nichtlineare Schrödingergleichung

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Optische Nachrichtentechnik-Praktikum: CAE-Teil
Theoretische Einführung
Betreuer: Dr. Stefan Warm
Raum HFT 304, Tel.: 314-24310, Mail: [email protected]
17. Dezember 2012
Zusammenfassung
Mit der sogenannten nichtlinearen Schrödingergleichung (NLSG) kann die Ausbreitung von Pulsen in Glasfasern beschrieben werden. Die meisten der kommerziell erhältlichen Programme für die numerische Simulation
von optischen Glasfaserübertragungssystemen verwenden die NLSG und lösen diese numerisch. Auch das in
diesem Praktikum verwendete Programm VPItransmissionMaker basiert auf der NLSG. Diese soll in Abschnitt 1 zunächst hergeleitet werden. Der Abschnitt 2 beschreibt ein Verfahren zur numerischen Lösung der
NLSG, das Split-Step Fourier Verfahren.
1
Herleitung der nichtlinearen Schrödingergleichung
Bei der Herleitung der Wellengleichung für nichtlineare, dispersive Medien werden als Fundament die Maxwellschen Gleichungen benutzt. Eine einmodige Glasfaser wird als ein quellenfreies, nichtleitendes Medium ohne
freie Ladungsträger betrachtet. In diesem Fall haben die Maxwellschen Gleichungen folgende Form:
~ r, t)
∂ B(~
∂t
~ r, t)
∂
D(~
~ r, t) =
∇ × H(~
∂t
~
∇ · D(~r, t) = 0
~ r, t) = 0.
∇ · B(~
~ r, t)
∇ × E(~
= −
(1)
(2)
(3)
(4)
~ ist der elektrische Feldvektor, H
~ der magnetische Feldvektor, D
~ der Vektor der elektrischen VerschiebungsE
~
dichte und B der Vektor der magnetischen Flussdichte, wobei zwischen Flussdichte bzw. Verschiebungsdichte
und dem Feld folgende Zusammenhänge bestehen:
~ r, t) = ε0 · E(~
~ r, t) + P~ (~r, t)
D(~
~ r, t) = µ0 · H(~
~ r, t),
B(~
(5)
(6)
wobei P~ die Polarisation des Mediums beschreibt. Durch Bildung der Rotation von Gl. (1), Ausnutzen der
~ r, t) durch Gl. (2) entsteht mit Gl. (5):
Beziehung Gl. (6) und Substitution des entstehenden Terms ∇ × H(~
~ r, t)
∇ × ∇ × E(~
2~
~ r, t)
∂ B(~
∂ ~ r, t) = −µ0 ∂ D(~r, t)
= −µ0
∇ × H(~
∂t
∂t
∂t2
2~
2~
∂ E(~r, t)
∂ P (~r, t)
= −µ0 ε0
− µ0
.
2
∂t
∂t2
= −∇ ×
~ gilt allgemein die Beziehung
Für ein beliebiges Vektorfeld A
~ =∇· ∇·A
~ − 4A.
~
∇× ∇×A
(7)
(8)
Dabei ist 4 der Laplace-Operator mit 4 = ∂ 2 /∂x2 +∂ 2 /∂y 2 +∂ 2 /∂z 2 . Mit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum
√
~ r, t) = 0 kann Gl. (7) geschrieben werden als
c = 1/ µ0 ε0 und der Beziehung ∇ · E(~
~ r, t) =
4E(~
~ r, t)
1 ∂ 2 E(~
1 ∂ 2 P~ (~r, t)
+
.
c2
∂t2
ε 0 c2
∂t2
1
(9)
Allgemein lässt sich die Polarisation P~ in einen linearen und einen nichtlinearen Teil (P~lin und P~nl ) aufspalten.
Die Polarisation ergibt sich dann als Summe dieser beiden Terme zu
P~ (~r, t) = P~lin (~r, t) + P~nl (~r, t).
(10)
Einsetzen von Gl. (10) in Gl. (9) führt schließlich zu
2~
~ r, t) = 1 ∂ E(~r, t) + 1
4E(~
c2
∂t2
ε0 c2
∂ 2 P~lin (~r, t) ∂ 2 P~nl (~r, t)
+
∂t2
∂t2
!
.
(11)
Dies ist die Wellengleichung für dispersive, nichtlineare Glasfasern. Für die Lösung dieser Differentialgleichung
wird der vereinfachende Ansatz einer linear in x-Richtung polarisierten, sich in z-Richtung ausbreitenden Welle
gemacht. Das elektrische Feld dieser Welle kann geschrieben werden als
~ t) = F (x, y)A(z, t) exp(jω0 t − jβz)~ex .
E(z,
(12)
In dieser Gleichung bezeichnet F (x, y) die transversale Feldverteilung des LP01 -Grundmodes, A(z, t) die langsam
oszillierende Einhüllende des elektrischen Feldes, ω0 die optische Trägerkreisfrequenz, β die Ausbreitungskonstante und ~ex den Einheitsvektor in x-Richtung. Die Abb. 1 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen
elektrischem Feld E(t) und der Einhüllenden A(t).
1.5
1.5
normierte Leistung
1
normierte Feldstärke
| E(t)|2
| A(t)|2
Elektrisches Feld E(t)
Einhüllende A(t)
0.5
0
ï0.5
1
0.5
ï1
ï1.5
(a)
0
1
2
normierte Zeit
3
0
4
(b)
0
1
2
normierte Zeit
3
4
Abbildung 1: (a) Schematische Darstellung des elektrischen Feldes E(t) und der Einhüllenden A(t), (b) schematische Darstellung der Größen |E(t)|2 und |A(t)|2 .
Da die induzierte Polarisation P~ und damit auch die Anteile P~lin und P~nl mit dem elektrischen Feld verknüpft
ist, kann durch Einsetzen von Gl. (12) in Gl. (11) eine Differentialgleichung für die Einhüllende A(z, t) entwickelt
werden. Zu diesem Zweck werden die folgenden Annahmen getroffen:
• Die nichtlineare Polarisation P~nl kann als schwache Störung der linearen Polarisation P~lin behandelt
werden.
• Die Polarisation des elektrischen Feldes bleibt bei der Signalausbreitung in der Glasfaser erhalten.
• Die spektrale Breite des Signals ist gering im Vergleich zur optischen Trägerfrequenz.
• Die Brechzahldifferenz zwischen Kern und Mantel der Glasfaser ist gering, so dass von einer schwachen
Wellenführung ausgegangen werden kann.
Treffen diese Annahmen zu, so kann das Ausbreitungsverhalten der Einhüllenden des elektrischen Feldes in einer
dispersiven, nichtlinearen Glasfaser durch die nichtlineare Schrödingergleichung beschrieben werden.
α
∂A(z, T )
= − A(z, T ) +
∂z
| 2 {z
}
Dämpfung
β2 ∂ 2 A(z, T )
j
2
| 2 {z∂T }
+
Dispersion 1. Ordnung
2
β3 ∂ 3 A(z, T )
∂T 3 }
|6
{z
Dispersion 2. Ordnung
− jγ|A(z, T )|2 A(z, T )
|
{z
}
Kerr-Effekt
(13)
Die Variable T = t − z/vgr = t − β1 z repräsentiert ein Zeitfenster, welches mit dem Signal mit dessen Gruppengeschwindigkeit mitbewegt wird. Der erste Summand auf der rechten Seite von Gl. (13) beschreibt mit
der Leistungsdämpfungskonstante α den Einfluss der Dämpfung auf die Einhüllende A(z, T ). Die Terme βm
entstehen durch eine Taylor-Reihenentwicklung der Ausbreitungskonstante β um die Trägerkreisfrequenz ω0 :
β(ω) = n(ω)
1
ω
= β0 + β1 (ω − ω0 ) + β2 (ω − ω0 )2 + . . . ,
c
2
mit
βm =
dm β
dω m
(14)
(m = 0, 1, 2, . . .).
(15)
ω=ω0
Dabei ist β1 über β1 = (dβ0 /dω)ω=ω0 = 1/vgr mit der Gruppengeschwindigkeit vgr verknüpft. Die Größe
β2 = (dβ1 /dω)ω=ω0 beschreibt die Gruppengeschwindigkeitsdispersion und β3 = (dβ2 /dω)ω=ω0 die Änderung
der Gruppengeschwindigkeitsdispersion in Abhängigkeit von ω. Der letzte Term in Gl. (13) beschreibt den
nichtlinearen Kerr-Effekt, der zu nichtlinearen Phänomenen wie Selbstphasenmodulation (self-phase modulation,
SPM), Kreuzphasenmodulation (cross-phase modulation, XPM) und Vierwellenmischung (four-wave mixing,
FWM) führt. Der Einfluss des Kerr-Effekts wird maßgeblich durch den nichtlinearen Koeffizienten γ bestimmt,
der gegeben ist als
n 2 · ω0
γ=
.
(16)
c · Aef f
Dabei ist n2 der nichtlineare Brechungsindex und Aef f die effektive Modenfläche. Die nichtlineare Schrödingergleichung Gl. (13) beschreibt die gemeinsame Wirkung von chromatischer Dispersion, Dämpfung und parametrischen faseroptischen Nichtlinearitäten (Kerr-Effekt) auf die zeit- und ortsabhängige Einhüllende A(z,T)
und wird von der in diesem Praktikum verwendeten Software VPItransmissionMaker genutzt, um das Übertragungsverhalten beliebiger optischer Signale in Glasfasern numerisch zu berechnen.
2
Numerische Lösung der nichtlinearen Schrödingergleichung
Die Gl. (13) ist eine nichtlineare partielle Differentialgleichung, welche nur für einige wenige Sonderfälle analytisch lösbar ist. In der Literatur sind verschiedene Verfahren zur numerischen Lösung dieses Typs von Differentialgleichung bekannt und untersucht worden. Das sogenannte Split-Step Fourier Verfahren eignet sich aufgrund
seiner hohen Geschwindigkeit sehr gut zur numerischen Lösung der nichtlinearen Schrödingergleichung. Die in
diesem Praktikum verwendete Simulationsumgebung (VPItransmissionMaker) nutzt dieses Verfahren zur Simulation der Signalübertragung in faseroptischen Systemen. Die Funktionsweise des Split-Step Fourier Verfahrens
wird im folgenden Abschnitt genauer beschrieben.
Zunächst kann Gl. (13) geschrieben werden als
∂A = D̂ + N̂ A.
∂z
(17)
Der Operator D̂ beschreibt die Dämpfung und die Dispersion in einem linearen Medium, während der nichtlineare Operator N̂ den Einfluss der Fasernichtlinearitäten auf die Pulsausbreitung beschreibt. Diese beiden
Operatoren ergeben sich aus Gl. (13) zu
D̂
N̂
α
β2 ∂ 2
β3 ∂ 3
+j
+
2
2
2 ∂T
6 ∂T 3
= −jγ|A(z, T )|2
= −
(18)
(19)
Im allgemeinen wirken die Dispersion (Operator D̂) und die Nichtlinearitäten (Operator N̂ ) entlang der Glasfaser
gemeinsam auf das Ausbreitungsverhalten. Durch die Annahme, dass auf einem sehr kurzen Faserstück der Länge
∆z die dispersiven und nichtlinearen Effekte getrennt voneinander betrachtet werden können, kann mit dem
Split-Step Fourier Verfahren eine Näherungslösung bestimmt werden. Dabei wird die Änderung der Einhüllenden
A bei der Übertragung von der Stelle z nach z + ∆z in zwei Schritten berechnet. Im ersten Schritt wird
angenommen, dass nur die Fasernichtlinearität wirkt (D̂ = 0), während im zweiten Schritt nur die Dispersion
wirkt (N̂ = 0). Damit kann A(z + ∆z, T ) näherungsweise bestimmt werden.
A(z + ∆z, T ) ' exp ∆z D̂ exp ∆z N̂ A(z, T )
(20)
3
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Abbildung 2: Schematische Darstellung des symmetrischen Split-Step Fourier Verfahrens. Die Faser wird in eine
große Anzahl kleiner Segmente der Länge ∆z aufgeteilt. Die Fasernichtlinearitäten werden in jedem Segment
jeweils in der Mitte berücksichtigt.
Der Operator exp ∆z D̂ wird mit Hilfe der Fouriertransformation in den Frequenzbereich transformiert und
dort auf das Signal angewendet.
Ein bezüglich der Genauigkeit verbessertes Verfahren ist das symmetrische Split-Step Fourier Verfahren. Hier
wird der Einfluss der Nichtlinearitäten in der Mitte des Intervalls ∆z bestimmt (Abb. 2). Dadurch ergibt sich
für A(z + ∆z, T ), ähnlich wie in Gl. (20)
∆z
∆z
D̂ exp ∆z N̂ exp
D̂ A(z, T ) .
(21)
A(z + ∆z, T ) ' exp
2
2
Das symmetrische Verfahren benötigt also drei Schritte. Zunächst wird die Wellenausbreitung für ein rein
lineares, dispersives Medium von z bis z + ∆z/2 berechnet. In der Mitte des Intervalls wird das Feld mit einem
nichtlinearen Term multipliziert, der die gesamten Nichtlinearitäten des Intervalls der Länge ∆z repräsentiert.
Danach wird noch einmal die Wellenausbreitung für ein rein lineares, dispersives Medium von z + ∆z/2 bis
z + ∆z berechnet.
Das Split-Step Fourier Verfahren wird zur Lösung einer großen Anzahl von Problemen der Optik verwendet, so
z.B. zur Berechnung der Wellenausbreitung in der Atmosphäre, in Stufen- und Gradientenfasern, Halbleiterlasern
und Wellenleiterkopplern. Bei der Anwendung ist besonders darauf zu achten, dass die gewählten Schrittweiten
für z und T klein genug sind, um ausreichend genaue numerische Ergebnisse zu erzielen.
4
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