Priv.Doz. Dr. Paul Wexberg Bildgebende Diagnostik kardialer Mitbeteiligung Zahlreiche neuromuskuläre Erkrankungen weisen eine Mitbeteiligung des Herzmuskels auf, wobei die zugrunde liegenden genetischen Veränderungen des Zellgerüsts, der Kernmembran und der Funktion der Mitochondrien sowohl an den Skelettmuskelzellen aus auch an den Herzmuskelzellen auftreten. Die häufigsten neuromuskulären Erkrankungen mit Herzbeteiligung sind die Muskeldystrophien (z.B. Duchenne, Becker, Gliedergürteldystrophie). Gerade hier machen sich Symptome der Herzinsuffizienz oft spät bemerkbar, da aufgrund der muskulären Einschränkung eine „Überlastung“ des Herzens erst gar nicht erreicht werden kann. Ansonsten reicht das Spektrum klinischer Symptomatik von völliger Beschwerdefreiheit trotz nachweisbarer strukturellen Veränderungen über Rhythmusstörungen bis hin zu chronischem Herzversagen. Regelmäßige Herzuntersuchungen sind daher notwendig. Dazu gehören neben dem EKG zur Erkennung von Rhythmus- und Überleitungsstörungen (z.B. bei EmoryDreifuss) vor allem bildgebende Verfahren. Die klassische Methode ist die Echokardiographie. Mittels Ultraschall können eine Einschränkung der Pumpleistung und funktionelle Schädigungen der Klappe (die meistens sekundär auftreten) erfasst und quantifiziert werden. Neue Verfahren wie Tissue-Doppler und Strain-Analyse erfassen Veränderungen am Herzmuskel und regionale Veränderungen der Kontraktilität bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Auch mit nuklearmedizinischen Verfahren kann eine inhomogene Durchblutung des Herzmuskels bei Dystrophien dargestellt werden. Mit kardialer Magnetresonanztomographie (CMR) werden bereits vor funktioneller Beeinträchtigung Umbauprozesse am Herzmuskel erkannt. Narben bzw. bindegewebig umgeformtes Muskelgewebe erscheint im Vergleich zu gesunden Abschnitten nach Gabe eines paramagnetischen Kontrastmittels weiß bzw. hell. Insbesondere bei Muskeldystrophien (Duchenne, Becker, myotone Dystrophie) wurden diese Veränderungen als diffuse Fibrose in mehreren Wandabschnitten des Herzens gefunden. Neben der direkten Darstellung („lateenhancement“) kann durch sog. T1-mapping auch das extrazelluläre Volumen bestimmt werden. Auch Bewegungsstörungen innerhalb der Herzwand können z.B bei Gliedergürteldystrophie im MR vermessen werden. Nicht nur manifest Erkrankte, sondern auch Überträgerinnen von Muskeldystrophie Duchenne können im Zuge der Mitbeteiligung des Herzmuskels eine potentiell schwere Herzschwäche entwickeln.Im Rahmen einer Studie wurde mittels CMR bei ca. 42% vorwiegend beschwerdefreier Überträgerinnen eine kardiale Mitbeteiligung mit diffuser Fibrose nachgewiesen, die aber nicht notwendigerweise mit einer schlechteren Auswurfleistung verbunden war. Langzeituntersuchungen müssen hier den klinischen Stellenwert erst klären. Regelmäßige kardiologische Kontrollen mit bildgebenden Verfahren sind daher sowohl für PatientInnen als (je nach Erkrankung) auch für Angehörige zu empfehlen.