Paulo Coelho

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Paulo Coelho
Islam, Christentum, jüdischer Glaube, Buddhismus
Das Salz und sein Preis (islamische Tradition)
Nuxivan hatte seine Freunde zum Abendessen versammelt und
garte ein saftiges Stück Fleisch. Da bemerkte er auf einmal,
daß ihm das Salz ausgegangen war.
Nuxivan rief seinen Sohn herbei:
„Geh ins Dorf und kauf Salz. Aber zahle einen gerechten
Preis: nicht zu teuer und nicht zu billig.“
„Vater, ich verstehe, daß ich nicht zu viel bezahlen soll.
Aber wenn ich den Preis ein wenig herunterhandeln kann,
warum soll ich dann kein Geld sparen?“
„In einer großen Stadt ist das empfehlenswert. Doch ein
kleines Dorf wie unseres kann man damit ruinieren. Wer sein
Salz unter Preis verkauft, der tut es nur, weil er
verzweifelt Geld braucht. Wer das ausnützt, zeigt, daß er
keine Achtung hat vor der harten Arbeit, durch die das Salz
gewonnen wurde.“
„Aber dieses eine Mal genügt doch nicht, um ein Dorf zu
zerstören.“
„Am Anfang war auch das Unrecht auf der Welt gering. Doch
jeder, der kam, fügte ein Körnchen hinzu und glaubte, es
habe kein großes Gewicht; sieh, wohin wir heute am Ende
angelangt sind.“
Die Dinge von dieser Welt (Jüdische Tradition)
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Rab Huna tadelte seinen Sohn Rabbah:
„Warum gehst du nicht zum Vortrag von Rav Chisda?“
„Warum sollte ich?“ gab der Sohn zurück. „Jedesmal wenn ich
hinging, hat Rav Chisda nur über Dinge von dieser Welt
gesprochen: die Funktionen des Körpers, die Organe, die
Verdauung und anderes, was schlicht nur den Leib betraf.“
„Rav Chisda spricht von dem, was Gott erschuf, und du sagst,
er rede über Dinge von dieser Welt? Geh hin und hör ihm zu!“
Tugend, die beleidigt (Christliche Tradition)
Der Abt war mit einem Mönch des Klosters Sceta unterwegs zum
Spaziergang, als sie zum Abendessen eingeladen wurden.
Geehrt von der Anwesenheit der Geistlichen, ließ der
Hausherr vom Besten auftischen.
Der Mönch aber fastete gerade; als das Essen kam, nahm er
eine Erbse und kaute sie gemächlich. Mehr aß er nicht.
Als sie hinausgingen, sprach der Abt zu ihm:
„Bruder, wenn du jemanden besuchst, dann beleidige ihn nicht
mit deiner Frömmigkeit. Nimm, wenn du das nächste Mal
fastest, keine Einladung zum Essen an.“
Der Mönch verstand, was der Abt ihm sagen wollte. Von da an
benahm er sich, wann immer er in Gesellschaft war, so wie
die anderen Menschen.
Um etwas bitten (Buddhistische Tradition)
Eine Frau rief hundert Mal am Tag den Namen Buddhas an, ohne
die tiefere Bedeutung seiner Lehren zu verstehen. In zehn
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Jahren war sie nur immer bitterer und verzweifelter geworden
und glaubte, sie sei nicht erhört worden.
Ein buddhistischer Mönch sah dies eine Weile mit an, und
eines Tages ging er zu ihrem Haus:
„Frau Cheng, öffnen Sie die Tür!“
Die Frau wurde zornig und läutete eine Glocke zum Zeichen,
daß sie gerade betete und nicht gestört werden wollte. Doch
der Mönch drängte weiter:
„Frau Cheng, wir müssen uns unterhalten! Kommen Sie auf eine
Minute heraus!“
Aufgebracht riß sie die Tür auf:
„Was bist du für ein Mönch, merkst du nicht, daß ich bete?“
„Ich habe dich bloß viermal gerufen, und sieh nur, wie
erbost du bist. Stell dir vor, wie es wohl Buddha ergehen
mag, der zehn Jahre lang gerufen wurde.
Wenn unser Mund ruft, aber unser Herz nicht fühlt, wird
nichts geschehen. Verändere dein Rufen, versteh, was Buddha
dir sagt, und er wird dich verstehen.“
Aus dem Brasilianischen übersetzt von Barbara Mesquita
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