11 II. Lebensmittel und Bedarfsgegenstände Untersuchung, Beurteilung und Überwachung Prozentualer Anteil der Proben mit Verstößen Proben gesamt beanstandet Zusatzstoffe Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt Zuckerwaren 2,4% 3,5% 5,6% 250 6 424 15 413 23 Fertiggerichte 6,7% 404 27 Obst und Gemüse 6,7% 1.893 127 Bedarfsgegenstände ohne Lebensmittelkontakt 8,3% 520 43 Kräuter und Gewürze 8,5% 211 18 Brühen, Suppen, Saucen 8,8% 399 35 599 56 Schokolade, Kakao u. Erz., Kaffee, Tee 9,3% Nüsse, -erzeugnisse, Snacks 10,4% 211 22 Getreide und Backwaren 10,8% 1.421 153 357 59 829 144 Alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke außer Wein 16,5% 17,4% Eier und Eiprodukte 18,3% 218 40 Eis und Desserts 18,5% 3.026 559 Wein* 18,8% 6.111 1.149 545 106 913 190 2.829 619 2.128 509 506 142 305 92 695 248 25.207 4.382 Fette und Öle Milch und Milchprodukte 19,4% 20,8% 21,9% Fleisch, Geflügel, Wild und Erzeugnisse 23,9% Andere ** 28,1% Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere u. Erz. 30,2% Kosmetika 35,7% Lebensmittel für bes. Ernährungsformen Proben insgesamt 0,0% 17,4% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% 40,0% * Wein wird in Kapitel 5 beschrieben ** z.B. Mineralwasser/Tafelwasser, Trinkwasser, Fein- u. Rohkostsalate, Tabak, Honig, Brotaufstriche Abb. 2.1: Übersicht über die 2003 untersuchten Proben und die Häufigkeit von Beanstandungen 12 Untersuchungsschwerpunkte und Schlaglichter des Jahres 2003 Schwerpunktuntersuchung geschlagene und flüssige Sahne 2003 wurden insgesamt 70 Proben geschlagene Sahne aus Bäckereien, Konditoreien und Eisdielen auf ihre Qualität und mikrobiologische Kriterien zur Beurteilung der Produktionshygiene untersucht. Nur 16 % dieser Proben waren nach den Beurteilungskriterien der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) nicht zu beanstanden, bei 80 % der Proben wurden Mikroorganismen in Mengen nachgewiesen, die auf – in einzelnen Fällen erhebliche – hygienische Mängel im Entnahmebetrieb schließen lassen: die Richtwerte der DGHM für die Gesamtkeimzahl wurden 39 mal, für Coliforme Keime 46 mal und die für Pseudomonaden 48 mal überschritten. Bei den meisten dieser Proben wurden mehrere Parameter beanstandet. Von den Molkereien wird die Sahne in hygienisch einwandfreier Beschaffenheit hergestellt. Dies wurde in allen Fällen auch durch die begleitende Untersuchung der flüssigen Sahne als Ausgangsmaterial bestätigt. Die festgestellten Probleme werden meist durch eine ungenügende Reinigung der zum Aufschlagen verwendeten Sahneautomaten, häufig kombiniert mit einer ungenügenden Kühlung und zu langen Lagerung in diesen Geräten verursacht. Nur zwei der untersuchten Proben waren allerdings zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher bereits verdorben, wiesen also bedingt durch die mikrobiologischen Mängel auch Geschmacksfehler auf. Die im Labor festgestellten Mängel sind für die vor Ort zuständige Behörde Anlass für weitere Kontrollen und die Belehrung der Betriebsverantwortlichen. Erfreulich war trotz aller festgestellten hygienischen Mängel: Krankheitserreger wie beispielsweise Salmonellen oder Listerien wurden in keiner der Proben nachgewiesen. Döner-Kebab-Kontrollen Im Vergleich zu anderen Produktgruppen lag der Anteil der beanstandeten Döner-Kebab-Proben mit 59 % sehr hoch. Beanstandungsgründe bei dieser beliebten türkischen Spezialität sind vor allem Mängel bei der Zusammensetzung der Spieße. Nach der Verkehrsauffassung besteht Döner-Kebab zwar üblicherweise aus Rind- und/oder Schaffleisch (davon mindestens 40 % Fleischscheiben). Zahlreiche Proben wichen jedoch davon ab. Vor allem Spieße aus/mit Hühnerund/oder Putenfleisch sind zwar beliebt, bei einem Drittel der Proben mit Geflügelfleisch fehlte jedoch die vorgeschriebene Kennzeichnung als „Geflügeldöner“. Bei diesem Produkt wird in der Regel (wie beim Grillhähnchen) die Geflügelhaut mitverarbeitet; deren Anteil sollte jedoch den natürlichen Verhältnissen entsprechen. Die (Mit-)Verarbeitung von Schweinefleisch wird zwar überwiegend noch vom Hersteller deklariert (z.B. als „Schweinefleisch-Spieß“), seltener jedoch bei der Abgabe im Imbissbetrieb. Elf der untersuchten Proben mussten diesbezüglich beanstandet werden. Dabei widersprechen derartige Rezepturen nicht nur der Verkehrsbeschaffenheit sondern auch bestimmten religiösen Wertmaßstäben. Weniger Proben als in den Vorjahren enthielten als Folge einer unzureichenden Sortierung des Ausgangsmaterials einen zu geringen Magerfleischanteil bzw. überhöhte Bindegewebs- und/oder Fettgehalte. Bei fünf Proben wurde der Hackfleischanteil jedoch durch Stärke- oder Paniermehlzusätze „gestreckt“. Die Mehrzahl der Imbissbetriebe, die Döner-Kebab anbieten, beziehen die Drehspieße von spezialisierten Herstellern. Dabei ist festzustellen, dass der vom Hersteller angebrachten Etikettierung oft die oben genannten Abweichungen zu entnehmen sind. Eine Weitergabe dieser Information an den Endverbraucher, den Kunden des Imbissbetriebes, findet jedoch häufig nicht statt. Dies trifft in noch höherem Ausmaß für die bei der Herstellung verwendeten kennzeichnungspflichtigen Zusatzstoffe (insbes. Geschmacksverstärker) zu, die bei acht Imbissbetrieben nachweisbar nicht angegeben wurden. Vereinzelt wurden auch mikrobiell verdorbene Spieße festgestellt. Ursache hierfür ist der vom Durchmesser des Spießes abhängige Temperaturverlauf: unter den durcherhitzten graubraunen Randschichten befindet sich im Zentrum des Spießes der noch rohe Kern. Als besonders riskant sind die angegrillten, dann über Nacht mehr oder weniger kühl gelagerten, tags darauf neu gegrillten Spieße zu bewerten. Bei dieser Vorgehensweise können sich potentiell pathogene, sporenbildende Mikroorganismen wie Clostridium perfringens entwickeln, welche auch in einer Probe in relativ hohen Mengen (106 bis 107 Keime/g) nachgewiesen wurden. Döner-Kebab-Spieße sollten daher am Tag des Aufsteckens vollständig abgebraten werden. Für mit/aus Hackfleisch hergestellte Spieße ist dies spezialrechtlich in der Hackfleisch Verordnung zwingend vorgeschrieben, auch hiergegen wurden zwei Verstöße ermittelt. Salmonellen wurden bei zwei Spießen isoliert. Wenngleich diese Keime beim Grillen abgetötet werden, ist dies doch ein Hinweis, dass bei Döner-Kebab besondere lebensmittelhygienische Sorgfalt vonnöten ist. Überblick bei Fleisch- und Fleischerzeugnissen in Fertigpackungen Zu Beginn des Jahres 2003 häuften sich bei einem Veterinäramt Verbraucherbeschwerden über einen Hersteller von Frischfleischprodukten in Fertigpackungen. Laut Angabe der Verbraucher waren die Erzeug- 13 nisse bereits vor dem deklarierten Mindesthaltbarkeitsdatum verdorben. Daraufhin wurden gezielt diverse Fertigpackungen Frischfleischproben wie Schweinebauch, Schweineleber, Rinderbeinscheiben u.ä. in der Filiale der betroffenen Einzelhandelskette entnommen und zur Untersuchung eingesandt. Neben einer Eingangsuntersuchung wurden jeweils Teilproben zur Überprüfung der angegebenen Mindesthaltbarkeitsfristen im Labor kontrolliert gelagert und am Ende dieser Fristen sowohl sensorisch (Aussehen, Geruch und Geschmack) als auch mikrobiologisch untersucht. Mit Ausnahme einer Probe zeigten alle Frischfleischproben am Ende der Lagerung deutliche Abweichungen im Aussehen und Geruch sowie hohe Keimgehalte und wurden beanstandet. Trotz einer nachfolgenden Betriebskontrolle durch das zuständige Veterinäramt waren bei einer erneuten Probenahme und Untersuchung wiederum sechs von sieben untersuchten Frischfleischproben zu beanstanden. Daraufhin wurde gegen die Verantwortlichen ein Verfahren eingeleitet. Verbraucher muss seinerseits dafür sorgen, dass auch während des Einkaufes die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Während der warmen Jahreszeit sind hierzu Kühltaschen für Kauf und Transport erforderlich. Dass dieser Vorfall leider kein Einzelfall war, zeigt die Tatsache, dass im Berichtsjahr 18 % von 410 Proben Fleisch- und Fleischerzeugnissen in Fertigpackungen, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum überprüft wurde, beanstandet werden mussten. Diese Ergebnisse zeigen eindrucksvoll die Probleme, die sich durch den Verkauf von leicht verderblichen Lebensmitteln in Fertigpackungen ergeben. Aufgrund geänderter Lebensgewohnheiten greifen viele Verbraucher immer häufiger zu SB-Fertigpackungen, auch im Bereich von Frischfleisch und Wurstwaren. Der Wunsch möglichst den gesamten Bedarf an unterschiedlichsten Lebensmitteln bequem an einem Ort ohne zeitintensive Bedienung durch Fachpersonal zu erwerben, führt dazu, dass das Produktangebot in diesem Segment immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dabei wird auch verstärkt eine weitgehend küchenfertige Verarbeitung der Lebensmittel (zerlegen in küchenfertige Teilstücke, würzen, marinieren, Aufschneiden von Wurstwaren etc.) nachgefragt. Unter den Erregern von lebensmittelbedingten Durchfallerkrankungen sind Salmonellen und Campylobacter-Keime die häufigsten bakteriellen Verursacher. Das bedeutendste Reservoir dieser Keime sind landwirtschaftliche Nutztiere. Salmonellen können nicht nur als Krankheitserreger bei Durchfällen von Rindern und Schweinen festgestellt sondern auch aus dem Darm klinisch gesunder Tiere isoliert werden. Keime der Gattung Campylobacter sind im Darmtrakt von Haus- und Wildgeflügel außerordentlich häufig nachzuweisen. Demzufolge konnten bei 2 - 5 % aller entsprechend im Landesuntersuchungsamt untersuchten Rohfleischproben von Rind, Schwein oder Schaf und bei ca. 10 % der Geflügelfleischproben Salmonellen isoliert werden. Vereinzelt wurden Salmonellen auf der Schale oder aus dem Inneren roher Eier nachgewiesen. Auch die weite Verbreitung von Campylobacter in den Geflügelbeständen schlägt sich in Nachweisraten dieser Keime in Geflügelfleisch nieder. Beim lebenden Tier können zum Zeitpunkt der Schlachtung in der Muskulatur noch keine Keime nachgewiesen werden. Durch den Schlachtvorgang und die weitere Verarbeitung kommt es aber unvermeidbar zu einer fortschreitenden mikrobiologischen Belastung des Fleisches und der Fleischerzeugnisse mit Keimen, die einerseits vom Tier selbst, andererseits aber auch aus der Mikroflora der Betriebe einschließlich des Personals stammen. Um das Risiko bereits im Vorfeld der Lebensmittelgewinnung zu minimieren, werden zunehmend auch in den Tierbeständen Kontrollmaßnahmen zur Eindämmung pathogener Keime eingeführt. Dies betrifft vor allem die durch ihre weite Verbreitung bzw. Pathogenität relevanten Salmonellentypen S. typhimurium und S. enteritidis. Vor dem Hintergrund der weiten Verbreitung dieser Keime ist jedoch trotz der eingeleiteten Maßnahmen auch zukünftig mit dem Vorkommen in rohem Fleisch und Eiern zu rechnen. Durch die heutigen Strukturen in der Vermarktung mit überregional arbeitenden Betrieben sind die Transportund Lagerzeiten zwischen den einzelnen Verarbeitungsschritten erheblich angestiegen. Die strikte Einhaltung der Kühlketten ist zwingend erforderlich, um mikrobielle Vermehrungsvorgänge und damit die Gefahr von Verderb zu verhindern. Nur unter diesen Voraussetzungen sind auch die herstellerseitig ohnehin schon lang deklarierten Mindesthaltbarkeitsfristen überhaupt zu erreichen. Der Auch das Angebot von Produkten wie z. B der „gereiften Bratwürste nach Art einer Mettwurst“ ist als Antwort auf die große Nachfrage nach möglichst lang haltbaren Frischfleischerzeugnissen heraus entstanden. Bei dem Erzeugnis, welches vom Verbraucher wie eine frische Bratwurst zubereitet wird, handelte es sich jedoch nicht um die „traditionelle frische Bratwurst“, wie sie mit einer höchstens zweitägigen Verkehrsfrist in der Metzgerei hergestellt wird, sondern um eine mit dem Konservierungsstoff Nitritpökelsalz und Starterkulturen stabilisierte Wurst. Salmonellen und Campylobacter in Lebensmitteln vom Tier - Vorkommen und Beurteilung Grundsätzlich sollten in verzehrsfertigen Lebensmitteln Salmonellen nicht mehr vorhanden sein. Für erhitzte und im weiteren hygienisch einwandfrei behandelte Lebensmittel kann diese Forderung sicher erfüllt werden. Bei ohne Erhitzung hergestellten Rohwürsten (wie z. B. Salami), Rohschinken oder aus Rohmilch hergestellten Milcherzeugnissen wird durch mikrobielle Reifung und Säuerung ebenfalls eine gute Produktsicherheit erreicht. 14 Bei Fleischerzeugnissen wird zudem noch Nitritpökelsalz als Konservierungsstoff zugegeben sowie die Rohwürste und Schinken getrocknet. Durch diese technologischen Maßnahmen erhält man zum einen lagerfähige Erzeugnisse, zum anderen wird dadurch gewährleistet, dass pathogene Keime und Verderbserreger an der Vermehrung gehindert werden und schließlich absterben. Insbesondere bei rohen Lebensmitteln - wie z.B. (gewürztem) Schweinemett - stößt die Forderung nach Salmonellenfreiheit jedoch aufgrund der weiten Verbreitung dieser Keime an ihre Grenzen. Bei einem Salmonellenfund in einem derartigen Lebensmittel stellt sich daher die Frage der rechtlichen Bewertung. Jeder, der Lebensmittel herstellt und/oder in den Verkehr bringt, ist verpflichtet für eine Minimierung der Belastung des Lebensmittel durch pathogene Keime zu sorgen. Werden aus verzehrsfertigen Lebensmitteln pathogene Keime isoliert, ist durch die zuständige Behörde zu prüfen, inwieweit ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des LMBG vorliegt. Vor diesem Hintergrund der relativen Häufigkeit pathogener Keime werden zudem bei fertig verpackten Rohfleischerzeugnissen (neben Geflügelfleisch insbesondere rohes Hackfleisch und Erzeugnisse daraus) durch die Hersteller in zunehmendem Maß Hinweise auf die mangelnde Eignung zum Rohverzehr und auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Erhitzung angebracht. Grundsätzlich sollte sich jeder Verbraucher bewusst sein, dass auch bei sorgfältiger Gewinnung und Handhabung das Vorkommen pathogener Keime in rohen Lebensmitteln vom Tier nicht auszuschließen ist. Neues zur Kennzeichnung von Fischen Bisher genügte bei der losen Abgabe von Fischen die Angabe der Verkehrsbezeichnung, d.h. der angebotenen Fischsorte oder -art, bei der Abgabe in Fertigpackungen richtete sich – wie bei allen fertigverpackten Lebensmitteln – die Kennzeichnung nach den Bestimmungen der Lebensmittel-Kennzeichnungs-Verordnung; zusätzlich zur Verkehrsbezeichnung müssen hier Haltbarkeitsangaben, Füllgewicht, Hersteller/Händler und bei zusammengesetzten Erzeugnissen eine Zutatenliste angegeben werden. Nach der Neuregelung durch die EU-Verordnung Nr. 104/ 2000 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und Aquakulturen müssen die Handelsbezeichnung, die Produktionsmethode und das Fanggebiet bzw. das Herkunftsland angegeben werden. Die Handelsbezeichnung geht aus einer von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung unter Berücksichtigung der Festlegungen im Deutschen Lebensmittelbuch erstellten Liste hervor. Dabei werden Fische in der Regel nach ihrer Art bezeichnet (z. B. „Kabeljau“), z.T. werden auch mehrere ähnliche Arten unter einer Bezeichnung zusammengefasst (z. B. „Seehecht“; unter diesem Begriff werden verschiedene Arten der Gattung Merluccius aus dem Atlantik und Pazifik verstanden). Hinsichtlich der Produktionsmethode wird zwischen gefangenen Fischen, Fischen aus der Binnenfischerei und solchen aus Aquakultur unterschieden. Bei gefangenem Seefisch muss das Fanggebiet (z. B. Nordostatlantik, Mittelmeer, Pazifik usw.) angegeben werden, bei Erzeugnissen aus der Binnenfischerei und Aquakultur das Herkunftsland. Diese Information ist bei der losen Abgabe auf einem Schild bei der Ware anzugeben, bei fertigverpackten Erzeugnissen erfolgt die Angabe auf der Verpackung. Von der Neuregelung sind nicht oder wenig bearbeitete Fische und Fischereierzeugnisse (Frischfisch, gefrorener, getrockneter, gesalzener und geräucherter Fisch) betroffen, sowie auch in gleicher Art bearbeitete und rohe Krebs- und Weichtiere. Nach den Feststellungen des LUA werden diese Informationen bisher insbesondere bei frischem Fisch nur unzureichend an den Verbraucher weitergegeben. Von 157 Frischfischeinsendungen fehlte bei 31 Proben diese Kennzeichnung ganz oder war unvollständig. Vor allem bei loser Ware war häufig ein völliges Fehlen dieser Informationen festzustellen. Dem gegenüber waren bei Fischereierzeugnissen (vor allem Räucherfisch) mit einem höheren Anteil fertig verpackter Ware von 103 kennzeichnungspflichtigen Erzeugnissen nur acht wegen mangelhafter Umsetzung der Fischetikettierungsvorgaben zu beanstanden, bei den Krebsen und Weichtieren von 47 Erzeugnissen nur drei Produkte. Überraschung im Kräutertee Manch einer, der sich nicht wohlfühlt, trinkt gerne eine Tasse Kräutertee. Auch Säuglinge und Kleinkinder bekommen oft Tees, die zum Beispiel Fenchel oder Anis enthalten. Wer denkt schon beim Anblick der sauberen Teebeutel, die er wohlmöglich noch in der Apotheke gekauft hat, an Salmonellen und andere schädliche Bakterien. Im Landesuntersuchungsamt wurden 42 Proben Kräutertee auf das Vorhandensein von Salmonellen untersucht. In zwei Fällen wurde Salmonella Agona nachgewiesen. „Heißt das jetzt etwa, dass man nicht mal mehr Kräutertee trinken kann, ohne krank zu werden?“ wird mancher jetzt vielleicht denken. Was ist passiert? Wie kam es dazu, dass ausgerechnet Kräutertee untersucht wurde? Salmonellen erwartet man doch eher in Fleisch, Eiern und anderen tierischen Produkten! Hierzu muss man wissen, dass Durchfallerkrankungen meldepflichtig sind, das heißt ein Arzt oder ein Labor müssen dem örtlichen Gesundheitsamt mitteilen, wenn bestimmte Erkrankungen oder Krankheitserreger bei Menschen nachgewiesen werden. Die Meldungen werden vom Landesuntersuchungsamt gebündelt und an das RKI in Berlin übermittelt. Die beteiligten Stellen beobachten, ob einzelne Krankheiten besonders häufig auftreten. Das Ziel ist hierbei, eine Massenerkrankung schnellstmöglich 15 in den Griff zu bekommen, und die Zahl der Erkrankten zu begrenzen. Anfang 2003 fiel auf, dass in einem kurzen Zeitraum 20 Fälle (10 mal soviel wie im gleichen Vorjahreszeitraum) von Salmonella Agona bei kleinen Kindern gemeldet wurde (siehe Abb. 2.2). Im Mai 2003 informierte das RKI über eine Häufung von Erkrankungen durch Salmonella Agona bei Kindern unter einem Jahr. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits eine systematische Befragung der betroffenen Familien durchgeführt. Hierbei wurde herausgefunden, dass die Mehrheit der erkrankten Säuglinge Milchpulver und Fenchel-Anistee-Mischungen bekommen hatte. Und tatsäch lich konnten zwei Anisproben ausgemacht werden, in denen der gleiche Krankheitserreger enthalten war. Im folgenden wurden in mehreren anderen Kräutertees Salmonellen nachgewiesen. 25 20 15 10 5 0 Okt Nov Dez Jan 2001/2002 Feb Mär A pr Mai 2002/2003 Abb. 2.2: Häufigkeit der Meldungen von Salmonella Agona Was ist zu tun? – Die Teezeremonie! Jeder würde sich scheuen, einem Säugling Obst oder Gemüse zu geben, das zuvor nicht abgekocht wurde. Bei dem hübsch sauber verpackten Kräutertee ist das aber vielleicht etwas Anderes. Da nimmt man für den Kindertee warmes Wasser - die Kleinen sollen sich ja nicht verbrennen – und schnell gehen muss es auch. Das Erhitzen in der Mikrowelle ist ebenso beliebt aber dennoch ungeeignet solange das Wasser nicht sicher zum Kochen kommt. Offensichtlich können Salmonellen den Herstellungsprozess von Kräutertees überleben. Das Ergebnis ist dann ein vielleicht sogar schmackhafter aber mit Bakterien verunreinigter Tee. Gesunde Erwachsene können diesen Tee wahrscheinlich gefahrlos trinken. Kinder können es offensichtlich nicht. Dabei reicht die Benutzung von kochendem Wasser für den Tee aus, um Salmonellen abzutöten. Also gilt die Regel: Zur Zubereitung von Tees immer kochendes Wasser einsetzen! Transfettsäuregehalte in Fetten, Ölen, Margarine: Gesundheitlich relevant? Transfettsäuren entstehen insbesondere bei der Fetthärtung, in geringerem Ausmaß aber auch beim Erhitzen. Sie sollen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen u.a. das Risiko von Herz-/Kreislauferkrankungen erhöhen. Daher wurde bei der Untersuchung von Pflanzenölen, Bratfetten und –cremes sowie Margarine ein besonderes Augenmerk auf den Gehalt an Transfettsäuren gelegt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die fettverarbeitende Industrie auf die gesundheitlichen Anforderungen reagiert hat, indem sie offensichtlich wesentlich schonendere Hydrierungsverfahren anwendet. Selbst in Sonnenblumenmargarinen, welche noch vor wenigen Jahren Gehalte von 10 bis 20 % aufwiesen, bestimmt das LUA 4 % Transfettsäuren im Fettanteil. Bei den Speiseölen war die Situation noch besser: hier waren die Gehalte bei den raffinierten Pflanzenölen wesentlich geringer. Bis auf einige Sonnenblumenöle, welche zur Verhinderung des Bitterwerdens im Anschluss an den Pressvorgang „gedämpft“ werden, enthielten die kaltgepressten Öle erwartungsgemäß Transfettsäuren nur in Spuren. Anders mag es bei Frittierfetten aussehen. So war uns ein halbflüssiges Frittieröl durch seinen besonders hohen Rauchpunkt von 264 °C aufgefallen. Es enthielt prompt eine größere Menge an Transfettsäuren, nämlich rund 12 %. Mit einer Portion Pommes frites von 125 g isst man so gut 2 g Transfettsäuren mit. Eine noch nicht besorgniserregende Menge, wenn es bei dieser einen Portion bleibt und über andere Lebensmittel wie Margarine keine wesentlichen Mengen hinzukommen. Als gesundheitlich unbedenklich gilt eine tägliche Menge von 3 g. Grund genug, dass wir industriell verwendete Frittierfette intensiver untersuchen werden. Das Ergebnis der Untersuchung von AnfangsMilchnahrung für Säuglinge auf ihren Gehalt an Transfettsäuren gibt keinen Grund zur Beunruhigung: nur in einer der 12 Proben enthielt das Fett wenig mehr als 1% Transfettsäuren. Frittierfette, ein ständiges Überwachungsthema Von 194 gebrauchten Frittierfetten wurden 74 (= 38,1 %) wegen Verdorbenheit beanstandet. Neben der sensorischen Abweichung waren hierfür insbesondere die Gehalte an polaren Anteilen maßgeblich, die eine oxidative Veränderung des Fettes auf Grund einer längeren hohen thermischen Belastung anzeigen. Nach Stellungnahmen des Arbeitskreises lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des BgVV aus den Jahren 1991 und 1998 sollte ein Wert von 24 g polare Anteile pro 100 g Fett nicht über-schritten werden. Nach unseren Untersuchungsergebnissen lagen die Werte für die polaren Anteile bei 22 % der Proben über 30 % und bei 7 % der Proben sogar über 40 %. 16 Die seit Jahren hohe Beanstandungsquote bei gebrauchten Fritierfetten ist zum einen Folge einer Selektion durch geschulte Lebensmittelkontrolleure/ innen, die eine Vor-Ort-Testung vornehmen und häufig Verdachtsproben einsenden; zum andern zeigt es die Notwendigkeit, diesen Bereich weiterhin gründlich zu kontrollieren und zu beproben. Jahr Anzahl Proben Anzahl gebr. beanstandeter Frittierfette Proben Beanstandungen in % 2000 181 45 25 2001 172 92 53 2002 159 62 39 2003 194 74 38 Tab. 2.1: Beanstandete Frittierfette 2000-2003 Spirituosen, alles nur noch Alk und Pop? 2003 wurden gezielt so genannte Alkopops untersucht. Alkopops können kurz als alkoholhaltige Limonaden in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und mit unterschiedlichen Zusätzen charakterisiert werden. Während in den früheren Jahren die Geschmacksrichtung „sauer“ vorherrschte, werden mittlerweile zum Teil sehr fantasievolle Kombinationen angeboten, die aufgrund ihrer Aufmachung und Verpackungsgröße vor allem Jugendliche ansprechen. Beispiele hierfür sind Mischungen mit Energy-Drinks und dem Szene-Getränk Absinth sowie mit dem Zusatz von Vitaminen. Von den 59 untersuchten Proben wurden 34 Proben u.a. beanstandet wegen - fehlender Kenntlichmachung bestimmter Zusatzstoffe - Kennzeichnung ausschließlich in französischer bzw. einer anderen nicht leicht verständlichen Sprache - Hinweisen auf ihren Energiegehalt ohne Kennzeichnung der damit verbundenen Angaben nach der Nährwertkennzeichnungs-Verordnung- - Zusatz von Vitaminen ohne die damit erforderlichen weiteren Angaben schlechter Lesbarkeit vorgeschriebener Angaben. Die Getränkegruppe, die vorwiegend von Jugendlichen konsumiert wird, ist sehr umstritten, da ihr Alkoholgehalt durch den hohen Zuckergehalt, die z.T. - starke Aromatisierung und auch durch den Gehalt an Kohlensäure nicht wahrgenommen wird. Eine Flasche mit 275 ml enthält etwa soviel Alkohol wie zwei Gläser „Schnaps“ mit 40 % Vol. oder eine Flasche Bier. Um Jugendliche vom Kauf abzuhalten, ist u.a. eine Sonderabgabe von 83 Cent je Flasche ab 01.07.2004 geplant. In Frankreich, wo diese Maßnahme seit 1997 greift, sind Alkopops mittlerweile fast ganz vom Markt verschwunden. Wohlbefinden und Sorgenfreiheit durch Arzneimittel ? Frei verkäufliche Arzneidrogen wie Ginseng und Ginkgo biloba sind durch Presse und Fernsehwerbung dem Verbraucher wohl bekannt. Ihre Wirkungen werden häufig nicht exakt genannt, sondern eher pauschal mit „Stärkung“ oder „Steigerung des Wohlbefindens“ umschrieben. Diese positive Belegung beim Verbraucher nutzen nun vermehrt Hersteller von „Wellness-Tees“ und ähnlichen Produkten. Auch wenn in manchen Fällen die Zusätze so gering sind, dass ein pharmakologischer Effekt nicht mehr zu erwarten ist, muss das Prinzip gelten: Arzneimittel gehören nicht in Lebensmittel. Gleiches gilt für Kräutermischungen aus der ayurvedischen Medizin mit Arzneidrogen wie Johanniskraut oder Weißdorn. „Medizin“ ist nun einmal kein Lebensmittel. Zehn Teemischungen, vom „Wellness“ über den „Schlaf gut“ bis zum „Himmlischen Glückstee“ wurden wegen Beimischung von Arzneidrogen beanstandet. Mittagsmahlzeiten in Kindergärten und Verpflegung in Altenheimen sind oft unausgewogen! Mit dem vermehrten Angebot von Tagesplätzen in Kindergärten wächst auch die Notwendigkeit, die Kleinen zu verpflegen. Immer häufiger werden in solchen Tagesstätten warme Mahlzeiten selbst zubereitet oder aus CateringBetrieben aufgewärmt. Für viele Kinder ist dies oft die einzige warme Mahlzeit am Tag. Umso wichtiger ist es, dass diese Mahlzeiten dann ausgewogen sind und die wichtigsten Nährstoffe in ausreichender Menge enthalten. Dies ist leider nicht immer der Fall: bei 5 von 12 Mahlzeiten lag der für das Knochenwachstum so wichtige Calciumgehalt unter 40 % der empfohlenen Dosis. Ein Drittel der Proben war zu fett, und je ein Viertel hatte zu wenig Eisen oder war zu salzig. Das Landesuntersuchungsamt setzt bei seinen Untersuchungen auf Aufklärung und Beratung. Bewohner von Altenheimen sind häufig alleine auf das Verpflegungsangebot des Heimes angewiesen. Es ist daher besonders wichtig, dass diese Verpflegung ausgewogen ist, und dies gilt ganz besonders für Diabetiker, die häufig Übergewicht haben und brennwertreduzierte Kost erhalten. Mehr als die Hälfte der 30 Proben entsprach nicht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: jeweils 15 Tagesrationen waren zu fett, enthielten zu wenig 17 der für alte Menschen so wichtigen Vitamine A und Folsäure sowie Magnesium. Etwa ein Drittel der Proben war zu arm an Calcium und Eisen. Im Zeitalter der EDV, in dem maßgeschneiderte Software die vordem mühevolle Speiseplanung erleichtern kann, sollte dies nicht mehr vorkommen. Nahrungsergänzungsmittel: Bei „neuen Vital- und Wirkstoffen“ ist der kritische Verbraucher gefragt! Ernährt man sich mit einer abwechslungsreichen Mischkost ist eine „Ergänzung“ im Grunde nicht nötig, so sagt es uns auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Ergänzende bilanzierte Diäten, die neuartige Behandlung von Krankheiten mit Lebensmitteln Krankheiten können zu einem spezifischen Ernährungserfordernis führen. So sollen z.B. rheumatische Beschwerden durch zusätzlichen Verzehr von Fischöl, das reich an sog. Omega-3-Fettsäuren ist, gemildert werden. Damit wird Rheuma durch eine spezielle Diät zwar nicht geheilt, doch immerhin behandelt. Die Diät-Verordnung stellt an solche speziellen diätetischen Lebensmittel hohe Anforderungen: Es müssen eine Krankheit oder krankhafte Beschwerden vorliegen, die zu einem besonderen Ernährungsbedürfnis führen, welches nur mit der ergänzenden bilanzierten Diät gedeckt werden kann. Wenn man denselben Zweck mit „normalen“ oder anderen diätetischen Lebensmitteln auf einfache Weise erfüllen kann, bedarf es keiner ergänzenden bilanzierten Diät. Gleichwohl schwappt eine Flut neuer ergänzender bilanzierter Diäten über Apotheken, Drogerien, Reformhäuser, aber auch über den Einzelhandel auf den Markt. Angeboten werden Erzeugnisse gegen „Amalgamvergiftungen“, unspezifische Kinderkrankheiten, zur Stärkung des Immunsystems oder Vorbeugung von Mangelerscheinungen, zum Abbau von Stress bis hin zur Behandlung von Prostatakrebs. Eine wesentliche Ursache für dieses „Chaos“ ist die Tatsache, dass neue Produkte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lediglich angemeldet werden müssen, eine Prüfung erfolgt dabei nicht. Haben sie sich einmal über den Handel verbreitet, ist es sehr schwer, der Flut irreführender oder unzulässigerweise krankheitsbezogen beworbener Produkte Herr zu werden. Vier besonders dreist und irreführend beworbene Produkte wurden beanstandet, darunter ein Mittel, das Krebskranken bei Chemo- und Strahlentherapie helfen sollte, gleich welcher Krebs, welches Medikament, Strahlenquelle und -Dosis vorliegt, ein unverantwortlicher Umgang mit den Ängsten Schwerstkranker! Abb. 2.3: Nahrungsergänzungsmittel Wer dies aber aus irgend welchen Gründen nicht kann oder fürchtet, dennoch Defizite zu haben, mag getrost nach Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen greifen. Dabei sollte man allerdings sehr kritisch sein, wie die sehr hohe Beanstandungsquote von über 70 % (229 von 317 Proben) zeigt: Thermogenics, die mit Zutaten wie Ephedrin, Coffein, jodhaltigen Algen die Schilddrüsenfunktion und dadurch den Grundumsatz „anheizen“, damit ohne körperliche Anstrengung Fett „verbrannt“ wird, dienen nicht der Ernährung; es sind nicht zugelassene Arzneimittel. Vorsicht ist auch geboten bei „Kalorienblockern“, die eine Verwertung der Nahrung verhindern, oder bei Enzymen, die das Fett einfach „wegschmelzen“ sollen. „Schmelzen“ wird lediglich der Inhalt des Geldbeutels, insbesondere wenn man dem Verkäufer von „Kohlsuppenkapseln“ glaubt, man könne damit in kürzester Zeit sein Übergewicht loswerden. Die Hoffnung, schlank und schön zu werden, macht offensichtlich viele Verbraucher blind und kritiklos. Kritisch zu hinterfragen sind auch Präparate mit Isoflavonen aus Soja oder Rotklee mit (angeblich) phytoöstrogener Wirkung, die Frauen die Wechseljahre leichter durchleben lassen sollen. Wenn diese Wirkungen tatsächlich eintreffen, handelt es sich nicht um Lebensmittel sondern um Arzneimittel. Gleiches gilt für Extrakte der grünlippigen Meeresmuscheln mit Glucosaminen und Chondroitin, die bereits vor 25 Jahren als nicht zugelassene Arzneimittel aus dem Verkehr genommen wurden und nun wieder als „Nahrungsergänzung für gesunde Gelenke“ auftauchen. Die Wirkung bleibt weiterhin zweifelhaft. 18 Bis vor einigen Jahren wurde der aus den Blättern gepresste Saft der „Kaiserin der Heilpflanzen“ – Aloe vera – arzneilich (z.B. als Abführmittel) oder kosmetisch verwendet. Nun wird der Saft - vom abführenden Aloin befreit - als Wunder vollbringendes Getränk angepriesen: Vom Wohlbefinden über die Heilung von Krankheiten bis zur Erlangung der ewigen Jugend und Gesundheit reichen die Werbeversprechungen. Tatsache ist aber, dass viele der allerorts beworbenen 200 - 300 „Nähr- und Vitalstoffe“ nicht oder allenfalls in Spuren enthalten sind. Vorsicht geboten ist auch bei „Pflanzenextrakten“, in welchen „Bioflavonoide“, „Anthocyane“, „Lycopin“ oder „Lutein“ angereichert wurden. Diese so genannten sekundären Pflanzenstoffe werden mit Lebensmitteln wie Obst oder Gemüse verzehrt und haben dabei möglicherweise einen gesundheitlichen Nutzen. Es ist aber noch nicht bekannt, welche Wirkungen und möglicherweise auch Nebenwirkungen von diesen Stoffen ausgehen, wenn sie isoliert und konzentriert mit Nahrungsergänzungsmitteln verzehrt werden. Nach derzeit geltendem Lebensmittelrecht sind sie als nicht zugelassene Zusatzstoffe zu beurteilen, wie das OLG Koblenz im Falle von Lycopin eindrucksvoll bestätigt hat. Im Frühjahr 2003 ging ein zehn Jahre dauerndes Katz- und Maus-Spiel zwischen einem Importeur von so genannten Nahrungsergänzungen und der Lebensmittelüberwachung zu Ende. 25 nicht zugelassene Arzneimittel (sämtlich als Nahrungsergänzungsmittel „getarnt“) und 22 Nahrungsergänzungsmittel mit nicht zugelassenen Zusatzstoffen hatten die Beschuldigten über Jahre hinweg in den Verkehr gebracht und hierbei mit beachtlicher krimineller Energie immer wieder die Lebensmittelüberwachung „umgangen“. Das Landgericht Bad Kreuznach verurteilte sie nun (rechtskräftig) zu Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden und setzte in seiner Entscheidung Maßstäbe für die Abgrenzung der Lebensmittel von den Arzneimitteln, insbesondere auch was hochdosierte Vitaminpräparate anbelangt: Erzeugnisse, die Vitamine in solchen Dosen enthalten, wie sie bei Arzneimitteln zur Therapie von Krankheiten zugelassen wurden, können keine Lebensmittel sein, es sind Arzneimittel. An Bedeutung gewonnen hat die Zusammenarbeit mit dem Zoll, der immer wieder Warensendungen prüft und bei der Frage „Lebensmittel oder Arzneimittel“, „verkehrsfähig oder nicht“, vermehrt das Landesuntersuchungsamt um Rat bittet. Die Beanstandungsquote ist auch hier sehr hoch. Die „schwarzen Schafe“ lernen aber auch dazu: die Vertriebswege werden immer undurchsichtiger, und schließlich ist der schwunghafte Handel über das Internet schwer zu überwachen. Dem Verbraucher muss deutlich gemacht werden, dass die Bestellung im Internet ein riskanter Griff in eine „Black Box“ sein kann. „Wundermittel“ gibt es nur im Märchen oder bei Dr. Eisenbarth. Lebensmittel-Bestrahlung: Erfreuliche Untersuchungsergebnisse Auch im Jahr 2003 wurde eine Vielzahl von Proben auf eine Behandlung mit ionisierenden Strahlen überprüft. In Deutschland ist lediglich die Bestrahlung von Gewürzen und Kräutern zulässig. Eine Kenntlichmachung durch den Wortlaut „bestrahlt“ oder „mit ionisierenden Strahlen behandelt“ ist in diesen Fällen erforderlich. Augenmerk wurde bei den Untersuchungen auch auf teeähnliche Erzeugnisse sowie auf Nahrungsergänzungsmittel wie z.B. Spirulina-Kapseln gelegt. Anlass hierfür war ein Bericht der Europäischen Kommission, wonach bei solchen Produkten in Großbritannien ein positiver Bestrahlungsbefund ermittelt wurde. Alle untersuchten 141 Proben waren unbestrahlt. Dieses erfreuliche Ergebnis ist auch darauf zurückzuführen, dass in Rheinland-Pfalz seit 1992 umfangreiche Untersuchungen auf eine unzulässige Strahlenbehandlung mittels Thermolumineszenz-Analyse, Elektronenspinresonanzspektroskopie (ESR) und Gaschromatographie gekoppelt mit der Massenspektrometrie (GC/MS) durchgeführt werden. Gentechnisch veränderte Bestandteile in bestimmten Mais- und Sojaprodukten häufig nachweisbar, aber in sehr geringen Mengen Soja: 131 meist sojahaltige Proben wurden auf gentechnisch veränderte „Roundup Ready“-Soja untersucht. Kennzeichnungspflichtige Mengen (> 1 %) waren in keiner Probe nachweisbar. 16 % der Proben wiesen meist sehr geringe Mengen bis zu 0,1 % (bezogen auf die Sojazutaten) auf. Auch Säuglingsnahrungen auf Basis von Sojaprotein-Isolat und andere Lebensmittel mit Sojaprotein-Isolat wie Sportler- oder Aufbaunahrungen waren davon betroffen. Fünf von sieben Proben Maismehl bzw. Maisgrieß wiesen Soja-Spuren auf, eine davon enthielt auch gentechnisch veränderte „Roundup Ready“- Soja. Eine Kontamination in einer Mühle als Ursache ist naheliegend. Auch in zwei Proben ganzer Maiskörner zur Herstellung von PopcornMais waren sehr geringe Spuren von „Roundup Ready“Soja nachweisbar. Denkbar ist hier eine Kontamination während des Anbaus (Pollenflug), des Transports (Schiffe, Waggons, Container, Säcke), des Umschlags im Hafen (Soja staubt sehr stark) oder der Reinigung der Maiskörner in der Mühle. Mais: Gentechnisch veränderter Mais war seltener nachweisbar: 11 von 76 Proben (14 %) wiesen Spuren von gentechnisch verändertem Mais auf, wobei alle Gehalte meist deutlich unter 0,1 % lagen. Bei den positiven Probenhandelte es sich vor allem um Maismehle und Maisgrieße. Eine Kontamination in einer Mühle ist naheliegend. 19 Bio-Produkte: 61 der 195 untersuchten Proben waren als Bio-Produkte gekennzeichnet. Davon enthielten fünf Proben (8 %) Spuren gentechnischer Veränderungen, die jedoch durchweg deutlich unter 0,1 % lagen. Dagegen wiesen 20 % der Nicht-Bio-Produkte Spuren gentechnischer Veränderungen auf (jeweils meist unter 0,1 %). Mit „ohne Gentechnik“ gekennzeichnete Produkte: Eine Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ wiesen 13 der untersuchten Proben auf (7 %). Davon enthielten zwei Proben sehr geringe Spuren (deutlich unterhalb von 0,1 %) von „Roundup Ready“ - Soja. Solche unbeabsichtigten und unvermeidbaren Spuren sind auch bei Lebensmitteln, die eine „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung aufweisen, zu dulden. Belasten unsere Lebensmittel den Verbraucher mit Arzneimittelrückständen - wie wird kontrolliert? In den letzten zwei Jahren standen „neue Wege“ der Entstehung von Arzneimittelrückständen in Lebensmitteln im Mittelpunkt der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die Suche gilt heute nicht mehr nur dem vereinzelten Verstoß durch die Nichteinhaltung von Wartezeiten oder die Anwendung nicht zugelassener Substanzen (Rückstände im „klassischen“ Sinn). Vielmehr richtet sich der Fokus auf die Aufdeckung der „Kontamination“ von Lebensmitteln auf allen Ebenen der Vermarktung vom Primärerzeuger bis zur Verarbeitung. Hier gilt es besonders die vermeidbare Verschleppung von Arzneimittelkomponenten aus Arzneifuttermitteln bei der Futtermittelmischung und –herstellung oder den Einsatz nicht erlaubter Fütterungsarzneimitteln (besonders in nicht EU-Staaten) aufzuspüren. Die Analysen in diesem Zusammenhang werden im unteren Spurenbereich durchgeführt, da für die verbotenen Substanzen das Prinzip der Nulltoleranz angewandt wird. Bei der routinemäßigen Untersuchung von Eiern wurden in Deutschland Ende 2003 Rückstände des Kokzidiostatikums Lasalocid nachgewiesen. Bei der Haltung großer Geflügelbestände ist es notwendig, als Vorkehrung gegen Darmparasiten in einem definierten Zeitraum während der Aufzucht Antikokzidia/Kokzidiostatika einzusetzen. Ein strenges Fütterungsschema soll sicherstellen, dass Rückstände nicht in Eier und Fleisch gelangen. Durch die Untersuchungen der Eier wurde aufgedeckt, dass das bisherige System der Futtermittelüberwachung nicht in jedem Fall eine Verschleppung an z.B. Lasalocid in Futtermittel für Legehennen ausschließen konnte, da die bei der Futtermittelüberwachung an gewendeten Untersuchungsmethoden nicht ausreichend empfindlich genug arbeiteten. Bei der Herstellung von Legehennenfutter waren nicht entdeckte Restgehalte aus der vorhergehenden Produktion Lasalocid haltigen ArzneiFuttermittels verschleppt worden. Die daraufhin eingeleitete Untersuchung von exemplarischen Betrieben in Rheinland-Pfalz führte in vier Fällen zum Nachweis von Lasalocid in Spuren und einer vorsorglichen Sperrung der Bestände. Alle Bestände hatten Futtermittel derselben Futtermühle erhalten. Nachdem neue Futtermittelchargen ausgeliefert und verfüttert wurden, konnte die Rückstandsfreiheit durch Nachuntersuchungen belegt werden. Da es sich um sehr geringe Konzentrationen gehandelt hat, bestand zu keinem Zeitpunkt eine akute Gefährdung für den Konsumenten. Der intensive Einsatz von Antibiotika in Aquakulturen hat die EU zeitweise zu einer generellen Untersuchungspflicht für bestimmte Erzeugnisse bei der Einfuhr veranlasst. Mit dem Flughafen Hahn erwächst dem Land Rheinland-Pfalz eine besondere Verantwortung, da er de facto eine „EU-Außengrenze“ darstellt. Die Aquakultur als eine spezielle Form der Massentierhaltung führt zu einem erheblichen Einsatz von Arzneistoffen und bei nicht korrekter Anwendung zu zum Teil erheblichen Rückständen im Enderzeugnis. Das LUA hat im Berichtszeitraum in regelmäßigen Abständen z.B. Nilbarsch-, Wels- und Flusskrebsfleisch aus Uganda, Australien oder Armenien auf Rückstände an Chloramphenicol und Nitrofuranmetaboliten untersucht. Nachweise wurden 2003 erfreulicherweise nicht geführt. Zwar wurden 2003 insgesamt keine für den Verbraucher relevanten Gefährdungen aufgedeckt, die abschreckende Wirkung regelmäßiger Stichprobenkontrollen muss jedoch als sehr hoch eingeschätzt werden. Pestizide: bei 3,8 % der über 1.000 untersuchten Proben lagen die Gehalte über dem Grenzwert Das Landesuntersuchungsamt prüft Obst und Gemüse auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln (Fungizide, Insektizide, Herbizide). Es erfüllt damit, zusammen mit den Dienststellen der amtlichen Lebensmittelüberwachung vor Ort, den gesetzlichen Auftrag, durch Stichprobenuntersuchung darüber zu wachen, dass die Grenzwerte (= Höchstmengen) der Rückstandshöchstmengenverordnung eingehalten werden. Dabei handelt es sich um geringe Mengen der Pflanzenbehandlungsmittel, die nach Anwendung unter Einhaltung der Guten Landwirtschaftlichen Praxis (GLP) im Endprodukt noch enthalten sein dürfen. Primär tragen dafür die Erzeuger, Groß- und Einzelhändler die Verantwortung, die durch Eigenuntersuchungen im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht darauf zu achten haben, dass die Grenzwerte für Rückstände eingehalten sind. Mit aufwändigen Analysenverfahren wurden 1.087 Stichproben aus dem Groß- und Einzelhandel auf eine breite Palette zugelassener und nicht zugelassener Wirkstoffe untersucht. Damit liegt Rheinland-Pfalz über dem bundesweiten Durchschnitt der pro Einwohner auf Pestizide untersuchten Proben. Rückstände wurden bei Frischobst in 77 % und bei Gemüse in 50 % der Proben nachgewiesen. Höchstmengenüber- 20 schreitungen führten in 5,1 % der untersuchten Gemüseproben, in 2,1 % bei Obst und 5,5 % bei Obsterzeugnissen zu Beanstandungen. Besonders negativ fielen bei den Gemüseerzeugnissen die Weinblätter auf. Die Beanstandungsquote lag hier bei 54%. Schwerpunkt der insgesamt 41 Höchstmengenüberschreitungen waren neben vier Proben Kopfsalat vier Proben Rucolasalat und sieben Proben Weinblätter. Zum Jahresende hin wurden in deutschem Kopf- und Feldsalat für diese Kulturen nicht zugelassene Wirkstoffe nachgewiesen und beanstandet. Im Rahmen von Sonderprogrammen wurden verstärkt Waren, die saisonbedingt in erheblichem Umfang umgesetzt werden, untersucht. Es handelte sich dabei um Früherdbeeren, Gemüsepaprika und Tafeltrauben. Die Belastung von Tafeltrauben über Gemüsepaprika zu Früherdbeeren nahm ab. Wurden in den Proben Rückstände nachgewiesen, so waren es in zwei Drittel der Fälle mehr als zwei Wirkstoffe. Die Beanstandungsquote fiel insgesamt niedrig aus. Dem Anspruch des Verbrauchers, im Beanstandungsfall noch Maßnahmen vor dem Abverkauf der Ware ergreifen zu können, kann in Anbetracht des schnellen Warenumschlags bei Obst und Gemüse in nur wenigen Tagen nur selten entsprochen werden. Acrylamid – Minimierungskonzept zeigt erste Erfolge Im Frühjahr 2002 wurde erstmals bekannt, dass beim Braten, Backen und Frittieren von gewissen stärkehaltigen Lebensmitteln Acrylamid entstehen kann. Der Stoff löst im Tierversuch Krebs aus. Mit großer Wahrscheinlichkeit gilt das ebenfalls für den Menschen. Da der Signalwert kein rechtsverbindlicher Grenzwert ist, wird die Verkehrsfähigkeit der betroffenen Erzeugnisse allerdings nicht berührt. 2003 wurden ca. 280 Proben aus Handel und Gastronomie auf Acrylamid untersucht. Eine Übersicht über die schwerpunktmäßig untersuchten Lebensmittel gibt die folgende Tabelle: Lebensmittel Durchschnittl. Gehalt (M edian) (µg/kg) Signalw ert ab Dez. 2003 (µg/kg) Knäckebrot 321 610 Kekse 113 575 Spekulatius 168 710 Kräcker 383 1.000 Lebkuchen 149 1.000 Pommes frites 200 570 Bratkartoffeln 307 1.000 Kartoffelchips 641 1.000 Röstkaffee, gemahlen 189 370 Löslicher Kaffee 846 1.000 Ersatzkaffee 930 1.000 Tab. 2.2: Acrylamidergebnisse 2003 Auch wenn inzwischen bei einigen Lebensmitteln wie Pommes frites und Kartoffelchips die Gehalte an Acrylamid leicht zurückgingen, so muss doch immer noch von deutlichen Werten in den betroffenen Lebensmittelgruppen insgesamt gesprochen werden. Zudem konnten die Toxikologen noch keine neuere gesundheitliche Bewertung vornehmen, da entsprechende Forschungsprojekte – die naturgemäß über einen längeren Zeitraum laufen – noch nicht abgeschlossen sind. Acrylamid wird daher weiterhin als für den Menschen möglicherweise krebserzeugend eingestuft. Ein rechtsverbindlicher Grenzwert konnte wegen der noch offenen toxikologischen Fragen bisher nicht festgelegt werden. Während der Durchschnitt der Gehalte bei keiner Lebensmittelgruppe den jeweiligen Signalwert überschreitet, lagen von den 280 untersuchten Proben 10 Einzelproben oberhalb des Signalwertes, davon drei von acht untersuchten Proben Ersatzkaffee (Malz- bzw. Zichorienkaffee), wobei in diesem Fall - wie bei Kaffee überhaupt - durch die Zubereitung zu einem Getränk ein gewisser „Verdünnungseffekt“ auftritt. Der Gehalt sollte aber vorsorglich so weit wie möglich gesenkt werden. Diesem Ziel dient das zwischen Bund und Ländern vereinbarte dynamische Minimierungskonzept, in dessen Rahmen für jede Produktgruppe Signalwerte aus den bisher erhaltenen Ergebnissen so ermittelt werden, dass nur 10 % der Werte diesen Signalwert überschreiten. Die betroffenen Hersteller werden von der Überschreitung unterrichtet und aufgefordert, unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Gehalte zu ergreifen. Grundsätzlich einbezogen sind auch alle Produkte, deren Acrylamidgehalte über 1.000 µg/kg liegen. Im Mai 2003 wurde in Frankreich der Farbstoff Sudan I in Chilipulver aus Indien gefunden, die Mitgliedsstaaten wurden wie üblich mittels Schnellwarnung informiert. Sudan I ist ein künstlicher Azofarbstoff, der normalerweise zum Färben von Mineralölprodukten verwendet wird. Er soll Chilipulver die vermeintlich „scharfe Farbe“ verleihen und so eine bessere Qualität vortäuschen. Als Zusatzstoff zu Lebensmitteln ist Sudan I jedoch europaweit nicht zugelassen. Da es sich dabei um ein genotoxisches Karzinogen handeln könnte, hat die Europäische Kommission aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes mit ihrer Sudanrot in Lebensmitteln - Unzulässiger Zusatz 21 „Entscheidung vom 20. Juni 2003 über Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich scharfer Chilis und scharfer Chilierzeugnisse“ verfügt, dass Chilis und Chiliprodukte nur in den Wirtschaftsraum der Europäischen Gemeinschaft eingeführt werden dürfen, wenn in einem der Ware beigefügten Analysenzertifikat die Abwesenheit von Sudan I bestätigt wird. Auch die fettlöslichen Azofarbstoffe Sudan II, III und IV wurden in einigen Lebensmitteln nachgewiesen. Sie sind ebenfalls nicht zugelassene Zusatzstoffe. Zur „Gesundheitlichen Bewertung der Farbstoffe Sudan I bis IV in Lebensmitteln“ teilte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) am 19.11.2003 mit, dass bei geringer Aufnahmemenge eines Lebensmittels und gleichzeitig niedriger Sudankonzentration das Risiko einer Gesundheitsschädigung gering sei. Aus Vorsorgegründen sollte jedoch die Aufnahme solcher Stoffe so niedrig wie möglich sein bzw. eine Exposition nach Möglichkeit vermieden werden. Gleichwohl sind bereits Spuren dieser Farbstoffe in Lebensmitteln unzulässig. Im Berichtsjahr wurden insgesamt 181 chilihaltige Erzeugnisse mittels HPLC/MS auf Sudan I überprüft. Acht Proben - Gewürzmischungen, Saucen, Gewürzpasten, rote Gnocchi’s und Rohwürste - waren positiv und wurden beanstandet. Die Gehalte lagen zwischen 0,4 und 180 mg/ kg. Zu diesen Proben wurden Schnellwarnungen herausgegeben. Semicarbazid (SEM) in Babygläschen - eine neue Herausforderung für die Verpackungsindustrie Mitte 2003 wurde bekannt, dass in PVC-Dichtungsmaterial von Twist off–Deckeln Semicarbazid (SEM) enthalten ist, bis zu 7 mg SEM/kg Kunststoff. Weitere Untersuchungen ergaben, dass SEM aus dem Treibmittel Azodicarbonamid entsteht, das zum Aufschäumen des Dichtungsmaterials verwendet wird, und dass SEM von hier in das Lebensmittel übergeht. Betroffen sind Waren in Gläsern und Flaschen mit Twist off–Deckeln und PT (Press on/Twist off)-Deckeln. Insbesondere wurde Babynahrung in Gläschen untersucht und dabei eine Kontamination von bis zu 25 µg/kg Babynahrung festgestellt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam in seiner gesundheitlichen Bewertung zu dem Schluss, dass trotz der noch bestehenden Unsicherheit hinsichtlich Exposition und Toxizität das Risiko sowohl für den erwachsenen Verbraucher als auch für Kleinkinder derzeit als gering einzuschätzen ist. Momentan ist noch kein Ersatz für Azodicarbonamid in Sicht, der ebenfalls eine für den luftdichten Verschluss geeignete aufgeschäumte Dichtungsmasse liefert und damit die mikrobiologische Kontamination des Lebensmittels vermeidet. Die Industrie bleibt aber weiter dringend gefordert, alternative Technologien für das Schäumen der Dichtungsmassen zu entwickeln, die zur Reduzierung bzw. Vermeidung der SEM-Belastung in Lebensmitteln, insbesondere bei Babykost, führen, ohne den hohen Standard für die mikrobiologische Sicherheit der Lebensmittel aufzugeben. Die EU-Kommission hat inzwischen reagiert und durch Änderung der entsprechenden Richtlinie die Verwendung von Azodicarbonamid ab dem 2. August 2005 verboten. Die untersuchten 10 Proben Babynahrung waren alle positiv. Der höchste Gehalt lag bei 15 µg/kg Lebensmittel, entsprechend ca. 4 µg/Gläschen. Die Untersuchungen werden in 2004 an Verschlusssystemen mit geschäumtem Material und den damit verpackten Lebensmitteln (Babynahrung, Konserven, Getränke) fortgesetzt. 3-MCPD - Vorkommen in Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen Bisher war die Substanz 3-Monochlor-1,2-propandiol (3-MCPD) vorwiegend als unerwünschter Stoff in solchen Sojasoßen bekannt, die zeitsparend durch Behandlung mit Säure hergestellt wurden. 3-MCPD entsteht dabei aus dem Fettanteil im Soja. Traditionell wird Sojasoße auf mikrobiellem Wege durch einen aufwendigen und dadurch viel teureren enzymatischen Produktionsprozess hergestellt. Seit einer toxikologischen Neubewertung im Jahr 2001 wird 3-MCPD als nicht genotoxisches Karzinogen betrachtet, und es wurde eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 2 µg/kg Körpergewicht ermittelt. Für Sojasoßen wurde daraufhin in der EG-Kontaminanten-HöchstgehaltVerordnung ein Grenzwert für 3-MCPD von 0,05 mg/kg in der Trockenmasse des Erzeugnisses festgelegt. Derzeit werden aber auch andere Lebensmittel auf 3-MCPD untersucht, um zu klären, ob für weitere Lebensmittel Höchstgehalte festgesetzt werden müssen. Neben 19 Sojasoßen wurden insgesamt 110 weitere Lebensmittelproben aus n eun Warengruppen auf 3-MCPD untersucht. Die Lebensmittelgruppen wurden nach den Kriterien „hohe Verarbeitungstemperatur“ sowie „Fett und Kochsalz enthalten“ ausgewählt, u.a. Brot, Feinbackwaren, Kinderkekse, geräucherte und gebratene Fleisch- und Fischerzeugnisse, Bratensoßen und Kartoffelchips. Bei keiner der Sojasoßen war der Grenzwert für 3-MCPD überschritten, während dies in früheren Jahren noch mehrfach vorkam. In etwa 60 % der anderen Lebensmittel war 3-MCPD nicht oder nur in Spuren nachweisbar (unter 10 µg/kg). Die restlichen 40 % der Proben enthielten 3-MCPD, wobei der Maximalwert von 124 µg/kg ausgerechnet in einem Kinderkeks ermittelt wurde. 3-MCPD kann aber auch in Papieren für den Lebensmittelkontakt vorkommen, die im feuchten bzw. nassen Zustand verwendet werden sollen, ohne durchzuweichen und zu reißen. Um diese Eigenschaft bei Küchentüchern, 22 Kaffeefiltern und Teebeutelpapieren zu erreichen, werden Epichlorhydrinharze als „Nassfestmittel“ eingesetzt. Aus diesen können 3-MCPD sowie 1,3-Dichlor-2-propanol (DCP) als Verunreinigungen in die Papiere gelangen. Beide Stoffe sind gut wasserlöslich und können daher leicht aus einem „nassfesten“ Papierprodukt in wässrige Lebensmittel, z.B. Kaffee, übergehen. DCP wird als genotoxisches Karzinogen eingestuft, so dass kein Grenzwert festgelegt werden kann, da schon geringste Mengen eine Wirkung haben können. Für Papiererzeugnisse wurden deshalb in die Empfehlung XXXVI der Kunststoffkommission des BfR die Anforderungen aufgenommen, dass der Übergang von DCP in den Wasserextrakt der Fertigerzeugnisse nicht nachweisbar sein darf (unter 2 µg/l) und dass der Übergang von 3-MCPD in den Wasserextrakt den Richtwert von 12 µg/l nicht überschreiten darf. Im Jahr 2003 wurden über 50 verschiedene Papierprodukte untersucht. Während in Backpapieren und Tortenspitzen DCP und 3-MCPD nicht nachweisbar waren, wurden bei einigen Butterbrotpapieren, Frühstücksbeuteln und Küchenpapiertüchern Richtwertüberschreitungen für 3MCPD festgestellt und Beanstandungen ausgesprochen. Mykotoxine: Natürliche Kontaminanten von großer Relevanz 434 Proben wurden auf Mykotoxine untersucht. Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Sie werden in Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen und vom Lebensmittel gebildet. Sie besitzen sehr unterschiedliche Strukturen und sind gesundheitsschädlich. Die Aflatoxine, Ochratoxin A, die Fumonisine, Zearalenon, Deoxynivalenol und Patulin treten am häufigsten auf, so dass entweder EU-weite oder nationale Grenzwerte bestehen. Einen Spiegel der aktuellen Situation stellen die Ergebnisse von 182 Untersuchungen aus der Aflatoxingruppe dar. Neben den häufig belasteten Pistazien, Feigen, Erdnüssen, Mandeln, Haselnüssen und verschiedenen Gewürzen ist die Situation bei Paranüssen weiterhin unbefriedigend. Dieses seit Jahren bestehende Problem lässt sich sicherlich nicht durch eine Vorführpflicht beheben, indem jede Charge vor der Einfuhr durch ein amtliches Labor überprüft wird. Äußerlich sind verschimmelte Nüsse in der Schale nicht als solche zu erkennen. Somit haben weder Verarbeiter noch Verbraucher die Möglichkeit, sich zu schützen. Seit Jahren wird deshalb von Überwachungsseite die Forderung erhoben, nur geschälte Ware zum Verkehr zuzulassen. Außer bei den Paranüssen waren Grenzwertüberschreitungen bei je einer Probe Erdnusscreme und Pistazienpaste, einem Vorprodukt der Speiseeisherstellung, sowie erstmals bei Melonenkernen aus Nigeria festzustellen. Seit letztem Jahr gelten EU-weit Grenzwerte für Patulin, ein Mykotoxin, das hauptsächlich bei Kernobst auftritt. Das Ziel ist, diese bis spätestens Mitte 2005 zu überprüfen und weiter abzusenken. In sieben von 52 Apfelsäften konnte Patulin unter der Höchstmenge nachgewiesen werden. Ein weiterer Schwerpunkt war die Untersuchung von 106 verschiedenen Proben auf Ochratoxin A. Dieses weit verbreitete Mykotoxin wurde in nennenswerten Mengen u.a. in Dessert- und Glühweinen, Trockenfeigen sowie Gewürzen wie Curry, Ingwer, Zimt, Muskatnuss, Paprikaund Chilipulver nachgewiesen. Diese Untersuchungen dienten bislang hauptsächlich der Datenbestandsaufnahme, da bisher lediglich Grenzwerte für Getreide und getrocknete Weinbeeren existieren. Von zunehmender Bedeutung ist der Nachweis der Fumonisine in Mais sowie von Deoxynivalenol (DON) und anderer Fusariumtoxine in Getreide und seinen vielfältigen Erzeugnissen. So lagen bei der Untersuchung von 15 Maiserzeugnissen sechs Produkte über den in der Zwischenzeit geltenden Höchstmengen. 83 Proben Brot, Hartweizengrieß und Teigwaren zeigten nur bei Durumprodukten vereinzelt hohe Konzentrationen an DON. Günstig wirkte sich die lange Trockenperiode des Sommers 2003 aus, wodurch das Pilzwachstum und damit die Schimmelpilzgift-Bildung reduziert wurden. Die 32 untersuchten Proben Brotgetreide wiesen nur unwesentliche Gehalte an Fusariumtoxinen auf. Radiocäsiumbelastungen bei Wildschweinen in Rheinland-Pfalz – Folge von Tschernobyl Am 26. April 2003 jährte sich der Reaktorunfall von Tschernobyl zum 17. Mal. Noch immer darf in bestimmten Gebieten in Rheinland-Pfalz erlegtes Schwarzwild wegen – jahreszeiten- bzw. futterabhängig – zu hoher radioaktiver Belastung nicht in Verkehr gebracht werden. Der „Fallout“ von Tschernobyl hat die Flächen der Bundesrepublik Deutschland je nach Niederschlagsmenge Anfang Mai 1986 unterschiedlich stark kontaminiert. Er enthielt in Deutschland nur vernachlässigbar geringe Mengen radioaktiver Strontium-Isotope. Ein erheblicher Teil der Gesamtstrahlenbelastung stammte von den radioaktiven Cäsium-Isotopen Cäsium-134 und Cäsium-137 (Radiocäsium). Da Cäsium-134 eine physikalische Halbwertszeit von zwei Jahren hat, ist derzeit nur noch Cäsium137 mit seiner physikalischen Halbwertszeit von 30 Jahren von Bedeutung. Während Cäsium-137 auf Grund seiner physikalischen Eigenschaften auf landwirtschaftlich genutzten Flächen so fest im Boden gebunden ist, dass es nicht mehr in die Nahrungskette aufgenommen werden kann, tritt es auf den sauren Waldböden vorwiegend in den organischen Schichten auf und gelangt über die Versorgungswurzeln wieder in die Pflanzen. Hierdurch kommt es zu einem geschlossenen Kreislauf von Cäsium-137 in Waldökosystemen, der dort noch viele Jahrzehnte zu erhöhten Cäsium-Belastungen führen wird. 23 Da sich die meisten Wildtiere, die in geschlossenen Waldökosystemen leben, von den Pflanzen ernähren, die dort wachsen, nehmen sie deutlich mehr Cäsium-137 auf. Besonders stark ist Schwarzwild betroffen, das als Allesfresser einen erheblichen Teil seiner Nahrung aus dem Boden wühlt und dabei kontaminierte Futterbestandteile, insbesondere Hirschtrüffel, aufnimmt. Aufgrund dieser Cäsium-Belastungen wurden im August 2001 vom Ministerium für Umwelt und Forsten in Rheinland-Pfalz die Gebiete Pfälzerwald und Hochwald ausgewiesen, in denen jedes erlegte Stück Schwarzwild vor In-Verkehr-Bringen auf Radiocäsium untersucht werden muss. Im Jahr 2003 wurden allein im Landesuntersuchungsamt 1.404 Proben Schwarzwild untersucht, von denen 161 den Grenzwert von 600 Becquerel (Bq) Gesamtcäsium pro Kilogramm Frischfleisch (Bq/kg) überschritten und nicht in den Verkehr gelangten. Nitrosamine, erhöhte Gehalte in Luftballons Nitrosamine gehören zu den stärksten chemischen Karzinogenen. Sie entstehen durch die Reaktion nitrosierender Stoffe mit Aminen oder anderen chemischen Verbindungen, die eine Aminogruppe enthalten. 2003 wurden 81 Proben auf ihren Nitrosamingehalt untersucht. Bei 24 von 38 untersuchten Bieren lagen die Nitrosamingehalte unter der Nachweisgrenze, bei zwei Proben Doppelbockbier lag der Nitrosamingehalt über dem Richtwert (0,6 bzw. 0,9 µg/l). Von den 18 untersuchten Saugerproben lagen bei zwei Proben die Gehalte der nitrosierbaren Stoffe über der in der Bedarfsgegenstände-Verordnung genannten Höchstmenge von 100 µg/kg für nitrosierbare Stoffe (163 bzw. 143 µg/kg). Die Höchstmenge für Nitrosamine von 10 µg/ kg wurde von keiner Probe überschritten, bei 14 Saugerproben lag der Nitrosamingehalt sogar unter der Nachweisgrenze. Bei 10 der 11 Luftballonproben waren N-Nitrosodimethylamin (NDMA), N-Nitrosodiethylamin (NDEA) und N-Nitrosodibutylamin (NDBA) sowie zu NDMA, NDEA und NDBA nitrosierbare Stoffe vorhanden. Die Gehalte für die Summe der Nitrosamine reichte von nicht nachweisbar bis 234 µg/kg, mit einem Mittelwert von 70 µg/kg. Die Summe der nitrosierbaren Stoffe reichte von nicht nachweisbar bis 1.594 µg/kg, der Mittelwert betrug hier 830 µg/kg. Die Rechtslage ist hier nach wie vor unbefriedigend. Während bei Saugern in der BedarfsgegenständeVerordnung Höchstwerte genannt werden (10 µg/kg für Nitrosamine bzw. 100 µg/kg für nitrosierbare Stoffe), gibt es zur Beurteilung der Luftballons, die von Kindern auch in den Mund genommen werden, nur Richtwerte, die auf einer toxikologischen Beurteilung des BgVV (heute BfR) basieren. Danach gelten bei Luftballons 400 µg extrahierbare Nitrosamine/kg und 2.000 µg nitrosierbare Stoffe/kg als unbedenklich. Die Richtwerte des BfR wurden bei keiner Probe überschritten. Legt man die strengen Höchstwerte der Bedarfsgegenstände-Verordnung für Sauger der Bewertung zugrunde, so wurden bei 10 Proben der Wert für Nitrosamine und bei sieben Proben der Wert für nitrosierbare Stoffe überschritten. Kosmetische Mittel können mit krebserregendem N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) belastet sein. Die Gehalte entstehen entweder aus eigentlich harmlosen Rohstoffen, die bei – rechtswidriger - gemeinsamer Verwendung in einer Rezeptur zu diesem gesundheitsschädlichen Stoff reagieren oder sind in Ausgangstoffen als Verunreinigung enthalten. 2003 wurden acht Sonnenschutzmittel, vier Wimperntuschen sowie zwei verschiedene Chargen einer Waschlotion (Flüssigseife) auf NDELA untersucht. Erhöhte Gehalte wurden in den zwei Proben Flüssigseife (79 und 64 µg/kg) und einer Probe Wimperntusche (27 µg/kg) nachgewiesen. In den anderen elf Kosmetikproben war NDELA nicht nachweisbar. Kosmetische Mittel: Nicht immer ohne unerwünschte Nebenwirkungen Auf den Markt der kosmetischen Mittel drängen – dem Trend der Zeit folgend – immer rascher neue Produkte mit innovativen Wirkstoffen. Im Spannungsfeld zwischen ausgelobter und vom Käufer erwünschter Wirkung eines Kosmetikums und unerwünschter Nebenwirkung muss die amtliche Überwachung neue Trends frühzeitig erkennen und Methoden zum Nachweis und zur Bestimmung neuer Wirkstoffe erarbeiten. Ebenso wichtig ist die Überwachung von aus gesundheitlichen Gründen bereits gesetzlich reglementierten Wirkstoffen. Daran orientiert sich unser jährlicher Probenplan. Im Berichtsjahr untersuchten wir Produkte zur Bräunungsbeschleunigung, die durch Zusatz von durchblutungsfördernden Wirkstoffen wie Nicotinsäureestern den Bräunungsvorgang auf der Sonnenbank intensivieren sollen (Tingle-Effekt). Die Verwendung dieser Substanzen in Verbindung mit der UV-Bestrahlung ist gesundheitlich bedenklich, da als unerwünschte Nebenwirkungen Hautreizungen und bleibende Hautschäden möglich sind. Eine weitere Produktgruppe, deren rechtliche Reglementierung wir für dringend erforderlich halten, sind ätherische Öle, z.B. Teebaumöl, wenn sie zur unverdünnten Anwendung auf der Haut bestimmt sind. Wir beanstandeten acht Produkte, weil Warnhinweise, die über mögliche Nebenwirkungen informieren, fehlten. Obwohl als Modetrend bereits vor mehr als 20 Jahren aus den USA zu uns gekommen, stellen Acrylatgele zur Modellage künstlicher Fingernägel eine immer noch wenig untersuchte Produktgruppe dar. Da Berichte über allergische Reaktionen gegen bestimmte Acrylatmonomere zunehmen, untersuchten wir im Berichtsjahr 25 Produkte auf diese Inhaltsstoffe. Alle untersuchten Produkte mussten beanstandet werden, weil sie als „sensibilisierend bei Hautkontakt“ eingestufte Acrylate enthielten, diese Stoffe in der Liste der Bestandteile nicht 24 genannt waren und/oder Warnhinweise fehlten, die die Verwender auf die möglichen gravierenden Nebenwirkungen aufmerksam machen. Obwohl Hydrochinon in Produkten zur Bleichung der Haut wegen seiner möglichen krebserregenden Wirkung seit 2001 nicht mehr verwendet werden darf, war eine Bleichcreme unzulässigerweise im Handel, die mit 3,8 % Hydrochinon sogar noch wesentlich mehr als die früher erlaubte Menge von 2 % enthielt. Wegen Überschreitung des gesetzlich zulässigen Höchstgehaltes des in höheren Konzentrationen sensibilisierend wirkenden Konservierungsmittelgemisches aus Methylisothiazolinon und Chlormethylisothiazolinon beanstandeten wir ein Hautgel und zwei Flüssigseifen. Dies ist vorwiegend ein Problem von Reinigungsmittelherstellern, die nur zur Abrundung ihres Sortimentes zusätzlich Handseife herstellen und denen oft nicht bewusst ist, dass dabei die strengeren Vorschriften der Kosmetik-Verordnung zu beachten sind. Nicht konservierte Produkte sind jedoch keineswegs immer „gesünder“. Wegen Verkeimung mit fakultativ pathogenen Keimen mussten wir auch im Jahr 2003 mehrere Produkte beanstanden. Die Ursache von Verkeimungen sind immer in hygienischen Mängeln und/oder fehlenden Qualitätssicherungssystemen beim Hersteller zu finden. Zur Überprüfung der Produktionsbedingungen nahmen die Kosmetik-Sachverständigen im Berichtsjahr 2003 an 24 Betriebskontrollen teil. Dabei wurden auch 29 Produktdossiers geprüft, in denen der Hersteller alle Informationen zum Produkt, den verwendeten Rohstoffen, bekannt gewordene Nebenwirkungen, Nachweise der ausgelobten Wirkung und eine Bewertung der Sicherheit zusammenfassen und für Kontrollzwecke zur Einsichtnahme bereithalten muss. Die Dossiers geben auch Auskunft über bedenkliche Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel, die analytisch nicht erfasst werden können. Vor allem Stoffe, die in sehr geringer Konzentration als Verunreinigung von Rohstoffen in das Produkt gelangen, z.B. Reste des krebserregenden N-vinyl-2-pyrrolidone in Polyvinylpyrrolidon-haltigen Polymeren oder Restmengen des möglicherweise fruchtschädigenden Cyclotetrasiloxan in Cyclomethicone, lassen sich im Endprodukt oft nicht mehr nachweisen. Die Dossierprüfung ist so in den letzten Jahren zu einem zwar sehr arbeitsintensiven aber im Sinn e des Gesundheitsschutzes notwendigen und sehr sinnvollen Teil unserer Überwachungstätigkeit geworden. Gesundheitlich bedenkliche Substanzen aus Lebensmittel-Verpackungen und Geschirr Im Berichtsjahr wurde das Augenmerk hauptsächlich auf Verpackungsfolien, Babyflaschen und Styroporschalen gerichtet. Wie in den vergangenen Jahren wurden auch 2003 weichmacherhaltige PVC-Verpackungsfolien gefunden, die u.a. für fetthaltige Lebensmittel verwendet wurden (z.B. in Käsetheken von Verbrauchermärkten) bzw. die für eine solche Verwendung angeboten wurden. Da auf fetthaltige Lebensmittel ein erhöhter Weichmacherübergang stattfindet, ist diese Verwendung nach Empfehlung der Kunststoffkommission des BfR nicht zulässig. 2003 betraf das drei von 23 untersuchten Folienproben, die im Migrationstest überhöhte Anteile des Weichmachers Di-(2-ethylhexyl)-adipat (DEHA) an Käse abgaben und deshalb beanstandet werden mussten. In den Medien wurde wiederholt vor einer Gefährdung der Kleinkinder durch Babyflaschen aus Kunststoff gewarnt. Ursache ist die Substanz Bisphenol A, die als Ausgangsstoff für den bei Babyflaschen verwendeten Kunststoff Polycarbonat verwendet wird. Beim Erwärmen der Getränke in solchen Flaschen - insbesondere in der Mikrowelle - und bei stark zerkratzten Flaschen hatte man Übergänge von einigen Mikrogramm pro Liter festgestellt. Bisphenol A gilt als gesundheitlich bedenklich, da es sich im Tierversuch als hormonell wirksam erwiesen hat, was u.a. zu einer „Verweiblichung“ männlicher Föten und zur Beeinträchtigung der Spermienproduktion führte. Aus den bisher vorliegenden toxikologischen Daten kam man zu dem Schluss, dass eine tägliche Aufnahme durch den Menschen von höchstens 10 µg Bisphenol A/kg Körpergewicht geduldet werden kann. Daraus resultiert ein maximal zulässiger Übergang von 0,6 mg Bisphenol A aus dem Kunststoff auf 1 kg Lebensmittel. Im Jahre 2003 wurden 12 Babyflaschen aus dem Handel untersucht. Bei keiner konnte ein Übergang von Bisphenol A auf das Prüflebensmittel Wasser festgestellt werden (Nachweisgrenze: 0,2 µg/l). Styroporschalen, die z.B. zur Verpackung von Frischfleisch oder Käse verwendet werden, enthalten häufig noch Restmengen des gesundheitlich bedenklichen Polymer-Ausgangsstoffes Styrol. Als lipophiler Stoff geht Styrol besonders leicht in fetthaltige Lebensmittel über, wenn diese mehrere Tage auf einer solchen Schale im Supermarkt oder im eigenen Kühlschrank liegen. So konnten auch in diesem Jahr wieder Styrolgehalte zwischen 1 und 115 µg/kg in derart verpackten Lebensmitteln nachgewiesen werden. Sofern die Produkte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Schale gelagert werden, steigt der Styrolgehalt im Lebensmittel signifikant an, z.B. von 61 auf 115 µg/kg bei „Rauchkäse mit Schinken“ nach 10 Tagen Aufbewahrung im Kühlschrank. Obwohl diese Erkenntnisse schon seit langem bekannt sind, gibt es unverständlicherweise bis heute keinen Migrationsgrenzwert für monomeres Styrol. Bei 41 Proben Lebensmittel-Bedarfsgegenständen aus Holz (Holzsteigen, Holzbrettchen und Zubehör für die Lebensmittelzubereitung aus Holz) gab es keine Beanstandungen. 25 Phthalate in Spielzeug für Kleinkinder Trotz des Verbotes wird immer noch Spielzeug aus Kunststoff für Kinder unter drei Jahren angeboten, das als Weichmacher Phthalate enthält. Zwei von 17 Proben (Badebuch, Spieltelefon) mussten aus diesem Grund beanstandet werden. Spielzeug - gefährliche Azofarbstoffe machen auch vor den Kleinsten nicht halt Im Berichtsjahr wurden 18 Proben Puppenbekleidung überprüft. Ein Strampelanzug für eine Spielzeugpuppe enthielt einen verbotenen Azofarbstoff, der das krebserregende Amin 2,4-Toluylendiamin freisetzt. Pikanter Weise war das Produkt mit einem „LGA-Zertifikat“ versehen, das dem Verbraucher eine besondere Überprüfung suggeriert. Auch in diesem Fall fehlt es an einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der Irreführung bei Bedarfsgegenständen. Bei 17 Proben Holzspielwaren erwiesen sich die farbigen Lacküberzüge als speichel- und schweißecht. Eine Probe wurde wegen Kennzeichnungsmängeln beanstandet. Rechtssicherheit für Bekleidungsgegenstände aus textilem Material und Leder? Wie schon in den letzten Jahren stellen im Bereich der Bekleidungsgegenstände aus textilem Material und Leder Arbeitshandschuhe ein großes Problem dar. Von 18 Proben Arbeitshandschuhen waren sieben Proben (39 %) mit verbotenen Azofarbstoffen belastet. Eine Rückverfolgbarkeit der Herstellung und Zusammensetzung der in „Billiglohn-Ländern“ produzierten Arbeitshandschuhe ist praktisch nicht möglich. Eine Chargenkennzeichnung wie im Lebensmittelbereich und bei den kosmetischen Mitteln ist bei den Bedarfsgegenständen nach wie vor nicht gefordert. Mit dem am 01.05.2004 in Kraft tretenden neuen Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) wird sich hoffentlich ein besserer Schutz der Verbraucher für derartige Produkte einstellen. Auch im Berichtsjahr 2003 wurden irreführende Angaben bei Bedarfsgegenständen festgestellt. An einer Rechtsgrundlage zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung mangelt es auf dem Gebiet der Bedarfsgegenstände leider bis heute. So waren z.B. Textilien für Kinder mit UPFFaktoren (entsprechen praktisch den Lichtschutzfaktoren der Sonnencremes) gekennzeichnet, die in der Praxis jedoch nicht erreicht wurden. Auch im Bereich der ÖkoTex-Kennzeichnung von Textilien wurden Produkte auf den Markt gebracht, die den Anforderungen der Zertifizierungsstelle hinsichtlich stofflicher Beschaffenheit und Kennzeichnung nicht entsprechen. Die Nickelgehalte in Modeschmuck sind rückläufig ! Die in der Vergangenheit immer wieder beobachtbare Verwendung von Nickel in Modeschmuck ist erfreulicherweise weiter rückläufig. Von den 53 überprüften Gegenständen (Modeschmuck, Uhrarmbänder und Armbanduhren) wurde nur bei einer Probe eine Nickelabgabe festgestellt. Das Europäische Schnellwarnsystem Das Europäische Schnellwarnsystem dient den Lebensmittelüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum schnellen Informationsaustausch über Gesundheitsrisiken, die im Rahmen der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung bekannt wurden. Wenn Produkte in den Mitgliedstaaten entdeckt werden, die eine Gefahr für die Gesundheit bedeuten, werden diese Informationen über das System allen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. In der Regel werden die Untersuchungsbefunde und - sofern bereits bekannt – die Lieferlisten mit den Abnehmern der Produkte gemeldet. Mit diesen Informationen werden die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden in die Lage versetzt, unmittelbar und gezielt den Verbleib der Produkte zu ermitteln und ggf. bereits von den Herstellern oder Handelsunternehmen eingeleitete Rückrufe zu überwachen. Die über das System verbreiteten Meldungen werden elektronisch vom Ministerium für Umwelt und Forsten (MUF) an das entsprechende Vollzugsreferat im LUA weitergeleitet. Aufgabe des LUA ist es, diese Meldungen zu bewerten und die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Jahr EU * LUA ** 2000 800 250 2001 1.600 600 2002 3.000 1.600 2003 4.300 2.400 Tab. 2.3: Entwicklung der Zahl der Meldungen des Schnellwarnsystems, Zahlen jeweils gerundet * Gesamtzahl der Meldungen EU-weit ** im LUA bearbeitete Vorgänge Auf Grund der Vielzahl und der Jahr für Jahr ständigen Zunahme der Meldungen war es erforderlich, die verschiedenen Meldungen in Kategorien einzuteilen. Kategorie 1: Rheinland-Pfalz ist betroffen und unmittelbares Handeln ist erforderlich. 26 Kategorie 2: Rheinland-Pfalz ist nicht betroffen. Die Informationen sind aber zur Marktbeobachtung relevant. Kategorie 3: Die Meldungen sind für die Einfuhruntersuchung relevant. Kategorie 4: Meldungen, die nicht in Kategorie 1- 3 fallen. Durch diese bereits im MUF vorgenommene Einteilung ist sichergestellt, dass als wichtig erkannte Meldungen schnell und zielgerichtet weitergeleitet werden. Ferner erhalten die für die Untersuchungen zuständigen Institute des LUA die Informationen, um sich gezielt auf neue Entwicklungen und Problemlagen einstellen zu können. S c hnellw ar nm e ld ung en Z e i t r a u m : 0 1. 1 0 . b i s 3 1. 12 . 2 0 0 3 K at eg or ie 1 6 ,5 % K at e go rie 4 K at eg or ie 2 3 4 ,3 % 2 1, 6 % K a t e g o r ie 3 3 7 ,6 % K a t e g o r ie 1 6 ,5 % K a te g o r ie 2 2 1 ,6 % K a te g o r ie 3 3 7 ,6 % K a t e g o r ie 4 3 4 ,3 % Abb. 2.4: Auswertung der im 4. Quartal 2003 bearbeiteten Vorgänge nach Kategorien (insgesamt 872 Meldungen) Die Meldungen über Beanstandungen betrafen insbesondere folgende Produkte: - Nüsse (Aflatoxine) - Sprotten, Thunfisch (PAK) - Sojasauce (3-MCPD) - Schwertfisch (Quecksilber, Cadmium) - Honig (Streptomycin, Chloramphenicol) - Garnelen etc. (Chloramphenicol) - tierische Lebensmittel (Nitrofurane) - Gewürze, Gewürzmischungen (Sudanrot) Das Europäische Schnellwarnsystem hat sich als ein wichtiges Element zur Verbesserung der Verbrauchersicherheit erwiesen. Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Meldungen weiterhin auf hohem Niveau bleiben wird. Durch die Erweiterung der EU zum 01.05.2004 von 15 auf 25 Mitgliedstaaten und die dadurch bedingte Erhöhung der Teilnehmer am System wird die Anzahl der Meldungen möglicherweise noch zunehmen.