Aufmerksamkeit – Diagnostik und Störungen ADHD Tutorium: Medizinische Psychologie Petra Beyer SS 05 Organisatorisches Prüfungsrelevante Basisliteratur: Buser, K.-H., Schneller, Th. & Wildgrube, K. (2003). Medizinische Psychologie, Medizinische Soziologie: Kurzlehrbuch zum Gegenstandskatalog ( 5. Auflage). München: Urban & Fischer. Inhalte für die Prüfung aus 1. & 4. Semester Nachschreibetermin => Physikum? Evtl. mündl. Prüfung Vorverlegung auf 14.00 Uhr nicht möglich (Räume!) Vorverlegung der Prüfung für den Freitagskurs Bezugsstellen von Kopierkarten (5,20 Euro für 100 Kopien): 1. Gegen Barzahlung: Hauptgebäude der Universität, Copyshop im 1. Stock Geographisches Institut, Cafeteria, Meckenheimer Allee 166, 53115 Bonn Institut für Organische Chemie, Herr Kader, Gerhard-Domagk-Straße 1, 53121 Bonn Römer-Copy GmbH Kopierservice, Römerstr. 241, 53117 Bonn 2. Kopierkarten-Automat: Juridicum, Fotostelle, Adenauerallee 24-42, 53113 Bonn Juridicum, Eingang Juristisches Seminar, Adenauerallee 24-42, 53113 Bonn Universitätsbibliothek Bonn, Adenauerallee 39-41, 53113 Bonn Universitätsbibliothek Bonn, Abteilungsbibliothek für Medizin, Naturwissenschaften und Landbau (MNL), Nußallee 15a, 53115 Bonn Was ist Aufmerksamkeit? Engl. „attention“ Orientierungsreaktion: „Was ist das Reflex“ ungerichtete Aufmerksamkeitsleistung Funktion: unbekannte Reize schnell erfassen und um schnell reagieren zu können Ziel: schützt Organismus vor Reizüberflutung Was ist Aufmerksamkeit? Aufmerksamkeit in der Wahrnehmungspsychologie bezeichnet die erhöhte Wahrnehmungsbereitschaft und zielgerichtete Hinwendung auf äußere oder innere Reize Auf der Verhaltensebene wird mit Aufmerksamkeit die Fähigkeit bezeichnet eine bestimmt Tätigkeit über einen längeren Zeitraum planvoll und konzentriert auszuführen Generell ist Größe der Aufmerksamkeit vom individuellen „current concern“ abhängig Aufmerksamkeitsleistungen Schwankungen in der Wahrnehmungsbereitschaft Selektivität in erfolgt Bezug auf Reize aus der Umgebung des Organismus Zwei Gehirnsysteme: 1. Posteriores System: Auswahl von Objekten bzgl. Form, Ort, Farbe, etc. 2. Anteriores System: Selektionsprozess: wann- wie diese Merkmale für Selektion genutzt werden Bei wichtigem Reiz => Aktivationssteigerung Bei unwichtigem Reiz => Aktivationshemmung Formen der Aufmerksamkeitleistungen Alertness –Aufmerksamkeitsaktivierung Sustained attention – längerfristige Aufmerksamkeit, Daueraufmerksamkeit z.B. Vigilanz selective attention – selektive bzw. fokussierte Aufmerksamkeit divided attention – geteilte oder erteilte Aufmerksamkeit 1. Alertness / Aufmerksamkeitsaktivierung Zustand allgemeiner Wachheit Wird unterteilt in: tonische Aktivierung: allgemeine Wachheit. Physiologischer Zustand des Organismus u.a. Abhängig von Tageszeit Fähigkeit zur Anhebung der Reaktionsbereitschaft im Hinblick auf ein erwartetes Ereignis phasische Aktivierung: plötzliche Zunahme der Aufmerksamkeit unmittelbar nach einem Warnreiz 1. Alertness / Aufmerksamkeitsaktivierung Untersuchungsmethoden: einfache visuelle oder auditive Reaktionsaufgaben Mit (phasische Alterness) oder ohne Warnreiz (für tonische oder intrinsische Aufmerksamkeitsaktivierung) vor Stimulusdarbietung => Differenz der Reaktionszeit zw. beiden Bedingungen gibt als Maß für phasische Alertness Neuropsychologische Testmethoden: Wiener Determinationsgerät (WDG) Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) 2. Substained attention – längerfristige Aufmerksamkeit Fähigkeit auf seltene Ereignisse in großen Zeiträumen zu reagieren Wachsamkeit Wird unterteilt in: Daueraufmerksamkeit Aufmerksamkeit muss über lange Zeiträume ununterbrochen zugewandt sein, bei hoher Reizfrequenz Vigilanz – spezielle Variante der längerfristigen Aufmerksamkeit Vigilanzleistung Aufmerksamkeit über einen langen Zeitraum Relevanter Stimuli: sehr unregelmäßigen Intervallen mit geringer Häufiger vor Beispiel: Radarbeobachter oder Qualitätskontrolle bei Fließbandarbeiten, Nachtfahrt auf einer leeren Autobahn 2. Substained attention – längerfristige Aufmerksamkeit Neuropsychologische Methode: eintönige Aufgabe optisch oder akustisch z.B. TAP, Dauer 30 Minuten 3. Selective attention – selektive Aufmerksamkeit Filter-Theorie: Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Merkmale zu fokussieren und Reaktionen auf irrelevante Merkmale zu unterdrücken/herauszufiltern ¾ Ausblenden irrelevanter Reize (z.B. Gespräch auf einer Party) Kapazitäts-Theorie: Jeder Mensch kann im jeweiligen Augenblick nur eine begrenzte Menge an mentaler Verarbeitung leisten ¾ Die Verarbeitungskapazitäten sind beschränkt 3. Selective attention – selektive Aufmerksamkeit Untersuchungsmethode: Wahl-Reaktions-Aufgabe Neuropsychologische Testmethoden: * Paper-Pencil-Verfahren „d2-Test“ * Computer gestützte Verfahren z.B. TAP: Untertest Go/Nogo, * Farbe-Wort-Interferenz-Test (FWIT) Praktische Übung zur selektiven Aufmerksamkeit 4. Divided attention – geteilte Aufmerksamkeit Fähigkeit zur Aufmerksamkeitsteilung von a.) Verarbeitungsressourcen b.) Qualität der verschiedenen Aufgaben, die miteinander kombiniert werden. Fähigkeit mit konkurrierenden Informationen umzugehen & das richtige Antwortschema zu wählen Wie? Proband bekommt 2 Reizdarbietungen (akustisch, optisch) Er muss simultan 2 konkurrierende Informationskanäle überwachen relevante Ereignisse, die in jeweils einem oder beiden Kanälen auftauchen, so schnell wie möglich entdecken Test prüft ob 2 Reize jeweils einzeln bewältigt werden 4. Divided attention – geteilte Aufmerksamkeit Untersuchungsmethode: Dual-Task-Aufgaben Neuropsychologische Methode: Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) Untertest geteilte Aufmerksamkeit. Gefordert wird die gleichzeitige Lösung zweier Aufgaben: Aufgabe 1: visuelle Darbietung von Kreuzen. Kreuze zu einem Quadrat –> Taste drücken Aufgabe 2: akustische Darbietung: hoher u. tiefer Töne 2x gleicher Töne –> Taste drücken Aufmerksamkeitsstörungen Definition: Umfang und Intensität der Beeinträchtigung bzgl. der Aufnahme von Wahrnehmung bzw. von Vorstellungen der Gedanken Häufige Ursachen: SHT Läsionen Schlaganfall Stoffwechselstörungen im Gehirn Psychische Erkrankungen Aufmerksamkeitsstörungen Schizophrene Patienten: größere Sensibilität gegenüber sensorische Stimulation als Gesunde Hypersensitivität führt zur Reizüberflutung Unfähigkeit sich auf relevante Aspekte einer Aufgabe zu konzentrieren oder diese Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten = Störung der selektiven Aufmerksamkeit Minimal-Brain-Syndrom Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) Hyperkinetisches Syndrom (ADHD) Person ist nicht altersgemäß in der Lage, sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren Person reagiert statt dessen mit Unaufmerksamkeit, Unterbrechungen und Impulsivität ADS / ADHS Aufmerksamkeits - Defizit(und Hyperaktivitäts) - Syndrom 2-10% aller Kinder betroffen mehr Jungen als Mädchen Mögliche Ursachen biochemische Funktionsstörung im Bereich der Informationsverarbeitung In Gehirnabschnitten (Stammganglien und Frontalhirn), die für die Aufmerksamkeit, Konzentration und Wahrnehmung, d.h. die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und Sinneseindrücken verantwortlich sind PET-Untersuchungen zeigen in diesen Hirnareale weniger Sauerstoff und Glukose Verbrauch als die von gesunden Kindern. Überträgerstoffe (Neurotransmitter), bes. Dopamin wirken nicht optimal im Bereich der Schaltstellen von Hirnzellen (Synapsen) Genetische Ursache Monozygote Zwillinge häufig gem. betroffen Soziale, gesellschaftliche Ursachen Diagnosekriterien DSM4 Typus Unaufmerksam Mind. 6 Symptome Dauer 6 Monate Typus Hyperaktiv oder Typus Impulsiv Mind. 6 Symptome Dauer 6 Monate Unangemessener Entwicklungsstand in unangem. Ausmaß DD: Störung des Sozialverhalten bei aggressiven od. aufsässigen Verhalten Wichtig: ADS Kinder keine Schädigungsabsichten ADS / ADHS - Symptome nach DSM4 TYPUS Unaufmerksam: Flüchtigkeitsfehler Leicht ablenkbar Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit über langen Zeitraum Hören nicht richtig zu Beendet keine Arbeiten Anweisungen werden fehlerhaft durchgeführt Organisationsschwierigkeiten (Aufgaben, Aktivitäten) Vermeiden von Aufgaben die längerer Anstrengung erfordern Verlust von Gegenständen (Bücher, Stifte, Brille) Vergesslichkeit im Alltag Typus Hyperaktiv Zappelt mit Händen, Füßen Kann nicht sitzen bleiben Läuft herum oder subj. innere Unruhe Problem ruhig zu spielen Auf „Achse“ Redet übermäßig viel Typus Impulsiv Platzt mit Antwort noch vor Ende der Fragestellung heraus Kann schwer warten Unterbricht Stört andere Folgen: Beeinträchtigung in sozialer Anpassung Beeinträchtigung in schulischer Leistungsfähigkeit Beeinträchtigung in beruflicher Leistungsfähigkeit Häufig disziplinarische Schwierigkeiten 59% aller aggressiven Kinder leiden an ADS/ADHS (Dumas, 1989) Ergänzung zur Absicherung der Diagnose Neurologische Untersuchung Körperliche Untersuchung Neuropsychologische Testungen Anamnese Lebensgeschichte Fragebogen zur Selbstbeurteilung Fragebogen zur Fremdbeurteilung Therapie bei ADS/ADHS Bewährt Kombinationstraining mit Eltern, Lehrer, Kind Verhaltensorientiertes Trainingsprogramm Einzel- und/oder Familientherapie Beratung/Aufklärung: Familie, Patient Sportliche Aktivitäten Stimulantien z.B. Methylphenidat, Pemolin Erhöht Wirkdauer des Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin im Bereich Synapsen Verringern Überaktivität, verbessern Aufmerksamkeit Therapieziel bei ADS/ADHS Heilung der Stoffwechselstörung generell nicht möglich Kontrolle der Symptome Langfristiges Ermöglichen einer altersgemäßen Entwicklung zur Vermeidung von z.B. Schulversagen Außenseitern Suchterkrankungen