politik 7 F R A N K F U R T E R A L L G E M E I N E S O N N TA G S Z E I T U N G , 4 . D E Z E M B E R 2 0 1 6 , N R . 4 8 M Parteien versuchen immer häufiger, Unternehmen exklusive Treffen mit ihren Mitgliedern zu verkaufen. Zuletzt waren ranghohe Sozialdemokraten im Angebot. Nun will die SPD das Sponsoring transparent machen. Lässt sie eine Hintertür offen? Von Lydia Rosenfelder orgen beginnt der Parteitag der Christdemokraten in Essen, mit freundlicher Unterstützung von der Deutschen Automatenwirtschaft, Philip Morris GmbH, Deutschen Bahn, von Audi, Eon, R+V Versicherung und siebzig anderen Sponsoren. Sie stehen mit ihrem Logo auf der Internetseite der Partei. Das ist transparent. Der Rest nicht. Politische Parteien müssen Spenden einwerben, um sich zu finanzieren. Das ist so vorgesehen und soll zu ihrer Unabhängigkeit vom Staat beitragen. Es kann aber dazu führen, dass Parteien nicht mehr unabhängig von ihren großzügigen Geldgebern sind. Es ist schon geschehen, dass auf Geldflüsse gesetzliche Entscheidungen folgten, die sehr im Sinne der Spender waren. „Wir haben das hier auch schon erlebt“, sagte die Linken-Geschäftsführerin Petra Sitte bei der Debatte zum Thema Sponsoring am Donnerstag im Bundestag. „Ich nenne nur das breitgelatschte Beispiel Mövenpick.“ Damals ging es um die Millionenspende eines Hoteliers von Mövenpick an die Liberalen, die sich zur gleichen Zeit für eine Senkung der Mehrwertsteuer im Hotelgewerbe starkmachten. Da Politiker im Ranking der beliebtesten Berufe „nicht gerade ganz oben stehen“, so Sitte im Bundestag, „ist eine solche Praxis ganz besonders problematisch“. Spenden ab zehntausend Euro Höhe müssen in den jährlichen Rechenschaftsberichten der Parteien angegeben werden. Bestimmte Spenden dürfen Parteien gar nicht erst annehmen, zum Beispiel von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Berufsverbänden, von anonymen Spendern, sofern es mehr als fünfhundert Euro sind, sowie Spenden, die „erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“. Als die Spendenpraxis im Jahr 2002 nach dem CDU-Spendenskandal im Parteiengesetz neu geregelt wurde, war Sponsoring noch nicht so verbreitet. Das änderte sich dann. Beim Spenden überweist man dem Schatzmeister der Partei einen Betrag, der bedankt sich, das war's. Beim Sponsoring dagegen gewährt die Partei dem Geldgeber Werbefläche und Aufmerksamkeit, es ist ein gegenseitiges Geschäft. In den letzten Jahren stiegen zahlreiche Großspender auf Sponsoring um. Sie konnten so anonym bleiben, denn in den Rechenschaftsberichten der Parteien taucht Sponsoring nur als Sammelposten auf: in den Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit, aus Veranstaltungen und Publikationen. Unklar bleibt, wer sich hinter den Beträgen, teilweise in Millionenhöhe, verbirgt. Das Sponsoring von Parteien bringt auch finanzielle Vorteile, denn es ist steuerlich absetzbar, im Gegensatz zur Spende, für die juristische Personen zusätzliche Steuern zahlen müssen. Außerdem bringt es den Sponsor direkt mitten hinein in die Politik, zu den Delegierten auf dem Parteitag, die an den Ständen der Unternehmen und Verbände vorbeigehen. Dieses Geschäft machen nicht nur Parteien so, sondern auch die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft. Wenn sie ihr Sommerfest feiert, gehen Abgeordnete von Zelt zu Zelt und lassen sich zum Beispiel eine Zigarre der Firma „Villiger“ rollen. Alles kostenlos, klar. Der Aufruf, sich für die Belange der Tabakbranche einzusetzen, liegt gleich daneben. Wer sponsert, verspricht sich davon auch etwas. Meist werden nur die Extremfälle bekannt. „Rent a Rüttgers“ ist so ein bekanntgewordener Skandal: Sponsoren konnten 2010 vor dem Landesparteitag der Union in Nordrhein-Westfalen ein 20 000 Euro teures Paket kaufen mit Ausstellungsfläche, Fototermin, Rundgang und Einzelgesprächen mit dem Ministerpräsidenten sowie weiteren Ministern. Damals konnten sich die Sozialdemokraten noch Kritik daran erlauben. Sigmar Gabriel schimpfte, das sei „kein Kavaliersdelikt“. Er versicherte: „Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben. Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie.“ Da lag er falsch, wie sich nun herausstellte, denn die ZDF-Sendung „Frontal 21“ fand heraus, dass eine Agentur Termine mit Bundesministern, Abgeordneten und Staatssekretären der Sozialdemokraten verkauft hat, an Unternehmer und Lobbygruppen. Die Agentur Network Media, die die Treffen vermittelt hat, ist ein Tochterunternehmen des „Vorwärts“-Verlags, und der wiederum ist ein Unternehmen der SPD. Die Treffen hießen „Vorwärts“-Gespräche und kosteten dreitausend bis siebentausend Euro. Gebucht wurden dafür unter anderen Bundesjustizminister Heiko Maas, Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, Fraktionschef Thomas Oppermann, Generalsekretärin Katarina Barley, Staatssekretär Matthias Machnig und der Abgeordnete Hubertus Heil. Nach dem Bericht im ZDF hatten die Funktionäre beteuert, nichts von den Geldflüssen gewusst zu haben. „Wer das finanziert hat“, sagte Heiko Maas, „ist kein Thema, mit dem wir uns vorher auseinandergesetzt haben.“ zahlten Beträge in den Rechenschaftsberichten ausgewiesen werden sollen. So, wie das auch mit den Spendern gemacht wird. Aber was ist mit den parteieigenen Vereinen und Tochtergesellschaften? Mit dem „Vorwärts“-Verlag oder mit dem „Seeheimer Kreis“? Der Seeheimer Kreis ist ein Verein von Sozialdemokraten, der auf seine traditionelle Spargelfahrt auch Unternehmer und Lobbyisten mitnimmt, wenn die dafür ein paar tausend Euro hinlegen. Die „Vorwärts“-Gespräche wurden nun abgeschafft, die SPD prüft die Vorgänge. Als die Meldung kam, dass die Sozialdemokraten sogar einen eigenen Gesetzentwurf dazu planen, fragte der Verein Lobbycontrol beim Parteivorstand nach, ob parteiinterne Firmen und assoziierte Vereine auch einbezogen werden. Die Antwort war ausweichend: „Unternehmen und Vereine unterliegen ihrer jeweiligen Rechtsform und entsprechenden Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte zu dem Vorgang: „Völlig unabhängig von der Frage, ob das rechtlich relevant ist oder nicht, es ist jedenfalls selten dämlich.“ Lammert fordert schon seit Jahren eine Transparenz- und Darlegungspflicht im Sponsoring, „im wohlverstandenen Eigeninteresse der Parteien“. Die Geschäftsstelle der Union dagegen sieht derzeit keinen Änderungsbedarf am Parteiengesetz. Im Artikel 21 Grundgesetz steht: Die Parteien müssen die Herkunft ihrer Mittel offenlegen. Es geht darum, für Wähler nachvollziehbar zu machen, wo Politik und Wirtschaft miteinander verflochten sind und wo versucht wird, sich mit Geld Einfluss zu erkaufen. Sponsoring blieb bisher davon unberührt. Nun hat die SPD angekündigt, zu Beginn des kommenden Jahres einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, nach dem die Namen von Sponsoren und die ge- gesetzlichen Regelungen.“ Annette Sawatzki von Lobbycontrol sagt: „SponsorZahlungen können direkt mit der Partei abgewickelt werden, oder auch mit Tochterfirmen. Wenn alles, was an die Partei geht, offengelegt werden muss, aber nicht das, was an die Firmen geht, dann ist das eine Ungleichbehandlung. Das darf nicht sein. Schon gar nicht, wenn die Firma hundertprozentiges Parteieigentum ist. Das wäre zu einfach.“ Wenn man das Sponsoring regelt, so Sawatzki, dann dürfe man keine Hintertürchen offen lassen. „Sonst wäre der Gesetzentwurf nicht mehr als ein Besänftigungsversuch in der Krise, die die SPD erfasst hat.“ In der Plenardebatte am Donnerstag sagte Dietmar Nietan, Bundesschatzmeister der Sozialdemokraten, über den geplanten Entwurf: „Es ist keine Erfindung, die uns jetzt einfällt, weil wir Mist gebaut haben.“ Jetzt kann die SPD zeigen, wie ernst sie es meint. Foto SPD FÜR DIE SCHÖNEN STUNDEN DES JAHRES 2. 3. 1. BORDEAUX-PAKET: 2x 2x 2x 6 Flaschen (à 0,75 l) 1. BORDEAUX: 2013er Château Tour de Marchesseau · Lalande de Pomerol A.O.C. · Vignobles Trocard · Mis en bouteille au château Exzellenter Bordeaux mit einem Hauptanteil Merlot und wenig Cabernet Franc, fällt ungemein weich und samtig aus. 2. BORDEAUX: 2014er Château Lafitte · Premières Côtes de Bordeaux A.O.C. · Mis en bouteille au château Klassische Bordeaux-Assemblage, gekonnt vinifiziert. 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