Die Links-Rechts-Dimension auf dem Prüfstand: Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 Anja Neundorf 1. Einleitung Die Links-Rechts-Dimension (bzw. die liberal-conservative-Dimension als ihr amerikanisches Pendant) wird oft als die zentrale ideologische Komponente im Einstellungsgeflecht der Wähler gesehen. Es wird allgemein angenommen, dass weniger abstrakte Meinungen, wie beispielsweise Policy-Positionen (siehe Pappi/ Brandenburg, Thurner u.a. in diesem Band) oder Parteipräferenzen, aber auch insbesondere das Wahlverhalten, von dieser ideologischen Identität beeinflusst werden (Inglehart/Klingemann 1976; Fuchs/Klingemann 1990; Evans u.a. 1996; Jost 2006). Allerdings wurde die Rolle ideologischer Einstellungen auch immer wieder durchaus kritisch diskutiert. So wurde die Fähigkeit der Wähler in Frage gestellt, ideologisch komplexe Sachverhalte überhaupt ����������������������������������� verstehen ������������������������� zu können (Converse 1964). Auch wurde bereits ganz grundsätzlich das „Ende des ideologischen Zeitalters” ausgerufen (Bell 1960). Jost (2006), Mair (2007) sowie Corbetta und Kollegen (2009) kommen allerdings in aktuellen Studien zu dem Schluss, dass „links” und „rechts” als politische Richtungsbegriffe in modernen Demokratien nichts von ihrer Bedeutsamkeit eingebüßt haben. Vor diesem Hintergrund ist es eine offene Frage, wie es um die Tauglichkeit der Links-Rechts-Dimension als abstraktes Konstrukt zur Abbildung ideologischer Standpunkte in der deutschen Wählerschaft heute bestellt ist. Angesichts des Umstandes, dass es im deutschen Parteiensystem seit einigen Jahren eine Partei gibt, die sich ausdrücklich als Die Linke (bis 2007 PDS) bezeichnet, ist zu erwarten, dass diese ideologischen Begriffe im deutschen Eliten-Diskurs weiterhin von Bedeutung sind. Vor dem Hintergrund sich abschwächender Parteibindungen (Dalton 2005, 2009; Norpoth 2009; Ohr/Quandt, Kroh in diesem Band) erscheint jedoch unklar, inwieweit die Links-Rechts-Dimension auch für die Wähler weiterhin von Belang ist. Ziel dieses Beitrages ist es deshalb, die Relevanz der Links-Rechts-Dimension für das individuelle Verhalten der Wähler in Deutschland zu überprüfen. Zu diesem Zweck soll insbesondere die Funktion der ideologischen Begriffe als zentrale Entscheidungs- und Orientierungshilfe im Hinblick auf Wahlabsichten näher untersucht werden. Die Links-Rechts-Selbstidentifikation funktioniert wie die Bindung an eine soziale Gruppe oder die Parteiidentifikation als eine Art Heuristik, die Wählern erleichtert, sich politisch zu orientieren und Wahlentscheidungen zu treffen. Parteien benutzen die Etiketten „links” und „rechts” als eine Art Kommunikationshilfe, um ihre politischen Positionen als zusammenhängende „Policy-Bündel” anzubieten (Budge u.a. 2001). Was geschieht jedoch, wenn die PVS, Sonderheft 45/2011, S. 233-256 233 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten Angebote der Parteien nicht mehr so deutlich von einander unterscheidbar sind (vgl. Lachat 2008; Pardos-Prado/Dinas 2010; Evans/Tilley i.E.) oder unklar ist, welche politischen Inhalte mit diesen Begriffen verbunden sind? Wählen unter Bezug auf ideologische Selbsteinstufungen könnte unter solchen Bedingungen an Bedeutung verlieren. Um die Frage zu beantworten, inwiefern die deutschen Wähler ideologisch abstimmen und wie sich dies über die Zeit verändert hat, geht der vorliegende Beitrag folgendermaßen vor: Zunächst wird der aktuelle Forschungsstand diskutiert, bevor einige Hypothesen, die eine Veränderung über die Zeit erwarten lassen, vorgestellt werden. Zunächst wird diskutiert, inwiefern sich eine Veränderung der politischen Angebotsseite auf das Ausmaß ideologisch konsistenter Wahlentscheidungen auswirken könnte. Ausgehend von einer Auswertung des ALLBUS 2008, die auf eine fortschreitende Pluralisierung des Verständnisses der Begriffe „links” und „rechts” hindeutet, werden Vermutungen über die Auswirkungen wachsender Bedeutungsunschärfe ideologischer Begriffe auf Wahlentscheidungen aufgestellt. Schließlich wird anhand von Politbarometer-Daten aus den Jahren 1990 bis 2008 untersucht, inwiefern Wähler tatsächlich im Einklang mit ihrer ideologischen Einstellung wählen und wie sich dieser Zusammenhang in diesen beiden Jahrzehnten verändert hat. Alle Analysen betrachten Wähler in Ost- und Westdeutschland im Vergleich. 2. Die Links-Rechts-Dimension in der wahlsoziologischen Literatur Ihre zentrale Stellung in der Politikwissenschaft, welche ihre Bedeutung im allgemeinen politischen Diskurs reflektiert, verdankt die Links-Rechts-Dimension der ihr zugeschriebenen heuristischen Funktion. Im Vordergrund steht dabei vor allem ihre Funktion als „ mechanism for the reduction of complexity for individuals” (Fuchs/Klingemann 1990: 205). Dieser Sichtweise zufolge erleichtert die politische Links-Rechts-Metaphorik insbesondere die politische Kommunikation zwischen Parteien, Wählern und politischen Kommentatoren in Medien und Wissenschaft. Deshalb bezeichnen sie Budge und Kollegen (2001: 19) als „the single most important indicator of party policy, and a pointer to underlying ideology”. Dementsprechend ist es auch nicht überraschend, dass die Links-Rechts-Dimension in der Parteienforschung schon früh herangezogen wurde, um Parteien im ideologischen Raum zu verorten (Downs 1957; Sartori 1976). Heutzutage findet man zudem unzählige Beiträge, die mit den Daten des Comparative Manifestos Project (CMP) arbeiten. Hier werden die Wahlprogramme der Parteien benutzt, um diesen auf Basis themenbereichsspezifischer Aussagen Positionen auf einer Links-Rechts-Skala zuzuweisen (Budge u.a. 2001; Klingemann u.a. 2006; vgl. Gabel/Huber 2000; Benoit/Laver 2006). Auch auf der Ebene der Wähler spielt die Links-Rechts-Dimension theoretisch eine wichtige Rolle. Insbesondere in der Wahl- und Einstellungsforschung nimmt die ideologische Selbstidentifikation eine zentrale Stellung ein (vgl. van der Eijk u.a. 2005; Jost 2006; Lachat 2008). Sie spielt demnach eine Schlüsselrolle im Einstellungsgeflecht der Wähler, indem sie ihnen hilft, sich im politischen Raum zu orientieren und Entscheidungen zu treffen. Auch wenn durchaus verschiedene 234 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 Funktionen der ideologischen Etiketten unterschieden werden – beispielsweise als Kommunikations-, Orientierungs- und Strukturierungshilfe (Zechmeister 2006) –, die wichtigste scheint doch der Einfluss auf konkrete Handlungen zu sein, insbesondere auf die Stimmabgabe bei Wahlen. Der vorliegende Beitrag widmet sich deshalb in erster Linie der Funktion ideologischer Selbsteinstufungen als zentrale Entscheidungshilfe. In seiner Abhandlung über Rationalität und Unsicherheit merkt Gigerenzer (2008: 7) an, Wähler seien „smart enough to know that they are not smart enough”, weshalb sie auf „�������������������������������������������������������� ��������������������������������������������������������� fast and frugal heuristics” – wie beispielsweise ideologische Labels – zurückgreifen müssten. Diese Heuristiken stellen dabei eine ���� „��� kognitive Abkürzung” dar, indem sie nahelegen, einfach diejenige Partei zu wählen, der man ideologisch am nächsten steht, anstatt aufwendig und wiederkehrend Informationen über die verschiedenen Wahlalternativen und die von ihnen angebotenen konkreten politischen Inhalte zu sammeln. Die Links-Rechts-Dimension als eindimensionales, kontinuierliches Konstrukt wird dabei als die beste Annäherung an diese ideologische Wahlentscheidung betrachtet. Basierend auf dem klassischen Distanz-Konzept der ideologischen Wahlentscheidung (Downs 1957; Blais u.a. 2001) kann es dabei allerdings durchaus geschehen, dass eine linke Partei einem rechten Wähler näher steht als eine konkurrierende Partei aus dem rechten Spektrum. Im Gegensatz zu dieser Vorstellung steht das Konzept des direktionalen Wählens (Rabinowitz/Macdonald 1989; Macdonald u.a. 1995), das annimmt, dass Wahlentscheidungen nur für Parteien des eigenen ideologischen Lagers getroffen werden. Hierbei ist die geordnete bzw. kontinuierliche Abstufung der Links-Rechts-Dimension weniger hilfreich. Insbesondere in der Forschung zur Parteiidentifikation hat sich gezeigt, dass die für Wähler möglichen parteipolitischen Alternativen in diesem Sinne durch die ideologische Bindung beschränkt werden (Zuckerman u.a. 2007; Neundorf u.a. i.E.). Das in diesem Zusammenhang diskutiert Konzept der „bounded partisanship” impliziert dabei die Annahme, dass Wähler nicht zwischen ideologisch einander gegenüberstehenden Parteien wechseln, sondern nur innerhalb des eigenen ideologischen Lagers. Es besteht allerdings kein Konsens darüber, ob Distanz- oder Richtungs-W��� ählen überhaupt faktisch bedeutungsvoll sind. Die Rede vom „Ende der Ideologien” (Bell 1960) und insbesondere die Arbeiten von Converse (1964) haben Anlass gegeben, zu bezweifeln, dass Ideologien im politischen Diskurs tatsächlich noch eine wichtige Rolle spielen und ob Wähler überhaupt in der Lage sind, politische Inhalte in einem kohärenten ideologischen Überzeugungssystem zu integrieren. Converse’ Beschreibungen einer in Termini abstrakter ideologischer Konzepte weitgehend inkompetenten Wählerschaft haben das Bild des ideologiefreien Wählers für lange Zeit geprägt. Luttbeg und Gant (1985: 91) bezweifeln deshalb auch „the very notion that an ideology structured in liberal/conservative terms is necessary to linking public preferences to government action”. In ähnlicher Weise schlussfolgert Tedin (1987: 63-64) in seiner Analyse der US-Präsidentschaftswahl 1972, dass es keine „������������������������������������������������������� �������������������������������������������������������� motivational potency of ideology” gebe. Andere Untersuchungen bekräftigen jedoch die Existenz ideologisch motivierter Wahlentscheidungen und führen dies insbesondere auf die Bildungsexpansion seit den 1960erJahren zurück (Nie u.a. 1976; Dalton u.a. 1984; Franklin u.a. 1992). In einer 235 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten aktuellen Studie zeigt Jost (2006: 657) beispielsweise für die USA, dass �������� „������� the effects of liberalism and conservatism on voting decisions are powerful”. Vergleichbare Studien für Deutschland sind allerdings Mangelware. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es deshalb, zu untersuchen, wie stark oder schwach ideologisches Wählen im Sinne von Wahlentscheidungen für Parteien des eigenen ideologischen Spektrums im vereinten Deutschland seit der Wiedervereinigung ausgeprägt ist. Dabei steht neben dem Ost-West-Vergleich insbesondere die zeitliche Entwicklung im Fokus. Im nächsten Abschnitt werden deshalb einige Hypothese entwickelt, die mögliche Dynamiken ideologisch motivierten Wahlverhaltens erklären können. 3. Einflussfaktoren ideologischen Wählens Im folgenden werden drei Faktoren diskutiert, welche das Ausmaß des ideologischen Wählens beeinflussen können. Zunächst wird die Rolle der Parteien und ihres politischen und ideologischen Angebotes erörtert. In diesem Zusammenhang werden Ergebnisse präsentiert, die zeigen, wie sich die ideologischen Positionen der Parteien in den Jahren seit der Wiedervereinigung verändert haben. Im zweiten Schritt geht es um die inhaltliche Seite der Links-Rechts-Dimension. Damit diese ihrer Funktion als Kommunikationshilfe zwischen den Akteuren des politischen Systems gerecht werden kann, ist es unabdingbar, dass diese Akteure über „shared standards and common terms of reference” (Mair 2007: 206) verfügen. Sind diese unklar, können ideologische Begriffe ihre Kommunikationsfunktion nicht erfüllen; daher wird geprüft, in welchem Maße das heute der Fall ist. Im letzten Schritt wird die Rolle der Salienz der Links-Rechts-Dimension in der Wählerschaft als bedeutsamer Faktor im Hinblick auf Wahlentscheidungen erläutert. Hierzu werden innerdeutsch vergleichende Überlegungen angestellt. 3.1 Das politische Angebot im Wandel Eine häufig formulierte Begründung für einen möglichen Rückgang ideologisch klar konturierten Wahlverhaltens ist eine Veränderung der politischen Positionen der Parteien. Wie van der Eijk u.a. (2005) in einer international vergleichenden Untersuchung gezeigt haben, ist die ideologische Polarisierung der Parteien ein wichtiger moderierender Faktor im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen der Selbstidentifikation von Wählern auf der Links-Rechts-Skala und der Wahlentscheidung. Auch andere Arbeiten haben bestätigt, dass Wahlentscheidungen umso stärker ideologisch motiviert sind, je ausgeprägter die Parteien ideologisch polarisiert sind (z.B. Knutsen/Kumlin 2005; Lachat 2008; Kroh 2009; Evans/Tilley i.E.). Diese Studien begründen den Einfluss der Polarisierung politischer Parteien auf das Ausmaß ideologischen Wählens mit der Überlegung, dass polarisierte Parteien klare und kohärente „Issue-Pakete” präsentieren, die den Wählern vergleichsweise einfach zugänglich und verständlich sind (Zaller 1992) und dadurch von diesen als wertgeladene Konzepte gelernt werden können (Knutsen/ Kumlin 2005: 158). Die ideologische Selbstidentifizierung der Wähler wird demnach als ein Reflex des Parteienkonflikts angenommen. Wenn sich Parteien aber 236 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 ideologisch annähern, dürfte die politische Konfliktlinie für Wähler schwerer zu erkennen und weniger nachvollziehbar sein; dementsprechend sollte die LinksRechts-Dimension an Bedeutung für das Wahlverhalten verlieren. Wenn sich Parteien also – ����������������������������������������������������������������� bewusst ��������������������������������������������������������������� oder nicht – stärker im Zentrum des ideologischen Spektrums positionieren, sollte ihre Anziehungskraft für Wähler mit einer klaren ideologischen Position – ob rechts oder links – abnehmen. Abbildung 1: Parteipositionen auf der Links-Rechts-Dimension (a) Parteipositionen in Wahlprogrammen 237 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten (b) Parteipositionen in der Wahrnehmung der Wähler Auf Basis von Abbildung 1 können vor dem Hintergrund dieser Überlegungen Erwartungen im Hinblick auf die Dynamik ideologischer Wahlentscheidungen in Deutschland formuliert werden. Die Abbildung stellt die Links-Rechts-Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien über den hier untersuchten Zeitraum dar. Der obere Teil der Abbildung stützt sich auf die Selbstdarstellung der Parteien in Form ihrer Wahlprogramme (Klingemann u.a. 2006), der untere Teil – basierend auf Politbarometer-Daten (adaptiert von Schmitt/Wüst 2006) –������������������ ���������������� auf die Wahrnehmungen der Wähler (vgl. Lachat 2008). Von ihren Wahlprogrammen ausgehend, lassen die beiden großen Parteien zwischen 1990 und 2002 (dem letzten verfügbaren Messzeitpunkt) prägnante Wandlungen erkennen. Auffällig ist beispielsweise die deutliche Repositionierung der SPD zur Mitte des Spektrums bei der Bundestagswahl 1998. Auch wenn sie davon in der darauf folgenden Wahl wieder etwas abgerückt ist, bleibt die SPD auch dann noch eher im mittleren Bereich des Links-Rechts-Spektrums. Die CDU/CSU ist hingegen nach einem kurzen Abstecher zur linken Seite des ideologischen Kontinuums vor der Wiedervereinigungswahl 1990 klar auf der rechten Seite zu verorten. Die drei kleineren Partei haben ihr ideologisches Selbstverständnis – ausgedrückt durch ihre Wahlprogramme – zwischen 1990 und 2002 kaum verändert. Interessante Befunde bietet ein Abgleich dieser Selbstdarstellungen der Parteien mit den Wahrnehmungen der Wähler im unteren Teil von Abbildung 1. Der klare Paradigmenwechsel der SPD unter der Führung von Gerhard Schröder – auch nach der Vorstellung der Agenda 2010 im März 2003 – schlägt sich nur relativ 238 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 schwach in der Art und Weise nieder, wie die Wähler die deutschen Parteien auf der Links-Rechts-Skala einordnen. In der Wahrnehmung der Befragten des Politbarometer gab es lediglich um 1995 eine Bewegung der vier „Alt-Parteien” hin zur Mitte. Die SPD wurde von den Wählern während ihrer gesamten Regierungszeit von 1998 bis 2009 fast konstant etwas links von der Mitte eingeordnet. Klare Verschiebungen hin zur Mitte sind jedoch nicht zu beobachten. Eine deutlichere Veränderung gibt es jedoch in der Wahrnehmung der Wähler bezüglich der ideologischen Verortung der PDS/Die Linke. Leider ist es nicht möglich, die Selbstverortung dieser Partei aufgrund ihrer Wahlprogramme festzustellen, da die CMPDaten nur die Bundestagswahlen bis 2002 einschließen. Aber die Wahrnehmung der Wähler scheint sich auf jeden Fall klar nach links verschoben zu haben. Die PDS bzw. Die Linke, scheint sich damit – wie nicht nur die Namensänderung verrät – ein deutlicheres ideologisches Profil aufgebaut zu haben. Basierend auf Abbildung 1 und dem postulierten Zusammenhang zwischen der ideologischen Polarisierung von Parteien und ideologisch begründeten Wahlentscheidungen lassen sich folgende Hypothesen hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung ideologischen Wählens ableiten: Da die ideologisch rechts lokalisierten Parteien CDU/CSU und FDP sowohl in der programmatischen als auch der wahrgenommenen Position relativ konstant zu sein scheinen, sollten kaum Veränderungen hinsichtlich des rechten ideologischen Wählens zu beobachten sein (Hypothese 1). Anderes ist hingegen für die linken Wähler zu erwarten. Auf der einen Seite hat die SPD als größte linke Partei an ideologischer Schärfe verloren, was zu einer Abnahme des linken Wählens geführt haben könnte (Hypothese 2a). Andererseits hat mit der klaren Etablierung der Partei Die Linke auch in Westdeutschland eine andere Partei diese ideologische Position unverkennbar eingenommen. Dies sollte wiederum zu einer Stärkung des linken ideologischen Wählens geführt haben (Hypothese 2b). 3.2 Ideologische Etiketten als Kommunikationsmittel Nach der Angebotsseite wenden wir uns nun der Kommunikationsfunktion der Links-Rechts-Dimension zu. Damit Parteien ihnen ideologisch nahe stehende Wähler ansprechen können, müssen sie Themen besetzen, die diese Wähler verstehen und mit ihrer eigenen ideologischen Grundorientierung verbinden können. Die Kommuniktionsfunktion der ideologischen Richtungsbegriffe „links” und „rechts” setzt voraus, dass deren Bedeutung hinreichend klar ist. Je eindeutiger die Bedeutung der Begriffe, desto einfacher sollte es für Wähler sein, diese zur Strukturierung ihrer politischen Einstellungen zu verwenden und sie als Entscheidungshilfe zu benutzen. Worin der Kern des Links-Rechts-Gegensatzes besteht, wird jedoch durchaus unterschiedlich gesehen. Downs (1957: 116) hat den durch dieses Begriffspaar ausgedrückten Konflikt ganz einfach in der Frage zusammengefasst: „How much government intervention in the economy should there be?”. Diejenigen, die für mehr Staatsverantwortung standen, bezeichnete er als „links”, Advokaten der freien Marktwirtschaft hingegen als „rechts”. Auch wenn heute immer noch einige Autoren in der sozioökonomischen Konfliktlinie den Kern der Links-Rechts-Dimension sehen (Jagodzinski/Kühnel 1994; Knutsen 1995; Herre239 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten ra 1999), wurde diese simple Einteilung von vielen Forschungsarbeiten in Frage gestellt. Unter anderem wird debattiert, ob die Links-Rechts-Skala tatsächlich einer einzigen allumfassenden Dimension entspricht oder ob es sich dabei um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt. Downs (1957) und Converse (1964) haben die Links-Rechts-Dimension als bipolare Konfliktlinie gesehen, die als „over-arching spatial dimension” (Knutsen 1995: 63) oder „super issue” (Inglehart/Klingemann 1976: 244) viele verschiedene Themen zusammenbinden kann. Andere haben allerdings gegen diese Vereinfachung argumentiert und sprechen sich für eine mehrdimensionale Vorstellung politischer Grundorientierungen aus (vgl. Conover/ Feldman 1981; Kitschelt/Hellemans 1990; Corbetta u.a. 2009; Treier/Hillygus 2009). Die bekanntesten Alternativen zum rein sozioökonomischen Verständnis sind dabei die von Inglehart vorgeschlagene Wertedimension zwischen Materialisten und Post-Materialisten (Inglehart/Klingemann 1976; Inglehart 1977; van Deth/Geurts 1989) sowie die von verschiedenen Autoren postulierte libert�������� är-aut�� oritäre Konfliktlinie (Evans u.a. 1996; Flanagan/Lee 2003; Heath u.a. 2009). Die Frage der inhaltlichen Bedeutung und Dimensionalität ist vor allem für die heuristische Funktion der Links-Rechts-Achse wichtig. Wenn Wähler ihre eigene ideologische Identifikation mit Themen verbinden, die nicht von Parteien besetzt und diskutiert werden, ist auch keine Wahlentscheidung basierend auf dem ideologischen Selbstverständnis zu erwarten. Zu fragen ist vor diesem Hintergrund, ob und in welcher Weise sich die Bedeutung der ideologischen Richtungsbegriffe in den letzten 20 Jahren seit der Wiedervereinigung entwickelt hat. Leider gibt es dazu kaum Studien auf der Individualebene. Die einzige systematische Untersuchung „politischer Ideologien im Wandel” von Bauer-Kaase (2001) ist immerhin schon zehn Jahre alt und deckt wichtige Wandlungsprozesse innerhalb des linken Lagers nicht ab. Die Studie zeigt allerdings, dass es tatsächlich zu einer Pluralisierung der Inhalte der ideologischen Richtungskonzepte gekommen ist. Sie schlussfolgert, dass �������������������������������������������������������������������� „������������������������������������������������������������������� ein zu Beginn der siebziger Jahre vorherrschendes Begriffsverständnis von ‘links’ und ‘rechts’, welches von wenigen Bedeutungselementen dominiert war, heute einem differenzierten Verständnis Platz gemacht hat” (Bauer-Kaase 2001: 236). Themen, die laut Bauer-Kaase (2001; siehe auch Jagodzinski/Kühnel 1994; Pappi/Shikano 2004; Neundorf 2009) in Deutschland zu einer Pluralisierung der ideologischen Begriffe geführt haben, werden oft unter dem Begriff der „Neuen Politik������������������������������������������������������������� ” zusammengefasst. Fragen der Gleichberechtigung, des ����������� Umweltschutzes und der Bürgerrechte scheinen vor allem für Wähler mit einer linken ideologischen Ausrichtung an Bedeutung gewonnen zu haben. Die Gründung und Etablierung der Grünen im deutschen Parteiensystem gibt diesen neuen politischen Themen zudem ein institutionelles Gesicht. Für den Begriff „rechts” spielt im deutschen Kontext hingegen das Thema Ausländerfeindlichkeit eine zentrale Rolle (Huber/Inglehart 1995; Bauer-Kaase 2001; Neundorf 2009). Fraglich erscheint vor diesem Hintergrund, wie Wähler mit der Bedeutungspluralität insbesondere des Konzeptes „links” zurechtkommen, wenn es darum geht, sich Parteien zuzuordnen. Da die vorliegenden Befunde zum Bedeutungswandel der ideologischen Richtungsbegriffe schon recht alt sind – die letzte vorliegende Studie benutzte Daten aus dem Jahr 1999 (Neundorf 2009) –, sollen im Folgen240 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 den auf eigenen Auswertungen basierende aktuelle Befunde vorgestellt werden, um Hypothesen bezüglich des zeitlichen Trends ideologischen Wählens ableiten zu können. Um die inhaltliche Bedeutung der Links-Rechts-Dimension zu untersuchen, wird das Antwortverhalten der Befragten des ALLBUS 2008 bezüglich einer Fragebatterie analysiert, welche verschiedene mögliche Bedeutungsaspekte abdeckt.1 Die Befragten wurden gebeten, auf einer 5-Punkte-Skala ihre Zustimmung bzw. Ablehnung gegenüber zwölf politischen Statements wiederzugeben, die vier Bedeutungsbereichen zugeordnet werden können, welche häufig als Aspekte der Links-Rechts-Dimension charakterisiert werden. Vier Aussagen sind der sozioökonomischen Dimension zuzuordnen („Die Politik sollte sich aus der Wirtschaft heraushalten.” „Soziale Sicherung sollte das wichtigste Ziel der Regierung sein.” „Einkommen und Wohlstand sollten zu Gunsten einfacher Leute umverteilt werden.���������������������������������������������������������������������� ”��������������������������������������������������������������������� „D������������������������������������������������������������������ �������������������������������������������������������������������� ie weitere Öffnung der Märkte dient dem Wohl aller.��������������� ”�������������� ); drei Aussagen betreffen Aspekte der „Neuen Politik�������������������������������������� ”������������������������������������� („Zum Schutz der Umwelt sollten härtere Maßnahmen ergriffen werden.��������������������������������������������� ”�������������������������������������������� ������������������������������������������� „������������������������������������������ Gleichgeschlechtliche Ehen sollten gesetzlich anerkannt werden.” „Männer und Frauen sollten bei Bewerbungen und Beförderungen gleich behandelt werden.”); weitere drei Aussagen repräsentieren die libertär-autoritäre Dimension („Straftäter sollten härter bestraft werden.” „���������������������������������������������������������������������������� Deutschland sollte militärische Unterstützung im Krieg gegen den Terror leisten.” „Die Rechte des Einzelnen und die Freiheiten der Bürger sollten unter allen Umständen geachtet werden.���������������������������������������������������� ”��������������������������������������������������� ); und zwei Aussagen betreffen schließlich das Thema der Einwanderung („Einwanderer sollen sich deutschen Sitten und Gebräuchen anpassen.” „Einwanderer sind gut für die deutsche Wirtschaft.”). Wir verwenden Converse (1964) constraint-Ansatz2, um zu prüfen, inwieweit diese Themenbereiche relevante Elemente des Bedeutungsspektrums der Richtungskonzepte „links” und „rechts” darstellen. Dahinter steht die Annahme, dass statistische Zusammenhänge zwischen der Selbsteinstufung von Befragten auf der linken oder rechten Seite der Skala und konsistenten Stellungnahmen zu diesen Aussagen darauf hindeuten, dass das betreffende Thema einen bedeutenden inhaltlichen Teil ihres ideologischen Verständnisses darstellt. Mittels geordneter logistischer Regressionen wurde für jede Aussage ermittelt, wie gut die Zustimmung oder Ablehnung der Befragten durch deren Links-Rechts-Positionierung vorhersagbar ist. Um der Bipolarität der Ausagen bzw. hinter ihnen stehenden thematischen Dimensionen gerecht zu werden, ist insbesondere die ideologische Selbstidentifikation auf der linken oder der rechten Seite des Spektrums von Bedeutung. Die auf Basis einer 10-Punkte-Skala (1 = links, 10 = rechts) vorgenommenen ideologischen Selbsteinstufungen der Befragten wurden in drei Gruppen zusammengefasst. Dies erlaubt eine klare Trennung zwischen denjenigen, die sich links einstu1 Die Erhebung der Daten des ALLBUS 2008, welche über GESIS frei verfügbar sind, fand zwischen März und August 2008 statt. Insgesamt wurden 3.469 mündliche Interviews durchgeführt. 2 ��������������������������������������������������������������������������������������������� Converse (1964: 207) hat zusammenhängende ideologische Orientierungen und politische Einstellungen als Überzeugungssystem (belief system) charakterisiert, zu verstehen als eine “configuration of ideas and attitudes in which the elements are bound together by some form of constraint or functional interdependence”. Das als „constraint” bezeichnete verbindende Element erlaubt die “predictability of positions citizens take on specific issues given their general political orientation” (Sniderman/Bullok 2004: 337). 241 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten fen (Skalenwerte 1 - 4), denjenigen, die sich den neutralen Mittelkategorien zuordnen (5 und 6), und schließlich denjenigen Befragten, die sich ideologisch mehr oder weniger weit rechts sehen (7 - 10). Da es uns darum geht, zu untersuchen, inwiefern sich linke und rechte Befragte in ihrem Antwortverhalten bezüglich der verschiedenen Stellungnahmen unterscheiden, sind jeweils die Koeffizientenschätzungen für die linke bzw. rechte ideologische Selbstidentifikation, die in Form von Dummy-Variablen in die Modelle aufgenommen wurden (wobei die Befragten in der Mitte des Spektrums die Referenzkategorie bilden), die wesentlichen Komponenten dieses Modells. Zur Kontrolle enthalten die Modelle eine Reihe von Kovariaten (Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss, berufliches Prestige und Konfession).3 Abbildung 2 zeigt die Koeffizientenschätzungen für linke und rechte Wähler in West- und Ostdeutschland. Wir sehen, dass beispielsweise westdeutsche Befragte, die sich politisch rechts eingestuft haben, die Aussage, dass Männer und Frauen bei Bewerbungen und Beförderungen gleich behandelt werden sollen, eher ablehnen – für sie finden wir einen von Null signifikant (auf dem 95-Prozent-Niveau) verschiedenen, negativen Koeffizienten. Dem stehen linke Westdeutsche gegenüber, für die ein signifikant positiver Effekt der ideologischen Identifikation zu erkennen ist – sie stimmen dieser Aussage eher zu. 3������������������������������������������������������������������������������������������� Bildung: Dummy-Variablen für Mittlere Reife, Abitur und Hochschulabschluss (Referenzkategorie: kein oder Hauptschulabschluss); Berufsprestige: nach Treiman (1977) aufgrund der Klassifikation der Berufe (ISCO 1968) auf 7-Punkte-Skala kategorisiert; Konfession: Dummy-Variablen für Katholiken und Protestanten (Referenzkategorie: keine oder andere Religionszugehörigkeit). Die Modelle basieren auf mindestens 2.042 Fällen für Westdeutschland und mindestens 1.006 Fällen für Ostdeutschland. Die vollständigen numerischen Ergebnisse sind bei der Autorin erhältlich. 242 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 Abbildung 2: Effekte linker und rechter Selbsteinstufungen auf politische Einstellungen (Logit-Koeffizienten mit 95-Prozent-Konfidenzintervallen) Auf den ersten Blick zeigt sich, dass der Gegensatz zwischen den ideologischen Gruppierungen auf der rechten und der linken Seite des Spektrums in Westdeutschland erheblich deutlicher ist als in den neuen Bundesländern. Nach 18 Jahren deutscher Einheit unterscheiden sich nur bei einem der zwölf im ALLBUS 2008 abgefragten politischen Themen sowohl ideologisch linke als auch rechte Ostdeutsche signifikant von denjenigen, die sich in der Mitte einordnen, und zwar im Hinblick auf die Einstellungen zur gleichgeschlechtlichen Ehe – einem Aspekt der „Neuen Politik”. In Ostdeutschland ist vor allem auffällig, dass sich rechte Befragte insgesamt weniger von denjenigen im ideologischen Zentrum unterscheiden als linke Befragte. Der Links-Begriff in Ostdeutschland lässt sich nach Abbildung 2 relativ klar beschreiben und folgt zum größten Teil einem ähnlichen Muster wie in Westdeutschland. Der auffälligste Unterschied betrifft die Themen der libertär-autoritären Dimension, die für die ideologische Selbstidentifikation der Bürger der neuen Bundesländer keine Rolle zu spielen scheinen. Das Bild ist in Westdeutschland insgesamt sehr viel deutlicher. Besonders markant erscheint die Spreizung zwischen Links, Rechts und Mitte bei den Themen der „Neuen Politik�������������������������������������������������������� ” und �������������������������������������������������� im Hinblick auf das Einwanderungsthema. Die Bedeutung der Begriffe „links” und „rechts” war somit in den alten Bundesländern im Jahr 2008 stark durch moralische Einstellungen hinsichtlich Umwelt, Gleichberechtigung und der Akzeptanz von Ausländern geprägt. Prägnante Unterschiede bestanden aber auch nach wie vor hinsichtlich sozioökonomischer Fragen; der 243 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten traditionelle Bedeutungsgehalt der Links-Rechts-Dimension scheint also immer noch aktuell. Zudem zeigen links gerichtete Westdeutsche aber auch deutliche Profile bei zwei der drei Stellungnahmen, die der libertär-autoritären Dimension zuzuordnen sind. Insoweit ist der Bedeutungsgehalt des Konzeptes „links�������� ”������� im Westen vielfältiger als jener des Gegenkonzeptes „rechts”. In der Zusammenschau der Erkenntnisse älterer Studien und der hier präsentierten Ergebnisse lässt sich festhalten, dass es offenbar eine deutliche Pluralisierung der Begriffe „links” und „rechts” in Westdeutschland, etwas eingeschränkt aber auch in den neuen Bundesländern gegeben hat. Diese wachsende Bedeutungsunschärfe des Links-Rechts-Gegensatzes sollte dessen Funktionalität im Hinblick auf eine effektive Kommunikation zwischen Parteien und Wählern erschwert haben. Es ist daher zu erwarten, dass ideologisch motivierte Wahlentscheidungen an Stärke abgenommen haben (Hypothese 3a). Da insbesondere der Links-Begriff eine Bedeutungserweiterung erfahren und damit an Klarheit eingebüßt hat, wird dieser negative Trend vor allem bei den Wählern auf der linken Seite des Spektrums erwartet (Hypothese 3b). 3.3 Die Links-Rechts-Dimension im innerdeutschen Vergleich Die systematische Gegenüberstellung von Wählern in Ost- und Westdeutschland ermöglicht es, einen weiteren Faktoren näher zu beleuchten, der ideologisches Wählen beeinflussen kann – die Zentralität der ideologischen Selbstverortung auf der Links-Rechts-Dimension für die Wähler. Studien über ����������������������������� verschiedene ����������� post-sozialistische Länder haben gezeigt, dass sich die ideologischen Begriffe in den ehemaligen Ostblockstaaten sehr viel weniger etabliert haben als in älteren Demokratien (Markowski 1997; Evans/Whitefield 1998; Thorisdottir u.a. 2007). Unter sozialisationstheoretischem Blickwinkel ist vor diesem Hintergrund zu erwarten, dass die Rolle der ideologischen Selbstidentifikation im politischen Einstellungsgeflecht der Wähler auch in Ostdeutschland weniger stark ausgeprägt ist als im Westen (Bauer-Kaase 2001; Neundorf 2009). Daraus folgend lässt sich Hypothese 4a formulieren: Der Effekt der ideologischen Selbstidentifikation auf die Wahlentscheidung ist in den neuen Bundesländern kleiner als in Westdeutschland. Zudem kann vermutet werden, dass das Ausmaß ideologisch konsistenter Wahlentscheidungen über die Zeit in Ostdeutschland stärker schwankt als in den alten Bundesländern, weil kurzfristige Faktoren wie beispielsweise Parteiskandale, Kandidatenbewertungen oder die Wahlkampfmobilisierung dort stärker die Salienz ideologischer Einstellungen beeinflussen (Hypothese 4b). 4. Die Dynamik ideologischen Wahlverhaltens In diesem Abschnitt wird nun die Relevanz der Links-Rechts-Dimension als individuelle Entscheidungshilfe bei Wahlen empirisch untersucht. Inwiefern votieren Wähler ideologisch – das ist die Fragestellung. Sie wird beantwortet für die im Bundestag vertretenen Parteien über den Zeitraum zwischen 1990 und 2008. Dazu werden die kumulierten (per Telefon erhobenen) Daten der monatlichen Politbarometer-Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen verwendet, die aufgrund 244 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 beschränkten Datenzugangs nicht über das Jahr 2008 hinaus zur Verfügung stehen.4 Abhängige Variable der nachfolgend vorgestellten Analysen ist die Wahlabsicht. Die etablierten deutschen Parteien lassen sich klar in zwei ideologische Lager einteilen (siehe Abbildung 1; vgl. auch Pappi/Shikano 2004; Klingemann u.a. 2006). Demnach sind die SPD, die Grünen sowie die PDS bzw. (seit 2007) die Linke auf der linken Seite des Spektrums, die CDU und ihre Schwesterpartei CSU hingegen rechts der Mitte einzuordnen. Die FDP ist etwas schwieriger zu verorten. Da sie allerdings auf Bundesebene seit den 1980er Jahren eine klare Koalitionspräferenz für die christlichen Parteien hat, kann sie auch eher dem rechten Lager zugerechnet werden. Wie Abbildung 1(b) gezeigt hat, ist diese ideologische Zweiteilung des deutschen Parteiensystems in der Wahrnehmung der Wählerschaft sehr konstant gegeben. Keine der Parteien wird im aggregierten Mittel der Wählerwahrnehmungen jemals auf der anderen ideologischen Seite eingeordnet. Doch in welchem Maße folgen die Wähler ihren ideologischen Gesinnungen an der Urne, indem sie ihrer eigenen Lokalisierung links bzw. rechts der Mitte korrespondierende Parteien wählen? Stimmt beispielsweise jemand, der sich selbst der ideologischen Linken zuordnet, tatsächlich für eine der linken Parteien? Dieser Frage wird nachfolgend in mehreren Schritten nachgegangen.5 Ergänzend wird das ideologische Wählen für jede der fünf Bundestagsparteien zum Abschluss auch separat untersucht, um Verschiebungen des ideologischen Wählens innerhalb der beiden ideologischen Parteienlager zu identifizieren. 4.1 Die zwei Seiten des ideologischen Wählens Zunächst sollen die wahlpolitischen Implikationen der Links-Rechts-Dimension im Hinblick auf die einfache Korrespondenz zwischen Wählern und Parteien im Hinblick auf den globalen Gegensatz zwischen den beiden ideologischen Lagern überprüft werden. Wählen linke Wähler linke Parteien und unterstützen rechte Wähler rechte Parteien? Um diese Frage zu beantworten, werden die links bzw. rechts einzuordnenden Parteien jeweils zu einem Block zusammengefasst. Um als erstes nun die Frage zu beantworten, ob eine klare ideologische Selbstidentifikation auch zu einer klaren Wahlentscheidung zu Gunsten einer Partei des eigenen ideologischen Spektrums führt, zeigt Abbildung 3 die Wahrscheinlichkeit, eine linke bzw. rechte Partei zu wählen, in Abhängigkeit von den ideologischen Selbsteinstufungen der Wähler auf einer 10-Punkte-Links-Rechts-Skala.6 Da auch andere 4 Die kumulierten Daten des Politbarometers sind für Westdeutschland auf der Webseite von GESIS frei verfügbar. Ich danke Michael Bergmann und Corinna Wagner für die Bereitstellung der kumulierten Daten für Ostdeutschland. 5 Da die Politbarometer-Daten üblicherweise keine ideologischen Positionswahrnehmungen der Parteien, sondern nur Links-Rechts-Selbstpositionierungen enthalten, scheidet die Option, das Verhältnis zwischen eigener und individuell wahrgenommener ideologischer Positionierung der Parteien zum Ausgangspunkt zu machen, für die hier vorgestellten Analysen aus; stattdessen werden auf Aggregatebene bestimmte Positionen als Maßstab für ideologisch konsistente individuelle Wahlentscheidungen benutzt. Zu diesen beiden Optionen der Positionsbestimmung von Parteien siehe am Beispiel spezieller Issues Pappi/Brandenburg sowie Thurner u.a. in diesem Band. 6 Nichtwähler und Wähler von Kleinparteien wurden in diesem Modell nicht berücksichtigt. 245 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten Faktoren das Wahlverhalten beeinflussen, kontrolliert das diesen Ergebnissen zugrunde liegende Modell für folgende Kovariaten: Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss, Berufsgruppe, Konfession, Gewerkschaftsmitgliedschaft und Herkunft aus ländlicher bzw. urbaner Region.7 Da es sich um eine gepoolte Analyse über alle im kumulierten Datensatz enthaltenen Zeitpunkte handelt, beinhaltet das Modell zudem Dummy-Variablen für Erhebungsjahre. Abbildung 3: Links-Rechts-Selbsteinstufung und Wahl linker oder rechter Parteien (geschätzte Wahrscheinlichkeiten) Basierend auf diesem Modell kann für jede Kategorie der Links-Rechts-Skala die Wahrscheinlichkeit geschätzt werden, eine linke bzw. rechte Partei zu wählen. Die in Abbildung 3 ausgewiesenen Ergebnisse dieser Schätzung überraschen durch die Deutlichkeit der sichtbar werdenden ideologischen Strukturierung des Wahlverhaltens. Westdeutsche Befragte, die sich extrem links (Skalenwert 1) einordnen, haben gerade einmal eine 12-prozentige Wahrscheinlichkeit, für die CDU/CSU oder die FDP zu stimmen, während die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für eine 7���������������������������������������������������������������������������������������� Bildungsabschluss: Dummy-Variablen für Hauptschule, Mittlere Reife, Abitur, Hochschulabschluss (Referenzkategorie: kein Schulabschluss); Berufsgruppen: Rentner, Facharbeiter, Einfache Funktion/selbstständig, Mittlere Funktion, Leitende Funktionen (Referenzkategorie: ohne Beruf (z.B. Arbeitslose und Hausfrauen, Studenten) und ungelernte Arbeiter); Konfession: Dummy-Variablen für Katholiken und Protestanten (Referenzkategorie: keine oder andere Religionszugehörigkeit); Ortsgröße: Dummy-Variablen für Einwohnerzahl bis 10.000 bzw.über 100.000 Einwohner (Referenzkategorie: 10.000 - 100.000 Einwohner); Gewerkschaftsmitgliedschaft: DummyVariable für Mitglieder vs. Nichtmitglieder. 246 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 der linken Parteien entscheiden, bei 85 Prozent liegt. Noch etwas ausgeprägter tritt das analoge Muster in Ostdeutschland zutage, wo über 93 Prozent der extrem linken Wähler zur Unterstützung einer linken Partei neigen. Die Wahrscheinlichkeit, eine der linken Parteien zu wählen, nimmt mit zunehmend moderateren ideologischen Positionen der Befragten fast linear ab. Es ist zudem deutlich erkennbar, dass auf der gesamten rechten Seite der Skala die geschätzte Wahrscheinlichkeit, eine der linken Parteien zu wählen, in Ost wie West unter 50 Prozent liegt, und dasselbe gilt umgekehrt auf der Gegenseite der Skala. Die Wähler lassen sich hinsichtlich ihres Wahlverhaltens somit deutlich in ein linkes und ein rechtes Lager aufteilen. In den weiteren Analysen wird die Links-Rechts-Selbsteinstufung daher nicht weiter in Form einer kontinuierlichen Variablen betrachtet. Stattdessen wird die ideologische Verortung als klar unterscheidbare kategorial zu begreifende Identifikation mit einer der beiden Seiten des Spektrums (bzw. einer neutralen Position) konzeptionalisiert. Dadurch geht natürlich Varianz im Hinblick auf die ideologische Selbstidentifikation verloren, aber unsere einfach in Termini ideologischer Richtungen gefasste Forschungsfrage kann so klarer beantwortet werden. Dass linke (rechte) Wähler linke (rechte) Parteien wählen, zeigt Abbildung 3 ja sehr deutlich. Im nächsten Schritt soll nun geprüft werden, inwiefern sich dieses ideologische Wählen über die Zeit verändert hat. 4.2 Zeitliche Entwicklung des ideologischen Wählens Um die dynamische Entwicklung ideologisch motivierter Wahlentscheidungen genauer zu untersuchen, betrachten wir nun die geschätzten Wahrscheinlichkeiten linker bzw. rechter Wähler, eine ihrer eigenen ideologischen Positionierung korrespondierende Partei zu präferieren, über die Zeit. Dabei werden die Parteien wie in der vorangegangenen Analyse in die beiden ideologischen Lager eingeteilt.8 Im Vordergrund steht erneut der Einfluss der Dummy-Variablen einer linken bzw. rechten ideologischen Position (im Vergleich zur neutralen Mitte) auf diese Wahlentscheidungen. Es wird wiederum nach den schon genannten Kovariaten kontrolliert. Basierend auf den monatlich erhobenen Daten des Politbaromters wird für jedes Vierteljahr ein separates Modell berechnet.9 Abbildung 4 präsentiert für jeden der 73 Zeitpunkte, die sich vom 4. Quartal 1990 (der ersten Erhebung der Links-Rechts-Selbsteinstufung in den neuen Bundesländern) bis Ende 2008 ergeben, die geschätzte Wahrscheinlichkeit, ideologisch konsistent zu wählen. Es zeigt sich dabei beispielsweise, dass 1991 zirka 80 Prozent aller linken Westdeutschen tatsächlich auch eine der linken Parteien wählen wollten. Den Tiefpunkt der Linkswahl bildete im Westen das 4. Quartal 2003 – kurz nach der Verkündung der Agenda 2010 durch die SPD. Nur noch rund 50 Prozent aller linken West8 Diese multinominalen logistischen Regressionsmodelle schließen auch Wähler von Kleinparteien sowie Nichtwähler ein. Die numerischen Ergebnisse sind bei der Autorin erhältlich 9 Um die periodischen Effekte des ideologischen Wählens etwas zu glätten, wurde davon abgesehen, das Modell für jeden Monat zu berechnen. Die Datensätze für Januar bis März, April bis Juni, Juli bis September und Oktober bis Dezember wurden jeweils für jedes Jahr kumuliert. 247 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten deutschen wollten zu diesem Zeitpunkt konsistent zur eigenen ideologischen Orientierung wählen. Abbildung 4: Ideologisches Wählen über Zeit (geschätzte Wahrscheinlichkeiten) Folgt man den zeitlichen Verläufen der Links- und Rechtswahl scheint es jedoch entgegen Hypothese 1, dass die Veränderungen im rechten Lager noch stärker ausgefallen sind. Der niedrigste Wert rechten ideologischen Wählens ist im Westen (mit 40 Prozent) im 4. Quartal 1993 und in den neuen Bundesländern (mit lediglich 29 Prozent) im 2. Quartal 1998 – kurz vor der Machtübernahme durch die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder – zu verzeichnen. Es gab aber auch Zeitpunkte, zu denen sich ideologisch affine Wähler in sehr großer Zahl hinter den entsprechenden Parteien versammelten. In den neuen Bundesländern war das (mit 76 Prozent) im 2. Quartal 1994 – kurz vor der Wiederwahl der schwarz-gelben Bundesregierung unter Helmut Kohl – und im Westen (mit 71 Prozent) im 2. Quartal 2005 – also kurz vor der Bundestagswahl 2005 und der darauf folgenden Übernahme des Kanzleramtes durch die Spitzenkandidatin der Union, Angela Merkel – der Fall. Um allgemeine Trends klarer hervortreten zu lassen, wurde eine Glättung der Datenreihen vorgenommen (LOWESS; BW = 0.8). Wie sich auf dieser Basis zeigt, kam es vor allem in Westdeutschland innerhalb des linken Lagers zu einer stetigen Abnahme ideologisch konsistenter Wahlentscheidungen. Wie in Hypothese 2a formuliert, könnte dies an einer Verschiebung des politischen Angebots der SPD hin zur Mitte liegen. Zudem war entsprechend Hypothese 3b auch auf Grund der in Abschnitt 3.2 illustrierten zunehmenden Pluralisierung des Begriffs „links” eine Abnahme des konsistent linken Wählens 248 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 zu erwarten. Nach 2005 lässt sich in den alten Bundesländern unter linken Wählern allerdings ein leichter Gegentrend verzeichnen. Insoweit decken sich die Befunde mit Hypothese 2b, derzufolge erwartet wurde, dass die Stärkung und Etablierung der Partei Die Linke auch in Westdeutschland zu einer Zunahme des linken ideologischen Wählens führte. Interessant sind aber auch die Ergebnisse hinsichtlich ideologisch begründeter Wahlentscheidungen im rechten Lager. Hier wurden Hypothese 1 gemäß keine eindeutigen Trends erwartet, da es keine Veränderungen des politischen Angebots gegeben hat. Allenfalls sollte es zu einer leichten Abnahme des rechten Wählens gekommen sein, da auch der Richtungsbegriff „rechts” an Bedeutungsschärfe verloren hat (Hypothese 3a). In Westdeutschland lässt sich empirisch allerdings klar eine positive Entwicklung verzeichnen. Immer mehr rechte Wähler haben sich während des Beobachtungszeitraums im Einklang mit ihrer ideologischen Einstellung für die CDU/CSU oder die FDP entschieden. Die im Westen feststellbaren zeitlichen Trends des abnehmenden und dann wieder leicht zunehmenden konsistent linken sowie klar zunehmenden rechten Wählens sind in den neuen Bundesländern nicht zu beobachten. Bis zur Bundestagswahl 1998 lässt sich eine positive Entwicklung konsistenter Wahlentscheidungen auf der linken Seite des Spektrums feststellen, welche jedoch danach in einen abnehmenden Trend überging. Im rechten Lager scheint es im selben Zeitraum lediglich einen leichten Abwärtstrend gegeben zu haben. Insgesamt zeigt sich, wie in Hypothese 4a postuliert, ein etwas geringeres Ausmaß des ideologischen Wählens in Ost- verglichen mit Westdeutschland. Im Mittel entschieden sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten 61 Prozent (Ost) bzw. 66 Prozent (West) der links der Mitte positionierten Wähler für eine Partei, die auf ihrer Seite des Spektrums lokalisiert war. Analog favoriesierten im Schnitt etwa 52 Prozent (Ost) bzw. 58 Prozent (West) der rechten Wähler eine ideologisch korrespondierende Partei. Über����� dies wiesen Ostdeutsche, wie von Hypothese 4b erwartet, etwas stärkere Schwankungen im Ausmaß ideologisch konsistenten Wahlverhaltens auf, die entsprechend unserer Vermutungen darauf zurückzuführen sind, dass die ideologischen Selbstidentifikationen der Bürger der neuen Bundesländer noch weniger gefestigt und im Einstellungsgeflecht weniger zentral sind, so dass Wahlentscheidungen stärker von kurzfristigen Einflüssen geprägt sein dürften. 4.3 Ideologisches Wählen im Zeitverlauf für einzelne Parteien Im letzten – die berichteten Hypothesentests ergänzenden – Schritt der Untersuchung wird die Analyse, die bislang nur ideologische Blöcke in den Blick genommen hat, nach Parteien aufgefächert, um zu sehen, wie sich ideologisches Wählen auf dieser Ebene auswirkt. Abbildung 5 zeigt die geschätzten Wahrscheinlich­ keiten, in Abhängigkeit von der Verortung auf der linken oder rechten Seite des ideologischen Spektrums bestimmte Parteien zu wählen.10 Die Betrachtung unter10 Die multinomialen logistischen Regressionsmodelle, auf welchen diese Schätzungen basieren, schließen auch Wähler von Kleinparteien sowie Nichtwähler ein, die als Referenzkategorie dienen. Die numerischen Ergebnisse sind bei der Autorin erhältlich. 249 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten scheidet sich lediglich durch den Fokus auf einzelne Parteien vom vorangegangenen Abschnitt. Abbildung 5: Ideologisches Wählen über Zeit nach Parteien (geschätzte Wahrscheinlichkeiten mit 95-Prozent-Konfidenzintervallen Zunächst wird die ideologische Konsistenz der Wahl der vier wichtigsten Parteien in Westdeutschland betrachtet.11 Dabei fällt vor allem auf, dass die SPD bei linken Wählern über den hier analysierten Zeitraum hinweg massiv an Zuspruch verloren hat. Im 4. Quartal 2002 – also direkt nach der ersten Wiederwahl der rot-grünen Bundesregierung – stürzte der Zuspruch linker Wähler von rund 55 Prozent auf unter 40 Prozent ab. Danach scheint sich die Wahrscheinlichkeit westdeutscher Wähler mit linker ideologischer Identifikation, die SPD zu wählen, auf diesem Niveau eingependelt zu haben. Rechte Wähler neigten ihr zwar stets weitaus weniger zu, aber selbst bei ihnen ist ein leichter langfristiger Niedergang feststellbar. Lediglich im 4. Quartal 2005 – als die Große Koalition formiert wurde ���������������������������������������������������������������������������� – ging die Schärfe des ideologischen Wählen��������������������������������� s in Westdeutschland deutlich zurück. Dies zeigt der zu diesem Zeitpunkt insignifikante Unterschied zwischen rechten und linken SPD-Wählern. Als Nutznießer der langfristigen Schwächung der SPD erscheinen die Grünen. Diese konnten, nach einer leichten Talfahrt zwi11 Wegen zu kleiner Fallzahlen wird die PDS für die alten Bundesländer nicht gesondert betrachtet. Die Wähler dieser Partei sind in den für Westdeutschland durchgeführten Analysen mit den Nichtwählern und den Wählern von Kleinparteien in einer Residualkategorie zusammengefasst. 250 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 schen 1995 und 2002, etwa ein Fünftel der westdeutschen Wähler von der linken Seite des ideologischen Spektrums an sich binden. Bei Betrachtung der CDU/CSU fällt auf, dass der Unterschied zwischen linken und rechten Wählern im Hinblick auf die Unterstützung dieser Partei – in deutlichem Unterschied zu SPD und Grünen – relativ konstant geblieben ist. Im Schnitt lag die Wahrscheinlichkeit, für die Christdemokraten zu stimmen, im Beobachtungszeitraum bei den rechts lokalisierten Wählern zumeist etwas über 50 Prozent, bei einem leichten langfristigen Zugewinn. Die zunächst überlappenden Konfidenzintervalle für linke und rechte westdeutsche Wähler im Hinblick auf die FDP deuten demgegenüber darauf hin, dass diese Partei in den 1990er Jahren nicht in prägnanter Weise aus ideologischen Motiven favorisiert wurde. Allerdings ist seit der Jahrtausendwende ein deutlicher Zuwachs an Unterstützung durch rechte Wähler feststellbar. Ab 2003 ist der Unterschied zwischen linken und rechten FDP-Wählern signifikant. Ein Blick auf die Dynamik des ideologischen Wahlverhaltens in den neuen Bundesländern zeigt auch auf Ebene der Einzelparteien stärkere zeitliche Schwankungen.12 Zwischen 1993 und 2000 kam es beispielsweise in der Rechts-Wahl der CDU zu erheblichen jährlichen Abweichungen von bis zu 20 Prozentpunkten. Auch die zeitliche Entwicklung linker Wählern weist starke Schwankungen auf. Der Einfluss der Links-Rechts-Selbstidentifikation auf die Wahrscheinlichkeit, für die SPD zu votieren, war in Ostdeutschland nur bis 1995 und dann wieder während der ersten Amtsperiode der rot-grünen Koalition klar signifikant. Ab 2002 ging der Anteil der linken SPD-Wähler ähnlich wie im Westen deutlich zurück. Allerdings gab es im Osten kein korrespondierendes Wachstum der Grünen bei den ideologisch linken Wählern – diese verloren sogar, wenngleich auf weit niedrigerem Niveau, langfristig an Unterstützung. Der Profiteur dieser Entwicklung scheint vielmehr Die Linke gewesen zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, die ehemalige Staatspartei der DDR zu wählen, lag zuletzt unter den linken Ostdeutschen bei immerhin etwa 25 Prozent und damit nur leicht niedriger als für die SPD. Insgesamt bekräftigen diese Befunde den Schluss, dass die ideologische Gesinnung einen starken Effekt auf das Wahlverhalten in West- und Ostdeutschland hat. Innerhalb der ideologischen Lager scheinen aber erhebliche Verschiebungen möglich zu sein – ideologisch linke und rechte Wähler sind offenbar stark lagergebunden, aber in deutlich geringerem Maße parteigebunden. 5. Fazit Ziel dieser Arbeit war es, die Tauglichkeit der Links-Rechts-Dimension als abstraktes Konstrukt zur Abbildung ideologischer Standpunkte und die damit verbundene langfristige Relevanz ideologischer Gegensätze für individuelle Wahlentscheidungen in der deutschen Wählerschaft zu untersuchen. Dabei war die Annahme forschungsleitend, dass ideologisch konsistentes Wählen bestärkt wird, wenn die Begriffe „������������������������������������������������������������ ������������������������������������������������������������� links������������������������������������������������������� ”������������������������������������������������������ und ������������������������������������������������� „������������������������������������������������ rechts������������������������������������������ ”����������������������������������������� klar unterscheidbare ideologische Stand12 Wegen zu kleiner Fallzahlen wird die FDP für die neuen Bundesländer nicht gesondert betrachtet. Die Wähler dieser Partei sind in den für Ostdeutschland durchgeführten Analysen mit den Nichtwählern und den Wählern von Kleinparteien in einer Residualkategorie zusammengefasst. 251 II. Psychische Prädispositionen und Wählerverhalten punkte beschreiben. Drei Faktoren wurden unterschieden, die diese Trennschärfe beeinflussen – das ideologische Angebot der Parteien, die Bedeutungsklarheit der politischen Richtungsbegriffe als Voraussetzung ihrer Kommunikationstauglichkeit sowie ihre Salienz in der Wählerschaft. Es wurde die Erwartung formuliert, dass ein Wandel der Parteien und ihres politischen und ideologischen Angebotes einen Einfluss auf die Stärke des ideologischen Wählens hat. Vor diesem Hintergrund wurden vor allem Veränderungen auf der linken Seite des Spektrums als bedeutsam erachtet. Die SPD hat als größte linke Partei an ideologischer Schärfe verloren, was zu einer Abnahme des linken Wählens geführt haben könnte. Gleichzeitig hat mit der Etablierung der Partei Die Linke auch in Westdeutschland aber eine andere Partei diese ideologische Position unverkennbar eingenommen, was wiederum zu einer Stärkung des linken ideologischen Wählens geführt haben dürfte. Unsere Analysen des Wählerverhaltens von 1990 bis 2008 haben diese Vermutungen in der Tendenz bestätigt. Um die Kommunikationsfunktion der Etiketten ������������������������������ „����������������������������� links������������������������ ”����������������������� und „����������������� ������������������ rechts����������� ”���������� zu evaluieren, wurde untersucht, welche Inhalte die Wähler 2008 mit diesen Begriffen verbunden haben. Die empirisch dokumentierte Bedeutungsverschiebung sollte vor allem linkes ideologisches Wählen beeinflusst haben. Bezüglich der Rolle der Salienz der Links-Rechts-Dimension in der Wählerschaft wurden innerdeutsch vergleichende Überlegungen angestellt. Da die Begriffe ����������������������������� „���������������������������� links����������������������� ”���������������������� und ����������������� „���������������� rechts���������� ”��������� im politischen Diskurs der DDR keine Rolle gespielt und die ostdeutschen Wähler somit diese ideologischen Konzepte erst spät in ihrem Lebenszyklus kennengelernt haben, war zu erwarten, dass der Effekt der ideologischen Selbstidentifikation auf die Wahlentscheidung in den neuen Bundesländern kleiner ist als in Westdeutschland. Zudem wurde vermutet, dass das Ausmaß ideologisch konsistenter Wahlentscheidungen über die Zeit in Ostdeutschland stärker schwankt als in den alten Bundesländern. Die Analyen haben gezeigt, dass der ideologische Links-Rechts-Gegensatz nach wie vor ein bedeutsames Strukturierungsmerkmal von Wahlentscheidungen in Deutschland darstellt. Linke Wähler tendieren eher zu linken Parteien (SPD, Grüne, PDS/Linke), rechte Wähler entscheiden sich eher für die Unionsparteien sowie mit zunehmender Tendenz die FDP. Die Längsschnittanalysen zeigen global relativ konstante, für die einzelnen Parteien jedoch wechselhafte Einflüsse der ideologischen Selbstverortung auf das Wahlverhalten. Die ideologische Gesinnung hat offenkundig einen starken Effekt auf das Wahlverhalten in West- und Ostdeutschland. Innerhalb der ideologischen Lager scheinen aber erhebliche Verschiebungen möglich zu sein – ideologisch linke und rechte Wähler sind offenbar stark lagergebunden, aber in deutlich geringerem Maße parteigebunden. Der innerdeutsche Vergleich hat einige interessante Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten aufgezeigt. In den alten Bundesländern war beispielsweise eine deutliche Abnahme konsistent linker Wahlentscheidungen und eine gleichzeitige Zunahme konsistent rechter Wahlentscheidungen festzustellen – ein Befund, der den Erwartungen entspricht, die bezüglich des Parteienangebots und der Bedeutungsverschiebung des ideologischen Begriffspaares angestellt wurden. In Ostdeutschland ist hingegen keine steigende Bedeutung konsistent rechten Wahlverhaltens zu beobachten. Bis zur Bundestagswahl 1998 ist eine Zunahme 252 PVS, Sonderheft 45/2011 Neundorf | Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990-2008 konsistenter Wahlentscheidungen auf der linken Seite des Spektrums festzustellen, welche jedoch danach in einen abnehmenden Trend überging. Insgesamt ist wie erwartet die Stärke des ideologisch konsistenten Wählens in den neuen Bundesländern schwächer und stärkeren Schwankungen ausgesetzt als in Westdeutschland. Damit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die hier vorgestellten Untersuchungen die Hypothesen hinsichtlich der Bedeutsamkeit der Links-Rechts-Dimension als Hintergrund von Wahlentscheidungen in Ostdeutschland, vor allem aber in Westdeutschland bestätigt haben. Die dokumentierten Muster ideologischen Wählens korrespondieren den Verschiebungen im ideologischen Angebot der Parteien und der zunehmenden Bedeutungsunschärfe der Begriffe „links” und „rechts”. Unerwartet war lediglich die abnehmende Stärke linker ideologischer Wahlentscheidungen. Literatur Bauer-Kaase, Petra, 2001: Politische Ideologie im Wandel? Eine Längsschnittanalyse der Inhalte der politischen Richtungsbegriffe „links“ und „rechts“, in: Klingemann, HansDieter/Kaase, Max (Hrsg.), Wahlen und Wähler – Analysen aus Anlass der Bundestagswahl. Wiesbaden, 207-244. Bell, Daniel, 1960: The end of ideology. On the exhaustion of political ideas in the fifties. Cambridge, Mass. 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