Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 1 Versuch Magnetische Linsen 1 Aufgabenstellung 1. Messen Sie: (a) Die Homogenität (Konstanz) des Magnetfeldes in der Mittelebene zwischen den beiden Ringen Bz (r, z = 0) (b) Die Homogenität (Konstanz) des Magnetfeldes auf der Zylinderachse Bz (z, r = 0). (c) Die Abweichung von der Homogenität, wenn Sie den Abstand d jeweils etwas kleiner und etwas größer wählen (etwa 25%). 2. Beweisen Sie die Homogenität des Helmhotzfeldes theoretisch und zeigen Sie dabei, daß sich die Formel für das Helmholtzfeld (2) mit Hilfe des Biot-Savart‘schen Gesetzes herleiten läßt. 3. Nehmen Sie den axialen Verlauf Bz (z, r = 0) der Elektronenlinse mit der Hallsonde (Längssonde) auf. 4. Nehmen Sie den radialen Verlauf Bz (r, z = 0) mit der Quersonde auf. Vergleichen Sie beide Messungen an der Stelle r = 0 und z = 0 (Eichung!). 5. Berechnen Sie die Brennweite der Linse mit der Formel für die Brennweite (15) auf Grund deiner Planimetrierung der Kurve Bz2 (z, r = 0) bei dem Erregungsstrom 1A und der Elekronenenergie 50keV . 6. Muß man hier relativistisch rechnen? 7. Ist das Resultat von 5. mit der Formel für die Brennweite (15) verträglich? 2 2.1 Physikalischer Hintergrund Helmholtzspulen Jeder vom Strom I durchflossene Leiter ist von einem magnetischen Feld gemäß der ”Rechte-Hand-Regel” umgeben. Dabei läßt sich die magnetische ~ im Abstand ~r von einem beliebig geformten drahtähnlichen Feldstärke H Leiterstück d~s mittels des Biot-Savart‘schen Gesetztes berechnen: ~ =I dH d~s × ~r 4π~r3 (1) Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 2 Eine von einem Strom I durchflossene ringförmige Leiterschleife erzeugt nun ~ gemäß obiger Regel gleich ein magnetisches Feld, dessen Magnetfeldvektor B einer Rechtsschraube parallel zur Mittelachse der Leiterschleife gerichtet ist. Faßt man nun mehrere Leiterschleifen dicht beieinander gewickelt zusammen, so erhält man eine Spule. Das Feld einer Spule ist aber im allgemeinen nicht homogen. Mittels eines Tricks lassen sich jedoch auch mit Spulen mit annähernd homogenen Innenfeldern konstruieren. Dazu werden zwei gleiche Spulen mit demselben Radius R und der Windungszahl N koaxial im Abstand d zueinander aufgestellt. Die Einzelfelder der beiden Spulen überlagern sich und erzeugen ein Magnetfeld, das sich Helmholtzfeld nennt. Dementsprechend heißt die Spulenanordnung Helmholtzspule. Zur Berechnung der magnetischen Feldstärke im Spezialfall d = R war folgende Formel gegeben: R2 N I hz (z = 0, r = 0) = 2 5 2 3 R 4 A m (2) Diese läßt sich auf folgendem Weg herleiten (Aufgabe 2): Da in unserer Anordnung d~s stets senkrecht auf ~r steht, kann das Biot-Savart‘schen Gesetzt (Gleichung (1)) betragsmäßig verwendet werden. Anschließend kann über alle Teilstücke d~s integriert werden: dH = I ds · r 4πr3 (3) Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster ⇒H = I I ds · r 4πr3 I 4πr2 = 16. Januar 2004 3 (4) I ds (5) Die in z-Richtung gerichtete Komponente von H – also Hz – läßt sich mit dem Satz von Pythagoras und dem Cosinus des Winkels zwischen H und Hz berechnen: p R |~r| = R2 + z 2 ⇒ Hz = H √ (6) 2 R + z2 √ Durch Einsetzen in Gleichung (5), dortiges Einsetzen von |~r| = R2 + z 2 und weitere Umformungen ergibt sich: I R ds · √ 2 4πr2 R + z2 I R √ (2πR − 0) 2 2 2 R + z 4π (R + z 2 ) R2 I I Hz = = = (7) (8) (9) 3 2 (R2 + z 2 ) 2 Betrachtet man nun zwei Stromringe im Abstand d auf der Achse (r = 0) und legt den Ursprung des Koordinatensystems genau in die Mitte der beiden Spulen, so erhält man durch Überlagerung der beiden Felder: 1 Hz (z, r = 0) = R2 I 2 1 R2 + d 2 +z + 2 32 1 R2 + d 2 −z 3 2 2 (10) Die beste Homogenität erziehlt man, wenn Gleichung (10) bei bei z = 0 einen Flachpunkt hat. Dies ist der Fall für d = R, da für z = R/2 die beiden ersten Ableitungen von Gleichung (10) Null werden. Überlagert man nun noch die Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 4 Felder der Einzelringe der N Windungen der Einzelspulen miteinander, so erhält man: Hz (z = 0, r = 0) = 1 2 R NI 2 1 R2 + R 2 1 (11) + 3 2 2 2 R 2 R + 2 −0 +0 3 2 1 = 3 2 5 2 4R (12) Die im Versuch verwendete Helmholtzspule hat einen Radius von R = 15 cm, N = 100 Wicklungen und soll mit I = 1 A betrieben werden, wobei beide Einzelspulen in Reihe geschaltet sind. 2.2 Hallsonden Mit einer Geschwindigkeit ~v bewegte elektrische Ladungen Q erfahren in ~ eine dazu senkrecht wirkende Kraft – die Loreinem magnetischen Feld B entzkraft: ~ F~L = Q(~v × B) (13) Dies macht man sich beim Hall-Effekt zunutze. Eine Hallsonde besteht aus einem (meist) Halbleiterblättchen, an dessen einen gegenüberliegenden Flächen eine Betriebsspannung angelegt ist, wodurch ein Strom fließen kann. Wird nun die Hallsonde in ein magnetisches Feld gebracht, so werden die fließenden Elektronen gemäß der ”Rechten-Hand-Regel” durch die Lorentzkraft Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 5 ~ in Richtung der zum B-Feld und der Stromrichtung orthogonalen Seitenfläche des Plättchens abgedrängt. Hierdurch entsteht ein Elektrisches Feld an diesen beiden gegenüberliegenden Flächen, welches die Lorentzkraft kompensiert. Über die dadurch anliegende Spannung ist ein direktes Messen des magnetischen Feldes möglich. Die im Versuch zu verwendenden Hallsonden liegen als Quer- und Längssonde vor. Sie unterscheiden sich nur in der um 90◦ gedrehten Ausrichtung des Plättchens, welches sich am Ende eines ein Meter langen, dünnen Metallrohres befinden, auf das ein Zentimetermaß graviert ist. Die Quersonde eignet sich zum Messen entlang des Radius, die Längssonde entlang der zAchse. Es kann immer nur eine Sonde an den Meßverstärker angeschlossen werden, der die Feldstärke H in Oersted (Oe) anzeigt. Zur Umrechnung in das SI-System ist die Formel 1Oe = 0, 796A/cm (14) gegeben. 2.3 Elektronenlinsen Mittels zylindersymmetrischer magnetischer oder elektrischer Felder könnnen mit Elektronenstrahlen optische Abbildungen erzeugt werden, ähnlich der Linsen in der Lichtoptik. Dabei unterscheidet man elektrische und magnetische Linsen. Bei elektrischen Linsen wird der Elektronenstrom durch ein elektrisches Feld beeinflußt und somit evtl. beschleunigt oder abgebremst. Ihr Bild ist immer ein reeles, umgedrehtes – wie in der Lichtoptik. Bei magnetischen Linsen liegt keine Geschwindigkeitsänderung des Elektronenstroms vor. Hierbei tritt allerdings ein anderer Effekt auf: In langen Spulen, die nicht als Linsen bezeichnet werden können, wird das Bild ledigtlich gedreht und 1:1 abgebildet, weil achsparallele Strahlen aufgrund der weitgehenden Homogenität (bzw. Längsrichtung) des Feldes im Inneren der Spule achsparallel bleiben. Erst bei Verkürzung der Spule kann man von einer Linse sprechen, weil die Elektronen an den Rändern der Spule im inhomogenen Feld eine Lorentzkraft erfahren, die ihnen eine azimutale Geschwindigkeitskommmponente aufzwingt. Diese wiederumerzeugt eine Lorentzkraft, die sie radial zur Achse hin ablenkt. Als ”kurze Linsen” bezeichnet man solche Linsen, bei denen die Brennweite groß gegenüber der Linsenlänge ist. Mit Hilfe der Busch‘schen Brennweitenformel kann näherungsweise die Brennweite berechnet werden: 1 1 = f 4 e mv 2 Z · Bz2 (z) dz (15) Die Elementarladung ist mit e bezeichnet, m ist die Masse eines Elektrons und v seine Geschwindigkeit. Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 6 Elektronenlinsen werden z.B. im Elektronenmikroskop eingesetzt. Sie haben gegenüber optischen Linsen den Vorteil, daß man ihre Eigenschaften wie die Brennweite leicht durch verändern des Magnetfelds steuern kann. Ein verschieben der Apparatur ist zu diesem Zweck nicht nötig. Sehr kurze Brennweiten erreicht man durch große magnetische Felder, die man in eisengekapselten Linsen mit einem schmalen Schlitz erzeugt. 3 3.1 Versuchsdurchführung Helmholtzfeld Die beiden Einzelspulen der Helmholtzspule befinden sich einzeln in z-Richtung verschiebbar auf einer Kunststoffhalterung. Im Abstand von 40 cm parallel davon befindet sich der Halter für die Hallsondenstäbe. Dieser kann auch auf den anderen Halter auf der z-Achse montiert werden. Die Hallsonden können in ihrem Halter befindlich entlang der zu messenden Achse verschoben werden, wobei die relative Verschiebung zentimetergenau abgelesen werden kann. Außerdem sind sie drehbar gelagert, was die Ermittlung einer optimalen Lage der Quersonde ermöglicht, indem man diese solange (auf demselben Punkt im Feld) dreht, bis sich am Meßverstärker ein Maximum des Feldes ergibt. Die Längssonde braucht so nicht ausgerichtet zu werden, da das Feld rotationssymmetrisch ist. Zunächst müssen die beiden Sonden mittels eines Kalibriermagneten eingestellt werden. Dieser ist aber leider defekt, so daß wir die Kalibrierung auf Anweisung am ”Hintergrundmagnetfeld” im Raum vornahmen. Dazu wurde die Längssonde (ohne Spulenstrom) in ihre Position bei z = 0 gebracht und am Meßverstärker abgenullt. Danach wurde die Quersonde an dieselbe Stelle gebracht und eine Abweichung vom Nullwert von etwa +0, 9 Oe gemessen. Wir hätten vor jedem Wechsel der Sonden einen Nullabgleich durchführen sollen, was wir aber leider nicht gemacht haben. Demnach sind alle Messungen der Aufgabe 1 um obigen Betrag verschoben – die Sonden arbeiten linear mit dem Strom bzw. dem B-Feld. Eine genauere Kalibrierung wurde erst vor Aufgabe 3 durchgeführt: Man berechnet mit der Gleichung (2) zunächst Hz (z = 0, r = 0) in [A/cm] und skaliert dann mit (14) nach [Oe] (siehe Meßprotokoll: Hz (z = 0, r = 0) ≈ 5, 99 Oe. Danach nullt man nacheinander jeweils wie oben beschrieben bei ausgeschaltetem Strom jede Sonde ab und mißt dann die Feldstärke bei eingeschaltetem Strom. Hieraus ergibt sich, daß beide Sonden etwa 10 % unterhalb des errechneten Werts messen. Bei dieser Kalibrierungsmethode wären unsere Meßwerte bei beiden Sonden bei z = 0 gleich groß gewesen. Wie schon gesagt ist hierbei jedoch eine Verschiebung zu erkennen: Für Aufgabe 1a wird nun der Abstand auf d = 15 cm eingestellt und die Quersonde so positioniert, daß ein Messen genau auf der Mittelebene zwischen den beiden Spulen möglich ist. Zu Beginn der Messung befand sich Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster 16. Januar 2004 7 die Sonde bei r = 0. Dann wurde sie schrittweise entlang r in eine Richtung geschoben und der jeweilige Wert am Meßgerät abgelesen. Danach wurde die Messung von der Mitte der Spule aus in die andere Richung von r wiederholt. Zu erkennen sind die jeweiligen Messungen an den Symbolen ⊕ und im Meßprotokoll. Dieses Verfahren haben wir bei allen Messung durchgeführt, da so ein zeitliches Wandern des Feldes oder der Meßwerte bei erneutem Ansetzen im Nullpunkt erkannt worden wäre; uns ist jedoch nichts derartiges aufgefallen. Man erkennt deutlich, daß das Feld innerhalb der ersten 2/3 von r recht homogen ist, jedoch im Bereich der Spulen (r = R) oder gar im Außenbereich stark abfällt. In Aufgabe 1b wird bei unverändertem Abstand mit der Längssonde entlang der z-Achse gemessen. Die Messung erfolgte wie bei Aufgabe 1a in beide Richtungen. Hierbei ist eine große Konstanz innerhalb der gesamten Zylinderachse feststellbar. Für Aufgabe 1c muß der Abstand zunächst auf d = 18, 75 cm, dann auf d = 11, 25 cm gebracht werden und jeweils die Messungen der Aufgaben 1a und 1b durchgeführt werden. Zu erkennen ist, daß bei großem Abstand der Einfluß der Felder der Einzelspulen sichtbar wird, da die Meßwerte weiter außen höher sind als bei z = 0. Bei Kleinem Abstand ist zu sehen, daß die beiden Spulenfelder zusammenschmelzen und sich überlagern. Die Werte nehmen nach außen hin stark ab. 3.2 Elektronenlinse Die magnetische Elekronenlinse besteht aus einem Helmholtzspulenpaar mit einem Radius von R = 14 cm; der Abstand ist ebenso groß. Drumherum befindet sich ein Eisenkern, der jedoch schon so stark magnetisiert ist, daß auch ohne anlegen eines Spulenstroms das Metalllineal mit großer Kraft angezogen wurde; wir legten dennoch eine Spannung von I = 1 A an. Welchen Einfluß die Polung auf die Messung hatte, wissen wir nicht. Entlang des Radius und der z-Achse sind Einschubhalterungen für die Hallsonden montiert. In den Aufgaben 3 und 4 wurden die Messungen wie bekannt entlang der beiden Achsen durchgeführt, jedoch mit vorheriger Kalibrierung. Die beiden Messungen an den Stellen r = 0 und d = 0 sind beide gleich groß bei 1100 Oe, was aber im Rahmen der Meßungenauigkeit keine große Präzision darstellt, da der größte Meßbereich gewählt werden mußte. Nach außen hin nimmt das Feld bei Achsialer Messung rapide ab. Radial wird es nach außen hin zunächst größer als in der Mitte, fällt jedoch auch hier dann stark ab. Aufgabe 5 ist auf den beigefügten Blättern mit Maple berechnet. Zunächst wurden die ermittelten Meßwerte von Oe nach T umgerechnet: 1 A m = 4π · 10−3 Oe (16) Physikalisches Praktikum Jens Friedrich, Sven Förster Hµ0 = B wobei [H] = 1 −4 ⇒ 10 16. Januar 2004 A und [B] = 1 T m 8 (17) µ0 = 4π · 10−7 (18) Oe = 1 T (19) Danach wurde auf den Meßwerten im Bereich von −3 bis 3 mit Maple eine Splineinterpolation durchgeführt, über das Quadrat der approximierten Funktion integriert und anschließend in die Formel (15) zur Brennweitenberechnung eingesetzt. Es ergibt sich eine Brennweite von f ≈ 1, 3 cm. Die Geschwindigkeit der Elektronen läßt sich aus dem Energieerhaltungssatz berechnen: eU = ⇔v = 1 mv 2 2 s (20) 2 (21) eU m s 50 · 103 V · 1, 6021 · 10−19 C 9, 1091 · 10−31 kg m ≈ 1, 326 · 108 s = 2 (22) (23) Dies entspricht etwa 44 % der Lichtgeschwindigkeit. Da man aber erst ab etwa 2/3 der Lichtgeschwindigkeit relativistisch rechnen sollte, ist dies in diesem Versuch nicht nötig. Zu Aufgabe 7: Das Resultat von Aufgabe 6 ist natürlich nicht mit der Formel (15) verträglich, da die Brennweite absolut nicht groß gegenüber den Linsendimensionen ist.