Theorie der Signalentdeckung

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Allgemeine Psychologie II
Prof. Dietrich Albert
WS 2003 / 2004
VO 06, 18.11.2003
WS 2003 / 2004, Prof. Dietrich Albert
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Theorie der Signalentdeckung
Grundbegriffe
• Unter der Annahme, dass die bedingten Zufallsvariablen X | S und
X | N jeweils normalverteilt sind, werden die folgenden bedingten
Dichtefunktionen betrachtet
• Die Dichtefunktion f(x | S) unter der Bedingung, dass der
Naturzustand S vorliegt
• Die Dichtefunktion f(x | N) unter der Bedingung, dass der
Naturzustand N vorliegt
• Diese Dichtefunktionen werden in der nachfolgenden Abbildung
veranschaulicht
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Theorie der Signalentdeckung
Dichtefunktionen f(x | N) und f(x | S)
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Theorie der Signalentdeckung
Grundbegriffe
• Die Sensitivität (bzw. die Diskriminationsleistung oder die
Wiedererkennensleistung) bestimmt das Ausmaß der Korrektheit oder
Sicherheit, mit der das Vorliegen bzw. das Nicht-Vorliegen des Signals
entschieden werden kann
• Die Sensitivität korrespondiert mit dem Abstand der beiden
bedingten Verteilungen P(X | N) und P(X | S) voneinander
• Unter der Annahme von Normalverteilungen ist der Abstand der
bedingten Verteilungen durch die Differenz der entsprechenden
Erwartungswerte definiert (in Einheiten der Standardabweichung),
die häufig durch d‘ bezeichnet wird
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Theorie der Signalentdeckung
Das Sensitivitätsmaß d‘
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Theorie der Signalentdeckung
Das Sensitivitätsmaß d‘
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Theorie der Signalentdeckung
Grundbegriffe
• Bei gegebener Sensitivität hängt das beobachtete Antwortverhalten
von der Setzung des Entscheidungskriteriums xc ab
• Man unterscheidet
• Neutrales Kriterium
• Keine ausgeprägte Tendenz zu “Ja”- bzw. “Nein”-Anworten
• Konservatives Kriterium
• Tendenz eher mit “Nein” zu antworten
• Liberales Kriterium
• Tendenz eher mit “Ja” zu antworten
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Neutrales Kriterium
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Konservatives Kriterium
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Liberales Kriterium
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Grundbegriffe
• Die Setzung des Entscheidungskriteriums xc legt bei gegebener
Sensitivität die Wahrscheinlichkeiten P(hit), P(miss),
P(false alarm) und P(correct rejection) fest
• Ein konservatives Kriterium hat gegenüber einem neutralen
Kriterium eine Verringerung von P(hit) und P(false alarm) zur Folge,
bzw. eine Erhöhung von P(correct rejection) und P(miss)
• Ein liberales Kriterium hat gegenüber einem neutralen Kriterium
eine Erhöhung von P(hit) und P(false alarm) zur Folge, bzw.
eine Verringerung von P(correct rejection) und P(miss)
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Neutrales Kriterium
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Konservatives Kriterium
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Liberales Kriterium
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Optimalitätskriterien
• Es stellt sich die Frage, welche Setzung des Entscheidungskriteriums
xc bei gegebener Sensitivität optimal ist, d.h. zu möglichst “guter”
Leistung führt
• Die Optimalität des Entscheidungsverhaltens ist natürlich situationsabhängig
und wird beispielsweise bestimmt
• durch das verwendete Leistungsmaß bzw. Optimalitätskriterium
• durch die mit den Entscheidungen verbundenen Konsequenzen
• Optimales Verhalten unter Verwendung einer Entscheidungsregel
darf nicht mit perfektem Verhalten verwechselt werden
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Optimalitätskriterien
• Likelihood-Quotienten-Regel
• Der Likelihood-Quotient ist definiert durch das Verhältnis
• Entscheidungsregel
• Ist L(x) ! 1, dann antworte “Ja”
• Ist L(x) < 1, dann antworte “Nein”
• Der mit dem Kriteriumswert xc der Evidenzvariablen assoziierte
Likelihood-Quotient wird als Kriterium β bezeichnet
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Likelihood-Quotienten-Regel
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Optimalitätskriterien
• Maximieren der Anzahl richtiger Antworten
• Das optimale Kriterium βopt, das die Anzahl richtiger Antworten
maximiert hängt von den A-priori Wahrscheinlichkeiten P(N), P(S) ab
durch
• Ist die Präsentation eines Signals S wahrscheinlicher als die
Darbietung von Rauschen N, so sollten anteilig mehr “Ja”- Antworten
gegeben werden
• Bei steigender A-priori Wahrscheinlichkeit P(S) verringert sich βopt
und damit xc und das Verhalten wird “riskanter”
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Konsequenzen
• Die Wahl des Kriteriums hängt entscheidend von den Konsequenzen
ab, die mit den Antwortalternativen verbunden sind
• Positive Konsequenzen werden dabei als Gewinne (“Values”) bezeichnet
und negative Konsequenzen als Kosten (“Costs”)
• Oftmals können Gewinne und Kosten direkt als Geldbeträge
angegeben werden, die am Ende des Experiments, in Abhängigkeit
von den gegebenen Urteilen, ausbezahlt werden
• Versucht die Versuchsperson ihren Gewinn zu maximieren, so kann
damit die Reaktionsneigung gezielt manipuliert werden
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Konsequenzen
• Gewinne (“Values”) und Kosten (“Costs”), die mit den vier grundlegenden
Ereignissen verbunden sind (“Payoff-Matrix”)
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Optimalitätskriterien
• Maximieren der Gewinne und minimieren der Kosten
• Das optimale Kriterium βopt, das die Gewinne maximiert und die
Kosten minimiert, ergibt sich als
• Bei dieser Formel ist zu beachten, dass die Gewinne positiv und die
Kosten negativ angesetzt werden
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Optimalitätskriterien
• Maximieren der Gewinne und minimieren der Kosten
• Das optimale Kriterium βopt, das die Gewinne maximiert und die
Kosten minimiert, ergibt sich aus einer Entscheidungsregel, bei
der eine “Ja”-Antwort erfolgt genau dann, wenn der Erwartungswert
größer oder gleich ist dem Erwartungswert
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Grundlagen
• Der wesentliche Beitrag der Theorie der Signalentdeckung ist die
konzeptuelle Trennung von Sensitivität bzw. Diskriminationsleistung
und Reaktionsneigung (“response bias”)
• Sensitivität bzw. Diskriminationsleistung bezeichnet dabei die
prinzipielle Fähigkeit und Auflösung des Detektionsmechanismus
• Bei gegebener Sensitivität resultiert unterschiedliches Verhalten
aus einer konservativen, neutralen, oder liberalen (risikofreudigen)
Setzung des Kriteriums
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Theorie der Signalentdeckung
Grundlagen
• Um die Trennung von Sensitivität und Reaktionsneigung leisten zu
können, muss in der Ja-Nein-Aufgabe eine gezielte Manipulation
des Entscheidungskriteriums erfolgen
• Die Formel
zeigt, dass dies in verschiedener Weise möglich ist
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Grundlagen
• Die Trennung von Sensitivität und Reaktionsneigung kann erreicht werden
• durch Veränderung der Auftretenswahrscheinlichkeiten P(S) und
P(N) von Signal und Rauschen
• durch Manipulation der Gewinn- und Kostenzuweisung in der
Auszahlungs-Matrix
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ROC-Kurve
• Wegen P(hit) = 1 - P(miss) und P(false alarm) = 1 - P(correct rejection),
kann das Verhalten in der Detektionsaufgabe durch jeweils eine
Wahrscheinlichkeit aus beiden Gleichungen vollständig beschrieben werden
• In einer ROC-Kurve (“Receiver Operating Characteristic”) wird die
Wahrscheinlichkeit eines Treffers P(y | S) gegen die Wahrscheinlichkeit
eines falschen Alarms P(y | N) abgetragen
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ROC-Kurve
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ROC-Kurve
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ROC-Kurve
• Bei gegebener Sensitivität und einem bestimmten Kriterium ergibt
sich ein Punkt der ROC-Kurve
• Unter verschiedenen Kriteriumswerten ergibt sich eine ROC-Kurve,
mit der die Sensitivität bzw. Diskriminationsfähigkeit gekennzeichnet
wird (Isosensitivitätskurve)
• Fällt die Kurve mit der Diagonalen zusammen, so ist die
Wahrscheinlichkeit eines Treffers identisch mit der
Wahrscheinlichkeit eines falschen Alarms, was bei zufälligem
Antwortverhalten zu erwarten ist
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ROC-Kurve
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ROC-Kurve
• Je deutlicher die ROC-Kurve von der Diagonalen abweicht, desto
ausgeprägter ist die Sensitivität
• Werden keinerlei Annahmen bezüglich der Form der bedingten
Verteilungen P(x | S) und P(x | N) gemacht, dann kann die
Fläche unter der ROC-Kurve als Maß der Diskriminationsfähigkeit
betrachtet werden
• Wird vorausgesetzt, dass P(X | S) und P(X | N) Normalverteilungen
sind, so errechnet man die Sensitivität über die Differenz
der entsprechenden Erwartungswerte durch d‘ = (µS - µN) / σ
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Berechnung des Sensitivitätsmaßes d‘
• Ausgangspunkt ist die Annahme, dass P(X | S) und P(X | N)
Normalverteilungen mit identischer Varianz σ2 sind
• Für die Wahrscheinlichkeiten P(y | S) und P(y | N) eines Treffers
bzw. eines falschen Alarms werden entsprechend den Quantilen
(Flächeninhalte unter der Kurve) z-Werte der
Standardnormalverteilung berechnet
• Man sucht also den Wert zP(y|S) einer standardnormalverteilten
Zufallsvariablen Z, so dass gilt
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Berechnung des Sensitivitätsmaßes d‘
• Entsprechend sucht man den Wert zP(y|N) einer standardnormalverteilten
Zufallsvariablen Z, so dass gilt
• Das Sensitivitätsmaß d‘ berechnet man dann durch
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Berechnung des Sensitivitätsmaßes d‘
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Berechnung des Sensitivitätsmaßes d‘
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Berechnung des Sensitivitätsmaßes d‘
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ROC-Kurve
• Unter der Annahme, dass P(X | S) und P(X | N) Normalverteilungen
mit identischer Varianz sind, kann man die Sensitivität d‘
für einen einzelnen Punkt der ROC-Kurve berechnen
• Die unterliegende Annahme kann hierbei jedoch nicht empirisch
überprüft werden
• Zur empirischen Überprüfung dieser Annahme, die für eine Absicherung
der Gültigkeit des berechneten d‘-Wertes notwendig ist,
müssen mehrere Punkte einer ROC-Kurve vorliegen
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ROC-Kurve
• Entsprechend der Berechnung von d‘ werden die Achsen in der
Grafik der ROC-Kurve in z-Werte transformiert
• Trägt man die ROC-Kurve in dieses Koordinatensystem ein, so
ergibt sich
• unter Gültigkeit der Normalverteilungsannahme bei identischen
Varianzen eine Gerade mit Steigung 1
• unter Gültigkeit der Normalverteilungsannahme bei verschiedenen
Varianzen eine Gerade mit einer von 1 verschiedenen Steigung
• keine Gerade, falls die Normalverteilungsannahme nicht zutrifft
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ROC-Kurve
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