frischfleischprodukten in Fertigpackungen. Laut Angabe der Verbraucher waren die Erzeug-
13
nisse bereits vor dem deklarierten Mindesthaltbarkeitsdatum verdorben. Daraufhin wurden gezielt diverse
Fertigpackungen Frischfleischproben wie Schweinebauch, Schweineleber, Rinderbeinscheiben u.ä. in der
Filiale der betroffenen Einzelhandelskette entnommen
und zur Untersuchung eingesandt. Neben einer Eingangsuntersuchung wurden jeweils Teilproben zur Überprüfung der angegebenen Mindesthaltbarkeitsfristen im
Labor kontrolliert gelagert und am Ende dieser Fristen
sowohl sensorisch (Aussehen, Geruch und Geschmack)
als auch mikrobiologisch untersucht. Mit Ausnahme
einer Probe zeigten alle Frischfleischproben am Ende der
Lagerung deutliche Abweichungen im Aussehen und
Geruch sowie hohe Keimgehalte und wurden beanstandet. Trotz einer nachfolgenden Betriebskontrolle
durch das zuständige Veterinäramt waren bei einer
erneuten Probenahme und Untersuchung wiederum
sechs von sieben untersuchten Frischfleischproben zu
beanstanden. Daraufhin wurde gegen die Verantwortlichen ein Verfahren eingeleitet.
Verbraucher muss seinerseits dafür sorgen, dass auch
während des Einkaufes die Kühlkette nicht unterbrochen
wird. Während der warmen Jahreszeit sind hierzu
Kühltaschen für Kauf und Transport erforderlich.
Dass dieser Vorfall leider kein Einzelfall war, zeigt die
Tatsache, dass im Berichtsjahr 18 % von 410 Proben
Fleisch- und Fleischerzeugnissen in Fertigpackungen,
bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum überprüft
wurde, beanstandet werden mussten. Diese Ergebnisse
zeigen eindrucksvoll die Probleme, die sich durch den
Verkauf von leicht verderblichen Lebensmitteln in
Fertigpackungen ergeben. Aufgrund geänderter Lebensgewohnheiten greifen viele Verbraucher immer häufiger
zu SB-Fertigpackungen, auch im Bereich von Frischfleisch und Wurstwaren. Der Wunsch möglichst den
gesamten Bedarf an unterschiedlichsten Lebensmitteln
bequem an einem Ort ohne zeitintensive Bedienung durch
Fachpersonal zu erwerben, führt dazu, dass das Produktangebot in diesem Segment immer mehr an Bedeutung
gewinnt. Dabei wird auch verstärkt eine weitgehend
küchenfertige Verarbeitung der Lebensmittel (zerlegen
in küchenfertige Teilstücke, würzen, marinieren, Aufschneiden von Wurstwaren etc.) nachgefragt.
Unter den Erregern von lebensmittelbedingten Durchfallerkrankungen sind Salmonellen und Campylobacter-Keime
die häufigsten bakteriellen Verursacher. Das bedeutendste
Reservoir dieser Keime sind landwirtschaftliche Nutztiere.
Salmonellen können nicht nur als Krankheitserreger bei
Durchfällen von Rindern und Schweinen festgestellt
sondern auch aus dem Darm klinisch gesunder Tiere
isoliert werden. Keime der Gattung Campylobacter sind
im Darmtrakt von Haus- und Wildgeflügel außerordentlich
häufig nachzuweisen.
Demzufolge konnten bei 2 - 5 % aller entsprechend im
Landesuntersuchungsamt untersuchten Rohfleischproben von Rind, Schwein oder Schaf und bei ca. 10 %
der Geflügelfleischproben Salmonellen isoliert werden.
Vereinzelt wurden Salmonellen auf der Schale oder aus
dem Inneren roher Eier nachgewiesen. Auch die weite
Verbreitung von Campylobacter in den Geflügelbeständen schlägt sich in Nachweisraten dieser Keime in
Geflügelfleisch nieder.
Beim lebenden Tier können zum Zeitpunkt der Schlachtung in der Muskulatur noch keine Keime nachgewiesen
werden. Durch den Schlachtvorgang und die weitere Verarbeitung kommt es aber unvermeidbar zu einer fortschreitenden mikrobiologischen Belastung des Fleisches
und der Fleischerzeugnisse mit Keimen, die einerseits
vom Tier selbst, andererseits aber auch aus der Mikroflora der Betriebe einschließlich des Personals stammen.
Um das Risiko bereits im Vorfeld der Lebensmittelgewinnung zu minimieren, werden zunehmend auch in den
Tierbeständen Kontrollmaßnahmen zur Eindämmung
pathogener Keime eingeführt. Dies betrifft vor allem die
durch ihre weite Verbreitung bzw. Pathogenität relevanten
Salmonellentypen S. typhimurium und S. enteritidis. Vor
dem Hintergrund der weiten Verbreitung dieser Keime ist
jedoch trotz der eingeleiteten Maßnahmen auch zukünftig
mit dem Vorkommen in rohem Fleisch und Eiern zu rechnen.
Durch die heutigen Strukturen in der Vermarktung mit
überregional arbeitenden Betrieben sind die Transportund Lagerzeiten zwischen den einzelnen Verarbeitungsschritten erheblich angestiegen. Die strikte Einhaltung
der Kühlketten ist zwingend erforderlich, um mikrobielle
Vermehrungsvorgänge und damit die Gefahr von Verderb
zu verhindern. Nur unter diesen Voraussetzungen sind
auch die herstellerseitig ohnehin schon lang deklarierten
Mindesthaltbarkeitsfristen überhaupt zu erreichen. Der
Auch das Angebot von Produkten wie z. B der „gereiften
Bratwürste nach Art einer Mettwurst“ ist als Antwort auf
die große Nachfrage nach möglichst lang haltbaren
Frischfleischerzeugnissen heraus entstanden. Bei dem
Erzeugnis, welches vom Verbraucher wie eine frische
Bratwurst zubereitet wird, handelte es sich jedoch nicht
um die „traditionelle frische Bratwurst“, wie sie mit einer
höchstens zweitägigen Verkehrsfrist in der Metzgerei
hergestellt wird, sondern um eine mit dem Konservierungsstoff Nitritpökelsalz und Starterkulturen stabilisierte
Wurst.
Salmonellen und Campylobacter in Lebensmitteln vom
Tier - Vorkommen und Beurteilung
Grundsätzlich sollten in verzehrsfertigen Lebensmitteln
Salmonellen nicht mehr vorhanden sein. Für erhitzte und
im weiteren hygienisch einwandfrei behandelte Lebensmittel kann diese Forderung sicher erfüllt werden. Bei ohne
Erhitzung hergestellten Rohwürsten (wie z. B. Salami),
Rohschinken oder aus Rohmilch hergestellten Milcherzeugnissen wird durch mikrobielle Reifung und Säuerung ebenfalls eine gute Produktsicherheit erreicht.
14
Bei Fleischerzeugnissen wird zudem noch Nitritpökelsalz
als Konservierungsstoff zugegeben sowie die Rohwürste
und Schinken getrocknet. Durch diese technologischen
Maßnahmen erhält man zum einen lagerfähige Erzeugnisse,
zum anderen wird dadurch gewährleistet, dass pathogene
Keime und Verderbserreger an der Vermehrung gehindert
werden und schließlich absterben.
Insbesondere bei rohen Lebensmitteln - wie z.B. (gewürztem) Schweinemett - stößt die Forderung nach Salmonellenfreiheit jedoch aufgrund der weiten Verbreitung dieser
Keime an ihre Grenzen. Bei einem Salmonellenfund in einem
derartigen Lebensmittel stellt sich daher die Frage der
rechtlichen Bewertung. Jeder, der Lebensmittel herstellt
und/oder in den Verkehr bringt, ist verpflichtet für eine
Minimierung der Belastung des Lebensmittel durch
pathogene Keime zu sorgen. Werden aus verzehrsfertigen
Lebensmitteln pathogene Keime isoliert, ist durch die
zuständige Behörde zu prüfen, inwieweit ein Verstoß gegen
die Sorgfaltspflichten des LMBG vorliegt.
Vor diesem Hintergrund der relativen Häufigkeit pathogener Keime werden zudem bei fertig verpackten Rohfleischerzeugnissen (neben Geflügelfleisch insbesondere
rohes Hackfleisch und Erzeugnisse daraus) durch die Hersteller in zunehmendem Maß Hinweise auf die mangelnde
Eignung zum Rohverzehr und auf die Notwendigkeit einer
ausreichenden Erhitzung angebracht.
Grundsätzlich sollte sich jeder Verbraucher bewusst sein,
dass auch bei sorgfältiger Gewinnung und Handhabung
das Vorkommen pathogener Keime in rohen Lebensmitteln
vom Tier nicht auszuschließen ist.
Neues zur Kennzeichnung von Fischen
Bisher genügte bei der losen Abgabe von Fischen die Angabe der Verkehrsbezeichnung, d.h. der angebotenen
Fischsorte oder -art, bei der Abgabe in Fertigpackungen
richtete sich – wie bei allen fertigverpackten Lebensmitteln – die Kennzeichnung nach den Bestimmungen der
Lebensmittel-Kennzeichnungs-Verordnung; zusätzlich zur
Verkehrsbezeichnung müssen hier Haltbarkeitsangaben,
Füllgewicht, Hersteller/Händler und bei zusammengesetzten Erzeugnissen eine Zutatenliste angegeben werden.
Nach der Neuregelung durch die EU-Verordnung Nr. 104/
2000 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation
für Erzeugnisse der Fischerei und Aquakulturen müssen
die Handelsbezeichnung, die Produktionsmethode und
das Fanggebiet bzw. das Herkunftsland angegeben
werden. Die Handelsbezeichnung geht aus einer von der
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung unter
Berücksichtigung der Festlegungen im Deutschen
Lebensmittelbuch erstellten Liste hervor. Dabei werden
Fische in der Regel nach ihrer Art bezeichnet (z. B.
„Kabeljau“), z.T. werden auch mehrere ähnliche Arten unter
einer Bezeichnung zusammengefasst (z. B. „Seehecht“;
unter diesem Begriff werden verschiedene Arten der
Gattung Merluccius aus dem Atlantik und Pazifik verstanden).
Hinsichtlich der Produktionsmethode wird zwischen gefangenen Fischen, Fischen aus der Binnenfischerei und
solchen aus Aquakultur unterschieden. Bei gefangenem
Seefisch muss das Fanggebiet (z. B. Nordostatlantik,
Mittelmeer, Pazifik usw.) angegeben werden, bei Erzeugnissen aus der Binnenfischerei und Aquakultur das
Herkunftsland. Diese Information ist bei der losen Abgabe
auf einem Schild bei der Ware anzugeben, bei fertigverpackten Erzeugnissen erfolgt die Angabe auf der Verpackung.
Von der Neuregelung sind nicht oder wenig bearbeitete
Fische und Fischereierzeugnisse (Frischfisch, gefrorener,
getrockneter, gesalzener und geräucherter Fisch) betroffen, sowie auch in gleicher Art bearbeitete und rohe
Krebs- und Weichtiere. Nach den Feststellungen des LUA
werden diese Informationen bisher insbesondere bei
frischem Fisch nur unzureichend an den Verbraucher
weitergegeben. Von 157 Frischfischeinsendungen fehlte
bei 31 Proben diese Kennzeichnung ganz oder war
unvollständig. Vor allem bei loser Ware war häufig ein
völliges Fehlen dieser Informationen festzustellen. Dem
gegenüber waren bei Fischereierzeugnissen (vor allem
Räucherfisch) mit einem höheren Anteil fertig verpackter
Ware von 103 kennzeichnungspflichtigen Erzeugnissen
nur acht wegen mangelhafter Umsetzung der Fischetikettierungsvorgaben zu beanstanden, bei den Krebsen
und Weichtieren von 47 Erzeugnissen nur drei Produkte.
Überraschung im Kräutertee
Manch einer, der sich nicht wohlfühlt, trinkt gerne eine
Tasse Kräutertee. Auch Säuglinge und Kleinkinder bekommen oft Tees, die zum Beispiel Fenchel oder Anis enthalten. Wer denkt schon beim Anblick der sauberen Teebeutel, die er wohlmöglich noch in der Apotheke gekauft
hat, an Salmonellen und andere schädliche Bakterien. Im
Landesuntersuchungsamt wurden 42 Proben Kräutertee
auf das Vorhandensein von Salmonellen untersucht. In
zwei Fällen wurde Salmonella Agona nachgewiesen. „Heißt
das jetzt etwa, dass man nicht mal mehr Kräutertee trinken kann, ohne krank zu werden?“ wird mancher jetzt
vielleicht denken.
Was ist passiert?
Wie kam es dazu, dass ausgerechnet Kräutertee untersucht wurde? Salmonellen erwartet man doch eher in
Fleisch, Eiern und anderen tierischen Produkten!
Hierzu muss man wissen, dass Durchfallerkrankungen
meldepflichtig sind, das heißt ein Arzt oder ein Labor
müssen dem örtlichen Gesundheitsamt mitteilen, wenn
bestimmte Erkrankungen oder Krankheitserreger bei
Menschen nachgewiesen werden. Die Meldungen werden
vom Landesuntersuchungsamt gebündelt und an das RKI
in Berlin übermittelt. Die beteiligten Stellen beobachten,
ob einzelne Krankheiten besonders häufig auftreten. Das
Ziel ist hierbei, eine Massenerkrankung schnellstmöglich
15
in den Griff zu bekommen, und die Zahl der Erkrankten zu
begrenzen. Anfang 2003 fiel auf, dass in einem kurzen
Zeitraum 20 Fälle (10 mal soviel wie im gleichen
Vorjahreszeitraum) von Salmonella Agona bei kleinen
Kindern gemeldet wurde (siehe Abb. 2.2). Im Mai 2003
informierte das RKI über eine Häufung von Erkrankungen
durch Salmonella Agona bei Kindern unter einem Jahr. Zu
diesem Zeitpunkt wurde bereits eine systematische
Befragung der betroffenen Familien durchgeführt. Hierbei
wurde herausgefunden, dass die Mehrheit der erkrankten
Säuglinge Milchpulver und Fenchel-Anistee-Mischungen
bekommen hatte. Und tatsäch lich konnten zwei
Anisproben ausgemacht werden, in denen der gleiche
Krankheitserreger enthalten war. Im folgenden wurden in
mehreren anderen Kräutertees Salmonellen nachgewiesen.
25
20
15
10
5
0
Okt
Nov Dez
Jan
2001/2002
Feb Mär
A pr
Mai
2002/2003
Abb. 2.2: Häufigkeit der Meldungen von
Salmonella Agona
Was ist zu tun? – Die Teezeremonie!
Jeder würde sich scheuen, einem Säugling Obst oder
Gemüse zu geben, das zuvor nicht abgekocht wurde.
Bei dem hübsch sauber verpackten Kräutertee ist das
aber vielleicht etwas Anderes. Da nimmt man für den
Kindertee warmes Wasser - die Kleinen sollen sich ja
nicht verbrennen – und schnell gehen muss es auch.
Das Erhitzen in der Mikrowelle ist ebenso beliebt aber
dennoch ungeeignet solange das Wasser nicht sicher
zum Kochen kommt.
Offensichtlich können Salmonellen den Herstellungsprozess von Kräutertees überleben. Das Ergebnis
ist dann ein vielleicht sogar schmackhafter aber mit
Bakterien verunreinigter Tee.
Gesunde Erwachsene können diesen Tee wahrscheinlich gefahrlos trinken. Kinder können es
offensichtlich nicht. Dabei reicht die Benutzung von
kochendem Wasser für den Tee aus, um Salmonellen
abzutöten.
Also gilt die Regel:
Zur Zubereitung von Tees immer kochendes Wasser
einsetzen!
Transfettsäuregehalte in Fetten, Ölen, Margarine:
Gesundheitlich relevant?
Transfettsäuren entstehen insbesondere bei der Fetthärtung, in geringerem Ausmaß aber auch beim Erhitzen.
Sie sollen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen u.a. das
Risiko von Herz-/Kreislauferkrankungen erhöhen. Daher
wurde bei der Untersuchung von Pflanzenölen, Bratfetten
und –cremes sowie Margarine ein besonderes Augenmerk
auf den Gehalt an Transfettsäuren gelegt.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die fettverarbeitende
Industrie auf die gesundheitlichen Anforderungen reagiert
hat, indem sie offensichtlich wesentlich schonendere
Hydrierungsverfahren anwendet. Selbst in Sonnenblumenmargarinen, welche noch vor wenigen Jahren Gehalte von
10 bis 20 % aufwiesen, bestimmt das LUA 4 % Transfettsäuren im Fettanteil.
Bei den Speiseölen war die Situation noch besser: hier
waren die Gehalte bei den raffinierten Pflanzenölen wesentlich geringer. Bis auf einige Sonnenblumenöle, welche zur
Verhinderung des Bitterwerdens im Anschluss an den
Pressvorgang „gedämpft“ werden, enthielten die kaltgepressten Öle erwartungsgemäß Transfettsäuren nur in
Spuren.
Anders mag es bei Frittierfetten aussehen. So war uns ein
halbflüssiges Frittieröl durch seinen besonders hohen
Rauchpunkt von 264 °C aufgefallen. Es enthielt prompt
eine größere Menge an Transfettsäuren, nämlich rund
12 %. Mit einer Portion Pommes frites von 125 g isst man
so gut 2 g Transfettsäuren mit. Eine noch nicht besorgniserregende Menge, wenn es bei dieser einen
Portion bleibt und über andere Lebensmittel wie Margarine
keine wesentlichen Mengen hinzukommen. Als gesundheitlich unbedenklich gilt eine tägliche Menge von 3 g.
Grund genug, dass wir industriell verwendete Frittierfette
intensiver untersuchen werden.
Das Ergebnis der Untersuchung von AnfangsMilchnahrung für Säuglinge auf ihren Gehalt an Transfettsäuren gibt keinen Grund zur Beunruhigung: nur in
einer der 12 Proben enthielt das Fett wenig mehr als 1%
Transfettsäuren.
Frittierfette, ein ständiges Überwachungsthema
Von 194 gebrauchten Frittierfetten wurden 74
(= 38,1 %) wegen Verdorbenheit beanstandet.
Neben der sensorischen Abweichung waren hierfür
insbesondere die Gehalte an polaren Anteilen maßgeblich, die eine oxidative Veränderung des Fettes auf Grund
einer längeren hohen thermischen Belastung anzeigen.
Nach Stellungnahmen des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des BgVV
aus den Jahren 1991 und 1998 sollte ein Wert von 24 g
polare Anteile pro 100 g Fett nicht über-schritten werden.
Nach unseren Untersuchungsergebnissen lagen die Werte
für die polaren Anteile bei 22 % der Proben über 30 % und
bei 7 % der Proben sogar über 40 %.
16
Die seit Jahren hohe Beanstandungsquote bei gebrauchten Fritierfetten ist zum einen Folge einer
Selektion durch geschulte Lebensmittelkontrolleure/
innen, die eine Vor-Ort-Testung vornehmen und häufig
Verdachtsproben einsenden; zum andern zeigt es die
Notwendigkeit, diesen Bereich weiterhin gründlich zu
kontrollieren und zu beproben.
Jahr
Anzahl Proben
Anzahl
gebr.
beanstandeter
Frittierfette
Proben
Beanstandungen
in %
2000
181
45
25
2001
172
92
53
2002
159
62
39
2003
194
74
38
Tab. 2.1: Beanstandete Frittierfette 2000-2003
Spirituosen, alles nur noch Alk und Pop?
2003 wurden gezielt so genannte Alkopops untersucht.
Alkopops können kurz als alkoholhaltige Limonaden
in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und mit
unterschiedlichen Zusätzen charakterisiert werden.
Während in den früheren Jahren die Geschmacksrichtung „sauer“ vorherrschte, werden mittlerweile
zum Teil sehr fantasievolle Kombinationen angeboten, die aufgrund ihrer Aufmachung und Verpackungsgröße vor allem Jugendliche ansprechen.
Beispiele hierfür sind Mischungen mit Energy-Drinks
und dem Szene-Getränk Absinth sowie mit dem
Zusatz von Vitaminen.
Von den 59 untersuchten Proben wurden 34 Proben
u.a. beanstandet wegen
-
fehlender Kenntlichmachung bestimmter
Zusatzstoffe
-
Kennzeichnung ausschließlich in französischer bzw. einer anderen nicht leicht
verständlichen Sprache
-
Hinweisen auf ihren Energiegehalt ohne
Kennzeichnung der damit verbundenen
Angaben nach der
Nährwertkennzeichnungs-Verordnung-
-
Zusatz von Vitaminen ohne die damit
erforderlichen weiteren Angaben
schlechter Lesbarkeit vorgeschriebener
Angaben.
Die Getränkegruppe, die vorwiegend von Jugendlichen konsumiert wird, ist sehr umstritten, da ihr
Alkoholgehalt durch den hohen Zuckergehalt, die z.T.
-
starke Aromatisierung und auch durch den Gehalt an
Kohlensäure nicht wahrgenommen wird. Eine Flasche mit 275
ml enthält etwa soviel Alkohol wie zwei Gläser „Schnaps“ mit
40 % Vol. oder eine Flasche Bier.
Um Jugendliche vom Kauf abzuhalten, ist u.a. eine Sonderabgabe von 83 Cent je Flasche ab 01.07.2004 geplant. In
Frankreich, wo diese Maßnahme seit 1997 greift, sind
Alkopops mittlerweile fast ganz vom Markt verschwunden.
Wohlbefinden und Sorgenfreiheit durch Arzneimittel ?
Frei verkäufliche Arzneidrogen wie Ginseng und Ginkgo biloba
sind durch Presse und Fernsehwerbung dem Verbraucher wohl
bekannt. Ihre Wirkungen werden häufig nicht exakt genannt,
sondern eher pauschal mit „Stärkung“ oder „Steigerung des
Wohlbefindens“ umschrieben.
Diese positive Belegung beim Verbraucher nutzen nun vermehrt Hersteller von „Wellness-Tees“ und ähnlichen Produkten. Auch wenn in manchen Fällen die Zusätze so gering sind,
dass ein pharmakologischer Effekt nicht mehr zu erwarten ist,
muss das Prinzip gelten: Arzneimittel gehören nicht in
Lebensmittel.
Gleiches gilt für Kräutermischungen aus der ayurvedischen
Medizin mit Arzneidrogen wie Johanniskraut oder Weißdorn.
„Medizin“ ist nun einmal kein Lebensmittel.
Zehn Teemischungen, vom „Wellness“ über den „Schlaf gut“
bis zum „Himmlischen Glückstee“ wurden wegen Beimischung von Arzneidrogen beanstandet.
Mittagsmahlzeiten in Kindergärten und Verpflegung in
Altenheimen sind oft unausgewogen!
Mit dem vermehrten Angebot von Tagesplätzen in Kindergärten wächst auch die Notwendigkeit, die Kleinen zu
verpflegen. Immer häufiger werden in solchen Tagesstätten
warme Mahlzeiten selbst zubereitet oder aus CateringBetrieben aufgewärmt. Für viele Kinder ist dies oft die einzige
warme Mahlzeit am Tag. Umso wichtiger ist es, dass diese
Mahlzeiten dann ausgewogen sind und die wichtigsten
Nährstoffe in ausreichender Menge enthalten. Dies ist leider
nicht immer der Fall: bei 5 von 12 Mahlzeiten lag der für das
Knochenwachstum so wichtige Calciumgehalt unter 40 % der
empfohlenen Dosis. Ein Drittel der Proben war zu fett, und je
ein Viertel hatte zu wenig Eisen oder war zu salzig. Das
Landesuntersuchungsamt setzt bei seinen Untersuchungen
auf Aufklärung und Beratung.
Bewohner von Altenheimen sind häufig alleine auf das
Verpflegungsangebot des Heimes angewiesen. Es ist daher
besonders wichtig, dass diese Verpflegung ausgewogen ist,
und dies gilt ganz besonders für Diabetiker, die häufig
Übergewicht haben und brennwertreduzierte Kost erhalten.
Mehr als die Hälfte der 30 Proben entsprach nicht den
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung:
jeweils 15 Tagesrationen waren zu fett, enthielten zu wenig
17
der für alte Menschen so wichtigen Vitamine A und
Folsäure sowie Magnesium. Etwa ein Drittel der Proben
war zu arm an Calcium und Eisen. Im Zeitalter der EDV, in
dem maßgeschneiderte Software die vordem mühevolle
Speiseplanung erleichtern kann, sollte dies nicht mehr
vorkommen.
Nahrungsergänzungsmittel:
Bei „neuen Vital- und Wirkstoffen“ ist der kritische
Verbraucher gefragt!
Ernährt man sich mit einer abwechslungsreichen Mischkost ist eine „Ergänzung“ im Grunde nicht nötig, so sagt
es uns auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.
Ergänzende bilanzierte Diäten, die neuartige Behandlung
von Krankheiten mit Lebensmitteln
Krankheiten können zu einem spezifischen Ernährungserfordernis führen. So sollen z.B. rheumatische Beschwerden
durch zusätzlichen Verzehr von Fischöl, das reich an sog.
Omega-3-Fettsäuren ist, gemildert werden. Damit wird
Rheuma durch eine spezielle Diät zwar nicht geheilt, doch
immerhin behandelt.
Die Diät-Verordnung stellt an solche speziellen diätetischen Lebensmittel hohe Anforderungen: Es müssen
eine Krankheit oder krankhafte Beschwerden vorliegen,
die zu einem besonderen Ernährungsbedürfnis führen,
welches nur mit der ergänzenden bilanzierten Diät gedeckt
werden kann. Wenn man denselben Zweck mit „normalen“
oder anderen diätetischen Lebensmitteln auf einfache
Weise erfüllen kann, bedarf es keiner ergänzenden bilanzierten Diät.
Gleichwohl schwappt eine Flut neuer ergänzender bilanzierter Diäten über Apotheken, Drogerien, Reformhäuser,
aber auch über den Einzelhandel auf den Markt. Angeboten werden Erzeugnisse gegen „Amalgamvergiftungen“, unspezifische Kinderkrankheiten, zur Stärkung
des Immunsystems oder Vorbeugung von Mangelerscheinungen, zum Abbau von Stress bis hin zur Behandlung von Prostatakrebs. Eine wesentliche Ursache für
dieses „Chaos“ ist die Tatsache, dass neue Produkte beim
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lediglich angemeldet werden müssen, eine
Prüfung erfolgt dabei nicht. Haben sie sich einmal über
den Handel verbreitet, ist es sehr schwer, der Flut irreführender oder unzulässigerweise krankheitsbezogen
beworbener Produkte Herr zu werden.
Vier besonders dreist und irreführend beworbene Produkte
wurden beanstandet, darunter ein Mittel, das Krebskranken bei Chemo- und Strahlentherapie helfen sollte,
gleich welcher Krebs, welches Medikament, Strahlenquelle und -Dosis vorliegt, ein unverantwortlicher Umgang
mit den Ängsten Schwerstkranker!
Abb. 2.3: Nahrungsergänzungsmittel
Wer dies aber aus irgend welchen Gründen nicht kann
oder fürchtet, dennoch Defizite zu haben, mag getrost
nach Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen greifen. Dabei sollte man
allerdings sehr kritisch sein, wie die sehr hohe Beanstandungsquote von über 70 % (229 von 317 Proben) zeigt:
Thermogenics, die mit Zutaten wie Ephedrin, Coffein,
jodhaltigen Algen die Schilddrüsenfunktion und dadurch
den Grundumsatz „anheizen“, damit ohne körperliche
Anstrengung Fett „verbrannt“ wird, dienen nicht der
Ernährung; es sind nicht zugelassene Arzneimittel.
Vorsicht ist auch geboten bei „Kalorienblockern“, die eine
Verwertung der Nahrung verhindern, oder bei Enzymen,
die das Fett einfach „wegschmelzen“ sollen. „Schmelzen“
wird lediglich der Inhalt des Geldbeutels, insbesondere
wenn man dem Verkäufer von „Kohlsuppenkapseln“
glaubt, man könne damit in kürzester Zeit sein Übergewicht
loswerden. Die Hoffnung, schlank und schön zu werden,
macht offensichtlich viele Verbraucher blind und kritiklos.
Kritisch zu hinterfragen sind auch Präparate mit Isoflavonen aus Soja oder Rotklee mit (angeblich) phytoöstrogener Wirkung, die Frauen die Wechseljahre leichter
durchleben lassen sollen. Wenn diese Wirkungen tatsächlich eintreffen, handelt es sich nicht um Lebensmittel
sondern um Arzneimittel.
Gleiches gilt für Extrakte der grünlippigen Meeresmuscheln mit Glucosaminen und Chondroitin, die bereits
vor 25 Jahren als nicht zugelassene Arzneimittel aus dem
Verkehr genommen wurden und nun wieder als „Nahrungsergänzung für gesunde Gelenke“ auftauchen. Die
Wirkung bleibt weiterhin zweifelhaft.
18
Bis vor einigen Jahren wurde der aus den Blättern gepresste Saft der „Kaiserin der Heilpflanzen“ – Aloe vera –
arzneilich (z.B. als Abführmittel) oder kosmetisch verwendet. Nun wird der Saft - vom abführenden Aloin befreit
- als Wunder vollbringendes Getränk angepriesen: Vom
Wohlbefinden über die Heilung von Krankheiten bis zur
Erlangung der ewigen Jugend und Gesundheit reichen
die Werbeversprechungen. Tatsache ist aber, dass viele
der allerorts beworbenen 200 - 300 „Nähr- und Vitalstoffe“
nicht oder allenfalls in Spuren enthalten sind.
Vorsicht geboten ist auch bei „Pflanzenextrakten“, in
welchen „Bioflavonoide“, „Anthocyane“, „Lycopin“ oder
„Lutein“ angereichert wurden. Diese so genannten sekundären Pflanzenstoffe werden mit Lebensmitteln wie Obst
oder Gemüse verzehrt und haben dabei möglicherweise
einen gesundheitlichen Nutzen. Es ist aber noch nicht
bekannt, welche Wirkungen und möglicherweise auch
Nebenwirkungen von diesen Stoffen ausgehen, wenn sie
isoliert und konzentriert mit Nahrungsergänzungsmitteln
verzehrt werden. Nach derzeit geltendem Lebensmittelrecht sind sie als nicht zugelassene Zusatzstoffe zu
beurteilen, wie das OLG Koblenz im Falle von Lycopin
eindrucksvoll bestätigt hat.
Im Frühjahr 2003 ging ein zehn Jahre dauerndes Katz- und
Maus-Spiel zwischen einem Importeur von so genannten
Nahrungsergänzungen und der Lebensmittelüberwachung zu Ende. 25 nicht zugelassene Arzneimittel (sämtlich
als Nahrungsergänzungsmittel „getarnt“) und 22 Nahrungsergänzungsmittel mit nicht zugelassenen Zusatzstoffen hatten die Beschuldigten über Jahre hinweg in
den Verkehr gebracht und hierbei mit beachtlicher
krimineller Energie immer wieder die Lebensmittelüberwachung „umgangen“. Das Landgericht Bad Kreuznach
verurteilte sie nun (rechtskräftig) zu Freiheitsstrafen, die
zur Bewährung ausgesetzt wurden und setzte in seiner
Entscheidung Maßstäbe für die Abgrenzung der Lebensmittel von den Arzneimitteln, insbesondere auch was
hochdosierte Vitaminpräparate anbelangt: Erzeugnisse, die
Vitamine in solchen Dosen enthalten, wie sie bei Arzneimitteln zur Therapie von Krankheiten zugelassen wurden,
können keine Lebensmittel sein, es sind Arzneimittel.
An Bedeutung gewonnen hat die Zusammenarbeit mit dem
Zoll, der immer wieder Warensendungen prüft und bei der
Frage „Lebensmittel oder Arzneimittel“, „verkehrsfähig
oder nicht“, vermehrt das Landesuntersuchungsamt um
Rat bittet. Die Beanstandungsquote ist auch hier sehr
hoch.
Die „schwarzen Schafe“ lernen aber auch dazu: die
Vertriebswege werden immer undurchsichtiger, und
schließlich ist der schwunghafte Handel über das Internet
schwer zu überwachen. Dem Verbraucher muss deutlich
gemacht werden, dass die Bestellung im Internet ein
riskanter Griff in eine „Black Box“ sein kann. „Wundermittel“ gibt es nur im Märchen oder bei Dr. Eisenbarth.
Lebensmittel-Bestrahlung:
Erfreuliche Untersuchungsergebnisse
Auch im Jahr 2003 wurde eine Vielzahl von Proben auf
eine Behandlung mit ionisierenden Strahlen überprüft. In
Deutschland ist lediglich die Bestrahlung von Gewürzen
und Kräutern zulässig. Eine Kenntlichmachung durch den
Wortlaut „bestrahlt“ oder „mit ionisierenden Strahlen
behandelt“ ist in diesen Fällen erforderlich.
Augenmerk wurde bei den Untersuchungen auch auf
teeähnliche Erzeugnisse sowie auf Nahrungsergänzungsmittel wie z.B. Spirulina-Kapseln gelegt. Anlass hierfür war
ein Bericht der Europäischen Kommission, wonach bei
solchen Produkten in Großbritannien ein positiver
Bestrahlungsbefund ermittelt wurde.
Alle untersuchten 141 Proben waren unbestrahlt.
Dieses erfreuliche Ergebnis ist auch darauf zurückzuführen, dass in Rheinland-Pfalz seit 1992 umfangreiche
Untersuchungen auf eine unzulässige Strahlenbehandlung mittels Thermolumineszenz-Analyse, Elektronenspinresonanzspektroskopie (ESR) und Gaschromatographie gekoppelt mit der Massenspektrometrie (GC/MS)
durchgeführt werden.
Gentechnisch veränderte Bestandteile in bestimmten
Mais- und Sojaprodukten häufig nachweisbar, aber in
sehr geringen Mengen
Soja: 131 meist sojahaltige Proben wurden auf gentechnisch veränderte „Roundup Ready“-Soja untersucht.
Kennzeichnungspflichtige Mengen (> 1 %) waren in keiner
Probe nachweisbar. 16 % der Proben wiesen meist sehr
geringe Mengen bis zu 0,1 % (bezogen auf die Sojazutaten)
auf. Auch Säuglingsnahrungen auf Basis von
Sojaprotein-Isolat und andere Lebensmittel mit Sojaprotein-Isolat wie Sportler- oder Aufbaunahrungen waren
davon betroffen.
Fünf von sieben Proben Maismehl bzw. Maisgrieß wiesen
Soja-Spuren auf, eine davon enthielt auch gentechnisch
veränderte „Roundup Ready“- Soja. Eine Kontamination
in einer Mühle als Ursache ist naheliegend. Auch in zwei
Proben ganzer Maiskörner zur Herstellung von PopcornMais waren sehr geringe Spuren von „Roundup Ready“Soja nachweisbar. Denkbar ist hier eine Kontamination
während des Anbaus (Pollenflug), des Transports (Schiffe,
Waggons, Container, Säcke), des Umschlags im Hafen
(Soja staubt sehr stark) oder der Reinigung der Maiskörner
in der Mühle.
Mais: Gentechnisch veränderter Mais war seltener
nachweisbar: 11 von 76 Proben (14 %) wiesen Spuren von
gentechnisch verändertem Mais auf, wobei alle Gehalte
meist deutlich unter 0,1 % lagen. Bei den positiven
Probenhandelte es sich vor allem um Maismehle und
Maisgrieße. Eine Kontamination in einer Mühle ist
naheliegend.
19
Bio-Produkte: 61 der 195 untersuchten Proben waren als
Bio-Produkte gekennzeichnet. Davon enthielten fünf
Proben (8 %) Spuren gentechnischer Veränderungen, die
jedoch durchweg deutlich unter 0,1 % lagen. Dagegen
wiesen 20 % der Nicht-Bio-Produkte Spuren gentechnischer Veränderungen auf (jeweils meist unter 0,1 %).
Mit „ohne Gentechnik“ gekennzeichnete Produkte: Eine
Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ wiesen 13 der
untersuchten Proben auf (7 %). Davon enthielten zwei
Proben sehr geringe Spuren (deutlich unterhalb von
0,1 %) von „Roundup Ready“ - Soja. Solche unbeabsichtigten und unvermeidbaren Spuren sind auch bei
Lebensmitteln, die eine „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung aufweisen, zu dulden.
Belasten unsere Lebensmittel den Verbraucher mit
Arzneimittelrückständen - wie wird kontrolliert?
In den letzten zwei Jahren standen „neue Wege“ der
Entstehung von Arzneimittelrückständen in Lebensmitteln im Mittelpunkt der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die Suche gilt heute nicht mehr nur dem
vereinzelten Verstoß durch die Nichteinhaltung von
Wartezeiten oder die Anwendung nicht zugelassener
Substanzen (Rückstände im „klassischen“ Sinn). Vielmehr
richtet sich der Fokus auf die Aufdeckung der „Kontamination“ von Lebensmitteln auf allen Ebenen der
Vermarktung vom Primärerzeuger bis zur Verarbeitung.
Hier gilt es besonders die vermeidbare Verschleppung von
Arzneimittelkomponenten aus Arzneifuttermitteln bei der
Futtermittelmischung und –herstellung oder den Einsatz
nicht erlaubter Fütterungsarzneimitteln (besonders in nicht
EU-Staaten) aufzuspüren. Die Analysen in diesem
Zusammenhang werden im unteren Spurenbereich
durchgeführt, da für die verbotenen Substanzen das
Prinzip der Nulltoleranz angewandt wird.
Bei der routinemäßigen Untersuchung von Eiern wurden
in Deutschland Ende 2003 Rückstände des Kokzidiostatikums Lasalocid nachgewiesen. Bei der Haltung großer
Geflügelbestände ist es notwendig, als Vorkehrung gegen
Darmparasiten in einem definierten Zeitraum während der
Aufzucht Antikokzidia/Kokzidiostatika einzusetzen. Ein
strenges Fütterungsschema soll sicherstellen, dass
Rückstände nicht in Eier und Fleisch gelangen. Durch die
Untersuchungen der Eier wurde aufgedeckt, dass das
bisherige System der Futtermittelüberwachung nicht in
jedem Fall eine Verschleppung an z.B. Lasalocid in
Futtermittel für Legehennen ausschließen konnte, da die
bei der Futtermittelüberwachung an gewendeten
Untersuchungsmethoden nicht ausreichend empfindlich
genug arbeiteten. Bei der Herstellung von Legehennenfutter waren nicht entdeckte Restgehalte aus der
vorhergehenden Produktion Lasalocid haltigen ArzneiFuttermittels verschleppt worden. Die daraufhin
eingeleitete Untersuchung von exemplarischen Betrieben
in Rheinland-Pfalz führte in vier Fällen zum Nachweis von
Lasalocid in Spuren und einer vorsorglichen Sperrung der
Bestände. Alle Bestände hatten Futtermittel derselben
Futtermühle erhalten. Nachdem neue Futtermittelchargen
ausgeliefert und verfüttert wurden, konnte die Rückstandsfreiheit durch Nachuntersuchungen belegt werden.
Da es sich um sehr geringe Konzentrationen gehandelt
hat, bestand zu keinem Zeitpunkt eine akute Gefährdung
für den Konsumenten.
Der intensive Einsatz von Antibiotika in Aquakulturen hat
die EU zeitweise zu einer generellen Untersuchungspflicht für bestimmte Erzeugnisse bei der Einfuhr
veranlasst. Mit dem Flughafen Hahn erwächst dem Land
Rheinland-Pfalz eine besondere Verantwortung, da er de
facto eine „EU-Außengrenze“ darstellt. Die Aquakultur
als eine spezielle Form der Massentierhaltung führt zu
einem erheblichen Einsatz von Arzneistoffen und bei nicht
korrekter Anwendung zu zum Teil erheblichen Rückständen im Enderzeugnis. Das LUA hat im Berichtszeitraum in regelmäßigen Abständen z.B. Nilbarsch-,
Wels- und Flusskrebsfleisch aus Uganda, Australien oder
Armenien auf Rückstände an Chloramphenicol und
Nitrofuranmetaboliten untersucht. Nachweise wurden
2003 erfreulicherweise nicht geführt.
Zwar wurden 2003 insgesamt keine für den Verbraucher
relevanten Gefährdungen aufgedeckt, die abschreckende Wirkung regelmäßiger Stichprobenkontrollen muss
jedoch als sehr hoch eingeschätzt werden.
Pestizide: bei 3,8 % der über 1.000 untersuchten Proben
lagen die Gehalte über dem Grenzwert
Das Landesuntersuchungsamt prüft Obst und Gemüse
auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln (Fungizide,
Insektizide, Herbizide). Es erfüllt damit, zusammen mit den
Dienststellen der amtlichen Lebensmittelüberwachung vor
Ort, den gesetzlichen Auftrag, durch Stichprobenuntersuchung darüber zu wachen, dass die Grenzwerte (=
Höchstmengen) der Rückstandshöchstmengenverordnung eingehalten werden. Dabei handelt es sich um
geringe Mengen der Pflanzenbehandlungsmittel, die nach
Anwendung unter Einhaltung der Guten Landwirtschaftlichen Praxis (GLP) im Endprodukt noch enthalten
sein dürfen.
Primär tragen dafür die Erzeuger, Groß- und Einzelhändler
die Verantwortung, die durch Eigenuntersuchungen im
Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht darauf zu achten haben,
dass die Grenzwerte für Rückstände eingehalten sind.
Mit aufwändigen Analysenverfahren wurden 1.087
Stichproben aus dem Groß- und Einzelhandel auf eine
breite Palette zugelassener und nicht zugelassener
Wirkstoffe untersucht. Damit liegt Rheinland-Pfalz über
dem bundesweiten Durchschnitt der pro Einwohner auf
Pestizide untersuchten Proben.
Rückstände wurden bei Frischobst in 77 % und bei Gemüse
in 50 % der Proben nachgewiesen. Höchstmengenüber-
20
schreitungen führten in 5,1 % der untersuchten Gemüseproben, in 2,1 % bei Obst und 5,5 % bei Obsterzeugnissen
zu Beanstandungen. Besonders negativ fielen bei den
Gemüseerzeugnissen die Weinblätter auf. Die Beanstandungsquote lag hier bei 54%. Schwerpunkt der
insgesamt 41 Höchstmengenüberschreitungen waren
neben vier Proben Kopfsalat vier Proben Rucolasalat und
sieben Proben Weinblätter. Zum Jahresende hin wurden
in deutschem Kopf- und Feldsalat für diese Kulturen nicht
zugelassene Wirkstoffe nachgewiesen und beanstandet.
Im Rahmen von Sonderprogrammen wurden verstärkt
Waren, die saisonbedingt in erheblichem Umfang umgesetzt werden, untersucht. Es handelte sich dabei um
Früherdbeeren, Gemüsepaprika und Tafeltrauben. Die
Belastung von Tafeltrauben über Gemüsepaprika zu Früherdbeeren nahm ab. Wurden in den Proben Rückstände
nachgewiesen, so waren es in zwei Drittel der Fälle mehr
als zwei Wirkstoffe. Die Beanstandungsquote fiel insgesamt niedrig aus. Dem Anspruch des Verbrauchers, im
Beanstandungsfall noch Maßnahmen vor dem Abverkauf
der Ware ergreifen zu können, kann in Anbetracht des
schnellen Warenumschlags bei Obst und Gemüse in nur
wenigen Tagen nur selten entsprochen werden.
Acrylamid – Minimierungskonzept zeigt erste
Erfolge
Im Frühjahr 2002 wurde erstmals bekannt, dass beim
Braten, Backen und Frittieren von gewissen stärkehaltigen
Lebensmitteln Acrylamid entstehen kann. Der Stoff löst
im Tierversuch Krebs aus. Mit großer Wahrscheinlichkeit
gilt das ebenfalls für den Menschen.
Da der Signalwert kein rechtsverbindlicher Grenzwert ist,
wird die Verkehrsfähigkeit der betroffenen Erzeugnisse
allerdings nicht berührt.
2003 wurden ca. 280 Proben aus Handel und Gastronomie
auf Acrylamid untersucht. Eine Übersicht über die
schwerpunktmäßig untersuchten Lebensmittel gibt die
folgende Tabelle:
Lebensmittel
Durchschnittl.
Gehalt (M edian)
(µg/kg)
Signalw ert ab
Dez. 2003
(µg/kg)
Knäckebrot
321
610
Kekse
113
575
Spekulatius
168
710
Kräcker
383
1.000
Lebkuchen
149
1.000
Pommes frites
200
570
Bratkartoffeln
307
1.000
Kartoffelchips
641
1.000
Röstkaffee,
gemahlen
189
370
Löslicher Kaffee
846
1.000
Ersatzkaffee
930
1.000
Tab. 2.2: Acrylamidergebnisse 2003
Auch wenn inzwischen bei einigen Lebensmitteln wie
Pommes frites und Kartoffelchips die Gehalte an
Acrylamid leicht zurückgingen, so muss doch immer noch
von deutlichen Werten in den betroffenen Lebensmittelgruppen insgesamt gesprochen werden. Zudem konnten
die Toxikologen noch keine neuere gesundheitliche
Bewertung vornehmen, da entsprechende Forschungsprojekte – die naturgemäß über einen längeren Zeitraum
laufen – noch nicht abgeschlossen sind. Acrylamid wird
daher weiterhin als für den Menschen möglicherweise
krebserzeugend eingestuft. Ein rechtsverbindlicher
Grenzwert konnte wegen der noch offenen toxikologischen Fragen bisher nicht festgelegt werden.
Während der Durchschnitt der Gehalte bei keiner Lebensmittelgruppe den jeweiligen Signalwert überschreitet,
lagen von den 280 untersuchten Proben 10 Einzelproben
oberhalb des Signalwertes, davon drei von acht untersuchten Proben Ersatzkaffee (Malz- bzw. Zichorienkaffee),
wobei in diesem Fall - wie bei Kaffee überhaupt - durch
die Zubereitung zu einem Getränk ein gewisser „Verdünnungseffekt“ auftritt.
Der Gehalt sollte aber vorsorglich so weit wie möglich
gesenkt werden. Diesem Ziel dient das zwischen Bund
und Ländern vereinbarte dynamische Minimierungskonzept, in dessen Rahmen für jede Produktgruppe
Signalwerte aus den bisher erhaltenen Ergebnissen so
ermittelt werden, dass nur 10 % der Werte diesen Signalwert überschreiten. Die betroffenen Hersteller werden von
der Überschreitung unterrichtet und aufgefordert, unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der
Gehalte zu ergreifen. Grundsätzlich einbezogen sind auch
alle Produkte, deren Acrylamidgehalte über 1.000 µg/kg
liegen.
Im Mai 2003 wurde in Frankreich der Farbstoff Sudan I
in Chilipulver aus Indien gefunden, die Mitgliedsstaaten
wurden wie üblich mittels Schnellwarnung informiert.
Sudan I ist ein künstlicher Azofarbstoff, der normalerweise
zum Färben von Mineralölprodukten verwendet wird. Er
soll Chilipulver die vermeintlich „scharfe Farbe“ verleihen
und so eine bessere Qualität vortäuschen. Als Zusatzstoff
zu Lebensmitteln ist Sudan I jedoch europaweit nicht zugelassen. Da es sich dabei um ein genotoxisches Karzinogen
handeln könnte, hat die Europäische Kommission aus
Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes mit ihrer
Sudanrot in Lebensmitteln - Unzulässiger Zusatz
21
„Entscheidung vom 20. Juni 2003 über Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich scharfer Chilis und scharfer
Chilierzeugnisse“ verfügt, dass Chilis und Chiliprodukte
nur in den Wirtschaftsraum der Europäischen Gemeinschaft eingeführt werden dürfen, wenn in einem der Ware
beigefügten Analysenzertifikat die Abwesenheit von
Sudan I bestätigt wird.
Auch die fettlöslichen Azofarbstoffe Sudan II, III und IV
wurden in einigen Lebensmitteln nachgewiesen. Sie sind
ebenfalls nicht zugelassene Zusatzstoffe. Zur „Gesundheitlichen Bewertung der Farbstoffe Sudan I bis IV in
Lebensmitteln“ teilte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) am 19.11.2003 mit, dass bei geringer
Aufnahmemenge eines Lebensmittels und gleichzeitig
niedriger Sudankonzentration das Risiko einer Gesundheitsschädigung gering sei. Aus Vorsorgegründen sollte
jedoch die Aufnahme solcher Stoffe so niedrig wie möglich
sein bzw. eine Exposition nach Möglichkeit vermieden
werden. Gleichwohl sind bereits Spuren dieser Farbstoffe
in Lebensmitteln unzulässig.
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 181 chilihaltige Erzeugnisse mittels HPLC/MS auf Sudan I überprüft. Acht
Proben - Gewürzmischungen, Saucen, Gewürzpasten, rote
Gnocchi’s und Rohwürste - waren positiv und wurden
beanstandet. Die Gehalte lagen zwischen 0,4 und 180 mg/
kg. Zu diesen Proben wurden Schnellwarnungen herausgegeben.
Semicarbazid (SEM) in Babygläschen - eine neue
Herausforderung für die Verpackungsindustrie
Mitte 2003 wurde bekannt, dass in PVC-Dichtungsmaterial
von Twist off–Deckeln Semicarbazid (SEM) enthalten ist,
bis zu 7 mg SEM/kg Kunststoff. Weitere Untersuchungen
ergaben, dass SEM aus dem Treibmittel Azodicarbonamid
entsteht, das zum Aufschäumen des Dichtungsmaterials
verwendet wird, und dass SEM von hier in das Lebensmittel übergeht. Betroffen sind Waren in Gläsern und
Flaschen mit Twist off–Deckeln und PT (Press on/Twist
off)-Deckeln. Insbesondere wurde Babynahrung in Gläschen untersucht und dabei eine Kontamination von bis
zu 25 µg/kg Babynahrung festgestellt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam in
seiner gesundheitlichen Bewertung zu dem Schluss, dass
trotz der noch bestehenden Unsicherheit hinsichtlich
Exposition und Toxizität das Risiko sowohl für den
erwachsenen Verbraucher als auch für Kleinkinder derzeit
als gering einzuschätzen ist.
Momentan ist noch kein Ersatz für Azodicarbonamid in
Sicht, der ebenfalls eine für den luftdichten Verschluss
geeignete aufgeschäumte Dichtungsmasse liefert und
damit die mikrobiologische Kontamination des Lebensmittels vermeidet. Die Industrie bleibt aber weiter dringend
gefordert, alternative Technologien für das Schäumen der
Dichtungsmassen zu entwickeln, die zur Reduzierung bzw.
Vermeidung der SEM-Belastung in Lebensmitteln, insbesondere bei Babykost, führen, ohne den hohen Standard
für die mikrobiologische Sicherheit der Lebensmittel aufzugeben.
Die EU-Kommission hat inzwischen reagiert und durch
Änderung der entsprechenden Richtlinie die Verwendung
von Azodicarbonamid ab dem 2. August 2005 verboten.
Die untersuchten 10 Proben Babynahrung waren alle
positiv. Der höchste Gehalt lag bei 15 µg/kg Lebensmittel,
entsprechend ca. 4 µg/Gläschen.
Die Untersuchungen werden in 2004 an Verschlusssystemen mit geschäumtem Material und den damit
verpackten Lebensmitteln (Babynahrung, Konserven,
Getränke) fortgesetzt.
3-MCPD - Vorkommen in Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen
Bisher war die Substanz 3-Monochlor-1,2-propandiol
(3-MCPD) vorwiegend als unerwünschter Stoff in solchen
Sojasoßen bekannt, die zeitsparend durch Behandlung
mit Säure hergestellt wurden. 3-MCPD entsteht dabei aus
dem Fettanteil im Soja. Traditionell wird Sojasoße auf
mikrobiellem Wege durch einen aufwendigen und dadurch
viel teureren enzymatischen Produktionsprozess hergestellt.
Seit einer toxikologischen Neubewertung im Jahr 2001 wird
3-MCPD als nicht genotoxisches Karzinogen betrachtet,
und es wurde eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge
von 2 µg/kg Körpergewicht ermittelt. Für Sojasoßen wurde
daraufhin in der EG-Kontaminanten-HöchstgehaltVerordnung ein Grenzwert für 3-MCPD von 0,05 mg/kg in
der Trockenmasse des Erzeugnisses festgelegt. Derzeit
werden aber auch andere Lebensmittel auf 3-MCPD
untersucht, um zu klären, ob für weitere Lebensmittel
Höchstgehalte festgesetzt werden müssen.
Neben 19 Sojasoßen wurden insgesamt 110 weitere
Lebensmittelproben aus n eun Warengruppen auf
3-MCPD untersucht. Die Lebensmittelgruppen wurden
nach den Kriterien „hohe Verarbeitungstemperatur“ sowie
„Fett und Kochsalz enthalten“ ausgewählt, u.a. Brot,
Feinbackwaren, Kinderkekse, geräucherte und gebratene
Fleisch- und Fischerzeugnisse, Bratensoßen und Kartoffelchips. Bei keiner der Sojasoßen war der Grenzwert für
3-MCPD überschritten, während dies in früheren Jahren
noch mehrfach vorkam.
In etwa 60 % der anderen Lebensmittel war 3-MCPD nicht
oder nur in Spuren nachweisbar (unter 10 µg/kg). Die
restlichen 40 % der Proben enthielten 3-MCPD, wobei der
Maximalwert von 124 µg/kg ausgerechnet in einem
Kinderkeks ermittelt wurde.
3-MCPD kann aber auch in Papieren für den Lebensmittelkontakt vorkommen, die im feuchten bzw. nassen
Zustand verwendet werden sollen, ohne durchzuweichen
und zu reißen. Um diese Eigenschaft bei Küchentüchern,
22
Kaffeefiltern und Teebeutelpapieren zu erreichen, werden
Epichlorhydrinharze als „Nassfestmittel“ eingesetzt. Aus
diesen können 3-MCPD sowie 1,3-Dichlor-2-propanol
(DCP) als Verunreinigungen in die Papiere gelangen. Beide
Stoffe sind gut wasserlöslich und können daher leicht
aus einem „nassfesten“ Papierprodukt in wässrige Lebensmittel, z.B. Kaffee, übergehen.
DCP wird als genotoxisches Karzinogen eingestuft, so
dass kein Grenzwert festgelegt werden kann, da schon
geringste Mengen eine Wirkung haben können. Für
Papiererzeugnisse wurden deshalb in die Empfehlung
XXXVI der Kunststoffkommission des BfR die Anforderungen aufgenommen, dass der Übergang von DCP
in den Wasserextrakt der Fertigerzeugnisse nicht nachweisbar sein darf (unter 2 µg/l) und dass der Übergang
von 3-MCPD in den Wasserextrakt den Richtwert von 12
µg/l nicht überschreiten darf.
Im Jahr 2003 wurden über 50 verschiedene Papierprodukte
untersucht. Während in Backpapieren und Tortenspitzen
DCP und 3-MCPD nicht nachweisbar waren, wurden bei
einigen Butterbrotpapieren, Frühstücksbeuteln und
Küchenpapiertüchern Richtwertüberschreitungen für 3MCPD festgestellt und Beanstandungen ausgesprochen.
Mykotoxine:
Natürliche Kontaminanten von großer Relevanz
434 Proben wurden auf Mykotoxine untersucht.
Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Sie werden in Abhängigkeit von den äußeren
Bedingungen und vom Lebensmittel gebildet. Sie besitzen
sehr unterschiedliche Strukturen und sind gesundheitsschädlich. Die Aflatoxine, Ochratoxin A, die Fumonisine, Zearalenon, Deoxynivalenol und Patulin treten am
häufigsten auf, so dass entweder EU-weite oder nationale
Grenzwerte bestehen.
Einen Spiegel der aktuellen Situation stellen die Ergebnisse von 182 Untersuchungen aus der Aflatoxingruppe dar. Neben den häufig belasteten Pistazien, Feigen,
Erdnüssen, Mandeln, Haselnüssen und verschiedenen
Gewürzen ist die Situation bei Paranüssen weiterhin
unbefriedigend. Dieses seit Jahren bestehende Problem
lässt sich sicherlich nicht durch eine Vorführpflicht
beheben, indem jede Charge vor der Einfuhr durch ein
amtliches Labor überprüft wird. Äußerlich sind
verschimmelte Nüsse in der Schale nicht als solche zu
erkennen. Somit haben weder Verarbeiter noch Verbraucher die Möglichkeit, sich zu schützen. Seit Jahren
wird deshalb von Überwachungsseite die Forderung
erhoben, nur geschälte Ware zum Verkehr zuzulassen.
Außer bei den Paranüssen waren Grenzwertüberschreitungen bei je einer Probe Erdnusscreme und Pistazienpaste, einem Vorprodukt der Speiseeisherstellung, sowie
erstmals bei Melonenkernen aus Nigeria festzustellen.
Seit letztem Jahr gelten EU-weit Grenzwerte für Patulin,
ein Mykotoxin, das hauptsächlich bei Kernobst auftritt.
Das Ziel ist, diese bis spätestens Mitte 2005 zu überprüfen
und weiter abzusenken. In sieben von 52 Apfelsäften
konnte Patulin unter der Höchstmenge nachgewiesen
werden.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Untersuchung von 106
verschiedenen Proben auf Ochratoxin A. Dieses weit
verbreitete Mykotoxin wurde in nennenswerten Mengen
u.a. in Dessert- und Glühweinen, Trockenfeigen sowie
Gewürzen wie Curry, Ingwer, Zimt, Muskatnuss, Paprikaund Chilipulver nachgewiesen. Diese Untersuchungen
dienten bislang hauptsächlich der Datenbestandsaufnahme, da bisher lediglich Grenzwerte für Getreide und
getrocknete Weinbeeren existieren.
Von zunehmender Bedeutung ist der Nachweis der Fumonisine in Mais sowie von Deoxynivalenol (DON) und
anderer Fusariumtoxine in Getreide und seinen vielfältigen
Erzeugnissen. So lagen bei der Untersuchung von 15
Maiserzeugnissen sechs Produkte über den in der
Zwischenzeit geltenden Höchstmengen.
83 Proben Brot, Hartweizengrieß und Teigwaren zeigten
nur bei Durumprodukten vereinzelt hohe Konzentrationen
an DON. Günstig wirkte sich die lange Trockenperiode
des Sommers 2003 aus, wodurch das Pilzwachstum und
damit die Schimmelpilzgift-Bildung reduziert wurden. Die
32 untersuchten Proben Brotgetreide wiesen nur unwesentliche Gehalte an Fusariumtoxinen auf.
Radiocäsiumbelastungen bei Wildschweinen in
Rheinland-Pfalz – Folge von Tschernobyl
Am 26. April 2003 jährte sich der Reaktorunfall von
Tschernobyl zum 17. Mal. Noch immer darf in bestimmten
Gebieten in Rheinland-Pfalz erlegtes Schwarzwild wegen
– jahreszeiten- bzw. futterabhängig – zu hoher radioaktiver
Belastung nicht in Verkehr gebracht werden.
Der „Fallout“ von Tschernobyl hat die Flächen der
Bundesrepublik Deutschland je nach Niederschlagsmenge
Anfang Mai 1986 unterschiedlich stark kontaminiert. Er
enthielt in Deutschland nur vernachlässigbar geringe
Mengen radioaktiver Strontium-Isotope. Ein erheblicher
Teil der Gesamtstrahlenbelastung stammte von den radioaktiven Cäsium-Isotopen Cäsium-134 und Cäsium-137
(Radiocäsium). Da Cäsium-134 eine physikalische Halbwertszeit von zwei Jahren hat, ist derzeit nur noch Cäsium137 mit seiner physikalischen Halbwertszeit von 30 Jahren
von Bedeutung.
Während Cäsium-137 auf Grund seiner physikalischen
Eigenschaften auf landwirtschaftlich genutzten Flächen
so fest im Boden gebunden ist, dass es nicht mehr in die
Nahrungskette aufgenommen werden kann, tritt es auf
den sauren Waldböden vorwiegend in den organischen
Schichten auf und gelangt über die Versorgungswurzeln
wieder in die Pflanzen. Hierdurch kommt es zu einem
geschlossenen Kreislauf von Cäsium-137 in Waldökosystemen, der dort noch viele Jahrzehnte zu erhöhten
Cäsium-Belastungen führen wird.
23
Da sich die meisten Wildtiere, die in geschlossenen Waldökosystemen leben, von den Pflanzen ernähren, die dort
wachsen, nehmen sie deutlich mehr Cäsium-137 auf.
Besonders stark ist Schwarzwild betroffen, das als Allesfresser einen erheblichen Teil seiner Nahrung aus dem
Boden wühlt und dabei kontaminierte Futterbestandteile,
insbesondere Hirschtrüffel, aufnimmt.
Aufgrund dieser Cäsium-Belastungen wurden im August
2001 vom Ministerium für Umwelt und Forsten in
Rheinland-Pfalz die Gebiete Pfälzerwald und Hochwald
ausgewiesen, in denen jedes erlegte Stück Schwarzwild
vor In-Verkehr-Bringen auf Radiocäsium untersucht
werden muss. Im Jahr 2003 wurden allein im Landesuntersuchungsamt 1.404 Proben Schwarzwild untersucht,
von denen 161 den Grenzwert von 600 Becquerel (Bq)
Gesamtcäsium pro Kilogramm Frischfleisch (Bq/kg)
überschritten und nicht in den Verkehr gelangten.
Nitrosamine, erhöhte Gehalte in Luftballons
Nitrosamine gehören zu den stärksten chemischen
Karzinogenen. Sie entstehen durch die Reaktion nitrosierender Stoffe mit Aminen oder anderen chemischen
Verbindungen, die eine Aminogruppe enthalten. 2003
wurden 81 Proben auf ihren Nitrosamingehalt untersucht.
Bei 24 von 38 untersuchten Bieren lagen die Nitrosamingehalte unter der Nachweisgrenze, bei zwei Proben
Doppelbockbier lag der Nitrosamingehalt über dem
Richtwert (0,6 bzw. 0,9 µg/l).
Von den 18 untersuchten Saugerproben lagen bei zwei
Proben die Gehalte der nitrosierbaren Stoffe über der in
der Bedarfsgegenstände-Verordnung genannten Höchstmenge von 100 µg/kg für nitrosierbare Stoffe (163 bzw.
143 µg/kg). Die Höchstmenge für Nitrosamine von 10 µg/
kg wurde von keiner Probe überschritten, bei 14 Saugerproben lag der Nitrosamingehalt sogar unter der Nachweisgrenze.
Bei 10 der 11 Luftballonproben waren N-Nitrosodimethylamin (NDMA), N-Nitrosodiethylamin (NDEA) und
N-Nitrosodibutylamin (NDBA) sowie zu NDMA, NDEA
und NDBA nitrosierbare Stoffe vorhanden. Die Gehalte
für die Summe der Nitrosamine reichte von nicht nachweisbar bis 234 µg/kg, mit einem Mittelwert von 70 µg/kg. Die
Summe der nitrosierbaren Stoffe reichte von nicht
nachweisbar bis 1.594 µg/kg, der Mittelwert betrug hier
830 µg/kg.
Die Rechtslage ist hier nach wie vor unbefriedigend.
Während bei Saugern in der BedarfsgegenständeVerordnung Höchstwerte genannt werden (10 µg/kg für
Nitrosamine bzw. 100 µg/kg für nitrosierbare Stoffe), gibt
es zur Beurteilung der Luftballons, die von Kindern auch
in den Mund genommen werden, nur Richtwerte, die auf
einer toxikologischen Beurteilung des BgVV (heute BfR)
basieren. Danach gelten bei Luftballons 400 µg
extrahierbare Nitrosamine/kg und 2.000 µg nitrosierbare
Stoffe/kg als unbedenklich. Die Richtwerte des BfR wurden
bei keiner Probe überschritten. Legt man die strengen
Höchstwerte der Bedarfsgegenstände-Verordnung für
Sauger der Bewertung zugrunde, so wurden bei 10 Proben
der Wert für Nitrosamine und bei sieben Proben der Wert
für nitrosierbare Stoffe überschritten.
Kosmetische Mittel können mit krebserregendem
N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) belastet sein. Die
Gehalte entstehen entweder aus eigentlich harmlosen
Rohstoffen, die bei – rechtswidriger - gemeinsamer
Verwendung in einer Rezeptur zu diesem gesundheitsschädlichen Stoff reagieren oder sind in Ausgangstoffen
als Verunreinigung enthalten.
2003 wurden acht Sonnenschutzmittel, vier Wimperntuschen sowie zwei verschiedene Chargen einer Waschlotion (Flüssigseife) auf NDELA untersucht. Erhöhte
Gehalte wurden in den zwei Proben Flüssigseife (79 und
64 µg/kg) und einer Probe Wimperntusche (27 µg/kg)
nachgewiesen. In den anderen elf Kosmetikproben war
NDELA nicht nachweisbar.
Kosmetische Mittel: Nicht immer ohne unerwünschte
Nebenwirkungen
Auf den Markt der kosmetischen Mittel drängen – dem
Trend der Zeit folgend – immer rascher neue Produkte mit
innovativen Wirkstoffen. Im Spannungsfeld zwischen
ausgelobter und vom Käufer erwünschter Wirkung eines
Kosmetikums und unerwünschter Nebenwirkung muss die
amtliche Überwachung neue Trends frühzeitig erkennen
und Methoden zum Nachweis und zur Bestimmung neuer
Wirkstoffe erarbeiten. Ebenso wichtig ist die Überwachung
von aus gesundheitlichen Gründen bereits gesetzlich
reglementierten Wirkstoffen. Daran orientiert sich unser
jährlicher Probenplan.
Im Berichtsjahr untersuchten wir Produkte zur Bräunungsbeschleunigung, die durch Zusatz von durchblutungsfördernden Wirkstoffen wie Nicotinsäureestern
den Bräunungsvorgang auf der Sonnenbank intensivieren
sollen (Tingle-Effekt). Die Verwendung dieser Substanzen
in Verbindung mit der UV-Bestrahlung ist gesundheitlich
bedenklich, da als unerwünschte Nebenwirkungen
Hautreizungen und bleibende Hautschäden möglich sind.
Eine weitere Produktgruppe, deren rechtliche Reglementierung wir für dringend erforderlich halten, sind ätherische
Öle, z.B. Teebaumöl, wenn sie zur unverdünnten
Anwendung auf der Haut bestimmt sind. Wir beanstandeten acht Produkte, weil Warnhinweise, die über
mögliche Nebenwirkungen informieren, fehlten.
Obwohl als Modetrend bereits vor mehr als 20 Jahren aus
den USA zu uns gekommen, stellen Acrylatgele zur
Modellage künstlicher Fingernägel eine immer noch
wenig untersuchte Produktgruppe dar. Da Berichte über
allergische Reaktionen gegen bestimmte Acrylatmonomere zunehmen, untersuchten wir im Berichtsjahr 25
Produkte auf diese Inhaltsstoffe. Alle untersuchten
Produkte mussten beanstandet werden, weil sie als
„sensibilisierend bei Hautkontakt“ eingestufte Acrylate
enthielten, diese Stoffe in der Liste der Bestandteile nicht
24
genannt waren und/oder Warnhinweise fehlten, die die
Verwender auf die möglichen gravierenden Nebenwirkungen aufmerksam machen.
Obwohl Hydrochinon in Produkten zur Bleichung der
Haut wegen seiner möglichen krebserregenden Wirkung
seit 2001 nicht mehr verwendet werden darf, war eine
Bleichcreme unzulässigerweise im Handel, die mit 3,8 %
Hydrochinon sogar noch wesentlich mehr als die früher
erlaubte Menge von 2 % enthielt.
Wegen Überschreitung des gesetzlich zulässigen Höchstgehaltes des in höheren Konzentrationen sensibilisierend
wirkenden Konservierungsmittelgemisches aus
Methylisothiazolinon und Chlormethylisothiazolinon
beanstandeten wir ein Hautgel und zwei Flüssigseifen.
Dies ist vorwiegend ein Problem von Reinigungsmittelherstellern, die nur zur Abrundung ihres Sortimentes
zusätzlich Handseife herstellen und denen oft nicht
bewusst ist, dass dabei die strengeren Vorschriften der
Kosmetik-Verordnung zu beachten sind.
Nicht konservierte Produkte sind jedoch keineswegs immer
„gesünder“. Wegen Verkeimung mit fakultativ pathogenen
Keimen mussten wir auch im Jahr 2003 mehrere Produkte
beanstanden.
Die Ursache von Verkeimungen sind immer in hygienischen Mängeln und/oder fehlenden Qualitätssicherungssystemen beim Hersteller zu finden. Zur Überprüfung der Produktionsbedingungen nahmen die
Kosmetik-Sachverständigen im Berichtsjahr 2003 an 24
Betriebskontrollen teil.
Dabei wurden auch 29 Produktdossiers geprüft, in denen
der Hersteller alle Informationen zum Produkt, den
verwendeten Rohstoffen, bekannt gewordene Nebenwirkungen, Nachweise der ausgelobten Wirkung und eine
Bewertung der Sicherheit zusammenfassen und für
Kontrollzwecke zur Einsichtnahme bereithalten muss. Die
Dossiers geben auch Auskunft über bedenkliche Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel, die analytisch nicht erfasst
werden können. Vor allem Stoffe, die in sehr geringer
Konzentration als Verunreinigung von Rohstoffen in das
Produkt gelangen, z.B. Reste des krebserregenden
N-vinyl-2-pyrrolidone in Polyvinylpyrrolidon-haltigen
Polymeren oder Restmengen des möglicherweise fruchtschädigenden Cyclotetrasiloxan in Cyclomethicone,
lassen sich im Endprodukt oft nicht mehr nachweisen.
Die Dossierprüfung ist so in den letzten Jahren zu einem
zwar sehr arbeitsintensiven aber im Sinn e des
Gesundheitsschutzes notwendigen und sehr sinnvollen Teil unserer Überwachungstätigkeit geworden.
Gesundheitlich bedenkliche Substanzen aus
Lebensmittel-Verpackungen und Geschirr
Im Berichtsjahr wurde das Augenmerk hauptsächlich auf
Verpackungsfolien, Babyflaschen und Styroporschalen
gerichtet.
Wie in den vergangenen Jahren wurden auch 2003 weichmacherhaltige PVC-Verpackungsfolien gefunden, die
u.a. für fetthaltige Lebensmittel verwendet wurden (z.B.
in Käsetheken von Verbrauchermärkten) bzw. die für eine
solche Verwendung angeboten wurden. Da auf fetthaltige
Lebensmittel ein erhöhter Weichmacherübergang stattfindet, ist diese Verwendung nach Empfehlung der
Kunststoffkommission des BfR nicht zulässig.
2003 betraf das drei von 23 untersuchten Folienproben,
die im Migrationstest überhöhte Anteile des Weichmachers Di-(2-ethylhexyl)-adipat (DEHA) an Käse abgaben und deshalb beanstandet werden mussten.
In den Medien wurde wiederholt vor einer Gefährdung
der Kleinkinder durch Babyflaschen aus Kunststoff
gewarnt. Ursache ist die Substanz Bisphenol A, die als
Ausgangsstoff für den bei Babyflaschen verwendeten
Kunststoff Polycarbonat verwendet wird. Beim Erwärmen
der Getränke in solchen Flaschen - insbesondere in der
Mikrowelle - und bei stark zerkratzten Flaschen hatte man
Übergänge von einigen Mikrogramm pro Liter festgestellt.
Bisphenol A gilt als gesundheitlich bedenklich, da es sich
im Tierversuch als hormonell wirksam erwiesen hat, was
u.a. zu einer „Verweiblichung“ männlicher Föten und zur
Beeinträchtigung der Spermienproduktion führte. Aus den
bisher vorliegenden toxikologischen Daten kam man zu
dem Schluss, dass eine tägliche Aufnahme durch den
Menschen von höchstens 10 µg Bisphenol A/kg
Körpergewicht geduldet werden kann. Daraus resultiert
ein maximal zulässiger Übergang von 0,6 mg Bisphenol A
aus dem Kunststoff auf 1 kg Lebensmittel.
Im Jahre 2003 wurden 12 Babyflaschen aus dem Handel
untersucht. Bei keiner konnte ein Übergang von Bisphenol
A auf das Prüflebensmittel Wasser festgestellt werden
(Nachweisgrenze: 0,2 µg/l).
Styroporschalen, die z.B. zur Verpackung von Frischfleisch oder Käse verwendet werden, enthalten häufig
noch Restmengen des gesundheitlich bedenklichen
Polymer-Ausgangsstoffes Styrol. Als lipophiler Stoff geht
Styrol besonders leicht in fetthaltige Lebensmittel über,
wenn diese mehrere Tage auf einer solchen Schale im
Supermarkt oder im eigenen Kühlschrank liegen. So
konnten auch in diesem Jahr wieder Styrolgehalte
zwischen 1 und 115 µg/kg in derart verpackten
Lebensmitteln nachgewiesen werden.
Sofern die Produkte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Schale gelagert werden, steigt der
Styrolgehalt im Lebensmittel signifikant an, z.B. von 61
auf 115 µg/kg bei „Rauchkäse mit Schinken“ nach 10 Tagen
Aufbewahrung im Kühlschrank. Obwohl diese Erkenntnisse schon seit langem bekannt sind, gibt es unverständlicherweise bis heute keinen Migrationsgrenzwert für
monomeres Styrol.
Bei 41 Proben Lebensmittel-Bedarfsgegenständen aus
Holz (Holzsteigen, Holzbrettchen und Zubehör für die
Lebensmittelzubereitung aus Holz) gab es keine Beanstandungen.
25
Phthalate in Spielzeug für Kleinkinder
Trotz des Verbotes wird immer noch Spielzeug aus
Kunststoff für Kinder unter drei Jahren angeboten, das
als Weichmacher Phthalate enthält.
Zwei von 17 Proben (Badebuch, Spieltelefon) mussten
aus diesem Grund beanstandet werden.
Spielzeug - gefährliche Azofarbstoffe machen auch vor
den Kleinsten nicht halt
Im Berichtsjahr wurden 18 Proben Puppenbekleidung
überprüft.
Ein Strampelanzug für eine Spielzeugpuppe enthielt einen
verbotenen Azofarbstoff, der das krebserregende Amin
2,4-Toluylendiamin freisetzt. Pikanter Weise war das Produkt mit einem „LGA-Zertifikat“ versehen, das dem
Verbraucher eine besondere Überprüfung suggeriert.
Auch in diesem Fall fehlt es an einer Rechtsgrundlage
hinsichtlich der Irreführung bei Bedarfsgegenständen.
Bei 17 Proben Holzspielwaren erwiesen sich die farbigen
Lacküberzüge als speichel- und schweißecht. Eine Probe
wurde wegen Kennzeichnungsmängeln beanstandet.
Rechtssicherheit für Bekleidungsgegenstände aus
textilem Material und Leder?
Wie schon in den letzten Jahren stellen im Bereich der
Bekleidungsgegenstände aus textilem Material und Leder
Arbeitshandschuhe ein großes Problem dar. Von 18 Proben Arbeitshandschuhen waren sieben Proben (39 %)
mit verbotenen Azofarbstoffen belastet. Eine Rückverfolgbarkeit der Herstellung und Zusammensetzung der
in „Billiglohn-Ländern“ produzierten Arbeitshandschuhe
ist praktisch nicht möglich. Eine Chargenkennzeichnung
wie im Lebensmittelbereich und bei den kosmetischen
Mitteln ist bei den Bedarfsgegenständen nach wie vor
nicht gefordert. Mit dem am 01.05.2004 in Kraft tretenden
neuen Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG)
wird sich hoffentlich ein besserer Schutz der Verbraucher
für derartige Produkte einstellen.
Auch im Berichtsjahr 2003 wurden irreführende Angaben
bei Bedarfsgegenständen festgestellt. An einer Rechtsgrundlage zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung
mangelt es auf dem Gebiet der Bedarfsgegenstände leider
bis heute. So waren z.B. Textilien für Kinder mit UPFFaktoren (entsprechen praktisch den Lichtschutzfaktoren
der Sonnencremes) gekennzeichnet, die in der Praxis
jedoch nicht erreicht wurden. Auch im Bereich der ÖkoTex-Kennzeichnung von Textilien wurden Produkte auf
den Markt gebracht, die den Anforderungen der
Zertifizierungsstelle hinsichtlich stofflicher Beschaffenheit und Kennzeichnung nicht entsprechen.
Die Nickelgehalte in Modeschmuck sind
rückläufig !
Die in der Vergangenheit immer wieder beobachtbare
Verwendung von Nickel in Modeschmuck ist erfreulicherweise weiter rückläufig. Von den 53 überprüften
Gegenständen (Modeschmuck, Uhrarmbänder und
Armbanduhren) wurde nur bei einer Probe eine Nickelabgabe festgestellt.
Das Europäische Schnellwarnsystem
Das Europäische Schnellwarnsystem dient den Lebensmittelüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union zum schnellen Informationsaustausch über Gesundheitsrisiken, die im Rahmen der
Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung bekannt
wurden. Wenn Produkte in den Mitgliedstaaten entdeckt
werden, die eine Gefahr für die Gesundheit bedeuten,
werden diese Informationen über das System allen
Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. In der Regel
werden die Untersuchungsbefunde und - sofern bereits
bekannt – die Lieferlisten mit den Abnehmern der
Produkte gemeldet. Mit diesen Informationen werden die
für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden
in die Lage versetzt, unmittelbar und gezielt den Verbleib
der Produkte zu ermitteln und ggf. bereits von den
Herstellern oder Handelsunternehmen eingeleitete Rückrufe zu überwachen.
Die über das System verbreiteten Meldungen werden
elektronisch vom Ministerium für Umwelt und Forsten
(MUF) an das entsprechende Vollzugsreferat im LUA
weitergeleitet. Aufgabe des LUA ist es, diese Meldungen
zu bewerten und die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.
Jahr
EU *
LUA **
2000
800
250
2001
1.600
600
2002
3.000
1.600
2003
4.300
2.400
Tab. 2.3: Entwicklung der Zahl der Meldungen des
Schnellwarnsystems, Zahlen jeweils gerundet
* Gesamtzahl der Meldungen EU-weit
** im LUA bearbeitete Vorgänge
Auf Grund der Vielzahl und der Jahr für Jahr ständigen
Zunahme der Meldungen war es erforderlich, die verschiedenen Meldungen in Kategorien einzuteilen.
Kategorie 1:
Rheinland-Pfalz ist betroffen und unmittelbares Handeln
ist erforderlich.
26
Kategorie 2:
Rheinland-Pfalz ist nicht betroffen. Die Informationen sind
aber zur Marktbeobachtung relevant.
Kategorie 3:
Die Meldungen sind für die Einfuhruntersuchung
relevant.
Kategorie 4:
Meldungen, die nicht in Kategorie 1- 3 fallen.
Durch diese bereits im MUF vorgenommene Einteilung
ist sichergestellt, dass als wichtig erkannte Meldungen
schnell und zielgerichtet weitergeleitet werden. Ferner
erhalten die für die Untersuchungen zuständigen Institute
des LUA die Informationen, um sich gezielt auf neue
Entwicklungen und Problemlagen einstellen zu können.
S c hnellw ar nm e ld ung en
Z e i t r a u m : 0 1. 1 0 . b i s 3 1. 12 . 2 0 0 3
K at eg or ie 1
6 ,5 %
K at e go rie 4
K at eg or ie 2
3 4 ,3 %
2 1, 6 %
K a t e g o r ie 3
3 7 ,6 %
K a t e g o r ie 1
6 ,5 %
K a te g o r ie 2
2 1 ,6 %
K a te g o r ie 3
3 7 ,6 %
K a t e g o r ie 4
3 4 ,3 %
Abb. 2.4: Auswertung der im 4. Quartal 2003 bearbeiteten
Vorgänge nach Kategorien
(insgesamt 872 Meldungen)
Die Meldungen über Beanstandungen betrafen
insbesondere folgende Produkte:
-
Nüsse (Aflatoxine)
-
Sprotten, Thunfisch (PAK)
-
Sojasauce (3-MCPD)
-
Schwertfisch (Quecksilber, Cadmium)
-
Honig (Streptomycin, Chloramphenicol)
-
Garnelen etc. (Chloramphenicol)
-
tierische Lebensmittel (Nitrofurane)
-
Gewürze, Gewürzmischungen (Sudanrot)
Das Europäische Schnellwarnsystem hat sich als ein
wichtiges Element zur Verbesserung der Verbrauchersicherheit erwiesen. Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Meldungen weiterhin auf hohem Niveau bleiben
wird. Durch die Erweiterung der EU zum 01.05.2004 von 15
auf 25 Mitgliedstaaten und die dadurch bedingte
Erhöhung der Teilnehmer am System wird die Anzahl der
Meldungen möglicherweise noch zunehmen.
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