Mag0405_5.DOC 32 11/24/2004 Man erhält diesen Ausdruck auch im Grenzfall ω L >> ω 0 : ω = ω L + ω0 1 + ω L2 ≅ ω L + ω L = 2ω L ω 02 2.2.2. Quantenmechanische Behandlung Wir wollen jetzt den Diamagnetismus mit Hilfe der Quantenmechanik herleiten. Dazu betrachten wir den letzten Term des Hamiltonoperators in Abschnitt 2.1. der 2. Ordnung in B ist. Zur Berechnung der freien Energie brauchen wir einen Ausdruck für die Energieänderung des Grundzustands in einem Magnetfeld. Für B = (0,0, B z ) erhalten wir in Störungstheorie 1. Ordnung für den diamagnetischen Anteil ∆E = e2 B 2 8me Z ∑ i =1 0 | xi2 + y i2 | 0 = e2 B2 8me Z 2 ∑3 0|r i =1 i 2 |0 . Der letzte Schritt gilt nur für gefüllte Elektronenschalen (L = 0, S = 0, J = 0), weil nur dann die Ladungsverteilung kugelsymmetrisch ist. Aus der Thermodynamik ( dF = − SdT − pdV − MdB ) folgt für n Atome pro Volumeneinheit M =− ∂F ∂ (∆E ) e2 B Z 2 = −n = −n ∑ ri . ∂B ∂B 6me i =1 Damit erhält man für die diamagnetische Suszeptibilität in Störungstheorie 1. Ordnung einen fast identischen Ausdruck wie in der klassischen Näherung: χ dia µ 0 ne 2 M µ0M = ≅ =− H B 6me Z ∑ i =1 ri 2 . In erster Näherung ist χ dia wiederum unabhängig von T, da angeregte Zustände n ( n > 0 ) meistens nur schwach populiert sind. Meistens setzt man für Z ein Z eff ein, weil ja nur gefüllte Schalen für den Diamagnetismus relevant sind. Beispiel: Den Diamagnetismus in Na misst man normalerweise in Salzen wie NaCl, wo Na eine Edelgaskonfiguration einnimmt. In welchen Materialien kann man einen starken Diamagnetismus finden? • grosser Radius der Atome, grosses Z: χ Xe = −43 ⋅10−6 cgs (Fazekas p. 53) Mag0405_5.DOC • 33 11/24/2004 Moleküle, bei denen sich die Elektronen auf Umlaufbahnen mit grossem Radius bewegen: Kohlenstoffringe: χ graphite = −260 ⋅ 10 −6 (Alff). Diese Figur entspricht Figur 2.2 in Blundell. Falls Elektronenschalen nicht vollständig gefüllt sind, ergeben sich positive Werte für χ (Æ Paramagnetismus), die viel grösser sind als χ dia . In Natrium hingegen ist der Diamagnetismus sehr wichtig: • NaCl: χ para ≈ 8 ⋅ 10 −6 • Na (metallisch): χ dia ≈ −2 ⋅ 10 −6 2.3. Paramagnetismus Paramagnetismus tritt in Materialien mit einer ungeraden Zahl von Elektronen immer auf. Sauerstoff ist aber ein Beispiel eines paramagnetischen Materials mit einer geraden Anzahl von Elektronen. Paramagnetische Materialien weisen bereits in Nullfeld ein magnetisches Moment auf, im Gegensatz zu diamagnetischen Materialien, in denen das Moment durch das äussere Feld induziert wird. Liegt kein Feld an, zeigen die Momente in willkürliche Richtungen. Bei sehr hohen Feldern werden alle Momente ausgerichtet und der Körper ist vollständig magnetisiert. Mag0405_5.DOC 34 11/24/2004 2.3.1. Klassische Behandlung Für eine halbklassische Betrachtungsweise verweisen wir auf die Literatur (Blundell p. 23) und die Vorlesung Festkörperphysik. Das Ergebnis lautet: µz 1 = coth( y ) − ≡ L( y ) . µ y L( y ) nennt man Langevin-Funktion, y = µB /(k B T ) und µ z bezeichnet das mittlere Moment entlang B. Im Grenzfall y << 1 erhält man µz µB ≅ 3k B T µ woraus folgt: χ Langevin = n µ0µ 2 3k B T . Das Ergebnis zeigt, das χ umgekehrt proportional zu T ist (Curie-Gesetz), was man auch tatsächlich beobachtet. Die Curie-Konstante C = nµ 0 µ 2 /(3k B ) ist aber nur korrekt für „klassische“ Spins, d.h. wenn µ >> µ B ist. Die klassische Herleitung des Paramagnetismus liefert trotz des Bohr-van Leeuwen-Theorems eine endliche Suszeptibilität, weil wir stabile Momente vorausgesetzt haben, die nur existieren können, wenn wir stabile (d. h. quantisierte) Elektronenbahnen haben. 2.3.2. Quantenmechanische Behandlung: S = ½ Als einfachstes Beispiel betrachten wir ein quantenmechanisches System mit S = 12 . Das magnetische Moment ist gegeben durch µ = − gµ B S . Legt man ein Magnetfeld an, dann werden 2 Zeeman-Niveaus erzeugt deren Energie gegeben ist durch (wir setzen g = 2.0000) E = −µ ⋅ B = ± µ B B . Die Besetzung der zwei möglichen Zustände m1 / 2 = ± 12 ist gegeben durch BoltzmannFaktoren exp(− E / k B T ) . Mit der Abkürzung x ≡ µ B B /(k B T ) erhält man Mag0405_5.DOC 35 11/24/2004 N −1 N−1 ex 2 = x + N 1 e + e −x 2 µL 1/2 -µB -1/2 µB 2 2µBB N1 2 N−1 + N 1 2 mJ = −x e . e + e −x x 2 1.0 Besetzung des unteren Zustands Besetzung 0.8 0.6 0.4 Besetzung des oberen Zustands 0.2 0.0 0 1 2 3 x = µΒB/kBT 4 File Magnetismus.opj Die Magnetisierung der Probe ist gerade proportional zur Differenz der beiden Kurven und man erhält mit N = N − 1 + N 1 2 2 µ B 1 e x − e−x M = ( N − 1 − N 1 )µ B = n µ B x = nµ B tanh B . x − 2 2 V k BT e +e Für x << 1 , d.h. hohe Temperaturen ist tanh x ≅ x und man erhält M = nµ B µBB k BT = nµ B2 B , k BT Für die paramagnetische Suszeptibilität folgt χ para ( S = 12 ) = M µ 0 M nµ 0 µ B2 nµ 0 g 2 µ B2 S ( S + 1) . ≅ = = H B k BT 3k B T χ para ( S = 12 ) ist 3 mal grösser als das klassische Langevin-Resultat χ Langevin = n µ0µ 2 3k B T ! Für S = 12 ist die Abweichung besonders dramatisch, da g 2 S ( S + 1) = 3 ≠ g 2 S 2 = 1 ist! Mag0405_5.DOC 36 11/24/2004 Der Grund liegt darin, dass die transversalen Komponenten eines S = 12 Spins sehr gross sind und zu grossen Nullpunktsfluktuationen führen. Im klassischen Grenzfall mit S → ∞ nähern sich die klassischen und quantenmechanischen Werte an: S ( S + 1) ≅ S 2 . 0.20 100 Suszeptibilität 0.16 80 0.12 χpara = C/T 40 -1 χpara = T/C 0.04 20 0 0.08 1/χpara χpara 60 0 40 80 T (K) 120 0.00 160 File Magnetismus.opj Den Ausdruck gµ B S ( S + 1) bezeichnet man als effektives magnetisches Moment. Eine viel einfachere Herleitung (Blundell p. 25) ergibt sich, indem man die Zustandssumme Z = e µ B B / k BT + e − µ B B / k BT = 2 cosh( µ B B / k B T ) bestimmt und daraus über die freie Energie direkt die Magnetisierung, spezifische Wärme und die Entropie berechnet: Mag0405_5.DOC 37 11/24/2004 µ B ∂F M = − = nµ B tanh B ∂B T k BT 2 µ B 1 ∂E C = = nk B B 2 ∂T B k B T (cosh (µ B B / k B T )) ] µ B ∂F S = − = nk B ln (2 cosh( µ B B / k B T ) ) - B tanh (µ B B / k B T ) . k BT ∂T B Die spezifische Wärme weist ein breites Maximum, eine sogenannte Schottky-Anomalie auf. Diese Form ist typisch für ein System mit zwei Energieniveaus (Tunneling, Gläser etc.). Man kann magnetische Momente auf zwei Arten messen: • Suszeptibilität Æ Curiekonstante Æ µ eff = gµ B S ( S + 1) • Magnetisierung Æ µ sat = µ B (genauer: µ sat = gµ B S ). Die Ergebnisse sind wegen den Quantenfluktuationen sehr verschieden! Man muss immer angeben, welches magnetische Moment man meint. • lokalisierte Momente: man setzt einfach die Quantenzahl S ein, allgemein: J. Mag0405_5.DOC • 38 11/24/2004 itinerante Momente: da ist sehr viel Physik dahinter (Ni3Al: µ sat / µ eff ≈ 16 ). Die letztere Frage wird uns insbesondere im Zusammenhang mit der Neutronenstreuung noch intensive beschäftigen. 2.3.3. Quantenmechanische Behandlung: Allgemeine J Für beliebige J hat man 2 J + 1 Niveaus und man erhält für die potentielle Energie E J z EJz eines Moments mit der z-Komponente des Drehimpulses J E J z = gµ B J z B z . Der g-Faktor ist gegeben durch die Landé-Gleichung (Herleitung: Ashcroft-Mermin p. 797): g = 1+ J ( J + 1) + S ( S + 1) − L( L + 1) . 2 J ( J + 1) Warum ist die Addition von L + S eine einfache Vektoraddition, während die Addition der Momente zu einem komplizierten g-Faktor führt? Wie in der folgenden Figur gezeigt ist, ist das magnetische Moment des Spins bereits mit einem gyromagnetischen Faktor g = 2 behaftet, während das orbitale Moment g = 1 hat. Das hat zur Folge, dass das magnetische Moment und der Drehimpuls nicht parallel sind zueinander. J L S µS µL µ Mag0405_5.DOC 39 11/24/2004 Beachte: Die gezeigte Vektoraddition J = L + S gilt nur für die sogenannte RusselSaunders-Kopplung, in der S, L und J mit dem Hamiltonoperator kommutieren, i.e. gute Quantenzahlen sind. Sobald die angelegten Felder oder die Spin-Bahn-Kopplung gross werden, ist dies nicht mehr der Fall. Die Spin-Bahn-Kopplung nimmt typisch mit Z4 (wasserstoffähnliche Atome) oder Z2 (neutrale Atome, siehe Blundell, Bemerkung 14 p. 35) zu und führt bei den schweren Elementen zur sogenannten jj-Kopplung. Unter der Annahme, dass die Energie für die angeregten J-Multipletts viel grösser ist als E J z = gµ B JBz , erhält man für die Magnetisierung J M =n ∑ gµ J z =− J B J ∑ J ze e − E J z / k BT − E J z / k BT = ngµ B J ∑ ( J / J )e ∑e z aJ z / J aJ z / J , J z =− J wobei a = gµ 0 µ B JH /(k B T ) . Man sieht, dass der Zähler gerade der Ableitung des Nenners entspricht und man erhält M = ngµ B J d J aJ z / J . ln ∑ e da J z = − J Dies ist eine geometrische Reihe mit dem Quotienten e − a / J und es ergibt sich durch Summation und daraus folgende Differentiation der Ausdruck gµ µ JH 2J + 1 2J + 1 1 a . M = ngµ B J coth a coth = ngµ B JB j 0 B − 2J 2J 2 J 2J k BT B J (a) nennt man die Brillouin-Funktion. Für J = Resultat B 1 (a) = tanh(a) . 1 2 erhält man natürlich wieder das 2 Für den Grenzfall kleiner Magnetfelder ( a << 1 ) kann man B J (a ) entwickeln und man erhält J +1 B J (a) = a. 3J Dann gilt für die Magnetisierung M = ngµ B J H J + 1 gµ 0 µ B JH = ng 2 µ 0 µ B2 J ( J + 1) 3J 3k B T k BT Mag0405_5.DOC 40 11/24/2004 und die Suszeptibilität χ = ng 2 µ 0 µ B2 J ( J + 1) nµ 0 g 2 µ B2 J ( J + 1) nµ 0 2 H C = = µ eff = , 3k B T 3k B T 3k B T T wobei das sogenannte effektive Moment gegeben ist durch µ eff = gµ B J ( J + 1) . Man erhält damit wiederum das Curie-Gesetz C ∝ T −1 . Im klassischen Grenzfall J → ∞ wird das Resultat von Langevin reproduziert. Durch Messen der Temperaturabhängigkeit der paramagnetischen Suszeptibilität kann man µ eff eines Materials bestimmen, indem man 1 / χ para gegen die Temperatur T aufträgt. Die Steigung entspricht dann gerade der inversen Curiekonstanten C −1 . Die folgende Figur nach W. E. Henry, Phys. Rev. 88, 559 (1952) zeigt das magnetische Moment für die L = 0 Ionen • • • I: Cr3+ ( S = 3 / 2 ) II: Fe3+ ( S = 5 / 2 ) III: Gd3+ ( S = 7 / 2 ). Mag0405_5.DOC 41 0 1 11/24/2004 2 3 B/T (T/K) 4 Die Figur zeigt, dass die Sättigungsmagnetisierung für die Ionen gerade den Werten 3, 5 und 7 µ B entspricht.Die Übereinstimmung der Brillouinfunktion mit dem Experiment ist sehr gut. Die Steigung bei B / T ≅ 0 nimmt mit S zu, weil B / T aufgetragen ist und nicht SB / T ≅ 0 . 2.3.4. Van Vleck Paramagnetismus Wir haben gesehen, dass der Hamiltonoperator für ein Material in einem Magnetfeld die folgende Form hat e2 H = H 0 + µ B (L + gS) ⋅ B + 8me Z ∑ (B × r ) i =1 2 i . Für J = 0 ist das Material im Rahmen der Störungstheorie 1. Ordnung unmagnetisch. Trotzdem kann ein J = 0 paramagnetisch sein, wie man bei Anwendung von Störungstheorie 2. Ordnung feststellt. Die Änderung in der Grundzustandsenergie ist gegeben durch ∆E 0 = 0 | µ B (L + gS) ⋅ B | 0 + ∑ n≠0 0 | µ B ( L + gS ) ⋅ B | n E0 − En 2 e2 B2 + 8m e Z ∑ i =1 0 | xi2 + y i2 | 0 . Der 1. Term beschreibt im Rahmen der Störungstheorie 1. Ordnung den “normalen” Paramagnetismus, der 3. Term den Diamagnetismus. Der mittlere Term beschreibt den Mag0405_5.DOC 42 11/24/2004 sogenannten Van Vleck Paramagnetismus. Er liefert offensichtlich einen positiven Beitrag, da E n > E 0 angeregte Zustände bezeichnen soll. Wir betrachten ein einfaches 2-Niveau System mit dem unmagnetischen Grundzustand |0> und dem angeregten, magnetischen Zustand |1>. Für den Van Vleck Anteil an der Energieverschiebung erhalten wir EVV = 0 | µ z Bz | 1 E 0 − E1 2 . Daraus folgt für die Magnetisierung ( ∆ = E1 − E 2 ): 2 2nB z ∂ | 0 | µ z Bz | 1 | ∂ (∆F ) M = − = | 0 | µ z | 1 |2 =n B B ∂ ∆ ∆ ∂ T und damit für die (positive) Suszeptibilität χ VV = 2 2 2nµ 0 ∂ µ 0 | 0 | µ z Bz | 1 | 0 | µz |1 . = ∂B ∆ ∆ χVV Bei nicht zu hohen Temperaturen ist die Van Vleck Suszeptibilität unabhängig von der Temperatur. Für eine genauere Diskussion siehe Jäger und Perthel p. 20 ff. Eu2O3 0 100 200 300 T (K) In der obigen Figur ist die Suszeptibilität für Eu2O3 skizziert. Die Zustände sind gemäss dem Boltzmann-Faktor besetzt: Bei T = 0 ist nur der Zustand 0 besetzt. Sobald ∆ ≅ k B T wird, nimmt die Suszeptibilität ab, weil die Übergangswahrscheinlichkeit abnimmt. Bei hohen Temperaturen ist nur der magnetische Zustand 1 besetzt und man erhält ein Curie-Verhalten.